Erklärung betreffend die Abschaffung der Neutralisierung Nordsavoyens (0.515.293.49)
CH - Schweizer Bundesrecht

Erklärung betreffend die Abschaffung der Neutralisierung Nordsavoyens

Abgegeben am 16. März 1928 Von der Bundesversammlung genehmigt am 24. Juni 1927² In Kraft getreten am 16. März 1928 (Stand am 16. März 1928) ¹ Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung. ² Art. 1 Abs. 1 des BB vom 24. Juni 1927 (BS 11 126)
Diese Erklärung ist der französischen Regierung am 21. März 1928 beim Austausch der Ratifikationsurkunden zu der am 30. Oktober 1924³ abgeschlossenen Schiedsordnung zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend die Freizonen Hoch­savoyens und der Landschaft Gex abgegeben worden.
Der Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
in Anbetracht, dass eine Vereinbarung, festgestellt durch die Note der schweizerischen Gesandtschaft in Paris an das französische Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten vom 5. Mai 1919, zwischen der schweizerischen und der französischen Regierung zustande gekommen ist, wonach die Bestimmungen der Verträge und Übereinkommen, Erklärungen und sonstigen Zusatzakte betreffend die neutralisierte Zone Savoyens nach Massgabe von Artikel 435 des Versailler Vertrages⁴ aufgehoben werden,
dass indessen die endgültige Verbindlichkeit dieser Vereinbarung von der Genehmigung der genannten Vereinbarung durch die eidgenössischen Räte abhängig gemacht worden war,
in Anbetracht, dass die genannte Vereinbarung am 24. Juni 1927 vom Nationalrat und vom Ständerat genehmigt worden ist,
erklärt
im Namen der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
Inskünftig ist in vollem Umfang und in allen Stücken rechtskräftig und endgültig die Zustimmung der Schweiz zur Aufhebung der Bestimmungen, die in der Schlussakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815, im Pariser Vertrag vom 20. November 1815 und in der Akte vom 20. November 1815 enthalten sind und die folgendermas­sen lauten:
³ SR 0.631.256.934.95 ⁴ Art. 435 des Versailler Vertrages lautet: «Die Hohen vertragschliessenden Teile erkennen zwar die zugunsten der Schweiz in den Verträgen von 1815, besonders in der Akte vom 20. November 1815 niedergelegten Zusicherungen, die internationale Verbindlichkeiten zur Aufrechterhaltung des Friedens darstellen, an; sie stellen indes fest, dass die Bestimmungen dieser Verträge und Übereinkommen, Erläuterungen und sonstigen Zusatzakte, betreffend die neutralisierte Zone Savoyens, so wie sie durch Art. 92 Abs. 1 der Schlussakte des Wiener Kongresses und Art. 3 Abs. 2 des Pariser Vertrages vom 20. November 1815 festgelegt wird, durch die Verhältnisse überholt sind. Infolgedessen nehmen die Hohen vertragschliessenden Teile die Abrede zwischen der französischen und der schweizerischen Regierung, betreffend die Aufhebung der sich auf diese Zone beziehenden Bestimmungen, die abgeschafft sind und bleiben sollen, zu Kenntnis. Ebenso erkennen die Hohen vertragschliessenden Teile an, dass die Bestimmungen der Verträge von 1815 und der sonstigen Zusatzakte, betreffend die Freizonen Hoch‑Savoyens und des Gebiets von Gex, durch die Verhältnisse überholt sind, und dass es Sache Frankreichs und der Schweiz ist, im Wege der Einigung untereinander die Rechtslage dieser Gebiete so zu regeln, wie beide Länder es für zweckmässig erachten.» (Übersetzung des französischen und englischen Originaltextes)

I. Schlussakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815

Art. 92
Die Provinzen Chablais und Faucigny und alles von Ugine nördlich gelegene, Seiner Majestät zugehörige Land sollen in der schweizerischen Neutralität, wie sie durch die Mächte anerkannt und gewährleistet ist, einbegriffen sein.
Infolgedessen sollen, so oft die der Schweiz benachbarten Mächte sich im Zustande wirklich ausgebrochener oder unmittelbar bevorstehender Feindseligkeiten befinden werden, die Truppen Seiner Majestät des Königs von Sardinien, die allfällig in jenen Provinzen stehen möchten, sich zurückziehen und dafür, wenn es notwendig ist, ihren Weg durch das Wallis nehmen können; keine andern bewaffneten Truppen sollen die genannten Provinzen und Territorien durchziehen oder sich in denselben aufhalten können, mit Ausnahme derjenigen, welche die Schweizerische Eidgenossenschaft daselbst aufzustellen für gut finden würde. Wohl verstanden, dass dieses Verhältnis die Verwaltung jener Provinzen auf keine Weise beschränken soll, woselbst auch die Zivilbeamten Seiner Majestät des Königs die Bürgerwachen für Erhaltung guter Ordnung gebrauchen können.

II. Pariser Vertrag vom 20. November 1815 zwischen Frankreich einerseits, Grossbritannien, Österreich, Preussen und Russland andererseits

Art. 3 Absatz 2
Die Neutralität der Schweiz soll auf das Gebiet ausgedehnt werden, das nördlich einer Linie liegt, die von Ugine aus (diese Stadt mit einbegriffen) südwärts am See von Annecy vorbei läuft, über Faverge bis Lecheraine und von da bis zum See von Bourget und zur Rhone geht, so wie es durch den Artikel 92 der Schlussakte des Wiener Kongresses mit den Provinzen von Chablais und Faucigny geschehen ist.

III. Akte betreffend die Anerkennung und Gewährleistung der immerwährenden Neutralität der Schweiz und der Unverletzlichkeit ihres Gebietes vom 20. November 1815

Absatz 3
Die Mächte anerkennen und gewährleisten gleichfalls die Neutralität derjenigen Teile von Savoyen, denen durch die Urkunde des Wiener Kongresses vom 29. März eintausendachthundertfünfzehn und durch den Pariser Vertrag vom heutigen Tage der Genuss der schweizerischen Neutralität auf gleiche Weise zugesichert wird, als wären sie Bestandteile dieses Landes.

Unterschriften

Zu Urkund dessen ist die gegenwärtige Erklärung vom Bundespräsidenten und vom Bundeskanzler unterzeichnet und mit dem Bundessiegel versehen worden.
So geschehen zu Bern, am 16. März 1928.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

Der Bundespräsident: Schulthess
Der Vizekanzler: Leimgruber

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