Staatsvertrag zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont über die Vereinigung des Gebietsteils Pyrmont mit Preußen
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Staatsvertrag zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont über die Vereinigung des Gebietsteils Pyrmont mit Preußen

Staatsvertrag zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont über die Vereinigung des Gebietsteils Pyrmont mit Preußen

Vom 29. November 1921 (Nds. GVBl. Sb. II S. 7 - VORIS 10100 07 00 00 000 -)
Red. Anm.: Verkündet durch Gesetz vom 22. Februar 1922 (Nds. GVBl. Sb. II S. 7)
Nachdem die Bevölkerung des Gebietsteils Pyrmont dem Wunsche Ausdruck gegeben hat, unter Lösung der bisherigen Vereinigung mit Waldeck-Pyrmont mit dem Freistaate Preußen vereinigt zu werden, sind das Preußische Staatsministerium und der Landesausschuß von Waldeck-Pyrmont übereingekommen, einen Vertrag über die Vereinigung zu schließen. Die zu diesem Zwecke bevollmächtigten Kommissare, nämlich
für Preußen: der Ministerialdirektor im Ministerium des Innern, Dr. jur. Friedrich Meister, der Ministerialrat im Finanzministerium, Geh. Finanzrat Otto Mackensy, der Ministerialrat im Staatsministerium, Geh. Regierungsrat Karl-Otto von Kameke,
für Waldeck-Pyrmont: der Landesdirektor des Freistaats Waldeck-Pyrmont, Dr. jur. Wilhelm Schmieding,
haben sich nach Austausch ihrer für gut und richtig befundenen Vollmachten vorbehaltlich der Genehmigung des Preußischen Landtags und der verfassunggebenden Landesvertretung von Waldeck-Pyrmont über folgende Punkte geeinigt:

§ 1 PyrVerS

Der Gebietsteil Pyrmont des Freistaats Waldeck-Pyrmont wird mit dem Freistaate Preußen zu einem einheitlichen Staatsgebiete vereinigt. Die Staatshoheitsrechte über den Gebietsteil Pyrmont gehen mit dem Tage der Vereinigung auf Preußen über. (1)
(1) Red. Anm.:
1.4.1922, vgl. Gesetz über die Vereinigung von Pyrmont mit Preußen vom 24.3.1922 (Reichsgesetzbl. I S. 281).
Fußnoten
(¹) Red. Anm.: 1.4.1922, vgl. Gesetz über die Vereinigung von Pyrmont mit Preußen vom 24.3.1922 (Reichsgesetzbl. I S. 281).

§ 2 PyrVerS

Bei der Reichsregierung soll beantragt werden, in dem Entwurfe des Reichsgesetzes über die Vereinigung Pyrmonts mit Preußen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit eine Regelung dahin vorzusehen, daß durch die Vereinigung preußische Staatsangehörige werden alle Angehörigen Waldeck-Pyrmonts, welche
1.
am Tage der Vereinigung in dem Gebietsteile Pyrmont ihren Wohnsitz oder dauernden
Aufenthalt haben,
2.
durch Geburt, Legitimation oder Eheschließung der Staatsangehörigkeit einer der unter Nr. 1 bezeichneten Personen folgen.
Waldeck verpflichtet sich, die zu 1. und 2. aufgeführten Personen, die infolge der Vereinigung die waldeckische Staatsangehörigkeit verloren haben, innerhalb zweier Jahre nach der Vereinigung auch ohne vorherige Niederlassung in seinem Gebiet in den Staatsverband wieder aufzunehmen.

§ 3 PyrVerS

Der Gebietsteil Pyrmont wird dem Kreise Hameln (Provinz Hannover) einverleibt.

§ 4 PyrVerS

Bis zu ihrer Neuwahl werden der Provinziallandtag der Provinz Hannover um einen, der Kreistag des Kreises Hameln um fünf Abgeordnete aus dem bisherigen Kreise Pyrmont erweitert. Diese sind innerhalb dreier Monate vom Tage der Vereinigung ab durch die wahlberechtigte Bevölkerung des bisherigen Kreises Pyrmont nach Maßgabe des preußischen Gesetzes, betreffend die Wahlen zu den Provinziallandtagen und zu den Kreistagen, vom 3. Dezember 1920 (Gesetzsamml. 1921 S. 1) zu wählen.
Der erweiterte Kreistag tritt alsbald nach der Wahl zusammen und wählt den Kreisausschuß neu.

§ 5 PyrVerS

(1) Die Verfassung des Freistaats Preußen tritt im Gebietsteile Pyrmont mit dem Tage der Vereinigung mit Preußen an die Stelle der Waldeck-Pyrmonter Verfassung.
(2) Aufrechterhalten bleiben im Gebietsteile Pyrmont, soweit sie nicht mit der Verfassung
in Widerspruch stehen, folgende Waldeck-Pyrmonter Gesetze, Verordnungen und dazu ergangene
Verwaltungsvorschriften:
1.
diejenigen Staatsgesetze, welche landeskirchliche Angelegenheiten betreffen; Die Kirchengesetzgebung bleibt unberührt.
2.
das Gesetz, betreffend die Feuerversicherungsanstalt der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont, vom 4. Januar 1912 (Regierungsblatt S. 13) mit der Maßgabe, daß ein Versicherungszwang für die am Tage der Vereinigung noch nicht versicherten Gebäude weder für den Hauseigentümer noch für die Anstalt besteht (§§ 30 und 32 des Gesetzes), und daß die §§ 31 und 38 Abs. 1a außer Anwendung bleiben;
3.
das Gesetz über die Enteignungen im Interesse der Mineralbrunnen vom 7. April 1854 (Regierungsblatt S. 91);
4.
das Gesetz, die Vornahme von Erdarbeiten in der Nähe der Pyrmonter Mineralquellen betreffend, vom 6. April 1863 (Regierungsblatt S. 16) einschließlich der Bekanntmachung vom 24. April 1863 (Regierungsblatt S. 36);
5.
das Gesetz, betreffend die Bildung einer Kirchengemeinde der separierten Lutheraner im Kreise Pyrmont, vom 1. Februar 1886 (Regierungsblatt S. 55);
6.
die Verordnung über die bei Verjährung der Servituten erforderliche Zeit vom 18. Februar 1831 (Regierungsblatt S. 9);
7.
das Gesetz, betreffend die Regelung der Verhältnisse des Stifts Schaaken, vom 3. März 1880 (Regierungsblatt S. 5);
8.
das Gesetz über das Anerbenrecht bei land- und forstwirtschaftlichen Besitzungen vom 27. Dezember 1909 (Regierungsblatt 1910 S. 1);
9.
das Gesetz, betreffend die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staate Waldeck-Pyrmont und dem Fürstlichen Hause, vom 8. April 1921 (Regierungsblatt S. 37);
10.
das
Gesetz über die Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Waldeck-Pyrmonter Domanialvermögens bei einer staatsrechtlichen Trennung der im Staate Waldeck-Pyrmont vereinigten ehemaligen Fürstentümer Waldeck und Pyrmont
vom 8. April 1921 (Regierungsblatt S. 49).
(3) Im übrigen treten am 1. April 1924 im Gebietsteile Pyrmont die preußischen Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkte gelten die waldeckischen Gesetze usw.
Durch Verordnung des Preußischen Staatsministeriums können schon vor diesem Zeitpunkte waldeckische Gesetze usw. aufgehoben, preußische Gesetze usw. eingeführt werden.
Die Rechtsverhältnisse der Synagogengemeinde in Bad Pyrmont bleiben bis zur Neuregelung der Judengesetzgebung in Preußen unberührt.
(4) Soweit nach den noch aufrechterhaltenen waldeckischen Vorschriften (II, III) waldeckische Stellen (Behörden) zuständig sein würden, treten mit dem Tage der Vereinigung die entsprechenden preußischen ein.

§ 6 PyrVerS

Die unmittelbaren Staatsbeamten des Gebietsteils Pyrmont werden von Preußen übernommen; für sie und die Staatsbeamten im Ruhestande sowie für ihre Witwen und Waisen gelten die preußischen Vorschriften. Desgleichen finden bezüglich der Besoldungen, Ruhegehälter, Witwen- und Waisengelder der Volksschullehrpersonen die preußischen Vorschriften Anwendung.
Das gleiche gilt für staatliche Zuschüsse zum Gehalt, zum Ruhegehalt und zur Hinterbliebenenversorgung der Geistlichen.
Den bisherigen Mitgliedern der Waldeck-Pyrmonter Staatsdienerwitwenkasse steht es frei, unter den für waldeckische Beamte jeweils geltenden Bedingungen ihre Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten.
In die Rechte und Pflichten des Kreises Pyrmont gegenüber seinen Kommunalbeamten tritt der Kreis Hameln ein.

§ 7 PyrVerS

Das auf den Gebietsteil Pyrmont entfallene Staatsvermögen einschließlich des Domanialvermögens ( Gesetz über die Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Waldeck-Pyrmonter Domanialvermögens usw. vom 8. April 1921 - Regierungsblatt S. 49 -) geht mit allen Aktiven und Passiven auf Preußen über.

§ 8 PyrVerS

Preußen überträgt von dem im § 7 genannten Staats(Domanial-)Vermögen die Forsten einem aus den Gemeinden des Kreises Pyrmont zu bildenden Zweckverbande.
Dieser soll mit dem Tage der Vereinigung ins Leben treten. Er übernimmt gegenüber dem Staate (Preußen), dem Kreise und den Gemeinden die im Schlußprotokolle näher zu bezeichnenden Verpflichtungen.
Von dem Reingewinn aus den Forsten erhält Preußen die Hälfte.

§ 9 PyrVerS

Preußen ist bekannt, daß einer Betriebsaktiengesellschaft der Nießbrauch am Bade Pyrmont für sechzig Jahre eingeräumt werden wird. Preußen erkennt den darüber abzuschließenden Vertrag ausdrücklich als für sich bindend an.
Auch nach Ablauf der 60 Jahre sichert Preußen den Kurgemeinden (Stadt Bad Pyrmont, Ösdorf und Holzhausen) einen dem Nießbrauchsvertrag entsprechenden Einfluß auf das Bad zu.

§ 10 PyrVerS

Die städtische höhere Schule in Bad Pyrmont-Ösdorf wird von Preußen als höhere Lehranstalt anerkannt. Preußen wird zur Unterhaltung dieser Schule einen angemessenen Bedürfniszuschuß gewähren.

§ 11 PyrVerS

Bei der Reichsregierung soll beantragt werden, als Tag des Inkrafttretens des die Vereinigung aussprechenden Reichsgesetzes den 1. April 1922 vorzusehen.

§ 12 PyrVerS

Gegenwärtige Übereinkunft soll ratifiziert und der Austausch der Ratifikationsurkunden nach erfolgter Zustimmung der beiderseitigen Landesvertretungen und nach Erlaß des Reichsgesetzes sobald als möglich in Berlin bewirkt werden.
Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag unterzeichnet und untersiegelt.
Arolsen, den 29. November 1921.
(Siegel)Friedrich Meister.
"Otto Mackensy.
"Karl Otto von Kameke.
"Wilhelm Schmieding.

Anlage 1 PyrVerS - Schlußprotokoll.

Die unterzeichneten Bevollmächtigten waren heute zusammengetreten, um zum Abschluß und zur Vollziehung des wegen der Vereinigung des Gebietsteils Pyrmont mit Preußen zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont vereinbarten Staatsvertrags zu schreiten. Hierbei sind in das gegenwärtige Schlußprotokoll nachstehende, mit den Vereinbarungen des Vertrags selbst gleich verbindliche Erklärungen aufgenommen worden:
Artikel 1.
a)
Der Kreis Hameln führt vom Tage der Vereinigung ab den Namen "Kreis Hameln-Pyrmont".
b)
Die im Kreise Pyrmont befindlichen Staatsstraßen gehen in das Eigentum der Provinz Hannover über, die ihre fernere Unterhaltung übernimmt. Die Lasten der bisher vom Staate Waldeck-Pyrmont ausgeübten Armen-, Geisteskranken- usw. Fürsorge, soweit sie auf den Gebietsteil Pyrmont entfallen, werden nach Maßgabe der preußischen Gesetze der Provinz Hannover übertragen.
c)
Das Vermögen des Kreises Pyrmont geht mit allen Aktiven und Passiven auf den Kreis Hameln als Rechtsnachfolger über. Aus den nach dem Stande vom Tage der Vereinigung sich ergebenden Überschüssen des Pyrmonter Domaniums werden 200.000 Mark an den Kreis Hameln als Abfindung für die zu übernehmenden Schulden des Kreises Pyrmont überwiesen. Sollten die Überschüsse nach Abzug der im Artikel 6c aufgeführten Leistungen hierzu nicht ausreichen, so tritt an die Stelle dieser Abrede die von Preußen dem Kreise Hameln gegenüber übernommene Gewährleistung.
d)
Die Eingemeindung des in der Gemarkung Lügde liegenden Geländes des Bahnhofs Bad Pyrmont in den bisherigen Kreis Pyrmont wird als notwendig anerkannt und soll beschleunigt durchgeführt werden. Waldeck ist damit einverstanden, daß zum Zwecke einer Entschädigung an die Stadt Lügde der schmale, in das Lügder Gebiet einspringende Zipfel an der Hermannsburg sowie das etwa 8 Hektar große, im Osten durch ein Schlucht begrenzte, in den Lügder Stadtforst einspringende dreieckige Stück des sogenannten Mühlenberges nach Lügde umgemeindet, und daß die in diesen Trennstücken gelegenen Domanialwaldflächen der Stadt Lügde übereignet werden.
e)
Das Amtsgericht in Bad Pyrmont bleibt erhalten. Preußen wird seinen Einfluß dahin geltend machen, daß das Finanzamt und das Zollamt in Bad Pyrmont verbleiben.
f)
Eine angemessene Vertretung des Gebietsteils Pyrmont in der Landwirtschaftskammer Hannover wird zugesichert. Die Vermögensauseinandersetzung zwischen der Landwirtschaftskammer für Waldeck und derjenigen für Hannover erfolgt unmittelbar zwischen den beiden Kammern; in Streitfällen entscheidet ein Schiedsgericht, in das jede der Kammern einen Beisitzer entsendet. Um die Bestellung des Vorsitzenden ist der Präsident des für Pyrmont zuständigen Oberlandesgerichts zu ersuchen.
Artikel 2.
a)
Unter den im
§ 5
des Vertrags erwähnten preußischen Gesetzen usw. sind diejenigen verstanden, die im Kreise Hameln gelten.
b)
Sollte die Abänderung oder Aufhebung der im
§ 5 II
des Vertrags aufrechterhaltenen waldeckischen Gesetze notwendig werden, so verzichtet Waldeck auf eine Mitwirkung hierbei, soweit nicht seine Belange, insbesondere bei den unter 1, 2, 7, 9 und 10 genannten Gesetzen, berührt werden.
c)
Preußen erklärt sich einverstanden, daß Waldeck von den aus dem Kreise Pyrmont bei der Immobiliar-Feuerversicherungsanstalt von Waldeck-Pyrmont eingehenden Beiträgen aus den am Tage der Vereinigung bestehenden Versicherungen auch weiterhin die Abgabe für gemeinnützige Zwecke im Interesse der Feuersicherheit nach Maßgabe des Gesetzes vom 14. Januar 1907 (Regierungsblatt S. 4) erhebt. Waldeck wird die eingehenden Abgabebeträge dem Kreise Hameln mit der Auflage überweisen, sie zu gemeinnützigen Zwecken im Interesse der Feuersicherheit im Gebietsteile Pyrmont zu verwenden.
d)
Die infolge der Einführung der preußischen Gemeindeverfassungsgesetze erforderlich werdenden Neuwahlen sind innerhalb von drei Monaten vom Tage der Vereinigung ab vorzunehmen. Bis zum Zusammentritt der neugewählten Körperschaften bleiben die bisherigen Gemeindevertretungen bestehen.
e)
Die Stadt Bad Pyrmont behält ihr Stadtrecht. Ihre Stellung richtet sich nach § 27 Abs. 2 und, falls die Zusammenlegung von Bad Pyrmont und Ösdorf bis zum Tage der Vereinigung durchgeführt wird, nach §§ 27 Abs. 1, 28 der Kreisordnung für die Provinz Hannover vom 6. Mai 1884.
Artikel 3.
Privilegien und wohlerworbene Rechte, insbesondere solche von Staats- und Kommunalbeamten, werden durch die Bestimmungen des Vertrags nicht berührt.
Die Beamten des Pyrmonter Domaniums haben die Rechte und Pflichten der unmittelbaren
Staatsbeamten.
Artikel 4.
a)
Von dem Kapitalvermögen des Staates Waldeck-Pyrmont - mit Ausnahme des zum früheren Domanialvermögen gehörenden und unter Abzug der sogenannten Meiereidienstgelder - wird ein nach dem Verhältnisse der Kopfzahl der Pyrmonter Bevölkerung zu bemessender Anteil dem Preußischen Staate übereignet. Der Berechnung wird die Volkszählung von 1919 zugrunde gelegt.
b)
Von der Waldeck-Pyrmonter Staatsanleihe aus dem Jahre 1883 (1899) übernimmt in ihrem jetzigen Stande Preußen einen Anteil, der nach dem Verhältnisse der zugrundeliegenden konvertierten Pyrmonter beziehungsweise waldeckischen Staatsanleihe von 1860 beziehungsweise 1854 auf Pyrmont entfällt.
c)
Der auf Pyrmont entfallende Teil der für Beschaffungsbeihilfen an Staatsbeamte und Lehrer sowie für staatliche Baubeihilfen von Waldeck-Pyrmont aufgenommenen und bis zum Tage der Vereinigung Pyrmonts mit Preußen noch aufzunehmenden Schuldbeträge geht auf Preußen über.
d)
Der Zins- und Tilgungsdienst der nach b und c von Preußen zu übernehmenden Schuldbeträge wird in der bisherigen Weise von Waldeck weitergeführt. Preußen wird für rechtzeitige Überweisung der auf seinen Anteil entfallenden Summen sorgen. Dagegen wird Waldeck die Erstattungen des Reichs auf Grund des § 59 Abs. 1 Nr. 5 des Landessteuergesetzes, soweit sie Pyrmont betreffen, an Preußen abliefern.
e)
Die aus der preußischen Staatskasse auf Grund des zwischen Preußen und Waldeck-Pyrmont über die Regelung der Lotterieverhältnisse abgeschlossenen Staatsvertrags vom 22. April 1907 (Preußische Gesetzsamml. 1908 S. 1, Waldeckisches Regierungsblatt 1907 S. 85) an Waldeck-Pyrmont zu zahlenden Renten werden um viertausend Mark jährlich gekürzt. Bei Berechnung dieses Betrags ist berücksichtigt, daß die vom Staate Waldeck-Pyrmont an das Pyrmonter Domanium zu leistende Rente künftig in Wegfall kommt.
f)
Waldeck verzichtet auf die im
§ 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Waldeck-Pyrmonter Domanialvermögens
usw. vom 8. April 1921 (Regierungsblatt S. 49) in Aussicht genommene Sicherungshypothek.
Artikel 5.
Es ist bekannt, daß die Domanialforsten beziehungsweise der Staat mit Gabeholz- beziehungsweise Salzgerechtigkeiten belastet sind.
Artikel 6.
a)
Mit dem Tage der Vereinigung Pyrmonts mit Preußen gehen die bisher dem Pyrmonter Domanium gehörigen Forsten mit allen Rechten und Pflichten in das Eigentum des Zweckverbandes über. Zu den Forsten gehören die darin belegenen Steinbrüche.
b)
Mit den Forsten gehen außer den grundbuchmäßig eingetragenen Lasten auch die Verpflichtungen aus etwa vorhandenen Wege-, Trift-, Weide-, Mast-, Streu-, Gabe-, Leseholz-, Laub- und ähnlichen Berechtigungen auf den Zweckverband über.
c)
Unbeschadet der aus § 7 des Staatsvertrags über die Vereinigung Pyrmonts mit Preußen für Preußen sich ergebenden Haftung gegenüber Waldeck werden die auf Grund des Gesetzes über die Gestaltung der Rechtsverhältnisse des Waldeck-Pyrmonter Domanialvermögens usw. vom 8. April 1921 vom Eigentümer des Pyrmonter Domanialvermögens zu tragenden 16 vom Hundert aus der Vermögensauseinandersetzung mit dem Fürstlichen Hause in der Weise geteilt, daß die Forsten 6 vom Hundert und das Bad 10 vom Hundert tragen. Vorweg sollen die Überschüsse aus dem Pyrmonter Domanium, die sich bis zum Tage der Vereinigung ergeben, dazu benutzt werden, die obigen Schulden, soweit wie möglich, abzutragen.
d)
Der Verband ist verpflichtet, die Holzabfuhrwege innerhalb der Forsten zu unterhalten, soweit ihm das Eigentum daran zusteht oder kostenlos übertragen wird; ihm liegt ferner die Unterhaltung der Holzabfuhrwege außerhalb der Forsten ob, welche bisher auf Grund besonderer Vereinbarungen von den Gemeinden zu unterhalten waren.
e)
Der Verband übernimmt die Unterhaltung der beiden von Baarsen nach Neersen und von Großenberg nach Kleinenberg führenden öffentlichen Gemeindewege. Er tritt ferner in die Verpflichtung der Gemeinden ein, an den Kreis zu den Unterhaltungskosten der Vizinalstraßen bestimmte anteilige Beträge abzuführen.
f)
Die bisher in den Forsten beschäftigten Beamten (einschließlich des Domanialrentmeisters) werden von Preußen in ihren bisherigen Stellen belassen. Der Zweckverband hat dem Staate alle persönlichen Kosten für diese Personen zu ersetzen. Es steht ihnen frei, ihren Übertritt in das Kommunalbeamtenverhältnis zu erklären. Die Verpflichtung zur Zahlung der laufenden Ruhegehälter, Hinterbliebenenbezüge und dergleichen übernimmt der Verband. Von dem Gehalt des Domanialrentmeisters werden dem Zweckverband ¾ vom Bade erstattet werden, wofür der Verband durch den Rentmeister die Kassengeschäfte der Badeverwaltung weiterführen läßt. In die Verträge mit den Angestellten und Arbeitern tritt der Zweckverband ein.
g)
Der Verband übernimmt ferner gegenüber Preußen die Verpflichtung zur Erstattung der bisher vom Pyrmonter Domanium zu leistenden stiftungsmäßigen Gehälter, Pensionen, Waisengelder und Unterstützungen.
h)
Von den weiteren auf dem Domanium lastenden Verpflichtungen übernimmt der Verband die feste Summe von jährlich 30.000 Mark.
i)
Endlich wird der Verband die Sicherstellung der staatlichen und kommunalen Angestellten der Kreisverwaltung Pyrmont in der Weise übernehmen, daß er ihnen bis zum 31. März 1923 die bisherigen Bezüge weitergewährt. Die Zahlung fällt jedoch schon früher fort, sobald der Angestellte eine neue Stellung antritt oder eine ihm angebotene gleichwertige Stellung ausschlägt. In Streitfällen entscheidet ein Schiedsgericht, dessen Vorsitzenden der Regierungspräsident in Hannover ernennt und in das jede Partei einen Beisitzer entsendet.
k)
In einer bei Inkrafttreten des Staatsvertrags aufzustellenden Übergabeverhandlung werden die aus vorstehenden Bestimmungen sich ergebenden Pflichten des Verbandes einzeln und ziffernmäßig festgestellt werden. Die für die Regelung unter d in Betracht kommenden Wege sind einzeln aufzuführen.
Artikel 7.
Die Bildung des Zweckverbandes wird durch ein preußisches Gesetz in Anlehnung an das Zweckverbandsgesetz vom 19. Juli 1911 mit Wirkung vom Tage der Vereinigung an erfolgen. Die Verfassung des Verbandes soll nach folgenden Richtlinien geregelt werden:
a)
Im Verbandsausschuß erhalten die Gemeinden für jedes angefangene Tausend ihrer Einwohner je einen Abgeordneten. Jeder Abgeordnete hat eine Stimme. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt.
b)
Der Verbandsvorsteher wird vom Verbandsausschusse gewählt. Soweit der leitende Forstbeamte nicht schon gewähltes Mitglied des Verbandsausschusses ist, nimmt er mit beratender Stimme an den Sitzungen teil.
c)
Von dem Gewinne, der sich nach Leistung der im Artikel 6 genannten Lasten am Schlusse eines Rechnungsjahrs ergibt, ist ein Betrag von 10 vom Hundert einem Rücklagestocke zuzuführen, bis dieser die Höhe der Hälfte der jährlichen Ausgaben nach dem Durchschnitte der letzten fünf Jahre erreicht oder wieder erreicht hat. Von dem dann sich ergebenden Reingewinn oder Fehlbetrag entfällt auf den Staat und den Zweckverband je die Hälfte. An dem auf den Verband entfallenden Gewinn oder Verlust sind die Gemeinden Stadt Bad Pyrmont, Ösdorf und Holzhausen einerseits und die Gesamtheit der übrigen Gemeinden anderseits je zur Hälfte beteiligt. Von dem Minderertrage, der sich - nach dem Jahresdurchschnitt auf den Hektar berechnet - infolge der Abtretung der an Lügde abzugebenden Waldflächen ergibt (Artikel 1d), werden 82 vom Hundert dem Staate, je 9 vom Hundert den Gemeinden Stadt Bad Pyrmont und Ösdorf auf ihren Anteil vorweg angerechnet.
d)
Die Verwaltung der Forsten erfolgt unter Staatsaufsicht nach den Grundsätzen, wie sie in dem hannöverschen Gesetze, betreffend die Gemeindeforsten, vom 10. Juli 1859 (Gesetzsamml. S. 725) in den Fürstentümern Kalenberg, Göttingen usw. festgelegt sind, jedoch mit der Maßgabe, daß die Forstbeamten vom Verband angestellt werden. Die künftig anzustellenden Forstbeamten müssen die für staatliche Beamte vorgeschriebene Vorbildung besitzen und bedürfen staatlicher Bestätigung. Mit dem jährlichen Haushaltsplan ist ein Holzverwertungsplan aufzustellen. Beide Pläne sowie die jährliche Abrechnung unterliegen der staatlichen Genehmigung. Die Wirtschaftsführung muß den für staatliche Forsten geltenden Bestimmungen entsprechen.
e)
Dem Zweckverbande bleibt es überlassen, von den vorstehenden Richtlinien abweichende Vereinbarungen mit Preußen ohne Mitwirkung Waldecks zu treffen.
Artikel 8.
Die Meiereien Kleinenberg und Butze sollen nach Berichtigung der unwirtschaftlichen Forstgrenze der Meierei Kleinenberg zu Siedlungszwecken der landwirtschaftlichen Bevölkerung des bisherigen Kreises Pyrmont unverzüglich und zu Vorzugspreisen nach den Bestimmungen des Reichssiedlungsgesetzes vom 11. August 1919 (Reichsgesetzbl. S. 1429) zur Verfügung gestellt werden.
Artikel 9.
Die staatlichen Ländereien bleiben, soweit sie Zwecken des Kurbetriebes dienstbar sind oder dienstbar gemacht werden müssen, mit dem Bade verbunden (Grundstücke in und nahe dem Parke, Rennwiesen, Quellgrundstücke und dergleichen). Die übrigen Grundstücke sollen den Gemeinden, in deren Bezirken sie liegen, zu Siedlungs-, Bebauungs- oder anderen dem allgemeinen Interesse dienenden Zwecken zum Kaufe zu Vorzugspreisen angeboten werden. Plätze, Straßen und Wege sind den Gemeinden, in deren Ortsbezirken sie liegen, auf Wunsch gegen Übernahme der Unterhaltungskosten zu Eigentum abzutreten.
Artikel 10.
Wegen des im § 9 des Vertrags zugesicherten späteren Einflusses der Kurgemeinden besteht Übereinstimmung darüber, daß bei Abschluß eines neuen Vertrags die Kurgemeinden nicht ungünstiger gestellt werden sollen als in dem alten.
Artikel 11.
Bei der Bemessung der Zuschüsse an die höhere Schule wird Preußen besonderes Entgegenkommen betätigen.
Die mit dem vereinbarten Entwurf übereinstimmend befundenen zwei Stücke des Vertrags sind hierauf von den beiderseitigen Kommissaren unterzeichnet und untersiegelt worden; die preußischen und waldeckischen Kommissare haben je ein Stück des Vertrags und des Schlußprotokolls entgegengenommen.
So geschehen zu Arolsen am 29. November 1921.
Friedrich Meister. Otto Mackensy. Karl-Otto von Kameke. Wilhelm Schmieding.
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