Nds. AGInsO
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Niedersächsisches Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung (Nds. AGInsO)

Niedersächsisches Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung (Nds. AGInsO)

Vom 17. Dezember 1998 (Nds. GVBl. S. 710 - VORIS 32220 02 00 00 000 -)
Zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 16. Mai 2018 (Nds. GVBl. S. 66)
Der Niedersächsische Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1 Nds. AGInsO

(1) Geeignet für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung (InsO) sind nur
1.
Einrichtungen in Niedersachsen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 1
als geeignet gelten oder nach
§ 3
anerkannt worden sind (geeignete Stellen), sowie
2.
Personen, die nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 2
als geeignet gelten.
§ 4 bleibt unberührt.
(2) Stellen oder Personen, die in einem anderen Land durch Gesetz oder in einem Verwaltungsverfahren als geeignet anerkannt sind, gelten auch in Niedersachsen als geeignet. Dies gilt nicht für Stellen, die eine außerhalb Niedersachsens anerkannte juristische Person in Niedersachsen betreibt.

§ 2 Nds. AGInsO

(1) Als geeignet gelten:
1.
Stellen in Niedersachsen, die Schuldnerberatung durchführen und in der Trägerschaft von Gemeinden oder Landkreisen, Kirchen oder Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts oder von Verbänden der freien Wohlfahrtspflege stehen,
2.
Mitglieder von Rechtsanwaltskammern, Steuerberaterinnen, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüferinnen, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüferinnen und vereidigte Buchprüfer sowie Personengesellschaften und juristische Personen des privaten Rechts, in denen sich ausschließlich solche Personen zur Ausübung ihrer Berufe zusammengeschlossen haben.
(2) Die nach Absatz 1 Nr. 1 als geeignet geltenden Stellen sind verpflichtet, ihre Absicht, Schuldenbereinigung im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO durchzuführen, der zuständigen Behörde schriftlich anzuzeigen.
(3) Die zuständige Behörde kann gegenüber dem Träger feststellen, dass einer Stelle nach Absatz 1 Nr. 1 die Eignung fehlt, wenn die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 6 nicht erfüllt sind. Der Träger ist auf Verlangen verpflichtet, Nachweise darüber vorzulegen, dass die von ihm betriebene Stelle diese Voraussetzungen erfüllt. Im Übrigen gilt § 3 Abs. 3 Satz 1 entsprechend.

§ 3 Nds. AGInsO

(1) Stellen in Niedersachsen, die Schuldnerberatung durchführen, sind von der zuständigen Behörde auf schriftlichen Antrag ihres Trägers als geeignet anzuerkennen, wenn
1.
Träger der Stelle eine juristische Person des privaten Rechts ist, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt,
2.
die Person, die die Schuldnerberatung leitet, nicht unzuverlässig für die Aufgabe einer Schuldenbereinigung ist; die Person ist in der Regel unzuverlässig, wenn sie
a)
in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenz- oder Konkursstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist oder
b)
in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt, insbesondere, wenn über ihr Vermögen der Konkurs, das Vergleichsverfahren, die Gesamtvollstreckung oder das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder sie in das vom Konkurs-, Gesamtvollstreckungs- oder Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht geführte Verzeichnis ( § 107 Abs. 2 der Konkursordnung , § 4 Abs. 2 der Gesamtvollstreckungsordnung , § 26 Abs. 2 der Insolvenzordnung , § 915 der Zivilprozessordnung ) eingetragen ist,
3.
mindestens eine in der Schuldnerberatung tätige Person über eine Ausbildung, die zur Ausübung der in § 2 Abs. 1 Nr. 2 genannten Berufe befähigt, über eine abgeschlossene Ausbildung
a)
in den Studiengängen Sozialwesen, Sozialarbeit oder Sozialpädagogik,
b)
als Bankkauffrau oder Bankkaufmann,
c)
in der Betriebswirtschaft,
d)
im gehobenen Verwaltungs- oder Justizdienst
oder über eine vergleichbare Ausbildung verfügt,
4.
mindestens eine Person mit ausreichender praktischer Erfahrung in der Schuldnerberatung von in der Regel drei Jahren tätig ist,
5.
die erforderliche Rechtsberatung sichergestellt ist und
6.
die Tätigkeit der Stelle auf Dauer angelegt ist.
Dem Antrag sind Nachweise über die Erfüllung der Voraussetzungen nach Satz 1 beizufügen.
(2) Die Anerkennung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.
(3) Der Wegfall von Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 ist der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. § 2 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 4 Nds. AGInsO

Im Übrigen wird die Eignung von Personen und Personengesellschaften vom Insolvenzgericht im Rahmen des Verfahrens nach dem Neunten Teil der Insolvenzordnung festgestellt, wenn der Person, die die Schuldnerberatung leitet, nicht die hierfür erforderliche Zuverlässigkeit oder Sachkunde fehlt. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Feststellung der Eignung ist ausgeschlossen, wenn die Person oder Personengesellschaft Kredit-, Finanz-, Finanzvermittlungs- oder ähnliche Dienste gewerblich betreibt.

§ 5 Nds. AGInsO

(1) Geeignete Stellen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 erhalten auf Antrag vom Land für ihre Mitwirkung beim Versuch einer Schuldenbereinigung eine Vergütung, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner
1.
zahlungsunfähig ist oder die Zahlungsunfähigkeit droht,
2.
Anspruch auf Beratungshilfe für den Versuch einer Schuldenbereinigung hat und versichert, dass ein Antrag auf Beratungshilfe nicht gestellt worden ist, und wenn
3.
die Stelle unentgeltlich tätig geworden ist.
(2) Als Vergütung wird gewährt:
1.
für eine Beratung über die Erfolgsaussichten, eine Schuldenbereinigung im Sinne des
§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO
zu erzielen oder ein Verfahren im Sinne des Neunten Teils der Insolvenzordnung zu durchlaufen, ein Betrag in Höhe der in
§ 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes
in der jeweils geltenden Fassung (RVG) in Verbindung mit den Nummern 2501 und 2502 des Vergütungsverzeichnisses zum
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz
vorgesehenen Gebühr, soweit kein Anspruch auf eine Vergütung nach Nummer 2 oder 3 besteht,
2.
für den erfolglosen Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans ein Betrag in Höhe der in
§ 2 Abs. 2 RVG
in Verbindung mit den Nummern 2503 bis 2507 des Vergütungsverzeichnisses vorgesehenen Gebühr,
3.
bei Zustandekommen einer außergerichtlichen Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans im Sinne des
§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO
ein Betrag nach Nummer 2 und zusätzlich eine Vergütung in Höhe der in
§ 2 Abs. 2 RVG
in Verbindung mit der Nummer 2508 des Vergütungsverzeichnisses für eine Einigung vorgesehenen Gebühr,
4.
zusätzlich zu einer Vergütung nach Nummer 2 oder 3 Ersatz der bei der Ausführung dieser Tätigkeiten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen zu zahlenden Entgelte in Höhe der in
§ 2 Abs. 2 RVG
in Verbindung mit den Nummern 7001 oder 7002 des Vergütungsverzeichnisses hierfür vorgesehenen Beträge.
Mit der Vergütung nach Satz 1 Nr. 2 sind auch die Aufwendungen für die Ausstellung einer Bescheinigung über den erfolglosen Einigungsversuch abgegolten. Einer geeigneten Stelle nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ist auch die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer auf die Vergütung zu erstatten.
(3) Die Vergütungen für die jeweils in einem Kalendervierteljahr abgeschlossenen vergütungsfähigen Tätigkeiten sind schriftlich zu beantragen. In dem Antrag sind Namen, Geburtsdaten und Anschriften der Schuldnerinnen und Schuldner anzugeben sowie die Voraussetzungen nach den Absätzen 1 und 2 darzulegen. Die zuständige Behörde kann die Vorlage von Nachweisen verlangen.
(4) Die für die Vergütung nach den Absätzen 1 bis 3 notwendigen Nachweise und die sonstigen Unterlagen über die Mitwirkung an der Schuldenbereinigung sind drei Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die vergütungsfähigen Tätigkeiten abgeschlossen worden sind.
(5) Die in Absatz 4 genannten Nachweise und sonstigen Unterlagen können auch aufbewahrt werden
1.
als Wiedergabe auf einem Bildträger oder
2.
auf anderen Datenträgern, wenn sichergestellt ist, dass die gespeicherten Daten mit den Nachweisen und Unterlagen inhaltlich übereinstimmen.

§ 6 Nds. AGInsO

Das für Sozialordnung zuständige Ministerium bestimmt die für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden.

§ 7 Nds. AGInsO

Die zuständige Behörde und der Landesrechnungshof sind berechtigt, die Nachweise für die Festsetzung der Vergütung nach § 5 an Ort und Stelle zu überprüfen, die Unterlagen über die entfalteten Tätigkeiten einzusehen und Auskünfte zu verlangen, soweit sie dies für erforderlich halten.

§ 8 Nds. AGInsO

(1) Ändern sich die nach § 5 Abs. 2 Satz 1 für die Berechnung der Vergütung maßgebenden Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes, so ist für die von der geeigneten Stelle beim In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung noch nicht abgeschlossene Tätigkeit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 die Vergütung nach dem vorher geltenden Recht zu berechnen.
(2) Für eine vor dem 1. Juli 2004 noch nicht abgeschlossene Tätigkeit nach § 5 Abs. 2 Satz 1 richtet sich die Vergütung der geeigneten Stelle nach dem am 30. Juni 2004 geltenden Recht.
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