Schweizerisches Zivilgesetzbuch (210)
CH - Schweizer Bundesrecht

Schweizerisches Zivilgesetzbuch

vom 10. Dezember 1907 (Stand am 1. Januar 2021)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 64 der Bundesverfassung¹,² nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 28. Mai 1904³,
beschliesst:
¹ [BS 1 3]. Dieser Bestimmung entspricht Artikel 122 der Bundesverfassung vom 18. April 1999 ( SR 101 ). ² Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ). ³ BBl 1904 IV 1 , 1907 VI 367

Einleitung

A. Anwendung des Rechts

Art. 1
¹ Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
² Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht⁴ nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
³ Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
⁴ Ausdruck gemäss Ziff. I 1 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.

B. Inhalt der Rechtsverhältnisse

I. Handeln nach Treu und Glau­ben

Art. 2
¹ Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflich­ten nach Treu und Glauben zu handeln.
² Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechts­schutz.

II. Guter Glaube

Art. 3
¹ Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Per­son geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten.
² Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berech­tigt, sich auf den guten Glauben zu berufen.

III. Gericht­liches ⁵ Ermessen

⁵ Ausdruck gemäss Ziff. I 1 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
Art. 4
Wo das Gesetz das Gericht auf sein Ermessen oder auf die Würdi­gung der Um­stände oder auf wichtige Gründe verweist, hat es seine Ent­scheidung nach Recht und Billigkeit zu treffen.

C. Verhältnis zu den Kantonen

I. Kantonales Zivil­recht und Orts­übung

Art. 5
¹ Soweit das Bundesrecht die Geltung kantonalen Rechtes vorbehält, sind die Kantone befugt, zivilrechtliche Bestimmungen aufzustellen oder aufzuheben.
² Wo das Gesetz auf die Übung oder den Ortsgebrauch verweist, gilt das bisherige kantonale Recht als deren Ausdruck, solange nicht eine abweichende Übung nach­gewiesen ist.

II. Öffentliches Recht der Kan­tone

Art. 6
¹ Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt.
² Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewis­sen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechts­geschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen.

D. Allgemeine Be­stimmungen des Obligationen­rechtes

Art. 7
Die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechtes⁶ über die Entste­hung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge finden auch Anwendung auf an­dere zivilrechtliche Verhältnisse.
⁶ SR 220

E. Beweisregeln

I. Beweislast

Art. 8
Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhan­den­sein ei­ner behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.

II. Beweis mit öf­fentlicher Urkunde

Art. 9
¹ Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres In­haltes nachgewiesen ist.
² Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden.
Art. 10 ⁷
⁷ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

Erster Teil: Das Personenrecht

Erster Titel: Die natürlichen Personen

Erster Abschnitt: Das Recht der Persönlichkeit

A. Persönlich­keit im Allgemeinen

I. Rechts­fähigkeit
Art. 11
¹ Rechtsfähig ist jedermann.
² Für alle Menschen besteht demgemäss in den Schranken der Rechts­ordnung die gleiche Fähigkeit, Rechte und Pflichten zu haben.
II. Handlungs­fähig­keit
1. Inhalt
Art. 12
Wer handlungsfähig ist, hat die Fähigkeit, durch seine Handlungen Rechte und Pflichten zu begründen.
2. Voraus­setzungen
Art. 13 ⁸
Die Handlungsfähigkeit besitzt, wer volljährig und urteilsfähig ist.
⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 14 ⁹
Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr zurückgelegt hat.
⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 15 ¹⁰
¹⁰ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 7. Okt. 1994, mit Wirkung seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ).
Art. 16 ¹¹
Urteilsfähig im Sinne dieses Gesetzes ist jede Person, der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln.
¹¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
III. Handlungs­unfä­higkeit
1. Im Allgemeinen
Art. 17 ¹²
Handlungsunfähig sind urteilsunfähige Personen, Minderjährige sowie Personen unter umfassender Beistandschaft.
¹² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
2. Fehlen der Urteilsfähigkeit
Art. 18
Wer nicht urteilsfähig ist, vermag unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen durch seine Handlungen keine rechtliche Wirkung her­bei­zuführen.
3. Urteilsfähige handlungsunfähige Personen
¹³ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 19
¹ Urteilsfähige handlungsunfähige Personen können nur mit Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters Verpflichtungen eingehen oder Rechte aufgeben.¹⁴
² Ohne diese Zustimmung vermögen sie Vorteile zu erlangen, die unentgeltlich sind, sowie geringfügige Angelegenheiten des täglichen Lebens zu besorgen.¹⁵
³ Sie werden aus unerlaubten Handlungen schadenersatzpflichtig.
¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
¹⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 19 a ¹⁶
¹ Sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, kann der gesetzliche Vertreter die Zustimmung ausdrücklich oder stillschweigend im Voraus geben oder das Geschäft nachträglich genehmigen.
² Der andere Teil wird frei, wenn die Genehmigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt, die er selber ansetzt oder durch das Gericht ansetzen lässt.
¹⁶ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 19 b ¹⁷
¹ Erfolgt die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters nicht, so kann jeder Teil die vollzogenen Leistungen zurückfordern. Die handlungsunfähige Person haftet jedoch nur insoweit, als die Leistung in ihrem Nutzen verwendet worden ist oder als sie zur Zeit der Rückforderung noch bereichert ist oder sich böswillig der Bereicherung entäussert hat.
² Hat die handlungsunfähige Person den andern Teil zur irrtümlichen Annahme ihrer Handlungsfähigkeit verleitet, so ist sie ihm für den verursachten Schaden verantwortlich.
¹⁷ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
4. Höchstpersönliche Rechte
Art. 19 c ¹⁸
¹ Urteilsfähige handlungsunfähige Personen üben die Rechte, die ihnen um ihrer Persönlichkeit willen zustehen, selbstständig aus; vorbehalten bleiben Fälle, in welchen das Gesetz die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorsieht.
² Für urteilsunfähige Personen handelt der gesetzliche Vertreter, sofern nicht ein Recht so eng mit der Persönlichkeit verbunden ist, dass jede Vertretung ausgeschlossen ist.
¹⁸ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
IIIbis. Einschränkung der Hand­lungsfähigkeit
Art. 19 d ¹⁹
Die Handlungsfähigkeit kann durch eine Massnahme des Erwachsenenschutzes eingeschränkt werden.
¹⁹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
IV. ²⁰ Verwandt­schaft und Schwä­gerschaft
²⁰ Fassung des Randtit. gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 , 1973 92 ; BBl 1971 I 1200 ).
1. Verwandtschaft
Art. 20
¹ Der Grad der Verwandtschaft²¹ bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.
² In gerader Linie sind zwei Personen miteinander verwandt, wenn die eine von der andern abstammt, und in der Seitenlinie, wenn sie von einer dritten Person abstammen und unter sich nicht in gerader Linie verwandt sind.
²¹ Fassung dieses Wortes gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
2. Schwägerschaft
Art. 21 ²²
¹ Wer mit einer Person verwandt ist, ist mit deren Ehegatten, deren eingetragener Partnerin oder deren eingetragenem Partner in der gleichen Linie und in dem gleichen Grade verschwägert.
² Die Schwägerschaft wird durch die Auflösung der Ehe oder der eingetragenen Partnerschaft, die sie begründet hat, nicht aufgehoben.
²² Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
V. Heimat und Wohnsitz
1. Heimat­angehörig­keit
Art. 22
¹ Die Heimat einer Person bestimmt sich nach ihrem Bürgerrecht.
² Das Bürgerrecht wird durch das öffentliche Recht bestimmt.
³ Wenn einer Person das Bürgerrecht an mehreren Orten zusteht, so ist für ihre Heimatangehörigkeit der Ort entscheidend, wo sie zu­gleich ihren Wohnsitz hat oder zuletzt gehabt hat, und mangels eines solchen Wohnsitzes der Ort, dessen Bürgerrecht von ihr oder ihren Vorfahren zuletzt erworben worden ist.
2. Wohnsitz
Art. 23
¹ Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.²³
² Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
³ Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
²³ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 24
¹ Der einmal begründete Wohnsitz einer Person bleibt bestehen bis zum Erwerbe eines neuen Wohnsitzes.
² Ist ein früher begründeter Wohnsitz nicht nachweisbar oder ist ein im Ausland begründeter Wohnsitz aufgegeben und in der Schweiz kein neuer begründet wor­den, so gilt der Aufenthaltsort als Wohn­sitz.
²⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 25 ²⁵
¹ Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge²⁶ gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des El­ternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Auf­enthaltsort als Wohnsitz.
² Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.²⁷
²⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
²⁶ Ausdruck gemäss Ziff. I 1 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ). Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.
²⁷ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 26 ²⁸
Volljährige unter umfassender Beistandschaft haben ihren Wohnsitz am Sitz der Erwachsenenschutzbehörde.
²⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

B. Schutz der Per­sönlichkeit

I. Vor übermässiger Bindung ²⁹
²⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 27
¹ Auf die Rechts- und Handlungsfähigkeit kann niemand ganz oder zum Teil ver­zichten.
² Niemand kann sich seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in ei­nem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Gra­de be­schränken.
II. Gegen Verletzun­gen
1. Grundsatz
Art. 28 ³⁰
¹ Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, kann zu seinem Schutz gegen jeden, der an der Verletzung mitwirkt, das Gericht anrufen.
² Eine Verletzung ist widerrechtlich, wenn sie nicht durch Einwilli­gung des Ver­letzten, durch ein überwiegendes privates oder öffent­liches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt ist.
³⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
2. Klage
³¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 2006 (Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen), in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 137 ; BBl 2005 6871 6897 ).
Art. 28 a ³²
¹ Der Kläger kann dem Gericht beantragen:
1. eine drohende Verletzung zu verbieten;
2. eine bestehende Verletzung zu beseitigen;
3. die Widerrechtlichkeit einer Verletzung festzustellen, wenn sich diese wei­terhin störend auswirkt.
² Er kann insbesondere verlangen, dass eine Berichtigung oder das Urteil Dritten mitgeteilt oder veröffentlicht wird.
³ Vorbehalten bleiben die Klagen auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmun­gen über die Geschäfts­führung ohne Auftrag.
³² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 28 b ³³
¹ Zum Schutz gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen kann die klagende Person dem Gericht beantragen, der verletzenden Person insbesondere zu verbieten:
1. sich ihr anzunähern oder sich in einem bestimmten Umkreis ihrer Wohnung aufzuhalten;
2. sich an bestimmten Orten, namentlich bestimmten Strassen, Plätzen oder Quartieren, aufzuhalten;
3. mit ihr Kontakt aufzunehmen, namentlich auf telefonischem, schriftlichem oder elektronischem Weg, oder sie in anderer Weise zu belästigen.
² Lebt die klagende Person mit der verletzenden Person in einer Wohnung zusammen, so kann sie dem Gericht zudem beantragen, die verletzende Person für eine bestimmte Zeit aus der Wohnung auszuweisen. Aus wichtigen Gründen kann diese Frist einmal verlängert werden.
³ Das Gericht kann, sofern dies nach den gesamten Umständen als gerechtfertigt erscheint, der klagenden Person:
1. für die ausschliessliche Benützung der Wohnung eine angemessene Entschädigung der verletzenden Person auferlegen; oder
2. mit Zustimmung des Vermieters die Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag allein übertragen.
³bis Es teilt seinen Entscheid den zuständigen Kindes- und Erwach­senen­schutzbehörden und der zuständigen kantonalen Stelle nach Ab­satz 4 sowie weiteren Behörden und Dritten mit, soweit dies zu deren Aufgabenerfüllung oder zum Schutz der klagenden Person not­wendig erscheint oder der Vollstreckung des Entscheides dient.³⁴
⁴ Die Kantone bezeichnen eine Stelle, die im Krisenfall die sofortige Ausweisung der verletzenden Person aus der gemeinsamen Wohnung verfügen kann, und regeln das Verfahren.
³³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 2006 (Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen), in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 137 ; BBl 2005 6871 6897 ).
³⁴ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 ( AS 2019 2273 ; BBl 2017 7307 ).
3. ...
Art. 28 c– 28 f ³⁵
³⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ). Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
4. Recht auf Gegen­­darstellung
³⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 2006 (Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen), in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 137 ; BBl 2005 6871 6897 ).
Art. 28 g ³⁷
¹ Wer durch Tatsachendarstellungen in periodisch erscheinenden Medien, insbe­sondere Presse, Radio und Fernsehen, in seiner Per­sön­lich­keit unmittelbar betrof­fen ist, hat Anspruch auf Ge­gen­darstel­lung.
² Kein Anspruch auf Gegendarstellung besteht, wenn über öffentliche Verhandlun­gen einer Behörde wahrheitsgetreu berichtet wurde und die betroffene Person an den Verhandlungen teilgenommen hat.
³⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 28 h ³⁸
¹ Der Text der Gegendarstellung ist in knapper Form auf den Gegen­stand der be­anstandeten Darstellung zu beschränken.
² Die Gegendarstellung kann verweigert werden, wenn sie offen­sicht­lich unrichtig ist oder wenn sie gegen das Recht oder die guten Sitten verstösst.
³⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 28 i ³⁹
¹ Der Betroffene muss den Text der Gegendarstellung innert 20 Ta­gen, nach­dem er von der beanstandeten Tatsachendarstellung Kennt­nis erhalten hat, späte­stens jedoch drei Monate nach der Ver­breitung, an das Medienunternehmen absen­den.
² Das Medienunternehmen teilt dem Betroffenen unverzüglich mit, wann es die Gegendarstellung veröffentlicht oder weshalb es sie zurückweist.
³⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 28 k ⁴⁰
¹ Die Gegendarstellung ist sobald als möglich zu veröffentlichen, und zwar so, dass sie den gleichen Personenkreis wie die beanstandete Tat­sachendarstellung er­reicht.
² Die Gegendarstellung ist als solche zu kennzeichnen; das Medien­unternehmen darf dazu nur die Erklärung beifügen, ob es an seiner Tat­sachendarstellung festhält oder auf welche Quellen es sich stützt.
³ Die Veröffentlichung der Gegendarstellung erfolgt kostenlos.
⁴⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
Art. 28 l ⁴¹
¹ Verhindert das Medienunternehmen die Ausübung des Gegendar­stel­lungs­rechts, verweigert es die Gegendarstellung oder veröffent­licht es die­se nicht korrekt, so kann der Betroffene das Gericht anru­fen.
² ...⁴²
³ und ⁴ ...⁴³
⁴¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 16. Dez. 1983, in Kraft seit 1. Juli 1985 ( AS 1984 778 ; BBl 1982 II 636 ).
⁴² Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
⁴³ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
III. Recht auf den Namen
1. Namensschutz
Art. 29
¹ Wird jemandem die Führung seines Namens bestritten, so kann er auf Fest­stellung seines Rechtes klagen.
² Wird jemand dadurch beeinträchtigt, dass ein anderer sich seinen Namen an­masst, so kann er auf Unterlassung dieser Anmassung so­wie bei Verschulden auf Schadenersatz und, wo die Art der Beein­trächti­gung es rechtfertigt, auf Leistung einer Geldsumme als Genug­tuung klagen.
2. Namens­änderung
⁴⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
Art. 30
¹ Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.⁴⁵
² ...⁴⁶
³ Wer durch Namensänderung verletzt wird, kann sie binnen Jahres­frist, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, gerichtlich anfechten.
⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
⁴⁶ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
Art. 30 a ⁴⁷
Stirbt ein Ehegatte, so kann der andere, wenn er bei der Eheschliessung seinen Namen geändert hat, jederzeit gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass er wieder seinen Ledignamen tragen will.
⁴⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).

C. Anfang und Ende der Persön­lich­keit

I. Geburt und Tod
Art. 31
¹ Die Persönlichkeit beginnt mit dem Leben nach der vollendeten Geburt und endet mit dem Tode.
² Vor der Geburt ist das Kind unter dem Vorbehalt rechtsfähig, dass es lebendig geboren wird.
II. Beweis
1. Beweislast
Art. 32
¹ Wer zur Ausübung eines Rechtes sich darauf beruft, dass eine Per­son lebe oder gestorben sei oder zu einer bestimmten Zeit gelebt oder eine andere Person über­lebt habe, hat hiefür den Beweis zu erbrin­gen.
² Kann nicht bewiesen werden, dass von mehreren gestorbenen Per­so­nen die eine die andere überlebt habe, so gelten sie als gleichzeitig gestorben.
2. Beweismittel
Art. 33
¹ Der Beweis für die Geburt oder den Tod einer Person wird mit den Zivilstandsur­kunden geführt.
² Fehlen solche oder sind die vorhandenen als unrichtig erwiesen, so kann der Be­weis auf andere Weise erbracht werden.
Art. 34
Der Tod einer Person kann, auch wenn niemand die Leiche gesehen hat, als erwie­sen betrachtet werden, sobald die Person unter Um­stän­den verschwunden ist, die ihren Tod als sicher erscheinen lassen.
III. Verschollen­erklä­rung
1. Im Allgemeinen
Art. 35
¹ Ist der Tod einer Person höchst wahrscheinlich, weil sie in hoher Todesgefahr verschwunden oder seit langem nachrichtlos abwesend ist, so kann sie das Gericht auf das Gesuch derer, die aus ihrem Tode Rechte ableiten, für verschollen erklären.
² ...⁴⁸
⁴⁸ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
2. Verfahren
Art. 36
¹ Das Gesuch kann nach Ablauf von mindestens einem Jahre seit dem Zeitpunkte der Todesgefahr oder von fünf Jahren seit der letzten Nach­richt angebracht werden.
² Das Gericht hat jedermann, der Nachrichten über den Verschwun­de­nen oder Ab­wesenden geben kann, in angemessener Weise öf­fent­lich aufzufordern, sich binnen einer bestimmten Frist zu melden.
³ Diese Frist ist auf mindestens ein Jahr seit der erstmaligen Auskün­dung anzuset­zen.
3. Wegfallen des Ge­suches
Art. 37
Meldet sich innerhalb der Frist der Verschwundene oder Abwesende, oder laufen Nachrichten über ihn ein, oder wird der Zeitpunkt seines Todes nach­gewiesen, so fällt das Gesuch dahin.
4. Wirkung
Art. 38
¹ Läuft während der angesetzten Zeit keine Meldung ein, so wird der Ver­schwundene oder Abwesende für verschollen erklärt, und es kön­nen die aus seinem Tode abgeleiteten Rechte geltend gemacht wer­den, wie wenn der Tod bewiesen wäre.
² Die Wirkung der Verschollenerklärung wird auf den Zeitpunkt der Todesgefahr oder der letzten Nachricht zurückbezogen.
³ Die Verschollenerklärung löst die Ehe auf.⁴⁹
⁴⁹ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

Zweiter Abschnitt: ⁵⁰ Die Beurkundung des Personenstandes

⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

A. Register

I. Allgemeines
Art. 39 ⁵¹
¹ Der Personenstand wird in einem elektronischen Register beurkundet (Personenstandsregister).
² Zum Personenstand gehören insbesondere:
1. die Zivilstandstatsachen wie die Geburt, die Heirat, die Beurkundung einer eingetragenen Partnerschaft, der Tod;
2. die personen- und familienrechtliche Stellung wie die Volljährigkeit, die Abstammung, die Ehe, die eingetragene Partnerschaft;
3. die Namen;
4. die Kantons- und Gemeindebürgerrechte;
5. die Staatsangehörigkeit.
⁵¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 15. Dez. 2017 (Beurkundung des Personenstands und Grundbuch), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
II. Meldepflicht ⁵²
⁵² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).
Art. 40
¹ Der Bundesrat bestimmt die Personen und Behörden, die verpflichtet sind, die zur Beurkundung des Personenstandes nötigen Angaben zu melden.
² Er kann vorsehen, dass Verstösse gegen die Meldepflicht mit Busse geahndet werden.
³ ...⁵³
⁵³ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), mit Wirkung seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).
III. Nachweis nicht streitiger Angaben
Art. 41
¹ Wenn Angaben über den Personenstand durch Urkunden zu belegen sind, kann die kantonale Aufsichtsbehörde den Nachweis durch Abgabe einer Erklärung vor der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivil­stands­beamten bewilligen, sofern es sich nach hinreichenden Bemü­hungen als unmöglich oder unzumutbar erweist, die Urkunden zu beschaffen, und die Angaben nicht streitig sind.
² Die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte ermahnt die erklärende Person zur Wahrheit und weist sie auf die Straffolgen einer falschen Erklärung hin.
IV. Bereinigung
1. Durch das Gericht
Art. 42
¹ Wer ein schützenswertes persönliches Interesse glaubhaft macht, kann beim Gericht auf Eintragung von streitigen Angaben über den Personenstand, auf Berichtigung oder auf Löschung einer Eintragung klagen. Das Gericht hört die betroffenen kantonalen Aufsichtsbehör­den an und stellt ihnen das Urteil zu.
² Die kantonalen Aufsichtsbehörden sind ebenfalls klageberechtigt.
2. Durch die Zivilstandsbehörden
Art. 43
Die Zivilstandsbehörden beheben von Amtes wegen Fehler, die auf einem offensichtlichen Versehen oder Irrtum beruhen.
V. Datenschutz und Bekannt­gabe der Daten
Art. 43 a ⁵⁴
¹ Der Bundesrat sorgt auf dem Gebiet der Beurkundung des Personenstandes für den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte der Personen, über die Daten bearbeitet werden.
² Er regelt die Bekanntgabe von Daten an Private, die ein unmittel­bares schutzwürdiges Interesse nachweisen können.
³ Er bestimmt die Behörden ausserhalb des Zivilstandswesens, denen die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben nötigen Daten regel­mässig oder auf Anfrage bekannt gegeben werden. Vorbehalten bleiben die Vorschriften über die Bekanntgabe nach einem kantonalen Gesetz.
³bis Die Zivilstandsbehörden sind verpflichtet, alle Straftaten, die sie bei ihrer amtlichen Tätigkeit feststellen, der zuständigen Behörde anzuzeigen.⁵⁵
⁴ Auf Daten, die für die Überprüfung der Identität einer Person notwendig sind, haben im Abrufverfahren Zugriff:
1. die ausstellenden Behörden nach dem Bundesgesetz vom 22. Juni 2001⁵⁶ über die Aus­weise für Schweizer Staatsange­hörige;
2.⁵⁷
die für die Führung des automatisierten Polizeifahndungs­system nach Artikel 15 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 2008⁵⁸ über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes zuständige Stelle des Bundes und die Filtrierstellen der im Fahndungssystem ausschreibenden kantonalen und städtischen Polizeikorps;
3. die für die Führung des automatisierten Strafregisters nach Arti­kel 359⁵⁹ des Strafgesetzbuches zuständige Stelle des Bundes;
4. die für die Nachforschungen nach vermissten Personen zustän­dige Stelle des Bundes⁶⁰;
5.⁶¹
der Nachrichtendienst des Bundes für das frühzeitige Erkennen und Verhindern von Bedrohungen für die innere oder äussere Sicherheit nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. September 2015⁶²;
6.⁶³
die für die Führung der kantonalen und kommunalen Ein­wohnerregister nach dem Registerharmonisierungsgesetz vom 23. Juni 2006⁶⁴ zuständigen Behörden;
7. ⁶⁵
die für die Führung des zentralen Versichertenregisters nach Artikel 71 Absatz 4 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946⁶⁶ über die Alters- und Hinterlassenenver­sicherung zuständige Stelle des Bundes;
8. ⁶⁷
die für die Führung des Auslandschweizerregisters nach Artikel 4 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 24. März 2000⁶⁸ über die Bearbeitung von Personendaten im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten zuständigen Stellen des Bundes.
⁵⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).
⁵⁵ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
⁵⁶ SR 143.1
⁵⁷ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 4 des BG vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes, in Kraft seit 5. Dez. 2008 ( AS 2008 4989 ; BBl 2006 5061 ).
⁵⁸ SR 361
⁵⁹ Heute: Art. 365.
⁶⁰ Zurzeit das Bundesamt für Polizei.
⁶¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 4 des Nachrichtendienstgesetzes vom 25. Sept. 2015, in Kraft seit 1. Sept. 2017 ( AS 2017 4095 ; BBl 2014 2105 ).
⁶² SR 121
⁶³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 15. Dez. 2017 (Beurkundung des Personenstands und Grundbuch), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
⁶⁴ SR 431.02
⁶⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 15. Dez. 2017 (Beurkundung des Personenstands und Grundbuch), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
⁶⁶ SR 831.10
⁶⁷ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 15. Dez. 2017 (Beurkundung des Personenstands und Grundbuch), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
⁶⁸ SR 235.2

B. Organisation

I. Zivilstands­behörden
1. Zivilstands­beamtinnen und Zivilstands­beamte
Art. 44
¹ Die Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamten erfüllen insbe­sondere folgende Aufgaben:
1. Sie führen die Register.
2. Sie erstellen die Mitteilungen und Auszüge.
3. Sie führen das Vorbereitungsverfahren der Eheschliessung durch und vollziehen die Trauung.
4. Sie nehmen Erklärungen zum Personenstand entgegen.
² Der Bundesrat kann ausnahmsweise eine Vertreterin oder einen Ver­treter der Schweiz im Ausland mit diesen Aufgaben betrauen.
2. Aufsichts­behörden
Art. 45
¹ Jeder Kanton bestellt die Aufsichtsbehörde.
² Diese Behörde erfüllt insbesondere folgende Aufgaben:
1. Sie beaufsichtigt die Zivilstandsämter.
2. Sie unterstützt und berät die Zivilstandsämter.
3. Sie wirkt bei der Registerführung und beim Vorbereitungs­verfahren der Eheschliessung mit.
4. Sie erlässt Verfügungen über die Anerkennung und die Ein­tragung im Ausland eingetretener Zivilstandstatsachen sowie ausländischer Entscheidungen, die den Personenstand betref­fen.
5. Sie sorgt für die Aus- und Weiterbildung der im Zivilstands­wesen tätigen Personen.
³ Der Bund übt die Oberaufsicht aus. Er kann gegen Verfügungen der Zivilstandsbe­amtinnen und Zivilstandsbeamten sowie der Aufsichtsbehörden die kantonalen Rechtsmittel einlegen.⁶⁹
⁶⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).
I a . Zentrales Personen-Informations­system
Art. 45 a ⁷⁰
¹ Der Bund betreibt und entwickelt für die Führung des Personenstandsregisters ein zentrales Personen-Informationssystem.
² Er trägt die Betriebs- und die Entwicklungskosten.
³ Die Kantone bezahlen dem Bund jährlich eine Gebühr für die Anwendung des Systems für Zwecke des Zivilstandswesens.
⁴ Der Bund bezieht die Kantone in die Entwicklung des Systems ein. Er unterstützt sie fachlich bei dessen Anwendung.
⁵ Der Bundesrat regelt unter Mitwirkung der Kantone:
1. die Einzelheiten des Einbezuges der Kantone in die Entwicklung des Systems;
2. die Höhe der Gebühr der Kantone für die Anwendung;
3. die Zugriffsrechte der Zivilstandsbehörden und der weiteren Stellen, die Zugriff haben;
4. die betriebliche Zusammenarbeit zwischen Bund und Kan­tonen;
5. die zur Sicherstellung des Datenschutzes und der Daten­sicherheit erforderlichen technischen und organisa­torischen Massnahmen;
6. die Archivierung der Daten.
⁶ Er kann vorsehen, dass Kosten von Dienstleistungen für Dritte für Zwecke ausserhalb des Zivilstandswesens diesen Dritten in Rechnung gestellt werden.
⁷⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 15. Dez. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
II. Haftung
Art. 46
¹ Wer durch die im Zivilstandswesen tätigen Personen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, wo die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
² Haftbar ist der Kanton; er kann auf die Personen, welche die Verlet­zung absichtlich oder grobfahrlässig verursacht haben, Rückgriff neh­men.
³ Auf Personen, die vom Bund angestellt sind, findet das Verantwort­lichkeitsgesetz vom 14. März 1958⁷¹ Anwendung.
⁷¹ SR 170.32
III. Disziplinar­massnahmen
Art. 47
¹ Vorsätzliche oder fahrlässige Amtspflichtverletzungen der auf den Zivilstandsämtern tätigen Personen werden von der kantonalen Auf­sichtsbehörde mit Disziplinarmassnahmen geahndet.
² Die Disziplinarmassnahme besteht in einem Verweis, in Busse bis zu 1000 Franken oder, in schweren Fällen, in Amtsenthebung.
³ Vorbehalten bleibt die strafrechtliche Verfolgung.

C. Ausführungs­bestimmungen

I. Bundesrecht
Art. 48
¹ Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
² Er regelt namentlich:
1. die zu führenden Register und die einzutragenden Angaben;
2. die Verwendung der Versichertennummer nach Artikel 50 c des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946⁷² über die Alters- und Hinterlassenenversicherung zum Zweck des elektronischen Datenaustauschs zwischen amtlichen Personen­registern;
3. die Registerführung;
4. die Aufsicht.⁷³
³ Zur Sicherstellung eines fachlich zuverlässigen Vollzugs kann der Bundesrat Mindestanforderungen an die Aus- und Weiterbildung der im Zivilstandswesen tätigen Personen sowie an den Beschäftigungs­grad der Zivilstandsbeamtinnen und Zivilstandsbeamten erlassen.
⁴ Er legt die im Zivilstandswesen zu erhebenden Gebühren fest.
⁵ Er bestimmt, unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist, auf elektronischem Weg:
1. Zivilstandsfälle zu melden;
2. Erklärungen zum Personenstand abzugeben;
3. Mitteilungen und Registerauszüge zuzustellen.⁷⁴
⁷² SR 831.10
⁷³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Registerharmonisierungsgesetzes vom 23. Juni 2006, in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2006 4165 ; BBl 2006 427 ).
⁷⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).
II. Kantonales Recht
Art. 49
¹ Die Kantone legen die Zivilstandskreise fest.
² Sie erlassen im Rahmen des Bundesrechts die nötigen Ausführungs­bestimmungen.
³ Die kantonalen Vorschriften, ausgenommen diejenigen über die Besoldung der im Zivilstandswesen tätigen Personen, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundes.
Art. 50 und 51
Aufgehoben

Zweiter Titel: Die juristischen Personen

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

A. Persönlich­keit

Art. 52
¹ Die körperschaftlich organisierten Personenverbindungen und die einem beson­dern Zwecke gewidmeten und selbständigen Anstalten erlangen das Recht der Per­sönlichkeit durch die Eintragung in das Han­delsregister.
² Keiner Eintragung bedürfen die öffentlich-rechtlichen Körper­schaften und Anstalten sowie die Vereine, die nicht wirtschaftliche Zwecke verfolgen.⁷⁵
³ Personenverbindungen und Anstalten zu unsittlichen oder wider­rechtlichen Zwecken können das Recht der Persönlichkeit nicht er­lan­gen.
⁷⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 12. Dez. 2014 zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 1389 ; BBl 2014 605 ).

B. Rechts­fähig­keit

Art. 53
Die juristischen Personen sind aller Rechte und Pflichten fähig, die nicht die na­türlichen Eigenschaften des Menschen, wie das Geschlecht, das Alter oder die Verwandtschaft zur notwendigen Voraus­setzung haben.

C. Handlungs­fähig­keit

I. Voraussetzung
Art. 54
Die juristischen Personen sind handlungsfähig, sobald die nach Ge­setz und Statu­ten hiefür unentbehrlichen Organe bestellt sind.
II. Betätigung
Art. 55
¹ Die Organe sind berufen, dem Willen der juristischen Person Aus­druck zu geben.
² Sie verpflichten die juristische Person sowohl durch den Abschluss von Rechtsge­schäften als durch ihr sonstiges Verhalten.
³ Für ihr Verschulden sind die handelnden Personen ausserdem per­sönlich verant­wortlich.

D. Sitz

Art. 56 ⁷⁶
Der Sitz der juristischen Personen befindet sich, wenn ihre Statuten es nicht anders bestimmen, an dem Orte, wo ihre Verwaltung geführt wird.
⁷⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).

E. Aufhebung

I. Vermögens­verwendung
Art. 57
¹ Wird eine juristische Person aufgehoben, so fällt ihr Vermögen, wenn das Gesetz, die Statuten, die Stiftungsurkunde oder die zu­stän­di­gen Organe es nicht anders bestimmen, an das Gemeinwesen (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehört hat.
² Das Vermögen ist dem bisherigen Zwecke möglichst entsprechend zu verwenden.
³ Wird eine juristische Person wegen Verfolgung unsittlicher oder widerrechtlicher Zwecke aufgehoben, so fällt das Vermögen an das Gemeinwesen, auch wenn etwas anderes bestimmt worden ist.⁷⁷
⁷⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
II. Liquidation
Art. 58
Das Verfahren bei der Liquidation des Vermögens der juristischen Personen richtet sich nach den Vorschriften, die für die Genossen­schaften aufgestellt sind.

F. Vorbehalt des öf­fentlichen und des Gesellschafts- und Ge­nossen­schafts­rechtes

Art. 59
¹ Für die öffentlich-rechtlichen und kirchlichen Körperschaften und Anstalten bleibt das öffentliche Recht des Bundes und der Kantone vorbehalten.
² Personenverbindungen, die einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, stehen unter den Bestimmungen über die Gesellschaften und Genos­senschaften.
³ Allmendgenossenschaften und ähnliche Körperschaften verbleiben unter den Bestimmungen des kantonalen Rechtes.

Zweiter Abschnitt: Die Vereine

A. Gründung

I. Körper­schaft­liche Perso­nen­verbindung
Art. 60
¹ Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstleri­schen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirt­schaft­lichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu beste­hen, aus den Statuten ersichtlich ist.
² Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Auf­schluss geben.
II. Eintragung ins Handels­register ⁷⁸
⁷⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
Art. 61
¹ Sind die Vereinsstatuten angenommen und ist der Vorstand bestellt, so ist der Verein befugt, sich in das Handelsregister eintragen zu lassen.
² Der Verein ist zur Eintragung verpflichtet, wenn er:
1. für seinen Zweck ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt;
2. revisionspflichtig ist.⁷⁹
³ Der Anmeldung sind die Statuten und das Verzeichnis der Vor­standsmitglieder beizufügen.
⁷⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
III. Vereine ohne Persönlich­keit
Art. 62
Vereine, denen die Persönlichkeit nicht zukommt, oder die sie noch nicht er­langt haben, sind den einfachen Gesellschaften gleichge­stellt.
IV. Verhältnis der Statuten zum Gesetz
Art. 63
¹ Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Ver­eins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, fin­den die nachste­henden Bestimmungen Anwendung.
² Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorge­schrie­ben ist, kön­nen durch die Statuten nicht abgeändert werden.

B. Organisation

I. Vereins­ver­samm­lung
1. Bedeutung und Einberufung
Art. 64
¹ Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
² Sie wird vom Vorstand einberufen.
³ Die Einberufung erfolgt nach Vorschrift der Statuten und überdies von Gesetzes wegen, wenn ein Fünftel der Mitglieder die Einberu­fung verlangt.
2. Zuständigkeit
Art. 65
¹ Die Vereinsversammlung beschliesst über die Aufnahme und den Aus­schluss von Mitgliedern, wählt den Vorstand und entscheidet in allen An­gelegenheiten, die nicht andern Organen des Vereins über­tragen sind.
² Sie hat die Aufsicht über die Tätigkeit der Organe und kann sie jederzeit abberu­fen, unbeschadet der Ansprüche, die den Abberufenen aus bestehenden Verträgen zustehen.
³ Das Recht der Abberufung besteht, wenn ein wichtiger Grund sie rechtfertigt, von Gesetzes wegen.
3. Vereins­beschluss
Art. 66
¹ Vereinsbeschlüsse werden von der Vereinsversammlung gefasst.
² Die schriftliche Zustimmung aller Mitglieder zu einem Antrag ist einem Be­schlusse der Vereinsversammlung gleichgestellt.
Art. 67
¹ Alle Mitglieder haben in der Vereinsversammlung das gleiche Stimm­recht.
² Die Vereinsbeschlüsse werden mit Mehrheit der Stimmen der an­we­senden Mit­glieder gefasst.
³ Über Gegenstände, die nicht gehörig angekündigt sind, darf ein Beschluss nur dann gefasst werden, wenn die Statuten es ausdrücklich gestatten.
Art. 68
Jedes Mitglied ist von Gesetzes wegen vom Stimmrechte ausge­schlos­sen bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft oder ei­nen Rechtsstreit zwischen ihm, seinem Ehegatten oder einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person einerseits und dem Vereine an­der­seits.
II. Vorstand
1. Rechte und Pflichten im Allgemeinen ⁸⁰
⁸⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
Art. 69
Der Vorstand hat das Recht und die Pflicht, nach den Befugnissen, die die Statuten ihm einräumen, die Angelegenheiten des Vereins zu besorgen und den Verein zu vertreten.
2. Buchführung
Art. 69 a ⁸¹
Der Vorstand führt die Geschäftsbücher des Vereins. Die Vorschriften des Obligationenrechts⁸² über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung gelten sinngemäss.
⁸¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 23. Dez. 2011 (Rechnungslegungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6679 ; BBl 2008 1589 ).
⁸² SR 220
III. Revisions­stelle
Art. 69 b ⁸³
¹ Der Verein muss seine Buchführung durch eine Revisionsstelle ordentlich prüfen lassen, wenn zwei der nachstehenden Grössen in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren überschritten werden:
1. Bilanzsumme von 10 Millionen Franken;
2. Umsatzerlös von 20 Millionen Franken;
3. 50 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt.
² Der Verein muss seine Buchführung durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen, wenn ein Vereinsmitglied, das einer per­sönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt.
³ Die Vorschriften des Obligationenrechts⁸⁴ über die Revisionsstelle bei Aktiengesellschaften sind entsprechend anwendbar.
⁴ In den übrigen Fällen sind die Statuten und die Vereinsversammlung⁸⁵ in der Ordnung der Revision frei.
⁸³ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁸⁴ SR 220
⁸⁵ Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG – SR 171.10 ).
IV. Mängel in der Organisation
Art. 69 c ⁸⁶
¹ Fehlt dem Verein eines der vorgeschriebenen Organe oder verfügt er über kein Rechtsdomizil an seinem Sitz mehr, so kann ein Mitglied oder ein Gläubiger dem Gericht beantragen, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.⁸⁷
² Das Gericht kann dem Verein insbesondere eine Frist zur Wieder­herstellung des rechtmässigen Zustandes ansetzen und, wenn nötig, einen Sachwalter ernennen.
³ Der Verein trägt die Kosten der Massnahmen. Das Gericht kann den Verein verpflichten, den ernannten Personen einen Vorschuss zu leis­ten.
⁴ Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann der Verein vom Gericht die Abberufung von Personen verlangen, die dieses eingesetzt hat.
⁸⁶ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁸⁷ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. März 2017 (Handelsregisterrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 957 ; BBl 2015 3617 ).

C. Mitgliedschaft

I. Ein- und Aus­tritt
Art. 70
¹ Der Eintritt von Mitgliedern kann jederzeit erfolgen.
² Der Austritt ist von Gesetzes wegen zulässig, wenn er mit Beobach­tung einer halbjährigen Frist auf das Ende des Kalenderjahres oder, wenn eine Verwaltungs­periode vorgesehen ist, auf deren Ende ange­sagt wird.
³ Die Mitgliedschaft ist weder veräusserlich noch vererblich.
II. Beitragspflicht
Art. 71 ⁸⁸
Beiträge können von den Mitgliedern verlangt werden, sofern die Statu­ten dies vorsehen.
⁸⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2004 (Festlegung der Beitragspflicht von Vereinsmitgliedern), in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 2117 ; BBl 2004 4835 4843 ).
III. Ausschliessung
Art. 72
¹ Die Statuten können die Gründe bestimmen, aus denen ein Mitglied ausge­schlossen werden darf, sie können aber auch die Ausschlies­sung ohne Angabe der Gründe gestatten.
² Eine Anfechtung der Ausschliessung wegen ihres Grundes ist in die­sen Fällen nicht statthaft.
³ Enthalten die Statuten hierüber keine Bestimmung, so darf die Aus­schliessung nur durch Vereinsbeschluss und aus wichtigen Gründen erfolgen.
IV. Stellung aus­ge­schiedener Mitglie­der
Art. 73
¹ Mitglieder, die austreten oder ausgeschlossen werden, haben auf das Ver­einsvermögen keinen Anspruch.
² Für die Beiträge haften sie nach Massgabe der Zeit ihrer Mitglied­schaft.
V. Schutz des Ver­einszweckes
Art. 74
Eine Umwandlung des Vereinszweckes kann keinem Mitgliede auf­ge­nötigt werden.
VI. Schutz der Mit­gliedschaft
Art. 75
Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.

Cbis. Haftung

Art. 75 a ⁸⁹
Für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet das Vereinsvermögen. Es haftet ausschliesslich, sofern die Statuten nichts anderes bestimmen.
⁸⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Dez. 2004 (Festlegung der Beitragspflicht von Vereinsmitgliedern), in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 2117 ; BBl 2004 4835 4843 ).

D. Auflösung

I. Auflösungs­arten
1. Vereins­beschluss
Art. 76
Die Auflösung des Vereins kann jederzeit durch Vereinsbeschluss herbeige­führt werden.
2. Von Gesetzes we­gen
Art. 77
Die Auflösung erfolgt von Gesetzes wegen, wenn der Verein zah­lungsunfähig ist, sowie wenn der Vorstand nicht mehr statutenge­mäss bestellt werden kann.
3. Urteil
Art. 78
Die Auflösung erfolgt durch das Gericht auf Klage der zuständigen Behörde oder eines Beteiligten, wenn der Zweck des Vereins wider­rechtlich oder unsittlich ist.
II. Löschung des Registereintrages
Art. 79
Ist der Verein im Handelsregister eingetragen, so hat der Vorstand oder das Gericht dem Registerführer die Auflösung behufs Löschung des Eintrages mitzuteilen.

Dritter Abschnitt: Die Stiftungen

A. Errichtung

I. Im Allgemeinen
Art. 80
Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermö­gens für einen besondern Zweck.
II. Form der Errich­tung
Art. 81
¹ Die Stiftung wird durch eine öffentliche Urkunde oder durch eine Verfügung von Todes wegen errichtet.⁹⁰
² Die Eintragung in das Handelsregister erfolgt auf Grund der Stif­tungsurkunde und nötigenfalls nach Anordnung der Aufsichtsbehörde unter Angabe der Mitglie­der der Verwaltung.
³ Die Behörde, welche die Verfügung von Todes wegen eröffnet, teilt dem Handelsregisterführer die Errichtung der Stiftung mit.⁹¹
⁹⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
⁹¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
III. Anfechtung
Art. 82
Eine Stiftung kann von den Erben oder den Gläubigern des Stifters gleich einer Schenkung angefochten werden.

B. Organisation

I. Im Allgemeinen
Art. 83 ⁹²
Die Organe der Stiftung und die Art der Verwaltung werden durch die Stiftungsurkunde festgestellt.
⁹² Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
II. Buchführung
Art. 83 a ⁹³
Das oberste Stiftungsorgan führt die Geschäftsbücher der Stiftung. Die Vorschriften des Obligationenrechts⁹⁴ über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung gelten sinngemäss.
⁹³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht) ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 23. Dez. 2011 (Rechnungslegungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 6679 ; BBl 2008 1589 ).
⁹⁴ SR 220
III. Revisions­stelle
1. Revisions­pflicht und anwendbares Recht
Art. 83 b ⁹⁵
¹ Das oberste Stiftungsorgan bezeichnet eine Revisionsstelle.
² Die Aufsichtsbehörde kann eine Stiftung von der Pflicht befreien, eine Revisionsstelle zu bezeichnen. Der Bundesrat legt die Voraus­setzungen der Befreiung fest.
³ Soweit für Stiftungen keine besonderen Vorschriften bestehen, sind die Vorschriften des Obligationenrechts⁹⁶ über die Revisionsstelle bei Aktiengesellschaften entsprechend anwendbar.
⁴ Ist die Stiftung zu einer eingeschränkten Revision verpflichtet, so kann die Aufsichtsbehörde eine ordentliche Revision verlangen, wenn dies für die zuverlässige Beurteilung der Vermögens- und Ertragslage der Stiftung notwendig ist.
⁹⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht) ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁹⁶ SR 220
2. Verhältnis zur Aufsichts­behörde
Art. 83 c ⁹⁷
Die Revisionsstelle übermittelt der Aufsichtsbehörde eine Kopie des Revisionsberichts sowie aller wichtigen Mitteilungen an die Stiftung.
⁹⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
IV. Mängel in der Organisation
Art. 83 d ⁹⁸
¹ Ist die vorgesehene Organisation nicht genügend, fehlt der Stiftung eines der vorgeschriebenen Organe oder ist eines dieser Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt oder verfügt die Stiftung über kein Rechtsdomizil an ihrem Sitz mehr, so muss die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Massnahmen ergreifen. Sie kann insbesondere:⁹⁹
1. der Stiftung eine Frist ansetzen, binnen derer der rechtmässige Zustand wieder herzustellen ist; oder
2. das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen.
² Kann eine zweckdienliche Organisation nicht gewährleistet werden, so hat die Aufsichtsbehörde das Vermögen einer anderen Stiftung mit möglichst gleichartigem Zweck zuzuwenden.
³ Die Stiftung trägt die Kosten der Massnahmen. Die Aufsichts­behörde kann die Stiftung verpflichten, den ernannten Personen einen Vorschuss zu leisten.
⁴ Liegt ein wichtiger Grund vor, so kann die Stiftung von der Auf­sichts­behörde die Abberufung von Personen verlangen, die diese ein­gesetzt hat.
⁹⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁹⁹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 17. März 2017 (Handelsregisterrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2021 ( AS 2020 957 ; BBl 2015 3617 ).

C. Aufsicht

Art. 84
¹ Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Ge­meinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören.
¹bis Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.¹⁰⁰
² Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermö­gen seinen Zwecken gemäss verwendet wird.
¹⁰⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).

Cbis. Mass­nahmen bei Überschuldung und Zahlungs­unfähigkeit

Art. 84 a ¹⁰¹
¹ Besteht begründete Besorgnis, dass die Stiftung überschuldet ist oder ihre Verbindlichkeiten längerfristig nicht mehr erfüllen kann, so stellt das oberste Stiftungsorgan auf Grund der Veräusserungswerte eine Zwischenbilanz auf und legt sie der Revisionsstelle zur Prüfung vor. Verfügt die Stiftung über keine Revisionsstelle, so legt das oberste Stiftungsorgan die Zwischenbilanz der Aufsichtsbehörde vor.
² Stellt die Revisionsstelle fest, dass die Stiftung überschuldet ist oder ihre Verbindlichkeiten längerfristig nicht erfüllen kann, so legt sie die Zwischenbilanz der Aufsichtsbehörde vor.
³ Die Aufsichtsbehörde hält das oberste Stiftungsorgan zur Einleitung der erforderlichen Massnahmen an. Bleibt dieses untätig, so trifft die Aufsichtsbehörde die nötigen Massnahmen.
⁴ Nötigenfalls beantragt die Aufsichtsbehörde vollstreckungsrechtliche Massnahmen; die aktienrechtlichen Bestimmungen über die Eröffnung oder den Aufschub des Konkurses sind sinngemäss anwendbar.
¹⁰¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
Art. 84 b ¹⁰²
¹⁰² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht) ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).

D. Umwandlung der Stiftung

I. Änderung der Organisation
Art. 85 ¹⁰³
Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde kann auf Antrag der Aufsichtsbehörde und nach Anhörung des obersten Stiftungsorgans die Organisation der Stiftung ändern, wenn die Erhaltung des Ver­mögens oder die Wahrung des Stiftungszwecks die Änderung dringend erfordert.
¹⁰³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
II. Änderung des Zwecks
1. Auf Antrag der Aufsichts­behörde oder des obersten Stiftungsorgans ¹⁰⁴
¹⁰⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
Art. 86
¹ Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde kann auf Antrag der Aufsichtsbehörde oder des obersten Stiftungsorgans den Zweck der Stiftung ändern, wenn deren ursprünglicher Zweck eine ganz andere Bedeutung oder Wirkung erhalten hat, so dass die Stiftung dem Willen des Stifters offenbar entfremdet worden ist.¹⁰⁵
² Unter den gleichen Voraussetzungen können Auflagen oder Bedin­gungen, die den Stiftungszweck beeinträchtigen, aufgehoben oder abgeändert werden.
¹⁰⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
2. Auf Antrag des Stifters oder auf Grund seiner Verfügung von Todes wegen
Art. 86 a ¹⁰⁶
¹ Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde ändert den Zweck einer Stiftung auf Antrag des Stifters oder auf Grund von dessen Ver­fügung von Todes wegen, wenn in der Stiftungsurkunde eine Zweck­änderung vorbehalten worden ist und seit der Errichtung der Stiftung oder seit der letzten vom Stifter verlangten Änderung mindestens zehn Jahre verstrichen sind.
² Verfolgt die Stiftung einen öffentlichen oder gemeinnützigen Zweck nach Artikel 56 Buchstabe g des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990¹⁰⁷ über die direkte Bundessteuer, so muss der geänderte Zweck eben­falls öffentlich oder gemeinnützig sein.
³ Das Recht auf Änderung des Stiftungszwecks ist unvererblich und unübertragbar. Ist der Stifter eine juristische Person, so erlischt dieses Recht spätestens 20 Jahre nach der Errichtung der Stiftung.
⁴ Haben mehrere Personen die Stiftung errichtet, so können sie die Änderung des Stiftungszwecks nur gemeinsam verlangen.
⁵ Die Behörde, welche die Verfügung von Todes wegen eröffnet, teilt der zuständigen Aufsichtsbehörde die Anordnung zur Änderung des Stiftungszwecks mit.
¹⁰⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
¹⁰⁷ SR 642.11
III. Unwesent­liche Änderungen der Stiftungsurkunde
Art. 86 b ¹⁰⁸
Die Aufsichtsbehörde kann nach Anhörung des obersten Stiftungs­organs unwesentliche Änderungen der Stiftungsurkunde vornehmen, sofern dies aus triftigen sachlichen Gründen als geboten erscheint und keine Rechte Dritter beeinträchtigt.
¹⁰⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).

E. Familien­stiftun­gen und kirchliche Stiftungen

Art. 87
¹ Die Familienstiftungen und die kirchlichen Stiftungen sind unter Vorbe­halt des öffentlichen Rechtes der Aufsichtsbehörde nicht un­ter­stellt.
¹bis Sie sind von der Pflicht befreit, eine Revisionsstelle zu bezeichnen.¹⁰⁹
² Über Anstände privatrechtlicher Natur entscheidet das Gericht.
¹⁰⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).

F. Aufhebung und Löschung im Register

I. Aufhebung durch die zuständige Behörde
Art. 88 ¹¹⁰
¹ Die zuständige Bundes- oder Kantonsbehörde hebt die Stiftung auf Antrag oder von Amtes wegen auf, wenn:
1. deren Zweck unerreichbar geworden ist und die Stiftung durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nicht aufrechterhalten werden kann; oder
2. deren Zweck widerrechtlich oder unsittlich geworden ist.
² Familienstiftungen und kirchliche Stiftungen werden durch das Gericht aufgehoben.
¹¹⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).
II. Antrags- und Klagerecht, Löschung im Register
Art. 89 ¹¹¹
¹ Zur Antragsstellung oder zur Klage auf Aufhebung der Stiftung berechtigt ist jede Person, die ein Interesse hat.
² Die Aufhebung ist dem Registerführer zur Löschung des Eintrags anzumelden.
¹¹¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004 (Stiftungsrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 4545 ; BBl 2003 8153 8191 ).

G. Personalfür­sorgestif­tun­gen ¹¹²

¹¹² Fassung gemäss Ziff. II Art. 2 Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ).
Art. 89 a ¹¹³
¹ Für Personalfürsorgeeinrichtungen, die gemäss Artikel 331 des Ob­li­gationen­rechts¹¹⁴ in Form der Stiftung errichtet worden sind, gelten überdies noch folgende Bestimmungen.¹¹⁵
² Die Stiftungsorgane haben den Begünstigten über die Organisation, die Tätigkeit und die Vermögenslage der Stiftung den erforderlichen Aufschluss zu erteilen.
³ Leisten die Arbeitnehmer Beiträge an die Stiftung, so sind sie an der Verwaltung wenigstens nach Massgabe dieser Beiträge zu betei­ligen; soweit möglich haben die Arbeitnehmer ihre Vertretung aus dem Per­sonal des Arbeitgebers zu wählen.¹¹⁶
⁴ ...¹¹⁷
⁵ Die Begünstigten können auf Ausrichtung von Leistungen der Stif­tung klagen, wenn sie Beiträge an diese entrichtet haben oder wenn ihnen nach den Stiftungs­bestimmungen ein Rechtsanspruch auf Lei­s­tungen zusteht.
⁶ Für Personalfürsorgestiftungen, die auf dem Gebiet der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge tätig sind und die dem Frei­zügigkeitsgesetz vom 17. Dezember 1993¹¹⁸ (FZG) unterstellt sind, gelten überdies die folgenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982¹¹⁹ über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) über:¹²⁰
1.¹²¹
die Definition und Grundsätze der beruflichen Vorsorge sowie des versicherbaren Lohnes oder des versicherbaren Einkommens (Art. 1, 33 a und 33 b ),
2.¹²²
die Unterstellung der Personen unter die AHV (Art. 5 Abs. 1),
3. die Begünstigten bei Hinterlassenenleistungen (Art. 20 a ),
3 a .¹²³
die Anpassung der Invalidenrente nach dem Vorsorgeausgleich (Art. 24 Abs. 5),
3 b .¹²⁴
die provisorische Weiterversicherung und Aufrechterhaltung des Leistungs­anspruchs bei Herabsetzung oder Aufhebung der Rente der Invalidenver­sicherung (Art. 26 a ),
4.¹²⁵
die Anpassung der reglementarischen Leistungen an die Preisentwicklung (Art. 36 Abs. 2–4),
4 a .¹²⁶ die Zustimmung bei Kapitalabfindung (Art. 37 a ),
5. die Verjährung von Ansprüchen und die Aufbewahrung von Vorsorgeunterlagen (Art. 41),
5 a .¹²⁷ die Verwendung, Bearbeitung und Bekanntgabe der Ver­sichertennummer der Alters- und Hinterlassenenversicherung (Art. 48 Abs. 4, Art. 85 a Bst. f und Art. 86 a Abs. 2 Bst. bbis),
6. die Verantwortlichkeit (Art. 52),
7.¹²⁸
die Zulassung und die Aufgaben der Kontrollorgane (Art. 52 a –52 e ),
8.¹²⁹
die Integrität und Loyalität der Verantwortlichen, die Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden und die Interessenkonflikte (Art. 51 b , 51 c und 53 a ),
9. die Teil- oder Gesamtliquidation (Art. 53 b –53 d ),
10.¹³⁰
 die Auflösung von Verträgen (Art. 53 e und 53 f ),
11. den Sicherheitsfonds (Art. 56 Abs. 1 Bst. c und Abs. 2–5, Art. 56 a , 57 und 59),
12.¹³¹
die Aufsicht und die Oberaufsicht (Art. 61–62 a und 64–64 c ),
13.¹³²
...
14.¹³³
die finanzielle Sicherheit (Art. 65 Abs. 1, 3 und 4, Art. 66 Abs. 4, Art. 67 und Art. 72 a –72 g ),
15. die Transparenz (Art. 65 a ),
16. die Rückstellungen (Art. 65 b ),
17. die Versicherungsverträge zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungseinrichtungen (Art. 68 Abs. 3 und 4),
18. die Vermögensverwaltung (Art. 71),
19. die Rechtspflege (Art. 73 und 74),
20. die Strafbestimmungen (Art. 75–79),
21. den Einkauf (Art. 79 b ),
22. den versicherbaren Lohn und das versicherbare Einkommen (Art. 79 c ),
23. die Information der Versicherten (Art. 86 b ).¹³⁴
⁷ Für Personalfürsorgestiftungen, die auf dem Gebiet der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge tätig sind, aber nicht dem FZG unterstellt sind, wie sogenannte patronale Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen sowie Finanzierungsstiftungen, gelten von den Bestimmungen des BVG nur die folgenden:
1. die Unterstellung der Personen unter die AHV (Art. 5 Abs. 1);
2. die Verwendung, Bearbeitung und Bekanntgabe der Ver­sichertennummer der AHV (Art. 48 Abs. 4, 85 a Bst. f und 86 a Abs. 2 Bst. bbis);
3. die Verantwortlichkeit (Art. 52);
4. die Zulassung und die Aufgaben der Revisionsstelle (Art. 52 a , 52 b und 52 c Abs. 1 Bst. a–d und g, 2 und 3);
5. die Integrität und Loyalität der Verantwortlichen, die Rechtsgeschäfte mit Nahestehenden und die Interessen­konflikte (Art. 51 b , 51 c und 53 a );
6. die Gesamtliquidation (Art. 53 c );
7. die Aufsicht und die Oberaufsicht (Art. 61–62 a und 64–64 b );
8. die Rechtspflege (Art. 73 und 74);
9. die Strafbestimmungen (Art. 75–79);
10. die steuerliche Behandlung (Art. 80, 81 Abs. 1 und 83).¹³⁵
⁸ Für Personalfürsorgestiftungen nach Absatz 7 gelten zudem die folgenden Bestimmungen:
1. Sie verwalten ihr Vermögen so, dass Sicherheit, genügender Ertrag auf den Anlagen und die für ihre Aufgaben benötigten flüssigen Mittel gewährleistet sind.
2. Über Teilliquidationssachverhalte von patronalen Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen verfügt die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Stiftungsrats.
3. Sie beachten die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Angemessenheit sinngemäss.¹³⁶
¹¹³ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 21. März 1958, in Kraft seit 1. Juli 1958 ( AS 1958 379 ; BBl 1956 II 825 ). Bis zum Inkrafttreten des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht) am 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ): Art. 89bis .
¹¹⁴ SR 220
¹¹⁵ Fassung gemäss Ziff. II Art. 2 Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ).
¹¹⁶ Fassung gemäss Ziff. II Art. 2 Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ).
¹¹⁷ Aufgehoben durch Ziff. III des BG vom 21. Juni 1996, mit Wirkung seit 1. Jan. 1997 ( AS 1996 3067 ; BBl 1996 I 564 580 ).
¹¹⁸ SR 831.42
¹¹⁹ SR 831.40
¹²⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2015 (Personalfürsorgestiftungen), in Kraft seit 1. April 2016 ( AS 2016 935 ; BBl 2014 6143 6649 ).
¹²¹ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Massnahmen zur Erleichterung der Arbeitsmarktbeteiligung älterer Arbeitnehmender), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 4427 ; BBl 2007 5669 ).
¹²² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2015 (Personalfürsorgestiftungen), in Kraft seit 1. April 2016 ( AS 2016 935 ; BBl 2014 6143 6649 ).
¹²³ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 18. März 2011 (6. IV-Revision, erstes Massnahmepaket) ( AS 2011 5659 ; BBl 2010 1817 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
¹²⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
¹²⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 4635 ; BBl 2003 6399 ).
¹²⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
¹²⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 23. Juni 2006 (Neue AHV-Versicherten­nummer), in Kraft seit 1. Dez. 2007 ( AS 2007 5259 ; BBl 2006 501 ).
¹²⁸ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 19. März 2010 (Strukturreform BVG), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 3393 ; BBl 2007 5669 ).
¹²⁹ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 19. März 2010 (Strukturreform BVG), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 3393 ; BBl 2007 5669 ).
¹³⁰ Fassung gemäss Ziff. II des BG vom 20. Dez. 2006 (Wechsel der Vorsorgeeinrichtung), in Kraft seit 1. Mai 2007 ( AS 2007 1803 ; BBl 2005 5941 5953 ).
¹³¹ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 19. März 2010 (Strukturreform BVG), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 3393 ; BBl 2007 5669 ).
¹³² Aufgehoben durch Ziff. II 1 des BG vom 19. März 2010 (Strukturreform BVG), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 3393 ; BBl 2007 5669 ).
¹³³ Fassung gemäss Ziff. II 1 des BG vom 17. Dez. 2010 (Finanzierung von Vorsorge­einrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 3385 ; BBl 2008 8411 ).
¹³⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ( AS 1983 797 ; BBl 1976 I 149 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 3. Okt. 2003 (1. BVG-Revision), Ziff. 6, 7 , 10 –12, 14 (mit Ausnahme von Art. 66 Abs. 4), 15, 17 –20 und 23 in Kraft seit 1. April 2004, Ziff. 3–5, 8 , 9 , 13 , 14 (Art. 66 Abs. 4) und 16 in Kraft seit 1. Jan. 2005, Ziff. 1, 21 und 22 in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2004 1677 ; BBl 2000 2637 ).
¹³⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2015 (Personalfürsorgestiftungen), in Kraft seit 1. April 2016 ( AS 2016 935 ; BBl 2014 6143 6649 ).
¹³⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2015 (Personalfürsorgestiftungen), in Kraft seit 1. April 2016 ( AS 2016 935 ; BBl 2014 6143 6649 ).

Zweiter Titelbis: ¹³⁷ ¹³⁸ Die Sammelvermögen

¹³⁷ Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG – SR 171.10 ).
¹³⁸ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

A. Fehlende Verwaltung

Art. 89 b
¹ Ist bei öffentlicher Sammlung für gemeinnützige Zwecke nicht für die Verwaltung oder Verwendung des Sammelvermögens gesorgt, so ordnet die zuständige Behörde das Erforderliche an.
² Sie kann für das Sammelvermögen einen Sachwalter oder eine Sachwalterin ernennen oder es einem Verein oder einer Stiftung mit möglichst gleichartigem Zweck zuwenden.
³ Auf die Sachwalterschaft sind die Vorschriften über die Beistandschaften im Erwachsenenschutz sinngemäss anwendbar.

B. Zuständigkeit

Art. 89 c
¹ Zuständig ist der Kanton, in dem das Sammelvermögen in seinem Hauptbestandteil verwaltet worden ist.
² Sofern der Kanton nichts anderes bestimmt, ist die Behörde zuständig, die die Stiftungen beaufsichtigt.

Zweiter Teil: Das Familienrecht

Erste Abteilung: Das Eherecht

Dritter Titel: ¹³⁹ Die Eheschliessung

¹³⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

Erster Abschnitt: Das Verlöbnis

A. Verlobung
Art. 90
¹ Das Verlöbnis wird durch das Eheversprechen begründet.
² Minderjährige werden ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters durch ihre Verlobung nicht verpflichtet.¹⁴⁰
³ Aus dem Verlöbnis entsteht kein klagbarer Anspruch auf Eingehung der Ehe.
¹⁴⁰ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
B. Auflösung des Verlöbnisses
I. Geschenke
Art. 91
¹ Mit Ausnahme der gewöhnlichen Gelegenheitsgeschenke können die Verlobten Geschenke, die sie einander gemacht haben, bei Auflösung des Verlöbnisses zurückfordern, es sei denn, das Verlöbnis sei durch Tod aufgelöst worden.
² Sind die Geschenke nicht mehr vorhanden, so richtet sich die Rück­erstattung nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Berei­cherung.
II. Beitrags­pflicht
Art. 92
Hat einer der Verlobten im Hinblick auf die Eheschliessung in guten Treuen Veranstaltungen getroffen, so kann er bei Auflösung des Ver­löbnisses vom andern einen angemessenen Beitrag verlangen, sofern dies nach den gesamten Umständen nicht als unbillig erscheint.
III. Verjährung
Art. 93
Die Ansprüche aus dem Verlöbnis verjähren mit Ablauf eines Jahres nach der Auflösung.

Zweiter Abschnitt: Die Ehevoraussetzungen

A. Ehefähigkeit
Art. 94
¹ Um die Ehe eingehen zu können, müssen die Brautleute das 18. Altersjahr zurückgelegt haben und urteilsfähig sein.
² ...¹⁴¹
¹⁴¹ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonen­recht und Kindesrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
B. Ehe­­hindernisse
I. Verwandt­schaft ¹⁴²
¹⁴² Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 95
¹ Die Eheschliessung ist zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen Geschwistern oder Halbgeschwistern, gleichgültig ob sie miteinander durch Abstammung oder durch Adoption verwandt sind, verboten.¹⁴³
² Die Adoption hebt das Ehehindernis der Verwandtschaft zwischen dem Adoptivkind und seinen Nachkommen einerseits und seiner ange­stammten Familie anderseits nicht auf.
¹⁴³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
II. Frühere Ehe
Art. 96
Wer eine neue Ehe eingehen will, hat den Nachweis zu erbringen, dass die frühere Ehe für ungültig erklärt oder aufgelöst worden ist.

Dritter Abschnitt: Vorbereitung der Eheschliessung und Trauung

A. Grundsätze
Art. 97
¹ Die Ehe wird nach dem Vorbereitungsverfahren vor der Zivilstands­beamtin oder dem Zivilstandsbeamten geschlossen.
² Die Verlobten können sich im Zivilstandskreis ihrer Wahl trauen las­sen.
³ Eine religiöse Eheschliessung darf vor der Ziviltrauung nicht durch­geführt werden.
Abis. Umgehung des Ausländerrechts
Art. 97 a ¹⁴⁴
¹ Die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte tritt auf das Gesuch nicht ein, wenn die Braut oder der Bräutigam offensichtlich keine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen über Zulassung und Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern umgehen will.
² Die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte hört die Braut­leute an und kann bei anderen Behörden oder bei Drittpersonen Auskünfte einholen.
¹⁴⁴ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 4 des BG vom 16. Dez. 2005 über Ausländerinnen und Ausländer, in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 5437 ; BBl 2002 3709 ).
B. Vorberei­tungsverfahren
I. Gesuch
Art. 98
¹ Die Verlobten stellen das Gesuch um Durchführung des Vorberei­tungsverfahrens beim Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams.
² Sie müssen persönlich erscheinen. Falls sie nachweisen, dass dies für sie offensichtlich unzumutbar ist, wird die schriftliche Durchführung des Vorbereitungsverfahrens bewilligt.
³ Sie haben ihre Personalien mittels Dokumenten zu belegen und beim Zivilstandsamt persönlich zu erklären, dass sie die Ehevoraussetzun­gen erfüllen; sie legen die nötigen Zustimmungen vor.
⁴ Verlobte, die nicht Schweizerbürgerinnen oder Schweizerbürger sind, müssen während des Vorbereitungsverfahrens ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen.¹⁴⁵
¹⁴⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 12. Juni 2009 (Unterbindung von Ehen bei rechts­widrigem Aufenthalt), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 3057 ; BBl 2008 2467 2481 ).
II. Durchführung und Abschluss des Vorberei­tungs­verfahrens
Art. 99
¹ Das Zivilstandsamt prüft, ob:
1. das Gesuch ordnungsgemäss eingereicht worden ist;
2. die Identität der Verlobten feststeht; und
3.¹⁴⁶
die Ehevoraussetzungen erfüllt sind, insbesondere ob keine Umstände vorliegen, die erkennen lassen, dass das Gesuch offensichtlich nicht dem freien Willen der Verlobten entspricht.
² Sind diese Anforderungen erfüllt, so teilt es den Verlobten den Abschluss des Vorbereitungsverfahrens sowie die gesetzliche Frist für die Trauung mit.¹⁴⁷
³ Es legt im Einvernehmen mit den Verlobten im Rahmen der kanto­nalen Vorschriften den Zeitpunkt der Trauung fest oder stellt auf Antrag eine Ermächtigung zur Trauung in einem andern Zivilstandskreis aus.
⁴ Das Zivilstandsamt teilt der zuständigen Behörde die Identität von Verlobten mit, die ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nicht nachgewiesen haben.¹⁴⁸
¹⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
¹⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 28. Sept. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2019 3813 ; BBl 2017 6769 ).
¹⁴⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 12. Juni 2009 (Unterbindung von Ehen bei rechts­widrigem Aufenthalt), in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 3057 ; BBl 2008 2467 2481 ).
III. Fristen
Art. 100 ¹⁴⁹
Die Trauung kann innerhalb von drei Monaten stattfinden, nachdem der Abschluss des Vorbereitungsverfahrens mitgeteilt wurde.
¹⁴⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 28. Sept. 2018, in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2019 3813 ; BBl 2017 6769 ).
C. Trauung
I. Ort
Art. 101
¹ Die Trauung findet im Trauungslokal des Zivilstandskreises statt, den die Verlobten gewählt haben.
² Ist das Vorbereitungsverfahren in einem andern Zivilstandskreis durchgeführt worden, so müssen die Verlobten eine Trauungsermäch­tigung vorlegen.
³ Weisen die Verlobten nach, dass es für sie offensichtlich unzumutbar ist, sich in das Trauungslokal zu begeben, so kann die Trauung an einem andern Ort stattfinden.
II. Form
Art. 102
¹ Die Trauung ist öffentlich und findet in Anwesenheit von zwei volljährigen und urteilsfähigen Zeuginnen oder Zeugen statt.¹⁵⁰
² Die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte richtet an die Braut und an den Bräutigam einzeln die Frage, ob sie miteinander die Ehe eingehen wollen.
³ Bejahen die Verlobten die Frage, wird die Ehe durch ihre beidseitige Zustimmung als geschlossen erklärt.
¹⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
D. Ausführungs­bestimmungen
Art. 103
Der Bundesrat und, im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die Kantone erlas­sen die nötigen Ausführungsbestimmungen.

Vierter Abschnitt: Die Eheungültigkeit

A. Grundsatz
Art. 104
Die vor der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten geschlossene Ehe kann nur aus einem in diesem Abschnitt vorgesehenen Grund für ungültig erklärt werden.
B. Unbefristete Ungültigkeit
I. Gründe
Art. 105
Ein Ungültigkeitsgrund liegt vor, wenn:
1. zur Zeit der Eheschliessung einer der Ehegatten¹⁵¹ bereits ver­heiratet ist und die frühere Ehe nicht durch Scheidung oder Tod des Partners aufgelöst worden ist;
2. zur Zeit der Eheschliessung einer der Ehegatten nicht urteils­fähig ist und seither nicht wieder urteilsfähig geworden ist;
3.¹⁵²
die Eheschliessung infolge Verwandtschaft unter den Ehegatten verboten ist;
4.¹⁵³
einer der Ehegatten nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen über Zulassung und Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern umgehen will;
5.¹⁵⁴
ein Ehegatte die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat;
6.¹⁵⁵
einer der Ehegatten minderjährig ist, es sei denn, die Weiterführung der Ehe entspricht den überwiegenden Interessen dieses Ehegatten.
¹⁵¹ Es handelt sich um einen feststehenden Rechtsbegriff, der sich auf Personen beider Geschlechter bezieht (im Gegensatz zu den Ausdrücken «Ehemann» und «Ehefrau»).
¹⁵² Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2006 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
¹⁵³ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 4 des BG vom 16. Dez. 2005 über Ausländerinnen und Ausländer, in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 5437 ; BBl 2002 3709 ).
¹⁵⁴ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
¹⁵⁵ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
II. Klage
Art. 106
¹ Die Klage ist von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Ehegatten von Amtes wegen zu erheben; überdies kann jedermann klagen, der ein Interesse hat. Soweit dies mit ihren Aufgaben vereinbar ist, melden die Behörden des Bundes und der Kantone der für die Klage zuständigen Behörde, wenn sie Anlass zur Annahme haben, dass ein Ungültigkeitsgrund vorliegt.¹⁵⁶
² Nach Auflösung der Ehe wird deren Ungültigkeit nicht mehr von Amtes wegen verfolgt; es kann aber jedermann, der ein Interesse hat, die Ungültigerklärung verlangen.
³ Die Klage kann jederzeit eingereicht werden.
¹⁵⁶ Letzter Satz eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangsheiraten, in Kraft seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
C. Befristete Ungültigkeit
I. Gründe
Art. 107
Ein Ehegatte kann verlangen, dass die Ehe für ungültig erklärt wird, wenn er:
1. bei der Trauung aus einem vorübergehenden Grund nicht urteilsfähig war;
2. sich aus Irrtum hat trauen lassen, sei es, dass er die Ehe selbst oder die Trauung mit der betreffenden Person nicht gewollt hat;
3. die Ehe geschlossen hat, weil er über wesentliche persönliche Eigenschaften des anderen absichtlich getäuscht worden ist;
4.¹⁵⁷
...
¹⁵⁷ Aufgehoben durch Ziff. I 3 des BG vom 15. Juni 2012 über Massnahmen gegen Zwangs‑ heiraten, mit Wirkung seit 1. Juli 2013 ( AS 2013 1035 ; BBl 2011 2185 ).
II. Klage
Art. 108
¹ Die Ungültigkeitsklage ist innerhalb von sechs Monaten seit Kennt­nis des Ungültigkeitsgrundes oder seit dem Wegfall der Drohung ein­zureichen, in jedem Fall aber vor Ablauf von fünf Jahren seit der Ehe­schliessung.
² Das Klagerecht geht nicht auf die Erben über; ein Erbe kann jedoch an der bereits erhobenen Klage festhalten.
D. Wirkungen des Urteils
Art. 109
¹ Die Ungültigkeit einer Ehe wird erst wirksam, nachdem das Gericht die Ungültigerklärung ausgesprochen hat; bis zum Urteil hat die Ehe mit Ausnahme der erbrechtlichen Ansprüche, die der überlebende Ehegatte in jedem Fall verliert, alle Wirkungen einer gültigen Ehe.
² Für die Wirkungen der gerichtlichen Ungültigerklärung auf die Ehe­gatten und die Kinder gelten sinngemäss die Bestimmungen über die Scheidung.
³ Die Vaterschaftsvermutung des Ehemannes entfällt, wenn die Ehe für ungültig erklärt worden ist, weil sie dazu diente, die Bestimmungen über Zulassung und Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern zu umgehen.¹⁵⁸
¹⁵⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. II 4 des BG vom 16. Dez. 2005 über Ausländerinnen und Ausländer, in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 5437 ; BBl 2002 3709 ).
Art. 110 ¹⁵⁹
¹⁵⁹ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

Vierter Titel: ¹⁶⁰ Die Ehescheidung und die Ehetrennung

¹⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

Erster Abschnitt: Die Scheidungsvoraussetzungen

A. Scheidung auf gemeinsames Begehren
I. Umfassende Einigung
Art. 111 ¹⁶¹
¹ Verlangen die Ehegatten gemeinsam die Scheidung und reichen sie eine vollständige Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mit den nötigen Belegen und mit gemeinsamen Anträgen hinsichtlich der Kinder ein, so hört das Gericht sie getrennt und zusammen an. Die Anhörung kann aus mehreren Sitzungen bestehen.
² Hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Scheidungsbegehren und die Vereinbarung auf freiem Willen und reiflicher Überlegung beruhen und die Vereinbarung mit den Anträgen hinsichtlich der Kinder genehmigt werden kann, so spricht das Gericht die Scheidung aus.
¹⁶¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 25. Sept. 2009 (Bedenkzeit im Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren), in Kraft seit 1. Febr. 2010 ( AS 2010 281 ; BBl 2008 1959 1975 ).
II. Teileinigung
Art. 112
¹ Die Ehegatten können gemeinsam die Scheidung verlangen und erklären, dass das Gericht die Scheidungsfolgen beurteilen soll, über die sie sich nicht einig sind.
² Das Gericht hört sie wie bei der umfassenden Einigung zum Schei­dungsbegehren, zu den Scheidungsfolgen, über die sie sich geeinigt haben, sowie zur Erklärung, dass die übrigen Folgen gerichtlich zu beurteilen sind, an.
³ ...¹⁶²
¹⁶² Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 113 ¹⁶³
¹⁶³ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
B. Scheidung auf Klage eines Ehegatten
I. Nach Getrenntleben
Art. 114 ¹⁶⁴
Ein Ehegatte kann die Scheidung verlangen, wenn die Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage oder bei Wechsel zur Scheidung auf Klage mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben.
¹⁶⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 2003 (Trennungsfrist im Scheidungsrecht), in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2004 2161 ; BBl 2003 3927 5825 ).
II. Unzumutbarkeit
Art. 115 ¹⁶⁵
Vor Ablauf der zweijährigen Frist kann ein Ehegatte die Scheidung verlangen, wenn ihm die Fortsetzung der Ehe aus schwerwiegenden Gründen, die ihm nicht zuzurechnen sind, nicht zugemutet werden kann.
¹⁶⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 2003 (Trennungsfrist im Scheidungsrecht), in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2004 2161 ; BBl 2003 3927 5825 ).
Art. 116 ¹⁶⁶
¹⁶⁶ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

Zweiter Abschnitt: Die Ehetrennung

A. Voraus­setzungen und Ver­fahren
Art. 117
¹ Die Ehegatten können die Trennung unter den gleichen Vorausset­zungen wie bei der Scheidung verlangen.
² ...¹⁶⁷
³ Das Recht, die Scheidung zu verlangen, wird durch das Trennungs­urteil nicht berührt.
¹⁶⁷ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
B. Trennungs­folgen
Art. 118
¹ Mit der Trennung tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein.
² Im Übrigen finden die Bestimmungen über Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft sinngemäss Anwendung.

Dritter Abschnitt: Die Scheidungsfolgen

A. Name
Art. 119 ¹⁶⁸
Der Ehegatte, der seinen Namen bei der Eheschliessung geändert hat, behält diesen Namen nach der Scheidung; er kann aber jederzeit gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass er wieder seinen Ledignamen tragen will.
¹⁶⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
B. Güterrecht und Erbrecht
Art. 120
¹ Für die güterrechtliche Auseinandersetzung gelten die Bestimmun­gen über das Güterrecht.
² Geschiedene Ehegatten haben zueinander kein gesetzliches Erbrecht und können aus Verfügungen von Todes wegen, die sie vor der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens errichtet haben, keine Ansprüche erheben.
C. Wohnung der Familie
Art. 121
¹ Ist ein Ehegatte wegen der Kinder oder aus anderen wichtigen Grün­den auf die Wohnung der Familie angewiesen, so kann das Gericht ihm die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag allein übertragen, sofern dies dem anderen billigerweise zugemutet werden kann.
² Der bisherige Mieter haftet solidarisch für den Mietzins bis zum Zeitpunkt, in dem das Mietverhältnis gemäss Vertrag oder Gesetz endet oder beendet werden kann, höchstens aber während zweier Jahre; wird er für den Mietzins belangt, so kann er den bezahlten Betrag ra­tenweise in der Höhe des monatlichen Mietzinses mit den Unterhalts­beiträgen, die er dem anderen Ehegatten schuldet, verrechnen.
³ Gehört die Wohnung der Familie einem Ehegatten, so kann das Gericht dem anderen unter den gleichen Voraussetzungen und gegen an­gemessene Entschädigung oder unter Anrechnung auf Unterhaltsbei­träge ein befristetes Wohnrecht einräumen. Wenn wichtige neue Tat­sachen es erfordern, ist das Wohnrecht einzuschränken oder aufzuhe­ben.
D. Berufliche Vorsorge
I. Grundsatz
Art. 122 ¹⁶⁹
Die während der Ehe bis zum Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens erworbenen Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge werden bei der Scheidung ausgeglichen.
¹⁶⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
II. Ausgleich bei Austritts­leistungen
Art. 123 ¹⁷⁰
¹ Die erworbenen Austrittsleistungen samt Freizügigkeitsguthaben und Vorbezügen für Wohneigentum werden hälftig geteilt.
² Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Einmaleinlagen aus Eigengut nach Gesetz.
³ Die zu teilenden Austrittsleistungen berechnen sich nach den Artikeln 15–17 und 22 a oder 22 b des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993¹⁷¹.
¹⁷⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
¹⁷¹ SR 831.42
III. Ausgleich bei Invalidenrenten vor dem re­glementarischen Rentenalter
Art. 124 ¹⁷²
¹ Bezieht ein Ehegatte im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens eine Invalidenrente vor dem reglementarischen Rentenalter, so gilt der Betrag, der ihm nach Artikel 2 Absatz 1ter des Freizügigkeitsgesetzes vom 17. Dezember 1993¹⁷³ nach Aufhebung der Invalidenrente zukommen würde, als Austrittsleistung.
² Die Bestimmungen über den Ausgleich bei Austrittsleistungen gel­ten sinngemäss.
³ Der Bundesrat regelt, in welchen Fällen der Betrag nach Absatz 1 wegen einer Überentschädigungskürzung der Invalidenrente nicht für den Ausgleich verwendet werden kann.
¹⁷² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
¹⁷³ SR 831.42
IV. Ausgleich bei Invaliden­renten nach dem reglementarischen Renten­alter und bei Altersrenten
Art. 124 a ¹⁷⁴
¹ Bezieht ein Ehegatte im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens eine Invalidenrente nach dem reglemen­tarischen Rentenalter oder eine Altersrente, so entscheidet das Gericht nach Ermessen über die Teilung der Rente. Es beachtet dabei insbesondere die Dauer der Ehe und die Vorsorgebedürfnisse beider Ehegatten.
² Der dem berechtigten Ehegatten zugesprochene Rentenanteil wird in eine lebenslange Rente umgerechnet. Diese wird ihm von der Vorsorgeeinrichtung des verpflichteten Ehegatten ausgerichtet oder in seine Vorsorge übertragen.
³ Der Bundesrat regelt:
1. die versicherungstechnische Umrechnung des Rentenanteils in eine lebenslange Rente;
2. das Vorgehen in Fällen, in denen die Altersleistung aufgeschoben oder die Invalidenrente wegen Über­entschädigung gekürzt ist.
¹⁷⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
V. Ausnahmen
Art. 124 b ¹⁷⁵
¹ Die Ehegatten können in einer Vereinbarung über die Scheidungsfolgen von der hälftigen Teilung abweichen oder auf den Vorsorgeausgleich verzichten, wenn eine angemessene Alters- und Invalidenvorsorge gewährleistet bleibt.
² Das Gericht spricht dem berechtigten Ehegatten weniger als die Hälfte der Austrittsleistung zu oder verweigert die Teilung ganz, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn die hälftige Teilung unbillig wäre:
1. aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung;
2. aufgrund der Vorsorgebedürfnisse, insbesondere unter Berücksichtigung des Altersunterschiedes zwischen den Ehe­gatten.
³ Das Gericht kann dem berechtigten Ehegatten mehr als die Hälfte der Austrittsleistung zusprechen, wenn er nach der Scheidung gemeinsame Kinder betreut und der verpflichtete Ehegatte weiterhin über eine angemessene Alters- und Invalidenvorsorge verfügt.
¹⁷⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
VI. Verrechnung gegenseitiger Ansprüche
Art. 124 c ¹⁷⁶
¹ Gegenseitige Ansprüche der Ehegatten auf Austrittsleistungen oder auf Rentenanteile werden verrechnet. Die Verrechnung der Rentenansprüche findet vor der Umrechnung des dem berechtigten Ehegatten zugesprochenen Rentenanteils in eine lebenslange Rente statt.
² Austrittsleistungen können mit Rentenanteilen nur dann verrechnet werden, wenn die Ehegatten und die Einrichtungen der beruflichen Vorsorge einverstanden sind.
¹⁷⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
VII. Unzumutbarkeit
Art. 124 d ¹⁷⁷
Ist aufgrund einer Abwägung der Vorsorgebedürfnisse beider Ehegatten ein Ausgleich aus Mitteln der beruflichen Vorsorge nicht zumutbar, so schuldet der verpflichtete Ehegatte dem berechtigten Ehegatten eine Kapitalabfindung.
¹⁷⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
VIII. Unmöglichkeit
Art. 124 e ¹⁷⁸
¹ Ist ein Ausgleich aus Mitteln der beruflichen Vorsorge nicht möglich, so schuldet der verpflichtete Ehegatte dem berechtigten Ehegatten eine angemessene Entschädigung in Form einer Kapitalabfindung oder einer Rente.
² Ein schweizerisches Urteil kann auf Begehren des verpflichteten Ehegatten abgeändert werden, wenn im Ausland bestehende Vorsorgeansprüche durch eine angemessene Entschädigung nach Absatz 1 ausgeglichen wurden und diese Vorsorgeansprüche danach durch eine für den ausländischen Vorsorgeschuldner verbindliche ausländische Entscheidung geteilt werden.
¹⁷⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
E. Nachehelicher Unterhalt
I. Voraussetzungen
Art. 125
¹ Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebühren­den Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten.
² Beim Entscheid, ob ein Beitrag zu leisten sei und gegebenenfalls in welcher Höhe und wie lange, sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Aufgabenteilung während der Ehe;
2. die Dauer der Ehe;
3. die Lebensstellung während der Ehe;
4. das Alter und die Gesundheit der Ehegatten;
5. Einkommen und Vermögen der Ehegatten;
6. der Umfang und die Dauer der von den Ehegatten noch zu leis­­tenden Betreuung der Kinder;
7. die berufliche Ausbildung und die Erwerbsaussichten der Ehe­gatten sowie der mutmassliche Aufwand für die berufliche Eingliederung der anspruchsberechtigten Person;
8. die Anwartschaften aus der eidgenössischen Alters- und Hin­terlassenenversicherung und aus der beruflichen oder einer anderen privaten oder staatlichen Vorsorge einschliesslich des voraussichtlichen Ergebnisses der Teilung der Austrittsleistun­gen.
³ Ein Beitrag kann ausnahmsweise versagt oder gekürzt werden, wenn er offensichtlich unbillig wäre, insbesondere weil die berechtigte Per­son:
1. ihre Pflicht, zum Unterhalt der Familie beizutragen, grob ver­letzt hat;
2. ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat;
3. gegen die verpflichtete Person oder eine dieser nahe verbunde­nen Person eine schwere Straftat begangen hat.
II. Modalitäten des Unterhalts­beitrages
Art. 126
¹ Das Gericht setzt als Unterhaltsbeitrag eine Rente fest und bestimmt den Beginn der Beitragspflicht.
² Rechtfertigen es besondere Umstände, so kann anstelle einer Rente eine Abfindung festgesetzt werden.
³ Das Gericht kann den Unterhaltsbeitrag von Bedingungen abhängig machen.
III. Rente
Art. 127
Die Ehegatten können in der Vereinbarung die Änderung der darin festgesetzten Rente ganz oder teilweise ausschliessen.
Art. 128
Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
Art. 129
¹ Bei erheblicher und dauernder Veränderung der Verhältnisse kann die Rente herabgesetzt, aufgehoben oder für eine bestimmte Zeit ein­gestellt werden; eine Verbesserung der Verhältnisse der berechtigten Person ist nur dann zu berücksichtigen, wenn im Scheidungsurteil eine den gebührenden Unterhalt deckende Rente festgesetzt werden konnte.
² Die berechtigte Person kann für die Zukunft eine Anpassung der Rente an die Teuerung verlangen, wenn das Einkommen der ver­pflichteten Person nach der Scheidung unvorhergesehenerweise gestiegen ist.
³ Die berechtigte Person kann innerhalb von fünf Jahren seit der Scheidung die Festsetzung einer Rente oder deren Erhöhung verlan­gen, wenn im Urteil festgehalten worden ist, dass keine zur Deckung des gebührenden Unterhalts ausreichende Rente festgesetzt werden konnte, die wirtschaftlichen Verhältnisse der verpflichteten Person sich aber entsprechend verbessert haben.
Art. 130
¹ Die Beitragspflicht erlischt mit dem Tod der berechtigten oder der verpflichteten Person.
² Vorbehältlich einer anderen Vereinbarung entfällt sie auch bei Wie­derverheiratung der berechtigten Person.
IV. Voll­stre­c­kung
Art. 131 ¹⁷⁹
¹ Erfüllt die verpflichtete Person die Unterhaltspflicht nicht, so hilft eine vom kantonalen Recht bezeichnete Fachstelle der berechtigten Person auf Gesuch hin bei der Vollstreckung des Unterhaltsanspruchs in geeigneter Weise und in der Regel unentgeltlich.
² Der Bundesrat legt die Leistungen der Inkassohilfe fest.
¹⁷⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 131 a ¹⁸⁰
¹ Dem öffentlichen Recht bleibt vorbehalten, die Ausrichtung von Vorschüssen zu regeln, wenn die verpflichtete Person ihrer Unterhalts­pflicht nicht nachkommt.
² Soweit das Gemeinwesen für den Unterhalt der berechtigten Person aufkommt, geht der Unterhaltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über.
¹⁸⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
¹⁸¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 132
¹ Vernachlässigt die verpflichtete Person die Erfüllung der Unterhalts­pflicht, so kann das Gericht ihre Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder teilweise an die berechtigte Person zu leisten.
² Vernachlässigt die verpflichtete Person beharrlich die Erfüllung der Unterhaltspflicht oder ist anzunehmen, dass sie Anstalten zur Flucht trifft oder ihr Vermögen verschleudert oder beiseite schafft, so kann sie verpflichtet werden, für die künftigen Unterhaltsbeiträge angemessene Sicherheit zu leisten.
F. Kinder
I. Elternrechte und -pflichten
Art. 133 ¹⁸²
¹ Das Gericht regelt die Elternrechte und -pflichten nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses. Insbesondere regelt es:
1. die elterliche Sorge;
2. die Obhut;
3. den persönlichen Verkehr (Art. 273) oder die Betreuungsan­teile; und
4. den Unterhaltsbeitrag.
² Es beachtet alle für das Kindeswohl wichtigen Umstände. Es berücksichtigt einen gemeinsamen Antrag der Eltern und, soweit tunlich, die Meinung des Kindes.
³ Es kann den Unterhaltsbeitrag über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus festlegen.
¹⁸² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
II. Veränderung der Verhältnisse
Art. 134
¹ Auf Begehren eines Elternteils, des Kindes oder der Kindesschutzbehörde ist die Zuteilung der elterlichen Sorge neu zu regeln, wenn dies wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse zum Wohl des Kindes geboten ist.
² Die Voraussetzungen für eine Änderung der übrigen Elternrechte und -pflichten richten sich nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses.¹⁸³
³ Sind sich die Eltern einig, so ist die Kindesschutzbehörde für die Neuregelung der elterlichen Sorge, der Obhut und die Genehmigung eines Unterhaltsvertrages zuständig. In den übrigen Fällen ent­scheidet das für die Abänderung des Scheidungsurteils zuständige Gericht.¹⁸⁴
⁴ Hat das Gericht über die Änderung der elterlichen Sorge, der Obhut oder des Unterhaltsbeitrages für das minderjährige Kind zu befinden, so regelt es nötigen­falls auch den persönlichen Verkehr oder die Betreuungsanteile neu; in den andern Fällen entscheidet die Kindesschutzbehörde über die Änderung des persönlichen Verkehrs oder der Betreuungsanteile.¹⁸⁵
¹⁸³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
¹⁸⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
¹⁸⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 135 – 149 ¹⁸⁶
¹⁸⁶ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 150–158
Aufgehoben

Fünfter Titel: ¹⁸⁷ Die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen

¹⁸⁷ Fassung des fünften Titels gemäss Ziff. I 1 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ). Siehe auch die Art. 8–8 b des SchlT hiernach.

A. Eheliche Gemein­schaft; Rechte und Pflichten der Ehegat­ten

Art. 159
¹ Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemein­schaft verbunden.
² Sie verpflichten sich gegenseitig, das Wohl der Gemeinschaft in ein­trächtigem Zusammenwirken zu wahren und für die Kinder ge­mein­sam zu sorgen.
³ Sie schulden einander Treue und Beistand.

B. Name

Art. 160 ¹⁸⁸
¹ Jeder Ehegatte behält seinen Namen.
² Die Brautleute können aber gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Ledignamen der Braut oder des Bräutigams als gemeinsamen Familiennamen tragen wollen.
³ Behalten die Brautleute ihren Namen, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen. In begründeten Fällen kann die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte die Brautleute von dieser Pflicht befreien.
¹⁸⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).

C. Bürgerrecht

Art. 161 ¹⁸⁹
Jeder Ehegatte behält sein Kantons- und Gemeindebürgerrecht.
¹⁸⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).

D. Eheliche Woh­nung

Art. 162
Die Ehegatten bestimmen gemeinsam die eheliche Wohnung.

E. Unterhalt der Familie

I. Im Allgemeinen
Art. 163
¹ Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebüh­renden Unterhalt der Familie.
² Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern.
³ Dabei berücksichtigen sie die Bedürfnisse der ehelichen Gemein­schaft und ihre persönlichen Umstände.
II. Betrag zur freien Verfügung
Art. 164
¹ Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfü­gung ausrichtet.
² Bei der Festsetzung des Betrages sind eigene Einkünfte des berech­tigten Ehegat­ten und eine verantwortungsbewusste Vorsorge für Familie, Beruf oder Gewerbe zu berücksichtigen.
III. Ausser­or­dentli­che Bei­träge eines Ehegatten
Art. 165
¹ Hat ein Ehegatte im Beruf oder Gewerbe des andern erheblich mehr mitgearbei­tet, als sein Beitrag an den Unterhalt der Familie ver­langt, so hat er dafür An­spruch auf angemessene Entschädigung.
² Dies gilt auch, wenn ein Ehegatte aus seinem Einkommen oder Ver­mögen an den Unterhalt der Familie bedeutend mehr beigetragen hat, als er verpflichtet war.
³ Ein Ehegatte kann aber keine Entschädigung fordern, wenn er sei­nen ausseror­dentlichen Beitrag aufgrund eines Arbeits‑, Darlehens- oder Gesellschaftsvertrages oder eines andern Rechtsverhältnisses geleistet hat.

F. Vertretung der ehelichen Gemein­schaft

Art. 166
¹ Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie.
² Für die übrigen Bedürfnisse der Familie kann ein Ehegatte die ehe­liche Gemein­schaft nur vertreten:
1. wenn er vom andern oder vom Gericht dazu ermächtigt wor­den ist;
2. wenn das Interesse der ehelichen Gemeinschaft keinen Auf­schub des Geschäf­tes duldet und der andere Ehegatte wegen Krankheit, Abwesenheit oder ähnli­chen Gründen nicht zustim­men kann.
³ Jeder Ehegatte verpflichtet sich durch seine Handlungen persönlich und, soweit diese nicht für Dritte erkennbar über die Vertretungs­befugnis hinausgehen, solida­risch auch den andern Ehegatten.

G. Beruf und Ge­werbe der Ehe­gatten

Art. 167
Bei der Wahl und Ausübung seines Berufes oder Gewerbes nimmt jeder Ehegatte auf den andern und das Wohl der ehelichen Gemein­schaft Rücksicht.

H. Rechts­geschäfte der Ehe­gatten

I. Im Allgemeinen
Art. 168
Jeder Ehegatte kann mit dem andern oder mit Dritten Rechtsgeschäf­te ab­schliessen, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
II. Wohnung der Familie
Art. 169
¹ Ein Ehegatte kann nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie be­schränken.
² Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne trif­tigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anru­fen.

J. Auskunfts­pflicht

Art. 170
¹ Jeder Ehegatte kann vom andern Auskunft über dessen Einkommen, Vermö­gen und Schulden verlangen.
² Auf sein Begehren kann das Gericht den andern Ehegatten oder Dritte verpflich­ten, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzu­legen.
³ Vorbehalten bleibt das Berufsgeheimnis der Rechtsanwälte, Notare, Ärzte, Geist­lichen und ihrer Hilfspersonen.

K. Schutz der eheli­chen Gemeinschaft

I. Beratungs­stellen
Art. 171
Die Kantone sorgen dafür, dass sich die Ehegatten bei Ehe­schwie­rig­keiten gemeinsam oder einzeln an Ehe- oder Familien­beratungs­stel­len wenden kön­nen.
II. Gerichtliche Massnahmen
1. Im Allgemeinen
Art. 172
¹ Erfüllt ein Ehegatte seine Pflichten gegenüber der Familie nicht oder sind die Ehegatten in einer für die eheliche Gemeinschaft wich­tigen Angelegenheit uneinig, so können sie gemeinsam oder einzeln das Gericht um Vermittlung anru­fen.
² Das Gericht mahnt die Ehegatten an ihre Pflichten und versucht, sie zu versöhnen; es kann mit ihrem Einverständnis Sachver­stän­dige bei­ziehen oder sie an eine Ehe- oder Familienberatungs­stelle weisen.
³ Wenn nötig, trifft das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die vom Gesetz vor­gesehenen Massnahmen. Die Bestimmung über den Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen ist sinngemäss anwendbar.¹⁹⁰
¹⁹⁰ Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. Juni 2006 (Schutz der Persönlichkeit gegen Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen), in Kraft seit 1. Juli 2007 ( AS 2007 137 ; BBl 2005 6871 6897 ).
2. Während des Zu­sammen­lebens
Art. 173
¹ Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
² Ebenso setzt es auf Begehren eines Ehegatten den Betrag für den Ehegatten fest, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Ge­werbe hilft.
³ Die Leistungen können für die Zukunft und für das Jahr vor Einrei­chung des Be­gehrens gefordert werden.
Art. 174
¹ Überschreitet ein Ehegatte seine Befugnis zur Vertretung der ehe­lichen Gemein­schaft oder erweist er sich als unfähig, sie auszuüben, so kann ihm das Gericht auf Begehren des andern die Vertretungs­befug­nis ganz oder teilweise entziehen.
² Der Ehegatte, der das Begehren stellt, darf Dritten den Entzug nur durch persön­liche Mitteilung bekannt geben.
³ Gutgläubigen Dritten gegenüber ist der Entzug nur wirksam, wenn er auf Anord­nung des Gerichts veröffentlicht worden ist.
3. Aufhebung des gemeinsamen Haus­haltes
Art. 175
Ein Ehegatte ist berechtigt, den gemeinsamen Haushalt für solange aufzuheben, als seine Persönlichkeit, seine wirtschaftliche Sicherheit oder das Wohl der Familie durch das Zusammenleben ernstlich gefährdet ist.
Art. 176
¹ Ist die Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes begründet, so muss das Gericht auf Begehren eines Ehegatten:
1.¹⁹¹
die Unterhaltsbeiträge an die Kinder und den Unterhaltsbeitrag an den Ehegatten festlegen;
2. die Benützung der Wohnung und des Hausrates regeln;
3. die Gütertrennung anordnen, wenn es die Umstände recht­fer­tigen.
² Diese Begehren kann ein Ehegatte auch stellen, wenn das Zusam­menleben un­möglich ist, namentlich weil der andere es grundlos ablehnt.
³ Haben die Ehegatten minderjährige Kinder, so trifft das Gericht nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses die nötigen Massnahmen.¹⁹²
¹⁹¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
¹⁹² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
4. Vollstreckung
Art. 176 a ¹⁹³
Die Bestimmungen über die Inkassohilfe und die Vorschüsse bei Scheidung und bei den Wirkungen des Kindesverhältnisses finden Anwendung.
¹⁹³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
¹⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 177
Erfüllt ein Ehegatte seine Unterhaltspflicht gegenüber der Familie nicht, so kann das Gericht dessen Schuldner anweisen, ihre Zahlun­gen ganz oder teilweise dem andern Ehegatten zu leisten.
5. Beschrän­kun­gen der Ver­fügungs­befugnis
Art. 178
¹ Soweit es die Sicherung der wirtschaftlichen Grundlagen der Fami­lie oder die Er­füllung einer vermögensrechtlichen Verpflichtung aus der ehelichen Gemeinschaft erfordert, kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Verfügung über be­stimmte Vermögenswerte von dessen Zustimmung abhängig machen.
² Das Gericht trifft die geeigneten sichernden Massnahmen.
³ Untersagt es einem Ehegatten, über ein Grundstück zu verfügen, lässt es dies von Amtes wegen im Grundbuch anmerken.
6. Änderung der Verhältnisse ¹⁹⁵
¹⁹⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 179 ¹⁹⁶
¹ Ändern sich die Verhältnisse, so passt das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Massnahmen an oder hebt sie auf, wenn ihr Grund weggefallen ist. Die Bestimmungen über die Änderung der Verhältnisse bei Scheidung gelten sinngemäss.¹⁹⁷
² Nehmen die Ehegatten das Zusammenleben wieder auf, so fallen die für das Getrenntleben angeordneten Massnahmen mit Ausnahme der Gütertrennung und der Kindesschutzmassnahmen dahin.
¹⁹⁶ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
¹⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 180 ¹⁹⁸
¹⁹⁸ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).

Sechster Titel: ¹⁹⁹ Das Güterrecht der Ehegatten

¹⁹⁹ Fassung des sechsten Titels gemäss Ziff. I 1 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ). Siehe auch die Art. 9–11 a des SchlT hiernach.

Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften

A. Ordentlicher Gü­terstand
Art. 181
Die Ehegatten unterstehen den Vorschriften über die Errungen­schafts­beteiligung, sofern sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes verein­baren oder der ausser­ordentliche Güterstand eingetre­ten ist.
B. Ehevertrag
I. Inhalt des Vertra­ges
Art. 182
¹ Ein Ehevertrag kann vor oder nach der Heirat geschlossen werden.
² Die Brautleute oder Ehegatten können ihren Güterstand nur inner­halb der gesetzlichen Schranken wählen, aufheben oder ändern.
II. Vertrags­fähigkeit
Art. 183
¹ Wer einen Ehevertrag schliessen will, muss urteilsfähig sein.
² Minderjährige sowie volljährige Personen unter einer Beistandschaft, die den Abschluss eines Ehevertrags umfasst, bedürfen der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters.²⁰⁰
²⁰⁰ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
III. Form des Vertra­ges
Art. 184
Der Ehevertrag muss öffentlich beurkundet und von den vertrag­schlie­ssenden Per­sonen sowie gegebenenfalls vom gesetzlichen Ver­treter unterzeichnet werden.
C. Ausser­or­dentli­cher Gü­terstand
I. Auf Begehren ei­nes Ehegatten
Art. 185
¹ Die Gütertrennung wird auf Begehren eines Ehegatten vom Gericht angeordnet, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt.
² Ein wichtiger Grund liegt namentlich vor:
1. wenn der andere Ehegatte überschuldet ist oder sein Anteil am Gesamtgut ge­pfändet wird;
2. wenn der andere Ehegatte die Interessen des Gesuchstellers oder der Gemein­schaft gefährdet;
3. wenn der andere Ehegatte in ungerechtfertigter Weise die erfor­derliche Zu­stimmung zu einer Verfügung über das Gesamt­gut ver­weigert;
4. wenn der andere Ehegatte dem Gesuchsteller die Auskunft über sein Ein­kommen, sein Vermögen und seine Schulden oder über das Gesamtgut ver­weigert;
5. wenn der andere Ehegatte dauernd urteilsunfähig ist.
³ Ist ein Ehegatte dauernd urteilsunfähig, so kann sein gesetzlicher Vertreter auch aus diesem Grund die Anordnung der Gütertrennung verlangen.
Art. 186 ²⁰¹
²⁰¹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 187
¹ Die Ehegatten können jederzeit durch Ehevertrag wieder ihren frü­he­ren oder ei­nen andern Güterstand vereinbaren.
² Ist der Grund der Gütertrennung weggefallen, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung des früheren Güter­standes anordnen.
II. Bei Konkurs und Pfändung
Art. 188
Wird über einen Ehegatten, der in Gütergemeinschaft lebt, der Kon­kurs eröffnet, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein.
Art. 189
Ist ein Ehegatte, der in Gütergemeinschaft lebt, für eine Eigenschuld betrieben und sein Anteil am Gesamtgut gepfändet worden, so kann die Aufsichtsbehörde in Be­treibungssachen beim Gericht die Anord­nung der Gütertrennung verlangen.
²⁰² Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 190
¹ Das Begehren richtet sich gegen beide Ehegatten.
² ...²⁰³
²⁰³ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 191
¹ Sind die Gläubiger befriedigt, so kann das Gericht auf Begehren eines Ehegatten die Wiederherstellung der Gütergemeinschaft anord­nen.
² Die Ehegatten können durch Ehevertrag Errungenschaftsbeteiligung verein­baren.
III. Güter­recht­liche Aus­einander­set­zung
Art. 192
Tritt Gütertrennung ein, so gelten für die güterrechtliche Auseinan­der­setzung die Bestimmungen des bisherigen Güterstandes, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
D. Schutz der Gläu­biger
Art. 193
¹ Durch Begründung oder Änderung des Güterstandes oder durch güterrechtliche Auseinandersetzungen kann ein Vermögen, aus dem bis anhin die Gläubiger eines Ehegatten oder der Gemeinschaft Befriedi­gung verlangen konnten, dieser Haftung nicht entzogen werden.
² Ist ein solches Vermögen auf einen Ehegatten übergegangen, so hat er die Schul­den zu bezahlen, kann sich aber von dieser Haftung so weit befreien, als er nach­weist, dass das empfangene Vermögen hiezu nicht ausreicht.
E. ...
Art. 194 ²⁰⁴
²⁰⁴ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
F. Verwaltung des Vermögens eines Ehegatten durch den andern
Art. 195
¹ Hat ein Ehegatte dem andern ausdrücklich oder stillschweigend die Verwaltung seines Vermögens überlassen, so gelten die Bestimmun­gen über den Auftrag, so­fern nichts anderes vereinbart ist.
² Die Bestimmungen über die Tilgung von Schulden zwischen Ehe­gatten bleiben vorbehalten.
G. Inventar
Art. 195 a
¹ Jeder Ehegatte kann jederzeit vom andern verlangen, dass er bei der Aufnahme eines Inventars ihrer Vermögenswerte mit öffentlicher Urkunde mitwirkt.
² Ein solches Inventar wird als richtig vermutet, wenn es binnen ei­nes Jahres seit Einbringen der Vermögenswerte errichtet wurde.

Zweiter Abschnitt: Der ordentliche Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung

A. Eigentums­ver­hältnisse
I. Zusammen­setzung
Art. 196
Der Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung umfasst die Errun­gen­schaft und das Eigengut jedes Ehegatten.
II. Errungen­schaft
Art. 197
¹ Errungenschaft sind die Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt.
² Die Errungenschaft eines Ehegatten umfasst insbesondere:
1. seinen Arbeitserwerb;
2. die Leistungen von Personalfürsorgeeinrichtungen, Sozial­ver­si­cherungen und Sozialfürsorgeeinrichtungen;
3. die Entschädigungen wegen Arbeitsunfähigkeit;
4. die Erträge seines Eigengutes;
5. Ersatzanschaffungen für Errungenschaft.
III. Eigengut
Art. 198
Eigengut sind von Gesetzes wegen:
1. die Gegenstände, die einem Ehegatten ausschliesslich zum per­sönlichen Ge­brauch dienen;
2. die Vermögenswerte, die einem Ehegatten zu Beginn des Güter­standes gehö­ren oder ihm später durch Erbgang oder sonst­wie unentgeltlich zufallen;
3. Genugtuungsansprüche;
4. Ersatzanschaffungen für Eigengut.
Art. 199
¹ Die Ehegatten können durch Ehevertrag Vermögenswerte der Er­run­genschaft, die für die Ausübung eines Berufes oder den Betrieb ei­nes Gewerbes bestimmt sind, zu Eigengut erklären.
² Überdies können die Ehegatten durch Ehevertrag vereinbaren, dass Erträge aus dem Eigengut nicht in die Errungenschaft fallen.
IV. Beweis
Art. 200
¹ Wer behauptet, ein bestimmter Vermögenswert sei Eigentum des einen oder andern Ehegatten, muss dies beweisen.
² Kann dieser Beweis nicht erbracht werden, so wird Miteigentum bei­der Ehegat­ten angenommen.
³ Alles Vermögen eines Ehegatten gilt bis zum Beweis des Gegen­teils als Errun­genschaft.
B. Verwaltung, Nut­zung und Ver­fügung
Art. 201
¹ Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehe­gatte seine Errungenschaft und sein Eigengut und verfügt dar­über.
² Steht ein Vermögenswert im Miteigentum beider Ehegatten, so kann kein Ehegat­te ohne Zustimmung des andern über seinen Anteil verfü­gen, sofern nichts anderes vereinbart ist.
C. Haftung gegen­über Dritten
Art. 202
Jeder Ehegatte haftet für seine Schulden mit seinem gesamten Ver­mö­gen.
D. Schulden zwi­schen Ehegatten
Art. 203
¹ Der Güterstand hat keinen Einfluss auf die Fälligkeit von Schulden zwischen Ehegatten.
² Bereitet indessen die Zahlung von Geldschulden oder die Erstattung geschuldeter Sachen dem verpflichteten Ehegatten ernstliche Schwie­rigkeiten, welche die eheli­che Gemeinschaft gefährden, so kann er verlangen, dass ihm Fristen eingeräumt werden; die Forde­rung ist sicherzustellen, wenn es die Umstände rechtfertigen.
E. Auflösung des Güterstandes und Ausein­an­der­setzung
I. Zeitpunkt der Auflösung
Art. 204
¹ Der Güterstand wird mit dem Tod eines Ehegatten oder mit der Ver­einbarung ei­nes andern Güterstandes aufgelöst.
² Bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe oder gericht­licher Anord­nung der Gütertrennung wird die Auflösung des Güter­stan­des auf den Tag zurückbezogen, an dem das Begehren einge­reicht worden ist.
II. Rücknahme von Vermö­gens­werten und Re­ge­lung der Schulden
Art. 205
¹ Jeder Ehegatte nimmt seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des an­dern Ehegatten befinden.
² Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwie­gendes Interesse nach, so kann er neben den übrigen ge­setz­lichen Massnahmen verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des andern Ehe­gatten ungeteilt zugewiesen wird.
³ Die Ehegatten regeln ihre gegenseitigen Schulden.
Art. 206
¹ Hat ein Ehegatte zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung von Vermö­gensgegenständen des andern ohne entsprechende Gegen­leistung beigetragen und besteht im Zeitpunkt der Aus­einanderset­zung ein Mehrwert, so entspricht seine Forderung dem Anteil seines Beitra­ges und wird nach dem gegenwärtigen Wert der Vermögensge­gen­stände berechnet; ist dagegen ein Minderwert eingetreten, so ent­spricht die Forderung dem ursprünglichen Beitrag.
² Ist einer dieser Vermögensgegenstände vorher veräussert worden, so berechnet sich die Forderung nach dem bei der Veräusserung er­ziel­ten Erlös und wird sofort fällig.
³ Die Ehegatten können durch schriftliche Vereinbarung den Mehr­wertanteil aus­schliessen oder ändern.
III. Berechnung des Vorschlages je­des Ehegatten
Art. 207
¹ Errungenschaft und Eigengut jedes Ehegatten werden nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes ausgeschie­den.
² Die Kapitalleistung, die ein Ehegatte von einer Vorsorgeeinrichtung oder wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten hat, wird im Betrag des Kapi­talwertes der Rente, die dem Ehegatten bei Auflösung des Gü­terstan­des zustünde, dem Eigengut zugerech­net.
Art. 208
¹ Zur Errungenschaft hinzugerechnet werden:
1. unentgeltliche Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letz­ten fünf Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustim­mung des andern Ehegatten ge­macht hat, ausgenommen die üb­lichen Gelegenheitsgeschenke;
2. Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güter­standes vorgenommen hat, um den Beteili­gungsan­spruch des andern zu schmälern.
² ...²⁰⁵
²⁰⁵ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 209
¹ Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Ei­gengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt wor­den, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung.
² Eine Schuld belastet die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammen­hängt, im Zweifel aber die Errungenschaft.
³ Haben Mittel der einen Vermögensmasse zum Erwerb, zur Ver­bes­se­rung oder zur Erhaltung von Vermögensgegenständen der andern bei­getragen und ist ein Mehr- oder ein Minderwert einge­treten, so ent­spricht die Ersatzforderung dem Anteil des Beitrages und wird nach dem Wert der Vermögensgegenstände im Zeitpunkt der Ausein­ander­setzung oder der Veräusserung berechnet.
Art. 210
¹ Was vom Gesamtwert der Errungenschaft, einschliesslich der hin­zu­gerechne­ten Vermögenswerte und der Ersatzforderungen, nach Ab­zug der auf ihr lastenden Schulden verbleibt, bildet den Vor­schlag.
² Ein Rückschlag wird nicht berücksichtigt.
IV. Wert­bestimmung
Art. 211
Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung sind die Vermögens­gegenstände zu ihrem Verkehrswert einzusetzen.
Art. 212
¹ Ein landwirtschaftliches Gewerbe, das ein Ehegatte als Eigentümer selber weiter­bewirtschaftet oder für das der überlebende Ehegatte oder ein Nachkomme begrün­det Anspruch auf ungeteilte Zuweisung erhebt, ist bei Berechnung des Mehrwer­tanteils und der Beteili­gungs­forderung zum Ertragswert einzusetzen.
² Der Eigentümer des landwirtschaftlichen Gewerbes oder seine Er­ben können gegenüber dem andern Ehegatten als Mehrwertan­teil oder als Beteiligungsforde­rung nur den Betrag geltend ma­chen, den sie bei Anrechnung des Gewerbes zum Verkehrswert erhielten.
³ Die erbrechtlichen Bestimmungen über die Bewertung und über den Anteil der Miterben am Gewinn gelten sinngemäss.
Art. 213
¹ Der Anrechnungswert kann angemessen erhöht werden, wenn be­son­dere Umstän­de es rechtfertigen.
² Als besondere Umstände gelten insbesondere die Unter­haltsbe­dürf­nisse des überlebenden Ehegatten, der Ankaufspreis des land­wirt­schaftlichen Gewerbes ein­schliesslich der Investitionen oder die Vermögensverhältnisse des Ehegatten, dem das land­wirtschaftliche Gewerbe gehört.
Art. 214
¹ Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vor­handenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinanderset­zung.
² Für Vermögenswerte, die zur Errungenschaft hinzugerechnet wer­den, ist der Zeitpunkt massgebend, in dem sie veräussert worden sind.
V. Beteiligung am Vorschlag
Art. 215
¹ Jedem Ehegatten oder seinen Erben steht die Hälfte des Vorschla­ges des andern zu.
² Die Forderungen werden verrechnet.
Art. 216
¹ Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag ver­einbart werden.
² Solche Vereinbarungen dürfen die Pflichtteilsansprüche der nicht­gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen.
Art. 217
Bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe oder gericht­licher Anord­nung der Gütertrennung gelten Vereinbarungen über die Änderung der gesetzlichen Beteiligung am Vorschlag nur, wenn der Ehevertrag dies ausdrücklich vorsieht.
VI. Bezahlung der Beteiligungs­forderung und des Mehr­wert­anteils
Art. 218
¹ Bringt die sofortige Bezahlung der Beteiligungsforderung und des Mehrwer­tanteils den verpflichteten Ehegatten in ernstliche Schwie­rig­keiten, so kann er verlangen, dass ihm Zahlungsfristen eingeräumt werden.
² Die Beteiligungsforderung und der Mehrwertanteil sind, soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren, vom Abschluss der Auseinan­der­setzung an zu verzin­sen und, wenn es die Umstände rechtferti­gen, sicherzustellen.
Art. 219
¹ Damit der überlebende Ehegatte seine bisherige Lebensweise bei­­behalten kann, wird ihm auf sein Verlangen am Haus oder an der Woh­nung, worin die Ehegatten gelebt haben und die dem verstorbe­nen Ehegatten gehört hat, die Nutz­niessung oder ein Wohnrecht auf Anrechnung zugeteilt; vorbehalten bleibt eine an­dere ehevertragliche Re­gelung.
² Unter den gleichen Voraussetzungen kann er die Zuteilung des Eigentums am Hausrat verlangen.
³ Wo die Umstände es rechtfertigen, kann auf Verlangen des über­lebenden Ehegat­ten oder der andern gesetzlichen Erben des Verstor­be­nen statt der Nutzniessung oder des Wohnrechts das Eigentum am Haus oder an der Wohnung eingeräumt werden.
⁴ An Räumlichkeiten, in denen der Erblasser einen Beruf ausübte oder ein Ge­werbe betrieb und die ein Nachkomme zu dessen Weiter­füh­rung benötigt, kann der überlebende Ehegatte diese Rechte nicht beanspru­chen; die Vorschriften des bäu­erlichen Erbrechts bleiben vor­behalten.
Art. 220
¹ Deckt das Vermögen des verpflichteten Ehegatten oder seine Erb­schaft bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung die Beteiligungs­forderung nicht, so kön­nen der berechtigte Ehegatte oder seine Er­ben Zuwendungen, die der Errungen­schaft hinzuzurechnen sind, bis zur Höhe des Fehlbetrages bei den begünstigten Dritten einfordern.
² Das Klagerecht erlischt ein Jahr nachdem der Ehegatte oder seine Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, in jedem Fall aber zehn Jahre nach der Auflösung des Güterstandes.
³ Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die erbrechtliche Herab­setzungsklage sinngemäss.²⁰⁶
²⁰⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).

Dritter Abschnitt: Die Gütergemeinschaft

A. Eigentums­ver­hältnisse
I. Zusammen­setzung
Art. 221
Der Güterstand der Gütergemeinschaft umfasst das Gesamtgut und das Eigengut jedes Ehegatten.
II. Gesamtgut
Art. 222
¹ Die allgemeine Gütergemeinschaft vereinigt das Vermögen und die Einkünfte der Ehegatten zu einem Gesamtgut, mit Ausnahme der Gegenstände, die von Gesetzes wegen Eigengut sind.
² Das Gesamtgut gehört beiden Ehegatten ungeteilt.
³ Kein Ehegatte kann über seinen Anteil am Gesamtgut verfügen.
Art. 223
¹ Die Ehegatten können durch Ehevertrag die Gemeinschaft auf die Errungenschaft beschränken.
² Die Erträge des Eigengutes fallen in das Gesamtgut.
Art. 224
¹ Die Ehegatten können durch Ehevertrag bestimmte Vermögenswer­te oder Arten von Vermögenswerten, wie Grundstücke, den Arbeits­erwerb eines Ehegatten oder Vermögenswerte, mit denen dieser ei­nen Beruf ausübt oder ein Gewerbe betreibt, von der Gemeinschaft aus­schliessen.
² Sofern nichts anderes vereinbart ist, fallen die Erträge dieser Ver­mö­genswerte nicht in das Gesamtgut.
III. Eigengut
Art. 225
¹ Eigengut entsteht durch Ehevertrag, durch Zuwendung Dritter oder von Gesetzes wegen.
² Von Gesetzes wegen umfasst das Eigengut jedes Ehegatten die Gegenstände, die ihm ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch die­nen, sowie die Genugtuungsan­sprüche.
³ Was ein Ehegatte als Pflichtteil zu beanspruchen hat, kann ihm von seinen Ver­wandten nicht als Eigengut zugewendet werden, sofern der Ehevertrag vorsieht, dass diese Vermögenswerte Gesamtgut sind.
IV. Beweis
Art. 226
Alle Vermögenswerte gelten als Gesamtgut, solange nicht bewiesen ist, dass sie Eigengut eines Ehegatten sind.
B. Verwaltung und Verfügung
I. Gesamtgut
Art. 227
¹ Die Ehegatten verwalten das Gesamtgut im Interesse der ehelichen Gemeinschaft.
² Jeder Ehegatte kann in den Schranken der ordentlichen Verwaltung die Gemein­schaft verpflichten und über das Gesamtgut verfügen.
Art. 228
¹ Die Ehegatten können ausser für die ordentliche Verwaltung nur gemeinsam oder der eine nur mit Einwilligung des andern die Gemein­schaft verpflichten und über das Gesamtgut verfügen.
² Dritte dürfen diese Einwilligung voraussetzen, sofern sie nicht wis­sen oder wis­sen sollten, dass sie fehlt.
³ Die Bestimmungen über die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft bleiben vor­behalten.
Art. 229
Übt ein Ehegatte mit Zustimmung des andern mit Mitteln des Gesamtgutes allein einen Beruf aus oder betreibt er allein ein Gewerbe, so kann er alle Rechtsgeschäfte vornehmen, die diese Tätigkeiten mit sich bringen.
Art. 230
¹ Ohne Zustimmung des andern kann ein Ehegatte weder eine Erb­schaft, die ins Gesamtgut fallen würde, ausschlagen noch eine über­schuldete Erbschaft annehmen.
² Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.²⁰⁷
²⁰⁷ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 231
¹ Für Handlungen, die das Gesamtgut betreffen, ist jeder Ehegatte bei Auflö­sung des Güterstandes gleich einem Beauftragten verantwort­lich.
² Die Kosten der Verwaltung werden dem Gesamtgut belastet.
II. Eigengut
Art. 232
¹ Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet jeder Ehegatte sein Eigengut und verfügt darüber.
² Fallen die Erträge in das Eigengut, werden die Kosten der Verwal­tung diesem belastet.
C. Haftung ge­genü­ber Drit­ten
I. Vollschulden
Art. 233
Jeder Ehegatte haftet mit seinem Eigengut und dem Gesamtgut:
1. für Schulden, die er in Ausübung seiner Befugnisse zur Vertre­tung der eheli­chen Gemeinschaft oder zur Verwaltung des Gesamtgutes eingeht;
2. für Schulden, die er in Ausübung eines Berufes oder Gewerbes eingeht, sofern für diese Mittel des Gesamtgutes verwendet wer­den oder deren Erträge ins Gesamtgut fallen;
3. für Schulden, für die auch der andere Ehegatte persönlich ein­zu­stehen hat;
4. für Schulden, bei welchen die Ehegatten mit dem Dritten ver­ein­bart haben, dass das Gesamtgut neben dem Eigengut des Schuld­ners haftet.
II. Eigen­schulden
Art. 234
¹ Für alle übrigen Schulden haftet ein Ehegatte nur mit seinem Ei­gen­gut und der Hälfte des Wertes des Gesamtgutes.
² Vorbehalten bleiben die Ansprüche wegen Bereicherung der Gemeinschaft.
D. Schulden zwi­schen Ehegatten
Art. 235
¹ Der Güterstand hat keinen Einfluss auf die Fälligkeit von Schulden zwischen Ehegatten.
² Bereitet indessen die Zahlung von Geldschulden oder die Erstattung geschuldeter Sachen dem verpflichteten Ehegatten ernstliche Schwie­rigkeiten, welche die eheli­che Gemeinschaft gefährden, so kann er verlangen, dass ihm Fristen eingeräumt werden; die Forde­rung ist sicherzustellen, wenn es die Umstände rechtfertigen.
E. Auflösung des Güterstandes und Auseinandersetzung
I. Zeitpunkt der Auflösung
Art. 236
¹ Der Güterstand wird mit dem Tod eines Ehegatten, mit der Verein­barung eines andern Güterstandes oder mit der Konkurseröffnung über einen Ehegatten aufge­löst.
² Bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe oder gericht­licher Anord­nung der Gütertrennung wird die Auflösung des Güter­stan­des auf den Tag zurückbezogen, an dem das Begehren einge­reicht worden ist.
³ Für die Zusammensetzung des Gesamtgutes und des Eigengutes ist der Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes massgebend.
II. Zuweisung zum Eigengut
Art. 237
Die Kapitalleistung, die ein Ehegatte von einer Vorsorgeeinrichtung oder wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten hat und die Gesamtgut gewor­den ist, wird im Betrag des Kapitalwertes der Rente, die dem Ehe­gat­ten bei Auflösung des Güterstandes zustünde, dem Eigengut zuge­rech­net.
III. Ersatz­forderun­gen zwi­schen Ge­samtgut und Eigen­gut
Art. 238
¹ Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung bestehen zwischen dem Gesamtgut und dem Eigengut jedes Ehegatten Ersatzforderun­gen, wenn Schulden, die die eine Vermögensmasse belasten, mit Mitteln der andern bezahlt worden sind.
² Eine Schuld belastet die Vermögensmasse, mit welcher sie zusam­menhängt, im Zweifel aber das Gesamtgut.
IV. Mehr­wert­anteil
Art. 239
Hat das Eigengut eines Ehegatten oder das Gesamtgut zum Erwerb, zur Ver­besserung oder zur Erhaltung eines Vermögensgegenstandes einer andern Vermö­gensmasse beigetragen, so gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Mehr­wertanteil bei der Errungenschaftsbe­tei­ligung.
V. Wert­bestimmung
Art. 240
Massgebend für den Wert des bei Auflösung des Güterstandes vor­han­denen Gesamtgutes ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung.
VI. Teilung
Art. 241
¹ Wird die Gütergemeinschaft durch Tod eines Ehegatten oder durch Verein­barung eines andern Güterstandes aufgelöst, so steht jedem Ehegatten oder seinen Erben die Hälfte des Gesamtgutes zu.
² Durch Ehevertrag kann eine andere Teilung vereinbart werden.
³ Solche Vereinbarungen dürfen die Pflichtteilsansprüche der Nach­kommen nicht beeinträchtigen.
Art. 242
¹ Bei Scheidung, Trennung, Ungültigerklärung der Ehe oder Eintritt der ge­setzlichen oder gerichtlichen Gütertrennung nimmt jeder Ehe­gatte vom Ge­samtgut zurück, was unter der Errungenschaftsbeteili­gung sein Eigengut wäre.
² Das übrige Gesamtgut fällt den Ehegatten je zur Hälfte zu.
³ Vereinbarungen über die Änderung der gesetzlichen Teilung gelten nur, wenn der Ehevertrag dies ausdrücklich vorsieht.
VII. Durch­führung der Teilung
Art. 243
Wird die Gütergemeinschaft durch Tod eines Ehegatten aufgelöst, so kann der überlebende Ehegatte verlangen, dass ihm auf Anrechnung überlassen wird, was unter der Errungenschaftsbeteiligung sein Ei­gen­gut wäre.
Art. 244
¹ Gehören das Haus oder die Wohnung, worin die Ehegatten gelebt haben, oder Hausratsgegenstände zum Gesamtgut, so kann der über­lebende Ehegatte verlangen, dass ihm das Eigentum daran auf An­rech­nung zugeteilt wird.
² Wo die Umstände es rechtfertigen, kann auf Verlangen des über­lebenden Ehegat­ten oder der andern gesetzlichen Erben des Verstor­be­nen statt des Eigentums die Nutzniessung oder ein Wohnrecht ein­ge­räumt werden.
³ Wird die Gütergemeinschaft nicht durch Tod aufgelöst, kann jeder Ehegatte diese Begehren stellen, wenn er ein überwiegendes Inter­esse nachweist.
Art. 245
Weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse nach, so kann er ver­langen, dass ihm auch andere Vermögenswerte auf Anrechnung zuge­teilt werden.
Art. 246
Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die Teilung von Miteigen­tum und die Durchführung der Erbteilung sinngemäss.

Vierter Abschnitt: Die Gütertrennung

A. Verwaltung, Nut­zung und Ver­fügung
I. Im Allgemeinen
Art. 247
Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet und nutzt jeder Ehe­gatte sein Ver­mögen und verfügt darüber.
II. Beweis
Art. 248
¹ Wer behauptet, ein bestimmter Vermögenswert sei Eigentum des einen oder an­dern Ehegatten, muss dies beweisen.
² Kann dieser Beweis nicht erbracht werden, so wird Miteigentum bei­der Ehegat­ten angenommen.
B. Haftung ge­genü­berDrit­ten
Art. 249
Jeder Ehegatte haftet für seine Schulden mit seinem gesamten Ver­mö­gen.
C. Schulden zwi­schen Ehegatten
Art. 250
¹ Der Güterstand hat keinen Einfluss auf die Fälligkeit von Schulden zwischen Ehegatten.
² Bereitet indessen die Zahlung von Geldschulden oder die Erstattung geschuldeter Sachen dem verpflichteten Ehegatten ernstliche Schwie­rigkeiten, welche die eheli­che Gemeinschaft gefährden, so kann er ver­langen, dass ihm Fristen eingeräumt werden; die Forde­rung ist sicher­zustellen, wenn es die Umstände rechtfertigen.
D. Zuweisung bei Miteigentum
Art. 251
Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwiegen­des Interesse nach, so kann er bei Auflösung des Güter­standes neben den übrigen gesetzlichen Massnahmen verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Ent­schädigung des andern Ehegat­ten ungeteilt zugewiesen wird.

Zweite Abteilung: Die Verwandtschaft

Siebenter Titel: Die Entstehung des Kindesverhältnisses ²⁰⁸

²⁰⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen ²⁰⁹

²⁰⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Entstehung des Kindes­verhältnisses im Allgemeinen
Art. 252 ²¹⁰
¹ Das Kindesverhältnis entsteht zwischen dem Kind und der Mutter mit der Geburt.
² Zwischen dem Kind und dem Vater wird es kraft der Ehe der Mut­ter begründet oder durch Anerkennung oder durch das Gericht fest­ge­stellt.
³ Ausserdem entsteht das Kindesverhältnis durch Adoption.
²¹⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
B. ...
Art. 253 ²¹¹
²¹¹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 254 ²¹²
²¹² Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

Zweiter Abschnitt: Die Vaterschaft des Ehemannes ²¹³

²¹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Vermutung
Art. 255 ²¹⁴
¹ Ist ein Kind während der Ehe geboren, so gilt der Ehemann als Vater.
² Stirbt der Ehemann, so gilt er als Vater, wenn das Kind innert 300 Tagen nach seinem Tod geboren wird oder bei späterer Geburt nach­gewiesenermassen vor dem Tod des Ehemannes gezeugt worden ist.
³ Wird der Ehemann für verschollen erklärt, so gilt er als Vater, wenn das Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit dem Zeitpunkt der Todes­gefahr oder der letzten Nachricht geboren worden ist.
²¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
B. Anfechtung
I. Klagerecht
Art. 256 ²¹⁵
¹ Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten wer­den:
1. vom Ehemann;
2.²¹⁶
vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
² Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mut­ter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
³ Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998²¹⁷ vorbe­halten.²¹⁸
²¹⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²¹⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
²¹⁷ SR 810.11
²¹⁸ Fassung gemäss Art. 39 des Fortpflanzungsmedizingesetzes vom 18. Dez. 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 3055 ; BBl 1996 III 205 ).
II. Klagegrund
Art. 256 a ²¹⁹
¹ Ist ein Kind während der Ehe gezeugt worden, so hat der Kläger nachzuweisen, dass der Ehemann nicht der Vater ist.
² Ist das Kind frühestens 180 Tage nach Abschluss und spätestens 300 Tage nach Auflösung der Ehe durch Tod geboren, so wird vermutet, dass es während der Ehe gezeugt worden ist.²²⁰
²¹⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²²⁰ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
Art. 256 b ²²¹
¹ Ist ein Kind vor Abschluss der Ehe oder zu einer Zeit gezeugt wor­den, da der ge­meinsame Haushalt aufgehoben war, so ist die An­fech­tung nicht weiter zu begrün­den.
² Die Vaterschaft des Ehemannes wird jedoch auch in diesem Fall vermutet, wenn glaubhaft gemacht wird, dass er um die Zeit der Emp­fängnis der Mutter beige­wohnt hat.
²²¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
III. Klagefrist
Art. 256 c ²²²
¹ Der Ehemann hat die Klage binnen Jahresfrist einzureichen, seit­dem er die Ge­burt und die Tatsache erfahren hat, dass er nicht der Vater ist oder dass ein Dritter der Mutter um die Zeit der Empfäng­nis beige­wohnt hat, in jedem Fall aber vor Ablauf von fünf Jahren seit der Geburt.
² Die Klage des Kindes ist spätestens ein Jahr nach Erreichen der Volljährigkeit zu erheben.²²³
³ Nach Ablauf der Frist wird eine Anfechtung zugelassen, wenn die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird.
²²² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²²³ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
C. Zusammen­treffen zweier Ver­mutungen
Art. 257 ²²⁴
¹ Ist ein Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit der Auflösung der Ehe durch Tod geboren und hat die Mutter inzwischen eine neue Ehe geschlossen, so gilt der zweite Ehemann als Vater.²²⁵
² Wird diese Vermutung beseitigt, so gilt der erste Ehemann als Vater.
²²⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²²⁵ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
D. Klage der Eltern
Art. 258 ²²⁶
¹ Ist der Ehemann vor Ablauf der Klagefrist gestorben oder urteils­unfähig ge­worden, so kann die Anfechtungsklage von seinem Vater oder seiner Mutter erho­ben werden.
² Die Bestimmungen über die Anfechtung durch den Ehemann finden entspre­chende Anwendung.
³ Die einjährige Klagefrist beginnt frühestens mit der Kenntnis des Todes oder der Urteilsunfähigkeit des Ehemannes.
²²⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
E. Heirat der Eltern
Art. 259 ²²⁷
¹ Heiraten die Eltern einander, so finden auf das vorher geborene Kind die Be­stimmungen über das während der Ehe geborene ent­spre­chende Anwendung, so­bald die Vaterschaft des Ehemannes durch Anerken­nung oder Urteil festgestellt ist.
² Die Anerkennung kann angefochten werden:
1. von der Mutter;
2.²²⁸
vom Kind, oder nach seinem Tode von den Nachkommen, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat oder die Anerkennung erst nach Vollendung seines zwölften Altersjahres ausgesprochen worden ist;
3. von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Ehemannes;
4. vom Ehemann.
³ Die Vorschriften über die Anfechtung der Anerkennung finden ent­sprechende Anwendung.
²²⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²²⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

Dritter Abschnitt: Anerkennung und Vaterschaftsurteil ²²⁹

²²⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Anerkennung
I. Zulässigkeit und Form
Art. 260 ²³⁰
¹ Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind aner­kennen.
² Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetz­lichen Vertreters notwendig.²³¹
³ Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbe­am­ten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Fest­stellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht.
²³⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²³¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
II. Anfechtung
Art. 260 a ²³²
¹ Die Anerkennung kann von jedermann, der ein Interesse hat, beim Gericht ange­fochten werden, namentlich von der Mutter, vom Kind und nach seinem Tode von den Nachkommen sowie von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde des Anerken­nenden.
² Dem Anerkennenden steht diese Klage nur zu, wenn er das Kind unter dem Ein­fluss einer Drohung mit einer nahen und erheblichen Gefahr für das Leben, die Ge­sundheit, die Ehre oder das Vermögen seiner selbst oder einer ihm nahe stehenden Person oder in einem Irr­tum über seine Vaterschaft anerkannt hat.
³ Die Klage richtet sich gegen den Anerkennenden und das Kind, soweit diese nicht selber klagen.
²³² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
Art. 260 b ²³³
¹ Der Kläger hat zu beweisen, dass der Anerkennende nicht der Vater des Kindes ist.
² Mutter und Kind haben diesen Beweis jedoch nur zu erbringen, wenn der Aner­kennende glaubhaft macht, dass er der Mutter um die Zeit der Empfängnis beige­wohnt habe.
²³³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
Art. 260 c ²³⁴
¹ Die Klage ist binnen Jahresfrist einzureichen, seitdem der Kläger von der Anerkennung und von der Tatsache Kenntnis erhielt, dass der Anerkennende nicht der Vater ist oder dass ein Dritter der Mutter um die Zeit der Empfängnis beige­wohnt hat, oder seitdem er den Irrtum ent­deckte oder seitdem die Drohung wegfiel, in jedem Fall aber vor Ab­lauf von fünf Jahren seit der Anerkennung.
² Die Klage des Kindes kann in jedem Fall bis zum Ablauf eines Jahres nach Erreichen der Volljährigkeit erhoben werden.²³⁵
³ Nach Ablauf der Frist wird eine Anfechtung zugelassen, wenn die Verspätung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird.
²³⁴ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²³⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
B. Vaterschafts­klage
I. Klagerecht
Art. 261 ²³⁶
¹ Sowohl die Mutter als das Kind können auf Feststellung des Kin­des­verhält­nisses zwischen dem Kind und dem Vater klagen.
² Die Klage richtet sich gegen den Vater oder, wenn er gestorben ist, nacheinander gegen seine Nachkommen, Eltern oder Geschwister oder, wenn solche fehlen, ge­gen die zuständige Behörde seines letz­ten Wohnsitzes.
³ Ist der Vater gestorben, so wird seiner Ehefrau zur Wahrung ihrer Interessen die Einreichung der Klage vom Gericht mitgeteilt.
²³⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
II. Vermutung
Art. 262 ²³⁷
¹ Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
² Diese Vermutung gilt auch, wenn das Kind vor dem 300. oder nach dem 180. Tag vor der Geburt gezeugt worden ist und der Beklagte der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat.
³ Die Vermutung fällt weg, wenn der Beklagte nachweist, dass seine Vaterschaft ausgeschlossen oder weniger wahrscheinlich ist als die eines Dritten.
²³⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
III. Klagefrist
Art. 263 ²³⁸
¹ Die Klage kann vor oder nach der Niederkunft angebracht werden, ist aber einzu­reichen:
1. von der Mutter vor Ablauf eines Jahres seit der Geburt;
2.²³⁹
vom Kind vor Ablauf eines Jahres nach Erreichen der Voll­jährigkeit.
² Besteht schon ein Kindesverhältnis zu einem andern Mann, so kann die Klage in jedem Fall innerhalb eines Jahres seit dem Tag, da es beseitigt ist, angebracht wer­den.
³ Nach Ablauf der Frist wird eine Klage zugelassen, wenn die Ver­spä­tung mit wichtigen Gründen entschuldigt wird.
²³⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²³⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

Vierter Abschnitt ²⁴⁰ : Die Adoption

²⁴⁰ Ursprünglich Dritter Abschnitt.
A. Adoption Minder­jähriger
I. Allgemeine Vor­aus­setzungen
Art. 264 ²⁴¹
¹ Ein minderjähriges Kind darf adoptiert werden, wenn die adoptionswilligen Personen während mindestens eines Jahres für Pflege und Erziehung des Kindes gesorgt haben und nach den gesamten Umständen zu erwarten ist, die Begründung eines Kindesverhältnisses diene seinem Wohl, ohne andere Kinder dieser Personen in unbilliger Weise zurückzusetzen.
² Eine Adoption ist nur möglich, wenn die adoptionswilligen Personen aufgrund ihres Alters und ihrer persönlichen Verhältnisse für das Kind voraussichtlich bis zu dessen Volljährigkeit sorgen können.
²⁴¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
II. Gemein­schaftli­che Adoption
Art. 264 a ²⁴²
¹ Ehegatten dürfen ein Kind gemeinschaftlich adoptieren, wenn sie seit mindestens drei Jahren einen gemeinsamen Haushalt führen und beide mindestens 28 Jahre alt sind.
² Vom Mindestalter kann abgewichen werden, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist. Die Ehegatten haben die Abweichung zu begründen.
²⁴² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
III. Einzel­adoption
Art. 264 b ²⁴³
¹ Eine Person, die nicht verheiratet ist und nicht in eingetragener Partnerschaft lebt, darf ein Kind allein adoptieren, wenn sie mindestens 28 Jahre alt ist.
² Eine verheiratete Person, die mindestens 28 Jahre alt ist, darf ein Kind allein adoptieren, wenn der Ehegatte dauernd urteilsunfähig oder seit mehr als zwei Jahren mit unbekanntem Aufenthalt abwesend ist oder wenn die Ehe seit mehr als drei Jahren gerichtlich getrennt ist.
³ Eine in eingetragener Partnerschaft lebende Person, die mindestens 28 Jahre alt ist, darf ein Kind allein adoptieren, wenn ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner dauernd urteilsunfähig oder seit mehr als zwei Jahren mit unbekanntem Aufenthalt abwesend ist.
⁴ Vom Mindestalter kann abgewichen werden, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist. Die adoptionswillige Person hat die Abweichung zu begründen.
²⁴³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
IV. Stiefkindadoption
Art. 264 c ²⁴⁴
¹ Eine Person darf das Kind adoptieren, mit dessen Mutter oder Vater sie:
1. verheiratet ist;
2. in eingetragener Partnerschaft lebt;
3. eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
² Das Paar muss seit mindestens drei Jahren einen gemeinsamen Haushalt führen.
³ Personen in einer faktischen Lebensgemeinschaft dürfen weder verheiratet noch durch eine eingetragene Partnerschaft gebunden sein.
²⁴⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
V. Altersunterschied
Art. 264 d ²⁴⁵
¹ Der Altersunterschied zwischen dem Kind und den adoptions­willigen Personen darf nicht weniger als 16 Jahre und nicht mehr als 45 Jahre betragen.
² Davon kann abgewichen werden, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist. Die adoptionswilligen Personen haben die Abweichung zu begründen.
²⁴⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
VI. Zustimmung des Kindes und der Kindesschutzbehörde
Art. 265 ²⁴⁶
¹ Ist das Kind urteilsfähig, so bedarf die Adoption seiner Zustimmung.
² Ist es bevormundet oder verbeiständet, so kann, auch wenn es urteilsfähig ist, die Adoption nur mit Zustimmung der Kindesschutz­behörde erfolgen.
²⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
VII. Zustimmung der Eltern ²⁴⁷
²⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 265 a ²⁴⁸
¹ Die Adoption bedarf der Zustimmung des Vaters und der Mutter des Kindes.
² Die Zustimmung ist bei der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz oder Auf­enthaltsort der Eltern oder des Kindes mündlich oder schrift­lich zu erklären und im Protokoll vorzumerken.
³ Sie ist gültig, selbst wenn die adoptionswilligen Personen nicht genannt oder noch nicht bestimmt sind.²⁴⁹
²⁴⁸ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
²⁴⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 265 b ²⁵⁰
¹ Die Zustimmung darf nicht vor Ablauf von sechs Wochen seit der Geburt des Kindes erteilt werden.
² Sie kann binnen sechs Wochen seit ihrer Entgegennahme widerru­fen werden.
³ Wird sie nach einem Widerruf erneuert, so ist sie endgültig.
²⁵⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
Art. 265 c ²⁵¹
Von der Zustimmung eines Elternteils kann abgesehen werden, wenn er unbekannt, mit unbekanntem Aufenthalt länger abwesend oder dauernd urteilsunfähig ist.
²⁵¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 265 d ²⁵²
¹ Wird das Kind adoptionswilligen Personen zum Zweck der späteren Adoption anvertraut und fehlt die Zustimmung eines Elternteils, so entscheidet die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes auf Gesuch der mit der Vormundschaft oder Beistandschaft betrauten Person, einer Vermittlungsstelle oder der adoptionswilligen Personen und in der Regel vorgängig, ob von dieser Zustimmung abgesehen werden kann.²⁵³
² In den andern Fällen ist hierüber anlässlich der Adoption zu ent­scheiden.
³ ...²⁵⁴
²⁵² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
²⁵³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
²⁵⁴ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
B. Adoption einer volljährigen Person
Art. 266 ²⁵⁵
¹ Eine volljährige Person darf adoptiert werden, wenn:
1. sie aus körperlichen, geistigen oder psychischen Gründen dauernd hilfsbedürftig ist und die adoptionswilligen Personen ihr während mindestens eines Jahres Pflege erwiesen haben;
2. die adoptionswilligen Personen ihr während ihrer Minderjährigkeit mindestens ein Jahr lang Pflege und Erziehung erwiesen haben; oder
3. andere wichtige Gründe vorliegen und sie während mindestens eines Jahres mit den adoptionswilligen Personen im gleichen Haushalt gelebt hat.
² Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger sinngemäss anwendbar; ausgenommen davon ist die Bestimmung über die Zustimmung der Eltern.
²⁵⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
C. Wirkungen
I. Im Allgemeinen
Art. 267 ²⁵⁶
¹ Das Adoptivkind erhält die Rechtsstellung eines Kindes der adoptierenden Personen.
² Das bisherige Kindesverhältnis erlischt.
³ Das Kindesverhältnis erlischt nicht zum Elternteil, der mit der adoptierenden Person:
1. verheiratet ist;
2. in eingetragener Partnerschaft lebt;
3. eine faktische Lebensgemeinschaft führt.
²⁵⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
II. Name
Art. 267 a ²⁵⁷
¹ Bei der gemeinschaftlichen Adoption und bei der Einzeladoption kann dem minderjährigen Kind ein neuer Vorname gegeben werden, wenn achtenswerte Gründe vorliegen. Vorher wird das Kind durch die zuständige Behörde oder eine beauftragte Drittperson in geeigneter Weise persönlich angehört, sofern sein Alter oder andere wichtige Gründe nicht dagegen sprechen. Ist das Kind mindestens zwölf Jahre alt, so bedarf die Änderung seiner Zustimmung.
² Der Name des Kindes bestimmt sich nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses. Diese gelten bei der Adoption des Kindes durch die eingetragene Partnerin seiner Mutter oder den eingetragenen Partner seines Vaters sinngemäss.
³ Die zuständige Behörde kann einer zu adoptierenden volljährigen Person die Weiterführung des bisherigen Namens bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.
⁴ Die Namensänderung einer zu adoptierenden volljährigen Person hat keine Auswirkungen auf die Namensführung von Personen, deren Name sich aus dem bisherigen Namen der zu adoptierenden Person ableitet, es sei denn, diese stimmen einer Namensänderung aus­drücklich zu.
²⁵⁷ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
III. Bürgerrecht
Art. 267 b ²⁵⁸
Das Bürgerrecht des minderjährigen Kindes bestimmt sich nach den Bestimmungen über die Wirkungen des Kindesverhältnisses.
²⁵⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
D. Verfahren
I. Im Allgemeinen
Art. 268 ²⁵⁹
¹ Die Adoption wird von der zuständigen kantonalen Behörde am Wohnsitz der Adoptiveltern ausgesprochen.
² Die Adoptionsvoraussetzungen müssen bereits bei der Einreichung des Gesuchs erfüllt sein.²⁶⁰
³ Ist das Gesuch eingereicht, so hindert Tod oder Eintritt der Urteilsunfähigkeit der adoptierenden Person die Adoption nicht, sofern die anderen Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind.²⁶¹
⁴ Wird das Kind nach Einreichung des Gesuchs volljährig, so bleiben die Bestimmungen über die Adoption Minderjähriger anwendbar, wenn deren Voraussetzungen vorher erfüllt waren.²⁶²
⁵ Der Adoptionsentscheid enthält alle für die Eintragung in das Personenstandsregister erforderlichen Angaben betreffend den Vornamen, den Namen und das Bürgerrecht der adoptierten Person.²⁶³
²⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
²⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
²⁶¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
²⁶² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
²⁶³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
II. Untersuchung
Art. 268 a ²⁶⁴
¹ Die Adoption darf erst nach umfassender Untersuchung aller wesentlichen Umstände, nötigenfalls unter Beizug von Sachverständi­gen, ausgesprochen werden.
² Namentlich sind die Persönlichkeit und die Gesundheit der adoptionswilligen Personen und des Kindes, ihre gegenseitige Beziehung, die erzieherische Eignung, die wirtschaftliche Lage, die Beweggründe und die Familienverhältnisse der adoptionswilligen Personen sowie die Entwicklung des Pflegeverhältnisses abzuklären.²⁶⁵
³ ...²⁶⁶
²⁶⁴ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
²⁶⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
²⁶⁶ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
III. Anhörung des Kindes
Art. 268 a bis ²⁶⁷
¹ Das Kind wird durch die für das Adoptionsverfahren zuständige kantonale Behörde oder durch eine beauftragte Drittperson in geeigneter Weise persönlich angehört, sofern sein Alter oder andere wichtige Gründe nicht dagegen sprechen.
² Über die Anhörung ist Protokoll zu führen.
³ Das urteilsfähige Kind kann die Verweigerung der Anhörung mit Beschwerde anfechten.
²⁶⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
IV. Vertretung des Kindes
Art. 268 a ter ²⁶⁸
¹ Die für das Adoptionsverfahren zuständige kantonale Behörde ordnet wenn nötig die Vertretung des Kindes an und bezeichnet als Vertretung eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person.
² Stellt das urteilsfähige Kind Antrag auf eine Vertretung, so ist diese anzuordnen.
³ Das urteilsfähige Kind kann die Nichtanordnung mit Beschwerde anfechten.
²⁶⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
V. Würdigung der Einstellung von Angehörigen
Art. 268 a quater ²⁶⁹
¹ Haben die adoptionswilligen Personen Nachkommen, so ist deren Einstellung zur Adoption zu würdigen.
² Vor der Adoption einer volljährigen Person zusätzlich zu würdigen ist die Einstellung:
1. des Ehegatten oder der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners der zu adoptierenden Person;
2. der leiblichen Eltern der zu adoptierenden Person; und
3. der Nachkommen der zu adoptierenden Person, sofern nicht ihr Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen.
³ Der Adoptionsentscheid ist diesen Personen, sofern möglich, mitzuteilen.
²⁶⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Dbis.Adoptions­geheimnis
Art. 268 b ²⁷⁰
¹ Das Adoptivkind und die Adoptiveltern haben Anspruch auf Wahrung des Adoptionsgeheimnisses.
² Identifizierende Informationen über das minderjährige Kind oder über seine Adoptiveltern dürfen den leiblichen Eltern nur bekannt gegeben werden, wenn das Kind urteilsfähig ist und die Adoptiveltern sowie das Kind der Bekanntgabe zugestimmt haben.
³ Identifizierende Informationen über das volljährige Kind dürfen den leiblichen Eltern sowie deren direkten Nachkommen bekannt gegeben werden, wenn das Kind der Bekanntgabe zugestimmt hat.
²⁷⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Dter. Auskunft über die Adoption und die leiblichen Eltern und deren Nachkommen
Art. 268 c ²⁷¹
¹ Die Adoptiveltern haben das Kind entsprechend seinem Alter und seiner Reife über die Tatsache seiner Adoption in Kenntnis zu setzen.
² Das minderjährige Kind hat Anspruch auf Auskunft über seine leiblichen Eltern, soweit dadurch keine Rückschlüsse auf deren Identität möglich sind. Identifizierende Informationen erhält es nur, wenn es ein schutzwürdiges Interesse nachweisen kann.
³   Das volljährige Kind kann jederzeit verlangen, dass ihm die Personalien seiner leiblichen Eltern und weitere Informationen über diese bekannt gegeben werden. Ausserdem kann es verlangen, dass ihm Informationen über direkte Nachkommen seiner leiblichen Eltern bekannt gegeben werden, wenn die Nachkommen volljährig sind und der Bekanntgabe zugestimmt haben.
²⁷¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 22. Juni 2001 zum Haager Adoptionsüber­ein­­­kommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptio­nen ( AS 2002 3988 ; BBl 1999 5795 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Dquater. Kantonale Auskunftsstelle und Suchdienste
Art. 268 d ²⁷²
¹ Auskunft über die leiblichen Eltern, über deren direkte Nachkommen sowie über das Kind erteilt die für das Adoptionsverfahren zuständige kantonale Behörde.
² Die Behörde informiert die vom Auskunftsgesuch betroffene Person über das Gesuch und holt, wo nötig, deren Zustimmung zur Kontaktaufnahme mit der gesuchstellenden Person ein. Sie kann diese Aufgaben an einen spezialisierten Suchdienst übertragen.
³ Lehnt die vom Auskunftsgesuch betroffene Person den persönlichen Kontakt ab, so informiert die Behörde oder der beauftragte Suchdienst die gesuchstellende Person darüber und macht diese auf die Persönlichkeitsrechte der vom Auskunftsgesuch betroffenen Person aufmerksam.
⁴ Die Kantone bezeichnen eine Stelle, welche die leiblichen Eltern, deren direkte Nachkommen sowie das Kind auf Wunsch beratend unterstützt.
²⁷² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Dquinquies. Persönlicher Verkehr mit den leiblichen Eltern
Art. 268 e ²⁷³
¹ Die Adoptiveltern und die leiblichen Eltern können vereinbaren, dass den leiblichen Eltern ein Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr mit dem minderjährigen Kind eingeräumt wird. Diese Vereinbarung sowie ihre Änderung sind der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zur Genehmigung zu unterbreiten. Die Kindesschutzbehörde oder eine beauftragte Drittperson hört das Kind vor dem Entscheid in geeigneter Weise persönlich an, sofern dessen Alter oder andere wichtige Gründe nicht dagegen sprechen. Ist das Kind urteilsfähig, so bedarf die Vereinbarung seiner Zustimmung.
² Ist das Kindeswohl gefährdet oder besteht Uneinigkeit über die Umsetzung der Vereinbarung, so entscheidet die Kindesschutzbe­hörde.
³ Das Kind kann den Kontakt zu den leiblichen Eltern jederzeit verweigern. Gegen seinen Willen dürfen die Adoptiveltern auch keine Informationen an die leiblichen Eltern weitergeben.
²⁷³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
E. Anfechtung
I. Gründe
Art. 269 ²⁷⁴
¹ Ist eine Zustimmung ohne gesetzlichen Grund nicht eingeholt wor­den, so können die Zustimmungsberechtigten die Adoption beim Gericht anfechten, sofern dadurch das Wohl des Kindes nicht ernst­lich beeinträchtigt wird.
² Den Eltern steht diese Klage jedoch nicht zu, wenn sie den Ent­scheid ans Bun­desgericht weiterziehen können.
²⁷⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
Art. 269 a ²⁷⁵
¹ Leidet die Adoption an anderen schwerwiegenden Mängeln, so kann jedermann, der ein Interesse hat, namentlich auch die Heimat- oder Wohnsitzgemeinde, sie an­fechten.
² Die Anfechtung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Mangel inzwi­schen behoben ist oder ausschliesslich Verfahrensvorschriften be­trifft.
²⁷⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
II. Klagefrist
Art. 269 b ²⁷⁶
Die Klage ist binnen sechs Monaten seit Entdeckung des Anfech­tungsgrundes und in jedem Falle binnen zwei Jahren seit der Adopti­on zu erheben.
²⁷⁶ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
F. Adoptiv­kinder­vermittlung
Art. 269 c ²⁷⁷
¹ Der Bund übt die Aufsicht über die Vermittlung von Kindern zur Adoption aus.
² Wer diese Vermittlung berufsmässig oder im Zusammenhang mit seinem Beruf betreibt, bedarf einer Bewilligung; die Vermittlung durch die Kindesschutzbehörde bleibt vorbehalten.²⁷⁸
³ Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen und regelt die Mitwirkung der für die Aufnahme von Kindern zum Zweck späterer Adoption zuständigen kantonalen Behörde bei der Abklärung der Bewilligungsvoraussetzungen und bei der Aufsicht.
⁴ ...²⁷⁹
²⁷⁷ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des BG vom 22. Juni 2001 zum Haager Adoptionsüber­ein­kommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen, in Kraft seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3988 ; BBl 1999 5795 ).
²⁷⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
²⁷⁹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 15 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, mit Wirkung seit 1. Jan. 2007 ( AS 2006 2197 ; BBl 2001 4202 ).

Achter Titel: Die Wirkungen des Kindesverhältnisses ²⁸⁰

²⁸⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

Erster Abschnitt: Die Gemeinschaft der Eltern und Kin­der ²⁸¹

²⁸¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Name
I. Kind verheirateter Eltern
Art. 270 ²⁸²
¹ Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben.
² Die Eltern können innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledignamen des andern Elternteils trägt.
³ Tragen die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen Namen.
²⁸² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
II. Kind unverheirateter Eltern
Art. 270 a ²⁸³
¹ Steht die elterliche Sorge einem Elternteil zu, so erhält das Kind dessen Ledignamen. Steht die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, so bestimmen sie, welchen ihrer Ledignamen ihre Kinder tragen sollen.
² Wird die gemeinsame elterliche Sorge nach der Geburt des ersten Kindes be­gründet, so können die Eltern innerhalb eines Jahres seit deren Begründung gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivil­standsbeamten erklären, dass das Kind den Ledignamen des anderen Elternteils trägt. Diese Erklärung gilt für alle gemeinsamen Kinder, unab­hängig von der Zuteilung der elterlichen Sorge.
³ Steht die elterliche Sorge keinem Elternteil zu, so erhält das Kind den Ledignamen der Mutter.
⁴ Änderungen bei der Zuteilung der elterlichen Sorge bleiben ohne Auswirkungen auf den Namen. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Namensänderung.
²⁸³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht) ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
III. Zustimmung des Kindes
Art. 270 b ²⁸⁴
Hat das Kind das zwölfte Altersjahr vollendet, so kann sein Name nur geändert werden, wenn es zustimmt.
²⁸⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
B. Bürgerrecht
Art. 271 ²⁸⁵
¹ Das Kind erhält das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Elternteils, dessen Namen es trägt.
² Erwirbt das Kind während der Minderjährigkeit den Namen des anderen Elternteils, so erhält es dessen Kantons- und Gemeindebürgerrecht anstelle des bisherigen.
²⁸⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
C. Beistand und Gemein­schaft
Art. 272 ²⁸⁶
Eltern und Kinder sind einander allen Beistand, alle Rücksicht und Achtung schuldig, die das Wohl der Gemeinschaft erfordert.
²⁸⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
D. Persönlicher Verkehr
I. Eltern und Kinder
Art. 273 ²⁸⁷
¹ Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.²⁸⁸
² Die Kindesschutzbehörde kann Eltern, Pflegeeltern oder das Kind ermahnen und ihnen Weisungen erteilen, wenn sich die Ausübung oder Nichtausübung des persönlichen Verkehrs für das Kind nachteilig auswirkt oder wenn eine Ermahnung oder eine Weisung aus anderen Gründen geboten ist.
³ Der Vater oder die Mutter können verlangen, dass ihr Anspruch auf persönlichen Verkehr geregelt wird.
²⁸⁷ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
²⁸⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 274 ²⁸⁹
¹ Der Vater und die Mutter haben alles zu unterlassen, was das Ver­hältnis des Kindes zum anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Auf­gabe der erziehenden Person erschwert.²⁹⁰
² Wird das Wohl des Kindes durch den persönlichen Verkehr gefähr­det, üben die Eltern ihn pflichtwidrig aus, haben sie sich nicht ernst­haft um das Kind gekümmert oder liegen andere wichtige Gründe vor, so kann ihnen das Recht auf persönlichen Verkehr verweigert oder entzogen werden.
³ Haben die Eltern der Adoption ihres Kindes zugestimmt oder kann von ihrer Zustimmung abgesehen werden, so erlischt das Recht auf persönlichen Verkehr, sobald das Kind zum Zwecke künftiger Adop­tion untergebracht wird.
²⁸⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²⁹⁰ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
II. Dritte
Art. 274 a ²⁹¹
¹ Liegen ausserordentliche Umstände vor, so kann der Anspruch auf persönlichen Verkehr auch andern Personen, insbesondere Verwand­ten, eingeräumt werden, so­fern dies dem Wohle des Kindes dient.
² Die für die Eltern aufgestellten Schranken des Besuchsrechtes gel­ten sinngemäss.
²⁹¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
III. Zustän­dig­keit
Art. 275 ²⁹²
¹ Für Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zuständig und, sofern sie Kindesschutzmassnahmen getroffen hat oder trifft, diejenige an seinem Aufenthaltsort.
² Regelt das Gericht nach den Bestimmungen über die Ehescheidung und den Schutz der ehelichen Gemeinschaft die elterliche Sorge, die Obhut oder den Unterhaltsbeitrag, so regelt es auch den persönlichen Verkehr.²⁹³
³ Bestehen noch keine Anordnungen über den Anspruch von Vater und Mutter, so kann der persönliche Verkehr nicht gegen den Willen der Person ausgeübt werden, welcher die elterliche Sorge oder Obhut zusteht.
²⁹² Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
²⁹³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
E. Information und Auskunft
Art. 275 a ²⁹⁴
¹ Eltern ohne elterliche Sorge sollen über besondere Ereignisse im Leben des Kindes benachrichtigt und vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört werden.
² Sie können bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei Lehrkräften, Ärztinnen und Ärzten, in gleicher Weise wie der Inhaber der elterlichen Sorge Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen.
³ Die Bestimmungen über die Schranken des persönlichen Verkehrs und die Zuständigkeit gelten sinngemäss.
²⁹⁴ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

Zweiter Abschnitt: Die Unterhaltspflicht der Eltern ²⁹⁵

²⁹⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Allgemeines
I. Gegenstand und Umfang ²⁹⁶
²⁹⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 276 ²⁹⁷
¹ Der Unterhalt wird durch Pflege, Erziehung und Geldzahlung ge­leistet.²⁹⁸
² Die Eltern sorgen gemeinsam, ein jeder Elternteil nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt des Kindes und tragen insbe­sondere die Kosten von Betreuung, Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen.²⁹⁹
³ Die Eltern sind von der Unterhaltspflicht in dem Mass befreit, als dem Kinde zu­gemutet werden kann, den Unterhalt aus seinem Arbeits­erwerb oder andern Mit­teln zu bestreiten.
²⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
²⁹⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
²⁹⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
II. Vorrang der Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind
Art. 276 a ³⁰⁰
¹ Die Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind geht den anderen familienrechtlichen Unterhaltspflichten vor.
² In begründeten Fällen kann das Gericht von dieser Regel absehen, insbesondere um eine Benachteiligung des unterhaltsberechtigten voll­jährigen Kindes zu vermeiden.
³⁰⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
B. Dauer
Art. 277 ³⁰¹
¹ Die Unterhaltspflicht der Eltern dauert bis zur Volljährigkeit des Kindes.³⁰²
² Hat es dann noch keine angemessene Ausbildung, so haben die Eltern, soweit es ihnen nach den gesamten Umständen zugemutet wer­den darf, für seinen Unterhalt aufzukommen, bis eine entsprechende Aus­bildung ordentlicherweise abgeschlossen werden kann.³⁰³
³⁰¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁰² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
³⁰³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 7. Okt. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ).
C. Verheiratete El­tern
Art. 278 ³⁰⁴
¹ Während der Ehe tragen die Eltern die Kosten des Unterhaltes nach den Bestimmungen des Eherechts.
² Jeder Ehegatte hat dem andern in der Erfüllung der Unterhalts­pflicht gegenüber vorehelichen Kindern in angemessener Weise bei­zustehen.
³⁰⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
D. Klage
I. Klagerecht ³⁰⁵
³⁰⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 279 ³⁰⁶
¹ Das Kind kann gegen den Vater oder die Mutter oder gegen beide klagen auf Leistung des Unterhalts für die Zukunft und für ein Jahr vor Klageerhebung.
²–³ ...³⁰⁷
³⁰⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁰⁷ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
II. und III. ...
Art. 280 – 284 ³⁰⁸
³⁰⁸ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
IV. Bemessung des Unterhalts-beitrages
Art. 285 ³⁰⁹
¹ Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen.
² Der Unterhaltsbeitrag dient auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte.
³ Er ist zum Voraus zu entrichten. Das Gericht setzt die Zahlungster­mine fest.
³⁰⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 285 a ³¹⁰
¹ Familienzulagen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil ausgerich­tet werden, sind zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu zahlen.
² Sozialversicherungsrenten und ähnliche für den Unterhalt des Kindes bestimmte Leistungen, die dem unterhaltspflichtigen Elternteil zuste­hen, sind zusätzlich zum Unterhaltsbeitrag zu zahlen, soweit das Ge­richt es nicht anders bestimmt.
³ Erhält der unterhaltspflichtige Elternteil infolge Alter oder Invalidität nachträglich Sozialversicherungsrenten oder ähnliche für den Unter­halt des Kindes bestimmte Leistungen, die Erwerbseinkommen er­setzen, so hat er diese Beträge an das Kind zu zahlen; der bisherige Unterhaltsbeitrag vermindert sich von Gesetzes wegen im Umfang dieser neuen Leistungen.
³¹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
V. Veränderung der Verhältnisse
³¹¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 286 ³¹²
¹ Das Gericht kann anordnen, dass der Unterhaltsbeitrag sich bei bestimmten Veränderungen der Bedürfnisse des Kindes oder der Lei­s­tungsfähigkeit der Eltern oder der Lebenskosten ohne weiteres erhöht oder vermindert.
² Bei erheblicher Veränderung der Verhältnisse setzt das Gericht den Unterhalts­beitrag auf Antrag eines Elternteils oder des Kindes neu fest oder hebt ihn auf.
³ Bei nicht vorhergesehenen ausserordentlichen Bedürfnissen des Kin­des kann das Gericht die Eltern zur Leistung eines besonderen Bei­trags verpflichten.³¹³
³¹² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³¹³ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
Art. 286 a ³¹⁴
¹ Wurde in einem genehmigten Unterhaltsvertrag oder in einem Entscheid festgestellt, dass kein Unterhaltsbeitrag festgelegt werden konnte, der den gebührenden Unterhalt des Kindes deckt, und haben sich seither die Verhältnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils ausserordentlich verbessert, so hat das Kind Anspruch darauf, dass dieser Elternteil diejenigen Beträge zahlt, die während der letzten fünf Jahre, in denen der Unterhaltsbeitrag geschuldet war, zur Deckung des gebührenden Unterhalts fehlten.
² Der Anspruch muss innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der ausser­ordentlichen Verbesserung geltend gemacht werden.
³ Dieser Anspruch geht mit allen Rechten auf den anderen Elternteil oder auf das Gemeinwesen über, soweit dieser Elternteil oder das Gemeinwesen für den fehlenden Anteil des gebührenden Unterhalts aufgekommen ist.
³¹⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
E. Verträge über die Unter­halts­pflicht
I. Periodische Lei­stungen
Art. 287 ³¹⁵
¹ Unterhaltsverträge werden für das Kind erst mit der Genehmigung durch die Kindesschutzbehörde verbindlich.
² Vertraglich festgelegte Unterhaltsbeiträge können geändert werden, soweit dies nicht mit Genehmigung der Kindesschutzbehörde aus­ge­schlossen worden ist.
³ Wird der Vertrag in einem gerichtlichen Verfahren geschlossen, so ist für die Ge­nehmigung das Gericht zuständig.
³¹⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
II. Inhalt des Unterhalts-vertrages
Art. 287 a ³¹⁶
Werden im Unterhaltsvertrag Unterhaltsbeiträge festgelegt, so ist darin anzugeben:
a. von welchem Einkommen und Vermögen jedes Elternteils und jedes Kindes ausgegangen wird;
b. welcher Betrag für jedes Kind bestimmt ist;
c. welcher Betrag zur Deckung des gebührenden Unterhalts jedes Kindes fehlt;
d. ob und in welchem Ausmass die Unterhaltsbeiträge den Ver­änderungen der Lebenskosten angepasst werden.
³¹⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
III. Abfindung ³¹⁷
³¹⁷ Ursprünglich Ziff. II.
Art. 288 ³¹⁸
¹ Die Abfindung des Kindes für seinen Unterhaltsanspruch kann ver­einbart wer­den, wenn sein Interesse es rechtfertigt.
² Die Vereinbarung wird für das Kind erst verbindlich:
1. wenn die Kindesschutzbehörde, oder bei Abschluss in einem gerichtlichen Verfahren, das Gericht die Ge­nehmigung erteilt hat, und
2. wenn die Abfindungssumme an die dabei bezeichnete Stelle ent­richtet worden ist.
³¹⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
F. Erfüllung
I. Gläubiger
Art. 289 ³¹⁹
¹ Der Anspruch auf Unterhaltsbeiträge steht dem Kind zu und wird, solange das Kind minderjährig ist, durch Leistung an dessen gesetz­lichen Vertreter oder den Inhaber der Obhut erfüllt, soweit das Gericht es nicht anders bestimmt.³²⁰
² Kommt jedoch das Gemeinwesen für den Unterhalt auf, so geht der Unter­haltsanspruch mit allen Rechten auf das Gemeinwesen über.
³¹⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³²⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
II. Vollstreckung
Art. 290 ³²¹
¹ Erfüllt der Vater oder die Mutter die Unterhaltspflicht nicht, so hilft eine vom kantonalen Recht bezeichnete Fachstelle auf Gesuch hin dem Kind sowie dem anderen Elternteil bei der Vollstreckung des Unterhaltsanspruches in geeigneter Weise und unentgeltlich.
² Der Bundesrat legt die Leistungen der Inkassohilfe fest.
³²¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Art. 291 ³²²
Wenn die Eltern die Sorge für das Kind vernachlässigen, kann das Gericht ihre Schuldner anweisen, die Zahlungen ganz oder zum Teil an den gesetzlichen Vertre­ter des Kindes zu leisten.
³²² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
III. Sicher­stellung
Art. 292 ³²³
Vernachlässigen die Eltern beharrlich die Erfüllung ihrer Unterhalts­pflicht, oder ist anzunehmen, dass sie Anstalten zur Flucht treffen oder ihr Vermögen verschleu­dern oder beiseite schaffen, so kann das Gericht sie verpflichten, für die künftigen Unterhaltsbeiträge ange­mes­sene Sicherheit zu leisten.
³²³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
G. Öffentliches Recht
Art. 293 ³²⁴
¹ Das öffentliche Recht bestimmt, unter Vorbehalt der Unterstüt­zungs­pflicht der Verwandten, wer die Kosten des Unterhaltes zu tra­gen hat, wenn weder die Eltern noch das Kind sie bestreiten können.
² Ausserdem regelt das öffentliche Recht die Ausrichtung von Vor­schüssen für den Unterhalt des Kindes, wenn die Eltern ihrer Unter­haltspflicht nicht nachkommen.
³²⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
H. Pflegeeltern
Art. 294 ³²⁵
¹ Pflegeeltern haben Anspruch auf ein angemessenes Pflegegeld, sofern nichts Ab­weichendes vereinbart ist oder sich eindeutig aus den Umständen ergibt.
² Unentgeltlichkeit ist zu vermuten, wenn Kinder von nahen Ver­wand­ten oder zum Zweck späterer Adoption aufgenommen werden.
³²⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
J. Ansprüche der unverheirateten Mutter
Art. 295 ³²⁶
¹ Die Mutter kann spätestens bis ein Jahr nach der Geburt gegen den Vater oder dessen Erben auf Ersatz klagen:³²⁷
1. für die Entbindungskosten;
2. für die Kosten des Unterhaltes während mindestens vier Wochen vor und mindestens acht Wochen nach der Geburt;
3. für andere infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung notwendig ge­wordene Auslagen unter Einschluss der ersten Aus­stattung des Kindes.
² Aus Billigkeit kann das Gericht teilweisen oder vollständigen Ersatz der entspre­chenden Kosten zusprechen, wenn die Schwangerschaft vorzeitig beendigt wird.
³ Leistungen Dritter, auf welche die Mutter nach Gesetz oder Vertrag Anspruch hat, sind anzurechnen, soweit es die Umstände recht­ferti­gen.
³²⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³²⁷ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

Dritter Abschnitt: Die elterliche Sorge ³²⁸

³²⁸ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ). Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
A. Grundsätze
Art. 296 ³²⁹
¹ Die elterliche Sorge dient dem Wohl des Kindes.
² Die Kinder stehen, solange sie minderjährig sind, unter der gemeinsamen elterlichen Sorge von Vater und Mutter.
³ Minderjährigen Eltern sowie Eltern unter umfassender Beistandschaft steht keine elterliche Sorge zu. Werden die Eltern volljährig, so kommt ihnen die elterliche Sorge zu. Wird die umfassende Beistandschaft aufgehoben, so entscheidet die Kindesschutzbehörde entsprechend dem Kindeswohl über die Zuteilung der elterlichen Sorge.
³²⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Abis. Tod eines Elternteils
Art. 297 ³³⁰
¹ Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und stirbt ein Elternteil, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu.
² Stirbt der Elternteil, dem die elterliche Sorge allein zustand, so überträgt die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge auf den überlebenden Elternteil oder bestellt dem Kind einen Vormund, je nachdem, was zur Wahrung des Kindeswohls besser geeignet ist.
³³⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Ater. Scheidung und andere eherechtliche Verfahren
Art. 298 ³³¹
¹ In einem Scheidungs- oder Eheschutzverfahren überträgt das Gericht einem Elternteil die alleinige elterliche Sorge, wenn dies zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist.
² Es kann sich auch auf eine Regelung der Obhut, des persönlichen Verkehrs oder der Betreuungsanteile beschränken, wenn keine Aussicht besteht, dass sich die Eltern diesbezüglich einigen.
²bis Es berücksichtigt beim Entscheid über die Obhut, den persön­lichen Verkehr oder die Betreuungsanteile das Recht des Kindes, regelmäs­sige persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen zu pflegen.³³²
²ter Bei gemeinsamer elterlicher Sorge prüft es im Sinne des Kindeswohls die Möglichkeit einer alternierenden Obhut, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt.³³³
³ Es fordert die Kindesschutzbehörde auf, dem Kind einen Vormund zu bestellen, wenn weder die Mutter noch der Vater für die Über­nahme der elterlichen Sorge in Frage kommt.
³³¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
³³² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
³³³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Aquater. Anerken­nung und Vater­schaftsurteil
I. Gemeinsame Erklärung der Eltern
Art. 298 a ³³⁴
¹ Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und anerkennt der Vater das Kind oder wird das Kindesverhältnis durch Urteil festgestellt und die gemeinsame elterliche Sorge nicht bereits im Zeitpunkt des Urteils verfügt, so kommt die gemeinsame elterliche Sorge aufgrund einer gemeinsamen Erklärung der Eltern zustande.
² In der Erklärung bestätigen die Eltern, dass sie:
1. bereit sind, gemeinsam die Verantwortung für das Kind zu übernehmen; und
2. sich über die Obhut und den persönlichen Verkehr oder die Betreuungsanteile sowie über den Unterhaltsbeitrag für das Kind verständigt haben.
³ Vor der Abgabe der Erklärung können sich die Eltern von der Kindesschutzbehörde beraten lassen.
⁴ Geben die Eltern die Erklärung zusammen mit der Anerkennung ab, so richten sie sie an das Zivilstandsamt. Eine spätere Erklärung haben sie an die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zu richten.
⁵ Bis die Erklärung vorliegt, steht die elterliche Sorge allein der Mutter zu.
³³⁴ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
II. Entscheid der Kindesschutz­behörde
Art. 298 b ³³⁵
¹ Weigert sich ein Elternteil, die Erklärung über die gemeinsame elterliche Sorge abzugeben, so kann der andere Elternteil die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes anrufen.
² Die Kindesschutzbehörde verfügt die gemeinsame elterliche Sorge, sofern nicht zur Wahrung des Kindeswohls an der alleinigen elter­lichen Sorge der Mutter festzuhalten oder die alleinige elterliche Sorge dem Vater zu übertragen ist.
³ Zusammen mit dem Entscheid über die elterliche Sorge regelt die Kindesschutzbehörde die übrigen strittigen Punkte. Vorbehalten bleibt die Klage auf Leistung des Unterhalts an das zuständige Gericht; in diesem Fall entscheidet das Gericht auch über die elterliche Sorge sowie die weiteren Kinderbelange.³³⁶
³bis Die Kindesschutzbehörde berücksichtigt beim Entscheid über die Obhut, den persönlichen Verkehr oder die Betreuungsanteile das Recht des Kindes, regelmässige persönliche Beziehungen zu beiden Elternteilen zu pflegen.³³⁷
³ter Bei gemeinsamer elterlicher Sorge prüft sie im Sinne des Kindes­wohls die Möglichkeit einer alternierenden Obhut, wenn ein Elternteil oder das Kind dies verlangt.³³⁸
⁴ Ist die Mutter minderjährig oder steht sie unter umfassender Beistandschaft, so weist die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge dem Vater zu oder bestellt dem Kind einen Vormund, je nachdem, was zur Wahrung des Kindeswohls besser geeignet ist.
³³⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
³³⁶ Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
³³⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
³³⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
III. Vater­schaftsklage
Art. 298 c ³³⁹
Heisst das Gericht eine Vaterschaftsklage gut, so verfügt es die gemeinsame elterliche Sorge, sofern nicht zur Wahrung des Kindeswohls an der alleinigen elterlichen Sorge der Mutter festzuhalten oder die alleinige elterliche Sorge dem Vater zu übertragen ist.
³³⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
IV. Veränderung der Verhältnisse
Art. 298 d ³⁴⁰
¹ Auf Begehren eines Elternteils, des Kindes oder von Amtes wegen regelt die Kindesschutzbehörde die Zuteilung der elterlichen Sorge neu, wenn dies wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse zur Wahrung des Kindeswohls nötig ist.
² Sie kann sich auf die Regelung der Obhut, des persönlichen Verkehrs oder der Betreuungsanteile beschränken.
³ Vorbehalten bleibt die Klage auf Änderung des Unterhaltsbeitrags an das zuständige Gericht; in diesem Fall regelt das Gericht nötigenfalls die elterliche Sorge sowie die weiteren Kinderbelange neu.³⁴¹
³⁴⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
³⁴¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
Aquinquies. Veränderung der Verhältnisse nach Stiefkind­adoption in faktischen Lebensgemein­schaften
Art. 298 e ³⁴²
Hat eine Person das Kind adoptiert, mit dessen Mutter oder Vater sie eine faktische Lebensgemeinschaft führt, und tritt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ein, so ist die Bestimmung über die Veränderung der Verhältnisse bei Anerkennung und Vaterschaftsurteil sinngemäss anwendbar.
³⁴² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Asexies. Stief­eltern ³⁴³
³⁴³ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 299 ³⁴⁴
Jeder Ehegatte hat dem andern in der Ausübung der elterlichen Sorge gegenüber dessen Kindern in angemessener Weise beizustehen und ihn zu vertreten, wenn es die Umstände erfordern.
³⁴⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
Asepties. Pflege­eltern ³⁴⁵
³⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 300 ³⁴⁶
¹ Wird ein Kind Dritten zur Pflege anvertraut, so vertreten sie, unter Vorbehalt ab­weichender Anordnungen, die Eltern in der Ausübung der elterlichen Sorge, so­weit es zur gehörigen Erfüllung ihrer Auf­gabe angezeigt ist.
² Vor wichtigen Entscheidungen sollen die Pflegeeltern angehört wer­den.
³⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
B. Inhalt
I. Im Allgemeinen
Art. 301 ³⁴⁷
¹ Die Eltern leiten im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Hand­lungsfä­hig­keit die nötigen Ent­scheidungen.
¹bis Der Elternteil, der das Kind betreut, kann allein entscheiden, wenn:
1. die Angelegenheit alltäglich oder dringlich ist;
2. der andere Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand zu erreichen ist.³⁴⁸
² Das Kind schuldet den Eltern Gehorsam; die Eltern gewähren dem Kind die sei­ner Reife entsprechende Freiheit der Lebensgestaltung und nehmen in wichtigen Angelegenheiten, soweit tunlich, auf seine Mei­nung Rücksicht.
³ Das Kind darf ohne Einwilligung der Eltern die häusliche Gemein­schaft nicht verlassen; es darf ihnen auch nicht widerrechtlich entzo­gen werden.
⁴ Die Eltern geben dem Kind den Vornamen.
³⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁴⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
II. Bestimmung des Aufenthaltsortes
Art. 301 a ³⁴⁹
¹ Die elterliche Sorge schliesst das Recht ein, den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen.
² Üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus und will ein Elternteil den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so bedarf dies der Zustimmung des andern Elternteils oder der Entscheidung des Gerichts oder der Kindesschutzbehörde, wenn:
a. der neue Aufenthaltsort im Ausland liegt; oder
b. der Wechsel des Aufenthaltsortes erhebliche Auswirkungen auf die Ausübung der elterlichen Sorge und den persönlichen Verkehr durch den andern Elternteil hat.
³ Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus und will er den Aufenthaltsort des Kindes wechseln, so muss er den anderen Elternteil rechtzeitig darüber informie­ren.
⁴ Dieselbe Informationspflicht hat ein Elternteil, der seinen eigenen Wohnsitz wechseln will.
⁵ Soweit dies erforderlich ist, verständi­gen sich die Eltern unter Wahrung des Kindeswohls über eine Anpassung der Regelung der elter­lichen Sorge, der Obhut, des persönlichen Verkehrs und des Unterhaltsbeitrages. Können sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht oder die Kindesschutzbehörde.
³⁴⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
III. Erziehung ³⁵⁰
³⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 302 ³⁵¹
¹ Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu för­dern und zu schützen.
² Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechli­chen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigun­gen soweit möglich ent­sprechende allgemeine und berufliche Aus­bildung zu verschaffen.
³ Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und ge­meinnützi­gen Jugendhilfe zusam­menarbeiten.
³⁵¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
IV. Religiöse Erzie­hung ³⁵²
³⁵² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 303 ³⁵³
¹ Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern.
² Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig.
³ Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selb­ständig über sein religiöses Bekenntnis.
³⁵³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
V. Vertretung
³⁵⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 304 ³⁵⁵
¹ Die Eltern haben von Gesetzes wegen die Vertretung des Kindes gegenüber Drittpersonen im Umfang der ihnen zustehenden elter­lichen Sorge.³⁵⁶
² Sind beide Eltern Inhaber der elterlichen Sorge, so dürfen gutgläu­bige Drittpersonen voraussetzen, dass jeder Elternteil im Einverneh­men mit dem andern handelt.³⁵⁷
³ Die Eltern dürfen in Vertretung des Kindes keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.³⁵⁸
³⁵⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁵⁶ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
³⁵⁷ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
³⁵⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
³⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 305 ³⁶⁰
¹ Das urteilsfähige Kind unter elterlicher Sorge kann im Rahmen des Personenrechts durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten begründen und höchstpersönliche Rechte ausüben.³⁶¹
² Für Verpflichtungen des Kindes haftet sein Vermögen ohne Rück­sicht auf die el­terlichen Vermögensrechte.
³⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁶¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 306 ³⁶²
¹ Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.³⁶³
² Sind die Eltern am Handeln verhindert oder haben sie in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes widersprechen, so ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand oder regelt diese Angelegenheit selber.³⁶⁴
³ Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der Eltern in der entsprechenden Angelegenheit.³⁶⁵
³⁶² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁶³ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
³⁶⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
³⁶⁵ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
C. Kindesschutz
I. Geeignete Mass­nahmen
Art. 307 ³⁶⁶
¹ Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes.
² Die Kindesschutzbehörde ist dazu auch gegenüber Kindern ver­pflichtet, die bei Pflegeeltern untergebracht sind oder sonst ausser­halb der häuslichen Gemein­schaft der Eltern leben.
³ Sie kann insbesondere die Eltern, die Pflegeeltern oder das Kind ermahnen, ihnen bestimmte Weisungen für die Pflege, Erziehung oder Ausbildung erteilen und eine geeignete Person oder Stelle be­stim­men, der Einblick und Auskunft zu geben ist.
³⁶⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
II. Beistand­schaft ³⁶⁷
³⁶⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 308 ³⁶⁸
¹ Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unter­stützt.
² Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.³⁶⁹
³ Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
³⁶⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁶⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 309 ³⁷⁰
³⁷⁰ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), mit Wirkung seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
III. Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ³⁷¹
³⁷¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
Art. 310 ³⁷²
¹ Kann der Gefährdung des Kindes nicht anders begegnet werden, so hat die Kindesschutzbehörde es den Eltern oder, wenn es sich bei Dritten befindet, diesen wegzunehmen und in angemessener Weise unterzubringen.
² Die gleiche Anordnung trifft die Kindesschutzbehörde auf Be­geh­ren der Eltern oder des Kindes, wenn das Verhältnis so schwer gestört ist, dass das Verbleiben des Kindes im gemeinsamen Haus­halt unzu­mutbar geworden ist und nach den Umständen nicht anders ge­holfen werden kann.
³ Hat ein Kind längere Zeit bei Pflegeeltern gelebt, so kann die Kindes­schutzbehörde den Eltern seine Rücknahme untersagen, wenn diese die Entwicklung des Kindes ernstlich zu gefährden droht.
³⁷² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
IV. Entziehung der elterlichen Sorge
³⁷³ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 311 ³⁷⁴
¹ Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:³⁷⁵
1.³⁷⁶
wenn die Eltern wegen Unerfahrenheit, Krankheit, Gebrechen, Abwesenheit, Gewalttätigkeit oder ähnlichen Gründen ausserstande sind, die elterliche Sorge pflichtgemäss auszuüben;
2. wenn die Eltern sich um das Kind nicht ernstlich gekümmert oder ihre Pflichten gegenüber dem Kinde gröblich verletzt haben.
² Wird beiden Eltern die Sorge entzogen, so erhalten die Kinder ei­nen Vormund.
³ Die Entziehung ist, wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil ange­ord­net wird, ge­genüber allen, auch den später geborenen Kindern wirk­sam.
³⁷⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁷⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
³⁷⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
³⁷⁷ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 312 ³⁷⁸
Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:³⁷⁹
1. wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2. wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch unge­nannte Dritte ein­gewilligt haben.
³⁷⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁷⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
V. Änderung der Verhältnisse
Art. 313 ³⁸⁰
¹ Verändern sich die Verhältnisse, so sind die Massnahmen zum Schutz des Kindes der neuen Lage anzupassen.
² Die elterliche Sorge darf in keinem Fall vor Ablauf eines Jahres nach ihrer Ent­ziehung wiederhergestellt werden.
³⁸⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
VI. Verfahren
Art. 314 ³⁸¹
¹ Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
² Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
³ Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
³⁸¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 314 a ³⁸²
¹ Das Kind wird durch die Kindesschutzbehörde oder durch eine beauftragte Drittperson in geeigneter Weise persönlich angehört, soweit nicht sein Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen.
² Im Protokoll der Anhörung werden nur die für den Entscheid wesentlichen Ergebnisse festgehalten. Die Eltern werden über diese Ergebnisse informiert.
³ Das urteilsfähige Kind kann die Verweigerung der Anhörung mit Beschwerde anfechten.
³⁸² Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 6. Okt. 1978 ( AS 1980 31 ; BBl 1977 III 1 ). Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 314 a bis ³⁸³
¹ Die Kindesschutzbehörde ordnet wenn nötig die Vertretung des Kindes an und bezeichnet als Beistand eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person.
² Die Kindesschutzbehörde prüft die Anordnung der Vertretung insbesondere, wenn:
1. die Unterbringung des Kindes Gegenstand des Verfahrens ist;
2. die Beteiligten bezüglich der Regelung der elterlichen Sorge oder bezüglich wichtiger Fragen des persönlichen Verkehrs unterschiedliche Anträge stellen.
³ Der Beistand des Kindes kann Anträge stellen und Rechtsmittel einlegen.
³⁸³ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 314 b ³⁸⁴
¹ Muss das Kind in einer geschlossenen Einrichtung oder in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, so sind die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes über die fürsorgerische Unterbringung sinngemäss anwendbar.
² Ist das Kind urteilsfähig, so kann es selber das Gericht anrufen.
³⁸⁴ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 314 c ³⁸⁵
¹ Jede Person kann der Kindesschutzbehörde Meldung erstatten, wenn die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität eines Kindes ge­fährdet erscheint.
² Liegt eine Meldung im Interesse des Kindes, so sind auch Personen meldeberechtigt, die dem Berufsgeheimnis nach dem Strafgesetzbuch³⁸⁶ unterstehen. Diese Bestimmung gilt nicht für die nach dem Strafgesetzbuch an das Berufsgeheimnis gebundenen Hilfspersonen.
³⁸⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
³⁸⁶ SR 311.0
Art. 314 d ³⁸⁷
¹ Folgende Personen, soweit sie nicht dem Berufsgeheimnis nach dem Strafgesetzbuch³⁸⁸ unterstehen, sind zur Meldung verpflichtet, wenn konkrete Hinweise dafür bestehen, dass die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität eines Kindes gefährdet ist und sie der Gefährdung nicht im Rahmen ihrer Tätigkeit Abhilfe schaffen können:
1. Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pflege, Betreuung, Erziehung, Bildung, Sozialberatung, Religion und Sport, die beruflich regelmässig Kontakt zu Kindern haben;
2. wer in amtlicher Tätigkeit von einem solchen Fall erfährt.
² Die Meldepflicht erfüllt auch, wer die Meldung an die vorgesetzte Person richtet.
³ Die Kantone können weitere Meldepflichten vorsehen.
³⁸⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
³⁸⁸ SR 311.0
Art. 314 e ³⁸⁹
¹ Die am Verfahren beteiligten Personen und Dritte sind zur Mitwirkung bei der Abklärung des Sachverhalts verpflichtet. Die Kindesschutzbehörde trifft die zur Wahrung schutzwürdiger Interessen erfor­der­lichen Anordnungen. Nötigenfalls ordnet sie die zwangsweise Durchsetzung der Mitwirkungspflicht an.
² Personen, die dem Berufsgeheimnis nach dem Strafgesetzbuch³⁹⁰ unterstehen, sind zur Mitwirkung berechtigt, ohne sich vorgängig vom Berufsgeheimnis entbinden zu lassen. Diese Bestimmung gilt nicht für die nach dem Strafgesetzbuch an das Berufsgeheimnis gebundenen Hilfspersonen.
³ Personen, die dem Berufsgeheimnis nach dem Strafgesetzbuch unterstehen, sind zur Mitwirkung verpflichtet, wenn die geheimnisberechtigte Person sie dazu ermächtigt hat oder die vorgesetzte Behörde oder die Aufsichtsbehörde sie auf Gesuch der Kindesschutzbehörde vom Berufsgeheimnis entbunden hat. Artikel 13 des Anwaltsgesetzes vom 23. Juni 2000³⁹¹ bleibt vorbehalten.
⁴ Verwaltungsbehörden und Gerichte geben die notwendigen Akten heraus, erstatten Bericht und erteilen Auskünfte, soweit nicht schutzwürdige Interessen entgegenstehen.
³⁸⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
³⁹⁰ SR 311.0
³⁹¹ SR 935.61
VII. Zuständig­keit
³⁹² Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
Art. 315 ³⁹³
¹ Die Kindesschutzmassnahmen werden von der Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes angeordnet.³⁹⁴
² Lebt das Kind bei Pflegeeltern oder sonst ausserhalb der häuslichen Gemein­schaft der Eltern oder liegt Gefahr im Verzug, so sind auch die Behörden am Ort zuständig, wo sich das Kind aufhält.
³ Trifft die Behörde am Aufenthaltsort eine Kindesschutzmassnahme, so benach­richtigt sie die Wohnsitzbehörde.
³⁹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
³⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 315 a ³⁹⁵
¹ Hat das Gericht, das für die Ehescheidung oder den Schutz der ehelichen Gemeinschaft zuständig ist, die Beziehungen der Eltern zu den Kindern zu gestalten, so trifft es auch die nötigen Kindesschutzmassnahmen und betraut die Kindesschutzbehörde mit dem Vollzug.³⁹⁶
² Bestehende Kindesschutzmassnahmen können auch vom Gericht den neuen Verhältnissen angepasst werden.
³ Die Kindesschutzbehörde bleibt jedoch befugt:³⁹⁷
1. ein vor dem gerichtlichen Verfahren eingeleitetes Kindes­schutzverfahren weiterzuführen;
2. die zum Schutz des Kindes sofort notwendigen Massnahmen anzuordnen, wenn sie das Gericht voraussichtlich nicht recht­zeitig treffen kann.
³⁹⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ). Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
³⁹⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
³⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 315 b ³⁹⁸
¹ Zur Abänderung gerichtlicher Anordnungen über die Kindeszutei­lung und den Kindesschutz ist das Gericht zuständig:
1. während des Scheidungsverfahrens;
2. im Verfahren zur Abänderung des Scheidungsurteils gemäss den Vorschriften über die Ehescheidung;
3. im Verfahren zur Änderung von Eheschutzmassnahmen; die Vorschriften über die Ehescheidung sind sinngemäss anwend­bar.
² In den übrigen Fällen ist die Kindesschutzbehörde zuständig.³⁹⁹
³⁹⁸ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
³⁹⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
VIII. Pflege­kinderauf­sicht
Art. 316 ⁴⁰⁰
¹ Wer Pflegekinder aufnimmt, bedarf einer Bewilligung der Kindesschutzbehörde oder einer andern vom kantonalen Recht be­zeichneten Stelle seines Wohnsitzes und steht unter deren Aufsicht.
¹bis Wird ein Pflegekind zum Zweck der späteren Adoption aufgenommen, so ist eine einzige kantonale Behörde zuständig.⁴⁰¹
² Der Bundesrat erlässt Ausführungsvorschriften.
⁴⁰⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
⁴⁰¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 22. Juni 2001 zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen, in Kraft seit 1. Jan. 2003 ( AS 2002 3988 ; BBl 1999 5795 ).
IX. Zusammen­arbeit in der Jugendhilfe
Art. 317 ⁴⁰²
Die Kantone sichern durch geeignete Vorschriften die zweckmässige Zusam­menarbeit der Behörden und Stellen auf dem Gebiet des zivil­rechtlichen Kin­desschutzes, des Jugendstrafrechts und der übrigen Jugendhilfe.
⁴⁰² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

Vierter Abschnitt: Das Kindesvermögen ⁴⁰³

⁴⁰³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
A. Verwaltung
Art. 318 ⁴⁰⁴
¹ Die Eltern haben, solange ihnen die elterliche Sorge zusteht, das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen zu verwalten.
² Stirbt ein Elternteil, so hat der überlebende Elternteil der Kindesschutzbehörde ein Inventar über das Kindesvermögen einzureichen.⁴⁰⁵
³ Erachtet es die Kindesschutzbehörde nach Art und Grösse des Kindesvermögens und nach den persönlichen Verhältnissen der Eltern für angezeigt, so ordnet sie die Inventaraufnahme oder die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung an.⁴⁰⁶
⁴⁰⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
⁴⁰⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁴⁰⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
B. Verwendung der Erträge
Art. 319 ⁴⁰⁷
¹ Die Eltern dürfen die Erträge des Kindesvermögens für Unterhalt, Erziehung und Ausbildung des Kindes und, soweit es der Billigkeit entspricht, auch für die Be­dürfnisse des Haushaltes verwenden.
² Ein Überschuss fällt ins Kindesvermögen.
⁴⁰⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
C. Anzehrung des Kindes­ver­mö­gens
Art. 320 ⁴⁰⁸
¹ Abfindungen, Schadenersatz und ähnliche Leistungen dürfen in Teil­beträgen ent­sprechend den laufenden Bedürfnissen für den Un­ter­halt des Kindes verbraucht werden.
² Erweist es sich für die Bestreitung der Kosten des Unterhalts, der Erziehung oder der Ausbildung als notwendig, so kann die Kindesschutzbehörde den Eltern ge­statten, auch das übrige Kindesvermö­gen in bestimmten Beträgen anzugreifen.
⁴⁰⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
D. Freies Kindesvermögen
I. Zuwendungen
Art. 321 ⁴⁰⁹
¹ Die Eltern dürfen Erträge des Kindesvermögens nicht verbrauchen, wenn es dem Kind mit dieser ausdrücklichen Auflage oder unter der Bestimmung zinstragender Anlage oder als Spargeld zugewendet wor­den ist.
² Die Verwaltung durch die Eltern ist nur dann ausgeschlossen, wenn dies bei der Zuwendung ausdrücklich bestimmt wird.
⁴⁰⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
II. Pflichtteil
Art. 322 ⁴¹⁰
¹ Durch Verfügung von Todes wegen kann auch der Pflichtteil des Kindes von der elterlichen Verwaltung ausgenommen werden.
² Überträgt der Erblasser die Verwaltung einem Dritten, so kann die Kindesschutzbehörde diesen zur periodischen Rechnungsstellung und Berichterstattung anhalten.
⁴¹⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
III. Arbeits­erwerb, Be­rufs- und Gewer­be­vermö­gen
Art. 323 ⁴¹¹
¹ Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den El­tern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines ei­genen Gewerbes herausbe­kommt, steht unter seiner Verwaltung und Nut­zung.
² Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
⁴¹¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
E. Schutz des Kindes­ver­mö­gens
I. Geeignete Mass­nahmen
Art. 324 ⁴¹²
¹ Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermög­ens.
² Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die peri­odische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterle­gung oder Sicherheitsleistung anordnen.
³ Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
⁴¹² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
II. Entziehung der Verwaltung
Art. 325 ⁴¹³
¹ Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Ver­wal­tung einem Bei­stand.
² Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist.
³ Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestim­mten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutz­behörde auch deren Verwaltung einem Bei­stand übertragen.
⁴¹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
F. Ende der Verwal­tung
I. Rückerstattung
Art. 326 ⁴¹⁴
Endet die elterliche Sorge oder Verwaltung, so haben die Eltern das Kindesvermögen aufgrund einer Abrechnung dem volljährigen Kind oder seinem gesetzlichen Vertreter herauszugeben.
⁴¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
II. Verantwort­lich­keit
Art. 327 ⁴¹⁵
¹ Für die Rückleistung sind die Eltern gleich einem Beauftragten ver­antwort­lich.
² Für das, was sie in guten Treuen veräussert haben, ist der Erlös zu erstatten.
³ Für die Beträge, die sie befugtermassen für das Kind oder den Haus­halt verwen­det haben, schulden sie keinen Ersatz.
⁴¹⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

Fünfter Abschnitt: ⁴¹⁶ Minderjährige unter Vormundschaft

⁴¹⁶ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
A. Grundsatz
Art. 327 a
Steht ein Kind nicht unter elterlicher Sorge, so ernennt ihm die Kindesschutzbehörde einen Vormund.
B. Rechtsstellung
I. Des Kindes
Art. 327 b
Das Kind unter Vormundschaft hat die gleiche Rechtsstellung wie das Kind unter elterlicher Sorge.
II. Des Vormunds
Art. 327 c
¹ Dem Vormund stehen die gleichen Rechte zu wie den Eltern.
² Die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes, namentlich über die  Ernennung des Beistands, die Führung der Beistandschaft und die  Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde, sind sinngemäss anwendbar.
³ Muss das Kind in einer geschlossenen Einrichtung oder in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden, so sind die Bestimmungen des Erwachsenenschutzes über die fürsorgerische Unterbringung sinngemäss anwendbar.

Neunter Titel: Die Familiengemeinschaft

Erster Abschnitt: Die Unterstützungspflicht

A. Unter­stüt­zungs­pflichtige
Art. 328 ⁴¹⁷
¹ Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden.
² Die Unterhaltspflicht der Eltern und des Ehegatten, der einge­trage­nen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt vorbehalten.⁴¹⁸
⁴¹⁷ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
⁴¹⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
B. Umfang und Gel­tend­machung des An­spruches ⁴¹⁹
⁴¹⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
Art. 329
¹ Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Rei­henfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensun­terhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen ange­messen ist.
¹bis Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.⁴²⁰
² Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht er­mässigen oder aufhe­ben.⁴²¹
³ Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen fin­den entsprechende Anwen­dung.⁴²²
⁴²⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
⁴²¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
⁴²² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
C. Unterhalt von Findel­kindern
Art. 330
¹ Findelkinder werden von der Gemeinde unterhalten, in der sie ein­ge­bürgert worden sind.
² Wird die Abstammung eines Findelkindes festgestellt, so kann diese Gemeinde die unterstützungspflichtigen Verwandten und in letzter Linie das unterstützungs­pflichtige Gemeinwesen zum Ersatz der Aus­la­gen anhalten, die sein Unterhalt ihr verursacht hat.

Zweiter Abschnitt: Die Hausgewalt

A. Voraus­setzung
Art. 331
¹ Haben Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben, nach Vor­schrift des Ge­setzes oder nach Vereinbarung oder Herkommen ein Familienhaupt, so steht die­sem die Hausgewalt zu.
² Die Hausgewalt erstreckt sich auf alle Personen, die als Ver­wandte⁴²³ und Ver­schwägerte oder auf Grund eines Vertragsver­hältnisses als Ar­beitnehmer oder in ähnlicher Stellung in dem gemeinsamen Haus­halte leben.⁴²⁴
⁴²³ Fassung dieses Wortes gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
⁴²⁴ Fassung gemäss Ziff. II Art. 2 Ziff. 2 des BG vom 25. Juni 1971, in Kraft seit 1. Jan. 1972 ( AS 1971 1465 ; BBl 1967 II 241 ).
B. Wirkung
I. Hausordnung und Fürsorge
Art. 332
¹ Die Ordnung, der die Hausgenossen unterstellt sind, hat auf die Interessen aller Beteiligten in billiger Weise Rücksicht zu nehmen.
² Insbesondere soll den Hausgenossen für ihre Ausbildung, ihre Berufsarbeit und für die Pflege der religiösen Bedürfnisse die nötige Freiheit gewährt werden.
³ Die von den Hausgenossen eingebrachten Sachen hat das Familien­haupt mit der gleichen Sorgfalt zu verwahren und gegen Schaden sicherzustellen wie die eigenen.
II. Verantwort­lich­keit
Art. 333
¹ Verursacht ein Hausgenosse, der minderjährig oder geistig behindert ist, unter umfassender Beistandschaft steht oder an einer psychischen Störung leidet, einen Schaden, so ist das Familienhaupt dafür haftbar, insofern es nicht darzutun vermag, dass es das übliche und durch die Umstände gebotene Mass von Sorgfalt in der Beaufsichtigung beobachtet hat.⁴²⁵
² Das Familienhaupt ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass aus dem Zustand eines Hausgenossen mit einer geistigen Behinderung oder einer psychischen Störung weder für diesen selbst noch für andere Gefahr oder Schaden erwächst.⁴²⁶
³ Nötigenfalls soll es bei der zuständigen Behörde zwecks Anordnung der erforder­lichen Vorkehrungen Anzeige machen.
⁴²⁵ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁴²⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
III. Forderung der Kinder und Gross­kinder
Art. 334 ⁴²⁷
¹ Volljährige Kinder oder Grosskinder, die ihren Eltern oder Gross­eltern in gemeinsamem Haushalt ihre Arbeit oder ihre Einkünfte zugewendet haben, können hierfür eine angemessene Entschädigung verlangen.⁴²⁸
² Im Streitfalle entscheidet das Gericht über die Höhe der Entschädi­gung, ihre Si­cherung und die Art und Weise der Bezahlung.
⁴²⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 6. Okt. 1972, in Kraft seit 15. Febr. 1973 ( AS 1973 93 ; BBl 1970 I 805 , 1971 I 737 ).
⁴²⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
Art. 334 bis ⁴²⁹
¹ Die den Kindern oder Grosskindern zustehende Entschädigung kann mit dem Tode des Schuldners geltend gemacht werden.
² Schon zu Lebzeiten des Schuldners kann sie geltend gemacht wer­den, wenn ge­gen ihn eine Pfändung erfolgt oder über ihn der Kon­kurs eröffnet wird, wenn der gemeinsame Haushalt aufgehoben wird oder wenn der Betrieb in andere Hände übergeht.
³ Sie unterliegt keiner Verjährung, muss aber spätestens bei der Tei­lung der Erb­schaft des Schuldners geltend gemacht werden.
⁴²⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 6. Okt. 1972, in Kraft seit 15. Febr. 1973 ( AS 1973 93 ; BBl 1970 I 805 , 1971 I 737 ).

Dritter Abschnitt: Das Familienvermögen

A. Familien­stiftun­gen
Art. 335
¹ Ein Vermögen kann mit einer Familie dadurch verbunden werden, dass zur Be­streitung der Kosten der Erziehung, Ausstattung oder Unterstützung von Familien­angehörigen oder zu ähnlichen Zwecken ei­ne Familienstiftung nach den Regeln des Personenrechts oder des Erb­rechts errichtet wird.
² Die Errichtung von Familienfideikommissen ist nicht mehr gestat­tet.
B. Gemeinder­schaf­ten
I. Begründung
Art. 336
Ein Vermögen kann mit einer Familie dadurch verbunden werden, dass Verwandte entweder eine Erbschaft ganz oder zum Teil als Gemeinderschaftsgut fortbestehen lassen, oder dass sie Vermögen zu ei­ner Gemeinderschaft zusammenlegen.
Art. 337
Der Vertrag über die Begründung einer Gemeinderschaft bedarf zu seiner Gültig­keit der öffentlichen Beurkundung und der Unterschrift aller Gemeinder oder ihrer Vertreter.
II. Dauer
Art. 338
¹ Die Gemeinderschaft kann auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossen werden.
² Ist sie auf unbestimmte Zeit geschlossen, so kann sie jeder Ge­mein­der auf sechs Monate kündigen.
³ Bei landwirtschaftlichem Betriebe des Gesamtgutes ist eine Kündi­gung nur auf einen dem Ortsgebrauch entsprechenden Frühjahrs- oder Herbsttermin zulässig.
III. Wirkung
Art. 339
¹ Die Gemeinderschaft verbindet die Gemeinder zu gemeinsamer wirt­schaftlicher Tätigkeit.
² Sie sind mangels anderer Anordnung zu gleichen Rechten an der Gemeinderschaft beteiligt.
³ Sie können während der Gemeinderschaft weder eine Teilung bean­spruchen noch über ihre Gemeinschaftsanteile verfügen.
Art. 340
¹ Die Angelegenheiten der Gemeinderschaft werden von allen Gemeindern gemeinsam geordnet.
² Jeder von ihnen kann ohne Mitwirkung der übrigen gewöhnliche Ver­waltungs­handlungen vornehmen.
Art. 341
¹ Die Gemeinder können eines der Glieder als Haupt der Gemeinder­schaft be­zeichnen.
² Das Haupt der Gemeinderschaft hat die Vertretung im Umfang ih­rer Angelegen­heiten und leitet deren wirtschaftliche Tätigkeit.
³ Die Ausschliessung der andern von der Vertretung ist jedoch gut­gläubigen Dritten gegenüber nur dann wirksam, wenn der Vertreter im Handelsregister eingetragen ist.
Art. 342
¹ Die Vermögenswerte der Gemeinderschaft stehen im Gesamteigen­tum aller Gemeinder.
² Für die Schulden haften die Gemeinder solidarisch.
³ Was ein einzelner Gemeinder neben dem Gemeinschaftsgut an Ver­mögen besitzt oder während der Gemeinschaft durch Erbgang oder auf andere Weise unentgelt­lich für sich allein erwirbt, ist, wenn es nicht anders verabredet wird, sein persönliches Vermögen.
IV. Aufhebung
Art. 343
Die Aufhebung der Gemeinderschaft erfolgt:
1. nach Vereinbarung oder Kündigung;
2. mit Ablauf der Zeit, für die eine Gemeinderschaft begründet worden ist, inso­fern sie nicht stillschweigend fortgesetzt wird;
3. wenn der gepfändete Anteil eines Gemeinders am Gemein­schaftsgute zur Verwertung gelangt ist;
4. wenn ein Gemeinder in Konkurs geraten ist;
5. auf Verlangen eines Gemeinders aus wichtigen Gründen.
Art. 344
¹ Kündigt ein Gemeinder die Gemeinderschaft, oder ist einer der Gemeinder in Konkurs geraten, oder gelangt der gepfändete Anteil eines Gemeinders zur Verwer­tung, so können die übrigen die Gemeinder­schaft miteinander fortsetzen, indem sie den Ausscheidenden oder seine Gläubiger abfinden.
² Verheiratet sich ein Gemeinder, so kann er ohne Kündigung die Abfindung bean­spruchen.
Art. 345
¹ Stirbt ein Gemeinder, so können die Erben, die nicht in der Ge­mein­derschaft ste­hen, nur die Abfindung beanspruchen.
² Hinterlässt er erbberechtigte Nachkommen, so können diese mit Zustimmung der übrigen Gemeinder an Stelle des Erblassers in die Ge­meinderschaft eintreten.
Art. 346
¹ Die Teilung des Gemeinschaftsgutes oder die Abfindung eines aus­scheidenden Gemeinders findet nach der Vermögenslage statt, wie sie beim Eintritt des Aufhe­bungsgrundes vorhanden ist.
² Ihre Durchführung darf nicht zur Unzeit verlangt werden.
V. Ertrags­gemein­derschaft
Art. 347
¹ Die Gemeinder können die Bewirtschaftung des Gemeinschaftsgu­tes und die Vertretung einem einzigen unter ihnen übertragen, mit der Bestimmung, dass die­ser jedem der Gemeinder jährlich einen Anteil vom Reingewinn zu entrichten hat.
² Dieser Anteil ist, wenn keine andere Abrede getroffen wird, nach dem Durch­schnittsertrage des Gemeinschaftsgutes für eine ange­mes­sene längere Periode in billiger Weise festzusetzen, unter Be­rücksich­tigung der Leistungen des Überneh­mers.
Art. 348
¹ Wird das Gemeinschaftsgut von dem Übernehmer nicht ordentlich bewirtschaftet, oder kommt dieser seinen Verpflichtungen gegenüber den Gemeindern nicht nach, so kann die Gemeinderschaft aufgeho­ben werden.
² Auf Verlangen eines Gemeinders kann das Gericht aus wichtigen Gründen dessen Eintritt in die Wirtschaft des Übernehmers verfügen, unter Berücksichtigung der Vorschriften über die erbrechtliche Tei­lung.
³ Im Übrigen steht die Ertragsgemeinderschaft unter den Regeln der Gemeinder­schaft mit gemeinsamer Wirtschaft.
Art. 349–358 ⁴³⁰
⁴³⁰ Aufgehoben durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, mit Wirkung seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
Art. 359 ⁴³¹
⁴³¹ Aufgehoben durch Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund, mit Wirkung seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).

Dritte Abteilung: ⁴³² Der Erwachsenenschutz

⁴³² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

Zehnter Titel: Die eigene Vorsorge und Massnahmen von Gesetzes wegen

Erster Abschnitt: Die eigene Vorsorge

Erster Unterabschnitt: Der Vorsorgeauftrag

A. Grundsatz
Art. 360
¹ Eine handlungsfähige Person kann eine natürliche oder juristische Person beauftragen, im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge zu übernehmen oder sie im Rechtsverkehr zu vertreten.
² Sie muss die Aufgaben, die sie der beauftragten Person übertragen will, umschreiben und kann Weisungen für die Erfüllung der Aufgaben erteilen.
³ Sie kann für den Fall, dass die beauftragte Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.
B. Errichtung und Widerruf
I. Errichtung
Art. 361
¹ Der Vorsorgeauftrag ist eigenhändig zu errichten oder öffentlich zu beurkunden.
² Der eigenhändige Vorsorgeauftrag ist von der auftraggebenden Person von Anfang bis Ende von Hand niederzuschreiben, zu datieren und zu unterzeichnen.
³ Das Zivilstandsamt trägt auf Antrag die Tatsache, dass eine Person einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, und den Hinterlegungsort in die zentrale Datenbank ein. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten.
II. Widerruf
Art. 362
¹ Die auftraggebende Person kann ihren Vorsorgeauftrag jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
² Sie kann den Vorsorgeauftrag auch dadurch widerrufen, dass sie die Urkunde vernichtet.
³ Errichtet sie einen neuen Vorsorgeauftrag, ohne einen früheren ausdrücklich aufzuheben, so tritt der neue Vorsorgeauftrag an die Stelle des früheren, sofern er nicht zweifellos eine blosse Ergänzung darstellt.
C. Feststellung der Wirksamkeit und Annahme
Art. 363
¹ Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde, dass eine Person urteilsunfähig geworden ist, und ist ihr nicht bekannt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt, so erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt.
² Liegt ein Vorsorgeauftrag vor, so prüft die Erwachsenenschutz­behörde, ob:
1. dieser gültig errichtet worden ist;
2. die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind;
3. die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist; und
4. weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind.
³ Nimmt die beauftragte Person den Vorsorgeauftrag an, so weist die Behörde sie auf ihre Pflichten nach den Bestimmungen des Obligationenrechts⁴³³ über den Auftrag hin und händigt ihr eine Urkunde aus, die ihre Befugnisse wiedergibt.
⁴³³ SR 220
D. Auslegung und Ergänzung
Art. 364
Die beauftragte Person kann die Erwachsenenschutzbehörde um Auslegung des Vorsorgeauftrags und dessen Ergänzung in Nebenpunkten ersuchen.
E. Erfüllung
Art. 365
¹ Die beauftragte Person vertritt im Rahmen des Vorsorgeauftrags die auftraggebende Person und nimmt ihre Aufgaben nach den Bestimmungen des Obligationenrechts⁴³⁴ über den Auftrag sorgfältig wahr.
² Müssen Geschäfte besorgt werden, die vom Vorsorgeauftrag nicht erfasst sind, oder hat die beauftragte Person in einer Angelegenheit Interessen, die denen der betroffenen Person widersprechen, so benachrichtigt die beauftragte Person unverzüglich die Erwachsenenschutzbehörde.
³ Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der beauftragten Person.
⁴³⁴ SR 220
F. Entschädigung und Spesen
Art. 366
¹ Enthält der Vorsorgeauftrag keine Anordnung über die Entschädigung der beauftragten Person, so legt die Erwachsenenschutzbehörde eine angemessene Entschädigung fest, wenn dies mit Rücksicht auf den Umfang der Aufgaben als gerechtfertigt erscheint oder wenn die Leistungen der beauftragten Person üblicherweise entgeltlich sind.
² Die Entschädigung und die notwendigen Spesen werden der auftraggebenden Person belastet.
G. Kündigung
Art. 367
¹ Die beauftragte Person kann den Vorsorgeauftrag jederzeit mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist durch schriftliche Mitteilung an die Erwachsenenschutzbehörde kündigen.
² Aus wichtigen Gründen kann sie den Auftrag fristlos kündigen.
H. Einschreiten der Erwach­senenschutz­behörde
Art. 368
¹ Sind die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so trifft die Erwachsenenschutzbehörde von Amtes wegen oder auf Antrag einer nahestehenden Person die erforderlichen Massnahmen.
² Sie kann insbesondere der beauftragten Person Weisungen erteilen, diese zur Einreichung eines Inventars, zur periodischen Rechnungs­ablage und zur Berichterstattung verpflichten oder ihr die Befugnisse teilweise oder ganz entziehen.
I. Wiedererlangen der Urteilsfähigkeit
Art. 369
¹ Wird die auftraggebende Person wieder urteilsfähig, so verliert der Vorsorgeauftrag seine Wirksamkeit von Gesetzes wegen.
² Werden dadurch die Interessen der auftraggebenden Person gefährdet, so ist die beauftragte Person verpflichtet, so lange für die Fortführung der ihr übertragenen Aufgaben zu sorgen, bis die auftraggebende Person ihre Interessen selber wahren kann.
³ Aus Geschäften, welche die beauftragte Person vornimmt, bevor sie vom Erlöschen ihres Auftrags erfährt, wird die auftraggebende Person verpflichtet, wie wenn der Auftrag noch bestehen würde.

Zweiter Unterabschnitt: Die Patientenverfügung

A. Grundsatz
Art. 370
¹ Eine urteilsfähige Person kann in einer Patientenverfügung festlegen, welchen medizinischen Massnahmen sie im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit zustimmt oder nicht zustimmt.
² Sie kann auch eine natürliche Person bezeichnen, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt die medizinischen Massnahmen besprechen und in ihrem Namen entscheiden soll. Sie kann dieser Person Weisungen erteilen.
³ Sie kann für den Fall, dass die bezeichnete Person für die Aufgaben nicht geeignet ist, den Auftrag nicht annimmt oder ihn kündigt, Ersatzverfügungen treffen.
B. Errichtung und Widerruf
Art. 371
¹ Die Patientenverfügung ist schriftlich zu errichten, zu datieren und zu unterzeichnen.
² Wer eine Patientenverfügung errichtet hat, kann diese Tatsache und den Hinterlegungsort auf der Versichertenkarte eintragen lassen. Der Bundesrat erlässt die nötigen Bestimmungen, namentlich über den Zugang zu den Daten.
³ Die Bestimmung über den Widerruf des Vorsorgeauftrags ist sinngemäss anwendbar.
C. Eintritt der Urteilsunfähigkeit
Art. 372
¹ Ist die Patientin oder der Patient urteilsunfähig und ist nicht bekannt, ob eine Patientenverfügung vorliegt, so klärt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt dies anhand der Versichertenkarte ab. Vorbehalten bleiben dringliche Fälle.
² Die Ärztin oder der Arzt entspricht der Patientenverfügung, ausser wenn diese gegen gesetzliche Vorschriften verstösst oder wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie auf freiem Willen beruht oder noch dem mutmasslichen Willen der Patientin oder des Patienten entspricht.
³ Die Ärztin oder der Arzt hält im Patientendossier fest, aus welchen Gründen der Patientenverfügung nicht entsprochen wird.
D. Einschreiten der Erwachsenenschutz­behörde
Art. 373
¹ Jede der Patientin oder dem Patienten nahestehende Person kann schriftlich die Erwachsenenschutzbehörde anrufen und geltend machen, dass:
1. der Patientenverfügung nicht entsprochen wird;
2. die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind;
3. die Patientenverfügung nicht auf freiem Willen beruht.
² Die Bestimmung über das Einschreiten der Erwachsenenschutz­behörde beim Vorsorgeauftrag ist sinngemäss anwendbar.

Zweiter Abschnitt: Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige Personen

Erster Unterabschnitt: Vertretung durch den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner

A. Voraussetzungen und Umfang des Vertretungs-rechts
Art. 374
¹ Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht.
² Das Vertretungsrecht umfasst:
1. alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind;
2. die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und
3. nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen.
³ Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutz­behörde einholen.
B. Ausübung des Vertretungsrechts
Art. 375
Auf die Ausübung des Vertretungsrechts sind die Bestimmungen des Obligationenrechts⁴³⁵ über den Auftrag sinngemäss anwendbar.
⁴³⁵ SR 220
C. Einschreiten der Erwachsenenschutz­behörde
Art. 376
¹ Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt.
² Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die Erwachsenenschutzbehörde dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft.

Zweiter Unterabschnitt: Vertretung bei medizinischen Massnahmen

A. Behandlungsplan
Art. 377
¹ Hat sich eine urteilsunfähige Person zur Behandlung nicht in einer Patientenverfügung geäussert, so plant die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigten Person die erforderliche Behandlung.
² Die Ärztin oder der Arzt informiert die vertretungsberechtigte Person über alle Umstände, die im Hinblick auf die vorgesehenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken, Nebenwirkungen und Kosten, über Folgen eines Unterlassens der Behandlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten.
³ Soweit möglich wird auch die urteilsunfähige Person in die Entscheidfindung einbezogen.
⁴ Der Behandlungsplan wird der laufenden Entwicklung angepasst.
B. Vertretungsberechtigte Person
Art. 378
¹ Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten und den vorgesehenen ambulanten oder stationären Massnahmen die Zustimmung zu erteilen oder zu ver­weigern:
1. die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person;
2. der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen;
3. wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
4. die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet;
5. die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
6. die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten;
7. die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten.
² Sind mehrere Personen vertretungsberechtigt, so dürfen die gutgläubige Ärztin oder der gutgläubige Arzt voraussetzen, dass jede im Einverständnis mit den anderen handelt.
³ Fehlen in einer Patientenverfügung Weisungen, so entscheidet die vertretungsberechtigte Person nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person.
C. Dringliche Fälle
Art. 379
In dringlichen Fällen ergreift die Ärztin oder der Arzt medizinische Massnahmen nach dem mutmasslichen Willen und den Interessen der urteilsunfähigen Person.
D. Behandlung einer psychischen Störung
Art. 380
Die Behandlung einer psychischen Störung einer urteilsunfähigen Person in einer psychiatrischen Klinik richtet sich nach den Bestimmungen über die fürsorgerische Unterbringung.
E. Einschreiten der Erwachsenenschutzbe­hörde
Art. 381
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn keine vertretungsberechtigte Person vorhanden ist oder das Vertretungsrecht ausüben will.
² Sie bestimmt die vertretungsberechtigte Person oder errichtet eine Vertretungsbeistandschaft, wenn:
1. unklar ist, wer vertretungsberechtigt ist;
2. die vertretungsberechtigten Personen unterschiedliche Auffassungen haben; oder
3. die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt sind.
³ Sie handelt auf Antrag der Ärztin oder des Arztes oder einer anderen nahestehenden Person oder von Amtes wegen.

Dritter Unterabschnitt: Aufenthalt in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen

A. Betreuungsvertrag
Art. 382
¹ Wird eine urteilsunfähige Person für längere Dauer in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung betreut, so muss schriftlich in einem Betreuungsvertrag festgelegt werden, welche Leistungen die Einrichtung erbringt und welches Entgelt dafür geschuldet ist.
² Bei der Festlegung der von der Einrichtung zu erbringenden Leistungen werden die Wünsche der betroffenen Person so weit wie möglich berücksichtigt.
³ Die Zuständigkeit für die Vertretung der urteilsunfähigen Person beim Abschluss, bei der Änderung oder bei der Aufhebung des Betreuungsvertrags richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Vertretung bei medizinischen Massnahmen.
B. Einschränkung der Bewe­gungsfreiheit
I. Voraussetzungen
Art. 383
¹ Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung darf die Bewegungsfreiheit der urteilsunfähigen Person nur einschränken, wenn weniger einschneidende Massnahmen nicht ausreichen oder von vornherein als ungenügend erscheinen und die Massnahme dazu dient:
1. eine ernsthafte Gefahr für das Leben oder die körperliche Integrität der betroffenen Person oder Dritter abzuwenden; oder
2. eine schwerwiegende Störung des Gemeinschaftslebens zu beseitigen.
² Vor der Einschränkung der Bewegungsfreiheit wird der betroffenen Person erklärt, was geschieht, warum die Massnahme angeordnet wurde, wie lange diese voraussichtlich dauert und wer sich während dieser Zeit um sie kümmert. Vorbehalten bleiben Notfallsituationen.
³ Die Einschränkung der Bewegungsfreiheit wird so bald wie möglich wieder aufgehoben und auf jeden Fall regelmässig auf ihre Berechtigung hin überprüft.
II. Protokollierung und Information
Art. 384
¹ Über jede Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit wird Protokoll geführt. Dieses enthält insbesondere den Namen der anordnenden Person, den Zweck, die Art und die Dauer der Massnahme.
² Die zur Vertretung bei medizinischen Massnahmen berechtigte Person wird über die Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit informiert und kann das Protokoll jederzeit einsehen.
³ Ein Einsichtsrecht steht auch den Personen zu, welche die Wohn- oder Pflegeeinrichtung beaufsichtigen.
III. Einschreiten der Erwach­senenschutz­behörde
Art. 385
¹ Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann gegen eine Massnahme zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit jederzeit schrift­lich die Erwachsenenschutzbehörde am Sitz der Einrichtung anrufen.
² Stellt die Erwachsenenschutzbehörde fest, dass die Massnahme nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, so ändert sie die Massnahme, hebt sie auf oder ordnet eine behördliche Massnahme des Erwachsenenschutzes an. Nötigenfalls benachrichtigt sie die Aufsichtsbehörde der Einrichtung.
³ Jedes Begehren um Beurteilung durch die Erwachsenenschutz­behörde wird dieser unverzüglich weitergeleitet.
C. Schutz der Persönlichkeit
Art. 386
¹ Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung.
² Kümmert sich niemand von ausserhalb der Einrichtung um die betroffene Person, so benachrichtigt die Wohn- oder Pflegeeinrichtung die Erwachsenenschutzbehörde.
³ Die freie Arztwahl ist gewährleistet, soweit nicht wichtige Gründe dagegen sprechen.
D. Aufsicht über Wohn- und Pflegeeinrichtungen
Art. 387
Die Kantone unterstellen Wohn- und Pflegeeinrichtungen, in denen urteilsunfähige Personen betreut werden, einer Aufsicht, soweit nicht durch bundesrechtliche Vorschriften bereits eine Aufsicht gewährleistet ist.

Elfter Titel: Die behördlichen Massnahmen

Erster Abschnitt: Allgemeine Grundsätze

A. Zweck
Art. 388
¹ Die behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes stellen das Wohl und den Schutz hilfsbedürftiger Personen sicher.
² Sie sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Person so weit wie möglich erhalten und fördern.
B. Subsidiarität und Verhältnismässigkeit
Art. 389
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet eine Massnahme an, wenn:
1. die Unterstützung der hilfsbedürftigen Person durch die Familie, andere nahestehende Personen oder private oder öffent­liche Dienste nicht ausreicht oder von vornherein als ungenügend erscheint;
2. bei Urteilsunfähigkeit der hilfsbedürftigen Person keine oder keine ausreichende eigene Vorsorge getroffen worden ist und die Massnahmen von Gesetzes wegen nicht genügen.
² Jede behördliche Massnahme muss erforderlich und geeignet sein.

Zweiter Abschnitt: Die Beistandschaften

Erster Unterabschnitt: Allgemeine Bestimmungen

A. Voraussetzungen
Art. 390
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde errichtet eine Beistandschaft, wenn eine volljährige Person:
1. wegen einer geistigen Behinderung, einer psychischen Störung oder eines ähnlichen in der Person liegenden Schwäche­zustands ihre Angelegenheiten nur teilweise oder gar nicht besorgen kann;
2. wegen vorübergehender Urteilsunfähigkeit oder Abwesenheit in Angelegenheiten, die erledigt werden müssen, weder selber handeln kann noch eine zur Stellvertretung berechtigte Person bezeichnet hat.
² Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen.
³ Die Beistandschaft wird auf Antrag der betroffenen oder einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen errichtet.
B. Aufgaben­bereiche
Art. 391
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde umschreibt die Aufgabenbereiche der Beistandschaft entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Person.
² Die Aufgabenbereiche betreffen die Personensorge, die Vermögenssorge oder den Rechtsverkehr.
³ Ohne Zustimmung der betroffenen Person darf der Beistand oder die Beiständin nur dann deren Post öffnen oder deren Wohnräume betreten, wenn die Erwachsenenschutzbehörde die Befugnis dazu ausdrücklich erteilt hat.
C. Verzicht auf eine Beistandschaft
Art. 392
Erscheint die Errichtung einer Beistandschaft wegen des Umfangs der Aufgaben als offensichtlich unverhältnismässig, so kann die Erwachsenenschutzbehörde:
1. von sich aus das Erforderliche vorkehren, namentlich die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft erteilen;
2. einer Drittperson für einzelne Aufgaben einen Auftrag erteilen; oder
3. eine geeignete Person oder Stelle bezeichnen, der für bestimmte Bereiche Einblick und Auskunft zu geben sind.

Zweiter Unterabschnitt: Die Arten von Beistandschaften

A. Begleit­beistandschaft
Art. 393
¹ Eine Begleitbeistandschaft wird mit Zustimmung der hilfsbedürftigen Person errichtet, wenn diese für die Erledigung bestimmter Angelegenheiten begleitende Unterstützung braucht.
² Die Begleitbeistandschaft schränkt die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person nicht ein.
B. Vertretungsbeistandschaft
I. Im Allgemeinen
Art. 394
¹ Eine Vertretungsbeistandschaft wird errichtet, wenn die hilfsbedürftige Person bestimmte Angelegenheiten nicht erledigen kann und deshalb vertreten werden muss.
² Die Erwachsenenschutzbehörde kann die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entsprechend einschränken.
³ Auch wenn die Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist, muss die betroffene Person sich die Handlungen des Beistands oder der Beiständin anrechnen oder gefallen lassen.
II. Vermögensverwaltung
Art. 395
¹ Errichtet die Erwachsenenschutzbehörde eine Vertretungsbeistandschaft für die Vermögensverwaltung, so bestimmt sie die Vermögenswerte, die vom Beistand oder von der Beiständin verwaltet werden sollen. Sie kann Teile des Einkommens oder das gesamte Einkommen, Teile des Vermögens oder das gesamte Vermögen oder das gesamte Einkommen und Vermögen unter die Verwaltung stellen.
² Die Verwaltungsbefugnisse umfassen auch die Ersparnisse aus dem verwalteten Einkommen oder die Erträge des verwalteten Vermögens, wenn die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes verfügt.
³ Ohne die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person einzuschränken, kann ihr die Erwachsenenschutzbehörde den Zugriff auf einzelne Vermögenswerte entziehen.
⁴ Untersagt die Erwachsenenschutzbehörde der betroffenen Person, über ein Grundstück zu verfügen, so lässt sie dies im Grundbuch anmerken.
C. Mitwirkungsbeistandschaft
Art. 396
¹ Eine Mitwirkungsbeistandschaft wird errichtet, wenn bestimmte Handlungen der hilfsbedürftigen Person zu deren Schutz der Zustimmung des Beistands oder der Beiständin bedürfen.
² Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person wird von Gesetzes wegen entsprechend eingeschränkt.
D. Kombination von Beistandschaften
Art. 397
Die Begleit-, die Vertretungs- und die Mitwirkungsbeistandschaft können miteinander kombiniert werden.
E. Umfassende Beistandschaft
Art. 398
¹ Eine umfassende Beistandschaft wird errichtet, wenn eine Person, namentlich wegen dauernder Urteilsunfähigkeit, besonders hilfsbedürftig ist.
² Sie bezieht sich auf alle Angelegenheiten der Personensorge, der Vermögenssorge und des Rechtsverkehrs.
³ Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt von Gesetzes wegen.

Dritter Unterabschnitt: Ende der Beistandschaft

Art. 399
¹ Die Beistandschaft endet von Gesetzes wegen mit dem Tod der betroffenen Person.
² Die Erwachsenenschutzbehörde hebt eine Beistandschaft auf Antrag der betroffenen oder einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen auf, sobald für die Fortdauer kein Grund mehr besteht.

Vierter Unterabschnitt: Der Beistand oder die Beiständin

A. Ernennung
I. Allgemeine Voraussetzungen
Art. 400
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde ernennt als Beistand oder Beiständin eine natürliche Person, die für die vorgesehenen Aufgaben persönlich und fachlich geeignet ist, die dafür erforderliche Zeit einsetzen kann und die Aufgaben selber wahrnimmt. Bei besonderen Umständen können mehrere Personen ernannt werden.
² Die Person darf nur mit ihrem Einverständnis ernannt werden.⁴³⁶
³ Die Erwachsenenschutzbehörde sorgt dafür, dass der Beistand oder die Beiständin die erforderliche Instruktion, Beratung und Unterstützung erhält.
⁴³⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 29. Sept. 2017, in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2801 ; BBl 2017 1811 3205 ).
II. Wünsche der betroffenen Person oder ihr nahestehender Personen
Art. 401
¹ Schlägt die betroffene Person eine Vertrauensperson als Beistand oder Beiständin vor, so entspricht die Erwachsenenschutzbehörde ihrem Wunsch, wenn die vorgeschlagene Person für die Beistandschaft geeignet und zu deren Übernahme bereit ist.
² Sie berücksichtigt, soweit tunlich, Wünsche der Angehörigen oder anderer nahestehender Personen.
³ Lehnt die betroffene Person eine bestimmte Person als Beistand oder Beiständin ab, so entspricht die Erwachsenenschutzbehörde, soweit tunlich, diesem Wunsch.
III. Übertragung des Amtes auf mehrere Perso­nen
Art. 402
¹ Überträgt die Erwachsenenschutzbehörde eine Beistandschaft mehreren Personen, so legt sie fest, ob das Amt gemeinsam ausgeübt wird oder wer für welche Aufgaben zuständig ist.
² Die gemeinsame Führung einer Beistandschaft wird mehreren Personen nur mit ihrem Einverständnis übertragen.
B. Verhinderung und Interessenkollision
Art. 403
¹ Ist der Beistand oder die Beiständin am Handeln verhindert oder widersprechen die Interessen des Beistands oder der Beiständin in einer Angelegenheit denjenigen der betroffenen Person, so ernennt die Erwachsenenschutzbehörde einen Ersatzbeistand oder eine Ersatzbeiständin oder regelt diese Angelegenheit selber.
² Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse des Beistands oder der Beiständin in der entsprechenden Angelegenheit.
C. Entschädigung und Spesen
Art. 404
¹ Der Beistand oder die Beiständin hat Anspruch auf eine angemes­sene Entschädigung und auf Ersatz der notwendigen Spesen aus dem Vermögen der betroffenen Person. Bei einem Berufsbeistand oder einer Berufsbeiständin fallen die Entschädigung und der Spesenersatz an den Arbeitgeber.
² Die Erwachsenenschutzbehörde legt die Höhe der Entschädigung fest. Sie berücksichtigt dabei insbesondere den Umfang und die Komplexität der dem Beistand oder der Beiständin übertragenen Aufgaben.
³ Die Kantone erlassen Ausführungsbestimmungen und regeln die Entschädigung und den Spesenersatz, wenn diese nicht aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden können.

Fünfter Unterabschnitt: Die Führung der Beistandschaft

A. Übernahme des Amtes
Art. 405
¹ Der Beistand oder die Beiständin verschafft sich die zur Erfüllung der Aufgaben nötigen Kenntnisse und nimmt persönlich mit der betroffenen Person Kontakt auf.
² Umfasst die Beistandschaft die Vermögensverwaltung, so nimmt der Beistand oder die Beiständin in Zusammenarbeit mit der Erwachsenenschutzbehörde unverzüglich ein Inventar der zu verwaltenden Vermögenswerte auf.
³ Wenn die Umstände es rechtfertigen, kann die Erwachsenenschutzbehörde die Aufnahme eines öffentlichen Inventars anordnen. Dieses hat für die Gläubiger die gleiche Wirkung wie das öffentliche Inventar des Erbrechts.
⁴ Dritte sind verpflichtet, alle für die Aufnahme des Inventars erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
B. Verhältnis zur betroffenen Person
Art. 406
¹ Der Beistand oder die Beiständin erfüllt die Aufgaben im Interesse der betroffenen Person, nimmt, soweit tunlich, auf deren Meinung Rücksicht und achtet deren Willen, das Leben entsprechend ihren Fähigkeiten nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten.
² Der Beistand oder die Beiständin strebt danach, ein Vertrauensverhältnis mit der betroffenen Person aufzubauen und den Schwäche­zustand zu lindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten.
C. Eigenes Handeln der betroffenen Person
Art. 407
Die urteilsfähige betroffene Person kann, auch wenn ihr die Handlungsfähigkeit entzogen worden ist, im Rahmen des Personenrechts durch eigenes Handeln Rechte und Pflichten begründen und höchstpersönliche Rechte ausüben.
D. Vermögensverwaltung
I. Aufgaben
Art. 408
¹ Der Beistand oder die Beiständin verwaltet die Vermögenswerte sorgfältig und nimmt alle Rechtsgeschäfte vor, die mit der Verwaltung zusammenhängen.
² Insbesondere kann der Beistand oder die Beiständin:
1. mit befreiender Wirkung die von Dritten geschuldete Leistung für die betroffene Person entgegennehmen;
2. soweit angezeigt Schulden bezahlen;
3. die betroffene Person nötigenfalls für die laufenden Bedürf­nisse vertreten.
³ Der Bundesrat erlässt Bestimmungen über die Anlage und die Aufbewahrung des Vermögens.
II. Beträge zur freien Verfügung
Art. 409
Der Beistand oder die Beiständin stellt der betroffenen Person aus deren Vermögen angemessene Beträge zur freien Verfügung.
III. Rechnung
Art. 410
¹ Der Beistand oder die Beiständin führt Rechnung und legt sie der Erwachsenenschutzbehörde in den von ihr angesetzten Zeitabständen, mindestens aber alle zwei Jahre, zur Genehmigung vor.
² Der Beistand oder die Beiständin erläutert der betroffenen Person die Rechnung und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie.
E. Bericht­erstattung
Art. 411
¹ Der Beistand oder die Beiständin erstattet der Erwachsenenschutzbehörde so oft wie nötig, mindestens aber alle zwei Jahre, einen Bericht über die Lage der betroffenen Person und die Ausübung der Beistandschaft.
² Der Beistand oder die Beiständin zieht bei der Erstellung des Berichts die betroffene Person, soweit tunlich, bei und gibt ihr auf Verlangen eine Kopie.
F. Besondere Geschäfte
Art. 412
¹ Der Beistand oder die Beiständin darf in Vertretung der betroffenen Person keine Bürgschaften eingehen, keine Stiftungen errichten und keine Schenkungen vornehmen, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke.
² Vermögenswerte, die für die betroffene Person oder für ihre Familie einen besonderen Wert haben, werden wenn immer möglich nicht veräussert.
G. Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflicht
Art. 413
¹ Der Beistand oder die Beiständin hat bei der Erfüllung der Aufgaben die gleiche Sorgfaltspflicht wie eine beauftragte Person nach den Bestimmungen des Obligationenrechts⁴³⁷.
² Der Beistand oder die Beiständin ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit nicht überwiegende Interessen entgegenstehen.
³ Dritte sind über die Beistandschaft zu orientieren, soweit dies zur gehörigen Erfüllung der Aufgaben des Beistands oder der Beiständin erforderlich ist.
⁴³⁷ SR 220
H. Änderung der Verhältnisse
Art. 414
Der Beistand oder die Beiständin informiert die Erwachsenenschutzbehörde unverzüglich über Umstände, die eine Änderung der Massnahme erfordern oder eine Aufhebung der Beistandschaft ermög­lichen.

Sechster Unterabschnitt: Die Mitwirkung der Erwachsenenschutzbehörde

A. Prüfung der Rechnung und des Berichts
Art. 415
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde prüft die Rechnung und erteilt oder verweigert die Genehmigung; wenn nötig, verlangt sie eine Berichtigung.
² Sie prüft den Bericht und verlangt, wenn nötig, dessen Ergänzung.
³ Sie trifft nötigenfalls Massnahmen, die zur Wahrung der Interessen der betroffenen Person angezeigt sind.
B. Zustimmungs­bedürftige Geschäfte
I. Von Gesetzes wegen
Art. 416
¹ Für folgende Geschäfte, die der Beistand oder die Beiständin in Vertretung der betroffenen Person vornimmt, ist die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde erforderlich:
1. Liquidation des Haushalts, Kündigung des Vertrags über Räumlichkeiten, in denen die betroffene Person wohnt;
2. Dauerverträge über die Unterbringung der betroffenen Person;
3. Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft, wenn dafür eine ausdrückliche Erklärung erforderlich ist, sowie Erbverträge und Erbteilungsverträge;
4. Erwerb, Veräusserung, Verpfändung und andere dingliche Belastung von Grundstücken sowie Erstellen von Bauten, das über ordentliche Verwaltungshandlungen hinausgeht;
5. Erwerb, Veräusserung und Verpfändung anderer Vermögenswerte sowie Errichtung einer Nutzniessung daran, wenn diese Geschäfte nicht unter die Führung der ordentlichen Verwaltung und Bewirtschaftung fallen;
6. Aufnahme und Gewährung von erheblichen Darlehen, Eingehung von wechselrechtlichen Verbindlichkeiten;
7. Leibrenten- und Verpfründungsverträge sowie Lebensversicherungen, soweit diese nicht im Rahmen der beruflichen Vorsorge mit einem Arbeitsvertrag zusammenhängen;
8. Übernahme oder Liquidation eines Geschäfts, Eintritt in eine Gesellschaft mit persönlicher Haftung oder erheblicher Kapitalbeteiligung;
9. Erklärung der Zahlungsunfähigkeit, Prozessführung, Abschluss eines Vergleichs, eines Schiedsvertrags oder eines Nachlassvertrags, unter Vorbehalt vorläufiger Massnahmen des Beistands oder der Beiständin in dringenden Fällen.
² Die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde ist nicht erforderlich, wenn die urteilsfähige betroffene Person ihr Einverständnis erteilt und ihre Handlungsfähigkeit durch die Beistandschaft nicht eingeschränkt ist.
³ Immer der Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde bedürfen Verträge zwischen dem Beistand oder der Beiständin und der betroffenen Person, ausser diese erteilt einen unentgeltlichen Auftrag.
II. Auf Anordnung
Art. 417
Die Erwachsenenschutzbehörde kann aus wichtigen Gründen anordnen, dass ihr weitere Geschäfte zur Zustimmung unterbreitet werden.
III. Fehlen der Zustimmung
Art. 418
Ist ein Geschäft ohne die erforderliche Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde abgeschlossen worden, so hat es für die betroffene Person nur die Wirkung, die nach der Bestimmung des Personenrechts über das Fehlen der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorgesehen ist.

Siebter Unterabschnitt: Einschreiten der Erwachsenenschutzbehörde

Art. 419
Gegen Handlungen oder Unterlassungen des Beistands oder der Beiständin sowie einer Drittperson oder Stelle, der die Erwachsenenschutzbehörde einen Auftrag erteilt hat, kann die betroffene oder eine ihr nahestehende Person und jede Person, die ein rechtlich geschütztes Interesse hat, die Erwachsenenschutzbehörde anrufen.

Achter Unterabschnitt: Besondere Bestimmungen für Angehörige

Art. 420
Werden der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner, die Eltern, ein Nachkomme, ein Geschwister, die faktische Lebenspartnerin oder der faktische Lebenspartner der betroffenen Person als Beistand oder Beiständin eingesetzt, so kann die Erwachsenenschutzbehörde sie von der Inventarpflicht, der Pflicht zur perio­dischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, ganz oder teilweise entbinden, wenn die Umstände es rechtfertigen.

Neunter Unterabschnitt: Das Ende des Amtes des Beistands oder der Beiständin

A. Von Gesetzes wegen
Art. 421
Das Amt des Beistands oder der Beiständin endet von Gesetzes wegen:
1. mit Ablauf einer von der Erwachsenenschutzbehörde festgelegten Amtsdauer, sofern keine Bestätigung im Amt erfolgt;
2. mit dem Ende der Beistandschaft;
3. mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses als Berufsbeistand oder Berufsbeiständin;
4. im Zeitpunkt, in dem der Beistand oder die Beiständin verbeiständet oder urteilsunfähig wird oder stirbt.
B. Entlassung
I. Auf Begehren des Beistands oder der Beiständin
Art. 422
¹ Der Beistand oder die Beiständin hat frühestens nach vier Jahren Amtsdauer Anspruch auf Entlassung.
² Vorher kann der Beistand oder die Beiständin die Entlassung aus wichtigen Gründen verlangen.
II. Übrige Fälle
Art. 423
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde entlässt den Beistand oder die Beiständin, wenn:
1. die Eignung für die Aufgaben nicht mehr besteht;
2. ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt.
² Die Entlassung kann von der betroffenen oder einer ihr nahestehenden Person beantragt werden.
C. Weiterführung der Geschäfte
Art. 424
Der Beistand oder die Beiständin ist verpflichtet, nicht aufschiebbare Geschäfte weiterzuführen, bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin das Amt übernimmt, sofern die Erwachsenenschutzbehörde nichts anderes anordnet. Diese Bestimmung gilt nicht für den Berufsbeistand oder die Berufsbeiständin.
D. Schluss­bericht und Schlussrechnung
Art. 425
¹ Endet das Amt, so erstattet der Beistand oder die Beiständin der Erwachsenenschutzbehörde den Schlussbericht und reicht gegebenenfalls die Schlussrechnung ein. Die Erwachsenenschutzbehörde kann den Berufsbeistand oder die Berufsbeiständin von dieser Pflicht entbinden, wenn das Arbeitsverhältnis endet.
² Die Erwachsenenschutzbehörde prüft und genehmigt den Schluss­bericht und die Schlussrechnung auf die gleiche Weise wie die periodischen Berichte und Rechnungen.
³ Sie stellt den Schlussbericht und die Schlussrechnung der betroffenen Person oder deren Erben und gegebenenfalls der neuen Beiständin oder dem neuen Beistand zu und weist diese Personen gleichzeitig auf die Bestimmungen über die Verantwortlichkeit hin.
⁴ Sie teilt ihnen zudem mit, ob sie den Beistand oder die Beiständin entlastet oder die Genehmigung des Schlussberichts oder der Schlussrechnung verweigert hat.

Dritter Abschnitt: Die fürsorgerische Unterbringung

A. Die Massnahmen
I. Unterbringung zur Behandlung oder Betreuung
Art. 426
¹ Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann.
² Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen.
³ Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind.
⁴ Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden.
II. Zurückbehaltung freiwillig Eingetretener
Art. 427
¹ Will eine Person, die an einer psychischen Störung leidet und freiwillig in eine Einrichtung eingetreten ist, diese wieder verlassen, so kann sie von der ärztlichen Leitung der Einrichtung für höchstens drei Tage zurückbehalten werden, wenn sie:
1. sich selbst an Leib und Leben gefährdet; oder
2. das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet.
² Nach Ablauf der Frist kann die betroffene Person die Einrichtung verlassen, wenn nicht ein vollstreckbarer Unterbringungsentscheid vorliegt.
³ Die betroffene Person wird schriftlich darauf aufmerksam gemacht, dass sie das Gericht anrufen kann.
B. Zuständigkeit für die Unterbringung und die Entlassung
I. Erwachsenenschutzbehörde
Art. 428
¹ Für die Anordnung der Unterbringung und die Entlassung ist die Erwachsenenschutzbehörde zuständig.
² Sie kann im Einzelfall die Zuständigkeit für die Entlassung der Einrichtung übertragen.
II. Ärztinnen und Ärzte
Art. 429
¹ Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen.
² Die ärztliche Unterbringung fällt spätestens nach Ablauf der festgelegten Dauer dahin, sofern nicht ein vollstreckbarer Unterbringungsentscheid der Erwachsenenschutzbehörde vorliegt.
³ Über die Entlassung entscheidet die Einrichtung.
Art. 430
¹ Die Ärztin oder der Arzt untersucht persönlich die betroffene Person und hört sie an.
² Der Unterbringungsentscheid enthält mindestens folgende Angaben:
1. Ort und Datum der Untersuchung;
2. Name der Ärztin oder des Arztes;
3. Befund, Gründe und Zweck der Unterbringung;
4. die Rechtsmittelbelehrung.
³ Das Rechtsmittel hat keine aufschiebende Wirkung, sofern die Ärztin oder der Arzt oder das zuständige Gericht nichts anderes verfügt.
⁴ Ein Exemplar des Unterbringungsentscheids wird der betroffenen Person ausgehändigt; ein weiteres Exemplar wird der Einrichtung bei der Aufnahme der betroffenen Person vorgelegt.
⁵ Die Ärztin oder der Arzt informiert, sofern möglich, eine der betroffenen Person nahestehende Person schriftlich über die Unterbringung und die Befugnis, das Gericht anzurufen.
C. Periodische Überprüfung
Art. 431
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde überprüft spätestens sechs Monate nach Beginn der Unterbringung, ob die Voraussetzungen noch erfüllt sind und ob die Einrichtung weiterhin geeignet ist.
² Sie führt innerhalb von weiteren sechs Monaten eine zweite Überprüfung durch. Anschliessend führt sie die Überprüfung so oft wie nötig, mindestens aber jährlich durch.
D. Vertrauensperson
Art. 432
Jede Person, die in einer Einrichtung untergebracht wird, kann eine Person ihres Vertrauens beiziehen, die sie während des Aufenthalts und bis zum Abschluss aller damit zusammenhängenden Verfahren unterstützt.
E. Medizinische Massnahmen bei einer psychischen Störung
I. Behandlungsplan
Art. 433
¹ Wird eine Person zur Behandlung einer psychischen Störung in einer Einrichtung untergebracht, so erstellt die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt unter Beizug der betroffenen Person und gegebenenfalls ihrer Vertrauensperson einen schriftlichen Behandlungsplan.
² Die Ärztin oder der Arzt informiert die betroffene Person und deren Vertrauensperson über alle Umstände, die im Hinblick auf die in Aussicht genommenen medizinischen Massnahmen wesentlich sind, insbesondere über deren Gründe, Zweck, Art, Modalitäten, Risiken und Nebenwirkungen, über Folgen eines Unterlassens der Behandlung sowie über allfällige alternative Behandlungsmöglichkeiten.
³ Der Behandlungsplan wird der betroffenen Person zur Zustimmung unterbreitet. Bei einer urteilsunfähigen Person ist eine allfällige Patientenverfügung zu berücksichtigen.
⁴ Der Behandlungsplan wird der laufenden Entwicklung angepasst.
II. Behandlung ohne Zustimmung
Art. 434
¹ Fehlt die Zustimmung der betroffenen Person, so kann die Chef­ärztin oder der Chefarzt der Abteilung die im Behandlungsplan vor­gesehenen medizinischen Massnahmen schriftlich anordnen, wenn:
1. ohne Behandlung der betroffenen Person ein ernsthafter gesundheitlicher Schaden droht oder das Leben oder die körperliche Integrität Dritter ernsthaft gefährdet ist;
2. die betroffene Person bezüglich ihrer Behandlungsbedürftigkeit urteilsunfähig ist; und
3. keine angemessene Massnahme zur Verfügung steht, die weniger einschneidend ist.
² Die Anordnung wird der betroffenen Person und ihrer Vertrauensperson verbunden mit einer Rechtsmittelbelehrung schriftlich mitgeteilt.
III. Notfälle
Art. 435
¹ In einer Notfallsituation können die zum Schutz der betroffenen Person oder Dritter unerlässlichen medizinischen Massnahmen sofort ergriffen werden.
² Ist der Einrichtung bekannt, wie die Person behandelt werden will, so wird deren Wille berücksichtigt.
IV. Austritts­gespräch
Art. 436
¹ Besteht eine Rückfallgefahr, so versucht die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt mit der betroffenen Person vor deren Entlassung Behandlungsgrundsätze für den Fall einer erneuten Unterbringung in der Einrichtung zu vereinbaren.
² Das Austrittsgespräch ist zu dokumentieren.
V. Kantonales Recht
Art. 437
¹ Die Kantone regeln die Nachbetreuung.
² Sie können ambulante Massnahmen vorsehen.
F. Massnahmen zur Einschränkung der Bewe­gungsfreiheit
Art. 438
Auf Massnahmen, die die Bewegungsfreiheit der betroffenen Personen in der Einrichtung einschränken, sind die Bestimmungen über die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen sinngemäss anwendbar. Vorbehalten bleibt die Anrufung des Gerichts.
G. Anrufung des Gerichts
Art. 439
¹ Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann in folgenden Fällen schriftlich das zuständige Gericht anrufen:
1. bei ärztlich angeordneter Unterbringung;
2. bei Zurückbehaltung durch die Einrichtung;
3. bei Abweisung eines Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung;
4. bei Behandlung einer psychischen Störung ohne Zustimmung;
5. bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
² Die Frist zur Anrufung des Gerichts beträgt zehn Tage seit Mitteilung des Entscheids. Bei Massnahmen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit kann das Gericht jederzeit angerufen werden.
³ Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über das Verfahren vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz.
⁴ Jedes Begehren um gerichtliche Beurteilung ist unverzüglich an das zuständige Gericht weiterzuleiten.

Zwölfter Titel: Organisation

Erster Abschnitt: Behörden und örtliche Zuständigkeit

A. Erwachsenenschutzbehörde
Art. 440
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde ist eine Fachbehörde. Sie wird von den Kantonen bestimmt.
² Sie fällt ihre Entscheide mit mindestens drei Mitgliedern. Die Kantone können für bestimmte Geschäfte Ausnahmen vorsehen.
³ Sie hat auch die Aufgaben der Kindesschutzbehörde.
B. Aufsichts­behörde
Art. 441
¹ Die Kantone bestimmen die Aufsichtsbehörden.
² Der Bundesrat kann Bestimmungen über die Aufsicht erlassen.
C. Örtliche Zuständigkeit
Art. 442
¹ Zuständig ist die Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz der betroffenen Person. Ist ein Verfahren rechtshängig, so bleibt die Zuständigkeit bis zu dessen Abschluss auf jeden Fall erhalten.
² Ist Gefahr im Verzug, so ist auch die Behörde am Ort zuständig, wo sich die betroffene Person aufhält. Trifft diese Behörde eine Massnahme, so benachrichtigt sie die Wohnsitzbehörde.
³ Für eine Beistandschaft wegen Abwesenheit ist auch die Behörde des Ortes zuständig, wo das Vermögen in seinem Hauptbestandteil verwaltet worden oder der betroffenen Person zugefallen ist.
⁴ Die Kantone sind berechtigt, für ihre Bürgerinnen und Bürger, die Wohnsitz im Kanton haben, statt der Wohnsitzbehörde die Behörde des Heimatortes zuständig zu erklären, sofern auch die Unterstützung bedürftiger Personen ganz oder teilweise der Heimatgemeinde obliegt.
⁵ Wechselt eine Person, für die eine Massnahme besteht, ihren Wohnsitz, so übernimmt die Behörde am neuen Ort die Massnahme ohne Verzug, sofern keine wichtigen Gründe dagegen sprechen.

Zweiter Abschnitt: Verfahren

Erster Unterabschnitt: Vor der Erwachsenenschutzbehörde

A. Melderechte und -pflichten
Art. 443
¹ Jede Person kann der Erwachsenenschutzbehörde Meldung erstatten, wenn eine Person hilfsbedürftig erscheint. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis.
² Wer in amtlicher Tätigkeit von einer solchen Person erfährt und der Hilfsbedürftigkeit im Rahmen seiner Tätigkeit nicht Abhilfe schaffen kann, ist meldepflichtig. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis.⁴³⁸
³ Die Kantone können weitere Meldepflichten vorsehen.⁴³⁹
⁴³⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
⁴³⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
B. Prüfung der Zuständigkeit
Art. 444
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen.
² Hält sie sich nicht für zuständig, so überweist sie die Sache unverzüglich der Behörde, die sie als zuständig erachtet.
³ Zweifelt sie an ihrer Zuständigkeit, so pflegt sie einen Meinungsaustausch mit der Behörde, deren Zuständigkeit in Frage kommt.
⁴ Kann im Meinungsaustausch keine Einigung erzielt werden, so unterbreitet die zuerst befasste Behörde die Frage ihrer Zuständigkeit der gerichtlichen Beschwerdeinstanz.
C. Vorsorgliche Massnahmen
Art. 445
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde trifft auf Antrag einer am Verfahren beteiligten Person oder von Amtes wegen alle für die Dauer des Verfahrens notwendigen vorsorglichen Massnahmen. Sie kann insbesondere eine Massnahme des Erwachsenenschutzes vorsorglich anordnen.
² Bei besonderer Dringlichkeit kann sie vorsorgliche Massnahmen sofort ohne Anhörung der am Verfahren beteiligten Personen treffen. Gleichzeitig gibt sie diesen Gelegenheit zur Stellungnahme; anschliessend entscheidet sie neu.
³ Gegen Entscheide über vorsorgliche Massnahmen kann innert zehn Tagen nach deren Mitteilung Beschwerde erhoben werden.
D. Verfahrensgrundsätze
Art. 446
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde erforscht den Sachverhalt von Amtes wegen.
² Sie zieht die erforderlichen Erkundigungen ein und erhebt die notwendigen Beweise. Sie kann eine geeignete Person oder Stelle mit Abklärungen beauftragen. Nötigenfalls ordnet sie das Gutachten einer sachverständigen Person an.
³ Sie ist nicht an die Anträge der am Verfahren beteiligten Personen gebunden.
⁴ Sie wendet das Recht von Amtes wegen an.
E. Anhörung
Art. 447
¹ Die betroffene Person wird persönlich angehört, soweit dies nicht als unverhältnismässig erscheint.
² Im Fall einer fürsorgerischen Unterbringung hört die Erwachsenenschutzbehörde die betroffene Person in der Regel als Kollegium an.
F. Mitwirkungspflichten und Amtshilfe
Art. 448
¹ Die am Verfahren beteiligten Personen und Dritte sind zur Mitwirkung bei der Abklärung des Sachverhalts verpflichtet. Die Erwachsenenschutzbehörde trifft die zur Wahrung schutzwürdiger Interessen erforderlichen Anordnungen. Nötigenfalls ordnet sie die zwangsweise Durchsetzung der Mitwirkungspflicht an.
² Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Hebammen und Entbindungspfleger, Chiropraktoren, Psychologen sowie ihre Hilfspersonen sind nur dann zur Mitwirkung verpflichtet, wenn die geheimnisberechtigte Person sie dazu ermächtigt hat oder die vorgesetzte Behörde oder die Aufsichtsbehörde sie auf eigenes Gesuch oder auf Gesuch der Erwachsenenschutzbehörde vom Berufsgeheimnis entbunden hat.⁴⁴⁰
³ Nicht zur Mitwirkung verpflichtet sind Geistliche, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Verteidigerinnen und Verteidiger, Mediatorinnen und Mediatoren sowie ehemalige Beiständinnen und Beistände, die für das Verfahren ernannt wurden.
⁴ Verwaltungsbehörden und Gerichte geben die notwendigen Akten heraus, erstatten Bericht und erteilen Auskünfte, soweit nicht schutzwürdige Interessen entgegenstehen.
⁴⁴⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 2947 ; BBl 2015 3431 ).
G. Begutachtung in einer Einrichtung
Art. 449
¹ Ist eine psychiatrische Begutachtung unerlässlich und kann diese nicht ambulant durchgeführt werden, so weist die Erwachsenenschutzbehörde die betroffene Person zur Begutachtung in eine geeignete Einrichtung ein.
² Die Bestimmungen über das Verfahren bei fürsorgerischer Unterbringung sind sinngemäss anwendbar.
H. Anordnung einer Vertretung
Art. 449 a
Die Erwachsenenschutzbehörde ordnet wenn nötig die Vertretung der betroffenen Person an und bezeichnet als Beistand oder Beiständin eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person.
I. Akteneinsicht
Art. 449 b
¹ Die am Verfahren beteiligten Personen haben Anspruch auf Akteneinsicht, soweit nicht überwiegende Interessen entgegenstehen.
² Wird einer am Verfahren beteiligten Person die Einsichtnahme in ein Aktenstück verweigert, so wird auf dieses nur abgestellt, wenn ihr die Behörde von seinem für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis gegeben hat.
J. Mitteilungspflicht
Art. 449 c
Die Erwachsenenschutzbehörde macht dem Zivilstandsamt Mitteilung, wenn:
1. sie eine Person wegen dauernder Urteilsunfähigkeit unter umfassende Beistandschaft stellt;
2. für eine dauernd urteilsunfähige Person ein Vorsorgeauftrag wirksam wird.

Zweiter Unterabschnitt: Vor der gerichtlichen Beschwerdeinstanz

A. Beschwerdeobjekt und Beschwerde­befugnis
Art. 450
¹ Gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde kann Beschwerde beim zuständigen Gericht erhoben werden.
² Zur Beschwerde befugt sind:
1. die am Verfahren beteiligten Personen;
2. die der betroffenen Person nahestehenden Personen;
3. Personen, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids haben.
³ Die Beschwerde ist beim Gericht schriftlich und begründet einzu­reichen.
B. Beschwerdegründe
Art. 45 0 a
¹ Mit der Beschwerde kann gerügt werden:
1. Rechtsverletzung;
2. unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheb­lichen Sachverhalts;
3. Unangemessenheit.
² Ferner kann wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung Beschwerde geführt werden.
C. Beschwerdefrist
Art. 450 b
¹ Die Beschwerdefrist beträgt dreissig Tage seit Mitteilung des Entscheids. Diese Frist gilt auch für beschwerdeberechtigte Personen, denen der Entscheid nicht mitgeteilt werden muss.
² Bei einem Entscheid auf dem Gebiet der fürsorgerischen Unterbringung beträgt die Beschwerdefrist zehn Tage seit Mitteilung des Entscheids.
³ Wegen Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
D. Aufschiebende Wirkung
Art. 450 c
Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung, sofern die Erwachsenenschutzbehörde oder die gerichtliche Beschwerdeinstanz nichts anderes verfügt.
E. Vernehmlassung der Vor­instanz und Wiedererwägung
Art. 450 d
¹ Die gerichtliche Beschwerdeinstanz gibt der Erwachsenenschutz­behörde Gelegenheit zur Vernehmlassung.
² Statt eine Vernehmlassung einzureichen, kann die Erwachsenenschutzbehörde den Entscheid in Wiedererwägung ziehen.
F. Besondere Bestimmungen bei fürsorgerischer Unterbringung
Art. 450 e
¹ Die Beschwerde gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der fürsor­gerischen Unterbringung muss nicht begründet werden.
² Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, sofern die Erwachsenenschutzbehörde oder die gerichtliche Beschwerdeinstanz nichts anderes verfügt.
³ Bei psychischen Störungen muss gestützt auf das Gutachten einer sachverständigen Person entschieden werden.
⁴ Die gerichtliche Beschwerdeinstanz hört die betroffene Person in der Regel als Kollegium an. Sie ordnet wenn nötig deren Vertretung an und bezeichnet als Beistand oder Beiständin eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person.
⁵ Sie entscheidet in der Regel innert fünf Arbeitstagen seit Eingang der Beschwerde.

Dritter Unterabschnitt: Gemeinsame Bestimmung

Art. 450 f
Im Übrigen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss anwendbar, soweit die Kantone nichts anderes bestimmen.

Vierter Unterabschnitt: Vollstreckung

Art. 450 g
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde vollstreckt die Entscheide auf Antrag oder von Amtes wegen.
² Hat die Erwachsenenschutzbehörde oder die gerichtliche Beschwerdeinstanz im Entscheid bereits Vollstreckungsmassnahmen angeordnet, so kann dieser direkt vollstreckt werden.
³ Die mit der Vollstreckung betraute Person kann nötigenfalls polizeiliche Hilfe beanspruchen. Unmittelbare Zwangsmassnahmen sind in der Regel vorgängig anzudrohen.

Dritter Abschnitt: Verhältnis zu Dritten und Zusammenarbeitspflicht

A. Verschwiegenheitspflicht und Auskunft
Art. 45 1
¹ Die Erwachsenenschutzbehörde ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit nicht überwiegende Interessen entgegenstehen.
² Wer ein Interesse glaubhaft macht, kann von der Erwachsenenschutzbehörde Auskunft über das Vorliegen und die Wirkungen einer Massnahme des Erwachsenenschutzes verlangen.
B. Wirkung der Massnahmen gegenüber Dritten
Art. 452
¹ Eine Massnahme des Erwachsenenschutzes kann Dritten, auch wenn sie gutgläubig sind, entgegengehalten werden.
² Schränkt die Beistandschaft die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person ein, so ist den Schuldnern mitzuteilen, dass ihre Leistung nur befreiende Wirkung hat, wenn sie diese dem Beistand oder der Beiständin erbringen. Vorher kann die Beistandschaft gutgläubigen Schuldnern nicht entgegengehalten werden.
³ Hat eine Person, für die eine Massnahme des Erwachsenenschutzes besteht, andere zur irrtümlichen Annahme ihrer Handlungsfähigkeit verleitet, so ist sie ihnen für den dadurch verursachten Schaden verantwortlich.
C. Zusammen­arbeitspflicht
Art. 453
¹ Besteht die ernsthafte Gefahr, dass eine hilfsbedürftige Person sich selbst gefährdet oder ein Verbrechen oder Vergehen begeht, mit dem sie jemanden körperlich, seelisch oder materiell schwer schädigt, so arbeiten die Erwachsenenschutzbehörde, die betroffenen Stellen und die Polizei zusammen.
² Personen, die dem Amts- oder Berufsgeheimnis unterstehen, sind in einem solchen Fall berechtigt, der Erwachsenenschutzbehörde Mitteilung zu machen.

Vierter Abschnitt: Verantwortlichkeit

A. Grundsatz
Art. 454
¹ Wer im Rahmen der behördlichen Massnahmen des Erwachsenenschutzes durch widerrechtliches Handeln oder Unterlassen verletzt wird, hat Anspruch auf Schadenersatz und, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt, auf Genugtuung.
² Der gleiche Anspruch besteht, wenn sich die Erwachsenenschutz­behörde oder die Aufsichtsbehörde in den anderen Bereichen des Erwachsenenschutzes widerrechtlich verhalten hat.
³ Haftbar ist der Kanton; gegen die Person, die den Schaden verursacht hat, steht der geschädigten Person kein Ersatzanspruch zu.
⁴ Für den Rückgriff des Kantons auf die Person, die den Schaden verursacht hat, ist das kantonale Recht massgebend.
B. Verjährung
Art. 455
¹ Der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung verjährt nach den Bestimmungen des Obligationenrechts⁴⁴¹ über die unerlaubten Handlungen.⁴⁴²
² Hat die Person, die den Schaden verursacht hat, durch ihr Verhalten eine strafbare Handlung begangen, so verjährt der Anspruch auf Schadenersatz oder Genugtuung frühestens mit Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Tritt diese infolge eines erstinstanz­lichen Strafurteils nicht mehr ein, so verjährt der Anspruch frühestens mit Ablauf von drei Jahren seit Eröffnung des Urteils.⁴⁴³
³ Beruht die Verletzung auf der Anordnung oder Durchführung einer Dauermassnahme, so beginnt die Verjährung des Anspruchs gegenüber dem Kanton nicht vor dem Wegfall der Dauermassnahme oder ihrer Weiterführung durch einen anderen Kanton.
⁴⁴¹ SR 220
⁴⁴² Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
⁴⁴³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
C. Haftung nach Auftragsrecht
Art. 456
Die Haftung der vorsorgebeauftragten Person sowie diejenige des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners einer urteilsunfähigen Person oder des Vertreters oder der Vertreterin bei medizinischen Massnahmen, soweit es sich nicht um den Beistand oder die Beiständin handelt, richtet sich nach den Bestimmungen des Obligationenrechts⁴⁴⁴ über den Auftrag.
⁴⁴⁴ SR 220

Dritter Teil: Das Erbrecht

Erste Abteilung: Die Erben

Dreizehnter Titel: Die gesetzlichen Erben

A. Verwandte ⁴⁴⁵ Erben

⁴⁴⁵ Fassung dieses Wortes gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
I. Nachkommen
Art. 457
¹ Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen.
² Die Kinder erben zu gleichen Teilen.
³ An die Stelle vorverstorbener Kinder treten ihre Nachkommen, und zwar in allen Graden nach Stämmen.
II. Elterlicher Stamm
Art. 458
¹ Hinterlässt der Erblasser keine Nachkommen, so gelangt die Erb­schaft an den Stamm der Eltern.
² Vater und Mutter erben nach Hälften.
³ An die Stelle von Vater oder Mutter, die vorverstorben sind, treten ihre Nach­kommen, und zwar in allen Graden nach Stämmen.
⁴ Fehlt es an Nachkommen auf einer Seite, so fällt die ganze Erb­schaft an die Er­ben der andern Seite.
III. Grosselter­licher Stamm
Art. 459
¹ Hinterlässt der Erblasser weder Nachkommen noch Erben des el­ter­lichen Stammes, so gelangt die Erbschaft an den Stamm der Gross­eltern.
² Überleben die Grosseltern der väterlichen und die der mütterlichen Seite den Erblasser, so erben sie auf jeder Seite zu gleichen Teilen.
³ An die Stelle eines vorverstorbenen Grossvaters oder einer vorver­storbenen Grossmutter treten ihre Nachkommen, und zwar in allen Graden nach Stämmen.
⁴ Ist der Grossvater oder die Grossmutter auf der väterlichen oder der mütterlichen Seite vorverstorben, und fehlt es auch an Nachkommen des Vorverstorbenen, so fällt die ganze Hälfte an die vorhandenen Erben der gleichen Seite.
⁵ Fehlt es an Erben der väterlichen oder der mütterlichen Seite, so fällt die ganze Erbschaft an die Erben der andern Seite.
IV. Umfang der Erbberechtigung
Art. 460 ⁴⁴⁶
Mit dem Stamm der Grosseltern hört die Erbberechtigung der Ver­wandten auf.
⁴⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
Art. 461 ⁴⁴⁷
⁴⁴⁷ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 25. Juni 1976, mit Wirkung seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

B. Überlebende Ehegatten und überlebende ein­ge­tragene Partnerinnen oder Partner

Art. 462 ⁴⁴⁸
Überlebende Ehegatten und überlebende eingetragene Partnerinnen oder Partner erhalten:
1. wenn sie mit Nachkommen zu teilen haben, die Hälfte der Erbschaft;
2. wenn sie mit Erben des elterlichen Stammes zu teilen haben, drei Viertel der Erbschaft;
3. wenn auch keine Erben des elterlichen Stammes vorhanden sind, die ganze Erbschaft.
⁴⁴⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
Art. 463–464 ⁴⁴⁹
⁴⁴⁹ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wirkung seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 ; BBl 1979 II 1191 ).

C. ...

Art. 465 ⁴⁵⁰
⁴⁵⁰ Aufgehoben durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, mit Wirkung seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Siehe jedoch Art. 12a SchlT hiernach.

D. Gemeinwesen

Art. 466 ⁴⁵¹
Hinterlässt der Erblasser keine Erben, so fällt die Erbschaft an den Kanton, in dem der Erblasser den letzten Wohnsitz gehabt hat, oder an die Gemeinde, die von der Gesetzgebung dieses Kantons als be­rech­tigt bezeichnet wird.
⁴⁵¹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).

Vierzehnter Titel: Die Verfügungen von Todes wegen

Erster Abschnitt: Die Verfügungsfähigkeit

A. Letztwillige Ver­fügung
Art. 467
Wer urteilsfähig ist und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, ist be­fugt, unter Beob­achtung der gesetzlichen Schranken und Formen über sein Vermögen letztwillig zu verfügen.
B. Erbvertrag
Art. 468 ⁴⁵²
¹ Wer urteilsfähig ist und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, kann als Erblasser einen Erbvertrag abschliessen.
² Personen unter einer Beistandschaft, die den Abschluss eines Erbvertrags umfasst, bedürfen der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters.
⁴⁵² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
C. Mangelhafter Wille
Art. 469
¹ Verfügungen, die der Erblasser unter dem Einfluss von Irrtum, arg­listiger Täu­schung, Drohung oder Zwang errichtet hat, sind ungültig.
² Sie erlangen jedoch Gültigkeit, wenn sie der Erblasser nicht binnen Jahresfrist aufhebt, nachdem er von dem Irrtum oder von der Täu­schung Kenntnis erhalten hat oder der Einfluss von Zwang oder Drohung weggefallen ist.
³ Enthält eine Verfügung einen offenbaren Irrtum in Bezug auf Perso­nen oder Sa­chen, und lässt sich der wirkliche Wille des Erblassers mit Bestimmtheit feststel­len, so ist die Verfügung in diesem Sinne richtig zu stellen.

Zweiter Abschnitt: Die Verfügungsfreiheit

A. Verfügbarer Teil
I. Umfang der Ver­fügungs­befugnis
Art. 470
¹ Wer Nachkommen, Eltern, den Ehegatten, eine eingetragene Partnerin oder einen eingetragenen Partner hinterlässt, kann bis zu deren Pflichtteil über sein Vermögen von Todes wegen verfügen.⁴⁵³
² Wer keine der genannten Erben hinterlässt, kann über sein ganzes Vermögen von Todes wegen verfügen.
⁴⁵³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
II. Pflichtteil
Art. 471 ⁴⁵⁴
Der Pflichtteil beträgt:
1. für einen Nachkommen drei Viertel des gesetzlichen Erb­anspru­ches;
2. für jedes der Eltern die Hälfte;
3.⁴⁵⁵
für den überlebenden Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner die Hälfte.
⁴⁵⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
⁴⁵⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
III. ...
Art. 472 ⁴⁵⁶
⁴⁵⁶ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wirkung seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 ; BBl 1979 II 1191 ).
IV. Begünsti­gung des Ehe­gatten
Art. 473
¹ Der Erblasser kann dem überlebenden Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen gegenüber den gemeinsamen Nachkommen die Nutz­niessung an dem ganzen ihnen zufallenden Teil der Erbschaft zuwenden.⁴⁵⁷
² Diese Nutzniessung tritt an die Stelle des dem Ehegatten neben die­sen Nachkommen zustehenden gesetzlichen Erbrechts. Neben dieser Nutzniessung beträgt der verfügbare Teil einen Viertel des Nach­lasses.⁴⁵⁸
³ Im Falle der Wiederverheiratung entfällt die Nutzniessung auf je­nem Teil der Erbschaft, der im Zeitpunkt des Erbganges nach den or­dent­lichen Bestimmungen über den Pflichtteil der Nachkommen nicht hätte mit der Nutzniessung belastet werden können.⁴⁵⁹
⁴⁵⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 5. Okt 2001, in Kraft seit 1. März 2002 ( AS 2002 269 ; BBl 2001 1121 2011 2111 ).
⁴⁵⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 5. Okt 2001, in Kraft seit 1. März 2002 ( AS 2002 269 ; BBl 2001 1121 2011 2111 ).
⁴⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
V. Berechnung des verfügbaren Teils
Art. 474
¹ Der verfügbare Teil berechnet sich nach dem Stande des Vermö­gens zur Zeit des Todes des Erblassers.
² Bei der Berechnung sind die Schulden des Erblassers, die Auslagen für das Be­gräbnis, für die Siegelung und Inventaraufnahme sowie die Ansprüche der Hausge­nossen auf Unterhalt während eines Mo­nats von der Erbschaft abzuziehen.
Art. 475
Die Zuwendungen unter Lebenden werden insoweit zum Vermö­gen hinzugerech­net, als sie der Herabsetzungsklage unterstellt sind.
Art. 476
Ist ein auf den Tod des Erblassers gestellter Versicherungsanspruch mit Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen zugunsten ei­nes Dritten begründet oder bei Lebzeiten des Erblassers unentgeltlich auf einen Dritten übertragen worden, so wird der Rückkaufswert des Ver­sicherungsanspruches im Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu des­sen Vermögen gerechnet.
B. Enterbung
I. Gründe
Art. 477
Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen einem Erben den Pflichtteil zu entziehen:
1.⁴⁶⁰
wenn der Erbe gegen den Erblasser oder gegen eine diesem nahe verbundene Person eine schwere Straftat begangen hat;
2. wenn er gegenüber dem Erblasser oder einem von dessen Ange­hörigen die ihm obliegenden familienrechtlichen Pflich­ten schwer verletzt hat.
⁴⁶⁰ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
II. Wirkung
Art. 478
¹ Der Enterbte kann weder an der Erbschaft teilnehmen noch die Her­abset­zungsklage geltend machen.
² Der Anteil des Enterbten fällt, sofern der Erblasser nicht anders ver­fügt hat, an die gesetzlichen Erben des Erblassers, wie wenn der Ent­erbte den Erbfall nicht er­lebt hätte.
³ Die Nachkommen des Enterbten behalten ihr Pflichtteilsrecht, wie wenn der Ent­erbte den Erbfall nicht erlebt hätte.
III. Beweislast
Art. 479
¹ Eine Enterbung ist nur dann gültig, wenn der Erblasser den Ent­erbungsgrund in seiner Verfügung angegeben hat.
² Ficht der Enterbte die Enterbung wegen Unrichtigkeit dieser Anga­be an, so hat der Erbe oder Bedachte, der aus der Enterbung Vorteil zieht, deren Richtigkeit zu beweisen.
³ Kann dieser Nachweis nicht erbracht werden oder ist ein Ent­erbungsgrund nicht angegeben, so wird die Verfügung insoweit auf­recht erhalten, als sich dies mit dem Pflichtteil des Enterbten ver­trägt, es sei denn, dass der Erblasser die Verfügung in einem offen­baren Irrtum über den Enterbungsgrund getroffen hat.
IV. Enterbung eines Zahlungs­unfähigen
Art. 480
¹ Bestehen gegen einen Nachkommen des Erblassers Verlustscheine, so kann ihm der Erblasser die Hälfte seines Pflichtteils entziehen, wenn er diese den vorhandenen und später geborenen Kindern des­sel­ben zuwendet.
² Diese Enterbung fällt jedoch auf Begehren des Enterbten dahin, wenn bei der Er­öffnung des Erbganges Verlustscheine nicht mehr bestehen, oder wenn deren Ge­samtbetrag einen Vierteil des Erbteils nicht übersteigt.

Dritter Abschnitt: Die Verfügungsarten

A. Im Allgemeinen
Art. 481
¹ Der Erblasser kann in den Schranken der Verfügungsfreiheit über sein Ver­mögen mit letztwilliger Verfügung oder mit Erbvertrag ganz oder teilweise verfü­gen.
² Der Teil, über den er nicht verfügt hat, fällt an die gesetzlichen Erben.
B. Auflagen und Bedingungen
Art. 482
¹ Der Erblasser kann seinen Verfügungen Auflagen oder Bedingungen anfügen, deren Vollziehung, sobald die Verfügung zur Ausführung gelangt ist, jedermann ver­langen darf, der an ihnen ein Interesse hat.
² Unsittliche oder rechtswidrige Auflagen und Bedingungen machen die Verfügung ungültig.
³ Sind sie lediglich für andere Personen lästig oder sind sie unsinnig, so werden sie als nicht vorhanden betrachtet.
⁴ Wird ein Tier mit einer Zuwendung von Todes wegen bedacht, so gilt die entsprechende Verfügung als Auflage, für das Tier tiergerecht zu sorgen.⁴⁶¹
⁴⁶¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
C. Erbeinsetzung
Art. 483
¹ Der Erblasser kann für die ganze Erbschaft oder für einen Bruchteil einen oder mehrere Erben einsetzen.
² Als Erbeinsetzung ist jede Verfügung zu betrachten, nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt oder zu einem Bruchteil erhalten soll.
D. Vermächtnis
I. Inhalt
Art. 484
¹ Der Erblasser kann einem Bedachten, ohne ihn als Erben einzuset­zen, einen Vermögensvorteil als Vermächtnis zuwenden.
² Er kann ihm eine einzelne Erbschaftssache oder die Nutzniessung an der Erb­schaft im ganzen oder zu einem Teil vermachen oder die Erben oder Vermächtnis­nehmer beauftragen, ihm Leistungen aus dem Werte der Erb­schaft zu machen oder ihn von Verbindlichkeiten zu be­freien.
³ Vermacht der Erblasser eine bestimmte Sache, so wird der Beschwerte, wenn sich diese in der Erbschaft nicht vorfindet und kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist, nicht verpflichtet.
II. Verpflichtung des Be­schwer­ten
Art. 485
¹ Die Sache ist dem Bedachten in dem Zustande und in der Beschaf­fenheit, mit Schaden und mit Zuwachs, frei oder belastet auszulie­fern, wie sie sich zur Zeit der Eröffnung des Erbganges vorfindet.
² Für Aufwendungen, die der Beschwerte seit der Eröffnung des Erb­ganges auf die Sache gemacht hat, sowie für Verschlechterungen, die seither eingetreten sind, steht er in den Rechten und Pflichten eines Geschäftsführers ohne Auftrag.
III. Verhältnis zur Erbschaft
Art. 486
¹ Übersteigen die Vermächtnisse den Betrag der Erbschaft oder der Zuwendung an den Beschwerten oder den verfügbaren Teil, so kann ihre verhältnismässige Herab­setzung verlangt werden.
² Erleben die Beschwerten den Tod des Erblassers nicht, oder sind sie erbunwür­dig, oder erklären sie die Ausschlagung, so bleiben die Ver­mächtnisse gleichwohl in Kraft.
³ Hat der Erblasser ein Vermächtnis zugunsten eines der gesetzlichen oder einge­setzten Erben aufgestellt, so kann dieser es auch dann be­an­spruchen, wenn er die Erbschaft ausschlägt.
E. Ersatz­verfügung
Art. 487
Der Erblasser kann in seiner Verfügung eine oder mehrere Personen bezeich­nen, denen die Erbschaft oder das Vermächtnis für den Fall des Vorabsterbens oder der Ausschlagung des Erben oder Ver­mächt­nis­nehmers zufallen soll.
F. Nacher­ben­einset­zung
I. Bezeichnung des Nacherben
Art. 488
¹ Der Erblasser ist befugt, in seiner Verfügung den eingesetzten Er­ben als Vorer­ben zu verpflichten, die Erbschaft einem andern als Nach­erben auszuliefern.
² Dem Nacherben kann eine solche Pflicht nicht auferlegt werden.
³ Die gleichen Bestimmungen gelten für das Vermächtnis.
II. Zeitpunkt der Auslieferung
Art. 489
¹ Als Zeitpunkt der Auslieferung ist, wenn die Verfügung es nicht anders bestimmt, der Tod des Vorerben zu betrachten.
² Wird ein anderer Zeitpunkt genannt, und ist dieser zur Zeit des Todes des Vorerben noch nicht eingetreten, so geht die Erbschaft gegen Sicherstellung auf die Erben des Vorerben über.
³ Kann der Zeitpunkt aus irgendeinem Grunde nicht mehr eintreten, so fällt die Erbschaft vorbehaltlos an die Erben des Vorerben.
III. Siche­rungs­mittel
Art. 490
¹ In allen Fällen der Nacherbeneinsetzung hat die zuständige Behörde die Aufnah­me eines Inventars anzuordnen.
² Die Auslieferung der Erbschaft an den Vorerben erfolgt, sofern ihn der Erblasser nicht ausdrücklich von dieser Pflicht befreit hat, nur gegen Sicherstellung, die bei Grundstücken durch Vormerkung der Aus­lieferungspflicht im Grundbuch geleistet werden kann.
³ Vermag der Vorerbe diese Sicherstellung nicht zu leisten, oder ge­fährdet er die Anwartschaft des Nacherben, so ist die Erbschaftsver­waltung anzuordnen.
IV. Rechts­stellung
Art. 491
¹ Der Vorerbe erwirbt die Erbschaft wie ein anderer eingesetzter Er­be.
² Er wird Eigentümer der Erbschaft unter der Pflicht zur Ausliefe­rung.
Art. 492
¹ Der Nacherbe erwirbt die Erbschaft des Erblassers, wenn er den für die Ausliefe­rung bestimmten Zeitpunkt erlebt hat.
² Erlebt er diesen Zeitpunkt nicht, so verbleibt die Erbschaft, wenn der Erblasser nicht anders verfügt hat, dem Vorerben.
³ Erlebt der Vorerbe den Tod des Erblassers nicht, oder ist er erb­unwürdig, oder schlägt er die Erbschaft aus, so fällt sie an den Nach­erben.
V. Urteils­unfähige Nachkommen
Art. 492 a ⁴⁶²
¹ Ist ein Nachkomme dauernd urteilsunfähig und hinterlässt er weder Nachkommen noch einen Ehegatten, so kann der Erblasser eine Nacherbeneinsetzung auf den Überrest anordnen.
² Die Nacherbeneinsetzung fällt von Gesetzes wegen dahin, wenn der Nachkomme wider Erwarten urteilsfähig wird.
⁴⁶² Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
G. Stiftungen
Art. 493
¹ Der Erblasser ist befugt, den verfügbaren Teil seines Vermögens ganz oder teil­weise für irgendeinen Zweck als Stiftung zu widmen.
² Die Stiftung ist jedoch nur dann gültig, wenn sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
H. Erbverträge
I. Erb­einset­zungs- und Ver­mächtnis­vertrag
Art. 494
¹ Der Erblasser kann sich durch Erbvertrag einem andern gegenüber verpflichten, ihm oder einem Dritten seine Erbschaft oder ein Ver­mächtnis zu hinterlassen.
² Er kann über sein Vermögen frei verfügen.
³ Verfügungen von Todes wegen oder Schenkungen, die mit seinen Verpflichtun­gen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, unterlie­gen jedoch der Anfechtung.
II. Erbverzicht
Art. 495
¹ Der Erblasser kann mit einem Erben einen Erbverzichtvertrag oder Erbauskauf abschliessen.
² Der Verzichtende fällt beim Erbgang als Erbe ausser Betracht.
³ Wo der Vertrag nicht etwas anderes anordnet, wirkt der Erbverzicht auch gegenü­ber den Nachkommen des Verzichtenden.
Art. 496
¹ Sind im Erbvertrag bestimmte Erben an Stelle des Verzichtenden eingesetzt, so fällt der Verzicht dahin, wenn diese die Erbschaft aus irgendeinem Grunde nicht erwerben.
² Ist der Verzicht zugunsten von Miterben erfolgt, so wird vermutet, dass er nur gegenüber den Erben des Stammes, der sich vom näch­sten ihnen gemeinsamen Vorfahren ableitet, ausgesprochen sei und gegen­über entfernteren Erben nicht be­stehe.
Art. 497
Ist der Erblasser zur Zeit der Eröffnung des Erbganges zahlungs­unfähig, und werden seine Gläubiger von den Erben nicht befriedigt, so können der Ver­zichtende und seine Erben insoweit in Anspruch genommen werden, als sie für den Erbverzicht innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tode des Erblassers aus des­sen Vermögen eine Gegen­leistung erhalten haben und hieraus zur Zeit des Erbgan­ges noch be­reichert sind.

Vierter Abschnitt: Die Verfügungsformen

A. Letztwillige Verfügungen
I. Errichtung
Art. 498
Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung entweder mit öffent­licher Beur­kundung oder eigenhändig oder durch mündliche Erklä­rung errichten.
Art. 499
Die öffentliche letztwillige Verfügung erfolgt unter Mitwirkung von zwei Zeugen vor dem Beamten, Notar oder einer anderen Urkunds­­person, die nach kantonalem Recht mit diesen Geschäften betraut sind.
Art. 500
¹ Der Erblasser hat dem Beamten seinen Willen mitzuteilen, worauf dieser die Ur­kunde aufsetzt oder aufsetzen lässt und dem Erblasser zu lesen gibt.
² Die Urkunde ist vom Erblasser zu unterschreiben.
³ Der Beamte hat die Urkunde zu datieren und ebenfalls zu unter­schreiben.
Art. 501
¹ Der Erblasser hat unmittelbar nach der Datierung und Unterzeich­nung den zwei Zeugen in Gegenwart des Beamten zu erklären, dass er die Urkunde gelesen habe und dass sie seine letztwillige Verfü­gung enthalte.
² Die Zeugen haben auf der Urkunde mit ihrer Unterschrift zu bestä­ti­gen, dass der Erblasser vor ihnen diese Erklärung abgegeben und dass er sich nach ihrer Wahr­nehmung dabei im Zustande der Verfü­gungs­fähigkeit befunden habe.
³ Es ist nicht erforderlich, dass die Zeugen vom Inhalt der Urkunde Kenntnis erhal­ten.
Art. 502
¹ Wenn der Erblasser die Urkunde nicht selbst liest und unter­schreibt, so hat sie ihm der Beamte in Gegenwart der beiden Zeugen vorzule­sen, und der Erblasser hat daraufhin zu erklären, die Urkunde enthalte seine Verfügung.
² Die Zeugen haben in diesem Falle nicht nur die Erklärung des Erb­lassers und ih­re Wahrnehmung über seine Verfügungsfähigkeit zu bezeugen, sondern auch mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass die Urkunde in ihrer Gegenwart dem Erblas­ser vom Beamten vorge­lesen worden sei.
Art. 503
¹ Personen, die nicht handlungsfähig sind, die sich infolge eines str­af­gerichtlichen Urteils nicht im Besitz der bürgerlichen Ehren und Rechte⁴⁶³ befinden, oder die des Schreibens und Lesens unkundig sind, sowie die Verwandten⁴⁶⁴ in gerader Linie und Geschwister des Erblas­sers und deren Ehegatten und der Ehegatte des Erblassers selbst kön­nen bei der Errichtung der öffentlichen Verfügung weder als beur­kundender Beamter noch als Zeugen mitwirken.
² Der beurkundende Beamte und die Zeugen sowie die Verwandten in gerader Li­nie und die Geschwister oder Ehegatten dieser Perso­nen dürfen in der Verfügung nicht bedacht werden.
⁴⁶³ Die Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit infolge eines strafgerichtlichen Urteils ist abgeschafft (siehe AS 1971 777 ; BBl 1965 I 561 und AS 1974 55 ; BBl 1974 I 1457 ).
⁴⁶⁴ Fassung dieses Wortes gemäss Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
Art. 504
Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass die mit der Beurkundung betrauten Beamten die Verfügungen im Original oder in einer Abschrift entweder selbst aufbewahren oder einer Amtsstelle zur Auf­be­wahrung übergeben.
Art. 505
¹ Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unter­schrift zu versehen.⁴⁶⁵
² Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder ver­schlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben wer­den können.
⁴⁶⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 1995, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 4882 ; BBl 1994 III 516 , V 607 ).
Art. 506
¹ Ist der Erblasser infolge ausserordentlicher Umstände, wie nahe Todesgefahr, Verkehrssperre, Epidemien oder Kriegsereignisse ver­hin­dert, sich einer der andern Errichtungsformen zu bedienen, so ist er befugt, eine mündliche letztwillige Verfügung zu errichten.
² Zu diesem Zwecke hat er seinen letzten Willen vor zwei Zeugen zu erklären und sie zu beauftragen, seiner Verfügung die nötige Beur­kun­dung zu verschaffen.
³ Für die Zeugen gelten die gleichen Ausschliessungsvorschriften wie bei der öf­fentlichen Verfügung.
Art. 507
¹ Die mündliche Verfügung ist sofort von einem der Zeugen unter Angabe von Ort, Jahr, Monat und Tag der Errichtung in Schrift zu ver­fas­sen, von beiden Zeugen zu unterschreiben und hierauf mit der Erklä­rung, dass der Erblasser ihnen im Zustan­de der Verfügungsfä­hig­keit unter den obwaltenden besonderen Umständen diesen seinen letzten Willen mitgeteilt habe, ohne Verzug bei einer Gerichtsbehör­de nie­der­zulegen.
² Die beiden Zeugen können stattdessen die Verfügung mit der glei­chen Erklärung bei einer Gerichtsbehörde zu Protokoll geben.
³ Errichtet der Erblasser die mündliche Verfügung im Militärdienst, so kann ein Offizier mit Hauptmanns- oder höherem Rang die Ge­richts­behörde ersetzen.
Art. 508
Wird es dem Erblasser nachträglich möglich, sich einer der andern Verfügungs­formen zu bedienen, so verliert nach 14 Tagen, von die­sem Zeitpunkt an gerechnet, die mündliche Verfügung ihre Gültig­keit.
II. Widerruf und Vernichtung
Art. 509
¹ Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung jederzeit in einer der Formen widerrufen, die für die Errichtung vorgeschrieben sind.
² Der Widerruf kann die Verfügung ganz oder zum Teil beschlagen.
Art. 510
¹ Der Erblasser kann seine letztwillige Verfügung dadurch widerru­fen, dass er die Urkunde vernichtet.
² Wird die Urkunde durch Zufall oder aus Verschulden anderer ver­nichtet, so ver­liert die Verfügung unter Vorbehalt der Ansprüche auf Schadenersatz gleichfalls ihre Gültigkeit, insofern ihr Inhalt nicht genau und vollständig festgestellt werden kann.
Art. 511
¹ Errichtet der Erblasser eine letztwillige Verfügung, ohne eine frü­her errichtete ausdrücklich aufzuheben, so tritt sie an die Stelle der frühe­ren Verfügung, soweit sie sich nicht zweifellos als deren blosse Er­gän­zung darstellt.
² Ebenso wird eine letztwillige Verfügung über eine bestimmte Sache dadurch auf­gehoben, dass der Erblasser über die Sache nachher eine Verfügung trifft, die mit jener nicht vereinbar ist.
B. Erbverträge
I. Errichtung
Art. 512
¹ Der Erbvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Form der öffentli­chen letztwilligen Verfügung.
² Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklä­ren und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben.
II. Aufhebung
Art. 513
¹ Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftli­che Übereinkunft aufgehoben werden.
² Der Erblasser kann einseitig einen Erbeinsetzungs- oder Ver­mächt­nisvertrag auf­heben, wenn sich der Erbe oder Bedachte nach dem Abschluss des Vertrages dem Erblasser gegenüber eines Verhal­tens schuldig macht, das einen Enterbungsgrund darstellt.
³ Die einseitige Aufhebung hat in einer der Formen zu erfolgen, die für die Errich­tung der letztwilligen Verfügungen vorgeschrieben sind.
Art. 514
Wer auf Grund eines Erbvertrages Leistungen unter Lebenden zu for­dern hat, kann, wenn sie nicht vertragsgemäss erfüllt oder sicher­gestellt werden, nach den Bestimmungen des Obligationenrechtes⁴⁶⁶ den Rücktritt erklären.
⁴⁶⁶ SR 220
Art. 515
¹ Erlebt der Erbe oder Vermächtnisnehmer den Tod des Erblassers nicht, so fällt der Vertrag dahin.
² Ist der Erblasser zur Zeit des Todes des Erben aus dem Vertrage bereichert, so können die Erben des Verstorbenen, wenn es nicht anders bestimmt ist, diese Be­reicherung herausverlangen.
C. Verfügungs­be­schränkung
Art. 516
Tritt für den Erblasser nach Errichtung einer Verfügung von Todes wegen eine Beschränkung der Verfügungsfreiheit ein, so wird die Verfügung nicht aufge­hoben, wohl aber der Herabsetzungsklage unter­stellt.

Fünfter Abschnitt: Die Willensvollstrecker

A. Erteilung des Auftrages
Art. 517
¹ Der Erblasser kann in einer letztwilligen Verfügung eine oder meh­rere handlungsfähige Personen mit der Vollstreckung seines Willens beauftragen.
² Dieser Auftrag ist ihnen von Amtes wegen mitzuteilen, und sie haben sich binnen 14 Tagen, von dieser Mitteilung an gerechnet, über die Annahme des Auftrages zu erklären, wobei ihr Stillschweigen als Annahme gilt.
³ Sie haben Anspruch auf angemessene Vergütung für ihre Tätigkeit.
B. Inhalt des Auftra­ges
Art. 518
¹ Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsver­walters.
² Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten ins­besondere als be­auftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Tei­lung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen.
³ Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers ge­meinsam zu.

Sechster Abschnitt: Die Ungültigkeit und Herabsetzung der Verfügungen

A. Ungültig­keits­kla­ge
I. Bei Verfü­gungsunfähig­keit, man­gel­haftem Willen, Rechtswidrigkeit und Unsittlich­keit
Art. 519
¹ Eine Verfügung von Todes wegen wird auf erhobene Klage für ungültig erklärt:
1. wenn sie vom Erblasser zu einer Zeit errichtet worden ist, da er nicht verfü­gungsfähig war;
2. wenn sie aus mangelhaftem Willen hervorgegangen ist;
3. wenn ihr Inhalt oder eine ihr angefügte Bedingung unsittlich oder rechtswidrig ist.
² Die Ungültigkeitsklage kann von jedermann erhoben werden, der als Erbe oder Bedachter ein Interesse daran hat, dass die Verfügung für ungültig erklärt werde.
II. Bei Form­mangel
⁴⁶⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 23. Juni 1995, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 4882 ; BBl 1994 III 516 , V 607 ).
Art. 520
¹ Leidet die Verfügung an einem Formmangel, so wird sie auf erho­bene Klage für ungültig erklärt.
² Liegt die Formwidrigkeit in der Mitwirkung von Personen, die sel­ber oder deren Angehörige in der Verfügung bedacht sind, so werden nur diese Zuwendungen für ungültig erklärt.
³ Für das Recht zur Klage gelten die gleichen Vorschriften wie im Falle der Verfü­gungsunfähigkeit.
Art. 520 a ⁴⁶⁸
Liegt der Mangel einer eigenhändigen letztwilligen Verfügung darin, dass Jahr, Monat oder Tag nicht oder unrichtig angegeben sind, so kann sie nur dann für ungültig erklärt werden, wenn sich die erforder­lichen zeitlichen Angaben nicht auf andere Weise feststellen lassen und das Datum für die Beurteilung der Verfügungsfähigkeit, der Rei­henfolge mehrerer Verfügungen oder einer anderen, die Gültigkeit der Verfügung betreffenden Frage notwendig ist.
⁴⁶⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 23. Juni 1995, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 4882 ; BBl 1994 III 516 , V 607 ).
III. Verjährung
Art. 521
¹ Die Ungültigkeitsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres, von dem Zeitpunkt an gerechnet, da der Kläger von der Verfügung und dem Ungültigkeitsgrund Kenntnis erhalten hat, und in jedem Falle mit Ablauf von zehn Jahren, vom Tage der Eröff­nung der Verfügung an ge­rechnet.
² Gegenüber einem bösgläubigen Bedachten verjährt sie im Falle der Verfügungs­unfähigkeit des Erblassers oder der Rechtswidrig­keit oder Unsittlichkeit unter al­len Umständen erst mit dem Ab­lauf von 30 Jah­ren.
³ Einredeweise kann die Ungültigkeit einer Verfügung jederzeit gel­tend gemacht werden.
B. Herab­­setzungs­klage
I. Voraus­setzungen
Art. 522
¹ Hat der Erblasser seine Verfügungsbefugnis überschritten, so kön­nen die Erben, die nicht dem Werte nach ihren Pflichtteil erhalten, die Herabsetzung der Verfü­gung auf das erlaubte Mass verlangen.
² Enthält die Verfügung Bestimmungen über die Teile der gesetz­lichen Erben, so sind sie, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist, als blosse Teilungsvorschriften aufzu­fassen.
Art. 523
Enthält eine Verfügung von Todes wegen Zuwendungen an mehrere pflicht­teilsberechtigte Erben im Sinne einer Begünstigung, so findet bei Überschrei­tung der Verfügungsbefugnis unter den Miterben eine Herabsetzung im Verhältnis der Beträge statt, die ihnen über ihren Pflichtteil hinaus zugewendet sind.
Art. 524
¹ Die Konkursverwaltung eines Erben oder dessen Gläubiger die zur Zeit des Erb­ganges Verlustscheine besitzen, können, wenn der Erb­las­ser den verfügbaren Teil zum Nachteil des Erben überschritten hat und dieser auf ihre Aufforde­rung hin die Herabsetzungsklage nicht anhebt, innerhalb der dem Erben gegebenen Frist die Herabsetzung verlangen, soweit dies zu ihrer Deckung erforderlich ist.
² Die gleiche Befugnis besteht auch gegenüber einer Enterbung, die der Enterbte nicht anficht.
II. Wirkung
Art. 525
¹ Die Herabsetzung erfolgt für alle eingesetzten Erben und Bedachten im gleichen Verhältnis, soweit nicht aus der Verfügung ein anderer Wille des Erblassers er­sichtlich ist.
² Wird die Zuwendung an einen Bedachten, der zugleich mit Ver­mächtnissen be­schwert ist, herabgesetzt, so kann er unter dem glei­chen Vorbehalt verlangen, dass auch diese Vermächtnisse verhält­nis­mässig herabgesetzt werden.
Art. 526
Gelangt das Vermächtnis einer einzelnen Sache, die ohne Schädi­gung ihres Wertes nicht geteilt werden kann, zur Herab­setzung, so kann der Bedachte entweder gegen Vergütung des Mehrbetra­ges die Sache selbst oder anstatt der Sache den verfüg­baren Be­trag beanspruchen.
Art. 527
Der Herabsetzung unterliegen wie die Verfügungen von Todes we­gen:
1. die Zuwendungen auf Anrechnung an den Erbteil, als Heirats­gut, Ausstattung oder Vermögensabtretung, wenn sie nicht der Aus­gleichung unterworfen sind;
2. die Erbabfindungen und Auskaufsbeträge;
3. die Schenkungen, die der Erblasser frei widerrufen konnte, oder die er wäh­rend der letzten fünf Jahre vor seinem Tode ausge­rich­tet hat, mit Ausnahme der üblichen Gelegen­heits­geschenke;
4. die Entäusserung von Vermögenswerten, die der Erblasser offen­bar zum Zwecke der Umgehung der Verfügungs­be­schrän­kung vorgenommen hat.
Art. 528
¹ Wer sich in gutem Glauben befindet, ist zu Rückleistungen nur in­so­weit verbun­den, als er zur Zeit des Erbganges aus dem Rechts­geschäfte mit dem Erblasser noch bereichert ist.
² Muss sich der durch Erbvertrag Bedachte eine Herabsetzung gefal­len lassen, so ist er befugt, von der dem Erblasser gemachten Gegen­lei­s­tung einen entsprechen­den Betrag zurückzufordern.
Art. 529
Versicherungsansprüche auf den Tod des Erblassers, die durch Ver­fügung unter Lebenden oder von Todes wegen zugunsten eines Drit­ten begründet oder bei Leb­zeiten des Erblassers unentgeltlich auf ei­nen Dritten übertragen worden sind, un­terliegen der Herabsetzung mit ihrem Rückkaufswert.
Art. 530
Hat der Erblasser seine Erbschaft mit Nutzniessungsansprüchen und Renten derart beschwert, dass deren Kapitalwert nach der mutmass­lichen Dauer der Leistungs­pflicht den verfügbaren Teil der Erb­schaft übersteigt, so können die Erben entwe­der eine verhältnis­mässige Her­absetzung der Ansprüche oder, unter Überlassung des verfügba­ren Teiles der Erbschaft an die Bedachten, deren Ablösung verlangen.
Art. 531 ⁴⁶⁹
Eine Nacherbeneinsetzung ist gegenüber einem pflichtteilsberechtigten Erben im Umfang des Pflichtteils ungültig; vorbehalten bleibt die Bestimmung über urteilsunfähige Nachkommen.
⁴⁶⁹ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
III. Durch­führung
Art. 532
Der Herabsetzung unterliegen in erster Linie die Verfügungen von Todes wegen und sodann die Zuwendungen unter Lebenden, und zwar diese in der Weise, dass die spätern vor den frühern herabge­setzt wer­den, bis der Pflichtteil hergestellt ist.
IV. Verjährung
Art. 533
¹ Die Herabsetzungsklage verjährt mit Ablauf eines Jahres von dem Zeitpunkt an gerechnet, da die Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, und in jedem Fall mit Ablauf von zehn Jah­ren, die bei den letztwilligen Verfügun­gen von dem Zeit­punkte der Eröffnung, bei den andern Zuwendungen aber vom Tode des Erb­lassers an gerechnet werden.
² Ist durch Ungültigerklärung einer späteren Verfügung eine frühere gültig gewor­den, so beginnen die Fristen mit diesem Zeitpunkte.
³ Einredeweise kann der Herabsetzungsanspruch jederzeit geltend gemacht werden.

Siebenter Abschnitt: Klagen aus Erbverträgen

A. Ansprüche bei Ausrichtung zu Leb­zeiten des Erblassers
Art. 534
¹ Überträgt der Erblasser sein Vermögen bei Lebzeiten auf den Ver­tragserben, so kann dieser ein öffentliches Inventar aufnehmen las­sen.
² Hat der Erblasser nicht alles Vermögen übertragen oder nach der Übertra­gung Vermögen erworben, so bezieht sich der Vertrag unter Vorbehalt einer anderen Anordnung nur auf das übertragene Vermögen.
³ Soweit die Übergabe bei Lebzeiten stattgefunden hat, gehen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag unter Vorbehalt einer anderen Anord­nung auf die Erben des ein­gesetzten Erben über.
B. Ausgleichung beim Erbverzicht
I. Herabsetzung
Art. 535
¹ Hat der Erblasser dem verzichtenden Erben bei Lebzeiten Leistun­gen ge­macht, die den verfügbaren Teil seiner Erbschaft übersteigen, so können die Miterben die Herabsetzung verlangen.
² Der Herabsetzung unterliegt die Verfügung jedoch nur für den Betrag, um den sie den Pflichtteil des Verzichtenden übersteigt.
³ Die Anrechnung der Leistungen erfolgt nach den gleichen Vor­schrif­ten wie bei der Ausgleichung.
II. Rückleistung
Art. 536
Wird der Verzichtende auf Grund der Herabsetzung zu einer Rück­leistung an die Erbschaft verpflichtet, so hat er die Wahl, entweder diese Rückleistung auf sich zu nehmen oder die ganze Leistung in die Tei­lung einzuwerfen und an dieser teil­zunehmen, als ob er nicht ver­zich­tet hätte.

Zweite Abteilung: Der Erbgang

Fünfzehnter Titel: Die Eröffnung des Erbganges

A. Voraus­setzung auf Seite des Erblas­sers

Art. 537
¹ Der Erbgang wird durch den Tod des Erblassers eröffnet.
² Insoweit den Zuwendungen und Teilungen, die bei Lebzeiten des Erb­lassers er­folgt sind, erbrechtliche Bedeutung zukommt, werden sie nach dem Stande der Erbschaft berücksichtigt, wie er beim Tode des Erblassers vorhanden ist.

B. Ort der Eröffnung ⁴⁷⁰

⁴⁷⁰ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
Art. 538
¹ Die Eröffnung des Erbganges erfolgt für die Gesamtheit des Ver­mögens am letz­ten Wohnsitze des Erblassers.
² ...⁴⁷¹
⁴⁷¹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).

C. Voraus­set­zungen auf Seite des Erben

I. Fähigkeit
1. Rechts­fähigkeit
Art. 539
¹ Jedermann ist fähig, Erbe zu sein und aus Verfügungen von Todes wegen zu er­werben, sobald er nicht nach Vorschrift des Gesetzes erb­unfähig ist.
² Zuwendungen mit Zweckbestimmung an eine Mehrheit von Perso­nen insgesamt werden, wenn dieser das Recht der Persönlichkeit nicht zukommt, von allen Zuge­hörigen unter der vom Erblasser auf­gestell­ten Zweckbestimmung erworben oder gelten, wo dieses nicht angeht, als Stiftung.
2. Erb­unwürdig­keit
Art. 540
¹ Unwürdig, Erbe zu sein oder aus einer Verfügung von Todes wegen irgendetwas zu erwerben, ist:
1. wer vorsätzlich und rechtswidrig den Tod des Erblassers her­bei­geführt oder herbeizuführen versucht hat;
2. wer den Erblasser vorsätzlich und rechtswidrig in einen Zustand bleibender Verfügungsunfähigkeit gebracht hat;
3. wer den Erblasser durch Arglist, Zwang oder Drohung dazu ge­bracht oder daran verhindert hat, eine Verfügung von Todes we­gen zu errichten oder zu widerrufen;
4. wer eine Verfügung von Todes wegen vorsätzlich und rechts­widrig unter Um­ständen, die dem Erblasser deren Erneuerung nicht mehr ermöglichten, besei­tigt oder ungültig gemacht hat.
² Durch Verzeihung des Erblassers wird die Erbunwürdigkeit aufge­hoben.
Art. 541
¹ Die Unfähigkeit besteht nur für den Unwürdigen selbst.
² Seine Nachkommen beerben den Erblasser, wie wenn er vor dem Erb­lasser ge­storben wäre.
II. Erleben des Erb­ganges
1. Als Erbe
Art. 542
¹ Um die Erbschaft erwerben zu können, muss der Erbe den Erbgang in erb­fähigem Zustand erleben.
² Stirbt ein Erbe, nachdem er den Erbgang erlebt hat, so vererbt sich sein Recht an der Erbschaft auf seine Erben.
2. Als Ver­mächtnis­nehmer
Art. 543
¹ Der Vermächtnisnehmer erwirbt den Anspruch auf das Vermächt­nis, wenn er den Erbgang in erbfähigem Zustand erlebt hat.
² Stirbt er vor dem Erblasser, so fällt sein Vermächtnis, wenn kein anderer Wille aus der Verfügung nachgewiesen werden kann, zu­gun­s­ten desjenigen weg, der zur Ausrichtung verpflichtet gewesen wä­re.
3. Das Kind vor der Geburt
Art. 544
¹ Das Kind ist vom Zeitpunkt der Empfängnis an unter dem Vorbe­halt erbfä­hig, dass es lebendig geboren wird.
¹bis Erfordert es die Wahrung seiner Interessen, so errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft.⁴⁷²
² Wird das Kind tot geboren, so fällt es für den Erbgang ausser Betracht.⁴⁷³
⁴⁷² Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁴⁷³ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
4. Nacherben
Art. 545
¹ Auf dem Wege der Nacherbeneinsetzung oder des Nachvermächt­nis­ses kann die Erbschaft oder eine Erbschaftssache einer Person zu­ge­wendet werden, die zur Zeit des Erbfalles noch nicht lebt.
² Ist kein Vorerbe genannt, so gelten die gesetzlichen Erben als Vor­erben.

D. Verschollen­heit

I. Beerbung ei­nes Verschollenen
1. Erbgang ge­gen Si­cher­stellung
Art. 546
¹ Wird jemand für verschollen erklärt, so haben die Erben oder Bedachten vor der Auslieferung der Erbschaft für die Rückgabe des Vermögens an besser Be­rechtigte oder an den Verschollenen selbst Sicherheit zu leisten.
² Diese Sicherheit ist im Falle des Verschwindens in hoher Todes­gefahr auf fünf Jahre und im Falle der nachrichtlosen Abwesenheit auf 15 Jahre zu leisten, in kei­nem Falle aber länger als bis zu dem Tage, an dem der Verschollene 100 Jahre alt wäre.
³ Die fünf Jahre werden vom Zeitpunkte der Auslieferung der Erb­schaft und die 15 Jahre von der letzten Nachricht an gerechnet.
2. Aufhebung der Verschollen­heit und Rück­erstattung
Art. 547
¹ Kehrt der Verschollene zurück, oder machen besser Berechtigte ihre Ansprüche geltend, so haben die Eingewiesenen die Erbschaft nach den Besitzesregeln her­auszugeben.
² Den besser Berechtigten haften sie, wenn sie in gutem Glauben sind, nur während der Frist der Erbschaftsklage.
II. Erbrecht des Verschol­le­nen
Art. 548
¹ Kann für den Zeitpunkt des Erbganges Leben oder Tod eines Erben nicht nach­gewiesen werden, weil dieser verschwunden ist, so wird sein Anteil unter amtliche Verwaltung gestellt.
² Die Personen, denen bei Nichtvorhandensein des Verschwundenen sein Erbteil zugefallen wäre, haben das Recht, ein Jahr seit dem Verschwinden in hoher Todes­gefahr oder fünf Jahre seit der letzten Nach­richt über den Verschwundenen beim Gericht um die Verschol­len­erklärung und, nachdem diese erfolgt ist, um die Aus­händigung des Anteils nachzusuchen.
³ Die Auslieferung des Anteils erfolgt nach den Vorschriften über die Auslieferung an die Erben eines Verschollenen.
III. Verhältnis der beiden Fälle zuein­ander
Art. 549
¹ Haben die Erben des Verschollenen die Einweisung in sein Vermö­gen bereits erwirkt, so können sich seine Miterben, wenn ihm eine Erbschaft anfällt, hierauf berufen und die angefallenen Vermögens­werte herausverlangen, ohne dass es einer neuen Verschollenerklä­rung bedarf.
² Ebenso können die Erben des Verschollenen sich auf die Verschol­lenerklärung berufen, die von seinen Miterben erwirkt worden ist.
IV. Verfahren von Amtes we­gen
Art. 550
¹ Stand das Vermögen oder der Erbteil eines Verschwundenen wäh­rend zehn Jah­ren in amtlicher Verwaltung, oder hätte dieser ein Al­ter von 100 Jahren erreicht, so wird auf Verlangen der zuständigen Behörde die Verschollenerklärung von Amtes wegen durchgeführt.
² Melden sich alsdann innerhalb der Auskündungsfrist keine Berech­tigten, so fallen die Vermögenswerte an das erbberechtigte Gemein­wesen oder, wenn der Verschol­lene niemals in der Schweiz gewohnt hat, an den Heimatkanton.
³ Gegenüber dem Verschollenen selbst und den besser Berechtigten besteht die gleiche Pflicht zur Rückerstattung wie für die eingewie­se­nen Erben.

Sechzehnter Titel: Die Wirkung des Erbganges

Erster Abschnitt: Die Sicherungsmassregeln

A. Im Allgemeinen
Art. 551
¹ Die zuständige Behörde hat von Amtes wegen die zur Sicherung des Erbganges nötigen Massregeln zu treffen.⁴⁷⁴
² Solche Massregeln sind insbesondere in den vom Gesetze vorgese­henen Fällen die Siegelung der Erbschaft, die Aufnahme des Inven­tars, die Anordnung der Erb­schaftsverwaltung und die Eröffnung der letzt­willigen Verfügungen.
³ ...⁴⁷⁵
⁴⁷⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
⁴⁷⁵ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, mit Wirkung seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
B. Siegelung der Erbschaft
Art. 552
Die Siegelung der Erbschaft wird in den Fällen angeordnet, für die das kanto­nale Recht sie vorsieht.
C. Inventar
Art. 553
¹ Die Aufnahme eines Inventars wird angeordnet, wenn:
1. ein minderjähriger Erbe unter Vormundschaft steht oder zu stellen ist;
2. ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist;
3. einer der Erben oder die Erwachsenenschutzbehörde es verlangt;
4. ein volljähriger Erbe unter umfassender Beistandschaft steht oder unter sie zu stellen ist.⁴⁷⁶
² Sie erfolgt nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes und ist in der Regel binnen zwei Monaten seit dem Tode des Erblassers durch­zuführen.
³ Die Aufnahme eines Inventars kann durch die kantonale Gesetz­gebung für wei­tere Fälle vorgeschrieben werden.
⁴⁷⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
D. Erbschafts­verwal­tung
I. Im Allgemeinen
Art. 554
¹ Die Erbschaftsverwaltung wird angeordnet:
1. wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern;
2. wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nach­zu­wei­sen vermag oder das Vorhandensein eines Erben unge­wiss ist;
3. wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind;
4. wo das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.
² Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist die­sem die Verwal­tung zu übergeben.
³ Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.⁴⁷⁷
⁴⁷⁷ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
II. Bei un­be­kannten Erben
Art. 555
¹ Ist die Behörde im ungewissen, ob der Erblasser Erben hinterlassen hat oder nicht, oder ob ihr alle Erben bekannt sind, so sind die Berechtigten in angemesse­ner Weise öffentlich aufzufordern, sich bin­nen Jahresfrist zum Erbgange zu mel­den.
² Erfolgt während dieser Frist keine Anmeldung und sind der Behör­de keine Erben bekannt, so fällt die Erbschaft unter Vorbehalt der Erb­schaftsklage an das erbbe­rechtigte Gemeinwesen.
E. Eröffnung der letztwilligen Verfü­gung
I. Pflicht zur Einliefe­rung
Art. 556
¹ Findet sich beim Tode des Erblassers eine letztwillige Verfügung vor, so ist sie der Behörde unverweilt einzuliefern, und zwar auch dann, wenn sie als ungültig erachtet wird.
² Der Beamte, bei dem die Verfügung protokolliert oder hinterlegt ist, sowie je­dermann, der eine Verfügung in Verwahrung genommen oder unter den Sachen des Erblassers vorgefunden hat, ist bei per­sönlicher Verantwortlichkeit verbunden, die­ser Pflicht nachzukom­men, sobald er vom Tode des Erblassers Kenntnis erhalten hat.
³ Nach der Einlieferung hat die Behörde, soweit tunlich nach Anhö­rung der Betei­ligten, entweder die Erbschaft einstweilen den ge­setz­lichen Erben zu überlassen oder die Erbschaftsverwaltung anzu­ord­nen.
II. Eröffnung
Art. 557
¹ Die Verfügung des Erblassers muss binnen Monatsfrist nach der Einlieferung von der zuständigen Behörde eröffnet werden.
² Zu der Eröffnung werden die Erben, soweit sie den Behörden bekannt sind, vor­geladen.
³ Hinterlässt der Erblasser mehr als eine Verfügung, so sind sie alle der Behörde einzuliefern und von ihr zu eröffnen.
III. Mitteilung an die Beteiligten
Art. 558
¹ Alle an der Erbschaft Beteiligten erhalten auf Kosten der Erbschaft eine Abschrift der eröffneten Verfügung, soweit diese sie angeht.
² An Bedachte unbekannten Aufenthalts erfolgt die Mitteilung durch eine angemes­sene öffentliche Auskündung.
IV. Auslieferung der Erbschaft
Art. 559
¹ Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den einge­setzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechti­gung bestritten haben, auf ihr Verlan­gen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbe­halt der Ungül­tigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien.
² Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewie­sen, ihnen die Erbschaft auszuliefern.

Zweiter Abschnitt: Der Erwerb der Erbschaft

A. Erwerb
I. Erben
Art. 560
¹ Die Erben erwerben die Erbschaft als Ganzes mit dem Tode des Erblassers kraft Gesetzes.
² Mit Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen gehen die Forderungen, das Eigen­tum, die beschränkten dinglichen Rechte und der Besitz des Erblassers ohne weite­res auf sie über, und die Schulden des Erblas­sers werden zu persönlichen Schulden der Erben.
³ Der Erwerb der eingesetzten Erben wird auf den Zeitpunkt der Er­öff­nung des Erbganges zurückbezogen, und es haben die gesetzlichen Erben ihnen die Erbschaft nach den Besitzesregeln herauszugeben.
II. ...
Art. 561 ⁴⁷⁸
⁴⁷⁸ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wirkung seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 ; BBl 1979 II 1191 ).
III. Vermächtnis­nehmer
Art. 562
¹ Die Vermächtnisnehmer haben gegen die Beschwerten oder, wenn solche nicht besonders genannt sind, gegen die gesetzlichen oder ein­gesetzten Erben einen per­sönlichen Anspruch.
² Wenn aus der Verfügung nichts anderes hervorgeht, so wird der Anspruch fällig, sobald der Beschwerte die Erbschaft angenommen hat oder sie nicht mehr aus­schlagen kann.
³ Kommen die Erben ihrer Verpflichtung nicht nach, so können sie zur Ausliefe­rung der vermachten Erbschaftssachen, oder wenn ir­gendeine Handlung den Ge­genstand der Verfügung bildet, zu Scha­dener­satz angehalten werden.
Art. 563
¹ Ist dem Bedachten eine Nutzniessung oder eine Rente oder eine andere zeitlich wiederkehrende Leistung vermacht, so bestimmt sich sein Anspruch, wo es nicht anders angeordnet ist, nach den Vor­schrif­ten des Sachen- und Obligationenrechtes.
² Ist ein Versicherungsanspruch auf den Tod des Erblassers vermacht, so kann ihn der Bedachte unmittelbar geltend machen.
Art. 564
¹ Die Gläubiger des Erblassers gehen mit ihren Ansprüchen den Ver­mächtnisneh­mern vor.
² Die Gläubiger des Erben stehen, wenn dieser die Erbschaft vorbe­haltlos erworben hat, den Gläubigern des Erblassers gleich.
Art. 565
¹ Zahlen die Erben nach Ausrichtung der Vermächtnisse Erbschafts­schulden, von denen sie vorher keine Kenntnis hatten, so sind sie befugt, die Vermächtnisnehmer insoweit zu einer verhältnismässigen Rückleistung anzuhalten, als sie die Herab­setzung der Vermächt­nisse hätten beanspruchen können.
² Die Vermächtnisnehmer können jedoch höchstens im Umfange der zur Zeit der Rückforderung noch vorhandenen Bereicherung in Anspruch genommen werden.
B. Ausschlagung
I. Erklärung
Art. 566
¹ Die gesetzlichen und die eingesetzten Erben haben die Befugnis, die Erbschaft, die ihnen zugefallen ist, auszuschlagen.
² Ist die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes amtlich festgestellt oder offenkundig, so wird die Ausschlagung ver­mutet.
Art. 567
¹ Die Frist zur Ausschlagung beträgt drei Monate.
² Sie beginnt für die gesetzlichen Erben, soweit sie nicht nachweisbar erst später von dem Erbfall Kenntnis erhalten haben, mit dem Zeit­punkte, da ihnen der Tod des Erblassers bekannt geworden, und für die eingesetzten Erben mit dem Zeitpunkte, da ihnen die amtliche Mitteilung von der Verfügung des Erblassers zugekommen ist.
Art. 568
Ist ein Inventar als Sicherungsmassregel aufgenommen worden, so beginnt die Frist zur Ausschlagung für alle Erben mit dem Tage, an dem die Behörde ihnen von dem Abschlusse des Inventars Kenntnis gege­ben hat.
Art. 569
¹ Stirbt ein Erbe vor der Ausschlagung oder Annahme der Erbschaft, so geht die Befugnis zur Ausschlagung auf seine Erben über.
² Die Frist zur Ausschlagung beginnt für diese Erben mit dem Zeit­punkte, da sie von dem Anfall der Erbschaft an ihren Erblasser Kennt­nis erhalten, und endigt frühestens mit dem Ablauf der Frist, die ihnen gegenüber ihrem eigenen Erblasser für die Ausschlagung gege­ben ist.
³ Schlagen die Erben aus und gelangt die Erbschaft an andere Erben, die vorher nicht berechtigt waren, so beginnt für diese die Frist mit dem Zeitpunkte, da sie von der Ausschlagung Kenntnis erhalten haben.
Art. 570
¹ Die Ausschlagung ist von dem Erben bei der zuständigen Behörde mündlich oder schriftlich zu erklären.
² Sie muss unbedingt und vorbehaltlos geschehen.
³ Die Behörde hat über die Ausschlagungen ein Protokoll zu führen.
II. Verwirkung der Aus­schlagungs­befugnis
Art. 571
¹ Erklärt der Erbe während der angesetzten Frist die Ausschlagung nicht, so hat er die Erbschaft vorbehaltlos erworben.
² Hat ein Erbe sich vor Ablauf der Frist in die Angelegenheiten der Erbschaft eingemischt oder Handlungen vorgenommen, die nicht durch die blosse Verwaltung der Erbschaft und durch den Fortgang der Geschäfte des Erblassers gefordert waren, oder hat er Erbschafts­sachen sich angeeignet oder verheimlicht, so kann er die Erbschaft nicht mehr ausschlagen.
III. Ausschlagung eines Mit­erben
Art. 572
¹ Hinterlässt der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen und schlägt einer unter mehreren Erben die Erbschaft aus, so vererbt sich sein Anteil, wie wenn er den Erbfall nicht erlebt hätte.
² Hinterlässt der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen, so gelangt der Anteil, den ein eingesetzter Erbe ausschlägt, wenn kein ande­rer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist, an des­sen nächsten gesetzlichen Erben.
IV. Aus­schlagung aller näch­sten Erben
Art. 573
¹ Wird die Erbschaft von allen nächsten gesetzlichen Erben ausge­schlagen, so gelangt sie zur Liquidation durch das Konkursamt.
² Ergibt sich in der Liquidation nach Deckung der Schulden ein Über­schuss, so wird dieser den Berechtigten überlassen, wie wenn keine Ausschlagung stattgefunden hätte.
Art. 574
Haben die Nachkommen die Erbschaft ausgeschlagen, so wird der überlebende Ehegatte von der Behörde hievon in Kenntnis gesetzt und kann binnen Monatsfrist die Annahme erklären.
Art. 575
¹ Die Erben können bei der Ausschlagung verlangen, dass die auf sie folgenden Erben noch angefragt werden, bevor die Erbschaft liqui­diert wird.
² In diesem Falle ist seitens der Behörde den folgenden Erben von der Ausschlagung der vorgehenden Kenntnis zu geben, und wenn darauf jene Erben nicht binnen Monatsfrist die Annahme der Erb­schaft er­klä­ren, so ist sie auch von ihnen ausgeschlagen.
V. Frist­verlängerung
Art. 576
Aus wichtigen Gründen kann die zuständige Behörde den gesetzli­chen und den eingesetzten Erben eine Fristverlängerung gewähren oder eine neue Frist ansetzen.
VI. Aus­schlagung eines Ver­mächtnis­ses
Art. 577
Schlägt ein Vermächtnisnehmer das Vermächtnis aus, so fällt es zugunsten des Beschwerten weg, wenn kein anderer Wille des Erb­lassers aus der Verfügung ersichtlich ist.
VII. Sicherung für die Gläubiger des Erben
Art. 578
¹ Hat ein überschuldeter Erbe die Erbschaft zu dem Zwecke ausge­schlagen, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe, so können diese oder die Konkursverwaltung die Ausschlagung binnen sechs Monaten anfechten, wenn ihre Forderungen nicht sichergestellt wer­den.
² Wird ihre Anfechtung gutgeheissen, so gelangt die Erbschaft zur amtlichen Liquidation.
³ Ein Überschuss dient in erster Linie zur Befriedigung der anfech­ten­den Gläubiger und fällt nach Deckung der übrigen Schulden an die Erben, zu deren Gunsten ausgeschlagen wurde.
VIII. Haftung im Falle der Aus­schla­gung
Art. 579
¹ Schlagen die Erben eines zahlungsunfähigen Erblassers die Erb­schaft aus, so haften sie dessen Gläubigern gleichwohl insoweit, als sie vom Erblasser innerhalb der letzten fünf Jahre vor seinem Tode Ver­mö­gens­werte empfangen haben, die bei der Erbteilung der Aus­gleichung unterworfen sein würden.
² Die landesübliche Ausstattung bei der Verheiratung sowie die Kosten der Erziehung und Ausbildung werden von dieser Haftung nicht getroffen.
³ Gutgläubige Erben haften nur, soweit sie noch bereichert sind.

Dritter Abschnitt: Das öffentliche Inventar

A. Voraus­setzung
Art. 580
¹ Jeder Erbe, der die Befugnis hat, die Erbschaft auszuschlagen, ist berechtigt, ein öffentliches Inventar zu verlangen.
² Das Begehren muss binnen Monatsfrist in der gleichen Form wie die Ausschlagung bei der zuständigen Behörde angebracht werden.
³ Wird es von einem der Erben gestellt, so gilt es auch für die übri­gen.
B. Verfahren
I. Inventar
Art. 581
¹ Das öffentliche Inventar wird durch die zuständige Behörde nach den Vorschriften des kantonalen Rechtes errichtet und besteht in der Anle­gung eines Verzeichnisses der Vermögenswerte und Schulden der Erbschaft, wobei alle Inventarstücke mit einer Schätzung zu ver­sehen sind.
² Wer über die Vermögensverhältnisse des Erblassers Auskunft ge­ben kann, ist bei seiner Verantwortlichkeit verpflichtet, der Behörde alle von ihr verlangten Aufschlüsse zu erteilen.
³ Insbesondere haben die Erben der Behörde die ihnen bekannten Schulden des Erblassers mitzuteilen.
II. Rechnungsruf
Art. 582
¹ Mit der Aufnahme des Inventars verbindet die Behörde einen Rech­nungsruf, durch den auf dem Wege angemessener öffentlicher Aus­kündung die Gläubiger und Schuldner des Erblassers mit Einschluss der Bürgschaftsgläubiger aufgefordert werden, binnen einer bestimm­ten Frist ihre Forderungen und Schulden anzumelden.
² Die Gläubiger sind dabei auf die Folgen der Nichtanmeldung auf­merksam zu machen.
³ Die Frist ist auf mindestens einen Monat, vom Tage der ersten Aus­kündung an gerechnet, anzusetzen.
III. Aufnahme von Amtes wegen
Art. 583
¹ Forderungen und Schulden, die aus öffentlichen Büchern oder aus den Papieren des Erblassers ersichtlich sind, werden von Amtes wegen in das Inventar aufgenommen.
² Die Aufnahme ist den Schuldnern und Gläubigern anzuzeigen.
IV. Ergebnis
Art. 584
¹ Nach Ablauf der Auskündungsfrist wird das Inventar geschlossen und hierauf während wenigstens eines Monats zur Einsicht der Be­tei­ligten aufgelegt.
² Die Kosten werden von der Erbschaft und, wo diese nicht ausreicht, von den Erben getragen, die das Inventar verlangt haben.
C. Verhältnis der Er­ben während des In­ventars
I. Verwaltung
Art. 585
¹ Während der Dauer des Inventars dürfen nur die notwendigen Ver­waltungshandlungen vorgenommen werden.
² Gestattet die Behörde die Fortsetzung des Geschäftes des Erblas­sers durch einen Erben, so sind dessen Miterben befugt, Sicherstel­lung zu verlangen.
II. Betreibung, Pro­zesse, Verjäh­rung
Art. 586
¹ Die Betreibung für die Schulden des Erblassers ist während der Dauer des Inventars ausgeschlossen.
² ...⁴⁷⁹
³ Prozesse können mit Ausnahme von dringenden Fällen weder fort­gesetzt noch angehoben werden.
⁴⁷⁹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), mit Wirkung seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).
D. Wirkung
I. Frist zur Erklärung
Art. 587
¹ Nach Abschluss des Inventars wird jeder Erbe aufgefordert, sich bin­nen Monatsfrist über den Erwerb der Erbschaft zu erklären.
² Wo die Umstände es rechtfertigen, kann die zuständige Behörde zur Einholung von Schätzungen, zur Erledigung von streitigen Ansprü­chen u. dgl. eine weitere Frist einräumen.
II. Erklärung
Art. 588
¹ Der Erbe kann während der angesetzten Frist ausschlagen oder die amtliche Liquidation verlangen oder die Erbschaft unter öffentlichem Inventar oder vorbehaltlos annehmen.
² Gibt er keine Erklärung ab, so hat er die Erbschaft unter öffent­lichem Inventar angenommen.
III. Folgen der An­nahme unter öf­fent­lichem Inven­tar
Art. 589
¹ Übernimmt ein Erbe die Erbschaft unter öffentlichem Inventar, so gehen die Schulden des Erblassers, die im Inventar verzeichnet sind, und die Vermögenswerte auf ihn über.
² Der Erwerb der Erbschaft mit Rechten und Pflichten wird auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges zurückbezogen.
³ Für die Schulden, die im Inventar verzeichnet sind, haftet der Erbe sowohl mit der Erbschaft als mit seinem eigenen Vermögen.
Art. 590
¹ Den Gläubigern des Erblassers, deren Forderungen aus dem Grunde nicht in das Inventar aufgenommen worden sind, weil sie deren Anmeldung versäumt haben, sind die Erben weder persönlich noch mit der Erbschaft haftbar.
² Haben die Gläubiger ohne eigene Schuld die Anmeldung zum In­ven­tar unterlassen, oder sind deren Forderungen trotz Anmeldung in das Verzeichnis nicht aufgenommen worden, so haftet der Erbe, so­weit er aus der Erbschaft bereichert ist.
³ In allen Fällen können die Gläubiger ihre Forderungen geltend machen, soweit sie durch Pfandrecht an Erbschaftssachen gedeckt sind.
E. Haftung für Bürgschafts­schul­den
Art. 591
Bürgschaftsschulden des Erblassers werden im Inventar besonders aufgezeichnet und können gegen den Erben, auch wenn er die Erb­schaft annimmt, nur bis zu dem Betrage geltend gemacht werden, der bei der konkursmässigen Tilgung aller Schulden aus der Erbschaft auf die Bürgschaftsschulden fallen würde.
F. Erwerb durch das Ge­meinwesen
Art. 592
Fällt eine Erbschaft an das Gemeinwesen, so wird von Amtes wegen ein Rechnungsruf vorgenommen, und es haftet das Gemeinwesen für die Schulden der Erbschaft nur im Umfange der Vermögenswerte, die es aus der Erbschaft erworben hat.

Vierter Abschnitt: Die amtliche Liquidation

A. Voraus­setzung
I. Begehren eines Erben
Art. 593
¹ Jeder Erbe ist befugt, anstatt die Erbschaft auszuschlagen oder unter öffentlichem Inventar anzunehmen, die amtliche Liquidation zu ver­langen.
² Solange jedoch ein Miterbe die Annahme erklärt, kann dem Begeh­ren keine Folge gegeben werden.
³ Im Falle der amtlichen Liquidation werden die Erben für die Schul­den der Erbschaft nicht haftbar.
II. Begehren der Gläubiger des Erb­lassers
Art. 594
¹ Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt oder sichergestellt, so können sie binnen drei Mona­ten, vom Tode des Erblassers oder der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen.
² Die Vermächtnisnehmer können unter der gleichen Voraussetzung zu ihrer Sicherstellung vorsorgliche Massregeln verlangen.
B. Verfahren
I. Verwaltung
Art. 595
¹ Die amtliche Liquidation wird von der zuständigen Behörde oder in deren Auftrag von einem oder mehreren Erbschaftsverwaltern durch­geführt.
² Sie beginnt mit der Aufnahme eines Inventars, womit ein Rech­nungsruf verbunden wird.
³ Der Erbschaftsverwalter steht unter der Aufsicht der Behörde, und die Erben sind befugt, bei dieser gegen die von ihm beabsichtigten oder getroffenen Massregeln Beschwerde zu erheben.
II. Ordentliche Li­quidation
Art. 596
¹ Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erb­lassers zu beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forde­rungen einzuziehen, die Vermächtnisse nach Möglichkeit aus­zurich­ten, die Rechte und Pflichten des Erblassers, soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern.
² Die Veräusserung von Grundstücken des Erblassers erfolgt durch öffentliche Versteigerung und darf nur mit Zustimmung aller Erben aus freier Hand stattfinden.
³ Die Erben können verlangen, dass ihnen die Sachen und Gelder der Erbschaft, die für die Liquidation entbehrlich sind, schon während derselben ganz oder teilweise ausgeliefert werden.
III. Kon­kurs­amt­li­che Liquidation
Art. 597
Ist die Erbschaft überschuldet, so erfolgt die Liquidation durch das Konkursamt nach den Vorschriften des Konkursrechtes.

Fünfter Abschnitt: Die Erbschaftsklage

A. Voraussetzung
Art. 598
¹ Wer auf eine Erbschaft oder auf Erbschaftssachen als gesetzlicher oder eingesetzter Erbe ein besseres Recht zu haben glaubt als der Besitzer, ist befugt, sein Recht mit der Erbschaftsklage geltend zu machen.
² ...⁴⁸⁰
⁴⁸⁰ Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
B. Wirkung
Art. 599
¹ Wird die Klage gutgeheissen, so hat der Besitzer die Erbschaft oder die Erbschaftssachen nach den Besitzesregeln an den Kläger heraus­zu­geben.
² Auf die Ersitzung an Erbschaftssachen kann sich der Beklagte gegenüber der Erbschaftsklage nicht berufen.
C. Verjährung
Art. 600
¹ Die Erbschaftsklage verjährt gegenüber einem gutgläubigen Beklag­ten mit Ablauf eines Jahres, von dem Zeitpunkte an gerechnet, da der Kläger von dem Besitz des Beklagten und von seinem eigenen bes­sern Recht Kenntnis erhalten hat, in allen Fällen aber mit dem Ab­lauf von zehn Jahren, vom Tode des Erblassers oder dem Zeitpunkte der Eröff­nung seiner letztwilligen Verfügung an gerechnet.
² Gegenüber einem bösgläubigen Beklagten beträgt die Verjährungs­frist stets 30 Jahre.
D. Klage der Ver­mächtnis­nehmer
Art. 601
Die Klage des Vermächtnisnehmers verjährt mit dem Ablauf von zehn Jahren, von der Mitteilung der Verfügung oder vom Zeitpunkt an gerechnet, auf den das Vermächtnis später fällig wird.

Siebenzehnter Titel: Die Teilung der Erbschaft

Erster Abschnitt: Die Gemeinschaft vor der Teilung

A. Wirkung des Erb­ganges
I. Erbengemein­schaft
Art. 602
¹ Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft.
² Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und ver­fü­gen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertre­tungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft ge­meinsam.
³ Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.
II. Haftung der Er­ben
Art. 603
¹ Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haft­bar.
² Die angemessene Entschädigung, die den Kindern oder Gross­kindern für Zuwendungen an den mit dem Erblasser gemeinsam geführ­ten Haushalt geschuldet wird, ist zu den Erbschaftsschulden zu rech­nen, soweit dadurch nicht eine Überschuldung der Erbschaft ent­steht.⁴⁸¹
⁴⁸¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 6. Okt. 1972, in Kraft seit 15. Febr. 1973 ( AS 1973 93 ; BBl 1970 I 805 , 1971 I 737 ).
B. Teilungs­anspruch
Art. 604
¹ Jeder Miterbe kann zu beliebiger Zeit die Teilung der Erbschaft ver­langen, soweit er nicht durch Vertrag oder Vorschrift des Gesetzes zur Gemeinschaft verpflichtet ist.
² Auf Ansuchen eines Erben kann das Gericht vorübergehend eine Verschiebung der Teilung der Erbschaft oder einzelner Erbschafts­sachen anordnen, wenn deren sofortige Vornahme den Wert der Erb­schaft erheblich schädigen würde.
³ Den Miterben eines zahlungsunfähigen Erben steht die Befugnis zu, zur Sicherung ihrer Ansprüche sofort nach dem Erbgange vorsorgli­che Massregeln zu verlangen.
C. Verschiebung der Teilung
Art. 605
¹ Ist beim Erbgang auf ein noch nicht geborenes Kind Rücksicht zu nehmen, so muss die Teilung bis zum Zeitpunkte seiner Geburt ver­schoben werden.
² Ebenso lange hat die Mutter, soweit dies für ihren Unterhalt erfor­der­lich ist, Anspruch auf den Genuss am Gemeinschaftsvermögen.
D. Anspruch der Haus­genossen
Art. 606
Erben, die zur Zeit des Todes des Erblassers in dessen Haushaltung ihren Unterhalt erhalten haben, können verlangen, dass ihnen nach dem Tode des Erblassers der Unterhalt noch während eines Monats auf Ko­sten der Erbschaft zuteil werde.

Zweiter Abschnitt: Die Teilungsart

A. Im Allgemeinen
Art. 607
¹ Gesetzliche Erben haben sowohl unter sich als mit eingesetzten Erben nach den gleichen Grundsätzen zu teilen.
² Sie können, wo es nicht anders angeordnet ist, die Teilung frei ver­einbaren.
³ Miterben, die sich im Besitze von Erbschaftssachen befinden oder Schuldner des Erblassers sind, haben hierüber bei der Teilung ge­nauen Aufschluss zu geben.
B. Ordnung der Tei­lung
I. Verfügung des Erblassers
Art. 608
¹ Der Erblasser ist befugt, durch Verfügung von Todes wegen seinen Erben Vorschriften über die Teilung und Bildung der Teile zu machen.
² Unter Vorbehalt der Ausgleichung bei einer Ungleichheit der Teile, die der Erblasser nicht beabsichtigt hat, sind diese Vorschriften für die Erben verbindlich.
³ Ist nicht ein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung er­sicht­lich, so gilt die Zuweisung einer Erbschaftssache an einen Erben als eine blosse Teilungsvorschrift und nicht als Vermächtnis.
II. Mitwirkung der Behörde
Art. 609
¹ Auf Verlangen eines Gläubigers, der den Anspruch eines Erben auf eine angefallene Erbschaft erworben oder gepfändet hat, oder der gegen ihn Verlustscheine besitzt, hat die Behörde an Stelle dieses Erben bei der Teilung mitzuwirken.
² Dem kantonalen Recht bleibt es vorbehalten, noch für weitere Fälle eine amtliche Mitwirkung bei der Teilung vorzusehen.
C. Durchführung der Teilung
I. Gleichberech­ti­gung der Er­ben
Art. 610
¹ Die Erben haben bei der Teilung, wenn keine andern Vorschriften Platz greifen, alle den gleichen Anspruch auf die Gegenstände der Erbschaft.
² Sie haben einander über ihr Verhältnis zum Erblasser alles mitzu­tei­len, was für die gleichmässige und gerechte Verteilung der Erb­schaft in Berücksichtigung fällt.
³ Jeder Miterbe kann verlangen, dass die Schulden des Erblassers vor der Teilung der Erbschaft getilgt oder sichergestellt werden.
II. Bildung von Lo­sen
Art. 611
¹ Die Erben bilden aus den Erbschaftssachen so viele Teile oder Lo­se, als Erben oder Erbstämme sind.
² Können sie sich nicht einigen, so hat auf Verlangen eines der Erben die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des Ortsgebrauches, der persönlichen Verhältnisse und der Wünsche der Mehrheit der Mit­erben die Lose zu bilden.
³ Die Verteilung der Lose erfolgt nach Vereinbarung oder durch Los­ziehung unter den Erben.
III. Zuweisung und Verkauf ein­zelner Sachen
Art. 612
¹ Eine Erbschaftssache, die durch Teilung an ihrem Werte wesentlich verlieren würde, soll einem der Erben ungeteilt zugewiesen werden.
² Können die Erben sich über die Teilung oder Zuweisung einer Sa­che nicht einigen, so ist die Sache zu verkaufen und der Erlös zu tei­len.
³ Auf Verlangen eines Erben hat der Verkauf auf dem Wege der Ver­steigerung stattzufinden, wobei, wenn die Erben sich nicht eini­gen, die zuständige Behörde entscheidet, ob die Versteigerung öf­fentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll.
IV. Zuweisung der Wohnung und des Haus­rates an den über­lebenden Ehe­gatten
Art. 612 a ⁴⁸²
¹ Befinden sich das Haus oder die Wohnung, worin die Ehegatten gelebt haben, oder Hausratsgegenstände in der Erbschaft, so kann der überlebende Ehegatte verlangen, dass ihm das Eigentum daran auf Anrechnung zugeteilt wird.
² Wo die Umstände es rechtfertigen, kann auf Verlangen des über­lebenden Ehegatten oder der andern gesetzlichen Erben des Verstorbe­nen statt des Eigentums die Nutzniessung oder ein Wohnrecht einge­räumt werden.
³ An Räumlichkeiten, in denen der Erblasser einen Beruf ausübte oder ein Gewerbe betrieb und die ein Nachkomme zu dessen Weiter­füh­rung benötigt, kann der überlebende Ehegatte diese Rechte nicht beanspru­chen; die Vorschriften des bäuerlichen Erbrechts bleiben vor­behalten.
⁴ Die gleiche Regelung gilt bei eingetragener Partnerschaft sinn­gemäss.⁴⁸³
⁴⁸² Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
⁴⁸³ Eingefügt durch Anhang Ziff. 8 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit 1. Jan. 2007 ( AS 2005 5685 ; BBl 2003 1288 ).
D. Besondere Ge­genstände
I. Zusammen­gehö­rende Sa­chen, Fami­li­en­schriften
Art. 613
¹ Gegenstände, die ihrer Natur nach zusammengehören, sollen, wenn einer der Erben gegen die Teilung Einspruch erhebt, nicht von einan­der getrennt werden.
² Familienschriften und Gegenstände, die für die Familie einen be­son­deren Erinnerungswert haben, sollen, sobald ein Erbe wider­spricht, nicht veräussert werden.
³ Können sich die Erben nicht einigen, so entscheidet die zuständige Behörde über die Veräusserung oder die Zuweisung mit oder ohne Anrechnung, unter Berücksichtigung des Ortsgebrauches und, wo ein sol­cher nicht besteht, der persönlichen Verhältnisse der Erben.
I.bis Landwirt­schaftliches In­ventar
Art. 613 a ⁴⁸⁴
Stirbt der Pächter eines landwirtschaftlichen Gewerbes und führt einer seiner Erben die Pacht allein weiter, so kann dieser verlangen, dass ihm das gesamte Inventar (Vieh, Gerätschaften, Vorräte usw.) unter Anrechnung auf seinen Erbteil zum Nutzwert zugewiesen wird.
⁴⁸⁴ Eingefügt durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
II. Forderungen des Erblas­sers an Erben
Art. 614
Forderungen, die der Erblasser an einen der Erben gehabt hat, sind bei der Teilung diesem anzurechnen.
III. Verpfändete Erb­schaftssa­chen
Art. 615
Erhält ein Erbe bei der Teilung eine Erbschaftssache, die für Schul­den des Erblassers verpfändet ist, so wird ihm auch die Pfandschuld über­bunden.
Art. 616 ⁴⁸⁵
⁴⁸⁵ Aufgehoben durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, mit Wirkung seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
IV. Grundstücke
Art. 617 ⁴⁸⁶
Grundstücke sind den Erben zum Verkehrswert anzurechnen, der ihnen im Zeitpunkt der Teilung zukommt.
⁴⁸⁶ Fassung gemäss Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 618
¹ Können sich die Erben über den Anrechnungswert nicht verstän­digen, so wird er durch amtlich bestellte Sachverständige geschätzt.⁴⁸⁷
² ...⁴⁸⁸
⁴⁸⁷ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
⁴⁸⁸ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 6. Okt. 1972, mit Wirkung seit 15. Febr. 1973 ( AS 1973 93 ; BBl 1970 I 805 , 1971 I 737 ).
V. Landwirt­schaftliche Gewerbe und Grundstücke
Art. 619 ⁴⁸⁹
Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Ge­wer­ben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991⁴⁹⁰ über das bäuerliche Bodenrecht.
⁴⁸⁹ Fassung gemäss Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
⁴⁹⁰ SR 211.412.11
Art. 620–625 ⁴⁹¹
⁴⁹¹ Aufgehoben durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, mit Wirkung seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).

Dritter Abschnitt: Die Ausgleichung

A. Aus­gleichungs­pflicht der Erben
Art. 626
¹ Die gesetzlichen Erben sind gegenseitig verpflichtet, alles zur Aus­gleichung zu bringen, was ihnen der Erblasser bei Lebzeiten auf Anrechnung an ihren Erbanteil zugewendet hat.
² Was der Erblasser seinen Nachkommen als Heiratsgut, Ausstattung oder durch Vermögensabtretung, Schulderlass u. dgl. zugewendet hat, steht, sofern der Erblasser nicht ausdrücklich das Gegenteil ver­fügt, unter der Ausgleichungspflicht.
B. Ausgleichung bei Wegfallen von Erben
Art. 627
¹ Fällt ein Erbe vor oder nach dem Erbgang weg, so geht seine Aus­gleichungspflicht auf die Erben über, die an seine Stelle treten.
² Nachkommen eines Erben sind in Bezug auf die Zuwendungen, die dieser erhalten hat, auch dann zur Ausgleichung verpflichtet, wenn die Zuwendungen nicht auf sie übergegangen sind.
C. Berech­nungs­art
I. Einwerfung oder Anrech­nung
Art. 628
¹ Die Erben haben die Wahl, die Ausgleichung durch Einwerfung in Natur oder durch Anrechnung dem Werte nach vorzunehmen, und zwar auch dann, wenn die Zuwendungen den Betrag des Erbanteils übersteigen.
² Vorbehalten bleiben abweichende Anordnungen des Erblassers sowie die Ansprüche der Miterben auf Herabsetzung der Zuwendun­gen.
II. Verhältnis zum Erbanteil
Art. 629
¹ Übersteigen die Zuwendungen den Betrag eines Erbanteiles, so ist der Überschuss unter Vorbehalt des Herabsetzungsanspruches der Mit­erben nicht auszugleichen, wenn nachweisbar der Erblasser den Erben damit begünstigen wollte.
² Diese Begünstigung wird vermutet bei den Ausstattungen, die den Nachkommen bei ihrer Verheiratung in üblichem Umfange zugewen­det worden sind.
III. Aus­gleichungs­wert
Art. 630
¹ Die Ausgleichung erfolgt nach dem Werte der Zuwendungen zur Zeit des Erbganges oder, wenn die Sache vorher veräussert worden ist, nach dem dafür erzielten Erlös.
² Verwendungen und Schaden sowie bezogene Früchte sind unter den Erben nach den Besitzesregeln in Anschlag zu bringen.
D. Erziehungs­kosten
Art. 631
¹ Die Auslagen des Erblassers für die Erziehung und Ausbildung ein­zelner Kinder sind, wenn kein anderer Wille des Erblassers nach­gewiesen wird, der Ausgleichungspflicht nur insoweit unterworfen, als sie das übliche Mass übersteigen.
² Kindern, die noch in der Ausbildung stehen oder die gebrechlich sind, ist bei der Teilung ein angemessener Vorausbezug einzuräu­men.⁴⁹²
⁴⁹² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
E. Gelegenheits­ge­schenke
Art. 632
Übliche Gelegenheitsgeschenke stehen nicht unter der Ausglei­chungs­pflicht.
Art. 633 ⁴⁹³
⁴⁹³ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 6. Okt. 1972, mit Wirkung seit 15. Febr. 1973 ( AS 1973 93 ; BBl 1970 I 805 , 1971 I 737 ).

Vierter Abschnitt: Abschluss und Wirkung der Teilung

A. Abschluss des Vertrages
I. Teilungs­vertrag
Art. 634
¹ Die Teilung wird für die Erben verbindlich mit der Aufstellung und Entgegennahme der Lose oder mit dem Abschluss des Teilungsver­tra­ges.
² Der Teilungsvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der schriftlichen Form.
II. Vertrag über an­gefallene Erban­teile
Art. 635
¹ Verträge unter den Miterben über Abtretung der Erbanteile bedür­fen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.⁴⁹⁴
² Werden sie von einem Erben mit einem Dritten abgeschlossen, so geben sie diesem kein Recht auf Mitwirkung bei der Teilung, son­dern nur einen Anspruch auf den Anteil, der dem Erben aus der Tei­lung zugewiesen wird.
⁴⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
III. Verträge vor dem Erbgang
Art. 636
¹ Verträge, die ein Erbe über eine noch nicht angefallene Erbschaft ohne Mitwirkung und Zustimmung des Erblassers mit einem Miterb­en oder einem Dritten abschliesst, sind nicht verbindlich.
² Leistungen, die auf Grund solcher Verträge gemacht worden sind, können zurückgefordert werden.
B. Haftung der Miterben unter sich
I. Gewähr­leistung
Art. 637
¹ Nach Abschluss der Teilung haften die Miterben einander für die Erbschaftssachen wie Käufer und Verkäufer.
² Sie haben einander den Bestand der Forderungen, die ihnen bei der Teilung zugewiesen werden, zu gewährleisten und haften einander, soweit es sich nicht um Wertpapiere mit Kurswert handelt, für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners im angerechneten Forderungsbe­trag wie einfache Bürgen.
³ Die Klage aus der Gewährleistungspflicht verjährt mit Ablauf eines Jahres nach der Teilung oder nach dem Zeitpunkt, auf den die Forde­rungen später fällig werden.
II. Anfechtung der Teilung
Art. 638
Die Anfechtung des Teilungsvertrages erfolgt nach den Vorschriften über die Anfechtung der Verträge im Allgemeinen.
C. Haftung gegenü­ber Dritten
I. Solidare Haf­tung
Art. 639
¹ Für die Schulden des Erblassers sind die Erben den Gläubigern auch nach der Teilung solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen haftbar, solange die Gläubiger in eine Teilung oder Übernahme der Schulden nicht ausdrücklich oder stillschweigend eingewilligt haben.
² Die solidare Haftung der Miterben verjährt mit Ablauf von fünf Jah­ren nach der Teilung oder nach dem Zeitpunkt, auf den die Forde­rung später fällig geworden ist.
II. Rückgriff auf die Miterben
Art. 640
¹ Hat ein Erbe eine Schuld des Erblassers bezahlt, die ihm bei der Teilung nicht zugewiesen worden ist, oder hat er von einer Schuld mehr bezahlt, als er übernommen, so ist er befugt, auf seine Miterben Rückgriff zu nehmen.
² Dieser Rückgriff richtet sich zunächst gegen den, der die bezahlte Schuld bei der Teilung übernommen hat.
³ Im Übrigen haben die Erben mangels anderer Abrede die Schulden unter sich im Verhältnis der Erbanteile zu tragen.

Vierter Teil: Das Sachenrecht

Erste Abteilung: Das Eigentum

Achtzehnter Titel: Allgemeine Bestimmungen

A. Inhalt des Eigentums

I. Im Allgemeinen ⁴⁹⁵
⁴⁹⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
Art. 641
¹ Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechts­ordnung über sie nach seinem Belieben verfügen.
² Er hat das Recht, sie von jedem, der sie ihm vorenthält, herauszu­verlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren.
II. Tiere
Art. 641 a ⁴⁹⁶
¹ Tiere sind keine Sachen.
² Soweit für Tiere keine besonderen Regelungen bestehen, gelten für sie die auf Sachen anwendbaren Vorschriften.
⁴⁹⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).

B. Umfang des Ei­gentums

I. Bestandteile
Art. 642
¹ Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum an allen ihren Bestandteilen.
² Bestandteil einer Sache ist alles, was nach der am Orte üblichen Auf­fassung zu ihrem Bestande gehört und ohne ihre Zerstörung, Be­schä­digung oder Veränderung nicht abgetrennt werden kann.
II. Natürliche Früchte
Art. 643
¹ Wer Eigentümer einer Sache ist, hat das Eigentum auch an ihren natürlichen Früchten.
² Natürliche Früchte sind die zeitlich wiederkehrenden Erzeugnisse und die Erträgnisse, die nach der üblichen Auffassung von einer Sa­che ihrer Bestimmung gemäss gewonnen werden.
³ Bis zur Trennung sind die natürlichen Früchte Bestandteil der Sa­che.
III. Zugehör
1. Umschreibung
Art. 644
¹ Die Verfügung über eine Sache bezieht sich, wenn keine Ausnahme gemacht wird, auch auf ihre Zugehör.
² Zugehör sind die beweglichen Sachen, die nach der am Orte übli­chen Auffassung oder nach dem klaren Willen des Eigentümers der Haupt­sache dauernd für deren Bewirtschaftung, Benutzung oder Ver­wah­rung bestimmt und durch Verbindung, Anpassung oder auf andere Weise in die Beziehung zur Hauptsache gebracht sind, in der sie ihr zu dienen haben.
³ Ist eine Sache Zugehör, so vermag eine vorübergehende Trennung von der Hauptsache ihr diese Eigenschaft nicht zu nehmen.
2. Ausschluss
Art. 645
Zugehör sind niemals solche bewegliche Sachen, die dem Besitzer der Hauptsache nur zum vorübergehenden Gebrauche oder zum Ver­brau­che dienen, oder die zu der Eigenart der Hauptsache in keiner Bezie­hung stehen, sowie solche, die nur zur Aufbewahrung oder zum Ver­kauf oder zur Vermietung mit der Hauptsache in Verbindung ge­bracht sind.

C. Gemein­schaftli­ches Ei­gen­tum

I. Miteigentum
1. Verhältnis der Miteigentümer
Art. 646
¹ Haben mehrere Personen eine Sache nach Bruchteilen und ohne äus­serliche Abteilung in ihrem Eigentum, so sind sie Miteigen­tümer.
² Ist es nicht anders festgestellt, so sind sie Miteigentümer zu glei­chen Teilen.
³ Jeder Miteigentümer hat für seinen Anteil die Rechte und Pflichten eines Eigentümers, und es kann dieser Anteil von ihm veräussert und verpfändet und von seinen Gläubigern gepfändet werden.
2. Nutzungs- und Verwal­tungs­ord­nung
Art. 647 ⁴⁹⁷
¹ Die Miteigentümer können eine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichende Nutzungs- und Verwaltungsordnung vereinbaren und darin vorsehen, dass diese mit Zustimmung der Mehrheit aller Mit­eigentümer geändert werden kann.⁴⁹⁸
¹bis Eine Änderung von Bestimmungen der Nutzungs- und Verwaltungsordnung über die Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Miteigentümer.⁴⁹⁹
² Nicht aufheben oder beschränken können sie die jedem Miteigen­tümer zustehenden Befugnisse:
1. zu verlangen, dass die für die Erhaltung des Wertes und der Ge­brauchsfähigkeit der Sache notwendigen Verwaltungs­hand­lun­gen durchgeführt und nötigenfalls vom Gericht angeordnet wer­den;
2. von sich aus auf Kosten aller Miteigentümer die Massnahmen zu ergreifen, die sofort getroffen werden müssen, um die Sache vor drohendem oder wachsendem Schaden zu bewahren.
⁴⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
⁴⁹⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁴⁹⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
3. Gewöhnliche Verwaltungs­hand­lungen
Art. 647 a ⁵⁰⁰
¹ Zu den gewöhnlichen Verwaltungshandlungen ist jeder Miteigen­tümer befugt, insbesondere zur Vornahme von Ausbesserungen, Anbau- und Erntearbeiten, zur kurzfristigen Verwahrung und Aufsicht sowie zum Abschluss der dazu dienenden Verträge und zur Aus­übung der Befugnisse, die sich aus ihnen und aus den Miet‑, Pacht- und Werk­verträgen ergeben, einschliesslich der Bezahlung und Ent­gegen­nahme von Geldbeträgen für die Gesamtheit.
² Mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer kann die Zu­stän­digkeit zu diesen Verwaltungshandlungen unter Vorbehalt der Bestimmungen des Gesetzes über die notwendigen und dringlichen Massnahmen anders geregelt werden.
⁵⁰⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
4. Wichtigere Ver­waltungs­handlungen
Art. 647 b ⁵⁰¹
¹ Mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, können wichtigere Verwal­tungs­hand­lungen durchgeführt werden, insbesondere die Ände­rung der Kulturart oder Benutzungsweise, der Abschluss und die Auflö­sung von Miet- und Pachtverträgen, die Beteiligung an Bo­den­verbes­se­run­gen und die Be­stellung eines Verwalters, des­sen Zuständigkeit nicht auf ge­wöhn­liche Verwaltungshand­lungen be­schränkt ist.
² Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die notwendigen bau­lichen Massnahmen.
⁵⁰¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
5. Bauliche Mass­nahmen
Art. 647 c ⁵⁰²
Unterhalts-, Wiederherstellungs- und Erneuerungsarbeiten, die für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache nö­tig sind, können mit Zustimmung der Mehrheit aller Miteigentümer aus­geführt werden, soweit sie nicht als gewöhnliche Verwaltungs­hand­lungen von jedem einzelnen vorgenommen werden dürfen.
⁵⁰² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
Art. 647 d ⁵⁰³
¹ Erneuerungs- und Umbauarbeiten, die eine Wertsteigerung oder Verbesserung der Wirtschaftlichkeit oder Gebrauchsfähigkeit der Sache bezwecken, bedürfen der Zustimmung der Mehrheit aller Mit­eigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt.
² Änderungen, die einem Miteigentümer den Gebrauch oder die Benutzung der Sache zum bisherigen Zweck erheblich und dauernd erschweren oder unwirtschaftlich machen, können nicht ohne seine Zu­stimmung durchgeführt werden.
³ Verlangt die Änderung von einem Miteigentümer Aufwendungen, die ihm nicht zumutbar sind, insbesondere weil sie in einem Miss­ver­hältnis zum Vermögenswert seines Anteils stehen, so kann sie oh­ne seine Zustimmung nur durchgeführt werden, wenn die übrigen Mit­eigentümer seinen Kostenanteil auf sich nehmen, soweit er den ihm zu­mutbaren Betrag übersteigt.
⁵⁰³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
Art. 647 e ⁵⁰⁴
¹ Bauarbeiten, die lediglich der Verschönerung, der Ansehnlichkeit der Sache oder der Bequemlichkeit im Gebrauch dienen, dürfen nur mit Zustimmung aller Miteigentümer ausgeführt werden.
² Werden solche Arbeiten mit Zustimmung der Mehrheit aller Mit­eigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt, ange­ord­net, so können sie auch gegen den Willen eines nicht zustimmen­den Miteigentümers ausgeführt werden, sofern dieser durch sie in seinem Nutzungs- und Gebrauchsrecht nicht dauernd beeinträchtigt wird, und die übrigen Miteigentümer ihm für eine bloss vorüber­gehende Beein­trächtigung Ersatz leisten und seinen Kostenanteil über­nehmen.
⁵⁰⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
6. Verfügung über die Sache
Art. 648 ⁵⁰⁵
¹ Jeder Miteigentümer ist befugt, die Sache insoweit zu vertreten, zu gebrauchen und zu nutzen, als es mit den Rechten der andern ver­träg­lich ist.
² Zur Veräusserung oder Belastung der Sache sowie zur Veränderung ihrer Zweckbestimmung bedarf es der Übereinstimmung aller Mit­eigentümer, soweit diese nicht einstimmig eine andere Ordnung ver­ein­bart haben.
³ Bestehen Grundpfandrechte oder Grundlasten an Miteigentumsan­tei­len, so können die Miteigentümer die Sache selbst nicht mehr mit sol­chen Rechten belasten.
⁵⁰⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
7. Tragung der Ko­sten und Lasten
Art. 649 ⁵⁰⁶
¹ Die Verwaltungskosten, Steuern und anderen Lasten, die aus dem Miteigentum erwachsen oder auf der gemeinschaftlichen Sache ru­hen, werden von den Miteigentümern, wo es nicht anders bestimmt ist, im Verhältnis ihrer Anteile getragen.
² Hat ein Miteigentümer solche Ausgaben über diesen Anteil hinaus getragen, so kann er von den anderen nach dem gleichen Verhältnis Ersatz verlangen.
⁵⁰⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
8. Verbindlichkeit von Rege­lungen und Anmerkung im Grundbuch ⁵⁰⁷
⁵⁰⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 649 a ⁵⁰⁸
¹ Die von den Miteigentümern vereinbarte Nutzungs- und Verwal­tungs­ordnung und die von ihnen gefassten Verwaltungsbeschlüsse sowie die gerichtlichen Urteile und Verfügungen sind auch für den Rechts­nach­folger eines Miteigentümers und für den Erwerber eines ding­lichen Rechtes an einem Miteigentumsanteil verbindlich.
² Sie können bei Miteigentumsanteilen an Grundstücken im Grundbuch angemerkt werden.⁵⁰⁹
⁵⁰⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
⁵⁰⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
9. Ausschluss aus der Gemein­schaft
Art. 649 b ⁵¹⁰
¹ Der Miteigentümer kann durch gerichtliches Urteil aus der Gemein­schaft ausgeschlossen werden, wenn durch sein Verhalten oder das Verhalten von Personen, denen er den Gebrauch der Sache überlas­sen oder für die er einzustehen hat, Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Mitberechtigten so schwer verletzt werden, dass die­sen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann.
² Umfasst die Gemeinschaft nur zwei Miteigentümer, so steht jedem das Klagerecht zu; im übrigen bedarf es zur Klage, wenn nichts ande­res vereinbart ist, der Ermächtigung durch einen Mehrheitsbeschluss aller Miteigentümer mit Ausnahme des Beklagten.
³ Erkennt das Gericht auf Ausschluss des Beklagten, so verurteilt es ihn zur Veräusserung seines Anteils und ordnet für den Fall, dass der Anteil nicht binnen der angesetzten Frist veräussert wird, dessen öffentliche Versteigerung nach den Vorschriften über die Zwangsver­wertung von Grundstücken an unter Ausschluss der Bestimmungen über die Auflösung des Miteigentumsverhältnisses.
⁵¹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
Art. 649 c ⁵¹¹
Die Bestimmungen über den Ausschluss eines Miteigentümers sind auf den Nutzniesser und auf den Inhaber eines anderen dinglichen oder vorgemerkten persönlichen Nutzungsrechtes an einem Miteigen­tumsanteil sinngemäss anwendbar.
⁵¹¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
10. Aufhebung
Art. 650 ⁵¹²
¹ Jeder Miteigentümer hat das Recht, die Aufhebung des Miteigen­tums zu verlangen, wenn sie nicht durch ein Rechtsgeschäft, durch Auftei­lung zu Stockwerkeigentum oder durch die Bestimmung der Sache für einen dauernden Zweck ausgeschlossen ist.
² Die Aufhebung kann auf höchstens 50 Jahre durch eine Vereinbarung ausgeschlossen werden; diese bedarf für Grundstücke zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und kann im Grundbuch vorgemerkt werden.⁵¹³
³ Die Aufhebung darf nicht zur Unzeit verlangt werden.
⁵¹² Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
⁵¹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 651
¹ Die Aufhebung erfolgt durch körperliche Teilung, durch Verkauf aus freier Hand oder auf dem Wege der Versteigerung mit Teilung des Erlöses oder durch Übertragung der ganzen Sache auf einen oder meh­rere der Miteigentümer unter Auskauf der übrigen.
² Können sich die Miteigentümer über die Art der Aufhebung nicht einigen, so wird nach Anordnung des Gerichts die Sache körperlich ge­teilt oder, wenn dies ohne wesentliche Verminderung ihres Wertes nicht möglich ist, öffentlich oder unter den Miteigentümern verstei­gert.
³ Mit der körperlichen Teilung kann bei ungleichen Teilen eine Aus­gleichung der Teile in Geld verbunden werden.
Art. 651 a ⁵¹⁴
¹ Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, spricht das Gericht im Streitfall das Alleineigentum derjenigen Partei zu, die in tierschützerischer Hinsicht dem Tier die bessere Unterbringung gewährleistet.
² Das Gericht kann die Person, die das Tier zugesprochen erhält, zur Leistung einer angemessenen Entschädigung an die Gegenpartei ver­pflichten; es bestimmt deren Höhe nach freiem Ermessen.
³ Es trifft die nötigen vorsorglichen Massnahmen, namentlich in Bezug auf die vorläufige Unterbringung des Tieres.
⁵¹⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
II. Gesamt­eigentum
1. Voraus­set­zung
Art. 652
Haben mehrere Personen, die durch Gesetzesvorschrift oder Vertrag zu einer Gemeinschaft verbunden sind, eine Sache kraft ihrer Ge­mein­schaft zu Eigentum, so sind sie Gesamteigentümer, und es geht das Recht eines jeden auf die ganze Sache.
2. Wirkung
Art. 653
¹ Die Rechte und Pflichten der Gesamteigentümer richten sich nach den Regeln, unter denen ihre gesetzliche oder vertragsmässige Gemeinschaft steht.
² Besteht keine andere Vorschrift, so bedarf es zur Ausübung des Eigentums und insbesondere zur Verfügung über die Sache des ein­stim­migen Beschlusses aller Gesamteigentümer.
³ Solange die Gemeinschaft dauert, ist ein Recht auf Teilung oder die Verfügung über einen Bruchteil der Sache ausgeschlossen.
3. Aufhebung
Art. 654
¹ Die Aufhebung erfolgt mit der Veräusserung der Sache oder dem Ende der Gemeinschaft.
² Die Teilung geschieht, wo es nicht anders bestimmt ist, nach den Vorschriften über das Miteigentum.
III. Gemein­schaft­liches Ei­gentum an landwirtschaftlichen Ge­werben und Grundstücken
Art. 654 a ⁵¹⁵
Für die Aufhebung von gemeinschaftlichem Eigentum an landwirt­schaft­lichen Gewerben und Grundstücken gilt zudem das Bundes­gesetz vom 4. Oktober 1991⁵¹⁶ über das bäuerliche Bodenrecht.
⁵¹⁵ Eingefügt durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
⁵¹⁶ SR 211.412.11

Neunzehnter Titel: Das Grundeigentum

Erster Abschnitt: Gegenstand, Erwerb und Verlust des Grund­eigentums

A. Gegenstand
I. Grund­stücke ⁵¹⁷
⁵¹⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 655 ⁵¹⁸
¹ Gegenstand des Grundeigentums sind die Grundstücke.
² Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind:
1. die Liegenschaften;
2. die in das Grundbuch aufgenommenen selbständigen und dauern­den Rechte;
3. die Bergwerke;
4. die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
³ Als selbstständiges und dauerndes Recht kann eine Dienstbarkeit an einem Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden, wenn sie:
1. weder zugunsten eines berechtigten Grundstücks noch ausschliesslich zugunsten einer bestimmten Person errichtet ist; und
2. auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit begründet ist.⁵¹⁹
⁵¹⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
⁵¹⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Unselbstständiges Eigentum
Art. 655 a ⁵²⁰
¹ Ein Grundstück kann mit einem anderen Grundstück derart verknüpft werden, dass der jeweilige Eigentümer des Hauptgrundstücks auch Eigentümer des dazugehörenden Grundstücks ist. Dieses teilt das rechtliche Schicksal des Hauptgrundstücks und kann nicht gesondert veräussert, verpfändet oder belastet werden.
² Erfolgt die Verknüpfung zu einem dauernden Zweck, so können das gesetzliche Vorkaufsrecht der Miteigentümer und der Aufhebungsanspruch nicht geltend gemacht werden.
⁵²⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
B. Erwerb
I. Eintragung
Art. 656
¹ Zum Erwerbe des Grundeigentums bedarf es der Eintragung in das Grundbuch.
² Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder gerichtlichem Urteil erlangt indessen der Erwerber schon vor der Ein­tra­gung das Eigentum, kann aber im Grundbuch erst dann über das Grundstück verfügen, wenn die Eintragung erfolgt ist.
II. Erwerbsarten
Art. 657
¹ Der Vertrag auf Eigentumsübertragung bedarf zu seiner Verbind­lich­keit der öffentlichen Beurkundung.
² Die Verfügung von Todes wegen und der Ehevertrag bedürfen der im Erbrecht und im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen.
Art. 658
¹ Die Aneignung eines im Grundbuch eingetragenen Grundstückes kann nur stattfinden, wenn dieses nach Ausweis des Grundbuches her­renlos ist.
² Die Aneignung von Land, das nicht im Grundbuch aufgenommen ist, steht unter den Bestimmungen über die herrenlosen Sachen.
Art. 659
¹ Entsteht durch Anschwemmung, Anschüttung, Bodenverschiebung, Veränderungen im Lauf oder Stand eines öffentlichen Gewässers oder in anderer Weise aus herrenlosem Boden der Ausbeutung fähi­ges Land, so gehört es dem Kanton, in dessen Gebiet es liegt.
² Es steht den Kantonen frei, solches Land den Anstössern zu überlas­sen.
³ Vermag jemand nachzuweisen, dass Bodenteile seinem Eigentume entrissen worden sind, so kann er sie binnen angemessener Frist zurückholen.
⁵²¹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 660
¹ Bodenverschiebungen von einem Grundstück auf ein anderes be­wir­ken keine Veränderung der Grenzen.
² Bodenteile und andere Gegenstände, die hiebei von dem einen Grund­stück auf das andere gelangt sind, unterliegen den Bestimmun­gen über die zugeführten Sachen oder die Sachverbindungen.
Art. 660 a ⁵²²
¹ Der Grundsatz, wonach Bodenverschiebungen keine Änderung der Grenzen bewirken, gilt nicht für Gebiete mit dauernden Bodenver­schiebungen, wenn diese Gebiete vom Kanton als solche bezeichnet worden sind.
² Bei der Bezeichnung der Gebiete ist die Beschaffenheit der betroffe­nen Grundstücke zu berücksichtigen.
³ Die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einem solchen Gebiet ist in geeigneter Weise den Beteiligten mitzuteilen und im Grundbuch anzumerken.
⁵²² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 660 b ⁵²³
¹ Wird eine Grenze wegen einer Bodenverschiebung unzweckmässig, so kann jeder betroffene Grundeigentümer verlangen, dass sie neu festgesetzt wird.
² Ein Mehr- oder Minderwert ist auszugleichen.
⁵²³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 661
Ist jemand ungerechtfertigt im Grundbuch als Eigentümer eingetra­gen, so kann sein Eigentum, nachdem er das Grundstück in gutem Glauben zehn Jahre lang ununterbrochen und unangefochten beses­sen hat, nicht mehr angefochten werden.
Art. 662
¹ Besitzt jemand ein Grundstück, das nicht im Grundbuch aufge­nom­men ist, ununterbrochen und unangefochten während 30 Jahren als sein Eigentum, so kann er verlangen, dass er als Eigentümer ein­getra­gen werde.
² Unter den gleichen Voraussetzungen steht dieses Recht dem Besit­zer eines Grundstückes zu, dessen Eigentümer aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist oder bei Beginn der Ersitzungsfrist von 30 Jahren tot oder für verschollen erklärt war.
³ Die Eintragung darf jedoch nur auf Verfügung des Gerichts erfol­gen, nachdem binnen einer durch amtliche Auskündung angesetzten Frist kein Einspruch erhoben oder der erfolgte Einspruch abgewiesen wor­den ist.
Art. 663
Für die Berechnung der Fristen, die Unterbrechung und den Still­stand der Ersitzung finden die Vorschriften über die Verjährung von Forde­rungen entsprechende Anwendung.
Art. 664
¹ Die herrenlosen und die öffentlichen Sachen stehen unter der Ho­heit des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden.
² An den öffentlichen Gewässern sowie an dem der Kultur nicht fähi­gen Lande, wie Felsen und Schutthalden, Firnen und Gletschern, und den daraus entspringenden Quellen besteht unter Vorbehalt ander­wei­tigen Nachweises kein Privateigentum.
³ Das kantonale Recht stellt über die Aneignung des herrenlosen Landes, die Ausbeutung und den Gemeingebrauch der öffentlichen Sachen, wie der Strassen und Plätze, Gewässer und Flussbetten die erforderlichen Bestimmungen auf.
III. Recht auf Eintra­gung
Art. 665
¹ Der Erwerbsgrund gibt dem Erwerber gegen den Eigentümer einen persönlichen Anspruch auf Eintragung und bei Weigerung des Eigen­tümers das Recht auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums.
² Bei Aneignung, Erbgang, Enteignung, Zwangsvollstreckung oder Urteil des Gerichts kann der Erwerber die Eintragung von sich aus erwirken.
³ Änderungen am Grundeigentum, die von Gesetzes wegen durch Güter­gemeinschaft oder deren Auflösung eintreten, werden auf Anmel­dung eines Ehegatten hin im Grundbuch eingetragen.⁵²⁴
⁵²⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
C. Verlust
Art. 666
¹ Das Grundeigentum geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
² Der Zeitpunkt, auf den im Falle der Enteignung der Verlust eintritt, wird durch das Enteignungsrecht des Bundes und der Kantone bestimmt.
D. Richterliche Massnahmen
I. Bei unauffindbarem Eigen­tümer
Art. 666 a ⁵²⁵
¹ Lässt sich der im Grundbuch eingetragene Eigentümer nicht identifizieren, ist sein Wohnort unbekannt oder ist von einem oder mehreren seiner Erben der Name oder Wohnort unbekannt, so kann das Gericht auf Antrag die erforderlichen Massnahmen anordnen.
² Insbesondere kann das Gericht einen Vertreter ernennen. Es legt auf Antrag den Umfang der Vertretungsmacht fest. Bestimmt es nichts anderes, so beschränkt sich diese auf erhaltende Massnahmen.
³ Antrag auf Anordnung von Massnahmen stellen kann:
1. jede Person, die ein schutzwürdiges Interesse hat;
2. das Grundbuchamt am Ort des Grundstücks.
⁴ Die Anordnung von Massnahmen unterbricht die Frist für eine ausserordentliche Ersitzung nicht.
⁵²⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Bei Fehlen der vorgeschriebenen Organe
Art. 666 b ⁵²⁶
Verfügt eine im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene juristische Person oder andere Rechtsträgerin nicht mehr über die vorgeschriebenen Organe, so kann jede Person, die ein schutzwürdiges Interesse hat, oder das Grundbuchamt am Ort des Grundstücks dem Gericht beantragen, die erforderlichen grundstücksbezogenen Massnahmen anzuordnen.
⁵²⁶ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Zweiter Abschnitt: Inhalt und Beschränkung des Grundeigen­tums

A. Inhalt
I. Umfang
Art. 667
¹ Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht.
² Es umfasst unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken alle Bauten und Pflanzen sowie die Quellen.
II. Abgrenzung
Art. 668
¹ Die Grenzen werden durch die Grundbuchpläne und durch die Abgrenzungen auf dem Grundstücke selbst angegeben.
² Widersprechen sich die bestehenden Grundbuchpläne und die Abgrenzungen, so wird die Richtigkeit der Grundbuchpläne vermutet.
³ Die Vermutung gilt nicht für die vom Kanton bezeichneten Gebiete mit Bodenverschiebungen.⁵²⁷
⁵²⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 669
Jeder Grundeigentümer ist verpflichtet, auf das Begehren seines Nach­barn zur Feststellung einer ungewissen Grenze mitzuwirken, sei es bei Berichtigung der Grundbuchpläne oder bei Anbringung von Grenz­zeichen.
Art. 670
Stehen Vorrichtungen zur Abgrenzung zweier Grundstücke, wie Mauern, Hecken, Zäune, auf der Grenze, so wird Miteigentum der beiden Nachbarn vermutet.
III. Bauten auf dem Grundstück
Art. 671
¹ Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Mate­rial oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes.
² Der Eigentümer des Materials ist jedoch, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, berechtigt, auf Kosten des Grund­eigentümers die Trennung des Materials und dessen Heraus­gabe zu verlangen, insoweit dies ohne unverhältnismässige Schädi­gung mög­lich ist.
³ Unter der gleichen Voraussetzung kann der Grundeigentümer, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, auf Kosten des Bauenden die Wegschaffung des Materials verlangen.
Art. 672
¹ Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
² Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen.
³ Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentü­mer allermindestens wert ist.
Art. 673
Übersteigt der Wert des Baues offenbar den Wert des Bodens, so kann derjenige, der sich in gutem Glauben befindet, verlangen, dass das Eigentum an Bau und Boden gegen angemessene Entschädigung dem Materialeigentümer zugewiesen werde.
Art. 674
¹ Bauten und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen, verbleiben Bestandteil des Grundstückes, von dem sie ausgehen, wenn dessen Eigentümer auf ihren Bestand ein ding­liches Recht hat.
² Das Recht auf den Überbau kann als Dienstbarkeit in das Grund­buch eingetragen werden.
³ Ist ein Überbau unberechtigt, und erhebt der Verletzte, trotzdem dies für ihn erkennbar geworden ist, nicht rechtzeitig Einspruch, so kann, wenn es die Umstände rechtfertigen, dem Überbauenden, der sich in gutem Glauben befindet, gegen angemessene Entschädigung das ding­liche Recht auf den Überbau oder das Eigentum am Boden zugewiesen werden.
Art. 675
¹ Bauwerke und andere Vorrichtungen, die auf fremdem Boden ein­ge­graben, aufgemauert oder sonstwie dauernd auf oder unter der Bo­den­fläche mit dem Grundstücke verbunden sind, können einen be­son­deren Eigentümer haben, wenn ihr Bestand als Dienstbarkeit in das Grund­buch eingetragen ist.
² Die Bestellung eines Baurechtes an einzelnen Stockwerken eines Gebäudes ist ausgeschlossen.
Art. 676
¹ Leitungen zur Versorgung und Entsorgung, die sich ausserhalb des Grundstücks befinden, dem sie dienen, gehören, wo es nicht anders geordnet ist, dem Eigentümer des Werks und zum Werk, von dem sie ausgehen oder dem sie zugeführt werden.⁵²⁸
² Soweit nicht das Nachbarrecht Anwendung findet, erfolgt die ding­liche Belastung der fremden Grundstücke mit solchen Leitungen durch die Errichtung einer Dienstbarkeit.
³ Die Dienstbarkeit entsteht mit der Erstellung der Leitung, wenn diese äusserlich wahrnehmbar ist. Andernfalls entsteht sie mit der Eintragung in das Grundbuch.⁵²⁹
⁵²⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁵²⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 677
¹ Hütten, Buden, Baracken u. dgl. behalten, wenn sie ohne Absicht bleibender Verbindung auf fremdem Boden aufgerichtet sind, ihren besondern Eigentümer.
² Ihr Bestand wird nicht in das Grundbuch eingetragen.
IV. Einpflan­zun­gen auf dem Grundstück
Art. 678
¹ Verwendet jemand fremde Pflanzen auf eigenem Grundstücke, oder eigene Pflanzen auf fremdem Grundstücke, so entstehen die gleichen Rechte und Pflichten, wie beim Verwenden von Baumaterial oder bei Fahrnisbauten.
² Eine dem Baurecht entsprechende Dienstbarkeit für einzelne Pflanzen und Anlagen von Pflanzen kann auf mindestens zehn und auf höchstens 100 Jahre errichtet werden.⁵³⁰
³ Der belastete Eigentümer kann vor Ablauf der vereinbarten Dauer die Ablösung der Dienstbarkeit verlangen, wenn er mit dem Dienstbarkeitsberechtigten einen Pachtvertrag über die Nutzung des Bodens abgeschlossen hat und dieser Vertrag beendigt wird. Das Gericht bestimmt die vermögensrechtlichen Folgen unter Würdigung aller Umstände.⁵³¹
⁵³⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 ( AS 2003 4121 ; BBl 2002 4721 ).
⁵³¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 ( AS 2003 4121 ; BBl 2002 4721 ).
V. Verantwortlichkeit des Grundeigen­tümers
⁵³² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 679
¹ Wird jemand dadurch, dass ein Grundeigentümer sein Eigentums­recht überschreitet, geschädigt oder mit Schaden bedroht, so kann er auf Beseitigung der Schädigung oder auf Schutz gegen drohenden Scha­den und auf Schadenersatz klagen.
² Entzieht eine Baute oder eine Einrichtung einem Nachbargrundstück bestimmte Eigenschaften, so bestehen die vorstehend genannten Ansprüche nur, wenn bei der Erstellung der Baute oder Einrichtung die damals geltenden Vorschriften nicht eingehalten wurden.⁵³³
⁵³³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 679 a ⁵³⁴
Fügt ein Grundeigentümer bei rechtmässiger Bewirtschaftung seines Grundstücks, namentlich beim Bauen, einem Nachbarn vorübergehend übermässige und unvermeidliche Nachteile zu und verursacht er dadurch einen Schaden, so kann der Nachbar vom Grundeigentümer lediglich Schadenersatz verlangen.
⁵³⁴ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
B. Beschrän­kun­gen
I. Im Allgemeinen
Art. 680
¹ Die gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen bestehen ohne Eintrag im Grundbuch.
² Ihre Aufhebung oder Abänderung durch Rechtsgeschäft bedarf zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung und der Eintragung in das Grundbuch.
³ Ausgeschlossen ist die Aufhebung oder Abänderung von Eigen­tums­beschränkungen öffentlich-rechtlichen Charakters.
II. Veräusse­rungsbeschrän­kungen; gesetz­liche Vorkaufs­rechte
Art. 681 ⁵³⁵
¹ Gesetzliche Vorkaufsrechte können auch bei der Zwangsversteige­rung ausgeübt werden, aber nur an der Steigerung selbst und zu den Bedingungen, zu welchen das Grundstück dem Ersteigerer zugeschla­gen wird; im übrigen können die gesetzlichen Vorkaufsrechte unter den Voraussetzungen geltend gemacht werden, die für die vertrag­lichen Vorkaufsrechte gelten.
² Das Vorkaufsrecht entfällt, wenn das Grundstück an eine Person ver­äussert wird, der ein Vorkaufsrecht im gleichen oder in einem vor­de­ren Rang zusteht.
³ Gesetzliche Vorkaufsrechte können weder vererbt noch abgetreten werden. Sie gehen den vertraglichen Vorkaufsrechten vor.
⁵³⁵ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 681 a ⁵³⁶
¹ Der Verkäufer muss die Vorkaufsberechtigten über den Abschluss und den Inhalt des Kaufvertrags in Kenntnis setzen.
² Will der Vorkaufsberechtigte sein Recht ausüben, so muss er es innert dreier Monate seit Kenntnis von Abschluss und Inhalt des Ver­tra­ges geltend machen. Nach Ablauf von zwei Jahren seit der Eintra­gung des neuen Eigentümers in das Grundbuch kann das Recht nicht mehr geltend gemacht werden.
³ Der Vorkaufsberechtigte kann seinen Anspruch innerhalb dieser Fris­­ten gegenüber jedem Eigentümer des Grundstücks geltend machen.
⁵³⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 681 b ⁵³⁷
¹ Die Vereinbarung, mit welcher ein gesetzliches Vorkaufsrecht aus­ge­schlossen oder abgeändert wird, bedarf zu ihrer Gültigkeit der öffent­lichen Beurkundung. Sie kann im Grundbuch vorgemerkt werden, wenn das Vorkaufsrecht dem jeweiligen Eigentümer eines andern Grund­stücks zusteht.
² Nach Eintritt des Vorkaufsfalls kann der Berechtigte schriftlich auf die Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts verzichten.
⁵³⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
⁵³⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 682 ⁵³⁹
¹ Miteigentümer haben ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Nichtmit­eigentümer, der einen Anteil erwirbt. Machen mehrere Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend, so wird ihnen der Anteil im Verhältnis ih­rer bisherigen Miteigentumsanteile zuge­wie­sen.⁵⁴⁰
² Ein Vorkaufsrecht gegenüber jedem Erwerber haben auch der Ei­gen­tümer eines Grundstückes, das mit einem selbständigen und dau­ernden Baurecht belastet ist, an diesem Recht und der Inhaber dieses Rechts am belasteten Grundstück, soweit dieses durch die Ausübung seines Rechtes in Anspruch genommen wird.
³...⁵⁴¹
⁵³⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
⁵⁴⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
⁵⁴¹ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), mit Wirkung seit 1. Jan. 1994 ( AS  1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 682 a ⁵⁴²
Für die Vorkaufsrechte an landwirtschaftlichen Gewerben und Grund­stücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991⁵⁴³ über das bäuerliche Bodenrecht.
⁵⁴² Eingefügt durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
⁵⁴³ SR 211.412.11
Art. 683 ⁵⁴⁴
⁵⁴⁴ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), mit Wirkung seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
III. Nachbarrecht
⁵⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 684
¹ Jedermann ist verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten.
² Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach Ortsgebrauch nicht gerecht­fertigten Einwirkungen durch Luftverunreinigung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschütterung, Strahlung oder durch den Entzug von Besonnung oder Tageslicht.⁵⁴⁶
⁵⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 685
¹ Bei Grabungen und Bauten darf der Eigentümer die nachbarlichen Grundstücke nicht dadurch schädigen, dass er ihr Erdreich in Bewe­gung bringt oder gefährdet oder vorhandene Vorrichtungen beein­trächtigt.
² Auf Bauten, die den Vorschriften des Nachbarrechtes zuwiderlau­fen, finden die Bestimmungen betreffend überragende Bauten An­wen­dung.
Art. 686
¹ Die Kantone sind befugt, die Abstände festzusetzen, die bei Gra­bun­gen und Bauten zu beobachten sind.
² Es bleibt ihnen vorbehalten, weitere Bauvorschriften aufzustellen.
Art. 687
¹ Überragende Äste und eindringende Wurzeln kann der Nachbar, wenn sie sein Eigentum schädigen und auf seine Beschwerde hin nicht binnen angemessener Frist beseitigt werden, kappen und für sich behalten.
² Duldet ein Grundeigentümer das Überragen von Ästen auf bebauten oder überbauten Boden, so hat er ein Recht auf die an ihnen wach­sen­den Früchte (Anries).
³ Auf Waldgrundstücke, die aneinander grenzen, finden diese Vor­schriften keine Anwendung.
Art. 688
Die Kantone sind befugt, für Anpflanzungen je nach der Art des Grundstückes und der Pflanzen bestimmte Abstände vom nachbar­lichen Grundstück vorzuschreiben oder den Grundeigentümer zu ver­pflichten, das Übergreifen von Ästen oder Wurzeln fruchttragender Bäume zu gestatten und für diese Fälle das Anries zu regeln oder auf­zuheben.
Art. 689
¹ Jeder Grundeigentümer ist verpflichtet, das Wasser, das von dem oberhalb liegenden Grundstück natürlicherweise abfliesst, aufzu­neh­men, wie namentlich Regenwasser, Schneeschmelze und Wasser von Quellen, die nicht gefasst sind.
² Keiner darf den natürlichen Ablauf zum Schaden des Nachbarn ver­ändern.
³ Das für das untere Grundstück nötige Abwasser darf diesem nur insoweit entzogen werden, als es für das obere Grundstück unentbehr­lich ist.
Art. 690
¹ Bei Entwässerungen hat der Eigentümer des unterhalb liegenden Grundstückes das Wasser, das ihm schon vorher auf natürliche Weise zugeflossen ist, ohne Entschädigung abzunehmen.
² Wird er durch die Zuleitung geschädigt, so kann er verlangen, dass der obere Eigentümer die Leitung auf eigene Kosten durch das untere Grundstück weiter führe.
Art. 691
¹ Jeder Grundeigentümer ist verpflichtet, die Durchleitung von Röhren und Leitungen zur Versorgung und Entsorgung gegen volle Entschädigung zu gestatten, wenn ein anderes Grundstück sonst nicht oder nur mit unverhältnismässigen Kosten erschlossen werden kann.⁵⁴⁷
² Das Recht auf Durchleitung aus Nachbarrecht kann in den Fällen nicht beansprucht werden, in denen das kantonale Recht oder das Bundesrecht auf den Weg der Enteignung verweist.
³ Verlangt es der Berechtigte oder der Belastete, so werden die Durchleitungen auf Kosten des Berechtigten als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen. Das Durchleitungsrecht kann einem gutgläubigen Erwerber auch ohne Eintragung entgegengehalten werden.⁵⁴⁸
⁵⁴⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁵⁴⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 692
¹ Der belastete Grundeigentümer hat Anspruch darauf, dass auf seine Interessen in billiger Weise Rücksicht genommen werde.
² Wo ausserordentliche Umstände es rechtfertigen, kann er bei ober­irdischen Leitungen verlangen, dass ihm das Stück Land, über das diese Leitungen geführt werden sollen, in angemessenem Umfange gegen volle Entschädigung abgenommen werde.
Art. 693
¹ Ändern sich die Verhältnisse, so kann der Belastete eine seinen Interessen entsprechende Verlegung der Leitung verlangen.
² Die Kosten der Verlegung hat in der Regel der Berechtigte zu tra­gen.
³ Wo besondere Umstände es rechtfertigen, kann jedoch ein ange­mes­sener Teil der Kosten dem Belasteten auferlegt werden.
Art. 694
¹ Hat ein Grundeigentümer keinen genügenden Weg von seinem Grundstück auf eine öffentliche Strasse, so kann er beanspruchen, dass ihm die Nachbarn gegen volle Entschädigung einen Notweg ein­räu­men.
² Der Anspruch richtet sich in erster Linie gegen den Nachbarn, dem die Gewährung des Notweges der früheren Eigentums- und Wege­ver­hältnisse wegen am ehesten zugemutet werden darf, und im wei­tern gegen denjenigen, für den der Notweg am wenigsten schädlich ist.
³ Bei der Festsetzung des Notweges ist auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen.
Art. 695
Den Kantonen bleibt es vorbehalten, über die Befugnis des Grund­eigentümers, zum Zwecke der Bewirtschaftung oder Vornahme von Ausbesserungen und Bauten das nachbarliche Grundstück zu betre­ten, sowie über das Streck- oder Tretrecht, den Tränkweg, Winterweg, Brachweg, Holzlass, Reistweg u. dgl. nähere Vorschriften auf­zustel­len.
Art. 696
¹ Wegrechte, die das Gesetz unmittelbar begründet, bestehen ohne Eintragung zu Recht.
² Sie werden jedoch, wenn sie von bleibendem Bestande sind, im Grundbuche angemerkt.
Art. 697
¹ Die Kosten der Einfriedigung eines Grundstückes trägt dessen Eigentümer, unter Vorbehalt der Bestimmungen über das Miteigentum an Grenzvorrichtungen.
² In Bezug auf die Pflicht und die Art der Einfriedigung bleibt das kantonale Recht vorbehalten.
Art. 698
An die Kosten der Vorrichtungen zur Ausübung der nachbarrecht­lichen Befugnisse haben die Grundeigentümer im Verhältnis ihres Inter­esses beizutragen.
IV. Recht auf Zutritt und Abwehr
Art. 699
¹ Das Betreten von Wald und Weide und die Aneignung wildwach­sen­der Beeren, Pilze u. dgl. sind in ortsüblichem Umfange jedermann gestattet, soweit nicht im Interesse der Kulturen seitens der zuständi­gen Behörde einzelne bestimmt umgrenzte Verbote erlassen werden.
² Über das Betreten fremden Eigentums zur Ausübung von Jagd und Fischerei kann das kantonale Recht nähere Vorschriften aufstellen.
Art. 700
¹ Werden Sachen durch Wasser, Wind, Lawinen oder andere Natur­gewalt oder zufällige Ereignisse auf ein fremdes Grundstück ge­bracht, oder geraten Tiere, wie Gross- und Kleinvieh, Bienen­schwärme, Geflügel und Fische auf fremden Boden, so hat der Grundeigentümer dem Berechtigten deren Aufsuchung und Weg­schaffung zu gestatten.
² Für den hieraus entstehenden Schaden kann er Ersatz verlangen und hat hiefür an diesen Sachen ein Retentionsrecht.
Art. 701
¹ Kann jemand einen drohenden Schaden oder eine gegenwärtige Gefahr nur dadurch von sich oder andern abwenden, dass er in das Grundeigentum eines Dritten eingreift, so ist dieser verpflichtet, den Eingriff zu dulden, sobald Gefahr oder Schaden ungleich grösser sind als die durch den Eingriff entstehende Beeinträchtigung.
² Für den hieraus entstehenden Schaden ist angemessener Ersatz zu leisten.
V. Öffent­lich­rechtli­che Be­schränkungen
Art. 702
Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehal­ten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzu­stellen, wie namentlich betreffend die Bau‑, Feuer- und Ge­sundheits­polizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Boden­verbesserun­gen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von länd­lichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Alter­tümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichts­punkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen.
Art. 703 ⁵⁴⁹
¹ Können Bodenverbesserungen, wie Gewässerkorrektionen, Entwäs­serungen, Bewässerungen, Aufforstungen, Weganlagen, Güterzu­sam­menlegungen u. dgl. nur durch ein gemeinschaftliches Unter­neh­men ausgeführt werden, und hat die Mehrheit der beteiligten Grund­eigen­tümer, denen zugleich mehr als die Hälfte des beteiligten Bodens gehört, dem Unternehmen zugestimmt, so sind die übrigen Grund­eigen­tümer zum Beitritt verpflichtet. Die an der Beschlussfas­sung nicht mitwirkenden Grundeigentümer gelten als zustimmend. Der Beitritt ist im Grundbuch anzumerken.
² Die Kantone ordnen das Verfahren. Sie haben insbesondere für Güterzusammenlegungen eine einlässliche Ordnung zu treffen.
³ Die kantonale Gesetzgebung kann die Durchführung solcher Boden­verbesserungen noch weiter erleichtern und die entsprechenden Vorschriften auf Baugebiete und Gebiete mit dauernden Boden­ver­schie­bungen anwendbar erklären.⁵⁵⁰
⁵⁴⁹ Fassung gemäss Art. 121 des Landwirtschaftsgesetzes, in Kraft seit 1. Jan. 1954 ( AS 1953 1073 ; BBl 1951 I 130 ).
⁵⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
C. Rechte an Quellen und Brunnen
I. Quellen­eigen­tum und Quel­lenrecht
Art. 704
¹ Quellen sind Bestandteile der Grundstücke und können nur zu­gleich mit dem Boden, dem sie entspringen, zu Eigentum erworben werden.
² Das Recht an Quellen auf fremdem Boden wird als Dienstbarkeit durch Eintragung in das Grundbuch begründet.
³ Das Grundwasser ist den Quellen gleichgestellt.
II. Ableitung von Quellen
Art. 705
¹ Durch das kantonale Recht kann zur Wahrung des allgemeinen Wohles die Fortleitung von Quellen geordnet, beschränkt oder unter­sagt werden.
² Ergeben sich hieraus Anstände unter Kantonen, so entscheidet dar­über endgültig der Bundesrat.
III. Abgraben von Quellen
Art. 706
¹ Werden Quellen und Brunnen, die in erheblicher Weise benutzt oder zum Zwecke der Verwertung gefasst worden sind, zum Nachteil des Eigentümers oder Nutzungsberechtigten durch Bauten, Anlagen oder Vorkehrungen anderer Art abgegraben, beeinträchtigt oder ver­unrei­nigt, so kann dafür Schadenersatz verlangt werden.
² Ist der Schaden weder absichtlich noch fahrlässig zugefügt oder trifft den Beschädigten selbst ein Verschulden, so bestimmt das Gericht nach seinem Ermessen, ob, in welchem Umfange und in wel­cher Weise Ersatz zu leisten ist.
Art. 707
¹ Werden Quellen und Brunnen, die für die Bewirtschaftung oder Bewohnung eines Grundstückes oder für Trinkwasserversorgungen un­entbehrlich sind, abgegraben oder verunreinigt, so kann, soweit über­haupt möglich, die Wiederherstellung des früheren Zustandes verlangt werden.
² In den andern Fällen kann diese Wiederherstellung nur verlangt wer­den, wo besondere Umstände sie rechtfertigen.
IV. Quellen­gemein­schaft
Art. 708
¹ Bilden benachbarte Quellen verschiedener Eigentümer als Ausfluss eines gemeinsamen Sammelgebietes zusammen eine Quellengruppe, so kann jeder Eigentümer beantragen, dass sie gemeinschaftlich gefasst und den Berechtigten im Verhältnis der bisherigen Quellen­stärke zugeleitet werden.
² Die Kosten der gemeinschaftlichen Anlage tragen die Berechtigten im Verhältnis ihres Interesses.
³ Widersetzt sich einer der Berechtigten, so ist jeder von ihnen zur ordnungsgemässen Fassung und Ableitung seiner Quelle auch dann be­fugt, wenn die Stärke der anderen Quellen dadurch be­einträchtigt wird, und hat hiefür nur insoweit Ersatz zu leisten, als seine Quelle durch die neuen Vorrichtungen verstärkt worden ist.
V. Benutzung von Quellen
Art. 709
Den Kantonen bleibt es vorbehalten, zu bestimmen, in welchem Umfange Quellen, Brunnen und Bäche, die sich in Privateigentum befin­den, auch von den Nachbarn und von andern Personen zum Wasserholen, Tränken u. dgl. benutzt werden dürfen.
VI. Notbrunnen
Art. 710
¹ Entbehrt ein Grundstück des für Haus und Hof notwendigen Was­sers und lässt sich dieses ohne ganz unverhältnismässige Mühe und Kosten nicht von anderswo herleiten, so kann der Eigentümer vom Nachbarn, der ohne eigene Not ihm solches abzugeben vermag, ge­gen volle Ent­schädigung die Abtretung eines Anteils an Brunnen oder Quellen ver­langen.
² Bei der Festsetzung des Notbrunnens ist vorzugsweise auf das In­ter­esse des zur Abgabe Verpflichteten Rücksicht zu nehmen.
³ Ändern sich die Verhältnisse, so kann eine Abänderung der getrof­fe­nen Ordnung verlangt werden.
VII. Pflicht zur Ab­tretung
Art. 711
¹ Sind Quellen, Brunnen oder Bäche ihrem Eigentümer von kei­nem oder im Verhältnis zu ihrer Verwertbarkeit von ganz gerin­gem Nut­zen, so kann vom Eigentümer verlangt werden, dass er sie gegen volle Ent­schädigung für Trinkwasserversorgungen, Hy­drantenanlagen oder andere Unternehmungen des allgemeinen Wohles abtrete.
² Diese Entschädigung kann in der Zuleitung von Wasser aus der neuen Anlage bestehen.
Art. 712
Eigentümer von Trinkwasserversorgungen können auf dem Wege der Enteignung die Abtretung des umliegenden Bodens verlangen, soweit es zum Schutz ihrer Quellen gegen Verunreinigung notwendig ist.

Dritter Abschnitt: ⁵⁵¹ Das Stockwerkeigentum

⁵⁵¹ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
A. Inhalt und Ge­genstand
I. Inhalt
Art. 712 a
¹ Stockwerkeigentum ist der Miteigentumsanteil an einem Grund­stück, der dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt, bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und innen auszubauen.
² Der Stockwerkeigentümer ist in der Verwaltung, Benutzung und baulichen Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, darf jedoch kei­nem anderen Stockwerkeigentümer die Ausübung des gleichen Rech­tes erschweren und die gemeinschaftlichen Bauteile, Anlagen und Ein­richtungen in keiner Weise beschädigen oder in ihrer Funkti­on und äusseren Erscheinung beeinträchtigen.
³ Er ist verpflichtet, seine Räume so zu unterhalten, wie es zur Erhal­tung des Gebäudes in einwandfreiem Zustand und gutem Aussehen erforderlich ist.
II. Gegenstand
Art. 712 b
¹ Gegenstand des Sonderrechts können einzelne Stockwerke oder Teile von Stockwerken sein, die als Wohnungen oder als Einheiten von Räumen zu geschäftlichen oder anderen Zwecken mit eigenem Zugang in sich abgeschlossen sein müssen, aber getrennte Neben­räume um­fas­sen können.
² Dem Stockwerkeigentümer können nicht zu Sonderrecht zugeschie­den werden:
1. der Boden der Liegenschaft und das Baurecht, kraft dessen gege­benenfalls das Gebäude erstellt wird;
2. die Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und Festigkeit des Gebäudes oder der Räume anderer Stock­wer­keigentümer von Bedeutung sind oder die äussere Gestalt und das Aussehen des Gebäudes bestimmen;
3. die Anlagen und Einrichtungen, die auch den andern Stock­wer­keigentümern für die Benutzung ihrer Räume dienen.
³ Andere Bestandteile des Gebäudes können im Begründungsakt und in gleicher Form auch durch nachherige Vereinbarung der Stockwer­k­eigentümer als gemeinschaftlich erklärt werden; ist dies nicht ge­sche­hen, so gilt die Vermutung, dass sie zu Sonderrecht ausgeschie­den sind.
III. Verfügung
Art. 712 c
¹ Von Gesetzes wegen hat der Stockwerkeigentümer kein Vorkaufs­recht gegenüber jedem Dritten, der einen Anteil erwirbt, doch kann es im Begründungsakt oder durch nachherige Vereinbarung errichtet und im Grundbuch vorgemerkt werden.
² In gleicher Weise kann bestimmt werden, dass die Veräusserung eines Stockwerkes, dessen Belastung mit einer Nutzniessung oder einem Wohnrecht sowie die Vermietung nur rechtsgültig ist, wenn die übri­gen Stockwerkeigentümer dagegen nicht auf Grund eines von ihnen gefassten Beschlusses binnen 14 Tagen seit der ihnen gemachten Mit­teilung Einsprache erhoben haben.
³ Die Einsprache ist unwirksam, wenn sie ohne wichtigen Grund erhoben worden ist.⁵⁵²
⁵⁵² Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
B. Begründung und Untergang
I. Begründungsakt
Art. 712 d
¹ Das Stockwerkeigentum wird durch Eintragung im Grundbuch begründet.
² Die Eintragung kann verlangt werden:
1. auf Grund eines Vertrages der Miteigentümer über die Aus­gestal­tung ihrer Anteile zu Stockwerkeigentum;
2. auf Grund einer Erklärung des Eigentümers der Liegenschaft oder des Inhabers eines selbständigen und dauernden Bau­rechtes über die Bildung von Miteigentumsanteilen und deren Ausge­stal­tung zu Stockwerkeigentum.
³ Das Rechtsgeschäft bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung oder, wenn es eine Verfügung von Todes wegen oder ein Erbteilungsvertrag ist, der im Erbrecht vorgeschriebenen Form.
II. Räumliche Ausscheidung und Wertquoten ⁵⁵³
⁵⁵³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 712 e
¹ Im Begründungsakt sind die räumliche Ausscheidung und der Anteil jedes Stockwerks am Wert der Liegenschaft oder des Baurechts in Bruchteilen mit einem gemeinsamen Nenner anzugeben.⁵⁵⁴
² Änderungen der Wertquoten bedürfen der Zustimmung aller unmit­telbar Beteiligten und der Genehmigung der Versammlung der Stock­werkeigentümer; doch hat jeder Stockwerkeigentümer An­spruch auf Berichtigung, wenn seine Quote aus Irrtum unrichtig fest­gesetzt wurde oder infolge von baulichen Veränderungen des Gebäu­des oder seiner Umgebung unrichtig geworden ist.
⁵⁵⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
III. Untergang
Art. 712 f
¹ Das Stockwerkeigentum endigt mit dem Untergang der Liegen­schaft oder des Baurechtes und mit der Löschung im Grundbuch.
² Die Löschung kann auf Grund einer Aufhebungsvereinbarung und ohne solche von einem Stockwerkeigentümer, der alle Anteile in sei­ner Hand vereinigt, verlangt werden, bedarf jedoch der Zustimmung der an den einzelnen Stockwerken dinglich berechtigten Personen, deren Rechte nicht ohne Nachteil auf das ganze Grundstück übertra­gen werden können.
³ Die Aufhebung kann von jedem Stockwerkeigentümer verlangt werden, wenn das Gebäude:
1. zu mehr als der Hälfte des Wertes zerstört und der Wiederaufbau nicht ohne eine für ihn schwer tragbare Belastung möglich ist; oder
2. seit mehr als 50 Jahren in Stockwerkeigentum aufgeteilt ist und wegen des schlechten baulichen Zustandes nicht mehr bestimmungsgemäss genutzt werden kann.⁵⁵⁵
⁴ Die Stockwerkeigentümer, welche die Gemeinschaft fortsetzen wollen, können die Aufhebung durch Abfindung der übrigen abwenden.⁵⁵⁶
⁵⁵⁵ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁵⁵⁶ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
C. Verwaltung und Benutzung
I. Die anwendbaren Be­stim­mun­gen
Art. 712 g
¹ Für die Zuständigkeit zu Verwaltungshandlungen und baulichen Massnahmen gelten die Bestimmungen über das Miteigentum.
² Soweit diese Bestimmungen es nicht selber ausschliessen, können sie durch eine andere Ordnung ersetzt werden, jedoch nur im Begründungsakt oder mit einstimmigem Beschluss aller Stockwerk­eigentümer.
³ Im übrigen kann jeder Stockwerkeigentümer verlangen, dass ein Reglement über die Verwaltung und Benutzung aufgestellt und im Grundbuch angemerkt werde, das zu seiner Verbindlichkeit der Annahme durch Beschluss mit der Mehrheit der Stockwerkeigentümer, die zugleich zu mehr als der Hälfte anteilsberechtigt ist, bedarf und mit dieser Mehrheit, auch wenn es im Begründungsvertrag aufge­stellt worden ist, geändert werden kann.
⁴ Eine Änderung der reglementarischen Zuteilung ausschliesslicher Nutzungsrechte bedarf zudem der Zustimmung der direkt betroffenen Stockwerkeigentümer.⁵⁵⁷
⁵⁵⁷ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Gemeinschaftli­che Ko­sten und La­sten
Art. 712 h
¹ Die Stockwerkeigentümer haben an die Lasten des gemeinschaft­lichen Eigentums und an die Kosten der gemeinschaftlichen Verwal­tung Beiträge nach Massgabe ihrer Wertquoten zu leisten.
² Solche Lasten und Kosten sind namentlich:
1. die Auslagen für den laufenden Unterhalt, für Reparaturen und Erneuerungen der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Anlagen und Ein­richtungen;
2. die Kosten der Verwaltungstätigkeit einschliesslich der Ent­schädigung des Verwalters;
3. die den Stockwerkeigentümern insgesamt auferlegten öffent­lich-rechtlichen Beiträge und Steuern;
4. die Zins- und Amortisationszahlungen an Pfandgläubiger, denen die Liegenschaft haftet oder denen sich die Stock­werk­ei­gentü­mer solidarisch verpflichtet haben.
³ Dienen bestimmte gemeinschaftliche Bauteile, Anlagen oder Ein­richtungen einzelnen Stockwerkeinheiten nicht oder nur in ganz ge­rin­gem Masse, so ist dies bei der Verteilung der Kosten zu berück­sichti­gen.
Art. 712 i
¹ Die Gemeinschaft hat für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen Anspruch gegenüber jedem jeweiligen Stock­wer­keigentümer auf Errichtung eines Pfandrechtes an dessen Anteil.
² Die Eintragung kann vom Verwalter oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, von jedem dazu durch Mehrheitsbeschluss oder durch das Gericht ermächtigten Stockwerkeigentümer und vom Gläubiger, für den die Beitragsforderung gepfändet ist, verlangt werden.
³ Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Errichtung des Bau­handwerkerpfandrechts sinngemäss anwendbar.
Art. 712 k
Die Gemeinschaft hat für die auf die letzten drei Jahre entfallenden Beitragsforderungen an den beweglichen Sachen, die sich in den Räumen eines Stockwerkeigentümers befinden und zu deren Einrich­tung oder Benutzung gehören, ein Retentionsrecht wie ein Vermieter.
III. Hand­lungs­fähigkeit der Gemein­schaft
Art. 712 l
¹ Unter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.
² Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer kann unter ihrem Namen klagen und betreiben sowie beklagt und betrieben werden.⁵⁵⁸
⁵⁵⁸ Fassung gemäss Anhang Ziff. 2 des Gerichtsstandsgesetzes vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 ( AS 2000 2355 ; BBl 1999 2829 ).
D. Organisation
I. Versammlung der Stockwerk­eigentümer
Art. 712 m
¹ Ausser den in andern Bestimmungen genannten hat die Versamm­lung der Stockwerkeigentümer insbesondere die folgenden Befug­nisse:
1. in allen Verwaltungsangelegenheiten, die nicht dem Verwalter zustehen, zu entscheiden;
2. den Verwalter zu bestellen und die Aufsicht über dessen Tätig­keit zu führen;
3. einen Ausschuss oder einen Abgeordneten zu wählen, dem sie Verwaltungsangelegenheiten übertragen kann, wie namentlich die Aufgabe, dem Verwalter beratend zur Seite zu stehen, des­sen Geschäftsführung zu prüfen und der Versammlung darüber Be­richt zu erstatten und Antrag zu stellen;
4. jährlich den Kostenvoranschlag, die Rechnung und die Vertei­lung der Kosten unter den Eigentümern zu genehmigen;
5. über die Schaffung eines Erneuerungsfonds für Unterhalts- und Erneuerungsarbeiten zu befinden;
6. das Gebäude gegen Feuer und andere Gefahren zu versichern und die üblichen Haftpflichtversicherungen abzuschliessen, fer­ner den Stockwerkeigentümer, der seine Räume mit aus­ser­or­dentli­chen Aufwendungen baulich ausgestaltet hat, zur Lei­s­tung eines zusätzlichen Prämienanteils zu verpflichten, wenn er nicht eine Zusatzversicherung auf eigene Rechnung abschliesst.
² Soweit das Gesetz nicht besondere Bestimmungen enthält, finden auf die Versammlung der Stockwerkeigentümer und auf den Aus­schuss die Vorschriften über die Organe des Vereins und über die An­fech­tung von Vereinsbeschlüssen Anwendung.
Art. 712 n
¹ Die Versammlung der Stockwerkeigentümer wird vom Verwalter einberufen und geleitet, wenn sie nicht anders beschlossen hat.
² Die Beschlüsse sind zu protokollieren, und das Protokoll ist vom Verwalter oder von dem den Vorsitz führenden Stockwerkeigentümer aufzubewahren.
Art. 712 o
¹ Mehrere Personen, denen ein Stockwerk gemeinschaftlich zusteht, haben nur eine Stimme, die sie durch einen Vertreter abgeben.
² Ebenso haben sich der Eigentümer und der Nutzniesser eines Stock­werkes über die Ausübung des Stimmrechtes zu verständigen, ansonst der Nutzniesser in allen Fragen der Verwaltung mit Aus­nah­me der bloss nützlichen oder der Verschönerung und Bequem­lichkeit die­nen­den baulichen Massnahmen als stimmberechtigt gilt.
Art. 712 p
¹ Die Versammlung der Stockwerkeigentümer ist beschlussfähig, wenn die Hälfte aller Stockwerkeigentümer, die zugleich zur Hälfte anteils­be­rechtigt ist, mindestens aber zwei Stockwerkeigentümer, anwesend oder vertreten sind.
² Für den Fall der ungenügenden Beteiligung ist eine zweite Ver­sammlung einzuberufen, die nicht vor Ablauf von zehn Tagen seit der ersten stattfinden darf.
³ Die zweite Versammlung ist beschlussfähig, wenn der dritte Teil aller Stockwerkeigentümer, mindestens aber zwei, anwesend oder ver­treten sind.
II. Der Verwalter
Art. 712 q
¹ Kommt die Bestellung des Verwalters durch die Versammlung der Stockwerkeigentümer nicht zustande, so kann jeder Stock­werkeigen­tümer die Ernennung des Verwalters durch das Gericht verlangen.
² Das gleiche Recht steht auch demjenigen zu, der ein berechtigtes Interesse daran hat, wie dem Pfandgläubiger und dem Versicherer.
Art. 712 r
¹ Durch Beschluss der Versammlung der Stockwerkeigentümer kann der Verwalter unter Vorbehalt allfälliger Entschädigungsansprüche jederzeit abberufen werden.
² Lehnt die Versammlung der Stockwerkeigentümer die Abberufung des Verwalters unter Missachtung wichtiger Gründe ab, so kann je­der Stockwerkeigentümer binnen Monatsfrist die gerichtliche Abbe­rufung verlangen.
³ Ein Verwalter, der vom Gericht eingesetzt wurde, kann ohne dessen Bewilligung vor Ablauf der Zeit, für die er eingesetzt ist, nicht abbe­rufen werden.
Art. 712 s
¹ Der Verwalter vollzieht alle Handlungen der gemeinschaftlichen Verwaltung gemäss den Vorschriften des Gesetzes und des Regle­mentes sowie gemäss den Beschlüssen der Versammlung der Stock­werkeigentümer und trifft von sich aus alle dringlichen Massnahmen zur Abwehr oder Beseitigung von Schädigungen.
² Er verteilt die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten auf die ein­zel­nen Stockwerkeigentümer, stellt ihnen Rechnung, zieht ihre Bei­träge ein und besorgt die Verwaltung und bestimmungsgemässe Verwen­dung der vorhandenen Geldmittel.
³ Er wacht darüber, dass in der Ausübung der Sonderrechte und in der Benutzung der gemeinschaftlichen Teile des Grundstückes und Gebäudes sowie der gemeinschaftlichen Einrichtungen die Vorschrif­ten des Gesetzes, des Reglementes und der Hausordnung befolgt werden.
Art. 712 t
¹ Der Verwalter vertritt in allen Angelegenheiten der gemeinschaft­lichen Verwaltung, die in den Bereich seiner gesetzlichen Aufgaben fallen, sowohl die Gemeinschaft als auch die Stockwerkeigentümer nach aussen.
² Zur Führung eines anzuhebenden oder vom Gegner eingeleiteten Zivilprozesses bedarf der Verwalter ausserhalb des summarischen Ver­fahrens der vorgängigen Ermächtigung durch die Versammlung der Stockwerkeigentümer, unter Vorbehalt dringender Fälle, in denen die Ermächtigung nachgeholt werden kann.
³ An die Stockwerkeigentümer insgesamt gerichtete Erklärungen, Auf­forderungen, Urteile und Verfügungen können durch Zustellung an den Verwalter an seinem Wohnsitz oder am Ort der gelegenen Sa­che wirksam mitgeteilt werden.

Zwanzigster Titel: Das Fahrniseigentum

A. Gegenstand

Art. 713
Gegenstand des Fahrniseigentums sind die ihrer Natur nach beweg­lichen körperlichen Sachen sowie die Naturkräfte, die der rechtlichen Herrschaft unterworfen werden können und nicht zu den Grund­stücken gehören.

B. Erwerbsarten

I. Übertragung
1. Besitz­über­gang
Art. 714
¹ Zur Übertragung des Fahrniseigentums bedarf es des Überganges des Besitzes auf den Erwerber.
² Wer in gutem Glauben eine bewegliche Sache zu Eigentum übertra­gen erhält, wird, auch wenn der Veräusserer zur Eigentumsübertra­gung nicht befugt ist, deren Eigentümer, sobald er nach den Besitzes­regeln im Besitze der Sache geschützt ist.
2. Eigentums­vorbe­halt
Art. 715
¹ Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweili­gem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öf­fent­lichen Register eingetragen ist.
² Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen.
Art. 716
Gegenstände, die mit Eigentumsvorbehalt übertragen worden sind, kann der Eigentümer nur unter der Bedingung zurückverlangen, dass er die vom Erwerber geleisteten Abzahlungen unter Abzug eines angemessenen Mietzinses und einer Entschädigung für Abnützung zurückerstattet.
3. Erwerb ohne Be­sitz
Art. 717
¹ Bleibt die Sache infolge eines besondern Rechtsverhältnisses beim Veräusserer, so ist der Eigentumsübergang Dritten gegenüber un­wirk­sam, wenn damit ihre Benachteiligung oder eine Umgehung der Bestimmungen über das Faustpfand beabsichtigt worden ist.
² Das Gericht entscheidet hierüber nach seinem Ermessen.
II. Aneignung
1. Herrenlose Sachen
Art. 718
Eine herrenlose Sache wird dadurch zu Eigentum erworben, dass jemand sie mit dem Willen, ihr Eigentümer zu werden, in Besitz nimmt.
2. Herrenlos wer­dende Tiere
Art. 719
¹ Gefangene Tiere werden herrenlos, wenn sie die Freiheit wieder erlangen und ihr Eigentümer ihnen nicht unverzüglich und ununter­bro­chen nachforscht und sie wieder einzufangen bemüht ist.
² Gezähmte Tiere werden herrenlos, sobald sie wieder in den Zustand der Wildheit geraten und nicht mehr zu ihrem Herrn zurückkehren.
³ Bienenschwärme werden dadurch, dass sie auf fremden Boden gelangen, nicht herrenlos.
III. Fund
1. Bekanntmachung, Nachfrage
⁵⁵⁹ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
Art. 720
¹ Wer eine verlorene Sache findet, hat den Eigentümer davon zu benachrichtigen und, wenn er ihn nicht kennt, entweder der Polizei den Fund anzuzeigen oder selbst für eine den Umständen angemessene Bekanntmachung und Nachfrage zu sorgen.
² Zur Anzeige an die Polizei ist er verpflichtet, wenn der Wert der Sache offenbar 10 Franken übersteigt.
³ Wer eine Sache in einem bewohnten Hause oder in einer dem öf­fent­lichen Gebrauch oder Verkehr dienenden Anstalt findet, hat sie dem Hausherrn, Mieter oder den mit der Aufsicht betrauten Personen abzu­liefern.
Art. 720 a ⁵⁶⁰
¹ Wer ein verlorenes Tier findet, hat unter Vorbehalt von Artikel 720 Absatz 3 den Eigentümer davon zu benachrichtigen und, wenn er ihn nicht kennt, den Fund anzuzeigen.
² Die Kantone bezeichnen die Stelle, welcher der Fund anzuzeigen ist.
⁵⁶⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ). Abs. 2 wird auf den 1. April 2004 in Kraft gesetzt.
2. Auf­bewahrung, Verstei­ge­rung
Art. 721
¹ Die gefundene Sache ist in angemessener Weise aufzubewahren.
² Sie darf mit Genehmigung der zuständigen Behörde nach vorgängi­ger Auskündung öffentlich versteigert werden, wenn sie einen kost­spieligen Unterhalt erfordert oder raschem Verderben ausgesetzt ist, oder wenn die Polizei oder eine öffentliche Anstalt sie schon länger als ein Jahr aufbewahrt hat.
³ Der Steigerungserlös tritt an die Stelle der Sache.
3. Eigentums­erwerb, Herausgabe
Art. 722
¹ Wer seinen Pflichten als Finder nachkommt, erwirbt, wenn wäh­rend fünf Jahren von der Bekanntmachung oder Anzeige an der Eigen­tümer nicht festgestellt werden kann, die Sache zu Eigentum.
¹bis Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, beträgt die Frist zwei Monate.⁵⁶¹
¹ter Vertraut der Finder das Tier einem Tierheim mit dem Willen an, den Besitz daran endgültig aufzugeben, so kann das Tierheim nach Ablauf von zwei Monaten, seitdem ihm das Tier anvertraut wurde, frei über das Tier verfügen.⁵⁶²
² Wird die Sache zurückgegeben, so hat der Finder Anspruch auf Ersatz aller Auslagen sowie auf einen angemessenen Finderlohn.
³ Bei Fund in einem bewohnten Hause oder in einer dem öffentlichen Gebrauch oder Verkehr dienenden Anstalt wird der Hausherr, der Mie­ter oder die Anstalt als Finder betrachtet, hat aber keinen Finder­lohn zu beanspruchen.
⁵⁶¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
⁵⁶² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
4. Schatz
Art. 723
¹ Wird ein Wertgegenstand aufgefunden, von dem nach den Umstän­den mit Sicherheit anzunehmen ist, dass er seit langer Zeit vergraben oder verborgen war und keinen Eigentümer mehr hat, so wird er als Schatz angesehen.
² Der Schatz fällt unter Vorbehalt der Bestimmung über Gegenstände von wissenschaftlichem Wert an den Eigentümer des Grundstückes oder der beweglichen Sache, in der er aufgefunden worden ist.
³ Der Finder hat Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die jedoch die Hälfte des Wertes des Schatzes nicht übersteigen darf.
5. Wissen­schaftliche Gegen­stände
Art. 724
¹ Herrenlose Naturkörper oder Altertümer von wissenschaftlichem Wert sind Eigentum des Kantons, in dessen Gebiet sie gefunden worden sind.⁵⁶³
¹bis Ohne Genehmigung der zuständigen kantonalen Behörden können solche Sachen nicht veräussert werden. Sie können weder ersessen noch gutgläubig erworben werden. Der Herausgabeanspruch verjährt nicht.⁵⁶⁴
² Der Eigentümer, in dessen Grundstück solche Gegenstände aufge­funden werden, ist verpflichtet, ihre Ausgrabung zu gestatten gegen Ersatz des dadurch verursachten Schadens.
³ Der Finder und im Falle des Schatzes auch der Eigentümer haben Anspruch auf eine angemessene Vergütung, die jedoch den Wert der Gegenstände nicht übersteigen soll.
⁵⁶³ Fassung gemäss Art. 32 Ziff. 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).
⁵⁶⁴ Eingefügt durch Art. 32 Ziff. 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).
IV. Zuführung
Art. 725
¹ Werden jemandem durch Wasser, Wind, Lawinen oder andere Naturgewalt oder zufällige Ereignisse bewegliche Sachen zugeführt, oder geraten fremde Tiere in seinen Gewahrsam, so hat er die Rechte und Pflichten eines Finders.
² Fliegt ein Bienenschwarm in einen fremden bevölkerten Bienen­stock, so fällt er ohne Entschädigungspflicht dem Eigentümer dieses Stockes zu.
V. Verarbeitung
Art. 726
¹ Hat jemand eine fremde Sache verarbeitet oder umgebildet, so gehört die neue Sache, wenn die Arbeit kostbarer ist als der Stoff, dem Ver­arbeiter, andernfalls dem Eigentümer des Stoffes.
² Hat der Verarbeiter nicht in gutem Glauben gehandelt, so kann das Gericht, auch wenn die Arbeit kostbarer ist, die neue Sache dem Eigentümer des Stoffes zusprechen.
³ Vorbehalten bleiben die Ansprüche auf Schadenersatz und aus Be­reicherung.
VI. Verbindung und Ver­mischung
Art. 727
¹ Werden bewegliche Sachen verschiedener Eigentümer so miteinan­der vermischt oder verbunden, dass sie ohne wesentliche Beschädi­gung oder unverhältnismässige Arbeit und Auslagen nicht mehr getrennt werden können, so entsteht für die Beteiligten Miteigentum an der neuen Sache, und zwar nach dem Werte, den die einzelnen Teile zur Zeit der Verbindung haben.
² Wird eine bewegliche Sache mit einer andern derart vermischt oder verbunden, dass sie als deren nebensächlicher Bestandteil erscheint, so gehört die ganze Sache dem Eigentümer des Hauptbestandteiles.
³ Vorbehalten bleiben die Ansprüche auf Schadenersatz und aus Be­reicherung.
VII. Ersitzung
Art. 728
¹ Hat jemand eine fremde bewegliche Sache ununterbrochen und unangefochten während fünf Jahren in gutem Glauben als Eigentum in seinem Besitze, so wird er durch Ersitzung Eigentümer.
¹bis Bei Tieren, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden, beträgt die Frist zwei Monate.⁵⁶⁵
¹ter Unter Vorbehalt gesetzlicher Ausnahmen beträgt die Ersitzungsfrist für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003⁵⁶⁶ 30 Jahre.⁵⁶⁷
² Unfreiwilliger Verlust des Besitzes unterbricht die Ersitzung nicht, wenn der Besitzer binnen Jahresfrist oder mittels einer während die­ser Frist erhobenen Klage die Sache wieder erlangt.
³ Für die Berechnung der Fristen, die Unterbrechung und den Still­stand der Ersitzung finden die Vorschriften über die Verjährung von Forderungen entsprechende Anwendung.
⁵⁶⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
⁵⁶⁶ SR 444.1
⁵⁶⁷ Eingefügt durch Art. 32 Ziff. 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).

C. Verlust

Art. 729
Das Fahrniseigentum geht, trotz Verlust des Besitzes, erst dadurch unter, dass der Eigentümer sein Recht aufgibt, oder dass in der Folge ein anderer das Eigentum erwirbt.

Zweite Abteilung: Die beschränkten dinglichen Rechte

Einundzwanzigster Titel: Die Dienstbarkeiten und Grund­lasten

Erster Abschnitt: Die Grunddienstbarkeiten

A. Gegenstand
Art. 730
¹ Ein Grundstück kann zum Vorteil eines andern Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Ein­griffe des Eigentümers dieses andern Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigen­tums­recht nicht ausüben darf.
² Eine Verpflichtung zur Vornahme von Handlungen kann mit der Grunddienstbarkeit nur nebensächlich verbunden sein. Für den Erwerber des berechtigten oder belasteten Grundstücks ist eine solche Verpflichtung nur verbindlich, wenn sie sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt.⁵⁶⁸
⁵⁶⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
B. Errichtung und Untergang
I. Errichtung
Art. 731
¹ Zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf es der Eintragung in das Grundbuch.
² Für Erwerb und Eintragung gelten, soweit es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Grundeigentum.
³ Die Ersitzung ist nur zu Lasten von Grundstücken möglich, an de­nen das Eigentum ersessen werden kann.
Art. 732 ⁵⁶⁹
¹ Das Rechtsgeschäft über Errichtung einer Grunddienstbarkeit bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
² Beschränkt sich die Ausübung einer Dienstbarkeit auf einen Teil des Grundstücks und ist die örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben, so ist sie in einem Auszug des Planes für das Grundbuch zeichnerisch darzustellen.
⁵⁶⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 733
Der Eigentümer ist befugt, auf seinem Grundstück zugunsten eines andern ihm gehörigen Grundstückes eine Dienstbarkeit zu errichten.
II. Untergang
Art. 734
Jede Grunddienstbarkeit geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des belasteten oder des berechtigten Grundstückes.
Art. 735
¹ Wird der Berechtigte Eigentümer des belasteten Grundstückes, so kann er die Dienstbarkeit löschen lassen.
² Solange die Löschung nicht erfolgt ist, bleibt die Dienstbarkeit als dingliches Recht bestehen.
Art. 736
¹ Hat eine Dienstbarkeit für das berechtigte Grundstück alles Inter­esse verloren, so kann der Belastete ihre Löschung verlangen.
² Ist ein Interesse des Berechtigten zwar noch vorhanden, aber im Ver­gleich zur Belastung von unverhältnismässig geringer Bedeutung, so kann die Dienstbarkeit gegen Entschädigung ganz oder teilweise abgelöst werden.
C. Inhalt
I. Umfang
Art. 737
¹ Der Berechtigte ist befugt, alles zu tun, was zur Erhaltung und Aus­übung der Dienstbarkeit nötig ist.
² Er ist jedoch verpflichtet, sein Recht in möglichst schonender Weise auszuüben.
³ Der Belastete darf nichts vornehmen, was die Ausübung der Dienst­barkeit verhindert oder erschwert.
Art. 738
¹ Soweit sich Rechte und Pflichten aus dem Eintrage deutlich erge­ben, ist dieser für den Inhalt der Dienstbarkeit massgebend.
² Im Rahmen des Eintrages kann sich der Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie sie während län­ge­rer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist.
Art. 739
Ändern sich die Bedürfnisse des berechtigten Grundstückes, so darf dem Verpflichteten eine Mehrbelastung nicht zugemutet werden.
Art. 740
Der Inhalt der Wegrechte, wie Fussweg, gebahnter Weg, Fahrweg, Zelgweg, Winterweg, Holzweg, ferner der Weiderechte, Holzungs­rechte, Tränkerechte, Wässerungsrechte u. dgl. wird, soweit sie für den einzelnen Fall nicht geordnet sind, durch das kantonale Recht und den Ortsgebrauch bestimmt.
Art. 740 a ⁵⁷⁰
¹ Sind mehrere Berechtigte gestützt auf dieselbe Dienstbarkeit an einer gemeinschaftlichen Vorrichtung beteiligt und ist nichts anderes vereinbart, so sind die für Miteigentümer geltenden Regelungen sinngemäss anwendbar.
² Das Recht, durch Verzicht auf die Dienstbarkeit aus der Gemeinschaft auszuscheiden, kann durch Vereinbarung in der für den Dienstbarkeitsvertrag vorgesehenen Form auf höchstens 30 Jahre ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung kann im Grundbuch vorgemerkt werden.
⁵⁷⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Last des Unterhal­tes
Art. 741
¹ Gehört zur Ausübung der Dienstbarkeit eine Vorrichtung, so hat sie der Berechtigte zu unterhalten.
² Dient die Vorrichtung auch den Interessen des Belasteten, so tragen beide die Last des Unterhalts im Verhältnis ihrer Interessen. Eine abweichende Vereinbarung ist für den Erwerber des berechtigten und den Erwerber des belasteten Grundstücks verbindlich, wenn sie sich aus den Belegen des Grundbuchs erschliessen lässt.⁵⁷¹
⁵⁷¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
III. Verlegung der Belastung ⁵⁷²
⁵⁷² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 742
¹ Wird durch die Ausübung der Grunddienstbarkeit nur ein Teil des Grundstückes in Anspruch genommen, so kann der Eigentümer, wenn er ein Interesse nachweist und die Kosten übernimmt, die Verlegung auf eine andere, für den Berechtigten nicht weniger geeig­nete Stelle verlangen.
² Hiezu ist er auch dann befugt, wenn die Dienstbarkeit im Grund­buch auf eine bestimmte Stelle gelegt worden ist.
³ ...⁵⁷³
⁵⁷³ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
IV. Teilung eines Grundstücks
Art. 743 ⁵⁷⁴
¹ Wird das berechtigte oder das belastete Grundstück geteilt, so besteht die Dienstbarkeit auf allen Teilen weiter.
² Beschränkt sich die Ausübung der Dienstbarkeit nach den Belegen oder den Umständen auf einzelne Teile, so ist sie auf den nicht betroffenen Teilen zu löschen.
³ Das Bereinigungsverfahren richtet sich nach den Vorschriften über die Löschung und Änderung der Grundbucheinträge.
⁵⁷⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 744 ⁵⁷⁵
⁵⁷⁵ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Zweiter Abschnitt: Nutzniessung und andere Dienstbarkei­ten

A. Nutzniessung
I. Gegenstand
Art. 745
¹ Die Nutzniessung kann an beweglichen Sachen, an Grundstücken, an Rechten oder an einem Vermögen bestellt werden.
² Sie verleiht dem Berechtigten, wo es nicht anders bestimmt ist, den vollen Genuss des Gegenstandes.
³ Die Ausübung der Nutzniessung an einem Grundstück kann auf einen bestimmten Teil eines Gebäudes oder auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt werden.⁵⁷⁶
⁵⁷⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Jan. 2004 ( AS 2003 4121 ; BBl 2002 4721 ).
II. Entstehung
Art. 746
¹ Zur Bestellung einer Nutzniessung ist bei beweglichen Sachen oder Forderungen die Übertragung auf den Erwerber und bei Grundstüc­ken die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
² Für den Erwerb bei beweglichen Sachen und bei Grundstücken sowie für die Eintragung gelten, soweit es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Eigentum.
Art. 747 ⁵⁷⁷
⁵⁷⁷ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wirkung seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 ; BBl 1979 II 1191 ).
III. Untergang
Art. 748
¹ Die Nutzniessung geht unter mit dem vollständigen Untergang ihres Gegenstandes und überdies bei Grundstücken mit der Löschung des Eintrages, wo dieser zur Bestellung notwendig war.
² Andere Untergangsgründe, wie Zeitablauf, Verzicht oder Tod des Berechtigten, geben bei Grundstücken dem Eigentümer nur einen Anspruch auf Löschung des Eintrages.
³ Die gesetzliche Nutzniessung hört auf mit dem Wegfall ihres Grundes.
Art. 749
¹ Die Nutzniessung endigt mit dem Tode des Berechtigten und für juristische Personen mit deren Auflösung.
² Sie kann jedoch für diese höchstens 100 Jahre dauern.
Art. 750
¹ Der Eigentümer ist nicht verpflichtet, die untergegangene Sache wie­der herzustellen.
² Stellt er sie her, so ist auch die Nutzniessung wieder hergestellt.
³ Wird für die untergegangene Sache ein Ersatz geleistet, wie bei der Enteignung und der Versicherung, so besteht die Nutzniessung an dem Ersatzgegenstande weiter.
Art. 751
Ist die Nutzniessung beendigt, so hat der Besitzer dem Eigentümer den Gegenstand zurückzugeben.
Art. 752
¹ Der Nutzniesser haftet für den Untergang und den Minderwert der Sache, insofern er nicht nachweist, dass dieser Schaden ohne sein Ver­schulden eingetreten ist.
² Aufgebrauchte Gegenstände, deren Verbrauch nicht zur Nutzung gehört, hat er zu ersetzen.
³ Den Minderwert der Gegenstände, der durch den ordnungsgemäs­sen Gebrauch der Sache eingetreten ist, hat er nicht zu ersetzen.
Art. 753
¹ Hat der Nutzniesser Verwendungen gemacht oder Neuerungen vor­genommen, zu denen er nicht verpflichtet war, so kann er bei der Rückleistung Ersatz verlangen wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag.
² Vorrichtungen, die er erstellt hat, für die ihm aber der Eigentümer keinen Ersatz leisten will, kann er wegnehmen, ist aber verpflichtet, den vorigen Stand wieder herzustellen.
Art. 754
Die Ersatzansprüche des Eigentümers wegen Veränderung oder Wert­verminderung der Sache sowie die Ansprüche des Nutzniessers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Wegnahme von Vorrichtun­gen ver­jähren mit Ablauf eines Jahres seit der Rückleistung der Sa­che.
IV. Inhalt
Art. 755
¹ Der Nutzniesser hat das Recht auf den Besitz, den Gebrauch und die Nutzung der Sache.
² Er besorgt deren Verwaltung.
³ Bei der Ausübung dieses Rechtes hat er nach den Regeln einer sorg­fältigen Wirtschaft zu verfahren.
Art. 756
¹ Natürliche Früchte gehören dem Nutzniesser, wenn sie während der Zeit seiner Berechtigung reif geworden sind.
² Wer das Feld bestellt, hat für seine Verwendungen gegen den, der die reifen Früchte erhält, einen Anspruch auf angemessene Entschä­di­gung, die jedoch den Wert der reifen Früchte nicht übersteigen soll.
³ Bestandteile, die nicht Erzeugnisse oder Erträgnisse sind, verblei­ben dem Eigentümer der Sache.
Art. 757
Zinse von Nutzniessungskapitalien und andere periodische Leistun­gen gehören dem Nutzniesser von dem Tage an, da sein Recht be­ginnt, bis zu dem Zeitpunkte, da es aufhört, auch wenn sie erst später fällig wer­den.
Art. 758
¹ Die Nutzniessung kann, wenn es sich nicht um ein höchst persön­liches Recht handelt, zur Ausübung auf einen andern übertragen werden.
² Der Eigentümer ist befugt, seine Rechte diesem gegenüber unmit­tel­bar geltend zu machen.
Art. 759
Der Eigentümer kann gegen jeden widerrechtlichen oder der Sache nicht angemessenen Gebrauch Einspruch erheben.
Art. 760
¹ Der Eigentümer ist befugt, von dem Nutzniesser Sicherheit zu ver­langen, sobald er eine Gefährdung seiner Rechte nachweist.
² Ohne diesen Nachweis und schon vor der Übergabe der Sache kann er Sicherheit verlangen, wenn verbrauchbare Sachen oder Wertpa­pie­re den Gegenstand der Nutzniessung bilden.
³ Für die Sicherstellung bei Wertpapieren genügt deren Hinterlegung.
Art. 761
¹ Der Anspruch auf Sicherstellung besteht nicht gegenüber demjeni­gen, der den Gegenstand dem Eigentümer unter Vorbehalt der Nutz­niessung geschenkt hat.
² Bei der gesetzlichen Nutzniessung steht der Anspruch unter der besondern Ordnung des Rechtsverhältnisses.
Art. 762
Leistet der Nutzniesser während einer ihm hiefür angesetzten an­ge­messenen Frist die Sicherheit nicht oder lässt er trotz Einspru­ches des Eigentümers von einem widerrechtlichen Ge­brauch der Sache nicht ab, so hat das Gericht ihm den Besitz des Gegenstan­des bis auf weite­res zu entziehen und eine Beistand­schaft anzu­ordnen.
Art. 763
Der Eigentümer und der Nutzniesser haben das Recht, jederzeit zu verlangen, dass über die Gegenstände der Nutzniessung auf gemein­same Kosten ein Inventar mit öffentlicher Beurkundung aufgenom­men werde.
Art. 764
¹ Der Nutzniesser hat den Gegenstand in seinem Bestande zu erhal­ten und Ausbesserungen und Erneuerungen, die zum gewöhnlichen Unterhalte gehören, von sich aus vorzunehmen.
² Werden wichtigere Arbeiten oder Vorkehrungen zum Schutze des Gegenstandes nötig, so hat der Nutzniesser den Eigentümer davon zu benachrichtigen und ihre Vornahme zu gestatten.
³ Schafft der Eigentümer nicht Abhilfe, so ist der Nutzniesser befugt, auf Kosten des Eigentümers sich selbst zu helfen.
Art. 765
¹ Die Auslagen für den gewöhnlichen Unterhalt und die Bewirtschaf­tung der Sache, die Zinse für die darauf haftenden Kapitalschulden sowie die Steuern und Abgaben trägt im Verhältnisse zu der Dauer seiner Berechtigung der Nutzniesser.
² Werden die Steuern und Abgaben beim Eigentümer erhoben, so hat ihm der Nutzniesser in dem gleichen Umfange Ersatz zu leisten.
³ Alle andern Lasten trägt der Eigentümer, er darf aber, falls der Nutz­niesser ihm auf Verlangen die nötigen Geldmittel nicht un­ent­geltlich vorschiesst, Gegenstände der Nutzniessung hiefür verwerten.
Art. 766
Steht ein Vermögen in Nutzniessung, so hat der Nutzniesser die Kapi­talschulden zu verzinsen, kann aber, wo die Umstände es recht­ferti­gen, verlangen, von dieser Zinspflicht dadurch befreit zu werden, dass nach Tilgung der Schulden die Nutzniessung auf den verblei­benden Über­schuss der Vermögenswerte beschränkt wird.
Art. 767
¹ Der Nutzniesser hat den Gegenstand zugunsten des Eigentümers gegen Feuer und andere Gefahren zu versichern, soweit diese Ver­siche­rung nach ortsüblicher Auffassung zu den Pflichten einer sorgfäl­tigen Wirtschaft gerechnet wird.
² Die Versicherungsprämien hat in diesem Falle, sowie wenn eine bereits versicherte Sache in Nutzniessung kommt, für die Zeit seiner Nutzniessung der Nutzniesser zu tragen.
V. Besondere Fälle
Art. 768
¹ Der Nutzniesser eines Grundstückes hat darauf zu achten, dass es durch die Art der Nutzniessung nicht über das gewöhnliche Mass in Anspruch genommen wird.
² Soweit Früchte über dieses Mass hinaus bezogen worden sind, ge­hö­ren sie dem Eigentümer.
Art. 769
¹ Der Nutzniesser darf an der wirtschaftlichen Bestimmung des Grund­stückes keine Veränderungen vornehmen, die für den Eigen­tü­mer von erheblichem Nachteil sind.
² Die Sache selbst darf er weder umgestalten noch wesentlich verän­dern.
³ Die Neuanlage von Steinbrüchen, Mergelgruben, Torfgräbereien u. dgl. ist ihm nur nach vorgängiger Anzeige an den Eigentümer und un­ter der Voraussetzung gestattet, dass die wirtschaftliche Bestim­mung des Grundstückes dadurch nicht wesentlich verändert wird.
Art. 770
¹ Ist ein Wald Gegenstand der Nutzniessung, so kann der Nutzniesser die Nutzung insoweit beanspruchen, als ein ordentlicher Wirt­schafts­plan dies rechtfertigt.
² Sowohl der Eigentümer als der Nutzniesser können die Einhaltung eines Planes verlangen, der ihre Rechte nicht beeinträchtigt.
³ Erfolgt im Falle von Sturm, Schneeschaden, Brand, Insektenfrass oder aus andern Gründen eine erhebliche Übernutzung, so soll sie all­mählich wieder eingespart oder der Wirtschaftsplan den neuen Ver­hältnissen angepasst werden, der Erlös der Übernutzung aber wird zinstragend angelegt und dient zur Ausgleichung des Ausfalles.
Art. 771
Auf die Nutzniessung an Gegenständen, deren Nutzung in der Ge­win­nung von Bodenbestandteilen besteht, wie namentlich an Berg­werken, finden die Bestimmungen über die Nutzniessung am Walde entspre­chende Anwendung.
Art. 772
¹ An verbrauchbaren Sachen erhält der Nutzniesser, wenn es nicht anders bestimmt ist, das Eigentum, wird aber für den Wert, den sie bei Beginn der Nutzniessung hatten, ersatzpflichtig.
² Werden andere bewegliche Sachen unter einer Schätzung überge­ben, so kann der Nutzniesser, wenn es nicht anders bestimmt ist, frei über sie verfügen, wird aber, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht, ersatzpflichtig.
³ Der Ersatz kann bei landwirtschaftlichen Einrichtungen, Herden, Warenlagern u. dgl. in Gegenständen gleicher Art und Güte geleistet werden.
Art. 773
¹ Stehen Forderungen in Nutzniessung, so kann der Nutzniesser de­ren Ertrag einziehen.
² Kündigungen an den Schuldner sowie Verfügungen über Wertpa­pie­re müssen vom Gläubiger und vom Nutzniesser ausgehen, Kündi­gun­gen des Schuldners gegenüber beiden erfolgen.
³ Der Gläubiger und der Nutzniesser haben gegeneinander ein Recht auf Zustimmung zu den Massregeln, die im Falle der Gefährdung der Forderung zu einer sorgfältigen Verwaltung gehören.
Art. 774
¹ Ist der Schuldner nicht ermächtigt, dem Gläubiger oder dem Nutz­nie­sser die Rückzahlung zu leisten, so hat er entweder an beide gemein­sam zu zahlen oder zu hinterlegen.
² Der Gegenstand der Leistung, wie namentlich zurückbezahltes Kapi­tal, unterliegt der Nutzniessung.
³ Sowohl der Gläubiger als der Nutzniesser haben Anspruch auf sichere und zinstragende Neuanlage der Kapitalien.
Art. 775
¹ Der Nutzniesser hat das Recht, binnen drei Monaten nach Beginn der Nutzniessung die Abtretung der seiner Nutzniessung unterstellten For­derungen und Wertpapiere zu verlangen.
² Erfolgt deren Abtretung, so wird er dem bisherigen Gläubiger für den Wert, den sie zur Zeit der Abtretung haben, ersatzpflichtig und hat in diesem Betrage Sicherheit zu leisten, insofern nicht hierauf verzich­tet wird.
³ Der Übergang erfolgt, wenn kein Verzicht vorliegt, erst mit der Sicherstellung.
B. Wohnrecht
I. Im Allgemeinen
Art. 776
¹ Das Wohnrecht besteht in der Befugnis, in einem Gebäude oder in einem Teile eines solchen Wohnung zu nehmen.
² Es ist unübertragbar und unvererblich.
³ Es steht, soweit das Gesetz es nicht anders ordnet, unter den Bestimmungen über die Nutzniessung.
II. Ansprüche des Wohnungs­berech­tigten
Art. 777
¹ Das Wohnrecht wird im Allgemeinen nach den persönlichen Be­dürf­nissen des Berechtigten bemessen.
² Er darf aber, falls das Recht nicht ausdrücklich auf seine Person beschränkt ist, seine Familienangehörigen und Hausgenossen zu sich in die Wohnung aufnehmen.
³ Ist das Wohnrecht auf einen Teil eines Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimm­ten Einrichtungen mitbenutzen.
III. Lasten
Art. 778
¹ Steht dem Berechtigten ein ausschliessliches Wohnrecht zu, so trägt er die Lasten des gewöhnlichen Unterhaltes.
² Hat er nur ein Mitbenutzungsrecht, so fallen die Unterhaltskosten dem Eigentümer zu.
C. Baurecht
I. Gegenstand und Aufnahme in das Grund­buch ⁵⁷⁸
⁵⁷⁸ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779
¹ Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bau­werk zu errichten oder beizubehalten.
² Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich.
³ Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grund­stück in das Grundbuch aufgenommen werden.
II. Rechts­geschäft
Art. 779 a ⁵⁷⁹
¹ Das Rechtsgeschäft über die Errichtung eines Baurechts bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
² Sollen der Baurechtszins und allfällige weitere vertragliche Bestimmungen im Grundbuch vorgemerkt werden, so bedürfen sie zu ihrer Gültigkeit ebenfalls der öffentlichen Beurkundung.
⁵⁷⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ). Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
III. Inhalt, Umfang und Vormerkung ⁵⁸⁰
⁵⁸⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 779 b ⁵⁸¹
¹ Die vertraglichen Bestimmungen über den Inhalt und Umfang des Baurechtes, wie namentlich über Lage, Gestalt, Ausdehnung und Zweck der Bauten sowie über die Benutzung nicht überbauter Flä­chen, die mit seiner Ausübung in Anspruch genommen werden, sind für jeden Erwerber des Baurechtes und des belasteten Grundstückes ver­bindlich.
² Weitere vertragliche Bestimmungen können im Grundbuch vorgemerkt werden, falls die Parteien dies vereinbaren.⁵⁸²
⁵⁸¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
⁵⁸² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
IV. Folgen des Ab­laufs der Dauer
Art. 779 c ⁵⁸³
Geht das Baurecht unter, so fallen die bestehenden Bauwerke dem Grundeigentümer heim, indem sie zu Bestandteilen seines Grund­stü­ckes werden.
⁵⁸³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779 d ⁵⁸⁴
¹ Der Grundeigentümer hat dem bisherigen Bauberechtigten für die heimfallenden Bauwerke eine angemessene Entschädigung zu lei­sten, die jedoch den Gläubigern, denen das Baurecht verpfändet war, für ihre noch bestehenden Forderungen haftet und ohne ihre Zustim­mung dem bisherigen Bauberechtigten nicht ausbezahlt werden darf.
² Wird die Entschädigung nicht bezahlt oder sichergestellt, so kann der bisherige Bauberechtigte oder ein Gläubiger, dem das Baurecht ver­pfändet war, verlangen, dass an Stelle des gelöschten Baurechtes ein Grundpfandrecht mit demselben Rang zur Sicherung der Ent­schädi­gungsforderung eingetragen werde.
³ Die Eintragung muss spätestens drei Monate nach dem Untergang des Baurechtes erfolgen.
⁵⁸⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779 e ⁵⁸⁵
⁵⁸⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ). Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
V. Vorzeitiger Heimfall
Art. 779 f ⁵⁸⁶
Wenn der Bauberechtigte in grober Weise sein dingliches Recht über­schreitet oder vertragliche Verpflichtungen verletzt, so kann der Grund­eigentümer den vorzeitigen Heimfall herbeiführen, indem er die Übertragung des Baurechts mit allen Rechten und Lasten auf sich sel­ber verlangt.
⁵⁸⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779 g ⁵⁸⁷
¹ Das Heimfallsrecht kann nur ausgeübt werden, wenn für die heim­fallenden Bauwerke eine angemessene Entschädigung geleistet wird, bei deren Bemessung das schuldhafte Verhalten des Bauberechtigten als Herabsetzungsgrund berücksichtigt werden kann.
² Die Übertragung des Baurechtes auf den Grundeigentümer erfolgt erst, wenn die Entschädigung bezahlt oder sichergestellt ist.
⁵⁸⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779 h ⁵⁸⁸
Den Vorschriften über die Ausübung des Heimfallsrechtes unterliegt jedes Recht, das sich der Grundeigentümer zur vorzeitigen Aufhe­bung oder Rückübertragung des Baurechtes wegen Pflichtverletzung des Bauberechtigten vorbehalten hat.
⁵⁸⁸ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
VI. Haftung für den Bau­rechtszins
Art. 779 i ⁵⁸⁹
¹ Zur Sicherung des Baurechtszinses hat der Grundeigentümer gege­n­über dem jeweiligen Bauberechtigten Anspruch auf Errichtung eines Pfandrechtes an dem in das Grundbuch aufgenommenen Baurecht im Höchstbetrag von drei Jahresleistungen.
² Ist die Gegenleistung nicht in gleichmässigen Jahresleistungen fest­gesetzt, so besteht der Anspruch auf das gesetzliche Pfandrecht für den Betrag, der bei gleichmässiger Verteilung auf drei Jahre entfällt.
⁵⁸⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
Art. 779 k ⁵⁹⁰
¹ Das Pfandrecht kann jederzeit eingetragen werden, solange das Bau­recht besteht, und ist von der Löschung im Zwangsverwertungs­ver­fah­ren ausgenommen.
² Im Übrigen sind die Bestimmungen über die Errichtung des Bau­handwerkerpfandrechtes sinngemäss anwendbar.
⁵⁹⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
VII. Höchstdauer
Art. 779 l ⁵⁹¹
¹ Das Baurecht kann als selbständiges Recht auf höchstens 100 Jahre begründet werden.
² Es kann jederzeit in der für die Begründung vorgeschriebenen Form auf eine neue Dauer von höchstens 100 Jahren verlängert werden, doch ist eine zum voraus eingegangene Verpflichtung hiezu nicht ver­bindlich.
⁵⁹¹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. März 1965, in Kraft seit 1. Juli 1965 ( AS 1965 445 ; BBl 1963 I 969 ).
D. Quellenrecht
Art. 780
¹ Das Recht an einer Quelle auf fremdem Grundstück belastet das Quellengrundstück mit der Dienstbarkeit der Aneignung und Ablei­tung des Quellwassers.
² Es ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und ver­erb­lich.
³ Ist das Quellenrecht selbständig und dauernd, so kann es als Grund­stück in das Grundbuch aufgenommen werden.
E. Andere Dienst­barkeiten
Art. 781
¹ Dienstbarkeiten anderen Inhaltes können zugunsten einer beliebi­gen Person oder Gemeinschaft an Grundstücken bestellt werden, so oft diese in bestimmter Hinsicht jemandem zum Gebrauch dienen kön­nen, wie für die Abhaltung von Schiessübungen oder für Weg und Steg.
² Sie sind, soweit es nicht anders vereinbart wird, unübertragbar, und es bestimmt sich ihr Inhalt nach den gewöhnlichen Bedürfnissen der Berechtigten.
³ Im Übrigen stehen sie unter den Bestimmungen über die Grund­dienstbarkeiten.
F. Richterliche Massnahmen
Art. 781 a ⁵⁹²
Für im Grundbuch eingetragene Berechtigte einer Dienstbarkeit gelten die Bestimmungen über die richterlichen Massnahmen bei Unauffindbarkeit des Eigentümers oder bei Fehlen der vorgeschriebenen Organe einer juristischen Person oder anderen Rechtsträgerin sinngemäss.
⁵⁹² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Dritter Abschnitt: Die Grundlasten

A. Gegenstand
Art. 782
¹ Durch die Grundlast wird der jeweilige Eigentümer eines Grund­stü­ckes zu einer Leistung an einen Berechtigten verpflichtet, für die er aus­schliesslich mit dem Grundstücke haftet.
² Als Berechtiger kann der jeweilige Eigentümer eines andern Grund­stückes bezeichnet sein.
³ Unter Vorbehalt der öffentlich-rechtlichen Grundlasten kann eine Grundlast nur eine Leistung zum Inhalt haben, die sich aus der wirtschaftlichen Natur des belasteten Grundstücks ergibt oder die für die wirtschaftlichen Bedürfnisse eines berechtigten Grundstücks bestimmt ist.⁵⁹³
⁵⁹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
B. Errichtung und Untergang
I. Errichtung
Art. 783
¹ Die Grundlast bedarf zu ihrer Errichtung der Eintragung in das Grund­buch.
² Bei der Eintragung ist ein bestimmter Betrag als ihr Gesamtwert in Landesmünze anzugeben, und zwar bei zeitlich wiederkehrenden Leis­­tungen mangels anderer Abrede der zwanzigfache Betrag der Jah­res­leistung.
³ Für Erwerb und Eintragung gelten, wo es nicht anders geordnet ist, die Bestimmungen über das Grundeigentum.
Art. 784 ⁵⁹⁴
Für die Entstehung der öffentlich-rechtlichen Grundlasten und deren Wirkung gegenüber gutgläubigen Dritten sind die Bestimmungen über die gesetzlichen Pfandrechte des kantonalen Rechts sinngemäss anwendbar.
⁵⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 785 ⁵⁹⁵
⁵⁹⁵ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Untergang
Art. 786
¹ Die Grundlast geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des belasteten Grundstückes.
² Aus Verzicht oder Ablösung oder aus andern Untergangsgründen erhält der Belastete gegenüber dem Berechtigten einen Anspruch auf Löschung des Eintrages.
Art. 787
¹ Der Gläubiger kann die Ablösung der Grundlast verlangen nach Abrede und ferner:⁵⁹⁶
1.⁵⁹⁷
wenn das belastete Grundstück geteilt wird und er die Verlegung der Schuld auf die Teilstücke nicht akzeptiert;
2. wenn der Eigentümer den Wert des Grundstückes vermindert und zum Ersatz dafür keine andern Sicherheiten bietet;
3. wenn der Schuldner mit drei Jahresleistungen im Rückstand ist.
² Verlangt er die Ablösung wegen Teilung des Grundstücks, so muss er die Grundlast innert Monatsfrist, nachdem die Verlegung rechtskräftig geworden ist, auf ein Jahr kündigen.⁵⁹⁸
⁵⁹⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁵⁹⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁵⁹⁸ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 788
¹ Der Schuldner kann die Ablösung verlangen nach Abrede und fer­ner:
1. wenn der Vertrag, auf dem die Grundlast beruht, vom Berech­tig­ten nicht innegehalten wird;
2. nach dreissigjährigem Bestande der Grundlast, und zwar auch dann, wenn eine längere Dauer oder die Unablösbarkeit verab­re­det worden ist.
² Erfolgt die Ablösung nach dreissigjährigem Bestande, so hat ihr in allen Fällen eine Kündigung auf Jahresfrist voranzugehen.
³ Ausgeschlossen ist diese Ablösung, wenn die Grundlast mit einer unablösbaren Grunddienstbarkeit verbunden ist.
Art. 789
Die Ablösung erfolgt um den Betrag, der im Grundbuch als Gesamt­wert der Grundlast eingetragen ist, unter Vorbehalt des Nachweises, dass die Grundlast in Wirklichkeit einen geringeren Wert hat.
Art. 790
¹ Die Grundlast ist keiner Verjährung unterworfen.
² Die einzelne Leistung unterliegt der Verjährung von dem Zeit­punkte an, da sie zur persönlichen Schuld des Pflichtigen wird.
C. Inhalt
I. Gläubigerrecht
Art. 791
¹ Der Gläubiger der Grundlast hat keine persönliche Forderung gegen den Schuldner, sondern nur ein Recht auf Befriedigung aus dem Werte des belasteten Grundstückes.
² Die einzelne Leistung wird jedoch mit Ablauf von drei Jahren seit Eintritt ihrer Fälligkeit zur persönlichen Schuld, für die das Grund­stück nicht mehr haftet.
II. Schuldpflicht
Art. 792
¹ Wechselt das Grundstück den Eigentümer, so wird der Erwerber ohne weiteres Schuldner der Grundlast.
² Wird das Grundstück geteilt, so werden die Eigentümer der Teil­stücke Schuldner der Grundlast. Die Schuld wird nach den Bestimmungen über die Grundpfandverschreibung auf die Teilstücke verlegt.⁵⁹⁹
⁵⁹⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Zweiundzwanzigster Titel: Das Grundpfand

Erster Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

A. Voraus­setzungen
I. Arten
Art. 793
¹ Das Grundpfand wird als Grundpfandverschreibung oder als Schuldbrief bestellt.⁶⁰⁰
² Die Bestellung anderer Arten des Grundpfandes ist nicht gestattet.
⁶⁰⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Gestalt der Forde­rung
Art. 794
¹ Bei der Bestellung des Grundpfandes ist in allen Fällen ein be­stimm­ter Betrag der Forderung in Landesmünze anzugeben.
² Ist der Betrag der Forderung unbestimmt, so wird ein Höchstbetrag angegeben, bis zu dem das Grundstück für alle Ansprüche des Gläu­bi­gers haftet.
Art. 795
¹ Die Zinspflicht kann innerhalb der gegen Missbräuche im Zinswe­sen aufgestellten Schranken in beliebiger Weise festgesetzt werden.
² Die kantonale Gesetzgebung kann den Höchstbetrag des Zinsfusses bestimmen, der für Forderungen zulässig ist, für die ein Grundstück zu Pfand gesetzt wird.
III. Grundstück
Art. 796
¹ Das Grundpfand wird nur auf Grundstücke errichtet, die in das Grundbuch aufgenommen sind.
² Die Kantone sind befugt, die Verpfändung von öffentlichem Grund und Boden, von Allmenden oder Weiden, die sich im Eigentum von Körperschaften befinden, sowie von damit verbundenen Nutzungs­rechten besonderen Vorschriften zu unterstellen oder sie zu unter­sagen.
Art. 797
¹ Bei der Errichtung des Grundpfandes ist das Grundstück, das ver­pfändet wird, bestimmt anzugeben.
² Teile eines Grundstückes können, solange dessen Teilung im Grund­buch nicht erfolgt ist, nicht verpfändet werden.
Art. 798
¹ Auf mehrere Grundstücke kann für eine Forderung ein Grundpfand­recht errichtet werden, wenn sie dem nämlichen Eigentümer gehören oder im Eigentum solidarisch verpflichteter Schuldner stehen.
² In allen andern Fällen ist bei der Verpfändung mehrerer Grund­stücke für die nämliche Forderung ein jedes von ihnen mit einem be­stimmten Teilbetrag zu belasten.
³ Diese Belastung erfolgt, wenn es nicht anders vereinbart ist, nach dem Wertverhältnis der Grundstücke.
Art. 798 a ⁶⁰¹
Für die Verpfändung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991⁶⁰² über das bäuerliche Bodenrecht.
⁶⁰¹ Eingefügt durch Art. 92 Ziff. 1 des BG vom 4. Okt. 1991 über das bäuerliche Bodenrecht, in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1410 ; BBl 1988 III 953 ).
⁶⁰² SR 211.412.11
B. Errichtung und Untergang
I. Errichtung
Art. 799
¹ Das Grundpfand entsteht unter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnah­men mit der Eintragung in das Grundbuch.
² Das Rechtsgeschäft auf Errichtung eines Grundpfandes bedarf zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.⁶⁰³
⁶⁰³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 800
¹ Steht ein Grundstück in Miteigentum, so kann jeder Eigentümer sei­nen Anteil verpfänden.
² Steht ein Grundstück in Gesamteigentum, so kann es nur insgesamt und im Namen aller Eigentümer verpfändet werden.
II. Untergang
Art. 801
¹ Das Grundpfand geht unter mit der Löschung des Eintrages sowie mit dem vollständigen Untergang des Grundstückes.
² Der Untergang infolge von Enteignung steht unter dem Enteig­nungs­recht des Bundes und der Kantone.
III. Grund­pfänder bei Güter­zu­sammen­legung
Art. 802
¹ Bei Güterzusammenlegungen, die unter Mitwirkung oder Aufsicht öffentlicher Behörden durchgeführt werden, sind die Grundpfand­rechte, die auf den abzutretenden Grundstücken lasten, im bisherigen Range auf die zum Ersatze zugewiesenen Grundstücke zu übertragen.
² Tritt ein Grundstück an die Stelle von mehreren einzelnen, die für verschiedene Forderungen verpfändet oder von denen nicht alle be­la­s­tet sind, so werden die Pfandrechte unter tunlichster Wahrung ih­res bisherigen Ranges auf das Grundstück in seinem neuen Umfange gelegt.
Art. 803
Der Schuldner ist befugt, Pfandrechte auf Grundstücken, die in eine Güterzusammenlegung einbezogen sind, auf den Zeitpunkt der Durch­führung dieser Unternehmung mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten abzulösen.
Art. 804
¹ Wird für verpfändete Grundstücke eine Entschädigung in Geld ent­richtet, so ist der Betrag an die Gläubiger nach ihrer Rangordnung, oder bei gleicher Rangordnung nach der Grösse ihrer Forderung ab­zu­tragen.
² An den Schuldner dürfen solche Beträge ohne Zustimmung der Gläubiger nicht ausbezahlt werden, sobald sie mehr als den zwan­zig­sten Teil der Pfandforderung betragen, oder sobald das neue Grund­stück nicht mehr hinreichende Sicherheit darbietet.
C. Wirkung
I. Umfang der Pfandhaft
Art. 805
¹ Das Grundpfandrecht belastet das Grundstück mit Einschluss aller Bestandteile und aller Zugehör.
² Werden bei der Verpfändung Sachen als Zugehör ausdrücklich angeführt und im Grundbuch angemerkt, wie Maschinen und Hotel­mo­biliar, so gelten sie als Zugehör, solange nicht dargetan ist, dass ihnen diese Eigenschaft nach Vorschrift des Gesetzes nicht zukom­men kann.
³ Vorbehalten bleiben die Rechte Dritter an der Zugehör.
II. Miet- und Pacht­zinse
Art. 806
¹ Ist das verpfändete Grundstück vermietet oder verpachtet, so erstreckt sich die Pfandhaft auch auf die Miet- oder Pachtzinsforderun­gen, die seit Anhebung der Betreibung auf Verwertung des Grund­pfandes oder seit der Eröffnung des Konkurses über den Schuldner bis zur Verwertung auflaufen.
² Den Zinsschuldnern gegenüber ist diese Pfandhaft erst wirksam, nachdem ihnen von der Betreibung Mitteilung gemacht oder der Kon­kurs veröffentlicht worden ist.
³ Rechtsgeschäfte des Grundeigentümers über noch nicht verfallene Miet- oder Pachtzinsforderungen sowie die Pfändung durch andere Gläubiger sind gegenüber einem Grundpfandgläubiger, der vor der Fälligkeit der Zinsforderung Betreibung auf Verwertung des Unter­pfandes angehoben hat, nicht wirksam.
III. Verjährung
Art. 807
Forderungen, für die ein Grundpfand eingetragen ist, unterliegen kei­ner Verjährung.
IV. Sicherungs­be­fugnisse
Art. 808
¹ Vermindert der Eigentümer den Wert der Pfandsache, so kann ihm der Gläubiger durch das Gericht jede weitere schädliche Einwirkung untersagen lassen.
² Der Gläubiger kann vom Gericht ermächtigt werden, die zweck­dien­lichen Vorkehrungen zu treffen, und kann solche auch ohne Er­mächti­gung vornehmen, wenn Gefahr im Verzug ist.
³ Er kann für die Kosten der Vorkehrungen vom Eigentümer Ersatz verlangen und hat dafür an dem Grundstück ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.⁶⁰⁴
⁴ Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Abschluss der Vorkehrungen in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.⁶⁰⁵
⁶⁰⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁶⁰⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 809
¹ Ist eine Wertverminderung eingetreten, so kann der Gläubiger vom Schuldner die Sicherung seiner Ansprüche oder die Wiederherstel­lung des früheren Zustandes verlangen.
² Droht die Gefahr einer Wertverminderung, so kann er die Sicherung verlangen.
³ Wird dem Verlangen innerhalb einer vom Gericht angesetzten Frist nicht entsprochen, so kann der Gläubiger eine zu seiner Sicherung aus­reichende Abzahlung der Schuld beanspruchen.
Art. 810
¹ Wertverminderungen, die ohne Verschulden des Eigentümers ein­tre­ten, geben dem Gläubiger nur insoweit ein Recht auf Si­cher­stel­lung oder Abzahlung, als der Eigentümer für den Scha­den gedeckt wird.
² Der Gläubiger kann jedoch Vorkehrungen zur Beseitigung oder Abwehr der Wertverminderung treffen. Er hat für deren Kosten an dem Grundstück ohne Schuldpflicht des Eigentümers ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.⁶⁰⁶
³ Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Abschluss der Vorkehrungen in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.⁶⁰⁷
⁶⁰⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁶⁰⁷ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 811
Wird ein Teil des Grundstückes, der auf weniger als den zwanzigsten Teil der Pfandforderung zu werten ist, veräussert, so kann der Gläu­bi­ger die Entlassung dieses Stückes aus der Pfandhaft nicht verwei­gern, sobald eine verhältnismässige Abzahlung geleistet wird oder der Rest des Grundstückes ihm hinreichende Sicherheit bietet.
V. Weitere Belastung
Art. 812
¹ Ein Verzicht des Eigentümers auf das Recht, weitere Lasten auf das verpfändete Grundstück zu legen, ist unverbindlich.
² Wird nach der Errichtung des Grundpfandrechtes eine Dienstbar­keit oder Grundlast auf das Grundstück gelegt, ohne dass der Pfand­gläu­bi­ger zugestimmt hat, so geht das Grundpfandrecht der späteren Bela­s­tung vor, und diese wird gelöscht, sobald bei der Pfandverwer­tung ihr Bestand den vorgehenden Pfandgläubiger schädigt.
³ Der aus der Dienstbarkeit oder Grundlast Berechtigte hat jedoch gegenüber nachfolgenden Eingetragenen für den Wert der Belastung An­spruch auf vorgängige Befriedigung aus dem Erlöse.
VI. Pfandstelle
Art. 813
¹ Die pfandrechtliche Sicherung ist auf die Pfandstelle beschränkt, die bei der Eintragung angegeben wird.
² Grundpfandrechte können in zweitem oder beliebigem Rang errich­tet werden, sobald ein bestimmter Betrag als Vorgang bei der Eintra­gung vorbehalten wird.
Art. 814
¹ Sind Grundpfandrechte verschiedenen Ranges auf ein Grundstück errichtet, so hat bei Löschung eines Grundpfandes der nachfolgende Grundpfandgläubiger keinen Anspruch darauf, in die Lücke nachzu­rücken.
² An Stelle des getilgten vorgehenden Grundpfandes darf ein anderes errichtet werden.
³ Vereinbarungen über das Nachrücken von Grundpfandgläubigern haben nur dann dingliche Wirkung, wenn sie vorgemerkt sind.
Art. 815
Ist ein Grundpfandrecht ohne Vorhandensein eines vorgehenden in späterem Rang errichtet, hat der Schuldner über einen vorgehenden Pfandtitel nicht verfügt, oder beträgt die vorgehende Forderung we­ni­ger, als eingetragen ist, so wird bei der Pfandverwertung der Erlös aus dem Pfande ohne Rücksicht auf die leeren Pfandstellen den wirkli­chen Pfandgläubigern nach ihrem Range zugewiesen.
VII. Befriedigung aus dem Pfande
Art. 816
¹ Der Gläubiger hat ein Recht darauf, im Falle der Nichtbefriedigung sich aus dem Erlöse des Grundstückes bezahlt zu machen.
² Die Abrede, wonach das Grundpfand dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig.
³ Sind mehrere Grundstücke für die gleiche Forderung verpfändet, so ist die Betreibung auf Pfandverwertung gleichzeitig gegen alle zu richten, die Verwertung aber nach Anordnung des Betreibungsamtes nur soweit nötig durchzuführen.
Art. 817
¹ Der Erlös aus dem Verkaufe des Grundstückes wird unter die Grund­pfandgläubiger nach ihrem Range verteilt.
² Gläubiger gleichen Ranges haben unter sich Anspruch auf gleich­mässige Befriedigung.
Art. 818
¹ Das Grundpfandrecht bietet dem Gläubiger Sicherheit:
1. für die Kapitalforderung;
2. für die Kosten der Betreibung und die Verzugszinse;
3.⁶⁰⁸
für drei zur Zeit der Konkurseröffnung oder des Pfandver­wertungsbegehrens verfallene Jahreszinse und den seit dem letzten Zinstag laufenden Zins; beim Schuldbrief sind nur die tatsächlich geschuldeten Zinsen pfandgesichert.
² Der ursprünglich vereinbarte Zins darf nicht zum Nachteil nach­gehender Grundpfandgläubiger über fünf vom Hundert erhöht werden.
⁶⁰⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 819 ⁶⁰⁹
¹ Hat der Pfandgläubiger zur Erhaltung der Pfandsache notwendige Auslagen gemacht, insbesondere die vom Eigentümer geschuldeten Versicherungsprämien bezahlt, so hat er dafür an dem Grundstück ein Pfandrecht. Dieses Pfandrecht entsteht ohne Eintragung im Grundbuch und geht jeder eingetragenen Belastung vor.
² Ist der Betrag des Pfandrechts höher als 1000 Franken und wird dieses nicht innert vier Monaten nach Vornahme der Ersatzhandlung in das Grundbuch eingetragen, so kann es Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehalten werden.
⁶⁰⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
VIII. Pfandrecht bei Boden­ver­besserun­gen
Art. 820
¹ Wird ein ländliches Grundstück durch eine Bodenverbesserung, die unter Mitwirkung öffentlicher Behörden zur Durchführung gelangt, im Werte erhöht, so kann der Eigentümer für seinen Kostenanteil zur Sicherung seines Gläubigers ein Pfandrecht in das Grundbuch eintra­gen lassen, das allen andern eingetragenen Belastungen vorgeht.
² Wird eine solche Bodenverbesserung ohne staatliche Subvention durchgeführt, so kann der Eigentümer dieses Pfandrecht für höch­stens zwei Dritteile seines Kostenanteiles eintragen lassen.
Art. 821
¹ Wird die Bodenverbesserung ohne staatliche Subvention durchge­führt, so ist die Pfandschuld durch Annuitäten von wenigstens 5 Pro­zent der eingetragenen Pfandsumme zu tilgen.
² Das Pfandrecht erlischt für die Forderung und für jede Annuität nach Ablauf von drei Jahren seit Eintritt der Fälligkeit, und es rücken die nachfolgenden Pfandgläubiger nach.
IX. Anspruch auf die Versicherungs­summe
Art. 822
¹ Eine fällig gewordene Versicherungssumme darf nur mit Zustim­mung aller Grundpfandgläubiger an den Eigentümer des versicherten Grundstückes ausbezahlt werden.
² Gegen angemessene Sicherstellung ist sie jedoch dem Eigentümer zum Zwecke der Wiederherstellung des Unterpfandes herauszugeben.
³ Im Übrigen bleiben die Vorschriften der Kantone über die Feuer­ver­sicherung vorbehalten.
X. Unauffindbarer Gläubiger
Art. 823 ⁶¹⁰
Lässt sich ein Grundpfandgläubiger nicht identifizieren oder ist sein Wohnort unbekannt, so kann das Gericht in den Fällen, in denen das Gesetz eine persönliche Betätigung des Gläubigers vorsieht und eine solche dringend erforderlich ist, auf Antrag des Schuldners oder anderer Beteiligter die erforderlichen Massnahmen anordnen.
⁶¹⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Zweiter Abschnitt: Die Grundpfandverschreibung

A. Zweck und Ge­stalt
Art. 824
¹ Durch die Grundpfandverschreibung kann eine beliebige, gegen­wär­tige oder zukünftige oder bloss mögliche Forderung pfandrecht­lich sichergestellt werden.
² Das verpfändete Grundstück braucht nicht Eigentum des Schuldners zu sein.
B. Errichtung und Untergang
I. Errichtung
Art. 825
¹ Die Grundpfandverschreibung wird auch bei Forderungen mit un­be­stimmtem oder wechselndem Betrage auf eine bestimmte Pfand­stelle errichtet und behält ungeachtet aller Schwankungen ihren Rang nach dem Eintrag.
² Über die errichtete Pfandverschreibung wird auf Verlangen des Gläubigers ein Auszug aus dem Grundbuch ausgestellt, dem jedoch nur die Eigenschaft eines Beweismittels und nicht eines Wertpapiers zukommt.
³ An Stelle dieses Beweismittels kann die Bescheinigung der Eintra­gung auf der Vertragsurkunde treten.
II. Untergang
Art. 826
Ist die Forderung untergegangen, so kann der Eigentümer des belaste­ten Grundstückes vom Gläubiger verlangen dass er die Löschung des Eintrages bewillige.
Art. 827
¹ Ist der Grundeigentümer nicht Schuldner der Pfandforderung, so kann er das Pfandrecht unter den gleichen Voraussetzungen ablösen, unter denen der Schuldner zur Tilgung der Forderung befugt ist.
² Befriedigt er den Gläubiger, so geht das Forderungsrecht auf ihn über.
Art. 828
¹ Das kantonale Recht kann den Erwerber eines Grundstückes, der nicht persönlich für die darauf lastenden Schulden haftbar ist, er­mäch­tigen, solange keine Betreibung erfolgt ist, die Grund­pfand­rech­te, wenn sie den Wert des Grundstückes übersteigen, abzulö­sen, in­dem er den Gläubigern den Erwerbspreis oder bei unent­geltlichem Erwerbe den Betrag herausbezahlt, auf den er das Grundstück wertet.
² Er hat die beabsichtigte Ablösung den Gläubigern schriftlich mit halbjähriger Kündigung mitzuteilen.
³ Der Ablösungsbetrag wird unter die Gläubiger nach ihrem Range verteilt.
Art. 829
¹ Bei dieser Ablösung haben die Gläubiger das Recht, binnen Mo­nats­frist nach der Mitteilung des Erwerbes gegen Vorschuss der Ko­sten eine öffentliche Versteigerung des Unterpfandes zu verlangen, die nach öffentlicher Bekanntmachung binnen eines weitern Monats, nachdem sie verlangt wurde, vorzunehmen ist.
² Wird hiebei ein höherer Preis erzielt, so gilt dieser als Ablösungs­betrag.
³ Die Kosten der Versteigerung hat im Falle der Erzielung eines hö­he­ren Preises der Erwerber, andernfalls der Gläubiger, der sie ver­langt hat, zu tragen.
Art. 830
Das kantonale Recht kann an Stelle der öffentlichen Versteigerung eine amtliche Schätzung vorsehen, deren Betrag als Ablösungssum­me zu gelten hat.
Art. 831
Eine Kündigung der Forderung durch den Gläubiger ist gegenüber dem Eigentümer der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, nur dann wirksam, wenn sie gegenüber Schuldner und Eigentümer erfolgt.
C. Wirkung
I. Eigentum und Schuldnerschaft
Art. 832
¹ Wird das mit einer Grundpfandverschreibung belastete Grundstück veräussert, so bleibt die Haftung des Grundpfandes und des Schuld­ners, wenn es nicht anders verabredet ist, unverändert.
² Hat aber der neue Eigentümer die Schuldpflicht für die Pfandforde­rung übernommen, so wird der frühere Schuldner frei, wenn der Gläu­biger diesem gegenüber nicht binnen Jahresfrist schriftlich er­klärt, ihn beibehalten zu wollen.
Art. 833
¹ Wird ein Teil des mit einem Grundpfande belasteten Grundstückes oder eines von mehreren verpfändeten Grundstücken desselben Ei­gen­tümers veräussert, oder das Unterpfand zerstückelt, so ist die Pfandhaft mangels anderer Abrede derart zu verteilen, dass jeder der Teile nach seinem Werte verhältnismässig belastet wird.
² Will ein Gläubiger diese Verteilung nicht annehmen, so kann er bin­nen Monatsfrist, nachdem sie rechtskräftig geworden ist, verlan­gen, dass seine Pfandforderung innerhalb eines Jahres getilgt werde.
³ Haben die Erwerber die Schuldpflicht für die auf ihren Grundstüc­ken lastenden Pfandforderungen übernommen, so wird der frühere Schuld­ner frei, wenn der Gläubiger diesem gegenüber nicht binnen Jahresfrist schriftlich erklärt, ihn beibehalten zu wollen.
Art. 834
¹ Von der Übernahme der Schuld durch den Erwerber hat der Grund­buchverwalter dem Gläubiger Kenntnis zu geben.
² Die Jahresfrist für die Erklärung des Gläubigers läuft von dieser Mit­teilung an.
II. Übertragung der Forde­rung
Art. 835
Die Übertragung der Forderung, für die eine Grundpfandverschrei­bung errichtet ist, bedarf zu ihrer Gültigkeit keiner Eintragung in das Grundbuch.
D. Gesetzliches Grundpfandrecht
I. Des kantonalen Rechts
Art. 836 ⁶¹¹
¹ Räumt das kantonale Recht dem Gläubiger für Forderungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem belasteten Grundstück stehen, einen Anspruch auf ein Pfandrecht ein, so entsteht dieses mit der Eintragung in das Grundbuch .
² Entstehen gesetzliche Pfandrechte im Betrag von über 1000 Franken aufgrund des kantonalen Rechts ohne Eintragung im Grundbuch und werden sie nicht innert vier Monaten nach der Fälligkeit der zugrunde liegenden Forderung, spätestens jedoch innert zwei Jahren seit der Entstehung der Forderung in das Grundbuch eingetragen, so können sie nach Ablauf der Eintragungsfrist Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht mehr entgegengehalten werden.
³ Einschränkendere Regelungen des kantonalen Rechts bleiben vorbehalten.
⁶¹¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Des Bundesprivatrechts
Art. 837 ⁶¹²
¹ Der Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechtes besteht:
1. für die Forderung des Verkäufers an dem verkauften Grundstück;
2. für die Forderung der Miterben und Gemeinder aus Teilung an den Grundstücken, die der Gemeinschaft gehörten;
3. für die Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Abbrucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben, an diesem Grundstück, sei es, dass sie den Grundeigentümer, einen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter, einen Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner haben.
² Ist ein Mieter, ein Pächter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person Schuldner von Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, so besteht der Anspruch nur, wenn der Grundeigentümer seine Zustimmung zur Ausführung der Arbeiten erteilt hat.
³ Auf gesetzliche Grundpfandrechte nach diesem Artikel kann der Berechtigte nicht zum Voraus verzichten.
⁶¹² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 838
Die Eintragung des Pfandrechtes des Verkäufers, der Miterben oder Gemeinder muss spätestens drei Monate nach der Übertragung des Eigentums erfolgen.
Art. 839 ⁶¹³
¹ Das Pfandrecht der Handwerker und Unternehmer kann von dem Zeitpunkte an, da sie sich zur Arbeitsleistung verpflichtet haben, in das Grundbuch eingetragen werden.
² Die Eintragung hat bis spätestens vier Monate nach der Vollendung der Arbeit zu erfolgen.
³ Sie darf nur erfolgen, wenn die Pfandsumme vom Eigentümer anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist, und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet.
⁴ Handelt es sich beim Grundstück unbestrittenermassen um Verwaltungsvermögen und ergibt sich die Schuldpflicht des Eigentümers nicht aus vertraglichen Verpflichtungen, so haftet er den Handwerkern oder Unternehmern für die anerkannten oder gerichtlich festgestellten Forderungen nach den Bestimmungen über die einfache Bürgschaft, sofern die Forderung ihm gegenüber spätestens vier Monate nach Vollendung der Arbeit schriftlich unter Hinweis auf die gesetzliche Bürgschaft geltend gemacht worden war.
⁵ Ist strittig, ob es sich um ein Grundstück im Verwaltungsvermögen handelt, so kann der Handwerker oder Unternehmer bis spätestens vier Monate nach der Vollendung seiner Arbeit eine vorläufige Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch verlangen.
⁶ Steht aufgrund eines Urteils fest, dass das Grundstück zum Verwaltungsvermögen gehört, so ist die vorläufige Eintragung des Pfandrechts zu löschen. An seine Stelle tritt die gesetzliche Bürgschaft, sofern die Voraussetzungen nach Absatz 4 erfüllt sind. Die Frist gilt mit der vorläufigen Eintragung des Pfandrechts als gewahrt.
⁶¹³ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 840
Gelangen mehrere gesetzliche Pfandrechte der Handwerker und Unternehmer zur Eintragung, so haben sie, auch wenn sie von verschie­denem Datum sind, untereinander den gleichen Anspruch auf Befrie­digung aus dem Pfande.
Art. 841
¹ Kommen die Forderungen der Handwerker und Unternehmer bei der Pfandverwertung zu Verlust, so ist der Ausfall aus dem den Wert des Bodens übersteigenden Verwertungsanteil der vorgehenden Pfand­gläubiger zu ersetzen, sofern das Grundstück durch ihre Pfand­rechte in einer für sie erkennbaren Weise zum Nachteil der Hand­werker und Unternehmer belastet worden ist.
² Veräussert der vorgehende Pfandgläubiger seinen Pfandtitel, so hat er den Handwerkern und Unternehmern für dasjenige, was ihnen dadurch entzogen wird, Ersatz zu leisten.
³ Sobald der Beginn des Werkes auf Anzeige eines Berechtigten im Grundbuch angemerkt ist, dürfen bis zum Ablauf der Ein­tra­gungs­frist Pfandrechte nur als Grundpfandverschreibungen einge­tragen werden.

Dritter Abschnitt: ⁶¹⁴ Der Schuldbrief

⁶¹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
A. Allgemeine Vorschriften
I. Zweck; Verhältnis zur Forderung aus dem Grundverhältnis
Art. 842
¹ Durch den Schuldbrief wird eine persönliche Forderung begründet, die grundpfändlich sichergestellt ist.
² Die Schuldbriefforderung tritt neben die zu sichernde Forderung, die dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner aus dem Grundverhältnis gegebenenfalls zusteht, wenn nichts anderes vereinbart ist.
³ Der Schuldner kann sich bezüglich der Schuldbriefforderung gegenüber dem Gläubiger sowie gegenüber Rechtsnachfolgern, die sich nicht in gutem Glauben befinden, auf die sich aus dem Grundverhältnis ergebenden persönlichen Einreden berufen.
II. Arten
Art. 843
Der Schuldbrief wird entweder als Register-Schuldbrief oder als Papier-Schuldbrief ausgestaltet.
III. Stellung des Eigentümers
Art. 844
¹ Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung.
² Die Einreden des Schuldners stehen beim Schuldbrief auch dem Eigentümer der Pfandsache zu.
IV. Veräusserung. Teilung
Art. 845
Für die Folgen der Veräusserung und der Teilung des Grundstücks gelten die Bestimmungen über die Grundpfandverschreibung.
V. Schuldbriefforderung und Nebenverein­barungen
Art. 846
¹ Die Schuldbriefforderung darf sich weder auf das Grundverhältnis beziehen noch Bedingungen oder Gegenleistungen enthalten.
² Der Schuldbrief kann schuldrechtliche Nebenvereinbarungen über Verzinsung, Abzahlung und Kündigung sowie andere die Schuldbriefforderung betreffende Nebenbestimmungen enthalten. Eine Verweisung auf eine separate Vereinbarung ist zulässig.
Art. 847
¹ Der Schuldbrief kann vom Gläubiger oder vom Schuldner mit halbjährlicher Kündigungsfrist auf Ende jeden Monats gekündigt werden, wenn nichts anderes vereinbart ist.
² Eine solche Vereinbarung darf für den Gläubiger keine kürzere Kündigungsfrist als drei Monate vorsehen, ausser wenn sich der Schuldner mit der Zahlung der Amortisationen oder der Zinsen in Verzug befindet.
VI. Schutz des guten Glaubens
Art. 848
Die Schuldbriefforderung und das Pfandrecht bestehen dem Eintrag gemäss für jede Person zu Recht, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen hat.
VII. Einreden des Schuldners
Art. 849
¹ Der Schuldner kann nur Einreden geltend machen, die sich aus dem Eintrag im Grundbuch ergeben, ihm persönlich gegen den ihn belangenden Gläubiger zustehen oder aus dem Pfandtitel beim Papierschuldbrief hervorgehen.
² Vereinbarungen, die Nebenbestimmungen zur Schuldbriefforderung enthalten, können einem gutgläubigen Erwerber des Schuldbriefs nur entgegengehalten werden, wenn sie sich aus dem Grundbuch und beim Papier-Schuldbrief zudem aus dem Titel ergeben.
VIII. Bevollmächtigte Person
Art. 850
¹ Bei der Errichtung eines Schuldbriefs kann einer Person eine Vollmacht erteilt werden. Diese Person hat die Zahlungen zu leisten und zu empfangen, Mitteilungen entgegenzunehmen, Pfandentlassungen zu gewähren und im Allgemeinen die Rechte der Gläubiger wie des Schuldners und Eigentümers mit aller Sorgfalt und Unparteilichkeit zu wahren.
² Der Name der bevollmächtigten Person ist im Grundbuch und auf dem Pfandtitel aufzuführen.
³ Fällt die Vollmacht dahin und können sich die Beteiligten nicht einigen, so trifft das Gericht die nötigen Anordnungen.
IX. Zahlungsort
Art. 851
¹ Der Schuldner hat alle Zahlungen am Wohnsitz des Gläubigers zu leisten, wenn nichts anderes vereinbart ist.
² Ist der Wohnsitz des Gläubigers nicht bekannt oder zum Nachteil des Schuldners verlegt worden, so kann sich dieser durch Hinterlegung bei der zuständigen Behörde am eigenen Wohnsitz oder am früheren Wohnsitz des Gläubigers befreien.
X. Änderungen im Rechtsverhältnis
Art. 852
¹ Ändert sich das Rechtsverhältnis zugunsten des Schuldners, namentlich durch Abzahlung der Schuld, so kann der Schuldner vom Gläu­biger verlangen, dass dieser der Einschreibung der Änderung in das Grundbuch zustimmt.
² Beim Papier-Schuldbrief vermerkt das Grundbuchamt diese Änderung auf dem Titel.
³ Ohne diese Einschreibung oder diesen Vermerk auf dem Titel muss sich ein gutgläubiger Erwerber des Schuldbriefs die Wirkung der Änderung im Rechtsverhältnis nicht entgegenhalten lassen.
XI. Tilgung
Art. 853
Ist die Schuldbriefforderung getilgt, so kann der Schuldner vom Gläubiger verlangen, dass dieser:
1. der Übertragung des Register-Schuldbriefs auf den Namen des Schuldners zustimmt; oder
2. den Pfandtitel des Papier-Schuldbriefs unentkräftet herausgibt.
XII. Untergang
Art. 854
¹ Ist kein Gläubiger vorhanden oder verzichtet der Gläubiger auf das Pfandrecht, so hat der Schuldner die Wahl, den Eintrag im Grundbuch löschen oder stehen zu lassen.
² Der Schuldner ist auch befugt, den Schuldbrief weiterzuverwenden.
Art. 855
Der Papier-Schuldbrief darf im Grundbuch nicht gelöscht werden, bevor der Pfandtitel entkräftet oder durch das Gericht für kraftlos erklärt worden ist.
XIII. Aufrufung des Gläubigers
Art. 856
¹ Ist der Gläubiger eines Schuldbriefs seit zehn Jahren unbekannt und sind während dieser Zeit keine Zinse gefordert worden, so kann der Eigentümer des verpfändeten Grundstücks verlangen, dass der Gläubiger durch das Gericht öffentlich aufgefordert wird, sich innert sechs Monaten zu melden.
² Meldet sich der Gläubiger nicht innert dieser Frist und ergibt die Untersuchung mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass die Forderung nicht mehr zu Recht besteht, so wird auf Anordnung des Gerichts:
1. beim Register-Schuldbrief das Pfandrecht im Grundbuch gelöscht; oder
2. der Papier-Schuldbrief für kraftlos erklärt und das Pfandrecht im Grundbuch gelöscht.
B. Register-Schuldbrief
I. Errichtung
Art. 857
¹ Der Register-Schuldbrief entsteht mit der Eintragung in das Grundbuch.
² Er wird auf den Namen des Gläubigers oder des Grundeigentümers eingetragen.
II. Übertragung
Art. 858
¹ Die Übertragung des Register-Schuldbriefs erfolgt durch Eintragung des neuen Gläubigers in das Grundbuch aufgrund einer schriftlichen Erklärung des bisherigen Gläubigers.
² Befreiende Wirkung haben nur Leistungen des Schuldners an die Person, die im Zeitpunkt der Zahlung als Gläubiger im Grundbuch eingetragen ist.
III. Verpfändung, Pfändung und Nutzniessung
Art. 859
¹ Die Verpfändung des Register-Schuldbriefs erfolgt durch Eintragung des Fahrnispfandgläubigers in das Grundbuch aufgrund einer schrift­lichen Erklärung des im Grundbuch eingetragenen Gläubigers.
² Die Pfändung erfolgt durch Einschreibung der Verfügungsbeschränkung in das Grundbuch.
³ Die Nutzniessung entsteht mit der Einschreibung in das Grundbuch.
C. Papier-Schuldbrief
I. Errichtung
Art. 860
¹ Bei der Errichtung eines Papier-Schuldbriefs wird neben der Eintragung in das Grundbuch stets ein Pfandtitel ausgestellt.
² Als Gläubiger des Papier-Schuldbriefs kann der Inhaber oder eine bestimmte Person, namentlich der Grundeigentümer selbst, bezeichnet werden.
³ Der Eintrag hat schon vor der Ausstellung des Pfandtitels Schuldbriefwirkung.
Art. 861
¹ Der Papier-Schuldbrief wird durch das Grundbuchamt ausgestellt.
² Er bedarf zu seiner Gültigkeit der Unterschrift des Grundbuchverwalters. Im Übrigen wird seine Form durch den Bundesrat bestimmt.
³ Er darf dem Gläubiger oder dessen Beauftragtem nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Schuldners und des Eigentümers des belasteten Grundstücks ausgehändigt werden.
II. Schutz des guten Glaubens
Art. 862
¹ Der formrichtig als Papier-Schuldbrief erstellte Pfandtitel besteht seinem Wortlaut gemäss für jede Person zu Recht, die sich in gutem Glauben auf ihn verlassen hat.
² Entspricht der Wortlaut des Pfandtitels nicht dem Eintrag oder fehlt ein Eintrag, so ist das Grundbuch massgebend.
³ Der gutgläubige Erwerber des Titels hat jedoch nach den Vorschriften über das Grundbuch Anspruch auf Schadenersatz.
III. Rechte des Gläubigers
Art. 863
¹ Die Schuldbriefforderung kann nur in Verbindung mit dem Besitz des Pfandtitels veräussert, verpfändet oder überhaupt geltend gemacht werden.
² Vorbehalten bleibt die Geltendmachung der Forderung in den Fällen, in denen der Titel für kraftlos erklärt wird oder noch gar nicht ausgestellt worden ist.
Art. 864
¹ Zur Übertragung der Schuldbriefforderung bedarf es der Übergabe des Pfandtitels an den Erwerber.
² Lautet der Titel auf den Namen einer Person, so bedarf es ausserdem des Übertragungsvermerkes auf dem Titel unter Angabe des Erwerbers.
IV. Kraftlos­erklärung
Art. 865
¹ Ist ein Pfandtitel abhanden gekommen oder ohne Tilgungsabsicht vernichtet worden, so kann der Gläubiger verlangen, dass das Gericht den Pfandtitel für kraftlos erklärt und der Schuldner zur Zahlung verpflichtet wird oder für die noch nicht fällige Forderung ein neuer Titel ausgefertigt wird.
² Die Kraftloserklärung erfolgt mit Auskündung auf sechs Monate nach den Vorschriften über die Amortisation der Inhaberpapiere.
³ In gleicher Weise kann der Schuldner die Kraftloserklärung verlangen, wenn ein abbezahlter Titel vermisst wird.
Art. 866 –874
Aufgehoben

Vierter Abschnitt: Ausgabe von Anleihenstiteln mit Grundpfan­drecht

A. Obligationen für An­leihen mit Pfand­recht
Art. 875
Anleihensobligationen, die auf den Namen der Gläubiger oder auf den Inhaber lauten, können mit einem Grundpfand sichergestellt werden:
1. durch Errichtung einer Grundpfandverschreibung oder eines Schuld­briefes für das ganze Anleihen und die Bezeichnung eines Stellvertreters für die Gläubiger und den Schuldner;
2. durch die Errichtung eines Grundpfandrechtes für das ganze An­leihen zugunsten der Ausgabestelle und Bestellung eines Pfand­rechtes an dieser Grundpfandforderung für die Obliga­tionsgläu­biger.
Art. 876–883 ⁶¹⁵
⁶¹⁵ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

Dreiundzwanzigster Titel: Das Fahrnispfand

Erster Abschnitt: Faustpfand und Retentionsrecht

A. Faustpfand
I. Bestellung
Art. 884
¹ Fahrnis kann, wo das Gesetz keine Ausnahme macht, nur dadurch verpfändet werden, dass dem Pfandgläubiger der Besitz an der Pfand­sache übertragen wird.
² Der gutgläubige Empfänger der Pfandsache erhält das Pfandrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn der Verpfänder nicht befugt war, über die Sache zu ver­fü­gen.
³ Das Pfandrecht ist nicht begründet, solange der Verpfänder die aus­schliessliche Gewalt über die Sache behält.
Art. 885
¹ Zur Sicherung von Forderungen von Geldinstituten und Genossen­schaften, die von der zuständigen Behörde ihres Wohnsitzkantons ermächtigt sind, solche Geschäfte abzuschliessen, kann ein Pfand­recht an Vieh ohne Übertragung des Besitzes bestellt werden durch Eintra­gung in ein Verschreibungsprotokoll und Anzeige an das Be­trei­bungs­amt.
² Der Bundesrat regelt die Führung des Protokolls.⁶¹⁶
³ Für die Eintragungen im Protokoll und die damit verbundenen Ver­richtungen können die Kantone Gebühren erheben; sie bezeichnen die Kreise, in denen die Protokolle geführt werden, und die Beamten, die mit deren Führung betraut sind.⁶¹⁷
⁶¹⁶ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
⁶¹⁷ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
Art. 886
Ein nachgehendes Faustpfand wird dadurch bestellt, dass der Faust­pfandgläubiger schriftlich von der Nachverpfändung benachrichtigt und angewiesen wird, nach seiner Befriedigung das Pfand an den nachfolgenden Gläubiger herauszugeben.
Art. 887
Der Gläubiger kann die Pfandsache nur mit Zustimmung des Ver­pfän­ders weiter verpfänden.
II. Untergang
Art. 888
¹ Das Faustpfandrecht geht unter, sobald der Gläubiger die Pfand­sa­che nicht mehr besitzt und auch von dritten Besitzern nicht zurück­ver­lan­gen kann.
² Es hat keine Wirkung, solange sich das Pfand mit Willen des Gläu­bi­gers in der ausschliesslichen Gewalt des Verpfänders befindet.
Art. 889
¹ Ist das Pfandrecht infolge der Tilgung der Forderung oder aus ande­rem Grunde untergegangen, so hat der Gläubiger die Pfandsache an den Berechtigten herauszugeben.
² Vor seiner vollen Befriedigung ist er nicht verpflichtet, das Pfand ganz oder zum Teil herauszugeben.
Art. 890
¹ Der Gläubiger haftet für den aus der Wertverminderung oder aus dem Untergang der verpfändeten Sache entstandenen Schaden, sofern er nicht nachweist, dass dieser ohne sein Verschulden eingetreten ist.
² Hat der Gläubiger das Pfand eigenmächtig veräussert oder weiter verpfändet, so haftet er für allen hieraus entstandenen Schaden.
III. Wirkung
Art. 891
¹ Der Gläubiger hat im Falle der Nichtbefriedigung ein Recht darauf, sich aus dem Erlös des Pfandes bezahlt zu machen.
² Das Pfandrecht bietet ihm Sicherheit für die Forderung mit Ein­schluss der Vertragszinse, der Betreibungskosten und der Verzugs­zinse.
Art. 892
¹ Das Pfandrecht belastet die Pfandsache mit Einschluss der Zugehör.
² Die natürlichen Früchte der Pfandsache hat der Gläubiger, wenn es nicht anders verabredet ist, an den Eigentümer herauszugeben, so­bald sie aufhören, Bestandteil der Sache zu sein.
³ Früchte, die zur Zeit der Pfandverwertung Bestandteil der Pfand­sache sind, unterliegen der Pfandhaft.
Art. 893
¹ Haften mehrere Pfandrechte auf der gleichen Sache, so werden die Gläubiger nach ihrem Range befriedigt.
² Der Rang der Pfandrechte wird durch die Zeit ihrer Errichtung be­stimmt.
Art. 894
Jede Abrede, wonach die Pfandsache dem Gläubiger, wenn er nicht befriedigt wird, als Eigentum zufallen soll, ist ungültig.
B. Retentions­recht
I. Voraus­setzungen
Art. 895
¹ Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forde­rung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Reten­tion in Zusammenhang steht.
² Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrüh­ren.
³ Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört.
II. Ausnahmen
Art. 896
¹ An Sachen, deren Natur eine Verwertung nicht zulässt, kann das Retentionsrecht nicht ausgeübt werden.
² Ebenso ist die Retention ausgeschlossen, wenn ihr eine vom Gläu­bi­ger übernommene Verpflichtung, oder eine vom Schuldner vor oder bei der Übergabe der Sache erteilte Vorschrift oder die öffentliche Ordnung entgegensteht.
III. Bei Zah­lungs­unfähigkeit
Art. 897
¹ Bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hat der Gläubiger das Retentionsrecht auch dann, wenn seine Forderung nicht fällig ist.
² Ist die Zahlungsunfähigkeit erst nach der Übergabe der Sache einge­treten oder dem Gläubiger bekannt geworden, so kann dieser die Retention auch dann ausüben, wenn ihr eine von ihm vorher übernom­mene Verpflichtung oder eine besondere Vorschrift des Schuldners entgegensteht.
IV. Wirkung
Art. 898
¹ Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurück­behaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten.
² Zur Verwertung zurückbehaltener Namenpapiere hat in Vertretung des Schuldners der Betreibungs- oder der Konkursbeamte das Erfor­derliche vorzunehmen.

Zweiter Abschnitt: Das Pfandrecht an Forderungen und andern Rechten

A. Im Allgemeinen
Art. 899
¹ Forderungen und andere Rechte können verpfändet werden, wenn sie übertragbar sind.
² Das Pfandrecht an ihnen steht, wo es nicht anders geordnet ist, un­ter den Bestimmungen über das Faustpfand.
B. Errichtung
I. Bei Forde­run­gen mit oder ohne Schuld­schein
Art. 900
¹ Zur Verpfändung einer Forderung, für die keine Urkunde oder nur ein Schuldschein besteht, bedarf es der schriftlichen Abfassung des Pfandvertrages und gegebenenfalls der Übergabe des Schuldscheines.
² Der Pfandgläubiger und der Verpfänder können den Schuldner von der Pfandbestellung benachrichtigen.
³ Zur Verpfändung anderer Rechte bedarf es neben einem schriftli­chen Pfandvertrag der Beobachtung der Form, die für die Übertra­gung vor­gesehen ist.
II. Bei Wert­papieren
Art. 901
¹ Bei Inhaberpapieren genügt zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger.
² Bei andern Wertpapieren bedarf es der Übergabe der Urkunde in Verbin­dung mit einem Indossament oder mit einer Abtretungserklä­rung.
³ Die Verpfändung von Bucheffekten richtet sich ausschliesslich nach dem Bucheffektengesetz vom 3. Oktober 2008⁶¹⁸.⁶¹⁹
⁶¹⁸ SR 957.1
⁶¹⁹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des Bucheffektengesetzes vom 3. Okt. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2010 ( AS 2009 3577 ; BBl 2006 9315 ).
III. Bei Waren­papie­ren
Art. 902
¹ Bestehen für Waren Wertpapiere, die sie vertreten, so wird durch Verpfändung der Wertpapiere ein Pfandrecht an der Ware bestellt.
² Besteht neben einem Warenpapier noch ein besonderer Pfandschein (Warrant), so genügt zur Pfandbestellung die Verpfändung des Pfand­scheines, sobald auf dem Warenpapier selbst die Verpfändung mit Forderungsbetrag und Verfalltag eingetragen ist.
IV. Nach­ver­pfän­dung
Art. 903
Ein nachgehendes Forderungspfandrecht ist nur gültig, wenn der vor­gehende Pfandgläubiger vom Gläubiger der Forderung oder vom nach­gehenden Pfandgläubiger von der Nachverpfändung schriftlich benach­richtigt wird.
C. Wirkung
I. Umfang der Pfandhaft
Art. 904
¹ Beim Pfandrecht an einer verzinslichen Forderung oder an einer For­derung mit andern zeitlich wiederkehrenden Nebenleistungen, wie Dividenden, gilt, wenn es nicht anders vereinbart ist, nur der lau­fende Anspruch als mitverpfändet, und der Gläubiger hat keinen An­spruch auf die verfallenen Leistungen.
² Bestehen jedoch besondere Papiere für solche Nebenrechte, so gel­ten diese, wenn es nicht anders vereinbart ist, insoweit für mitver­pfändet, als das Pfandrecht an ihnen formrichtig bestellt ist.
II. Vertretung verpfändeter Aktien und Stammanteile von Gesell­schaften mit beschränkter Haftung ⁶²⁰
⁶²⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
Art. 905
¹ Verpfändete Aktien werden in der Generalversammlung durch die Aktionäre und nicht durch die Pfandgläubiger vertreten.
² Verpfändete Stammanteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haf­tung werden in der Gesellschafterversammlung durch die Gesell­schafter und nicht durch die Pfandgläubiger vertreten.⁶²¹
⁶²¹ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
III. Verwaltung und Ab­zahlung
Art. 906
¹ Erfordert die sorgfältige Verwaltung die Kündigung und Einziehung der verpfändeten Forderung, so darf deren Gläubiger sie vornehmen und der Pfandgläubiger verlangen, dass sie vorgenommen werde.
² Zahlungen darf der Schuldner, sobald er von der Verpfändung benachrichtigt ist, an den einen nur mit Einwilligung des andern ent­rich­ten.
³ Wo diese fehlt, hat er den geschuldeten Betrag zu hinterlegen.

Dritter Abschnitt: Das Versatzpfand

A. Versatzanstalt
I. Erteilung der Ge­werbe­befugnis
Art. 907
¹ Wer das Pfandleihgewerbe betreiben will, bedarf hiezu einer Be­wil­ligung der kantonalen Regierung.
² Die Kantone können bestimmen, dass diese Bewilligung nur an öffentliche Anstalten des Kantons oder der Gemeinden sowie an gemein­nützige Unternehmungen erteilt werden soll.
³ Die Kantone können von den Anstalten Gebühren erheben.
II. Dauer
Art. 908
¹ Die Bewilligung wird an private Anstalten nur auf eine bestimmte Zeit erteilt, kann aber erneuert werden.
² Sie kann jederzeit widerrufen werden, wenn die Anstalt die Be­stim­mungen, denen ihr Betrieb unterstellt ist, nicht beobachtet.
B. Versatz­pfand­recht
I. Errichtung
Art. 909
Das Versatzpfand wird dadurch begründet, dass der Pfandgegenstand der Anstalt übergeben und hiefür ein Versatzschein ausgestellt wird.
II. Wirkung
Art. 910
¹ Ist das Pfand auf den vereinbarten Termin nicht ausgelöst worden, so kann die Anstalt nach vorgängiger öffentlicher Aufforderung zur Ein­lösung den Pfandgegenstand amtlich verkaufen lassen.
² Eine persönliche Forderung kann die Anstalt nicht geltend machen.
Art. 911
¹ Ergibt sich aus dem Kauferlös ein Überschuss über die Pfand­su­mme, so hat der Berechtigte Anspruch auf dessen Herausgabe.
² Mehrere Forderungen gegen denselben Schuldner dürfen bei Berechnung des Überschusses als ein Ganzes behandelt werden.
³ Der Anspruch auf den Überschuss verjährt in fünf Jahren nach dem Verkauf der Sache.
III. Auslösung des Pfandes
Art. 912
¹ Das Pfand kann von dem Berechtigten gegen Rückgabe des Ver­satz­scheines ausgelöst werden, solange der Verkauf nicht stattgefun­den hat.
² Kann er den Schein nicht beibringen, so ist er nach Eintritt der Fäl­ligkeit zur Auslösung des Pfandes befugt, wenn er sich über sein Recht ausweist.
³ Diese Befugnis steht dem Berechtigten nach Ablauf von sechs Monaten seit der Fälligkeit auch dann zu, wenn die Anstalt sich aus­drücklich vorbehalten hat, das Pfand nur gegen Rückgabe des Schei­nes auszu­lösen.
Art. 913
¹ Die Anstalt ist berechtigt, bei jeder Auslösung den Zins für den gan­zen laufenden Monat zu verlangen.
² Hat die Anstalt sich ausdrücklich vorbehalten, das Pfand gegen Rück­gabe des Scheines an jedermann herauszugeben, so ist sie zu die­ser Herausgabe befugt, solange sie nicht weiss oder wissen sollte, dass der Inhaber auf un­redliche Weise in den Besitz des Scheines ge­langt ist.
C. Kauf auf Rück­kauf
Art. 914
Der gewerbsmässige Kauf auf Rückkauf wird dem Versatzpfande gleichgestellt.
D. Ordnung des Ge­werbes
Art. 915
¹ Die Kantone können zur Ordnung des Pfandleihgewerbes weitere Vor­schriften aufstellen.
² ...⁶²²
⁶²² Aufgehoben durch Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund, mit Wirkung seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).

Vierter Abschnitt: ...

Art. 916 – 918 ⁶²³
⁶²³ Aufgehoben durch Art. 52 Abs. 2 des Pfandbriefgesetzes vom 25. Juni 1930, mit Wirkung seit 1. Febr. 1931 (BS 2 747; BBl 1925 III 527 ).

Dritte Abteilung: Besitz und Grundbuch

Vierundzwanzigster Titel: Der Besitz

A. Begriff und Arten

I. Begriff
Art. 919
¹ Wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache hat, ist ihr Besitzer.
² Dem Sachbesitz wird bei Grunddienstbarkeiten und Grundlasten die tatsächliche Ausübung des Rechtes gleichgestellt.
II. Selbständiger und un­selb­stän­diger Be­sitz
Art. 920
¹ Hat ein Besitzer die Sache einem andern zu einem beschränkten dinglichen oder einem persönlichen Recht übertragen, so sind sie beide Besitzer.
² Wer eine Sache als Eigentümer besitzt, hat selbständigen, der ande­re unselbständigen Besitz.
III. Vorüber­gehende Unter­bre­chung
Art. 921
Eine ihrer Natur nach vorübergehende Verhinderung oder Unterlas­sung der Ausübung der tatsächlichen Gewalt hebt den Besitz nicht auf.

B. Übertragung

I. Unter Anwesenden
Art. 922
¹ Der Besitz wird übertragen durch die Übergabe der Sache selbst oder der Mittel, die dem Empfänger die Gewalt über die Sache ver­schaf­fen.
² Die Übergabe ist vollzogen, sobald sich der Empfänger mit Willen des bisherigen Besitzers in der Lage befindet, die Gewalt über die Sache auszuüben.
II. Unter Abwesen­den
Art. 923
Geschieht die Übergabe unter Abwesenden, so ist sie mit der Über­gabe der Sache an den Empfänger oder dessen Stellvertreter vollzo­gen.
III. Ohne Übergabe
Art. 924
¹ Ohne Übergabe kann der Besitz einer Sache erworben werden, wenn ein Dritter oder der Veräusserer selbst auf Grund eines beson­deren Rechtsverhältnisses im Besitz der Sache verbleibt.
² Gegenüber dem Dritten ist dieser Besitzesübergang erst dann wirk­sam, wenn ihm der Veräusserer davon Anzeige gemacht hat.
³ Der Dritte kann dem Erwerber die Herausgabe aus den gleichen Gründen verweigern, aus denen er sie dem Veräusserer hätte verwei­gern können.
IV. Bei Warenpapie­ren
Art. 925
¹ Werden für Waren, die einem Frachtführer oder einem Lagerhaus übergeben sind, Wertpapiere ausgestellt, die sie vertreten, so gilt die Übertragung einer solchen Urkunde als Übertragung der Ware selbst.
² Steht jedoch dem gutgläubigen Empfänger des Warenpapiers ein gut­gläubiger Empfänger der Ware gegenüber, so geht dieser jenem vor.

C. Bedeutung

I. Besitzesschutz
1. Abwehr von An­griffen
Art. 926
¹ Jeder Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erweh­ren.
² Er darf sich, wenn ihm die Sache durch Gewalt oder heimlich ent­zogen wird, sofort des Grundstückes durch Vertreibung des Täters wie­der bemächtigen und die bewegliche Sache dem auf frischer Tat be­troffenen und unmittelbar verfolgten Täter wieder abnehmen.
³ Er hat sich dabei jeder nach den Umständen nicht gerechtfertigten Gewalt zu enthalten.
2. Klage aus Besitzes­entzie­hung
Art. 927
¹ Wer einem andern eine Sache durch verbotene Eigenmacht entzo­gen hat, ist verpflichtet, sie zurückzugeben, auch wenn er ein besse­res Recht auf die Sache behauptet.
² Wenn der Beklagte sofort sein besseres Recht nachweist und auf Grund desselben dem Kläger die Sache wieder abverlangen könnte, so kann er die Rückgabe verweigern.
³ Die Klage geht auf Rückgabe der Sache und Schadenersatz.
3. Klage aus Besit­zesstörung
Art. 928
¹ Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht gestört, so kann der Besitzer gegen den Störenden Klage erheben, auch wenn dieser ein Recht zu haben behauptet.
² Die Klage geht auf Beseitigung der Störung, Unterlassung fernerer Störung und Schadenersatz.
4. Zulässigkeit und Verjährung der Kla­ge
Art. 929
¹ Die Klage aus verbotener Eigenmacht ist nur zulässig, wenn der Besitzer sofort, nachdem ihm der Eingriff und der Täter bekannt gewor­den sind, die Sache zurückfordert oder Beseitigung der Störung ver­langt.
² Die Klage verjährt nach Ablauf eines Jahres; das mit der Entzie­hung oder Störung zu laufen beginnt, auch wenn der Besitzer erst später von dem Eingriff und dem Täter Kenntnis erhalten hat.
II. Rechtsschutz
1. Vermutung des Eigentums
Art. 930
¹ Vom Besitzer einer beweglichen Sache wird vermutet, dass er ihr Eigentümer sei.
² Für jeden früheren Besitzer besteht die Vermutung, dass er in der Zeit seines Besitzes Eigentümer der Sache gewesen ist.
2. Vermutung bei unselbstän­digem Besitz
Art. 931
¹ Besitzt jemand eine bewegliche Sache, ohne Eigentümer sein zu wollen, so kann er die Vermutung des Eigentums dessen geltend machen, von dem er sie in gutem Glauben empfangen hat.
² Besitzt jemand eine bewegliche Sache mit dem Anspruche eines beschränkten dinglichen oder eines persönlichen Rechtes, so wird der Bestand dieses Rechtes vermutet, er kann aber demjenigen gegen­ü­ber, von dem er die Sache erhalten hat, diese Vermutung nicht gel­tend machen.
3. Klage gegen den Besitzer
Art. 932
Der Besitzer einer beweglichen Sache kann sich gegenüber jeder Klage auf die Vermutung zugunsten seines besseren Rechtes berufen, unter Vorbehalt der Bestimmungen über eigenmächtige Entziehung oder Störung des Besitzes.
4. Verfügungs- und Rück­forde­rungsrecht
Art. 933
Wer eine bewegliche Sache in gutem Glauben zu Eigentum oder zu einem beschränkten dinglichen Recht übertragen erhält, ist in seinem Erwerbe auch dann zu schützen, wenn sie dem Veräusserer ohne jede Ermächtigung zur Übertragung anvertraut worden war.
Art. 934
¹ Der Besitzer, dem eine bewegliche Sache gestohlen wird oder verloren geht oder sonst wider seinen Willen abhanden kommt, kann sie während fünf Jahren jedem Empfänger abfordern. Vorbehalten bleibt Artikel 722.⁶²⁴
¹bis Das Rückforderungsrecht für Kulturgüter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003⁶²⁵, die gegen den Willen des Eigentümers abhanden gekommen sind, verjährt ein Jahr, nachdem der Eigentümer Kenntnis erlangt hat, wo und bei wem sich das Kulturgut befindet, spätestens jedoch 30 Jahre nach dem Abhandenkommen.⁶²⁶
² Ist die Sache öffentlich versteigert oder auf dem Markt oder durch einen Kaufmann, der mit Waren der gleichen Art handelt, übertragen worden, so kann sie dem ersten und jedem spätern gutgläubigen Emp­fänger nur gegen Vergütung des von ihm bezahlten Preises abge­for­dert werden.
³ Die Rückleistung erfolgt im Übrigen nach den Vorschriften über die Ansprüche des gutgläubigen Besitzers.
⁶²⁴ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 2002 (Grundsatzartikel Tiere), in Kraft seit 1. April 2003 ( AS 2003 463 ; BBl 2002 4164 5806 ).
⁶²⁵ SR 444.1
⁶²⁶ Eingefügt durch Art. 32 Ziff. 1 des Kulturgütertransfergesetzes vom 20. Juni 2003, in Kraft seit 1. Juni 2005 ( AS 2005 1869 ; BBl 2002 535 ).
Art. 935
Geld und Inhaberpapiere können, auch wenn sie dem Besitzer gegen seinen Willen abhanden gekommen sind, dem gutgläubigen Empfän­ger nicht abgefordert werden.
Art. 936
¹ Wer den Besitz einer beweglichen Sache nicht in gutem Glauben erworben hat, kann von dem früheren Besitzer jederzeit auf Heraus­gabe belangt werden.
² Hatte jedoch auch der frühere Besitzer nicht in gutem Glauben erworben, so kann er einem spätern Besitzer die Sache nicht abfordern.
5. Vermutung bei Grundstücken
Art. 937
¹ Hinsichtlich der in das Grundbuch aufgenommenen Grundstücke besteht eine Vermutung des Rechtes und eine Klage aus dem Besitze nur für denjenigen, der eingetragen ist.
² Wer jedoch über das Grundstück die tatsächliche Gewalt hat, kann wegen eigenmächtiger Entziehung oder Störung des Besitzes Klage erheben.
III. Verant­wort­lich­keit
1. Gutgläubiger Be­sitzer
Art. 938
¹ Wer eine Sache in gutem Glauben besitzt, wird dadurch, dass er sie seinem vermuteten Rechte gemäss gebraucht und nutzt, dem Berech­tigten nicht ersatzpflichtig.
² Was hiebei untergeht oder Schaden leidet, braucht er nicht zu erset­zen.
Art. 939
¹ Verlangt der Berechtigte die Auslieferung der Sache, so kann der gutgläubige Besitzer für die notwendigen und nützlichen Verwen­dun­gen Ersatz beanspruchen und die Auslieferung bis zur Ersatzlei­stung verweigern.
² Für andere Verwendungen kann er keinen Ersatz verlangen, darf aber, wenn ihm ein solcher nicht angeboten wird, vor der Rückgabe der Sache, was er verwendet hat, wieder wegnehmen, soweit dies oh­ne Beschädigung der Sache selbst geschehen kann.
³ Die vom Besitzer bezogenen Früchte sind auf die Forderung für die Verwendungen anzurechnen.
2. Bösgläubiger Be­sitzer
Art. 940
¹ Wer eine Sache in bösem Glauben besitzt, muss sie dem Berechtig­ten herausgeben und für allen durch die Vorenthaltung verursachten Scha­den sowie für die bezogenen oder versäumten Früchte Ersatz leisten.
² Für Verwendungen hat er eine Forderung nur, wenn solche auch für den Berechtigten notwendig gewesen wären.
³ Solange der Besitzer nicht weiss, an wen er die Sache herausgeben soll, haftet er nur für den Schaden, den er verschuldet hat.
IV. Ersitzung
Art. 941
Der zur Ersitzung berechtigte Besitzer darf sich den Besitz seines Vor­gängers anrechnen, insofern auch dessen Besitz zur Ersitzung tauglich gewesen ist.

Fünfundzwanzigster Titel: Das Grundbuch

A. Einrichtung

I. Bestand
1. Im Allgemeinen
Art. 942
¹ Über die Rechte an den Grundstücken wird ein Grundbuch geführt.
² Das Grundbuch besteht aus dem Hauptbuch und den das Hauptbuch ergänzenden Plänen, Liegenschaftsverzeichnissen, Belegen, Liegen­schaftsbeschreibungen und dem Tagebuche.
³ Das Grundbuch kann auf Papier oder mittels Informatik geführt wer­den.⁶²⁷
⁴ Bei der Grundbuchführung mittels Informatik kommen die Rechts­wirkungen den im System ordnungsgemäss gespei­cherten und auf den Geräten des Grundbuchamtes durch technische Hilfsmittel in Schrift und Zahlen lesbaren oder in Plänen dargestellten Daten zu.⁶²⁸
⁶²⁷ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
⁶²⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
2. Aufnahme
Art. 943 ⁶²⁹
¹ Als Grundstücke werden in das Grundbuch aufgenommen:
1. die Liegenschaften;
2. die selbständigen und dauernden Rechte an Grundstücken;
3. die Bergwerke;
4. die Miteigentumsanteile an Grundstücken.
² Über die Voraussetzungen und über die Art der Aufnahme der selb­ständigen und dauernden Rechte, der Bergwerke und der Mitei­gen­tumsanteile an Grundstücken setzt eine Verordnung des Bundes­rates das Nähere fest.
⁶²⁹ Fassung gemäss Ziff. III des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
Art. 944
¹ Die nicht im Privateigentum stehenden und die dem öffentlichen Gebrauche dienenden Grundstücke werden in das Grundbuch nur auf­ge­nommen, wenn dingliche Rechte daran zur Eintragung gebracht wer­den sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschrei­ben.
² Verwandelt sich ein aufgenommenes Grundstück in ein solches, das nicht aufzunehmen ist, so wird es vom Grundbuch ausgeschlossen.
³ ...⁶³⁰
⁶³⁰ Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), mit Wirkung seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
3. Bücher
Art. 945
¹ Jedes Grundstück erhält im Hauptbuch ein eigenes Blatt und eine eigene Nummer.
² Das Verfahren, das bei Teilung eines Grundstückes oder bei Ver­ei­ni­gung mehrerer zu beobachten ist, wird durch eine Verordnung des Bundesrates festgesetzt.
Art. 946
¹ Auf jedem Blatt werden in besondern Abteilungen eingetragen:
1. das Eigentum;
2. die Dienstbarkeiten und Grundlasten, die mit dem Grundstück verbunden sind, oder die darauf ruhen;
3. die Pfandrechte, mit denen es belastet ist.
² Die Zugehör wird auf Begehren des Eigentümers angemerkt und darf, wenn dies erfolgt ist, nur mit Zustimmung aller aus dem Grund­buche ersichtlichen Berechtigten gestrichen werden.
Art. 947
¹ Mit Einwilligung des Eigentümers können mehrere Grundstücke, auch wenn sie nicht unter sich zusammenhangen, auf ein einziges Blatt genommen werden.
² Die Eintragungen auf diesem Blatt gelten mit Ausnahme der Grund­dienstbarkeiten für alle Grundstücke gemeinsam.
³ Der Eigentümer kann jederzeit die Ausscheidung einzelner Grund­stücke aus einem Kollektivblatte verlangen, unter Vorbehalt der daran bestehenden Rechte.
Art. 948
¹ Die Anmeldungen zur Eintragung in das Grundbuch werden nach ihrer zeitlichen Reihenfolge ohne Aufschub in das Tagebuch einge­schrieben, unter Angabe der anmeldenden Person und ihres Begeh­rens.
² Die Belege, auf deren Vorlegung hin die Eintragungen in das Gru­nd­buch vorgenommen werden, sind zweckmässig zu ordnen und auf­zu­bewahren.
³ An die Stelle der Belege kann in den Kantonen, die eine öffentliche Beurkundung durch den Grundbuchverwalter vornehmen lassen, ein Urkundenprotokoll treten, dessen Einschreibungen die öffentliche Be­urkundung herstellen.
4. Verordnungen
⁶³¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
Art. 949
¹ Der Bundesrat stellt die Formulare für das Grundbuch auf, erlässt die nötigen Verordnungen und kann zur Regelung des Grundbuchwe­sens die Führung von Hilfsregistern vorschreiben.
² Die Kantone sind ermächtigt, über die Eintragung der dinglichen Rechte an Grundstücken, die dem kantonalen Rechte unterstellt blei­ben, besondere Vorschriften aufzustellen, die jedoch zu ihrer Gültig­keit der Genehmigung des Bundes bedürfen.
Art. 949 a ⁶³²
¹ Ein Kanton, der das Grundbuch mittels Informatik führen will, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizei­departements.
² Der Bundesrat regelt:
1. das Ermächtigungsverfahren;
2. den Umfang und die technischen Einzelheiten der Grundbuch­führung mittels Informatik, insbesondere den Vorgang, durch welchen die Eintragungen rechtswirksam werden;
3. ob und unter welchen Voraussetzungen der Geschäfts­verkehr mit dem Grundbuchamt auf elektronischem Weg zulässig ist;
4. ob und unter welchen Voraussetzungen die ohne Interessennachweis einsehbaren Daten des Hauptbuches der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden;
5. den Zugriff auf die Daten, die Aufzeichnung der Ab­fragen sowie die Voraussetzungen für den Entzug der Zugriffs­berechtigung bei missbräuchlicher Anwen­dung;
6. den Datenschutz;
7. die langfristige Sicherung und die Archivierung von Daten.
³ Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement sowie das Eidgenössi­sche Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport legen für das Grundbuch und für die amtliche Vermessung Datenmodelle und ein­heitliche Schnittstellen fest.
⁶³² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf) ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
4 a . ...
Art. 949 b ⁶³³
⁶³³ Noch nicht in Kraft ( AS 2018 4017 ).
4 b . ...
Art. 949 c ⁶³⁴
⁶³⁴ Noch nicht in Kraft ( AS 2018 4017 ).
4 c . Beizug Privater zur Nutzung des informatisierten Grundbuchs
Art. 949 d ⁶³⁵
¹ Die Kantone, die das Grundbuch mittels Informatik führen, können private Aufgabenträger einsetzen, um:
1. den Zugriff auf die Daten des Grundbuchs im Abrufverfahren zu gewährleisten;
2. den öffentlichen Zugang zu den ohne Interessennachweis einsehbaren Daten des Hauptbuchs zu gewährleisten;
3. den elektronischen Geschäftsverkehr mit dem Grundbuchamt abzuwickeln.
² Die privaten Aufgabenträger unterstehen der Aufsicht der Kantone und der Oberaufsicht des Bundes.
⁶³⁵ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 15. Dez. 2017 (Beurkundung des Personenstands und Grundbuch), in Kraft seit 1. Jan. 2019 ( AS 2018 4017 ; BBl 2014 3551 ).
5. Amtliche Vermessung
Art. 950 ⁶³⁶
¹ Die Aufnahme und Beschreibung der einzelnen Grundstücke im Grundbuch erfolgt auf der Grundlage der amtlichen Vermessung, namentlich eines Plans für das Grundbuch.
² Das Geoinformationsgesetz vom 5. Oktober 2007⁶³⁷ regelt die quali­tativen und technischen Anforderungen an die amtliche Vermessung.
⁶³⁶ Fassung gemäss Anhang Ziff. II des BG vom 5. Okt. 2007 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 ).
⁶³⁷ SR 510.62
II. Grundbuch­füh­rung
1. Kreise
Art. 951
¹ Zur Führung des Grundbuches werden Kreise gebildet.
² Die Grundstücke werden in das Grundbuch des Kreises aufgenom­men, in dem sie liegen.
Art. 952
¹ Liegt ein Grundstück in mehreren Kreisen, so ist es in jedem Kreise in das Grundbuch aufzunehmen mit Verweisung auf das Grundbuch der übrigen Kreise.
² Die Anmeldungen und rechtsbegründenden Eintragungen erfolgen in dem Grundbuche des Kreises, in dem der grössere Teil des Grund­stückes liegt.
³ Die Eintragungen in diesem Grundbuch sind den andern Ämtern vom Grundbuchverwalter mitzuteilen.
2. Grund­buch­ämter
Art. 953
¹ Die Einrichtung der Grundbuchämter, die Umschreibung der Krei­se, die Ernennung und Besoldung der Beamten sowie die Ordnung der Aufsicht erfolgt durch die Kantone.
² Die kantonalen Vorschriften, ausgenommen jene über die Ernen­nung und die Besoldung der Beamten, bedürfen der Genehmigung des Bun­des.⁶³⁸
⁶³⁸ Fassung gemäss Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund, in Kraft seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).
3. Gebühren
Art. 954
¹ Für die Eintragungen in das Grundbuch und für die damit verbun­de­nen Vermessungsarbeiten dürfen die Kantone Gebühren erheben.
² Für Eintragungen, die mit Bodenverbesserungen oder mit Boden­austausch zum Zwecke der Abrundung landwirtschaftlicher Betriebe zusammenhangen, dürfen keine Gebühren erhoben werden.
III. Haftung ⁶³⁹
⁶³⁹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 955
¹ Die Kantone sind für allen Schaden verantwortlich, der aus der Füh­rung des Grundbuches entsteht.
² Sie haben Rückgriff auf die Beamten und Angestellten der Grund­buchverwaltung sowie die Organe der unmittelbaren Aufsicht, denen ein Verschulden zur Last fällt.
³ Sie können von den Beamten und Angestellten Sicherstellung ver­langen.
IV. Administrative Aufsicht
Art. 956 ⁶⁴⁰
¹ Die Geschäftsführung der Grundbuchämter unterliegt der administrativen Aufsicht der Kantone.
² Der Bund übt die Oberaufsicht aus.
⁶⁴⁰ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
V. Rechtsschutz
1. Beschwerdebefugnis
Art. 956 a ⁶⁴¹
¹ Gegen eine vom Grundbuchamt erlassene Verfügung kann bei der vom Kanton bezeichneten Behörde Beschwerde geführt werden; als Verfügung gilt auch das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Amtshandlung.
² Zur Beschwerde berechtigt sind:
1. jede Person, die von einer Verfügung des Grundbuchamts besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat;
2. die kantonale administrative Aufsichtsbehörde, sofern ihr das kantonale Recht die Beschwerdebefugnis einräumt;
3. die Oberaufsichtsbehörde des Bundes.
³ Gegen eine im Hauptbuch vollzogene Eintragung, Änderung oder Löschung von dinglichen Rechten oder Vormerkungen kann keine Beschwerde mehr geführt werden.
⁶⁴¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
2. Beschwerdeverfahren
Art. 956 b ⁶⁴²
¹ Die Frist für Beschwerden an die kantonalen Beschwerdeinstanzen beträgt 30 Tage.
² Verweigert oder verzögert das Grundbuchamt eine bestimmte Amtshandlung, so kann dagegen jederzeit Beschwerde geführt werden.
⁶⁴² Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 957 ⁶⁴³
⁶⁴³ Aufgehoben durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

B. Eintragung

I. Grund­buch­einträge
1. Eigentum und dingliche Rechte
Art. 958
In das Grundbuch werden folgende Rechte an Grundstücken eingetra­gen:
1. das Eigentum;
2. die Dienstbarkeiten und Grundlasten;
3. die Pfandrechte.
2. Vor­mer­kungen
Art. 959
¹ Persönliche Rechte können im Grundbuche vorgemerkt werden, wenn deren Vormerkung durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist, wie bei Vor- und Rückkauf, Kaufsrecht, Pacht und Miete.
² Sie erhalten durch die Vormerkung Wirkung gegenüber jedem spä­ter erworbenen Rechte.
Art. 960
¹ Verfügungsbeschränkungen können für einzelne Grundstücke vor­gemerkt werden:
1. auf Grund einer amtlichen Anordnung zur Sicherung streitiger oder vollziehbarer Ansprüche;
2.⁶⁴⁴
auf Grund einer Pfändung;
3.⁶⁴⁵
auf Grund eines Rechtsgeschäftes, für das diese Vormerkung im Gesetz vorgesehen ist, wie für die Anwartschaft des Nach­erben.
² Die Verfügungsbeschränkungen erhalten durch die Vormerkung Wir­kung gegenüber jedem später erworbenen Rechte.
⁶⁴⁴ Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 16. Dez. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1997 ( AS 1995 1227 ; BBl 1991 III 1 ).
⁶⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
Art. 961
¹ Vorläufige Eintragungen können vorgemerkt werden:
1. zur Sicherung behaupteter dinglicher Rechte;
2. im Falle der vom Gesetze zugelassenen Ergänzung des Aus­wei­ses.
² Sie geschehen mit Einwilligung aller Beteiligten oder auf Anord­nung des Gerichts mit der Folge, dass das Recht für den Fall seiner späteren Feststellung vom Zeitpunkte der Vormerkung an dinglich wirksam wird.
³ Über das Begehren entscheidet das Gericht und bewilligt, nach­dem der Ansprecher seine Berechtigung glaubhaft gemacht hat, die Vor­merkung, indem es deren Wirkung zeitlich und sachlich genau fest­stellt und nötigenfalls zur gerichtlichen Geltendmachung der Ansprü­che eine Frist ansetzt.⁶⁴⁶
⁶⁴⁶ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).
Art. 961 a ⁶⁴⁷
Eine Vormerkung hindert die Eintragung eines im Rang nachgehen­den Rechts nicht.
⁶⁴⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
II. Anmerkungen
1. Von öffentlich-rechtlichen Beschränkungen
Art. 962 ⁶⁴⁸
¹ Das Gemeinwesen oder ein anderer Träger einer öffentlichen Auf­gabe muss eine für ein bestimmtes Grundstück verfügte Eigentums­beschränkung des öffentlichen Rechts, die dem Eigentümer eine dauerhafte Nutzungs- oder Verfügungsbeschränkung oder grundstücksbezogene Pflicht auferlegt, im Grundbuch anmerken lassen.
² Fällt die Eigentumsbeschränkung dahin, so muss das Gemeinwesen oder der andere Träger einer öffentlichen Aufgabe die Löschung der Anmerkung im Grundbuch veranlassen. Bleibt das Gemeinwesen oder der andere Träger einer öffentlichen Aufgabe untätig, so kann das Grundbuchamt die Anmerkung von Amtes wegen löschen.
³ Der Bundesrat legt fest, in welchen Gebieten des kantonalen Rechts die Eigentumsbeschränkungen im Grundbuch angemerkt werden müssen. Die Kantone können weitere Anmerkungen vorsehen. Sie erstellen eine Liste der Anmerkungstatbestände und teilen sie dem Bund mit.
⁶⁴⁸ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
2. Von Vertretungen
Art. 962 a ⁶⁴⁹
Im Grundbuch können angemerkt werden:
1. der gesetzliche Vertreter auf sein Begehren oder auf Begehren der zuständigen Behörde;
2. der Erbschaftsverwalter, der Erbenvertreter, der amtliche Liquidator und der Willensvollstrecker auf ihr Begehren oder auf Begehren eines Erben oder der zuständigen Behörde;
3. der Vertreter eines unauffindbaren Eigentümers, Grundpfandgläubigers oder Dienstbarkeitsberechtigten auf sein Begehren oder auf Begehren des Gerichts;
4. der Vertreter einer juristischen Person oder anderen Rechtsträgerin bei Fehlen der vorgeschriebenen Organe auf sein Begehren oder auf Begehren des Gerichts;
5. der Verwalter der Stockwerkeigentümergemeinschaft auf sein Begehren oder auf Begehren der Stockwerkeigentümerversammlung oder des Gerichts.
⁶⁴⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
III. Voraus­setzung der Eintra­gung
1. Anmeldungen
Art. 963
¹ Die Eintragungen erfolgen auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Eigentümers des Grundstückes, auf das sich die Verfügung bezieht.
² Keiner Erklärung des Eigentümers bedarf es, wenn der Erwerber sich auf eine Gesetzesvorschrift, auf ein rechtskräftiges Urteil oder eine dem Urteil gleichwertige Urkunde zu berufen vermag.
³ Die mit der öffentlichen Beurkundung beauftragten Beamten kön­nen durch die Kantone angewiesen werden, die von ihnen beurkunde­ten Geschäfte zur Eintragung anzumelden.
Art. 964
¹ Zur Löschung oder Abänderung eines Eintrages bedarf es einer schriftlichen Erklärung der aus dem Eintrage berechtigten Personen.
² Diese Erklärung kann mit der Unterzeichnung im Tagebuch abge­ge­ben werden.
2. Ausweise
Art. 965
¹ Grundbuchliche Verfügungen, wie Eintragung, Änderung, Löschung dürfen in allen Fällen nur auf Grund eines Ausweises über das Ver­fügungsrecht und den Rechtsgrund vorgenommen werden.
² Der Ausweis über das Verfügungsrecht liegt in dem Nachweise, dass der Gesuchsteller die nach Massgabe des Grundbuches verfü­gungs­berechtigte Person ist oder von dieser eine Vollmacht erhalten hat.
³ Der Ausweis über den Rechtsgrund liegt in dem Nachweise, dass die für dessen Gültigkeit erforderliche Form erfüllt ist.
Art. 966
¹ Werden die Ausweise für eine grundbuchliche Verfügung nicht bei­gebracht, so ist die Anmeldung abzuweisen.
² Wenn jedoch der Rechtsgrund hergestellt ist und es sich nur um ei­ne Ergänzung des Ausweises über das Verfügungsrecht handelt, so kann mit Einwilligung des Eigentümers oder auf gerichtliche Verfü­gung eine vorläufige Eintragung stattfinden.
IV. Art der Eintra­gung
1. Im Allgemeinen
Art. 967
¹ Die Eintragungen im Hauptbuche finden nach der Reihenfolge statt, in der die Anmeldungen angebracht oder die Beurkundungen oder Erklärungen vor dem Grundbuchverwalter unterzeichnet worden sind.
² Über alle Eintragungen wird den Beteiligten auf ihr Verlangen ein Auszug ausgefertigt.
³ Die Form der Eintragung und der Löschung sowie der Auszüge wird durch eine Verordnung des Bundesrates festgestellt.
2. Bei Dienst­barkei­ten
Art. 968
Die Eintragung und Löschung der Grunddienstbarkeiten erfolgt auf dem Blatt des berechtigten und des belasteten Grundstückes.
V. Anzeige­pflicht
Art. 969
¹ Der Grundbuchverwalter hat den Beteiligten von den grundbuch­lichen Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen; insbesondere teilt er den Berechtigten, deren Vorkaufsrecht im Grund­buch vorgemerkt ist oder von Gesetzes wegen besteht und aus dem Grundbuch hervorgeht, den Erwerb des Eigentums durch einen Dritten mit.⁶⁵⁰
² Die Fristen, die für die Anfechtung solcher Verfügungen aufgestellt sind, nehmen ihren Anfang mit der Zustellung dieser Anzeige.
⁶⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).

C. Öffentlich­keit des Grund­buchs

I. Auskunfts­erteilung und Ein­sicht­nahme
Art. 970 ⁶⁵¹
¹ Wer ein Interesse glaubhaft macht, hat Anspruch darauf, dass ihm Einsicht in das Grundbuch gewährt oder dass ihm daraus ein Auszug erstellt wird.
² Ohne ein solches Interesse ist jede Person berechtigt, Auskunft über folgende Daten des Hauptbuches zu erhalten:
1. die Bezeichnung des Grundstücks und die Grund­stücks­beschreibung;
2. den Namen und die Identifikation des Eigentümers;
3. die Eigentumsform und das Erwerbsdatum.
³ Der Bundesrat bezeichnet weitere Angaben betreffend Dienstbarkeiten, Grundlasten und Anmerkungen, die ohne das Glaubhaftmachen eines Interesses öffentlich gemacht werden dürfen. Er beachtet dabei den Schutz der Persönlichkeit.
⁴ Die Einwendung, dass jemand eine Grundbucheintragung nicht gekannt habe, ist ausgeschlossen.
⁶⁵¹ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).
II. Veröffent­lichungen
Art. 970 a ⁶⁵²
¹ Die Kantone können die Veröffentlichung des Erwerbs des Eigentums an Grundstücken vorsehen.
² Nicht veröffentlichen dürfen sie die Gegenleistung bei einer Erbteilung, einem Erbvorbezug, einem Ehevertrag oder einer güterrecht­lichen Auseinandersetzung.
⁶⁵² Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetzbuches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ). Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 19. Dez. 2003 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2005 ( AS 2004 5085 ; BBl 2001 5679 ).

D. Wirkung

I. Bedeutung der Nichteintragung
Art. 971
¹ Soweit für die Begründung eines dinglichen Rechtes die Eintragung in das Grundbuch vorgesehen ist, besteht dieses Recht als dingliches nur, wenn es aus dem Grundbuche ersichtlich ist.
² Im Rahmen des Eintrages kann der Inhalt eines Rechtes durch die Belege oder auf andere Weise nachgewiesen werden.
II. Bedeutung der Eintragung
1. Im Allgemeinen
Art. 972
¹ Die dinglichen Rechte entstehen und erhalten ihren Rang und ihr Datum durch die Eintragung in das Hauptbuch.
² Ihre Wirkung wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Ta­ge­buch zurückbezogen, vorausgesetzt, dass die gesetzlichen Auswei­se der Anmeldung beigefügt oder bei den vorläufigen Eintragungen nachträglich rechtzeitig beigebracht werden.
³ Wo nach kantonalem Recht die öffentliche Beurkundung durch den Grundbuchverwalter vermittelst Einschreibung in das Urkundenpro­to­koll erfolgt, tritt diese an die Stelle der Einschreibung in das Tage­buch.
2. Gegenüber gut­gläubigen Dritten
Art. 973
¹ Wer sich in gutem Glauben auf einen Eintrag im Grundbuch verlas­sen und daraufhin Eigentum oder andere dingliche Rechte erworben hat, ist in diesem Erwerbe zu schützen.
² Diese Bestimmung gilt nicht für Grenzen von Grundstücken in den vom Kanton bezeichneten Gebieten mit Bodenverschiebungen.⁶⁵³
⁶⁵³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1991 über die Teilrevision des Zivilgesetz­buches (Immobiliarsachenrecht) und des Obligationenrechts (Grundstückkauf), in Kraft seit 1. Jan. 1994 ( AS 1993 1404 ; BBl 1988 III 953 ).
3. Gegenüber bös­gläubigen Drit­ten
Art. 974
¹ Ist der Eintrag eines dinglichen Rechtes ungerechtfertigt, so kann sich der Dritte, der den Mangel kennt oder kennen sollte, auf den Ein­trag nicht berufen.
² Ungerechtfertigt ist der Eintrag, der ohne Rechtsgrund oder aus einem unverbindlichen Rechtsgeschäft erfolgt ist.
³ Wer durch einen solchen Eintrag in einem dinglichen Recht verletzt ist, kann sich unmittelbar gegenüber dem bösgläubigen Dritten auf die Mangelhaftigkeit des Eintrages berufen.

E. Löschung und Änderung der Einträge

I. Bereinigung
1. Bei der Teilung des Grundstücks
Art. 974 a ⁶⁵⁴
¹ Wird ein Grundstück geteilt, so müssen für jedes Teilstück die Dienstbarkeiten, Vormerkungen und Anmerkungen bereinigt werden.
² Der Eigentümer des zu teilenden Grundstücks muss dem Grundbuchamt beantragen, welche Einträge zu löschen und welche auf die Teilstücke zu übertragen sind. Andernfalls ist die Anmeldung abzuweisen.
³ Betrifft ein Eintrag nach den Belegen oder den Umständen ein Teilstück nicht, so ist er darauf zu löschen. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften über die Löschung eines Eintrags.
⁶⁵⁴ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
2. Bei der Vereinigung von Grundstücken
Art. 974 b ⁶⁵⁵
¹ Mehrere Grundstücke eines Eigentümers können nur vereinigt werden, wenn keine Grundpfandrechte oder Grundlasten von den einzelnen Grundstücken auf das vereinigte Grundstück übertragen werden müssen oder die Gläubiger dazu einwilligen.
² Sind Dienstbarkeiten, Vormerkungen oder Anmerkungen zulasten der Grundstücke eingetragen, so können diese nur vereinigt werden, wenn die Berechtigten dazu einwilligen oder nach der Art der Belastung dadurch in ihren Rechten nicht beeinträchtigt werden.
³ Sind Dienstbarkeiten, Vormerkungen oder Anmerkungen zugunsten der Grundstücke eingetragen, so können diese nur vereinigt werden, wenn die Eigentümer der belasteten Grundstücke dazu einwilligen oder sich die Belastung durch die Vereinigung nicht vergrössert.
⁴ Die Bestimmungen über die Bereinigung bei der Teilung des Grundstücks sind sinngemäss anwendbar.
⁶⁵⁵ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
II. Bei ungerechtfertig­tem Eintrag ⁶⁵⁶
⁶⁵⁶ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 975
¹ Ist der Eintrag eines dinglichen Rechtes ungerechtfertigt oder ein richtiger Eintrag in ungerechtfertigter Weise gelöscht oder verändert worden, so kann jedermann, der dadurch in seinen dinglichen Rech­ten verletzt ist, auf Löschung oder Abänderung des Eintrages klagen.
² Vorbehalten bleiben die von gutgläubigen Dritten durch Eintragung erworbenen dinglichen Rechte und die Ansprüche auf Schadenersatz.
III. Erleichterte Löschung
1. Zweifelsfrei bedeutungslose Einträge
Art. 976 ⁶⁵⁷
Das Grundbuchamt kann einen Eintrag von Amtes wegen löschen, wenn dieser:
1. befristet ist und infolge Ablaufs der Frist seine rechtliche Bedeutung verloren hat;
2. ein unübertragbares oder unvererbliches Recht einer verstorbenen Person betrifft;
3. das Grundstück wegen der örtlichen Lage nicht betreffen kann;
4. ein untergegangenes Grundstück betrifft.
⁶⁵⁷ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
2. Andere Einträge
Art. 976 a ⁶⁵⁸
¹ Hat ein Eintrag höchstwahrscheinlich keine rechtliche Bedeutung, insbesondere weil er nach den Belegen oder den Umständen das Grundstück nicht betrifft, so kann jede dadurch belastete Person die Löschung verlangen.
² Hält das Grundbuchamt das Begehren für begründet, so teilt es der berechtigten Person mit, dass es den Eintrag löschen wird, wenn sie nicht innert 30 Tagen beim Grundbuchamt dagegen Einspruch erhebt.
⁶⁵⁸ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 976 b ⁶⁵⁹
¹ Erhebt die berechtigte Person Einspruch, so prüft das Grundbuchamt das Begehren um Löschung auf Antrag der belasteten Person erneut.
² Kommt das Grundbuchamt zum Schluss, dass dem Begehren trotz Einspruchs zu entsprechen ist, so teilt es der berechtigten Person mit, dass es den Eintrag im Hauptbuch löschen wird, wenn sie nicht innert drei Monaten beim Gericht auf Feststellung klagt, dass der Eintrag eine rechtliche Bedeutung hat.
⁶⁵⁹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
3. Öffentliches Bereinigungs­verfahren
Art. 976 c ⁶⁶⁰
¹ Haben sich in einem bestimmten Gebiet die Verhältnisse tatsächlich oder rechtlich verändert und ist deswegen eine grössere Zahl von Dienstbarkeiten, Vor- oder Anmerkungen ganz oder weitgehend hin­fällig geworden oder ist die Lage nicht mehr bestimmbar, so kann die vom Kanton bezeichnete Behörde die Bereinigung in diesem Gebiet anordnen.
² Diese Anordnung ist auf den entsprechenden Grundbuchblättern anzumerken.
³ Die Kantone regeln die Einzelheiten und das Verfahren. Sie können die Bereinigung weiter erleichtern oder vom Bundesrecht abwei­chende Vorschriften erlassen.
⁶⁶⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
IV. Berichti­gungen ⁶⁶¹
⁶⁶¹ Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 977
¹ Berichtigungen darf der Grundbuchverwalter ohne schriftliche Ein­willi­gung der Beteiligten nur auf Verfügung des Gerichts vor­neh­men.
² Statt einer Berichtigung kann der unrichtige Eintrag gelöscht und ein neuer Eintrag erwirkt werden.
³ Die Berichtigung blosser Schreibfehler erfolgt von Amtes wegen nach Massgabe einer hierüber vom Bundesrate zu erlassenden Ver­ord­nung.

Schlusstitel: Anwendungs- und Einführungs­bestimmungen ⁶⁶²

⁶⁶² Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

Erster Abschnitt: Die Anwendung bisherigen und neuen Rechts ⁶⁶³

⁶⁶³ Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).

A. Allgemeine Be­stimmungen

I. Regel der Nicht­rück­wirkung

Art. 1
¹ Die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttre­ten dieses Gesetzes eingetreten sind, werden auch nachher gemäss den Bestimmungen des eidgenössischen oder kantonalen Rechtes be­ur­teilt, die zur Zeit des Eintrittes dieser Tatsachen gegolten haben.
² Demgemäss unterliegen die vor diesem Zeitpunkte vorgenommenen Handlungen in Bezug auf ihre rechtliche Verbindlichkeit und ihre rechtlichen Folgen auch in Zukunft den bei ihrer Vornahme geltend gewesenen Bestimmungen.
³ Die nach diesem Zeitpunkte eingetretenen Tatsachen dagegen wer­den, soweit das Gesetz eine Ausnahme nicht vorgesehen hat, nach dem neuen Recht beurteilt.

II. Rückwirkung

1. Öffentliche Ord­nung und Sitt­lichkeit
Art. 2
¹ Die Bestimmungen dieses Gesetzes, die um der öffentlichen Ord­nung und Sittlichkeit willen aufgestellt sind, finden mit dessen Inkrafttreten auf alle Tatsachen Anwendung, soweit das Gesetz eine Ausnahme nicht vorgesehen hat.
² Demgemäss finden Vorschriften des bisherigen Rechtes, die nach der Auffassung des neuen Rechtes der öffentlichen Ordnung oder Sitt­lich­keit widersprechen, nach dessen Inkrafttreten keine Anwen­dung mehr.
2. Inhalt der Rechts­ver­hält­nisse kraft Ge­setzes
Art. 3
Rechtsverhältnisse, deren Inhalt unabhängig vom Willen der Beteilig­ten durch das Gesetz umschrieben wird, sind nach dem In­krafttreten dieses Gesetzes nach dem neuen Recht zu beurteilen, auch wenn sie vor diesem Zeitpunkte begründet worden sind.
3. Nicht erworbene Rechte
Art. 4
Tatsachen, die zwar unter der Herrschaft des bisherigen Rechtes ein­getreten sind, durch die aber zur Zeit des Inkrafttretens des neuen Rechtes ein rechtlich geschützter Anspruch nicht begründet gewesen ist, stehen nach diesem Zeitpunkt in Bezug auf ihre Wirkung unter dem neuen Recht.

B. Personenrecht

I. Handlungs­fähig­keit

Art. 5
¹ Die Handlungsfähigkeit wird in allen Fällen nach den Bestimmun­gen dieses Gesetzes beurteilt.
² Wer indessen nach dem bisherigen Recht zur Zeit des Inkrafttre­tens dieses Gesetzes handlungsfähig gewesen ist, nach den Be­stimmungen des neuen Rechtes aber nicht handlungsfähig wäre, wird auch nach diesem Zeitpunkte als handlungsfähig an­erkannt.

II. Verschollen­heit

Art. 6
¹ Die Verschollenerklärung steht nach dem Inkrafttreten dieses Ge­set­zes unter den Bestimmungen des neuen Rechtes.
² Die Todes- oder Abwesenheitserklärungen des bisherigen Rech­tes haben nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die glei­chen Wirkun­gen wie die Verschollenerklärung des neuen Rechtes, wobei aber die vor diesem Zeitpunkte nach bisherigem Recht ein­getretenen Folgen, wie Erbgang oder Auflösung der Ehe, be­ste­hen bleiben.
³ Ein zur Zeit des Inkrafttretens des neuen Rechtes schwebendes Ver­fahren wird unter Anrechnung der abgelaufenen Zeit nach den Bestimmungen dieses Gesetzes neu begonnen oder auf Antrag der Be­teiligten nach dem bisherigen Verfahren und unter Beobachtung der bis­herigen Fristen zu Ende geführt.

II a . Zentrale Daten­bank im Zi­vil­standswesen

Art. 6 a ⁶⁶⁴
¹ Der Bundesrat regelt den Übergang von der bisherigen auf die elektronische Regi­sterführung.
² Der Bund übernimmt die Investitionskosten bis zu 5 Millionen Fran­ken.
⁶⁶⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 5. Okt. 2001 (Elektronische Führung der Personenstandsregister), in Kraft seit 1. Juli 2004 ( AS 2004 2911 ; BBl 2001 1639 ).

III. Juristische Personen

1. Im Allgemeinen ⁶⁶⁵
⁶⁶⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
Art. 6 b ⁶⁶⁶
¹ Personenverbände und Anstalten oder Stiftungen, die unter dem bis­herigen Recht die Persönlichkeit erlangt haben, behalten sie unter dem neuen Recht bei, auch wenn sie nach dessen Bestimmungen die Per­sönlichkeit nicht erlangt hätten.
² Die bereits bestehenden juristischen Personen, für deren Entstehung nach der Vorschrift dieses Gesetzes die Eintragung in das öffentliche Register erforderlich ist, müssen jedoch diese Eintragung, auch wenn sie nach dem bisherigen Recht nicht vorgesehen war, binnen fünf Jah­ren nach dem Inkrafttreten des neuen Rechtes nachholen und werden nach Ablauf dieser Frist ohne Eintragung nicht mehr als ju­ristische Personen anerkannt.
²bis Kirchliche Stiftungen und Familienstiftungen, die beim Inkraft­treten der Änderung vom 12. Dezember 2014 (Art. 52 Abs. 2) nicht im Handelsregister eingetragen sind, bleiben als juristische Personen anerkannt. Sie müssen die Eintragung ins Handelsregister binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten vornehmen. Der Bundesrat berücksichtigt bei den Anforderungen an die Eintragung ins Handelsregister die be­sonderen Verhältnisse der kirchlichen Stiftungen.⁶⁶⁷
³ Der Inhalt der Persönlichkeit bestimmt sich für alle juristischen Per­sonen, sobald dieses Gesetz in Kraft getreten ist, nach dem neuen Recht.
⁶⁶⁶ Ursprünglich Art. 6a. Vorher Art. 7.
⁶⁶⁷ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 12. Dez. 2014 zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière, in Kraft seit 1. Jan. 2016 ( AS 2015 1389 ; BBl 2014 605 ).
2. Buchführung und Revisions­stelle
Art. 6 c ⁶⁶⁸
Die Bestimmungen der Änderung vom 16. Dezember 2005⁶⁶⁹ betreffend die Buchführung und die Revisionsstelle gelten vom ersten Geschäftsjahr an, das mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder danach beginnt.
⁶⁶⁸ Eingefügt durch Anhang Ziff. 1 des BG vom 16. Dez. 2005 (GmbH-Recht sowie Anpassungen im Aktien-, Genossenschafts-, Handelsregister- und Firmenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2008 ( AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969 ).
⁶⁶⁹ AS 2007 4791 ; BBl 2002 3148 , 2004 3969

IV. Schutz der Persönlichkeit vor Gewalt, Drohungen oder Nachstellungen

Art. 6 d ⁶⁷⁰
Auf Verfahren, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 14. Dezember 2018 rechts­hängig sind, findet das neue Recht Anwendung.
⁶⁷⁰ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 14. Dez. 2018 über die Verbesserung des Schutzes gewaltbetroffener Personen, in Kraft seit 1. Juli 2020 ( AS 2019 2273 ; BBl 2017 7307 ).

C. Familienrecht

I. Ehe­schliessung

Art. 7 ⁶⁷¹
¹ Für die Eheschliessung gilt das neue Recht, sobald das Bundesgesetz vom 26. Juni 1998⁶⁷² in Kraft getreten ist.
² Ehen, für die nach dem bisherigen Recht ein Ungültigkeitsgrund vorliegt, können, sobald das neue Recht in Kraft getreten ist, nur nach dessen Bestimmungen für ungültig erklärt werden, wobei jedoch die vor diesem Zeitpunkt abgelaufene Zeit bei der Fristbestimmung ange­rechnet wird.
⁶⁷¹ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
⁶⁷² AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1

Ibis. Scheidung

1. Grundsatz
Art. 7 a ⁶⁷³
¹ Für die Scheidung gilt das neue Recht, sobald das Bundesgesetz vom 26. Juni 1998⁶⁷⁴ in Kraft getreten ist.
² Scheidungen, die unter dem bisherigen Recht rechtskräftig geworden sind, bleiben anerkannt; die neuen Bestimmungen über die Vollstre­ckung finden Anwendung auf Renten oder Abfindungen, die als Unter­haltsersatz oder als Unterhaltsbeitrag festgesetzt worden sind.
³ Die Abänderung des Scheidungsurteils erfolgt nach den Vorschriften des früheren Rechts unter Vorbehalt der Bestimmungen über die Kin­der und das Verfahren.
⁶⁷³ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
⁶⁷⁴ AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1
2. Rechtshängige Scheidungs­prozesse
Art. 7 b ⁶⁷⁵
¹ Auf die Scheidungsprozesse, die beim Inkrafttreten des Bundes­geset­zes vom 26. Juni 1998⁶⁷⁶ rechtshängig und die von einer kantonalen Instanz zu beurteilen sind, findet das neue Recht Anwendung.
² Neue Rechtsbegehren, die durch den Wechsel des anwendbaren Rechts veranlasst werden, sind zulässig; nicht angefochtene Teile des Urteils bleiben verbindlich, sofern sie sachlich nicht derart eng mit noch zu beurteilenden Rechtsbegehren zusammenhängen, dass sinn­vollerweise eine Gesamtbeurteilung stattfinden muss.
³ Das Bundesgericht entscheidet nach bisherigem Recht, wenn der angefochtene Entscheid vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1998 ergangen ist; dies gilt auch bei einer allfälligen Rück­weisung an die kantonale Instanz.
⁶⁷⁵ Eingefügt durch Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
⁶⁷⁶ AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1
3. Trennungsfrist bei rechts­hängigen Scheidungs­prozessen
Art. 7 c ⁶⁷⁷
Für Scheidungsprozesse, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 19. Dezember 2003⁶⁷⁸ rechtshängig und die von einer kantonalen Instanz zu beurteilen sind, gilt die Trennungsfrist nach dem neuen Recht.
⁶⁷⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Dez. 2003 (Trennungsfrist im Scheidungsrecht), in Kraft seit 1. Juni 2004 ( AS 2004 2161 ; BBl 2003 3927 5825 ).
⁶⁷⁸ AS 2004 2161
4. Berufliche Vorsorge
Art. 7 d ⁶⁷⁹
¹ Für die berufliche Vorsorge bei Scheidung gilt das neue Recht, sobald die Änderung vom 19. Juni 2015 in Kraft getreten ist.
² Auf Scheidungsprozesse, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 19. Juni 2015 vor einer kantonalen Instanz rechtshängig sind, findet das neue Recht Anwendung.
³ Das Bundesgericht entscheidet nach bisherigem Recht, wenn der angefochtene Entscheid vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 19. Juni 2015 ergangen ist; dies gilt auch bei einer allfälligen Rückweisung an die kantonale Instanz.
⁶⁷⁹ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
5. Umwandlung bestehender Renten
Art. 7 e ⁶⁸⁰
¹ Hat das Gericht unter bisherigem Recht bei Scheidung nach Eintritt eines Vorsorgefalls dem berechtigten Ehegatten eine Entschädigung in Form einer Rente zugesprochen, die erst mit dem Tod des verpflichteten oder des berechtigten Ehegatten erlischt, so kann der berechtigte Ehegatte innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der Änderung vom 19. Juni 2015 beim Gericht verlangen, dass ihm stattdessen eine lebenslange Rente nach Artikel 124 a zugesprochen wird, wenn der verpflichtete Ehegatte eine Invalidenrente nach dem reglementarischen Rentenalter oder eine Altersrente bezieht.
² Bei ausländischen Entscheidungen bestimmt sich die Zuständigkeit nach Artikel 64 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987⁶⁸¹ über das Internationale Privatrecht.
³ Die Rente nach bisherigem Recht gilt als zugesprochener Renten­anteil.
⁶⁸⁰ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 19. Juni 2015 (Vorsorgeausgleich bei Scheidung), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 2313 ; BBl 2013 4887 ).
⁶⁸¹ SR 291

Iter. Wirkungen der Ehe im Allgemeinen

1. Grundsatz
Art. 8 ⁶⁸²
Für die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen gilt das neue Recht, sobald das Bundesgesetz vom 5. Oktober 1984 in Kraft getreten ist.
⁶⁸² Fassung gemäss Ziff. I 4 des BG vom 26. Juni 1998, in Kraft seit 1. Jan. 2000 ( AS 1999 1118 ; BBl 1996 I 1 ).
2. Name
Art. 8 a ⁶⁸³
Der Ehegatte, der vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 30. September 2011 dieses Gesetzes seinen Namen bei der Eheschliessung geändert hat, kann jederzeit gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivil­standsbeamten erklären, dass er wieder seinen Ledignamen tragen will.
⁶⁸³ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).
3. Bürgerrecht
Art. 8 b ⁶⁸⁴
Die Schweizerin, die sich unter dem bisherigen Recht verheiratet hat, kann binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts gegenüber der zuständigen Behörde ihres ehemaligen Heimatkantons erklären, sie nehme das Bürgerrecht, das sie als ledig hatte, wieder an.
⁶⁸⁴ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).

II. Güterrecht der vor 1. Januar 1912 geschlos­senen Ehen ⁶⁸⁵

⁶⁸⁵ Für die Anwendung des Übergangsrechtes siehe auch die früheren Bestimmungen des sechsten Tit. am Schluss des ZGB.
Art. 9 ⁶⁸⁶
Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehen, die vor dem 1. Januar 1912 geschlossen worden sind, gelten die an diesem Tag in Kraft getretenen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über die Anwendung bisherigen und neuen Rechts.
⁶⁸⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).

IIbis. Güterrecht der nach 1. Ja­nuar 1912 ⁶⁸⁷ ge­schlos­senen Ehen

⁶⁸⁷ Siehe die bis zum 31. Dez. 1987 gültigen Bestimmungen am Schluss des vorliegenden Textes.
1. Im Allgemeinen
Art. 9 a ⁶⁸⁸
¹ Für die Ehen, die beim Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1984 bestehen, gilt das neue Recht, soweit nichts anderes bestimmt ist.
² Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehen, die vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1984 aufgelöst worden sind, gilt das bisherige Recht.
⁶⁸⁸ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
2. Wechsel von der Güterverbindung zur Errun­genschaftsbeteiligung
a. Änderung der Vermögens­massen
Art. 9 b ⁶⁸⁹
¹ Für Ehegatten, die bisher unter dem Güterstand der Güterverbindung gestanden haben, gelten im Verhältnis untereinander und gegenüber Dritten die Vorschriften über die Errungenschaftsbeteiligung.
² Die Vermögenswerte jedes Ehegatten werden sein Eigengut oder seine Errungenschaft gemäss den Vorschriften über die Errungen­schaftsbeteiligung; durch Ehevertrag begründetes Sondergut wird Eigen­gut.
³ Die Frau nimmt ihr eingebrachtes Gut, das ins Eigentum des Mannes übergegangen ist, in ihr Eigentum zurück oder macht hierfür eine Ersatzforderung geltend.
⁶⁸⁹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
b. Vorrecht
Art. 9 c ⁶⁹⁰
Die bisherigen Bestimmungen über die Ersatzforderungen der Ehe­frau für das eingebrachte und nicht mehr vorhandene Frauengut bei Kon­kurs und Pfändung von Vermögenswerten des Ehemannes blei­ben nach Inkrafttreten des neuen Rechts noch zehn Jahre anwendbar.
⁶⁹⁰ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
c. Güterrecht­liche Auseinan­der­setzung un­ter dem neuen Recht
Art. 9 d  ⁶⁹¹
¹ Nach Inkrafttreten des neuen Rechts richtet sich die güterrechtliche Auseinandersetzung unter den Ehegatten für die ganze Dauer des frü­heren und des neuen ordentlichen Güterstandes nach den Vorschriften über die Errungenschaftsbeteiligung, es sei denn, die Ehegatten haben im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechts die güterrechtliche Auseinandersetzung nach den Bestimmungen über die Güterverbin­dung bereits abgeschlossen.
² Vor Inkrafttreten des neuen Rechts kann jeder Ehegatte dem andern schriftlich bekannt geben, dass der bisherige Güterstand der Güter­ver­bindung nach den Bestimmungen des früheren Rechts aufgelöst wer­den müsse.
³ Wird der Güterstand aufgelöst, weil eine vor dem Inkrafttreten des neuen Rechts erhobene Klage gutgeheissen worden ist, so richtet sich die güterrechtliche Auseinandersetzung nach dem bisherigen Recht.
⁶⁹¹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
3. Beibehaltung der Güter­verbindung
Art. 9 e ⁶⁹²
¹ Ehegatten, die unter dem ordentlichen Güterstand der Güter­verbin­dung stehen, ohne diesen Güterstand ehevertraglich ge­ändert zu haben, können bis spätestens ein Jahr nach Inkraft­treten des neuen Rechts durch Einreichung einer gemeinsamen schrift­lichen Erklärung beim Güterrechtsregisteramt an ihrem Wohnsitz vereinbaren, die Güterver­bindung beizubehalten; das Güter­rechts­registeramt führt ein Verzeich­nis der Beibehalts­erklärungen, das jedermann einsehen kann.
² Dritten kann der Güterstand nur entgegengehalten werden, wenn sie ihn kennen oder kennen sollten.
³ Für das Sondergut der Ehegatten gelten inskünftig die neuen Vor­schriften über die Gütertrennung.
⁶⁹² Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
4. Beibehaltung der gesetzlichen oder gericht­lichen Güter­trennung
Art. 9 f  ⁶⁹³
Ist von Gesetzes wegen oder auf Anordnung des Richters Gütertren­nung eingetreten, so gelten für die Ehegatten die neuen Bestimmun­gen über die Gütertrennung.
⁶⁹³ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
5. Ehevertrag
a. Im Allgemeinen
Art. 10 ⁶⁹⁴
¹ Haben die Ehegatten nach den Bestimmungen des Zivilgesetzbuches einen Ehevertrag abgeschlossen, so gilt dieser Ehevertrag weiter, und ihr gesamter Güterstand bleibt unter Vorbehalt der Bestimmungen die­ses Titels über das Sondergut, die Rechtskraft gegenüber Dritten und über die vertragliche Gütertrennung den bisherigen Bestimmun­gen unterstellt.
² Für das Sondergut der Ehegatten gelten inskünftig die neuen Vor­schriften über die Gütertrennung.
³ Vereinbarungen über die Vor- und Rückschlagsbeteiligung bei der Güterverbindung dürfen die Pflichtteilsansprüche der nicht­gemein­samen Kinder und deren Nachkommen nicht beein­träch­tigen.
⁶⁹⁴ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
b. Rechtskraft geg­enüber Dritten
Art. 10 a ⁶⁹⁵
¹ Dritten kann der Güterstand nur entgegengehalten werden, wenn sie ihn kennen oder kennen sollten.
² Hat der Ehevertrag keine Rechtskraft gegenüber Dritten, so gelten im Verhältnis zu ihnen fortan die Bestimmungen über die Errungen­schaftsbeteiligung.
⁶⁹⁵ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
c. Unterstellung unter das neue Recht
Art. 10 b ⁶⁹⁶
¹ Ehegatten, die unter Güterverbindung stehen, diesen Güterstand aber ehevertraglich geändert haben, können bis spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Rechts durch Einreichung einer gemeinsamen schriftlichen Erklärung beim Güterrechtsregisteramt an ihrem Wohn­sitz vereinbaren, ihre Rechtsverhältnisse dem neuen ordentli­chen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung zu unterstellen.
² In diesem Falle gilt die vertragliche Beteiligung am Vorschlag ins­künftig für die Gesamtsumme des Vorschlages beider Ehegatten, sofern nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart wird.
⁶⁹⁶ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
d. Vertragliche Gü­tertrennung nach bisherigem Recht
Art. 10 c ⁶⁹⁷
Haben die Ehegatten unter dem bisherigen Recht Gütertrennung ver­einbart, so gelten für sie inskünftig die neuen Bestimmungen über die Gütertrennung.
⁶⁹⁷ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
e. Im Hin­blick auf das Inkraft­treten des neuen Rechts abge­schlossene Ehe­verträge
Art. 10 d  ⁶⁹⁸
Eheverträge, die vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1984 geschlossen werden, aber erst unter dem neuen Recht ihre Wirkungen entfalten sollen, bedürfen nicht der Genehmigung der Vormundschaftsbehörde.
⁶⁹⁸ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
f. Güterrechts­register
Art. 10 e ⁶⁹⁹
¹ Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1984 werden keine neuen Eintragungen im Güterrechtsregister mehr vorgenom­men.
² Das Recht, ins Register Einsicht zu nehmen, bleibt gewahrt.
⁶⁹⁹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
6. Tilgung von Schulden bei der güterrechtlichen Auseinander­setzung
Art. 11 ⁷⁰⁰
Bereitet bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung im Zusam­men­hang mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts die Zahlung von Geld­schulden oder die Erstattung geschuldeter Sachen dem verpflich­teten Ehegatten ernstliche Schwierigkeiten, so kann er verlangen, dass ihm Zahlungsfristen eingeräumt werden; die Forderung ist sicherzu­stellen, wenn es die Umstände rechtfertigen.
⁷⁰⁰ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).
7. Schutz der Gläubiger
Art. 11 a ⁷⁰¹
Ändert sich das eheliche Güterrecht mit dem Inkrafttreten des Bun­des­gesetzes vom 5. Oktober 1984, so gelten für die Haftung die Be­stim­mungen über den Schutz der Gläubiger bei Änderung des Güter­standes.
⁷⁰¹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, in Kraft seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 153 Art. 1; BBl 1979 II 1191 ).

III. Das Kindes­verhältnis im Allgemeinen

Art. 12 ⁷⁰²
¹ Entstehung und Wirkungen des Kindesverhältnisses stehen, sobald dieses Gesetz in Kraft getreten ist, unter dem neuen Recht; der Fami­li­enname und das Bürgerrecht, die nach bisherigem Recht erworben wurden, bleiben erhalten.
² Befinden sich Kinder, die nach dem neuen Recht von Gesetzes wegen unter der elterlichen Gewalt stehen, bei seinem Inkrafttreten unter Vormundschaft, so tritt spätestens mit Ablauf eines Jahres nach die­sem Zeitpunkt an deren Stelle die elterliche Gewalt, sofern nicht nach den Bestimmungen über die Entziehung der elterlichen Gewalt das Ge­genteil angeordnet worden ist.
³ Eine unter dem bisherigen Recht durch behördliche Verfügung erfolgte Übertragung oder Entziehung der elterlichen Gewalt bleibt auch nach Inkrafttreten des neuen Rechts wirksam.
⁴ Steht bei Inkrafttreten der Änderung vom 21. Juni 2013 die elterliche Sorge nur einem Elternteil zu, so kann sich der andere Elternteil binnen Jahresfrist nach Inkrafttreten dieser Änderung mit dem Antrag auf Verfügung der gemeinsamen elterlichen Sorge an die zuständige Behörde wenden. Artikel 298 b findet sinngemäss Anwendung.⁷⁰³
⁵ Der Elternteil, dem bei einer Scheidung die elterliche Sorge entzogen wurde, kann sich nur dann allein an das zuständige Gericht wenden, wenn die Scheidung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 21. Juni 2013 weniger als fünf Jahre zurückliegt.⁷⁰⁴
⁷⁰² Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
⁷⁰³ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).
⁷⁰⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 21. Juni 2013 (Elterliche Sorge), in Kraft seit 1. Juli 2014 ( AS 2014 357 ; BBl 2011 9077 ).

IIIbis. Adoption

1. Fortdauer des bisherigen Rechts
Art. 12 a ⁷⁰⁵
¹ Die Adoption, die vor Inkrafttreten der neuen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1972 über die Änderung des Schweize­ri­schen Zivilgesetzbuches ausgesprochen worden ist, steht weiterhin unter dem am 1. Januar 1912⁷⁰⁶ in Kraft getretenen Recht; Zustim­mun­gen, die nach diesem Recht gültig erteilt worden sind, bleiben in je­dem Falle wirksam.
² Personen, die beim Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1994 noch nicht 20 Jahre alt sind, können auch nach Eintritt der Mün­digkeit noch nach den Bestimmungen über die Unmündigen ad­optiert werden, sofern das Gesuch innerhalb von zwei Jahren seit Inkraft­treten des Bundesgesetzes und vor dem 20. Geburtstag einge­reicht wird.⁷⁰⁷
⁷⁰⁵ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972, in Kraft seit 1. April 1973 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ).
⁷⁰⁶ Art. 465 ZGB in der Fassung vom 1. Jan. 1912: ¹ Das angenommene Kind und seine Nachkommen haben zum Annehmenden das gleiche Erbrecht wie die ehelichen Nachkommen. ² Der Annehmende und seine Blutsverwandten haben kein Erbrecht gegenüber dem angenommenen Kinde.
⁷⁰⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 7. Okt. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ).
2. Hängige Verfahren
Art. 12 b ⁷⁰⁸
Für Adoptionsverfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom 17. Juni 2016 hängig sind, gilt das neue Recht.
⁷⁰⁸ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
3. Unterstellung unter das neue Recht
Art. 12 c ⁷⁰⁹
Die Bestimmungen der Änderung vom 17. Juni 2016 über das Adoptionsgeheimnis, die Auskunft über die leiblichen Eltern und deren Nachkommen sowie die Möglichkeit der Vereinbarung eines persönlichen Verkehrs zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind gelten auch für Adoptionen, die vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochen oder im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens hängig sind.
⁷⁰⁹ Eingefügt durch Ziff. I 3 des BG vom 30. Juni 1972 ( AS 1972 2819 ; BBl 1971 I 1200 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).
Art. 12 c bis ⁷¹⁰
⁷¹⁰ Eingefügt durch Anhang Ziff. 2 des BG vom 22. Juni 2001 zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen ( AS 2002 3988 ; BBl 1999 5795 ). Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 17. Juni 2016 (Adoption), mit Wirkung seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 3699 ; BBl 2015 877 ).

IIIter. Anfechtung der Ehelich­erklärung

Art. 12 d ⁷¹¹
Für die Anfechtung einer unter dem bisherigen Recht erfolgten Ehe­licherklärung gelten sinngemäss die Bestimmungen des neuen Rechts über die Anfechtung einer Anerkennung nach der Heirat der Eltern.
⁷¹¹ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

IV. Vaterschafts­klage

1. Hängige Klagen
Art. 13 ⁷¹²
¹ Eine beim Inkrafttreten des neuen Rechts hängige Klage wird nach dem neuen Recht beurteilt.
² Die Wirkungen bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts bestimmen sich nach dem bisherigen Recht.
⁷¹² Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).
2. Neue Klagen
Art. 13 a ⁷¹³
¹ Ist vor Inkrafttreten des neuen Rechts durch gerichtliche Entschei­dung oder durch Vertrag eine Verpflichtung des Vaters zu Vermö­gensleistungen begründet worden und hat das Kind beim Inkrafttreten des neuen Rechts das zehnte Altersjahr noch nicht vollendet, so kann es binnen zwei Jahren nach den Bestimmungen des neuen Rechts auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen.
² Beweist der Beklagte, dass seine Vaterschaft ausgeschlossen oder weniger wahrscheinlich ist als diejenige eines Dritten, so erlischt der Anspruch auf künftigen Unterhalt.
⁷¹³ Eingefügt durch Ziff. I 1 des BG vom 25. Juni 1976, in Kraft seit 1. Jan. 1978 ( AS 1977 237 ; BBl 1974 II 1 ).

IVbis. Frist für die Feststellung und die Anfech­tung des Kin­des­ver­hältnisses

Art. 13 b ⁷¹⁴
Wer durch das Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1994 mündig wird, kann in jedem Fall noch während eines Jahres eine Klage auf Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses ein­reichen.
⁷¹⁴ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 7. Okt. 1994, in Kraft seit 1. Jan. 1996 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ).

IVter. Unterhalts­beiträge

1. Bestehende Unterhaltstitel
Art. 13 c ⁷¹⁵
Unterhaltsbeiträge an das Kind, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 20. März 2015 in einem genehmigten Unterhaltsvertrag oder in einem Entscheid festgelegt worden sind, werden auf Gesuch des Kindes neu festgelegt. Sofern sie gleichzeitig mit Unterhalts­beiträgen an den Elternteil festgelegt worden sind, ist ihre Anpassung nur bei einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse zulässig.
⁷¹⁵ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 7. Okt. 1994 ( AS 1995 1126 ; BBl 1993 I 1169 ). Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).
2. Rechtshängige Verfahren
Art. 13 c bis ⁷¹⁶
¹ Auf Verfahren, die beim Inkrafttreten der Änderung vom 20. März 2015 rechtshängig sind, findet das neue Recht Anwendung.
² Das Bundesgericht entscheidet nach bisherigem Recht, wenn der angefochtene Entscheid vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 20. März 2015 ergangen ist; dies gilt auch bei einer allfälligen Rück­weisung an die kantonale Instanz.
⁷¹⁶ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 20. März 2015 (Kindesunterhalt), in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2015 4299 ; BBl 2014 529 ).

IVquater. Name des Kindes

Art. 13 d ⁷¹⁷
¹ Führen die Eltern nach Inkrafttreten der Änderung vom 30. September 2011 dieses Gesetzes aufgrund einer Erklärung nach Artikel 8 a dieses Titels keinen gemeinsamen Familiennamen mehr, so können sie binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts erklären, dass das Kind den Ledignamen des Elternteils erhält, der diese Erklärung abgegeben hat.
² Wurde die elterliche Sorge über ein Kind nicht miteinander verheirateter Eltern beiden Eltern oder dem Vater allein vor Inkrafttreten der Änderung vom 30. September 2011 dieses Gesetzes übertragen, so kann die in Artikel 270 a Absätze 2 und 3 vorgesehene Erklärung binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts abgegeben werden.
³ Die Zustimmung des Kindes ist gestützt auf Artikel 270 b vorbe­halten.
⁷¹⁷ Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 30. Sept. 2011 (Name und Bürgerrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2012 2569 ; BBl 2009 7573 7581 ).

V. Erwachsenenschutz

1. Bestehende Massnahmen
Art. 14 ⁷¹⁸
¹ Für den Erwachsenenschutz gilt das neue Recht, sobald die Änderung vom 19. Dezember 2008⁷¹⁹ in Kraft getreten ist.
² Personen, die nach bisherigem Recht entmündigt worden sind, stehen mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts unter umfassender Beistandschaft. Die Erwachsenenschutzbehörde nimmt von Amtes wegen so bald wie möglich die erforderlichen Anpassungen an das neue Recht vor. So lange die Behörde im Fall erstreckter elterlicher Sorge nicht anders entschieden hat, sind die Eltern von der Inventarpflicht, der Pflicht zur periodischen Berichterstattung und Rechnungsablage und der Pflicht, für bestimmte Geschäfte die Zustimmung einzuholen, befreit.
³ Die übrigen nach bisherigem Recht angeordneten Massnahmen fallen spätestens drei Jahre nach dem Inkrafttreten der Änderung vom 19. Dezember 2008 dahin, sofern die Erwachsenenschutzbehörde sie nicht in eine Massnahme des neuen Rechts überführt hat.
⁴ Hat ein Arzt gestützt auf Artikel 397 b Absatz 2 in der Fassung vom 1. Januar 1981⁷²⁰ für eine psychisch kranke Person eine unbefristete fürsorgerische Freiheitsentziehung angeordnet, so bleibt diese Massnahme bestehen. Die Einrichtung teilt der Erwachsenenschutzbehörde spätestens sechs Monate nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts mit, ob sie die Voraussetzungen der Unterbringung weiterhin für erfüllt erachtet. Die Erwachsenenschutzbehörde nimmt nach den Bestimmungen über die periodische Überprüfung die erforderlichen Abklärungen vor und bestätigt gegebenenfalls den Unterbringungsentscheid.
⁷¹⁸ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁷¹⁹ AS 2011 725
⁷²⁰ AS 1980 31
2. Hängige Verfahren
Art. 14 a ⁷²¹
¹ Hängige Verfahren werden mit dem Inkrafttreten der Änderung vom 19. Dezember 2008⁷²² von der neu zuständigen Behörde weitergeführt.
² Das neue Verfahrensrecht findet Anwendung.
³ Die Behörde entscheidet darüber, ob und wieweit das bisherige Verfahren ergänzt werden muss.
⁷²¹ Eingefügt durch Ziff. II des BG vom 6. Okt. 1978 ( AS 1980 31 ; BBl 1977 III 1 ). Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁷²² AS 2011 725

D. Erbrecht

I. Erbe und Erbgang

Art. 15
¹ Die erbrechtlichen Verhältnisse und die mit ihnen nach kantonalem Recht untrennbar verknüpften güterrechtlichen Wirkungen des Todes eines Vaters, einer Mutter oder eines Ehegatten werden, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gestorben ist, auch nach diesem Zeitpunkt durch das bisherige Recht bestimmt.
² Diese Vorschrift bezieht sich sowohl auf die Erben als auf den Erb­gang.

II. Verfügungen von Todes wegen

Art. 16
¹ Eine vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erfolgte Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen kann, wenn sie nach dem Recht, das zur Zeit ihrer Errichtung gegolten hat, von einem ver­fügungsfähigen Erblasser errichtet worden ist, nicht deshalb ange­foch­ten werden, weil der Erblasser nach dem Inkrafttreten des neuen Rechtes gestorben ist und nach dessen Bestimmungen nicht verfü­gungsfähig gewesen wäre.
² Eine letztwillige Verfügung kann wegen eines Formmangels nicht angefochten werden, wenn die Formvorschriften beobachtet sind, die zur Zeit der Errichtung oder des Todes gegolten haben.
³ Die Anfechtung wegen Überschreitung der Verfügungsfreiheit oder wegen der Art der Verfügung richtet sich bei allen Verfügungen von Todes wegen nach den Bestimmungen des neuen Rechtes, wenn der Erblasser nach dessen Inkrafttreten gestorben ist.

E. Sachenrecht

I. Dingliche Rechte im Allgemeinen

Art. 17
¹ Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden dinglichen Rechte bleiben unter Vorbehalt der Vorschriften über das Grundbuch auch unter dem neuen Recht anerkannt.
² In Bezug auf ihren Inhalt stehen jedoch das Eigentum und die beschränkten dinglichen Rechte nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, soweit es eine Ausnahme nicht vorsieht, unter dem neuen Recht.
³ Wäre ihre Errichtung nach dem neuen Rechte nicht mehr möglich, so bleiben sie unter dem bisherigen Recht.

II. Anspruch auf Eintragung im Grundbuch

Art. 18
¹ Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begründeten Ansprüche auf Errichtung eines dinglichen Rechtes werden als rechtskräftig an­er­kannt, wenn sie der Form des bisherigen oder des neuen Rechtes ent­sprechen.
² Die Verordnung betreffend Grundbuchführung bestimmt, welche Ausweise für die Eintragung solcher Ansprüche erforderlich sind.
³ Der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch Rechtsgeschäft fest­ge­setzte Inhalt eines dinglichen Verhältnisses bleibt auch unter dem neuen Recht anerkannt, soweit er nicht mit diesem unverträglich ist.

III. Ersitzung

Art. 19
¹ Die Ersitzung richtet sich von dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an nach dem neuen Recht.
² Hat jedoch eine Ersitzung, die auch dem neuen Recht entspricht, unter dem bisherigen Recht begonnen, so wird die bis zum Inkrafttre­ten dieses Gesetzes abgelaufene Zeit an die Ersitzungsfrist verhält­nis­mässig angerechnet.

IV. Besondere Ei­gentumsrech­te

1. Bäume auf fremdem Boden
Art. 20 ⁷²³
¹ Die bestehenden Eigentumsrechte an Bäumen auf fremdem Boden werden auch weiterhin nach kantonalem Recht anerkannt.
² Die Kantone sind befugt, diese Verhältnisse zu beschränken oder aufzuheben.
⁷²³ Fassung gemäss Ziff. IV des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
2. Stockwerk­eigen­tum
a. Ursprüng­liches
Art. 20 bis ⁷²⁴
Das vom früheren kantonalen Recht beherrschte Stockwerkeigentum ist den neuen Vorschriften dieses Gesetzes unterstellt, auch wenn die Stockwerke oder Stockwerkteile nicht als Wohnungen oder Ge­schäfts­raumeinheiten in sich abgeschlossen sind.
⁷²⁴ Eingefügt durch Ziff. IV des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
b. Umgewandeltes
Art. 20 ter ⁷²⁵
¹ Die Kantone können auch Stockwerkeigentum, das in Formen des am 1. Januar 1912 in Kraft getretenen Rechtes in das Grundbuch ein­getragen worden ist, den neuen Vorschriften über das Stockwerkei­gentum unterstellen.
² Die Unterstellung wird wirksam mit der entsprechenden Änderung der Einträge im Grundbuch.
⁷²⁵ Eingefügt durch Ziff. IV des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
c. Bereinigung der Grundbücher
Art. 20 quater ⁷²⁶
Die Kantone können zur Durchführung der Unterstellung des umge­wandelten Stockwerkeigentums unter die neuen Vorschriften und zur Eintragung des bestehenden eigentlichen Stockwerkeigentums die Bereinigung der Grundbücher anordnen und dafür besondere Verfah­rensvorschriften erlassen.
⁷²⁶ Eingefügt durch Ziff. IV des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).

V. Grund­dienst­barkeiten

Art. 21
¹ Die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entstandenen Grunddienst­barkeiten bleiben nach der Einführung des Grundbuches auch ohne Eintragung in Kraft, können aber, solange sie nicht eingetragen sind, gutgläubigen Dritten gegenüber nicht geltend gemacht werden.
² Mit Dienstbarkeiten nebensächlich verbundene Verpflichtungen, die vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 11. Dezember 2009⁷²⁷ begründet wurden und sich nur aus den Grundbuchbelegen ergeben, können Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, weiterhin entgegengehalten werden.⁷²⁸
⁷²⁷ AS 2011 4637
⁷²⁸ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).

VI. Grundpfand­rechte

1. Anerkennung der beste­henden Pfandtitel
Art. 22
¹ Die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Pfand­titel bleiben in Kraft, ohne dass deren Anpassung an das neue Recht zu erfolgen hat.
² Den Kantonen bleibt es jedoch vorbehalten, eine Neuausfertigung der bestehenden Pfandtitel auf der Grundlage des neuen Rechtes mit bestimmten Fristen vorzuschreiben.
2. Errichtung von Pfand­rechten
Art. 23
¹ Neue Grundpfandrechte können nach dem Inkrafttreten dieses Ge­set­zes nur noch in den von diesem anerkannten Arten errichtet wer­den.
² Für deren Errichtung bleiben bis zur Einführung des Grundbuches die bisherigen kantonal-rechtlichen Formen in Kraft.
3. Tilgung von Titeln
Art. 24
¹ Die Tilgung und Umänderung der Titel, die Pfandentlassung u. dgl. stehen nach dem Inkrafttreten des neuen Rechtes unter dessen Vor­schriften.
² Bis zur Einführung des Grundbuches bestimmen sich jedoch die Formen nach kantonalem Recht.
4. Umfang der Pfandhaft
Art. 25
¹ Der Umfang der Pfandhaft bestimmt sich für alle Grundpfandrechte nach dem neuen Recht.
² Hat jedoch der Gläubiger vermöge besonderer Abrede gewisse Gegenstände in rechtsgültiger Weise mit dem Grundstück verpfändet er­halten, so bleibt das Pfandrecht an diesen in Kraft, auch wenn sie nach dem neuen Recht nicht mitverpfändet sein würden.
5. Rechte und Pflichten aus dem Grundpfand
a. Im Allgemeinen
Art. 26
¹ Die Rechte und Pflichten des Gläubigers und des Schuldners beur­tei­len sich, soweit es sich um Vertragswirkungen handelt, für die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes vorhandenen Pfandrechte nach dem bisherigen Recht.
² In Bezug auf die von Gesetzes wegen eintretenden und vertraglich nicht abzuändernden Wirkungen gilt von diesem Zeitpunkte an auch für die schon bestehenden Pfandrechte das neue Recht.
³ Erstreckt sich das Pfandrecht auf mehrere Grundstücke, so bleibt die Pfandhaft nach bisherigem Recht bestehen.
b. Sicherungs­rechte
Art. 27
Die Rechte des Pfandgläubigers während des bestehenden Verhältnis­ses, wie namentlich die Sicherungsrechte und ebenso die Rechte des Schuldners stehen für alle Pfandrechte vom Zeitpunkte des Inkrafttre­tens dieses Gesetzes an unter dem neuen Recht.
c. Kündigung, Übertragung
Art. 28
Die Kündbarkeit der Pfandforderungen und die Übertragung der Pfandtitel werden bei den Pfandrechten, die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits errichtet sind, nach dem bisherigen Recht beurteilt, unter Vorbehalt der zwingenden Vorschriften des neuen Rech­tes.
6. Rang
Art. 29
¹ Der Rang der Pfandrechte bestimmt sich bis zur Aufnahme der Grundstücke in das Grundbuch nach bisherigem Recht.
² Vom Zeitpunkte der Einführung des Grundbuches an richtet sich der Rang der Gläubiger nach dem Grundbuchrechte dieses Gesetzes.
7. Pfandstelle
Art. 30
¹ In Bezug auf die feste Pfandstelle oder ein Recht des Gläubigers auf Ein- oder Nachrücken gilt mit der Einführung des Grundbuches und jedenfalls nach Ablauf von fünf Jahren seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes das neue Recht, unter Vorbehalt der für den Gläubiger be­ste­henden besondern Ansprüche.
² Die Kantone können weitere Übergangsbestimmungen auf­stellen.⁷²⁹
⁷²⁹ Fassung gemäss Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund, in Kraft seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).
8. ...
Art. 31 und 32 ⁷³⁰
⁷³⁰ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), mit Wirkung seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
9. Gleichstellung bisheriger Pfandarten mit sol­chen des neuen Rechtes
Art. 33
¹ Die kantonalen Einführungsgesetze können feststellen, dass im Allgemeinen oder in bestimmter Beziehung eine Grundpfandart des bis­herigen Rechtes einer solchen des neuen Rechtes gleichzuhalten sei.
² Soweit dies geschieht, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes mit dessen Inkrafttreten auch Anwendung auf solche kantonale Pfand­rechte.
³ ...⁷³¹
⁷³¹ Aufgehoben durch Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kanton­aler Erlasse durch den Bund, mit Wirkung seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).
10. Fortdauer des bisherigen Rechts für bisherige Pfandarten
Art. 33 a ⁷³²
¹ Gülten sowie in Serien ausgegebene Schuldbriefe bleiben im Grundbuch eingetragen.
² Sie unterstehen weiterhin den Bestimmungen des bisherigen Rechts.
³ Das kantonale Recht kann die Umwandlung von Gülten, die gestützt auf Bundesrecht oder früheres Recht errichtet wurden, in Pfandarten nach geltendem Recht vorsehen. Die Umwandlung kann für gering­fügige Beträge auch die Einführung einer persönlichen Haftung des Eigentümers des verpfändeten Grundstücks beinhalten.
⁷³² Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
11. Umwandlung der Art des Schuldbriefs
Art. 33 b ⁷³³
Der Grundeigentümer und die am Schuldbrief Berechtigten können gemeinsam schriftlich verlangen, dass ein vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 11. Dezember 2009⁷³⁴ eingetragener Papier-Schuld­brief in einen Register-Schuldbrief umgewandelt wird.
⁷³³ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁷³⁴ AS 2011 4637

VII. Fahrnis­pfand­rechte

1. Form­vor­schriften
Art. 34
¹ Fahrnispfandrechte können vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes an nur in den von diesem vorgesehenen Formen errichtet werden.
² Soweit vor diesem Zeitpunkt ein Fahrnispfand in anderer Form errichtet worden ist, erlischt es mit Ablauf von sechs Monaten, die bei Fälligkeit der Forderung mit dem Inkrafttreten des neuen Rechtes und bei späterer Fälligkeit mit deren Eintritt oder mit dem Zeitpunkte zu laufen beginnen, auf den die Kündigung zulässig ist.
2. Wirkung
Art. 35
¹ Die Wirkungen des Fahrnispfandrechtes, die Rechte und Pflich­ten des Pfandgläubigers, des Verpfänders und des Pfand­schuld­ners rich­ten sich vom Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Ge­setzes an nach dem neuen Recht, auch wenn das Pfandrecht schon vorher entstanden ist.
² Ein vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossener Verfallsver­trag verliert mit diesem Zeitpunkte seine Gültigkeit.

VIII. Reten­tions­recht

Art. 36
¹ Das Retentionsrecht dieses Gesetzes erstreckt sich auch auf solche Sachen, die vor dessen Inkrafttreten in die Verfügungsgewalt des Gläubigers gekommen sind.
² Es steht dem Gläubiger auch für solche Forderungen zu, die vor die­sem Zeitpunkt entstanden sind.
³ Früher entstandene Retentionsrechte unterliegen bezüglich ihrer Wirksamkeit den Bestimmungen dieses Gesetzes.

IX. Besitz

Art. 37
Der Besitz steht mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes unter dem neuen Recht.

X. Grundbuch

1. Anlegung des Grundbuches
Art. 38
¹ Der Bundesrat legt nach Anhörung der Kantone die Einführungs­planung für das Grundbuch fest. Er kann diese Zuständigkeit an das zuständige Departement oder Amt übertragen.⁷³⁵
² ...⁷³⁶
⁷³⁵ Fassung gemäss Anhang Ziff. II des BG vom 5. Okt. 2007 über Geoinformation, in Kraft seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 ).
⁷³⁶ Aufgehoben durch Anhang Ziff. II des BG vom 5. Okt. 2007 über Geoinformation, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 ).
2. Amtliche Vermessung
a. ...
Art. 39 ⁷³⁷
...
⁷³⁷ Aufgehoben durch Anhang Ziff. II des BG vom 5. Okt. 2007 über Geoinformation, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 )
b. Verhältnis zum Grundbuch
Art. 40
¹ In der Regel soll die Vermessung der Anlegung des Grundbuches vorangehen.
² Mit Einwilligung des Bundes kann jedoch das Grundbuch schon vorher angelegt werden, wenn genügende Liegenschaftsverzeichnisse vorhanden sind.
c. Zeit der Durch­führung
Art. 41
¹ ...⁷³⁸
² Die Vermessung und die Einführung des Grundbuches kann für die einzelnen Bezirke eines Kantons nacheinander erfolgen.
⁷³⁸ Aufgehoben durch Anhang Ziff. II des BG vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 ).
Art. 42 ⁷³⁹
⁷³⁹ Aufgehoben durch Anhang Ziff. II des BG vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation, mit Wirkung seit 1. Juli 2008 ( AS 2008 2793 ; BBl 2006 7817 ).
3. Eintragung der dinglichen Rechte
a. Verfahren
Art. 43
¹ Bei der Einführung des Grundbuches sollen die dinglichen Rechte, die bereits bestehen, zur Eintragung gebracht werden.
² Zu diesem Zwecke ist eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung und Eintragung dieser Rechte zu erlassen.
³ Die nach bisherigem Recht in öffentlichen Büchern eingetragenen dinglichen Rechte werden, soweit sie nach neuem Recht begründet werden können, von Amtes wegen in das Grundbuch eingetragen.
b. Folge der Nichteintragung
Art. 44
¹ Die dinglichen Rechte des bisherigen Rechtes, die nicht eingetragen werden, behalten zwar ihre Gültigkeit, können aber Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, nicht entgegengehal­ten werden.
² Der Gesetzgebung des Bundes oder der Kantone bleibt es vorbehal­ten, alle im Grundbuche nicht eingetragenen dinglichen Rechte auf einen bestimmten Zeitpunkt nach vorausgehender Auskündung für auf­gehoben zu erklären.
³ Vor dem Inkrafttreten der Änderung vom 11. Dezember 2009⁷⁴⁰ entstandene, nicht eingetragene öffentlich-rechtliche Grundlasten und gesetzliche Pfandrechte des kantonalen Rechts können Dritten, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen, noch während zehn Jahren nach dem Inkrafttreten entgegengehalten werden.⁷⁴¹
⁷⁴⁰ AS 2011 4637
⁷⁴¹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
4. Behandlung aufgehobener Rechte
Art. 45 ⁷⁴²
¹ Dingliche Rechte, die nach dem Grundbuchrecht nicht mehr begrün­det werden können, wie Eigentum an Bäumen auf fremdem Boden, Nutzungspfandrechte u. dgl. werden im Grundbuch nicht eingetragen, sind aber in zweckdienlicher Weise anzumerken.
² Sind sie aus irgendwelchem Grunde untergegangen, so können sie nicht neu begründet werden.
⁷⁴² Fassung gemäss Ziff. IV des BG vom 19. Dez. 1963, in Kraft seit 1. Jan. 1965 ( AS 1964 993 ; BBl 1962 II 1461 ).
5. Verschiebung der Ein­führung des Grundbuches
Art. 46
¹ Die Einführung des Grundbuches nach den Vorschriften dieses Gesetzes kann mit Ermächtigung des Bundesrates durch die Kantone ver­schoben werden, sobald die kantonalen Formvorschriften, mit oder ohne Ergänzungen, als genügend erscheinen, um die Wirkung des Grundbuches im Sinne des neuen Rechtes zu gewährleisten.
² Dabei ist genau festzustellen, mit welchen Formen des kantonalen Rechtes die vom neuen Recht angeordneten Wirkungen verbunden sein sollen.
6. Einführung des Sachen­rechtes vor dem Grundbuch
Art. 47
Das Sachenrecht dieses Gesetzes tritt im Allgemeinen in Kraft, auch ohne dass die Grundbücher angelegt worden sind.
7. Wirkung kan­to­naler Formen
Art. 48
¹ Die Kantone können mit dem Inkrafttreten des Sachenrechtes und vor der Einführung des Grundbuches die Formen, wie Fertigung, Ein­tragung in Grund-, Pfand- und Servitutenregister bezeichnen, de­nen sofort Grundbuchwirkung zukommen soll.
² Diese Formen können mit der Wirkung ausgestattet werden, dass auch ohne und vor Einführung des Grundbuches in Bezug auf Entste­hung, Übertragung, Umänderung und Untergang der dinglichen Rechte die Grundbuchwirkung mit ihnen verbunden ist.
³ Dagegen besteht, solange nicht das Grundbuch selbst eingeführt oder eine andere Einrichtung ihm gleichgestellt ist, eine Grundbuch­wir­kung zugunsten des gutgläubigen Dritten nicht.

F. Verjährung

Art. 49 ⁷⁴³
¹ Bestimmt das neue Recht eine längere Frist als das bisherige Recht, so gilt das neue Recht, sofern die Verjährung nach bisherigem Recht noch nicht eingetreten ist.
² Bestimmt das neue Recht eine kürzere Frist, so gilt das bisherige Recht.
³ Das Inkrafttreten des neuen Rechts lässt den Beginn einer laufenden Verjährung unberührt, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt.
⁴ Im Übrigen gilt das neue Recht für die Verjährung ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens.
⁷⁴³ Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 15. Juni 2018 (Revision des Verjährungsrechts), in Kraft seit 1. Jan. 2020 ( AS 2018 5343 ; BBl 2014 235 ).

G. Vertrags­formen

Art. 50
Verträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind, behalten ihre Gültigkeit, auch wenn ihre Form den Vorschriften des neuen Rechtes nicht entspricht.

Zweiter Abschnitt: Einführungs- und Übergangsbestim­mungen

A. Aufhebung des kantonalen Zivilrechtes

Art. 51
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die zivilrechtlichen Bestimmungen der Kantone aufgehoben, soweit nicht bundesrechtlich etwas anderes vorgesehen ist.

B. Ergänzende kantonale An­ord­nungen

I. Recht und Pflicht der Kantone

Art. 52
¹ Die Kantone treffen die zur Ergänzung dieses Gesetzes vorgesehe­nen Anordnungen, wie namentlich in Bezug auf die Zuständigkeit der Behörden und die Einrichtung der Zivilstands‑, Vormundschafts-⁷⁴⁴ und Grundbuchämter.
² Soweit das neue Recht zu seiner Ausführung notwendig der Ergän­zung durch kantonale Anordnungen bedarf, sind die Kantone ver­pflichtet, solche aufzustellen, und können sie vorläufig auf dem Verordnungswege erlassen.⁷⁴⁵
³ Die kantonalen Anordnungen zum Registerrecht bedürfen der Genehmigung des Bundes.⁷⁴⁶
⁴ Die übrigen kantonalen Anordnungen sind dem Bundesamt für Justiz zur Kenntnis zu bringen.⁷⁴⁷
⁷⁴⁴ Heute: Erwachsenenschutzbehörden (siehe Art. 440).
⁷⁴⁵ Fassung gemäss Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez. 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund, in Kraft seit 1. Febr. 1991 ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ).
⁷⁴⁶ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).
⁷⁴⁷ Eingefügt durch Ziff. II 21 des BG vom 15. Dez 1989 über die Genehmigung kantonaler Erlasse durch den Bund ( AS 1991 362 ; BBl 1988 II 1333 ). Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 19. Dez. 2008 (Erwachsenenschutz, Per­sonenrecht und Kindesrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2013 ( AS 2011 725 ; BBl 2006 7001 ).

II. Ersatz­verordnungen des Bundes

Art. 53
¹ Hat ein Kanton die notwendigen Anordnungen nicht rechtzeitig getroffen, so erlässt der Bundesrat vorläufig die erforderlichen Verord­nungen an Stelle des Kantons unter Anzeige an die Bundesversamm­lung.
² Macht ein Kanton in einer Sache, die einer ergänzenden Verordnung nicht notwendig bedarf, von seiner Befugnis keinen Gebrauch, so ver­bleibt es bei den Vorschriften dieses Gesetzes.

C. Bezeichnung der zu­ständigen Behör­den

Art. 54
¹ Wo dieses Gesetz von einer zuständigen Behörde spricht, bestimmen die Kantone, welche bereits vorhandene oder erst zu schaffende Behörde zuständig sein soll.
² Wo das Gesetz nicht ausdrücklich entweder vom Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde spricht, können die Kantone entweder eine gerichtliche oder eine Verwaltungsbehörde als zuständig bezeichnen.
³ Soweit nicht die Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008⁷⁴⁸ anwendbar ist, regeln die Kantone das Verfahren.⁷⁴⁹
⁷⁴⁸ SR 272
⁷⁴⁹ Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. II 3 der Zivilprozessordnung vom 19. Dez. 2008, in Kraft seit 1. Jan. 2011 ( AS 2010 1739 ; BBl 2006 7221 ).

D. Öffentliche Beurkundung

I. Im Allgemeinen ⁷⁵⁰

⁷⁵⁰ Fassung gemäss Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
Art. 55
¹ Die Kantone bestimmen, in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung hergestellt wird.
² Sie haben für die Errichtung von öffentlichen Urkunden in fremder Sprache ordnende Bestimmungen aufzustellen.

II. Elektronische Ausfertigungen und Beglaubigungen

Art. 55 a ⁷⁵¹
¹ Die Kantone können die Urkundspersonen ermächtigen, elektronische Ausfertigungen der von ihnen errichteten öffentlichen Urkunden zu erstellen.
² Sie können die Urkundspersonen auch ermächtigen, die Übereinstimmung der von ihnen erstellten elektronischen Kopien mit den Originaldokumenten auf Papier sowie die Echtheit von Unterschriften elektronisch zu beglaubigen.
³ Die Urkundsperson muss eine qualifizierte elektronische Signatur verwenden, die auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. März 2016⁷⁵² über die elektronische Signatur beruht.⁷⁵³
⁴ Der Bundesrat erlässt Ausführungsbestimmungen, welche die Inter­operabilität der Informatiksysteme sowie die Integrität, Authentizität und Sicherheit der Daten gewährleisten.
⁷⁵¹ Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 11. Dez. 2009 (Register-Schuldbrief und weitere Änderungen im Sachenrecht), in Kraft seit 1. Jan. 2012 ( AS 2011 4637 ; BBl 2007 5283 ).
⁷⁵² SR 943.03
⁷⁵³ Fassung gemäss Anhang Ziff. II 3 des BG vom 18. März 2016 über die elektronische Signatur, in Kraft seit 1. Jan. 2017 ( AS 2016 4651 ; BBl 2014 1001 ).

E. Wasserrechts­verleihungen

Art. 56 ⁷⁵⁴
Bis zum Erlass einer bundesrechtlichen Ordnung gilt für die Wasser­rechtsverleihungen folgende Bestimmung:
Die Wasserrechtsverleihungen an öffentlichen Gewässern können, sobald sie auf wenigstens 30 Jahre oder auf unbestimmte Zeit ausge­stellt und nicht als Dienstbarkeit mit einem herrschenden Grundstück ver­bunden sind, als selbständige und dauernde Rechte in das Grund­buch aufgenommen werden.
⁷⁵⁴ Siehe heute Art. 59 des BG vom 22. Dez. 1916 über die Nutzbarmachung der Wasser­kräfte ( SR 721.80 ).

F.–H. ...

Art. 57 ⁷⁵⁵
⁷⁵⁵ Aufgehoben durch Art. 53 Abs. 1 Bst. b des BG vom 8. Nov. 1934 über die Banken und Sparkassen, mit Wirkung seit 1. März 1935 ( AS 51 117 ; BS 10 337; BBl 1934 I 171 ).

J. Schuld­betreibung und Konkurs

Art. 58 ⁷⁵⁶
Das Bundesgesetz vom 11. April 1889⁷⁵⁷ über Schuldbetreibung und Konkurs wird mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeändert wie folgt:
...⁷⁵⁸
⁷⁵⁶ Neue Nummerierung der letzten vier Artikel als Folge der Aufhebung der ursprünglichen Art. 58 und 59 , gemäss Ziff. I der UeB OR, in Kraft seit 1. Jan. 1912 ( AS 27 317 ; BS 2 199; BBl 1905 II 1 , 1909 III 725 , 1911 I 845 ).
⁷⁵⁷ SR 281.1
⁷⁵⁸ Text siehe im genannten BG. Für die Fassung der Art. 132bis, 141 Abs. 3 und 258 Abs. 4 siehe AS 24 233 SchlT Art. 60.

K. Anwendung schweizerischen und fremden Rech­tes

Art. 59 ⁷⁵⁹
¹ Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1891⁷⁶⁰ betreffend die zivilrecht­lichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter bleibt für die Rechtsverhältnisse der Schweizer im Auslande und der Ausländer in der Schweiz, und soweit kantonal verschiedenes Recht zur Anwen­dung kommt, in Kraft.
² ...⁷⁶¹
³ Das Bundesgesetz vom 25. Juni 1891 erhält folgende Einfügung: Art. 7 a –7 i
...
⁷⁵⁹ Neue Nummerierung der letzten vier Artikel als Folge der Aufhebung der ursprünglichen Art. 58 und 59 , gemäss Ziff. I der UeB OR, in Kraft seit 1. Jan. 1912 ( AS 27 317 ; BS 2 199; BBl 1905 II 1 , 1909 III 725 , 1911 I 845 ).
⁷⁶⁰ [BS 2 737; AS 1972 2819 II 1 , 1977 237 II 1 , 1986 122 II 1 . AS 1988 1776 Anhang Ziff. I Bst. a]. Siehe heute das IPRG vom 18. Dez. 1987 ( SR 291 ).
⁷⁶¹ Aufgehoben durch Ziff. I 2 des BG vom 5. Okt. 1984, mit Wirkung seit 1. Jan. 1988 ( AS 1986 122 ; BBl 1979 II 1191 ).

L. Aufhebung von Bundes­zivil­recht

Art. 60 ⁷⁶²
¹ Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind die damit im Wider­spruch stehenden zivilrechtlichen Bestimmungen des Bundes aufge­hoben.
² Insbesondere sind aufgehoben: das Bundesgesetz vom 24. Dezember 1874⁷⁶³ betreffend Feststellung und Beurkundung des Zivilstandes und die Ehe; das Bundesgesetz vom 22. Juni 1881⁷⁶⁴ betreffend die persönliche Handlungsfähigkeit; das Bundesgesetz vom 14. Juni 1881⁷⁶⁵ über das Obligationenrecht.
³ In Geltung bleiben die Spezialgesetze betreffend das Eisenbahn-, Dampfschiff-, Post-, Telegraphen- und Telefonrecht, die Verpfän­dung und Zwangsliquidation der Eisenbahnen, diejenigen betreffend die Fabrikarbeit und die Haftbarkeit aus Fabrikbetrieb und aus andern Unternehmungen sowie alle Bundesgesetze über Gegenstände des Obligationenrechts, die neben dem Bundesgesetz vom 14. Juni 1881 über das Obligationenrecht erlassen worden sind.
⁷⁶² Fassung gemäss Ziff. I der UeB OR, in Kraft seit 1. Jan. 1912 ( AS 27 317 ; BS 2 199; BBl 1905 II 1 , 1909 III 725 , 1911 I 845 ).
⁷⁶³ [ AS 1 506 ]
⁷⁶⁴ [ AS 5 556 ]
⁷⁶⁵ [ AS 5 635 , 11 490 ; BS 2 784 Art. 103 Abs. 1]

M. Schluss­bestimmung

Art. 61 ⁷⁶⁶
¹ Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1912 in Kraft.
² Der Bundesrat ist unter Zustimmung der Bundesversammlung befugt, einzelne Bestimmungen schon früher in Kraft zu setzen.
⁷⁶⁶ Neue Nummerierung der letzten vier Artikel als Folge der Aufhebung der ursprünglichen Art. 58 und 59 , gemäss Ziff. I der UeB OR, in Kraft seit 1. Jan. 1912 ( AS 27 317 ; BS 2 199; BBl 1905 II 1 , 1909 III 725 , 1911 I 845 ).

Wortlaut der früheren Bestimmungen ⁷⁶⁷ des sechsten Titels

⁷⁶⁷ BS 2 3. Diese Bestimmungen sind als Übergangsrecht insofern noch anwendbar, als es die Art. 9a ff. SchlT (Revision des Eherechtes vom 5. Okt. 1984) vorsehen.

Sechster Titel: Das Güterrecht der Ehegatten

Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften

A. Ordentlicher Güterstand

Art. 178
Die Ehegatten stehen unter den Vorschriften der Güterverbindung, insofern sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbaren oder unter ihnen der ausserordentliche Güterstand eingetreten ist.

B. Güterstand des Ehevertrages

I. Inhalt des Vertrages
Art. 179
¹ Ein Ehevertrag kann sowohl vor als nach Eingehung der Ehe abge­schlossen werden.
² Die Brautleute oder Ehegatten haben für ihren Vertrag einen der Güterstände anzunehmen, die in diesem Gesetze vorgesehen sind.
³ Ein nach Eingehung der Ehe abgeschlossener Ehevertrag darf die bisherige Haftung des Vermögens gegenüber Dritten nicht beein­träch­tigen.
II. Vertrags­fähigkeit
Art. 180
¹ Für Abschluss, Abänderung und Aufhebung eines Ehevertrages bedürfen die Vertragschliessenden der Urteilsfähigkeit.
² Sind sie unmündig oder entmündigt, so ist die Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter erforderlich.
III. Form des Vertrages
Art. 181
¹ Abschluss, Abänderung und Aufhebung des Ehevertrages bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung sowie der Unter­schrift der vertragschliessenden Personen und ihrer gesetzlichen Ver­treter.
² Eheverträge, die während der Ehe abgeschlossen werden, bedürfen überdies der Zustimmung der Vormundschaftsbehörde.
³ Der Ehevertrag erhält Rechtskraft gegenüber Dritten nach den Vor­schriften über das Güterrechtsregister.

C. Ausser­ordentli­cher Güterstand

I. Gesetzliche Gütertrennung
Art. 182
¹ Kommen die Gläubiger im Konkurse eines Ehegatten zu Verlust, so tritt von Gesetzes wegen Gütertrennung ein.
² Sind zur Zeit der Eheschliessung Gläubiger vorhanden, die Verlust­scheine besitzen, so kann jedes der Brautleute die Gütertrennung dadurch begründen, dass es diesen Güterstand vor der Trauung in das Güterrechtsregister eintragen lässt.
II. Gerichtliche Gütertrennung
1. Auf Begehren der Ehefrau
Art. 183
Der Richter hat auf Begehren der Ehefrau die Gütertrennung anzu­ordnen:
1. wenn der Ehemann für den Unterhalt von Weib und Kind nicht pflichtgemäss Sorge trägt;
2. wenn er die für das eingebrachte Frauengut verlangte Sicher­heit nicht leistet;
3. wenn der Ehemann oder das Gesamtgut überschuldet ist.
2. Auf Begehren des Ehemannes
Art. 184
Der Richter hat auf Begehren des Ehemannes die Gütertrennung an­zu­ordnen:
1. wenn die Ehefrau überschuldet ist;
2. wenn die Ehefrau in ungerechtfertigter Weise die nach Gesetz oder Güterstand erforderliche Zustimmung zu den Verfü­gun­gen des Ehemannes über das eheliche Vermögen verwei­gert;
3. wenn die Ehefrau die Sicherstellung des eingebrachten Frauen­­gu­tes verlangt hat.
3. Auf Begehren der Gläubiger
Art. 185
Der Richter hat die Gütertrennung auf Begehren eines Gläubigers anzuordnen, wenn dieser bei der gegen einen Ehegatten durchgeführten Betreibung auf Pfändung zu Verlust gekommen ist.
III. Beginn der Gütertrennung
Art. 186
¹ Die Gütertrennung infolge Konkurses beginnt mit der Ausstellung der Verlustscheine, wird aber in Betreff des Vermögens, das die Ehe­gatten seit der Konkurseröffnung durch Erbgang oder auf andere Weise erworben haben, auf den Zeitpunkt des Erwerbes zurückbe­zogen.
² Die gerichtliche Gütertrennung wird auf den Zeitpunkt der Anbrin­gung des Begehrens zurückbezogen.
³ Der Eintritt der Gütertrennung wird im Falle des Konkurses oder des gerichtlichen Urteils zur Eintragung in das Güterrechtsregister von Amtes wegen angemeldet.
IV. Aufhebung der Güter­trennung
Art. 187
¹ Durch Befriedigung der Gläubiger wird die infolge Konkurses ein­getretene oder wegen eines Verlustes in der Betreibung auf Pfändung angeordnete Gütertrennung nicht ohne weiteres aufgehoben.
² Dagegen kann der Richter auf Verlangen eines Ehegatten die Wie­derherstellung des früheren Güterstandes anordnen.
³ Die Wiederherstellung ist zur Eintragung in das Güterrechtsregister von Amtes wegen anzumelden.

D. Wechsel des Güterstandes

I. Haftung
Art. 188
¹ Durch güterrechtliche Auseinandersetzungen oder durch Wechsel des Güterstandes kann ein Vermögen, aus dem bis dahin die Gläubi­ger eines Ehegatten oder der Gemeinschaft Befriedigung verlangen konn­ten, dieser Haftung nicht entzogen werden.
² Ist ein solches Vermögen auf einen Ehegatten übergegangen, so hat er die Schulden zu bezahlen, kann sich aber von dieser Haftung in dem Masse befreien, als er nachweist, dass das Empfangene hiezu nicht ausreicht.
³ Was die Ehefrau aus dem Konkurse des Ehemannes oder in einer Anschlusspfändung zurück erhält, bleibt den Gläubigern des Eheman­nes, soweit sie nicht auch Gläubiger der Ehefrau sind, entzo­gen.
II. Ausein­ander­set­zung bei Ein­tritt der Gü­ter­trennung
Art. 189
¹ Tritt während der Ehe die Gütertrennung ein, so zerfällt das eheliche Vermögen mit Vorbehalt der Rechte der Gläubiger in das Eigengut des Mannes und das Eigengut der Frau.
² Ein Vorschlag wird den Ehegatten nach ihrem bisherigen Güter­stande zugewiesen, einen Rückschlag hat der Ehemann zu tragen, soweit er nicht nachweist, dass die Ehefrau ihn verursacht hat.
³ Behält der Ehemann während der Auseinandersetzung Frauengut in seiner Verfügungsgewalt, so hat er auf Verlangen der Ehefrau Sicher­heit zu leisten.

E. Sondergut

I. Entstehung
1. Im Allgemeinen
Art. 190
¹ Das Sondergut entsteht durch Ehevertrag, durch Zuwendung Dritter und kraft Gesetzes.
² Was ein Ehegatte als Pflichtteil von seinen Verwandten zu bean­spruchen hat, kann ihm nicht als Sondergut zugewendet werden.
2. Kraft Gesetzes
Art. 191
Kraft Gesetzes sind Sondergut:
1. die Gegenstände, die einem Ehegatten ausschliesslich zu per­sön­lichem Gebrauche dienen;
2. die Vermögenswerte des Frauengutes, mit denen die Ehefrau ei­nen Beruf oder ein Gewerbe betreibt;
3. der Erwerb der Ehefrau aus selbständiger Arbeit.
II. Wirkung
Art. 192
¹ Das Sondergut steht im Allgemeinen und namentlich mit Hinsicht auf die Pflicht der Ehefrau, zur Tragung der Lasten der Ehe einen Beitrag zu leisten, unter den Regeln der Gütertrennung.
² Die Ehefrau hat ihren Arbeitserwerb, soweit erforderlich, für die Bedürfnisse des Haushaltes zu verwenden.
III. Beweislast
Art. 193
Behauptet ein Ehegatte, dass ein Vermögenswert zum Sondergut gehöre, so ist er hiefür beweispflichtig.

Zweiter Abschnitt: Die Güterverbindung

A. Eigentums­ver­hältnisse

I. Eheliches Vermögen
Art. 194
¹ Die Güterverbindung vereinigt alles Vermögen, das den Ehegatten zur Zeit der Eheschliessung gehört oder während der Ehe auf sie über­geht, zum ehelichen Vermögen.
² Ausgenommen hievon ist das Sondergut der Ehefrau.
II. Eigentum von Mann und Frau
Art. 195
¹ Was vom ehelichen Vermögen zur Zeit der Eheschliessung der Ehe­frau gehört oder ihr während der Ehe infolge von Erbgang oder auf andere Weise unentgeltlich zufällt, ist ihr eingebrachtes Gut und bleibt ihr Eigentum.
² Der Ehemann hat das Eigentum an dem von ihm eingebrachten Gute und an allem ehelichen Vermögen, das nicht Frauengut ist.
³ Die Einkünfte der Ehefrau und die natürlichen Früchte des Frauen­gutes werden unter Vorbehalt der Bestimmungen über das Sondergut auf den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit oder Trennung Eigentum des Ehe­mannes.
III. Beweis
Art. 196
¹ Behauptet ein Ehegatte, dass ein Vermögenswert zum Frauengut gehöre, so ist er hiefür beweispflichtig.
² Werden während der Ehe zum Ersatz für Vermögenswerte der Ehe­frau Anschaffungen gemacht, so wird vermutet, dass sie zum Frauen­gute gehören.
IV. Inventar
1. Errichtung und Beweiskraft
Art. 197
¹ Sowohl der Ehemann als die Ehefrau können jederzeit verlangen, dass über das eingebrachte Eigengut ein Inventar mit öffentlicher Urkunde errichtet werde.
² Ist ein solches Inventar binnen sechs Monaten nach der Einbringung errichtet worden, so wird es als richtig vermutet.
2. Bedeutung der Schätzung
Art. 198
¹ Wird mit dem Inventar eine Schätzung verbunden und diese durch die öffentliche Urkunde festgestellt, so bestimmt sich die gegenseitige Ersatzpflicht der Ehegatten für die fehlenden Vermögenswerte nach dieser Schätzung.
² Sind Gegenstände in guten Treuen während der Ehe unter dem Schätzungswerte veräussert worden, so tritt der Erlös an die Stelle der Schätzungssumme.
V. Eigentum des Ehemannes am Frauengut
Art. 199
Mit der Schätzung kann unter Beobachtung der Vorschriften über den Ehevertrag binnen sechs Monaten nach der Einbringung des Frauen­gutes die Bestimmung verbunden werden, dass das Frauengut zum Schätzungsbetrag in das Eigentum des Ehemannes übergehen und die Frauengutsforderung unverändert bleiben soll.

B. Verwaltung, Nutzung, Verfügungs­befugnis

I. Verwaltung
Art. 200
¹ Der Ehemann verwaltet das eheliche Vermögen.
² Er trägt die Kosten der Verwaltung.
³ Der Ehefrau steht die Verwaltung insoweit zu, als sie zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft berechtigt ist.
II. Nutzung
Art. 201
¹ Der Ehemann hat die Nutzung am eingebrachten Frauengut und ist hieraus gleich einem Nutzniesser verantwortlich.
² Diese Verantwortlichkeit wird durch die Schätzung des Frauengutes im Inventar nicht erhöht.
³ Bares Geld, andere vertretbare Sachen und Inhaberpapiere, die nur der Gattung nach bestimmt worden sind, gehen in das Eigentum des Ehemannes über, und die Ehefrau erhält für deren Wert eine Ersatz­forderung.
III. Ver­fü­gungs­befugnis
1. Des Ehe­mannes
Art. 202
¹ Der Ehemann bedarf zur Verfügung über Vermögenswerte des ein­gebrachten Frauengutes, die nicht in sein Eigentum übergegangen sind, der Einwilligung der Ehefrau, sobald es sich um mehr als die gewöhnliche Verwaltung handelt.
² Dritte dürfen jedoch diese Einwilligung voraussetzen, sofern sie nicht wissen oder wissen sollten, dass sie mangelt, oder sofern die Vermögenswerte nicht für jedermann als der Ehefrau gehörig erkenn­bar sind.
2. Der Ehefrau
Art. 203
Soweit die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft es rechtfertigt, hat die Ehefrau die Verfügung über das eheliche Vermögen.
Art. 204
¹ Zur Ausschlagung einer Erbschaft bedarf die Ehefrau der Einwilli­gung des Ehemannes.
² Gegen die Verweigerung kann die Ehefrau die Entscheidung der Vormundschaftsbehörde anrufen.

C. Sicherung der Ehefrau

Art. 205
¹ Der Ehemann hat der Ehefrau auf Verlangen jederzeit über den Stand ihres eingebrachten Gutes Auskunft zu geben.
² Die Ehefrau kann jederzeit Sicherstellung verlangen.
³ Die Anfechtungsklage nach dem Bundesgesetz vom 11. April 1889⁷⁶⁸ über Schuldbetreibung und Konkurs bleibt vorbehalten.
⁷⁶⁸ SR 281.1

D. Haftung

I. Haftung des Ehemannes
Art. 206
Der Ehemann ist haftbar:
1. für seine vorehelichen Schulden;
2. für die Schulden, die er während der Ehe begründet;
3. für die Schulden, die sich aus der Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch die Ehefrau ergeben.
II. Haftung der Ehefrau
1. Mit dem ganzen Vermögen
Art. 207
¹ Die Ehefrau haftet mit ihrem ganzen Vermögen, ohne Rücksicht auf die dem Ehemann aus dem Güterstande zustehenden Rechte:
1. für ihre vorehelichen Schulden;
2. für die Schulden, die sie mit Einwilligung des Ehemannes oder bei Verpflichtungen zu seinen Gunsten mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde begründet;
3. für die Schulden, die aus dem regelmässigen Betriebe ihres Beru­fes oder Gewerbes entstehen;
4. für die Schulden aus Erbschaften, die auf sie übergehen;
5. für die Schulden aus unerlaubten Handlungen.
² Für die Schulden, die von ihr oder vom Ehemanne für den gemein­samen Haushalt eingegangen werden, haftet sie, soweit der Ehemann nicht zahlungsfähig ist.
2. Mit dem Sondergut
Art. 208
¹ Die Ehefrau ist während und nach der Ehe nur mit dem Werte ihres Sonderguts verpflichtet:
1. für die Schulden, die sie als Sondergutsschulden begründet;
2. für die Schulden, die sie ohne Einwilligung des Ehemannes begründet;
3. für die Schulden, die sie in Überschreitung ihrer Befugnis zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft begründet.
² Vorbehalten bleiben die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereiche­rung.

E. Ersatz­forderungen

I. Fälligkeit
Art. 209
¹ Sind Schulden, für die das eingebrachte Frauengut haftet, aus dem Mannesgut oder Schulden des Mannes aus dem eingebrachten Frau­en­gut getilgt worden, so besteht eine Ersatzforderung, die jedoch un­ter Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen erst mit der Aufhebung der Güterverbindung fällig wird.
² Sind Sondergutsschulden der Ehefrau aus dem ehelichen Vermögen oder Schulden, für die eheliches Vermögen haftet, aus dem Sonder­gute getilgt worden, so kann die Ausgleichung schon während der Ehe gefordert werden.
II. Konkurs des Ehemannes und Pfän­dung
1. Anspruch der Ehefrau
Art. 210
¹ Im Konkurse und bei der Pfändung von Vermögenswerten des Ehe­mannes kann die Ehefrau ihre Ersatzforderung für das eingebrachte und nicht mehr vorhandene Frauengut geltend machen.
² Gegenforderungen des Ehemannes werden in Abzug gebracht.
³ Die noch vorhandenen Vermögenswerte kann die Ehefrau als Eigen­tümerin an sich ziehen.
2. Vorrecht
Art. 211
¹ Wird die Ehefrau durch die Zurücknahme ihres Eigentums und die ihr gegebenen Sicherheiten nicht für die Hälfte des eingebrachten Frauengutes gedeckt, so geniesst ihre Ersatzforderung für den Rest dieser Hälfte ein Vorrecht nach dem Bundesgesetz vom 11. April 1889⁷⁶⁹ über Schuldbetreibung und Konkurs.
² Die Abtretung des Vorrechts sowie der Verzicht auf dasselbe zu­gun­sten einzelner Gläubiger sind ungültig.
⁷⁶⁹ SR 281.1

F. Auflösung des ehelichen Vermögens

I. Tod der Ehefrau
Art. 212
¹ Stirbt die Ehefrau, so fällt das eingebrachte Frauengut mit Vorbehalt der erbrechtlichen Ansprüche des Ehemannes an die Erben der Frau.
² Für das Fehlende hat der Ehemann, soweit er verantwortlich ist und unter Anrechnung dessen, was er von der Ehefrau zu fordern hat, Ersatz zu leisten.
II. Tod des Ehemannes
Art. 213
Stirbt der Ehemann, so nimmt die Ehefrau das noch vorhandene ein­gebrachte Frauengut zurück und kann gegen die Erben für das Feh­lende die Ersatzforderung geltend machen.
III. Vor- und Rückschlag
Art. 214
¹ Ergibt sich nach der Ausscheidung des Mannes- und Frauengutes ein Vorschlag, so gehört er zu einem Drittel der Ehefrau oder ihren Nach­kommen und im übrigen dem Ehemann oder seinen Erben.
² Erzeigt das eheliche Vermögen einen Rückschlag, so wird er vom Ehemanne oder seinen Erben getragen, soweit nicht nachgewiesen wird, dass ihn die Ehefrau verursacht hat.
³ Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag oder Rückschlag verabredet werden.

Dritter Abschnitt: Die Gütergemeinschaft

A. Allgemeine Gü­tergemein­schaft

I. Eheliches Vermögen
Art. 215
¹ Die allgemeine Gütergemeinschaft vereinigt das Vermögen und die Einkünfte von Mann und Frau zu einem Gesamtgute, das den beiden Ehegatten ungeteilt und insgesamt zugehört.
² Kein Ehegatte kann über seinen Anteil am Gesamtgute verfügen.
³ Behauptet ein Ehegatte, dass ein Vermögenswert nicht zum Gesamt­gute gehöre, so ist er hiefür beweispflichtig.
II. Verwaltung und Verfü­gungs­befug­nis
1. Verwaltung
Art. 216
¹ Der Ehemann verwaltet das Gesamtgut.
² Die Kosten der Verwaltung trägt das Gesamtgut.
³ Der Ehefrau steht die Verwaltung insoweit zu, als sie zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft berechtigt ist.
2. Verfügungs­befugnis
Art. 217
¹ Zu Verfügungen über Vermögenswerte des Gesamtgutes bedarf es einer Erklärung der beiden Ehegatten oder der Einwilligung des einen zur Verfügung des andern, sobald es sich um mehr als die gewöhn­liche Verwaltung handelt.
² Dritte dürfen jedoch diese Einwilligung voraussetzen, sofern sie nicht wissen oder wissen sollten, dass sie mangelt, oder sofern die Vermögenswerte nicht für jedermann als zum Gesamtgute gehörig erkennbar sind.
Art. 218
¹ Zur Ausschlagung von Erbschaften bedarf ein Ehegatte während der Ehe der Einwilligung des andern.
² Gegen die Verweigerung kann er die Entscheidung der Vormund­schaftsbehörde anrufen.
III. Haftung
1. Schulden des Ehemannes
Art. 219
Der Ehemann ist persönlich und mit dem Gesamtgute haftbar:
1. für die vorehelichen Schulden beider Ehegatten;
2. für die Schulden, die sich aus der Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch die Ehefrau ergeben;
3. für alle andern Schulden, die während der Ehe durch ihn oder zu Lasten des Gesamtgutes durch die Ehefrau begründet wer­den.
2. Schulden der Ehefrau
Art. 220
¹ Neben dem Gesamtgute haftet die Ehefrau persönlich:
1. für ihre vorehelichen Schulden;
2. für die Schulden, die sie mit Einwilligung des Ehemannes oder bei Verpflichtungen zu seinen Gunsten mit Zustimmung der Vormundschaftsbehörde begründet;
3. für die Schulden, die aus dem regelmässigen Betriebe ihres Be­rufes oder Gewerbes entstehen;
4. für die Schulden aus Erbschaften, die auf sie übergehen;
5. für die Schulden aus unerlaubten Handlungen.
² Für die Schulden, die von ihr oder dem Ehemanne für den gemein­samen Haushalt eingegangen werden, haftet sie, soweit das Gesamt­gut nicht ausreicht.
³ Für die andern Schulden des Gesamtgutes ist sie nicht persönlich haftbar.
Art. 221
¹ Die Ehefrau ist während und nach der Ehe nur mit dem Werte ihres Sonderguts verpflichtet:
1. für die Schulden, die sie aus Sondergutsschulden begründet;
2. für die Schulden, die sie ohne Einwilligung des Ehemannes begründet;
3. für die Schulden, die sie in Überschreitung ihrer Befugnis zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft begründet.
² Vorbehalten bleiben die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereiche­rung.
3. Zwangs­voll­streckung
Art. 222
Während der Dauer der Gütergemeinschaft geht die Zwangsvollstre­ckung für die Schulden, für die das Gesamtgut haftet, gegen den Ehe­mann.
IV. Ersatz­forderungen
1. Im Allgemeinen
Art. 223
¹ Werden Schulden, für die das Gesamtgut haftet, aus diesem getilgt, so entsteht unter den Ehegatten keine Ersatzforderung.
² Sind Gemeinschaftsschulden aus dem Sondergute oder Sonderguts­schulden aus dem Gesamtgute getilgt worden, so entsteht ein Anspruch auf Ausgleichung, der schon während der Ehe geltend gemacht werden kann.
2. Frauenguts­forderung
Art. 224
¹ Im Konkurse des Ehemannes und bei der Pfändung von Vermö­gens­werten des Gesamtgutes kann die Ehefrau eine Forderung für ihr eingebrachtes Gut geltend machen und geniesst für deren Hälfte ein Vor­recht nach dem Bundesgesetz vom 11. April 1889⁷⁷⁰ über Schuld­betreibung und Konkurs.
² Die Abtretung des Vorrechtes sowie der Verzicht auf dasselbe zugunsten einzelner Gläubiger sind ungültig.
⁷⁷⁰ SR 281.1
V. Auflösung des ehelichen Ve­rmögens
1. Grösse der Anteile
Art. 225
¹ Stirbt ein Ehegatte, so fällt die eine Hälfte des Gesamtgutes dem überlebenden Ehegatten zu.
² Die andere Hälfte geht unter Vorbehalt der erbrechtlichen Ansprü­che des Überlebenden auf die Erben des Verstorbenen über.
³ Ist der überlebende Ehegatte erbunwürdig, so kann er aus der Güter­gemeinschaft in keinem Falle mehr beanspruchen, als ihm bei Schei­dung der Ehe zukommen würde.
Art. 226
¹ An Stelle der Teilung nach Hälften kann durch Ehevertrag eine andere Teilung gesetzt werden.
² Den Nachkommen des verstorbenen Ehegatten darf jedoch ein Vier­tel des bei seinem Tode vorhandenen Gesamtvermögens nicht ent­zogen werden.
2. Haftung des Überlebenden
Art. 227
¹ Der überlebende Ehemann bleibt für alle Schulden des Gesamtgutes persönlich haftbar.
² Die überlebende Ehefrau befreit sich durch Ausschlagung des ihr zufallenden Anteils von jeder Haftung für die Schulden des Gesamt­gutes, die nicht zugleich ihre persönlichen Schulden sind.
³ Übernimmt sie ihren Anteil, so ist sie haftbar, kann sich aber von dieser Haftung in dem Masse befreien, als sie nachweist, dass das Empfangene zur Bezahlung jener Schuld nicht ausreicht.
3. Anrechnung
Art. 228
Bei der Teilung kann der überlebende Ehegatte verlangen, dass ihm auf Anrechnung diejenigen Vermögenswerte überlassen werden, die von ihm eingebracht worden sind.

B. Fortgesetzte Güter­ge­mein­schaft

I. Voraussetzung
Art. 229
¹ Der überlebende Ehegatte kann mit den gemeinsamen Kindern die Gütergemeinschaft fortsetzen.
² Für unmündige Kinder bedarf es hiezu der Zustimmung der Vor­mundschaftsbehörde.
³ Wird die Gütergemeinschaft fortgesetzt, so können bis zu ihrer Beendigung erbrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht werden.
II. Umfang
Art. 230
¹ Die fortgesetzte Gütergemeinschaft umfasst das bisherige eheliche Vermögen sowie die Einkünfte und den Erwerb der Beteiligten, mit Ausnahme des Sondergutes.
² Was den Kindern oder dem Ehegatten während dieser Gemeinschaft infolge von Erbgang oder auf andere Weise unentgeltlich zufällt, wird, soweit nicht anders verfügt ist, ihr Sondergut.
³ Die Zwangsvollstreckung ist unter den Beteiligten in gleicher Weise beschränkt wie unter den Ehegatten.
III. Verwaltung und Ver­tretung
Art. 231
¹ Sind die Kinder unmündig, so steht die Verwaltung und Vertretung der fortgesetzten Gütergemeinschaft dem überlebenden Ehegatten zu.
² Sind sie mündig, so kann durch Vereinbarung etwas anderes fest­gesetzt werden.
IV. Aufhebung
1. Durch Erklärung
Art. 232
¹ Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft jederzeit aufheben.
² Mündige Kinder können aus der Gemeinschaft jederzeit entweder einzeln oder insgesamt austreten.
³ Für unmündige Kinder kann die Vormundschaftsbehörde den Aus­tritt erklären.
2. Von Gesetzes wegen
Art. 233
¹ Die fortgesetzte Gütergemeinschaft wird von Gesetzes wegen auf­ge­hoben:
1. mit dem Tode oder der Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten;
2. mit dem Konkurse des überlebenden Ehegatten oder der Kin­der.
² Fällt nur eines der Kinder in Konkurs, so können die übrigen Betei­ligten verlangen, dass es ausscheide.
³ Im Konkurse des Vaters sowie bei der Pfändung von Vermögens­werten des Gesamtgutes treten die Kinder an die Stelle der verstorbe­nen Mutter.
3. Durch Urteil
Art. 234
¹ Ist ein Gläubiger bei der Betreibung auf Pfändung gegen den Ehe­gatten oder gegen eines der Kinder zu Verlust gekommen, so kann er beim Richter die Aufhebung der Gütergemeinschaft verlangen.
² Wird diese Aufhebung von dem Gläubiger eines Kindes gefordert, so können die übrigen Beteiligten verlangen, dass es ausscheide.
4. Durch Heirat oder Tod eines Kindes
Art. 235
¹ Verheiratet sich ein Kind, so können die übrigen Beteiligten verlan­gen, dass es ausscheide.
² Stirbt ein Kind mit Hinterlassung von Nachkommen, so können die übrigen Beteiligten deren Ausscheiden verlangen.
³ Stirbt ein Kind ohne Hinterlassung von Nachkommen, so verbleibt sein Anteil das Gesamtgut, unter Vorbehalt der Ansprüche nicht an der Gemeinschaft beteiligter Erben.
5. Teilungsart
Art. 236
¹ Bei der Auflösung der fortgesetzten Gütergemeinschaft oder dem Ausscheiden eines Kindes erfolgt die Teilung oder die Abfindung nach der in diesem Zeitpunkte vorhandenen Vermögenslage.
² An den Anteilen, die den einzelnen Kindern zufallen, behält der Ehegatte die erbrechtlichen Ansprüche.
³ Die Auseinandersetzung darf nicht zur Unzeit vorgenommen wer­den.

C. Beschränkte Gütergemein­schaft

I. Mit Güter­trennung
Art. 237
¹ Die Ehegatten können durch Ehevertrag eine beschränkte Güter­gemeinschaft annehmen, indem sie einzelne Vermögenswerte oder gewisse Arten von solchen, wie namentlich die Liegenschaften, von der Gemeinschaft ausschliessen.
² Die ausgeschlossenen Vermögenswerte stehen unter den Regeln der Gütertrennung.
II. Mit Güter­verbindung
Art. 238
¹ Das von der Gemeinschaft ausgeschlossene Frauengut kann durch den Ehevertrag unter die Regeln der Güterverbindung gestellt werden.
² Eine solche Abrede wird angenommen, wenn die Ehefrau dieses Vermögen durch den Ehevertrag dem Ehemanne zur Verwaltung und Nutzung überlassen hat.
III. Errungen­schafts­gemein­schaft
1. Umfang
Art. 239
¹ Die Gütergemeinschaft kann durch Ehevertrag auf die Errungen­schaft beschränkt werden.
² Was während der Ehe erworben und nicht als Ersatz für eingebrach­te Vermögenswerte angeschafft worden ist, bildet die Errungenschaft und steht unter den Regeln der Gütergemeinschaft.
³ Für das bei Eingehung oder während der Ehe von Mann und Frau eingebrachte Vermögen gelten die Regeln der Güterverbindung.
2. Beteiligung am Vor- und Rückschlag
Art. 240
¹ Ergibt sich bei der Aufhebung der Gemeinschaft ein Vorschlag, so wird er zwischen den Ehegatten oder ihren Erben nach Hälften geteilt.
² Ein Rückschlag wird vom Ehemanne oder seinen Erben getragen, soweit er nicht nachweisbar durch die Ehefrau verursacht worden ist.
³ Durch Ehevertrag kann eine andere Beteiligung am Vorschlag oder Rückschlag verabredet werden.

Vierter Abschnitt: Die Gütertrennung

A. Ausdehnung

Art. 241
¹ Die Gütertrennung bezieht sich, wenn sie von Gesetzes wegen oder durch Gerichtsurteil begründet wird, auf das ganze Vermögen beider Ehegatten.
² Wird sie durch Ehevertrag begründet, so erstreckt sie sich auf das ganze Vermögen, insoweit nicht im Vertrag besondere Ausnahmen aufgestellt sind.

B. Eigentum, Ver­waltung und Nutzung

Art. 242
¹ Jeder Ehegatte behält das Eigentum an seinem Vermögen sowie die Verwaltung und die Nutzung.
² Hat die Ehefrau dem Ehemanne die Verwaltung übertragen, so wird vermutet, dass er ihr während der Ehe keine Rechnung zu stellen habe und die Einkünfte aus dem übertragenen Vermögen als Beitrag an die ehelichen Lasten beanspruchen dürfe.
³ Ein Verzicht der Ehefrau auf das Recht, die Verwaltung jederzeit wieder an sich zu ziehen, ist nicht verbindlich.

C. Haftung

I. Im Allgemeinen
Art. 243
¹ Der Ehemann haftet persönlich für seine vorehelichen Schulden sowie für diejenigen, die von ihm während der Ehe oder von der Ehe­frau in Ausübung ihrer Vertretungsbefugnis begründet werden.
² Die Ehefrau haftet persönlich für ihre vorehelichen und für ihre wäh­rend der Ehe entstandenen Schulden.
³ Für die Schulden, die vom Ehemann oder von der Ehefrau für den gemeinsamen Haushalt eingegangen werden, haftet die Ehefrau im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Ehemannes.
II. Konkurs des Ehemannes und Pfän­dung
Art. 244
¹ Die Ehefrau hat im Konkurse und bei der Pfändung von Ver­mögenswerten des Ehemannes auch dann, wenn sie ihm ihr Vermögen zur Verwaltung übergeben hat, kein Vorzugsrecht.
² Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über die Ehesteuer.

D. Einkünfte und Erwerb

Art. 245
Die Einkünfte und der Erwerb gehören dem Ehegatten, von dessen Vermögen oder Arbeit sie herrühren.

E. Tragung der ehelichen Lasten

Art. 246
¹ Der Ehemann kann verlangen, dass ihm die Ehefrau zur Tragung der ehelichen Lasten einen angemessenen Beitrag leiste.
² Können sich die Ehegatten über die Höhe des Beitrages nicht ver­ständigen, so wird er auf Begehren des einen oder des andern von der zuständigen Behörde festgesetzt.
³ Für die Beiträge der Ehefrau wird der Ehemann nicht ersatz­pflich­tig.

F. Ehesteuer

Art. 247
¹ Der Ehevertrag kann einen Betrag des Frauengutes festsetzen, den die Ehefrau dem Ehemanne zur Tragung der ehelichen Lasten als Ehe­steuer zuweist.
² Was die Ehefrau derart dem Ehemann überlässt, steht, wenn es nicht anders vereinbart worden ist, unter den Regeln der Güterverbindung.

Fünfter Abschnitt: Das Güterrechtsregister

A. Rechtskraft

Art. 248
¹ Die durch Ehevertrag oder Verfügung des Richters begründeten güterrechtlichen Verhältnisse sowie die Rechtsgeschäfte unter Ehegat­ten, die das eingebrachte Gut der Ehefrau oder das Gesamtgut betref­fen, bedürfen zur Rechtskraft gegenüber Dritten der Eintragung in das Güterrechtsregister und der Veröffentlichung.
² Die Erben des verstorbenen Ehegatten sind nicht als Dritte anzu­sehen.

B. Eintragung

I. Gegenstand
Art. 249
¹ Zur Eintragung gelangen die Bestimmungen, die Dritten gegenüber wirksam sein sollen.
² Die Eintragung erfolgt, wo das Gesetz es nicht anders bestimmt oder der Ehevertrag die Eintragung nicht ausdrücklich ausschliesst, auf das einseitige Begehren eines Ehegatten.
II. Ort der Eintra­gung
Art. 250
¹ Die Eintragung geschieht in dem Register des Wohnsitzes des Ehe­mannes.
² Verlegt der Ehemann seinen Wohnsitz in einen andern Register­bezirk, so muss die Eintragung binnen drei Monaten auch am neuen Wohnsitze erfolgen.
³ Der Eintrag in dem Register des früheren Wohnsitzes verliert die rechtliche Wirkung nach Ablauf von drei Monaten, vom Wechsel des Wohnsitzes an gerechnet.

C. Register­führung

Art. 251
¹ Das Güterrechtsregister wird durch das Handelsregisteramt geführt, soweit die Kantone nicht besondere Bezirke und besondere Register­führer bezeichnen.
² Jedermann ist befugt, das Güterrechtsregister einzusehen oder Aus­züge zu verlangen.
³ Die Veröffentlichung der Eheverträge hat nur anzugeben, welchen Güterstand die Ehegatten gewählt haben.
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