Strafprozessordnung (321.1)
CH - SO

Strafprozessordnung

1 Strafprozessordnung Vom 7. Juni 1970 (Stand 1. Januar 2007) Der Kantonsrat von Solothurn gestützt auf Artikel 17 Ziffer 1 und Artikel 40 ff. der Kantonsverfassung vom 23. Oktober 1887
1 ) beschliesst: Erster Teil Allgemeine Regeln Erster Abschnitt Grundregeln
2 )

§ 1. Achtung der Menschenwürde

Im ganzen Verfahren ist der Beschuldigte als Mensch zu achten. Die Um- stände, die für und wider ihn sprechen, sind mit gleicher Sorgfalt abzuklä- ren.

§ 1

bis
.
3 ) Strafverfolgung
1 Straftaten werden verfolgt und beurteilt, wenn nicht das Gesetz etwas anderes vorsieht.
2 Der Staatsanwalt und das urteilende Gericht können von der Verfolgung und Beurteilung absehen, wenn:
4 ) a) die Tat für die zu erwartende Gesamtstrafe oder Massnahme nicht beträchtlich ins Gewicht fällt; b) auf eine Zusatzstrafe nach Artikel 49 Absatz 2 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) verzichtet werden kann;
5 ) ________________
1 ) Aufgehoben. Es g ilt die KV am 8. Juni 1986.
2 ) Titel Fassung vom 2. November 1999.
3 ) § 1 bis eingefügt am 2. November 1999.
4 )§ 1 bis Absatz 2 Ingress Fassung vom 5. November 2003.
5 )§ 1 bis Absatz 2 Buchstabe b Fassung vom 16. Mai 2006.
2 c) in sehr umfangreichen Strafverfahren ein kantonal erstinstanzliches Urteil innerhalb der Verjährungsfrist nicht gefällt werden könnte, falls alle Taten verfolgt würden;
1 ) d) die Tat von einer Behörde des Auslandes verfolgt wird oder diese sich bereit erklärt hat, die Verfolgung einzuleiten; e) eine im Ausland verbüsste Strafe anzurechnen wäre, die der für die untersuchte Tat zu erwartenden Strafe mindestens gleichkommt; f) das Bundesrecht dies vorsieht, namentlich wenn nach Artikel 52 – 55a StGB von einer Strafverfolgung, einer Anklageerhebung oder einer Be- strafung abzusehen ist.
2 )
3 Der Entscheid nach Absatz 2 ist kurz schriftlich zu begründen. Der Staats- anwalt erlässt den Entscheid als Verfügung. Verfügungen des Staatsan- walts über Verbrechen oder Vergehen, die von Amtes wegen zu verfolgen sind, unterliegen der Genehmigung des Oberstaatsanwalts.
3 )
4 Der Entscheid nach Absatz 2 wird dem Beschuldigten und dem Opfer eröffnet. Er wird auch dem Verletzten eröffnet, wenn dieser Strafanzeige oder Strafantrag eingereicht oder einen privatrechtlichen Anspruch gel- tend gemacht hat. Der Entscheid wird zudem der Polizei mitgeteilt.
4 )
5 Gegen den Entscheid des Staatsanwalts oder eines erstinstanzlichen Ge- richts kann Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Obergerichts erhoben werden. Gegen Verfügungen, die nicht seiner Genehmigung unterlagen, kann auch der Oberstaatsanwalt innerhalb der für den Be- schuldigten laufenden Frist Beschwerde führen. Verfügungen, welche die Rückgabe sichergestellter oder beschlagnahmter Waffen betreffen, sind auch der Kantonspolizei mit einer Beschwerdemöglichkeit zu eröffnen.
5 )
6 Der rechtskräftige Entscheid hat die Wirkung eines Urteils.
6 ) Zweiter Abschnitt Zuständigkeit

§ 2. Prüfung

1 Die Strafgerichts- und die Strafverfolgungsbehörden haben von Amtes wegen zu prüfen, ob sie zur Untersuchung und Beurteilung einer Tat zu- ständig sind. Bei fehlender Zuständigkeit haben sie die Akten der zustän- digen Behörde zu überweisen; der Staatsanwalt kann Strafanzeige oder Strafantrag an den Anzeiger oder Antragsteller zurückweisen, wenn er selber nicht zuständig und wenn unklar ist, welche andere Untersu- chungsbehörde zuständig ist.
7 ) ________________
1 ) § 1 bis Absatz 2 Buchabe c Fassung vom 16. Mai 2006.
2 )§ 1 bis Absatz 2 Buchstabe f Fassung vom 16. Mai 2006.
3 )§ 1 bis Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
4 )§ 1 bis Absatz 4 angefügt am 5. November 2003.
5 )§ 1 bis Absatz 5 angefügt am 5. November 2003.
6 )§ 1 bis Absatz 6 angefügt am 5. November 2003.
7 ) § 2 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3
2 Bei fehlender sachlicher Zuständigkeit ist die Strafsache nach Eröffnung der Hauptverhandlung nur an einen andern Richter zu weisen, wenn der Straffall die Zuständigkeit des Gerichts übersteigt.

§ 3. Örtliche Zuständigkeit innerhalb des Kantons

1 Die örtliche Zuständigkeit innerhalb des Kantons bestimmt sich auch für die Handlungen, die nach kantonalem Recht strafbar sind, nach den Re- geln der Artikel 340 – 344 StGB.
1 )
2 Wird im Zusammenhang mit einem vor dem Amtsgerichtspräsidenten oder dem Amtsgericht geführten Zivil- oder Strafprozess eine Ehrverlet- zung oder eine Straftat gegen die Rechtspflege verübt, gilt innerkantonal die Tat als im Gerichtskreis des Richters begangen, vor dem der Zivil- oder Strafprozess geführt wird oder geführt wurde.

§ 4.

2 ) Streitige Zuständigkeit Die Beschwerdekammer des Obergerichts entscheidet Streitigkeiten über die örtliche und sachliche Zuständigkeit in Strafsachen zwischen Behörden des Kantons. Dritter Abschnitt Rechtshilfe

§ 5.

3 ) Pflicht; Einvernahmen im Rechtshilfeverfahren
1 Die Strafgerichts- un d Strafverfolgungsbehörden des Kantons sind zu gegenseitiger Rechtshilfe verpflichtet.
2 Im Rechtshilfeverfahren sind Einvernahmen durch den Staatsanwalt oder in seinem Auftrag durch den Untersuchungsbeamten vorzunehmen. Wenn die Rechtshilfe in einer Untersuchung wegen eines Vergehens oder einer Übertretung verlangt wird oder in andern Fällen blosse Nebenpunkte abzuklären sind, kann der Staatsanwalt die Einvernahme einem Angestell- ten der Kanzlei oder einem Polizeibeamten übertragen, sofern die ersu- chende Behörde nicht verlangt, dass die Person gerichtlich oder als Zeuge einvernommen werde.

§ 5

bis
.
4 ) Zuständigkeit bei der internationalen Rechtshilfe
1 Ausführende Behörde im Sinne von Artikel 16 und ersuchende Behörde im Sinne von Artikel 30 Absatz 2 des Bundesgesetzes über die internatio- nale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG
5 ) ist der Ober- staatsanwalt, soweit nach Gesetz nicht der leitende Jugendanwalt zustän- dig ist. Vorbehalten bleibt der direkte polizeiliche Rechtshilf everkehr.
6 ) ________________
1 ) § 3 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
2 ) § 4 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 5 Fassung vom 5. November 2003.
4 )§ 5 bis eingefügt am 26. September 1982; GS 89, 197.
5 ) SR 351.1.
6 )§ 5 bis Fassung vom 5. November 2003.
4
1bis Der Oberstaatsanwalt kann einen Staatsanwalt, der leitende Ju- gendanwalt kann einen andern Jugendanwalt mit der Ausführung von Rechtshilfegesuchen beauftragen.
1 )
2 Zuständige Bewilligungsbehörde nach Artikel 99 IRSG ist das Departe- ment des Innern
2 ).
3 Zuständig für die Vollstreckbarerklärung von ausländischen Strafent- scheiden ist der Amtsgerichtspräsident. Vierter Abschnitt Prozessbeteiligte
3 ) A. Parteien

§ 6. Parteistellung

1 Parteien im Strafverfahren sind: - der Beschuldigte; - der Oberstaatsanwalt und der Staatsanwalt im Verfahren vor Gerich- ten;
4 ) - der Verletzte, wenn er im Strafpunkt Antrag stellen kann oder einen privatrechtlichen Anspruch geltend macht (Zivilpartei).
2 Für den Schutz und die Rechte des Opfers gelten die Bestimmungen der

Artikel 5-7, 8 Absatz 2 und 10 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991

5 ) über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz).
6 ) B. Verteidigung

§ 7.

7 ) Privater Verteidiger
1 Der Beschuldigte kann in jedem Stadium des Verfahrens einen Verteidi- ger beiziehen. Auf dieses Recht ist er vor der ersten Einvernahme hinzu- weisen. Auf die Verschiebung von Terminen hat der Verteidiger in der Regel keinen Anspruch.
2 Das Recht, einen Verteidiger beizuziehen, besteht auch im polizeilichen Ermittlungsverfahren. Über den Ausschluss des Verteidigers nach § 95 entscheidet der Staatsanwalt
8 ). ________________
1 ) § 5 bis Absatz 1 bis eingefügt am 5. November 2003.
2 ) neue Departementsbezeichnung ab 1. August 2000.
3 ) Titel Fassung vom 22. September 1996; GS 93, 1122.
4 ) § 6 Absatz 1 Lemma 2 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) SR 312.5.
6 ) § 6 Absatz 2 eingefügt durch § 29 Vo Einführung OHG vom 17. März 1993; GS
92, 730.
7 ) § 7 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
8 ) Bezeichnung Fassung vom 5. November 2003.
5
3 Privater Verteidiger kann sein, wer handlungsfähig ist. Vorbehalten bleibt die Spezialgesetzgebung.
1 )

§ 8. Vollmacht

1 Der private Verteidiger hat sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen. Als solche gilt auch eine entsprechende Erklärung, die der Beschuldigte zu Protokoll gibt. ...
2 )
2 Der zur Berufsausübung zugelassene Anwalt und der gesetzliche Vertre- ter des Beschuldigten können ohne schriftlichen Vollmachtsausweis als Verteidiger handeln. Die zuständige Behörde ist berechtigt, eine schriftli- che Vollmacht zu verlangen.
3 )

§ 9.

4 ) Amtliche Verteidigung
1 Dem Beschuldigten, der nicht selbst einen zur Parteivertretung berechtig- ten Rechtsanwalt als privaten Verteidiger bestimmt hat, ist ein amtlicher Verteidiger zu bestellen,
5 ) a) wenn der Oberstaatsanwalt oder der Staatsanwalt die Anklage vor Gericht vertritt;
6 ) b) wenn er sich seit mehr als zehn Tagen in Untersuchungshaft befindet und diese aufrecht erhalten wird;
7 ) c) wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als 18 Monaten oder eine freiheits- entziehende Mass nahme im Sinne der Artikel 59 – 62d oder 64 - 65 StGB zu erwarten ist;
8 ) d) wenn der Beschuldigte sich wegen eines geistigen oder körperlichen Gebrechens nicht genügend verteidigen kann; e) in andern Fällen, wenn besondere Umstände, wie die Bedeutung des Falles oder die Schwierigkeit der tatsächlichen oder rechtlichen Ver- hältnisse, es rechtfertigen und der Beschuldigte nicht in der Lage ist, sich selbst hinreichend zu verteidigen.
2 Die zweite Instanz prüft nach Eingang der Rechtsmittelerklärung nach freiem Ermessen, ob die amtliche Verteidigung aufrechtzuerhalten sei.

§ 10.

9 ) Kostentragung Der Richter entscheidet, wer die Kosten der amtlichen Verteidigung trägt, nach § 35 bei Beendigung des Verfahrens.

§ 11. Bezeichnung des amtlichen Verteidigers

1 Der Beschuldigte ist zu Beginn des Verfahrens zu fragen, ob er einen privaten Verteidiger beiziehen wolle. Sind die Voraussetzungen zur Be- stellung eines amtlichen Verteidigers erfüllt, so ist der Beschuldigte dar- über zu unterrichten.
10 ) ________________
1 ) § 7 Absatz 3 Fassung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
2 ) § 8 Absatz 1 Satz 3 aufgehoben am 12. Juni 1994 GS 93, 116.
3 ) § 8 Absatz 2 eingefügt am 2. Dezember 1990.
4 ) § 9 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
5 ) § 9 Absatz 1 Ingress Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 9 Absatz 1 Buchstabe a Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 9 Absatz 1 Buchstabe b Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 9 Absatz 1 Buchstabe c Fassung vom 16. Mai 2006.
9 ) § 10 Fassung vom 2. Dezember 1990.
10 ) § 11 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
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2 Ist ein amtlicher Verteidiger zu bestellen, bezeichnet ihn der Präsident des urteilenden Gerichtes nach Eingang der Akten. Sind die in § 9 genann- ten Voraussetzungen bereits in der Untersuchung gegeben, bezeichnet ihn der Staatsanwalt.
1 )
3 Bei der Bezeichnung des amtlichen Verteidigers sind Wünsche des Be- schuldigten in angemessener Weise zu berücksichtigen. Mehreren Be- schuldigten kann ein einziger amtlicher Verteidiger bestellt werden, wenn keine widerstreitenden Interessen bestehen.

§ 12. Übernahme der amtlichen Verteidigung

1 Als amtlicher Verteidiger ist ein Anwalt zu bezeichnen, der im kantona- len Anwaltsregister eingetragen ist, ausnahmsweise auf Wunsch des Be- schuldigten ein im Anwaltsregister eines andern Kantons eingetragener Anwalt.
2 )
2 Der im kantonalen Anwaltsregister eingetragene Anwalt ist gehalten, die amtliche Verteidigung zu übernehmen. Er kann im Einzelfall aus wichtigen Gründen von der Pflicht entbunden werden.
3 )
3 Der amtliche Verteidiger wird aus der Staatskasse entschädigt und darf über die vom Gericht zugesprochene Entschädigung hinaus kein Honorar verlangen. C. Staatsanwalt

§ 13. Aufgabe

1 Der Staatsanwalt stellt seine Anträge vor Gericht nach eigenem Ermes- sen. Er hat die den Beschuldigten belastenden und entlastenden Umstände zu berücksichtigen.
2
...
4 ) D. Verletzter

1. Partei im Strafpunkt

§ 14.

5 ) Parteirechte
1 Wer durch die Straftat unmittelbar geschädigt bzw. gefährdet wurde, kann Untersuchungshandlungen beantragen; das gleiche Recht steht dem Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes
6 ) zu. Der Verletzte kann im Straf- punkt Antrag stellen, wenn der Staatsanwalt die Anklage vor Gericht nicht vertritt.
2 Für die unentgeltliche Rechtspflege und den unentgeltlichen Rechtsbei- stand gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss. ________________
1 ) § 11 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 12 Absatz 1 Fassung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
3 ) § 12 Absatz 2 Fassung vom 10. Mai 2000 Anwa ltsgesetz.
4 ) § 13 Absatz 2 aufgehoben am 5. November 2003.
5 ) § 14 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) SR 312.5.
7

2. Partei im Zivilpunkt

§ 15. Zulässigkeit der Zivilklage

Der Verletzte kann privatrechtliche Ansprüche, welche durch die den Ge- genstand des Strafverfahrens bildende Tat entstanden sind, beim Strafrichter geltend machen.

§ 16. Anhebung der Zivilklage

1 Die Zivilklage kann mit der Strafanzeige verbunden oder im Lauf des Verfahrens bis zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung schriftlich oder mündlich angehoben werden. Der Kläger hat die Beweismittel anzugeben und, soweit möglich, einzulegen. Er kann in der Hauptverhandlung die Klage mündlich begründen.
2 Für die unentgeltliche Rechtspflege und den unentgeltlichen Rechtsbei- stand gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss.
1 )

§ 17. Beurteilung der Zivilklage

1 Der Strafrichter lehnt die Beurteilung des Zivilanspruchs ab und weist den Kläger an den Zivilrichter, wenn der Sachverhalt nicht genügend abgeklärt ist oder die Beurteilung des Anspruchs das Strafverfahren erheblich er- schweren oder verzögern würde. Bei Freispruch des Beschuldigten ist die Beurteilung des Zivilanspruchs durch den Strafrichter ausgeschlossen.
2 Ist der Einzelrichter zur Beurteilung des Straffalles zuständig, kann er die Zivilklage nur mitbeurteilen, wenn er ihrem Streitwert nach zu ihrer Beur- teilung als Zivilrichter zuständig wäre. Im Fall von Artikel 9 des Opferhilfe- gesetzes entscheidet er über die Zivilklage dem Grundsatz nach.
2 ) E. Drittansprecher
3 )

§ 17

bis
.
4 ) Verfahrensrechte Wer einen Anspruch nach Artikel 69 – 72 StGB (Einziehungsrecht) erhebt, hat alle Verfahrensrechte, die zur Durchsetzung des Anspruches nötig sind. ________________
1 ) § 16 Absatz 2 Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 116.
2 ) § 17 Absatz 2 Satz 2 eingefügt durch § 29 Vo zur Einführung des OHG vom
17 März 1993; GS 92, 730.
3 ) Titel eingefügt am 22. September 1996; GS 93, 1122.
4 )§ 17 bis Fassung vom 16. Mai 2006.
8 Fünfter Abschnitt Prozessdisziplin

§ 18. Disziplinarverstoss

1 Wer sich in einem Strafverfahren gegenüber dem Oberstaatsanwalt, dem Staatsanwalt oder dem Untersuchungsbeamten, gegenüber einem Richter, einer Prozesspartei oder einem Dritten ungebührlich verhält, wer in gro- ber Art die Ordnung stört oder richterliche Anordnungen missachtet, kann bestraft werden: a) durch das Gericht mit Busse bis zu 500 Franken, im Wiederholungsfall mit Busse bis zu 1000 Franken; b) durch den Amtsgerichtspräsidenten, den Oberstaatsanwalt, den Staatsanwalt und den Untersuchungsbeamten mit Busse bis zu 250 Franken, im Wiederholungsfall mit Busse bis zu 500 Franken; c) durch den Friedensrichter mit Busse bis zu 100 Franken.
1 )
2 In leichten Fällen kann ein Verweis ausgesprochen werden.
3 Auf den Vollzug und die Ersatzfreiheitsstrafe sind Artikel 35 und 36 StGB anwendbar.
2 )

§ 19. Sitzungspolizei

1 Der Präsident sorgt für Ruhe und Ordnung in der Gerichtsverhandlung. Er kann Personen aus dem Sitzungssaal entfernen lassen, welche die Ruhe stören oder seinen Anordnungen nicht Folge leisten. Sie können zudem durch das Gericht nach § 18 bestraft werden. Der Präsident kann die Öf- fentlichkeit zeitweise ausschliessen, wenn es unumgänglich ist, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten.
2 Entsprechende Befugnisse stehen dem Einzelrichter und während der Untersuchung dem Staatsanwalt und dem Untersuchungsbeamten zu.
3 ) Sechster Abschnitt Frist, Zustellung, Vorladung, Ausbleiben
4 ) A. Frist

§ 20. Berechnung

1 Bei Berechnung der Frist wird der Tag, an dem sie zu laufen beginnt, nicht mitgezählt. Die Frist endigt um 24 Uhr des letzten Tages. ________________
1 ) § 18 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 18 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 19 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
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2 Ist der letzte Tag der Frist ein Samstag, Sonntag oder staatlich anerkann- ter Feiertag, endigt sie am nachfolgenden Werktag. Diesen Tagen sind der

2. Januar (Berchtoldstag), der Oster- und Pfingstmontag gleichgestellt.

3 Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist der Stelle, der sie einzureichen sind, oder einer andern solothurnischen Amts- stelle zukommen oder der schweizerischen Post übergeben werden. Hält sich ein Beschuldigter in einer Anstalt auf, ist die Eingabe rechtzeitig, wenn sie innerhalb der Frist der Anstaltsleitung übergeben wird. A bis
. Zustellung
1 )

§ 20

bis
.
2 ) Im Allgemeinen
1 Mi tteilungen der Strafgerichts- und Strafverfolgungsbehörden werden in der Regel schriftlich und per Post zugestellt; sie sind wenn möglich dem Adressaten persönlich zu übergeben. Ist dieser bei der Zustellung nicht anwesend, so kann die Mitteilung verschlossen einem volljährigen Ange- hörigen oder Hausgenossen übergeben werden.
2 Wird keine empfangsberechtigte Person angetroffen, so kann die Mit- teilung verschlossen und adressiert in den Briefkasten gelegt werden.
3 Eine Mitteilung gilt auch dann als rechtmässig zugestellt, wenn der Adressat die Zustellung schuldhaft verhindert, namentlich die Annahme verweigert oder Abholungsaufforderungen nicht beachtet.

§ 20

ter
.
3 ) Öffentliche Zustellung
1 Kann ein Urteil, eine Strafverfügung oder ein anderer verfahrenserledi- gender Entscheid einer Partei trotz geeigneter Nachforschungen nicht nach § 20 bis Absatz 1 zugestellt werden, so erfolgt die Mitteilung rechts- gültig durch einmalige Veröffentlichung im Amtsblatt. Veröffentlicht wird nur das Dispositiv; Geschädigte werden darin nur mit ihrem Einverständnis genannt.
2 Nichteintretens- und Einstellungsverfügungen werden nicht veröffent- licht.
3 Die mit der Veröffentlichung der Mitteilung ausgelösten Fristen begin- nen mit dem Erscheinungsdatum des Amtsblatts zu laufen. B. Vorladung

§ 21. Inhalt

1 Die Vorladung enthält: a) Bezeichnung der vorgeladenen Person nach Name, Beruf und Wohn- ort; b) Zeit und Ort des Erscheinens; c) Angabe, in welcher Eigenschaft der Vorgeladene zu erscheinen hat; ________________
1 ) Titel eingefügt am 5. November 2003.
2 )§ 20 bis eingefügt am 5. November 2003.
3 )§ 20 ter eingefügt am 5. November 2003.
10 d) Angabe des Grundes der Vorladung, sofern dies der Untersuchungs- zweck nicht verbietet; e) Hinweis auf die Folgen unentschuldigten Ausbleibens oder verspäteten Erscheinens.
2 Die Vorladung ist zu datieren und von der Behörde, welche sie erlässt, zu unterzeichnen; Faksimileunterschrift genügt.

§ 22. Vorladungsfrist

Wenn nicht wichtige Gründe eine Abkürzung rechtfertigen, soll die Frist zwischen Zustellung der Vorladung und Zeitpunkt des Erscheinens minde- stens 3 Tage betragen.

§ 23. Zustellung

1 Vorladungen werden nach § 20 bis zugestellt.
1 )
2
...
2 )
3 In dringenden Fällen kann die Vorladung telefonisch, telegrafisch oder durch Vermittlung der Polizei mündlich ergehen.
4 Ausserhalb des Kantons wohnenden Personen sind Vorladungen in der Regel durch Gerichtsurkunde
3 ) zuzustellen.

§ 24.

4 ) Ausschreibung Bei unbekanntem Wohn- oder Aufenthaltsort der vorzuladenden Person kann die Ausschreibung angeordnet werden. Sie muss angeordnet wer- den, wenn die vorzuladende Person Beschuldigter ist; vor der Rechtsmitte- linstanz kann sie jedoch unterbleiben, wenn der Beschuldigte das Rechts- mittel eingelegt hat. C. Ausbleiben

§ 25. Entschuldigtes Ausbleiben

Hindern den Vorgeladenen wichtige Gründe, der Vorladung Folge zu leisten, ist die Gerichtsstelle unverzüglich zu benachrichtigen. Der Hinde- rungsgrund ist sofort glaubhaft zu machen.

§ 26. Unentschuldigtes Ausbleiben

1 Bleibt ein Vorgeladener unentschuldigt aus, kann er nach § 18 bestraft werden. Überdies kann ihn die Behörde polizeilich vorführen lassen und ihm die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegen. Vorbehal- ten sind die Fälle, in denen das Gesetz die Folgen unentschuldigten Aus- bleibens besonders regelt.
2 Erscheint ein Vorgeladener unentschuldigt zu spät, kann er mit Busse bis zu 200 Franken, durch den Friedensrichter mit Busse bis zu 20 Franken bestraft werden. ________________
1 ) § 23 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 23 Absatz 2 aufgehoben am 5. November 2003.
3 ) Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
4 ) § 24 Fassung vom 5. November 2003.
11

§ 27. Aufhebung der Säumnisfolgen

1 Die wegen unentschuldigten Ausbleibens eingetretenen nachteiligen Folgen werden aufgehoben, wenn der Säumige glaubhaft macht: a) dass er von der Vorladung keine Kenntnis oder so spät Kenntnis er- hielt, dass er sie nicht befolgen konnte; b) oder dass ihn wichtige Gründe am Erscheinen hinderten und eine rechtzeitige Entschuldigung ohne seine Schuld unterblieb.
2 Das Gesuch um Aufhebung der Säumnisfolgen ist innert 10 Tagen seit Empfang der Mitteilung einzureichen. Kann das Gesuch aus wichtigen Gründen nicht innert dieser Frist gestellt werden, ist es innert 10 Tagen seit Wegfall des Hindernisses einzureichen.
3 Die wegen verspäteten Erscheinens ausgesprochenen Säumnisfolgen werden aufgehoben, wenn der Säumige glaubhaft macht, dass ihn wichti- ge Gründe am rechtzeitigen Erscheinen hinderten.
4 Die Behörde, welche die Säumnisfolgen aussprach, entscheidet über das Gesuch nach ihrem Ermessen. Siebenter Abschnitt Protokoll, Akten und Informationen
1 )

§ 28.

2 ) Protokoll In den Akten sind die Behörde, die das Verfahren führt, Ort und Zeit aller Prozesshandlungen und Akteneingänge, Personalien der Anwesenden, gestellte Parteianträge, Eröffnung und Abschluss eines Verfahrensab- schnitts und die Entscheide der Behörde festzuhalten.

§ 29. Aktenherausgabe

1 Gerichtsakten werden in der Regel nur an die in einem Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwälte herausgegeben. Über Ausnahmen entschei- det der Staatsanwalt oder der Präsident des Gerichts.
3 )
2 Gibt jemand Akten wiederholt verspätet oder ungeordnet zurück, kann ihm die Herausgabe künftig verweigert werden.

§ 30. Orientierung der Öffentlichkeit;

Auskunftsrecht und Akteneinsicht Dritter
1 Der Staatsanwalt oder die von ihm ermächtigte Polizei kann die Vertreter der Presse und der elektronischen Medien in geeigneter Form über den Sachverhalt und die getroffenen Massnahmen orientieren, wenn ein Inter- esse an der öffentlichen Bekanntgabe besteht, das schützenswerten Inter- essen an der Geheimhaltung vorgeht.
4 )
2 Dritte, die nicht Prozessparteien oder deren Anwälte sind, und Verwal- tungsbehörden können nur Einsicht in die Akten und Auskunft über ein ________________
1 ) Titel: Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
2 ) § 28 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 29 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 30 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
12 Strafverfahren erhalten, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen und die Bekanntgabe nicht schützenswerten Interessen von Privaten oder dem Zweck der Strafrechtspflege zuwiderläuft. Vorbehalten bleibt eine abweichende Gesetzgebung . . .
1 )
3 Ist ein Verbrechen oder Vergehen gegen den Staat oder die Landesver- teidigung Gegenstand des Verfahrens, kann der Regierungsrat
2 ) jederzeit über dessen Stand und Ergebnis Aufschluss verlangen. Achter Abschnitt Kosten und Entschädigung

§ 31. Prozesskosten

Zu den Prozesskosten gehören die durch den Gebührentarif bestimmten staatlichen Gebühren, Auslagen und Kosten des Strafverfahrens, die Ko- sten der amtlichen Verteidigung nach § 9,
3 ) die staatliche Entschädigung für Nachteile nach § 36 und die Parteientschädigung, die einem Beschul- digten nach § 37 Absatz 1 zugesprochen wird.

§ 32. Kostenauflage bei Freispruch und bei Einstellung des Verfahrens

1 Wird der Beschuldigte freigespro chen oder wird das gegen ihn geführte Verfahren eingestellt, dürfen ihm keine Kosten auferlegt werden. Aus- nahmsweise können sie ihm ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er durch verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten die Untersuchung schuldhaft veranlasst oder erschwert hat. Einem schuldunfähigen Beschul- digten können Kosten auferlegt werden, wenn es nach den Umständen der Billigkeit entspricht, ebenso einem Beschuldigten, wenn der Staatsan- walt oder der Richter nach Artikel 52 – 55a StGB von der Strafverfolgung, von der Überweisung oder von der Bestrafung absieht
4 ).
2 Sie können ganz oder teilweise dem Anzeiger auferlegt werden, wenn er schuldhaft eine wahrheitswidrige oder übertriebene Anzeige erhoben hat.
3 War die den Gegenstand des Verfahrens bildende Tat nur auf Antrag zu verfolgen, erliegen die Kosten in der Regel auf dem Antragsteller. Sie können ganz oder teilweise dem Beschuldigten auferlegt werden, wenn dieser dem Antragsteller durch verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten schuldhaft begründeten Anlass gab, Strafantrag zu stellen, oder wenn er in gleicher Weise die Untersuchung erschwert hat. Die Kosten können ausnahmsweise ganz oder teilweise dem Staat auferlegt werden, wenn der Antragsteller nach sorgfältiger Prüfung des Sachverhaltes begründe- ten Anlass hatte, Strafantrag zu stellen, und dem Beschuldigten kein ver- werfliches oder leichtfertiges schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt wer- den kann.
5 ) ________________
1 ) § 30 Absatz 2 war Absatz 1 a.F. Satz 3 aufge hoben am 2. Dezember 1990; GS
91, 854.
2 ) Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) Fassung vom 2. Dezember 1990.
4 ) § 32 Absatz 1 Satz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
5 ) § 32 Absatz 3 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
13
4
...
1 )

§ 33. Kostenauflage bei Verurteilung

Wird der Beschuldigte verurteilt, trägt er in der Regel die Prozesskosten. Ausnahmsweise können sie zum Teil dem Staat auferlegt werden.

§ 34. Kostenauflage bei mehreren Beschuldigten

Wird ein Strafverfahren gegen mehrere Beschuldigte geführt, befindet die Behörde, welche das Verfahren abschliesst, über die Kostenanteile und die Frage der solidarischen Haftung.

§ 35. Kosten der amtlichen Verteidigung eines unbemittelten

Beschuldigten
1 Die Kosten der amtlichen Verteidigung nach § 9 trägt der Staat unter folgendem Vorbehalt: Hat der Beschuldigte nach § 32 Absatz 1 oder nach

§ 33 Prozesskosten zu tragen, so sind ihm die Kosten der amtlichen Vertei-

digung ganz oder teilweise aufzuerlegen, soweit er sie übernehmen kann.
2 )
2 Dem Anzeiger können die Kosten der amtlichen Verteidigung nach § 32 Absatz 2 auferlegt werden.
3 )
3 Der Beschuldigte oder Anzeiger hat in diesem Falle dem Staat die ent- sprechenden Kosten zu erstatten.

§ 35

bis
.
4 ) Entschädigung des Vertreters eines Unternehmens Die Behörde, welche eine Drittperson als Vertreter eines Unternehmens ernennt (Art. 102a Abs. 3 StGB), legt deren Entschädigung fest. Die Ent- schädigung und das Rückforderungsrecht des Staates richten sich nach den Regeln über die amtliche Verteidigung.

§ 36. Entschädigung für Nachteile

Wird der Beschuldigte freigesprochen oder das gegen ihn geführte Ver- fahren eingestellt, ist ihm auf sein Begehren eine durch den Staat auszu- richtende Entschädigung für Nachteile (Schadenersatz, Genugtuung) zuzu- sprechen, die er durch Untersuchungsmassnahmen erlitten hat. Die Ent- schädigung kann verweigert oder herabgesetzt werden, wenn er durch verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten die Untersuchung schuldhaft veranlasst oder erschwert hat.
5 )

§ 37. Parteientschädigung

1 Dem Beschuldigten ist auf sein Begehren unter den Voraussetzungen des

§ 36 eine durch den Staat auszurichtende Parteientschädigung zuzuspre-

chen.
2 Hat der Verletzte nach § 14 im Strafpunkt Antrag gestellt und ist der Beschuldigte verurteilt oder ist die Zivilklage ganz oder teilweise gutge- heissen worden, kann der Richter dem Verletzten auf sein Begehren eine ________________
1 ) § 32 Absatz 4 aufgehoben am 2. Dezember 1990.
2 ) § 35 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 35 Absatz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
4 )§ 35 bis eingefügt am 16. Mai 2006.
5 ) § 36 Satz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
14 Parteientschädigung zusprechen, die der Beschuldigte zu bezahlen hat. Wird das Verfahren eingestellt oder mit Strafverfügung abgeschlossen, kann der Staatsanwalt dem Verletzten auf sein Begehren eine Parteient- schädigung zusprechen, die der Beschuldigte zu bezahlen hat.
1 )

§ 38. Hinweis auf Entschädigungsbegehren

Wird das Strafverfahren eingestellt oder spricht das Gericht den Beschul- digten frei und hat dieser kein Entschädigungsbegehren im Sinne der §§
36 und 37 Absatz 1 gestellt, ist ihm Gelegenheit zu geben, ein solches Begehren zu stellen. Neunter Abschnitt Zwangsmassnahmen A. Allgemeine Regel

§ 39. Art des Vollzugs

Zwangsmassnahmen sind möglichst schonend zu vollziehen. Unnötige Gewalt und unangemessene Strenge sind zu vermeiden. B. Vorläufige Festnahme und Untersuchungshaft

1. Vorläufige Festnahme

§ 40. Allgemeine Befugnis, Staatshaftung

1 Jedermann ist befugt, eine Person vorläufig festzunehmen, die er bei Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens betrifft oder die nach einer solchen Tat die Flucht ergriffen hat. Privatpersonen haben unverzüglich die Polizei von der Festnahme zu benachrichtigen.
2 Der Staat haftet für Schäden, den Privatpersonen erleiden, die einen Verdächtigen verfolgen oder festnehmen oder dabei mithelfen.

§ 41. Befugnis der Polizei

1 Die Polizeiorgane können jede Person festnehmen, die sie bei Verübung eines Verbrechens oder Vergehens betreffen oder die nach ihrer eigenen Wahrnehmung oder nach glaubwürdiger Mitteilung Dritter einer solchen Tat verdächtig ist, sofern ein Haftgrund nach § 43 vorliegt.
2 )
2 Wenn jemand bei Verübung einer Übertretung betroffen wird oder einer solchen Tat verdächtig ist, darf er nur festgenommen werden, sofern er keinen Wohnsitz in der Schweiz hat, seine Personalien nicht festgestellt werden können oder die Gefahr besteht, dass er seine strafbare Tätigkeit fortsetzen werde. Auf eine Festnahme, die nur wegen ausländischen ________________
1 ) § 37 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 41 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
15 Wohnsitzes zulässig wäre, ist zu verzichten, wenn der Täter eine hinrei- chende Sicherheit für eine allenfalls zu erwartende Busse leistet.
3 Die Polizeiorgane haben jede Person, die sie selbst oder die Dritte fest- genommen haben, unverzüglich entweder einzuvernehmen oder dem Staatsanwalt zuzuführen. In jedem Fall benachrichtigen sie die Staatsan- waltschaft sofort über die Festnahme. Nach der polizeilichen Einvernahme ist die festgenommene Person entweder freizulassen oder spätestens 24 Stunden nach der Festnahme dem Staatsanwalt zuzuführen.
1 )

§ 41

bis
.
2 ) Fahndung bei unbekanntem Aufenthalt des zu Verhaftenden
1 Ist der Aufenthalt des zu Verhaftenden unbekannt, lässt ihn der Staats- anwalt oder das Gericht zur Verhaftung ausschreiben; nötigenfalls erlas- sen sie einen Steckbrief. In dringenden Fällen steht die gleiche Befugnis dem Kommando der Kantonspolizei zu, das von seiner Massnahme unver- züglich den Staatsanwalt oder das Gericht benachrichtigt.
2 Bei schweren Straftaten kann eine Bekanntgabe durch Presse, Radio oder Fernsehen angeordnet werden; zudem kann mit Zustimmung des Regie- rungsrates eine Belohnung für Angaben ausgesetzt werden, die zur Fest- nahme des zu Verhaftenden führen.

§ 41

ter
.
3 ) Vorführung
1 Der Staatsanwalt oder das Gericht können mit einem schriftlichen, fern- schriftlichen oder, in dringenden Fällen, mündlichen Vorführungsbefehl Personen polizeilich vorführen lassen, a) die eine Vorladung nicht beachteten, b) von denen anzunehmen ist, dass sie eine Vorladung nicht beachten, c) deren sofortiges Erscheinen im Interesse des Verfahrens unerlässlich ist oder d) die dringend eines Verbrechens oder Vergehens verdächtig sind und bei denen Haftgründe zu vermuten sind.
2 Der vorzuführenden Person ist vom Inhalt des Vorführungsbefehls Kenntnis zu geben. Die festgenommene Person ist unverzüglich der Be- hörde, welche die Vorführung verlangte, zuzuführen.
3 Der Staatsanwalt oder das Gericht befragen die vorgeführte Person so- fort und entlassen sie hernach unverzüglich. Vorbehalten bleibt ein Haft- befehl nach Massgabe von § 44 Absatz 2 oder § 47 quinquies Absatz 2 oder die Anordnung der Sicherheitshaft durch das Obergericht nach § 47 sexies
.

§ 41

quater
.
4 ) Vorgehen bei vorläufiger Festnahme
1 Kann der vorläufig Festgenommene wegen Krankheit oder aus andern erheblichen Gründen nicht in das Untersuchungsgefängnis verbracht wer- den, ist er unter Anwendung der gebotenen Sicherungsmassnahmen in einer geeigneten Anstalt unterzubringen. Der Anstaltsleitung sind für die Behandlung des Festgenommenen die nötigen Weisungen zu geben.
2 Der Staatsanwalt oder das Gericht sind dafür besorgt, dass die Angehöri- gen des Festgenommenen, allenfalls auch dessen Arbeitgeber, von der ________________
1 ) § 41 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
2 )§ 41 bis eingefügt am 5. November 2003.
3 )§ 41 ter eingefügt am 5. November 2003.
4 )§ 41 quater eingefügt am 5. November 2003.
16 Festnahme umgehend benachrichtigt werden, sofern es nicht berechtigte Interessen des Festgenommenen oder der Untersuchungszweck verbieten. Geraten Perso nen, für die der Festgenommene zu sorgen hat, in eine be- drängte Lage, ist die zuständige Sozialbehörde zu benachrichtigen.

2. Untersuchungshaft

§ 42.

1 ) Begriff Die Untersuchungshaft beginnt mit ihrer Anordnung durch den Haftrich- ter und endet mit dem Eingang der Anklage beim erstinstanzlichen Ge- richt oder mit der Entlassung des Beschuldigten während der Strafuntersu- chung.

§ 43.

2 ) Voraussetzung der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft
1 Die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft dürfen nur aufgrund eines von der zuständigen Behörde ausgestellten und vom Haftrichter bestätig- ten Haftbefehls angeordnet werden.
2 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind gegen eine Person zulässig, wenn diese einer mit Freiheitsstrafe bedrohten Tat dringend verdächtig und zudem eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist: a) Der Verdächtige ist flüchtig, oder es besteht die ernstliche Gefahr, dass er sich der Strafverfolgung durch Flucht entziehen würde; b) es besteht die ernstliche Gefahr, dass der Verdächtige, in Freiheit be- lassen, Spuren der Tat vernichten, Beweismittel beiseite schaffen oder verändern, Zeugen oder Mitschuldige zu falschen Aussagen verleiten oder andere Personen zu einem solchen Verhalten veranlassen würde; c) es besteht Verdacht eines Verbrechens oder schweren Vergehens und die ernstliche Gefahr, dass der Verdächtige, in Freiheit belassen, seine strafbare Tätigkeit fortsetzen würde.
3 Die Untersuchungs- und die Sicherheitshaft dürfen nicht angeordnet werden, wenn sich ihr Zweck durch mildere Massnahmen erreichen lässt.

§ 44.

3 ) Haftverfahren vor dem Staatsanwalt
1 Der Staatsanwalt befragt die festgenommene Person und gibt ihr Gele- genheit, sich zum Tatverdacht und zu den Haftgründen zu äussern. Er nimmt die sofort zugänglichen Beweise ab, die für den Haftentscheid wesentlich sind.
2 Bestätigen sich der Tatverdacht und die Haftgründe, so stellt der Staats- anwalt unverzüglich den kurz begründeten Haftbefehl aus und beantragt unter Beilage der erheblichen Akten spätestens innert 48 Stunden seit der Festnahme beim Haftrichter die Anordnung der Untersuchungshaft.
3 Verzichtet der Staatsanwalt auf einen Haftbefehl nach Absatz 2, verfügt er die unverzügliche Freilassung des Beschuldigten.
4 Beantragt der Staatsanwalt eine Ersatzmassnahme (§ 53), so trifft er die erforderlichen sichernden Vorkehren. Er kann den Beschuldigten mit ei- nem Haftbefehl in Haft behalten und dem Haftrichter zuführen lassen. ________________
1 ) § 42 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 43 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 44 Fassung vom 5. November 2003.
17

§ 45.

1 ) Verfahren vor dem Haftrichter
1 Der Haftrichter setzt, wenn der Haftbefehl und die Akten des Staatsan- walts eingegangen sind, unverzüglich eine mündliche, nicht öffentliche Verhandlung an.
2 Wenn der Beschuldigte ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtet, so kann der Haftrichter in einem schriftlichen Verfahren auf Grund des Haftbefehls, der Akten des Staatsanwalts und der Äusserungen und Eingaben des Beschuldigten entscheiden.
3 Der Haftrichter gewährt dem Beschuldigten und der Verteidigung auf Verlangen vorgängig Einsicht in die ihm vorliegenden Akten.
4 Der Haftrichter nimmt nur sofort zugängliche Beweise ab, die geeignet sind, den Tatverdacht oder die Haftgründe zu bestätigen oder zu widerle- gen.

§ 46.

2 ) Entscheid des Haftrichters
1 Der Haftrichter entscheidet unverzüglich, spätestens aber innert 96 Stun- den nach der Festnahme, auf Grund der Akten, der Vorbringen des Staats- anwalts und der in Untersuchungshaft zu setzenden Person und ihrer Verteidigung sowie der abgenommenen Beweise.
2 Er kann die Dauer der Untersuchungshaft begrenzen und überdies den Staatsanwalt verpflichten, innert dieser Frist bestimmte Untersuchungs- handlungen vorzunehmen. Die Untersuchungshaft dauert ohne erneute Prüfung (§ 47 bis ) längstens drei Monate.
3 Der Haftrichter kann in allen Haftentscheiden eine Frist bis zu einem Monat, ausnahmsweise längstens von drei Monaten, setzen, innerhalb derer der verhaftete Beschuldigte kein Gesuch um Haftentlassung stellen kann.
4 Der Haftrichter eröffnet seinen Entscheid sofort mündlich und teilt ihn anschliessend dem Staatsanwalt, dem Beschuldigten, der Verteidigung sowie auf Begehren dem Opfer schriftlich und mit kurzer Begründung mit.
5 Ordnet der Haftrichter die Untersuchungshaft nicht an, lässt er den Be- schuldigten unverzüglich frei.
6 Gegen die Entscheide des Haftrichters ist unter Vorbehalt von § 47 ter und

§ 47

quinquies Absatz 4 kein kantonales Rechtsmittel gegeben.

§ 47.

3 ) Haftentlassungsgesuch
1 Der Haftrichter weist in seinem Entscheid den in Untersuchungshaft gesetzten Beschuldigten darauf hin, dass er jederzeit ein Haftentlassungs- gesuch stellen kann.
2 Gesuche um Haftentlassung können unter Vorbehalt von § 46 Absatz 3 jederzeit beim Staatsanwalt schriftlich eingereicht oder mündlich zu Pro- tokoll erklärt werden; sie sind nach Möglichkeit kurz zu begründen.
3 Will der Staatsanwalt dem Gesuch nicht entsprechen, so leitet er es zu- sammen mit den Akten unverzüglich, spätestens aber innert 24 Stunden nach dem Eingang, mit einer begründeten Stellungnahme an den Haf- trichter weiter. ________________
1 ) § 45 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 46 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 47 Fassung vom 5. November 2003.
18
4 Der Haftrichter entscheidet unverzüglich, spätestens aber innert fünf Tagen nach Eingang des Gesuchs. Das Verfahren ist in der Regel schriftlich; der Haftrichter kann eine mündliche Verhandlung anordnen.
5 Der Entscheid des Haftrichters ergeht in sinngemässer Anwendung von

§ 46.

§ 47

bis
.
1 ) Haftverlängerungsgesuch
1 Der Staatsanwalt kann ein Gesuch um Haftverlängerung stellen.
2 Der Staatsanwalt reicht dem Haftrichter das schriftliche und begründete Gesuch spätestens vier Arbeitstage vor Ablauf der Haftdauer ein und legt ihm die wesentlichen Akten vor. Das Gesuch wird gleichzeitig dem Vertei- diger zur Stellungnahme übermittelt. Der Staatsanwalt kann das Gesuch mit seiner Stellungnahme zu einem Haftentlassungsgesuch verbinden.
3 Das Verfahren vor dem Haftrichter ist schriftlich; der Haftrichter kann eine mündliche Verhandlung anordnen. Der Entscheid des Haftrichters ergeht in sinngemässer Anwendung von § 46.
4 Die Verlängerung der Untersuchungshaft wird für längstens drei Monate, in Ausnahmefällen für längstens sechs Monate bewilligt; nach Ablauf dieser Frist kann der Staatsanwalt ein weiteres Haftverlängerungsgesuch stellen.

§ 47

ter
.
2 ) Rechtsmittel Hat die Untersuchungshaft drei Monate gedauert, kann der Verhaftete gegen die Abweisung eines Haftentlassungsgesuchs oder die Bewilligung einer Haftverlängerung bei der Beschwerdekammer des Obergerichts Beschwerde führen.

3. Sicherheitshaft

§ 47

quater
.
3 ) Begriff Die Sicherheitshaft ist der Freiheitsentzug nach Eingang der Anklageschrift beim Amtsgericht oder beim Amtsgerichtspräsidenten. Sie endet mit der Rechtskraft des Urteils, mit dem Antritt der freiheitsentziehenden Strafe oder Massnahme oder mit der Entlassung.

§ 47

quinquies
.
4 ) Anordnung der Sicherheitshaft während des erstinstanzlichen Verfahrens
1 Befindet sich der Beschuldigte im Zeitpunkt der Anklageerhebung in Untersuchungshaft, so stellt der Staatsanwalt gleichzeitig mit der Ankla- geerhebung dem Haftrichter ein kurz begründetes Gesuch um Anordnung der Sicherheitshaft, selbst wenn die Dauer der bewilligten Untersuchungs- haft noch nicht abgelaufen ist.
2 Ergeben sich Haftgründe erst während des erstinstanzlichen Verfahrens, so kann der Staatsanwalt oder der Amtsgerichtspräsident einen Haftbefehl ausstellen und den Haftrichter um Bestätigung ersuchen. ________________
1 ) § 47 bis Fassung vom 5. November 2003.
2 )§ 47 ter Fassung vom 5. November 2003.
3 )§ 47 quater Fassung vom 5. November 2003.
4 )§ 47 quinquies Fassung vom 5. November 2003.
19
3 Das Verfahren richtet sich im Falle von Absatz 1 sinngemäss nach § 47 bis , im Falle von Absatz 2 sinngemäss nach §§ 44 - 46. Für das Haftentlassungs- gesuch gilt § 47 sinngemäss.
4 Die Sicherheitshaft kann frühestens nach einer Dauer von drei Monaten mit Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Obergerichts angefochten werden.

§ 47

sexies
.
1 ) Sicherheitshaft im Appellationsverfahren
1 Über die Fortsetzung einer bereits im erstinstanzlichen Verfahren ange- ordneten Sicherheitshaft und über spätere Haftentlassungsgesuche ent- scheidet der Präsident der Beschwerdekammer des Obergerichts endgül- tig. Die Akten werden ihm nach Eingang bei der Strafkammer umgehend zugestellt. Haftentlassungsgesuche sind direkt an den Präsidenten der Beschwerdekammer zu richten; dieser entscheidet innert 5 Tagen. Für das Haftentlassungsgesuch gilt § 47 sinngemäss.
2 Ergeben sich Haftgründe erst während des Appellationsverfahrens, so entscheidet der Präsident der Beschwerdekammer in sinngemässer An- wendung von § 47 quinquies und §§ 44 - 46 endgültig über die Anordnung der Sicherheitshaft.

4. Vollzug der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft; Sicherheitsleistung

und Ersatzmassnahmen
2 )

§ 48. Vollzug

1 Der Untersuchungsgefangene darf während der Haft keinen stärkeren Beschränkungen unterworfen werden, als es der Zweck der Haft und die Gefängnisordnung erheischen.
2 Der Besuch eines Untersuchungsgefangenen ist nur mit Bewilligung des Staatsanwalts oder des Gerichts erlaubt. Unterredungen mit einem Besu- cher erfolgen unter Aufsicht, wenn die zuständige Behörde nicht unbeauf- sichtigte Besprechung gestattet.
3 )
3 Mit seinem Verteidiger darf sich der Verhaftete unbeaufsichtigt bespre- chen. Der Staatsanwalt oder das Gericht
4 ) kann den mündlichen Verkehr mit dem Verteidiger, der nicht ein zur Berufsausübung zugelassener An- walt ist, ausnahmsweise durch Kontrollmassnahmen beschränken oder ausschliessen, wenn es der Untersuchungszweck erfordert.
5 )
4 Ein- und ausgehende Post unterliegt der Kontrolle durch den Staatsan- walt oder das Gericht.
6 ) Briefe an das Obergericht und an den Regierungs- rat unterliegen dieser Beschränkung nicht. Die Korrespondenz mit dem Verteidiger unterliegt der Kontrolle nur, soweit es der Untersuchungs- zweck erfordert. Ist der Verteidiger ein zur Berufsausübung zugelassener Anwalt, unterliegt die Korrespondenz des Beschuldigten mit ihm keiner Kontrolle.
7 ) ________________
1 ) § 47 sexies Fassung vom 5. November 2003.
2 ) Titel eingefügt am 5. November 2003.
3 ) § 48 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 48 Absatz 3 Beginn Satz 2 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 48 Absatz 3 Fassung vom 2. Dezember 1990.
6 ) § 48 Absatz 4 Satz 1 Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 48 Absatz 4 Fassung vom 2. Dezember 1990.
20
5 Die vom Regierungsrat bezeichneten Anstaltsgeistlichen dürfen den Untersuchungsgefangenen in ihrer Seelsorgetätigkeit im Rahmen der Gefängnisordnung jederzeit besuchen und sich mit ihm unbeaufsichtigt besprechen.

§ 49. Vorzeitiger Vollzug und Aufenthalt in einer Krankenanstalt

1 Mit Zustimmung des Staatsanwalts oder des Gerichts kann der Untersu- chungsgefangene auf sein Verlangen den vorzeitigen Straf- oder Mass- nahmenvollzug antreten.
1 ) Er bleibt bis zur rechtskräftigen Beurteilung Untersuchungsgefangener, untersteht aber der Hausordnung der Anstalt, soweit der Untersuchungszweck nicht Einschränkungen erfordert.
2 )
2 Muss der Untersuchungsgefangene aus medizinischen Gründen in ein Krankenhaus verbracht werden, ist dort die Haft nach den Weisungen des Staatsanwalts oder des Gerichts zu vollziehen.
3 )

§ 50. Haftentlassung

1 Der Untersuchungsgefangene ist unverzüglich aus der Haft zu entlassen, wenn kein Haftgrund mehr besteht.
2 Die Untersuchungshaft darf nicht länger dauern als die zu erwartende Strafe oder Massnahme.
4 )

§ 51. Freilassung gegen Sicherheitsleistung

1 Wer wegen Fluchtverdachts (§ 43 Abs. 2 lit. a) verhaftet ist oder zu ver- haften wäre, kann, sofern es der Untersuchungszweck erlaubt, in Freiheit gelassen werden gegen Bestellung einer Sicherheit dafür, dass er sich jederzeit auf Aufforderung hin beim zuständigen Staatsanwalt oder Ge- richt einfinden oder zum Vollzug einer Strafe oder Massnahme stellen werde.
5 )
2 Betrag und Art der Sicherheitsleistung bestimmt der Haftrichter und im Appellationsverfahren der Präsident der Beschwerdekammer des Oberge- richts nach der Schwere der Beschuldigung und nach den Vermögensver- hältnissen des Beschuldigten.
6 )
3 Trifft der Beschuldigte Anstalten zur Flucht, bleibt er auf Vorladung ohne genügende Entschuldigung aus oder erfordern neue Umstände seine Ver- haftung, wird er trotz der Sicherheitsleistung verhaftet.

§ 52. Freigabe und Verfall der Sicherheitsleistung

1 Die Sicherheit wird frei, wenn der Beschuldigte die damit verbundenen Auflagen erfüllt hat oder nach § 51 Absatz 3 verhaftet wird, ferner wenn kein Haftgrund mehr besteht.
2 Verfällt die Sicherheit, wird sie zunächst zur Deckung der Verfahrensko- sten, dann auf Verlangen des Zivilklägers zur Deckung der zugesproche- nen Zivilforderung und schliesslich zur Bezahlung einer allfä lligen Busse verwendet. Ein Überschuss fällt in die Staatskasse, ist aber zurückzuerstat- ________________
1 ) § 49 Absatz 1 Satz 1 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 49 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 49 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 50 Absatz 2 eingefügt am 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
5 ) § 51 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 51 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
21 ten, wenn sich der Verurteilte vor Ablauf der Verjährungsfrist zum Vollzug der Strafe oder Massnahme stellt.
3 Über Freigabe, Verfall und Verwendung der Sicherheit entscheidet bei Einstellung der Haftrichter, in den übrigen Fällen das urteilende Gericht.
1 )

§ 53. Ersatzmassnahmen

1 Wenn sich der Zweck der Untersuchungshaft durch eine mildere Mass- nahme, wie Schriftensperre, Anordnung, sich regelmässig bei einer Amts- stelle zu melden oder einen bestimmten Ort nicht zu verlassen, erreichen lässt, ordnet der Haftrichter und im Appellationsverfahren der Präsident der Beschwerdekammer des Obergerichts diese Massnahme an.
2 )
2 Die Ersatzmassnahme kann mit Sicherheitsleistung verbunden werden. C. Beschlagnahme, Durchsuchung, andere Zwangsmassnahmen

1. Zuständigkeit

§ 54. Zuständige Behörde

1 Zur Anordnung der in den §§ 55 – 61 genannten Massnahmen ist der Staatsanwalt und nach Anklageerhebung das zuständige Gericht befugt.
3 )
2 Erträgt die Massnahme keinen Aufschub, sind die Polizeiorgane befugt, von sich aus Gegenstände vorläufig zu beschlagnahmen und bei Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens eine Hausdurchsuchung vorzunehmen oder Informationsträger
4 ) in schweren Straffällen zu durchsuchen. Sie haben dabei die für Beschlagnahme und Hausdurchsuchung geltenden Regeln sowie die §§ 55 und 58 zu beachten.
5 ) In dringenden Fällen können die Polizeiorgane ferner anordnen, dass die einer Straftat verdächtige Person durch einen Arzt untersucht und ihr eine Blutprobe entnommen wird.
3 Genehmigungsbehörde im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 litera c des Bun- desgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Telefonverkehrs vom 6. Oktober 2000
6 ) ist der Haftrichter.
7 )
4 Die Triage im Sinne von Artikel 4 Absatz 6 dieses Bundesgesetzes erfolgt unter der Aufsicht des Amtsgerichtspräsidenten durch die von ihm zu bestimmende Behörde.
8 )
5 Genehmigungsbehörde im Sinne von Artikel 7 des Bundesgesetzes über die verdeckte Ermittlung vom 20. Juni 2003
9 ) ist der Haftrichter.
10 ) ________________
1 ) § 52 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 53 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 54 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
5 ) § 54 Absatz 2 Satz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
6 ) SR 780.11; AS 2001, 3096.
7 ) § 54 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 54 Absatz 4 angefügt am 5. November 2003.
9 ) BBl 2003, 4465.
10 ) § 54 Absatz 5 angefügt am 16. Mai 2006.
22

2. Beschlagnahme

§ 55. Gegenstand und Verfahren

1 Gegenstände und Vermögenswerte, die als Beweismittel dienen oder die als dem Staat verfallen erklärt werden können oder deren Einziehung in Frage kommt, können mit Beschlag belegt und verwahrt werden. Der Besitzer solcher Gegenstände und Vermögenswerte ist verpflichtet, sie auf Aufforderung hin der zuständigen Behörde auszuhändigen. Verweigert er die Herausgabe, sind sie ihm wegzunehmen. Macht er berechtigte Ge- heimhaltungsinteressen geltend, so findet § 58 Absatz 3 sinngemäss An- wendung. Wenn es der Untersuchungszweck erheischt, kann die Weg- nahme ohne vorherige Aufforderung zur Herausgabe geschehen. Den Akten ist ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände und Vermö- genswerte beizufügen; ein Doppel ist dem Besitzer auszuhändigen oder zuzustellen, sobald es der Stand der Untersuchung erlaubt.
1 )
2 Ausweisschriften können beschlagnahmt werden, um die Flucht eines Beschuldigten zu erschweren.
3 Zur Sicherstellung von Bussen und Verfahrenskosten können bei Perso- nen ohne Wohnsitz in der Schweiz Gegenstände und Vermögenswerte beschlagnahmt werden.
2 )

§ 56.

3 ) Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände
1 Beschlagnahmte Gegenstände und Vermögenswerte, die für das Strafver- fahren nicht mehr benötigt werden und weder der Einziehung unterliegen noch dem Staat verfallen, sind dem Berechtigten zurückzugeben. Ist er nicht bekannt und rechtfertigt es der Wert der Gegenstände und Vermö- genswerte, erfolgt eine öffentliche Ausschreibung.
2 Erheben mehrere Personen auf einen Gegenstand oder Vermögenswert Anspruch, trifft der Richter oder der Staatsanwalt die ihm gut scheinende Verfügung und setzt jedem abgewiesenen Ansprecher eine Frist zur zivil- rechtlichen Klage an.
4 ) Verstreicht die Frist unbenützt, wird der Gegen- stand oder Vermögenswert dem durch die Verfügung bezeichneten An- sprecher ausgehändigt.
3 Bleibt der Berechtigte unbekannt oder lehnt er die Rücknahme des Ge- genstandes oder Vermögenswertes ab, findet die Verordnung des Regie- rungsrats über Aufbewahrung und Verwendung beschlagnahmter und eingezogener Gegenstände (§ 221) Anwendung.

3. Durchsuchung

§ 57.

5 ) Hausdurchsuchung
1 Ist anzunehmen, dass sich der B eschuldigte oder Verdächtige in einer Wohnung oder in andern Räumlichkeiten verborgen hält oder sich darin Beweisgegenstände oder Spuren der strafbaren Tat oder des Täters vor- finden, so können diese Räume durchsucht werden. Mit Ausnahme drin- ________________
1 ) § 55 Absatz 1 Fassung vom 22. September 1996; GS 93, 1122.
2 ) § 55 Absatz 3 Fassung vom 22. September 1996.
3 ) § 56 Fassung vom 22. September 1996.
4 ) § 56 Absatz 2 Satz 1 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 57 Fassung vom 5. November 2003.
23 gender Fälle darf die Hausdurchsuchung nur aufgrund eines schriftlichen Befehls des Staatsanwalts oder des zuständigen Gerichts vorgenommen werden, der bei Durchführung der Massnahme vorzuweisen ist. Die Haus- durchsuchung führt der Staatsanwalt, der Untersuchungsbeamte, das zuständige Gericht oder die Polizei durch.
2 Wenn es der Untersuchungszweck nicht verbietet, ist der Inhaber der Räumlichkeiten oder ein von diesem bezeichneter Ve rtreter beizuziehen. Ist er nicht erreichbar, darf die Durchsuchung mit Ausnahme dringender Fälle nur in Anwesenheit des Staatsanwalts oder des Präsidenten des zu- ständigen Gerichts geschehen. Es sind die nötigen Vorsichtsmassnahmen zu treffen, damit der Zweck der Hausdurchsuchung nicht vereitelt wird. Über die Durchsuchung ist ein Protokoll aufzunehmen.

§ 58.

1 ) Durchsuchung von Informationsträgern
1 Besteht die begründete Vermutung, dass sich unter Schriftstücken oder anderen Informationsträgern solche befinden, die der Beschlagnahme unterliegen, sind sie zu durchsuchen.
2 Die Durchsuchung ist mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Beachtung der Berufsgeheimnisse durchzuführen.
3 Erhebt der Besitzer oder ein Dritter, der ein Geheimhaltungsinteresse geltend macht, gegen die angeordnete Durchsuchung Einsprache, sind die Informationsträger vorläufig zu versiegeln und zu verwahren. Über die weitere Verwendung entscheidet die Beschwerdekammer des Oberge- richts auf Antrag des Staatsanwalts. Der Antrag ist innert 30 Tagen nach Eingang der Einsprache zu stellen. In schweren Straffällen können die Informationsträger trotz Einsprache unverzüglich durchsucht werden, wenn es der Untersuchungszweck erheischt.
2 )
4 Informationsträger von Personen, die nicht Beschuldigte sind und denen zur Wahrung eines Berufsgeheimnisses ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, dürfen ohne deren Einwilligung weder durchsucht noch be- schlagnahmt werden.
3 )

4. Andere Zwangsmassnahmen

§ 59.

4 ) Überwachung des Post- und Fernmeld everkehrs
1 Die Überwachung des Post- und Fernmeld everkehrs richtet sich nach dem Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeld ever- kehrs vom 6. Oktober 2000
5 ).
2 Nachträgliche Beschwerden im Sinne von Artikel 10 Absatz 5 litera c dieses Bundesgesetzes werden von der Beschwerdekammer des Oberge- richts beurteilt. Das Verfahren richtet sich nach §§ 204 - 207. ________________
1 ) § 58 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
2 ) § 58 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 58 Absatz 4 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 59 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) SR 780.11; AS 2001, 3096.
24

§ 59

bis
.
1 ) Einsatz von technischen Überwachungsgeräten
1 Der Einsatz von technischen Überwachungsgeräten (Art. 179 bis ff. StGB) ist unter den gleichen materiellen und formellen Voraussetzungen wie die Überwachung des Post- und Fernmeld everkehrs zulässig.
2 Für die Verwendung der Überwachungsergebnisse und der Zufallsfunde sowie für die nachträgliche Mitteilung sind sinngemäss die Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und Fernmel- deverkehrs vom 6. Oktober 2000
2 ) anwendbar. §§ 59 ter - 59 quinquies
. ...
3 )

§ 60. Körperliche Untersuchung

1 Wenn es zur Abklärung einer Straftat erforderlich ist, können eine kör- perliche Untersuchung des Beschuldigten oder Verdächtigen, die Entnah- me einer Blutprobe oder ein Wangenschleimhautabstrich angeordnet werden.
4 )
2 Gegenüber einem Dritten kann eine solche Massnahme ohne seine Ein- willigung nur angeordnet werden, um allfällige Spuren oder Folgen eines schweren Verbrechens oder schweren Vergehens festzustellen.
3 Körperliche Untersuchung und Blutentnahme erfolgen durch einen Arzt.
4 Für die DNA-Analyse gilt § 33 bis Absatz 2 und 3 des Kantonspolizeigeset- zes.
5 )

§ 61. Leichenschau, Untersuchung, Sektion und Exhumierung eines

Leichnams
1 Wenn ein Leichnam an einem ungewöhnlichen Ort aufgefunden wird, die Identität des Toten unbekannt ist, die Umstände des Todes ausserge- wöhnlich sind oder die Person dem Anschein nach nicht eines natürlichen Todes gestorben ist, ist der Staatsanwalt unverzüglich zu benachrichtigen. Er ordnet eine Leichenschau unter Beizug eines Arztes an. Diese wird vom Staatsanwalt oder auf seine Anordnung hin von der Polizei vorgenommen. Besteht der Verdacht einer strafbaren Handlung, ordnet der Staatsanwalt die nötigen Beweismassnahmen an.
6 )
2 Wenn es zur Abklärung einer Straftat erforderlich ist, ordnet der Staats- anwalt an, dass der Leichnam durch einen Facharzt untersucht und seziert wird.
7 )
3 Besteht Verdacht, dass der Tod eines Menschen Folge einer schweren Straftat war, kann die Exhumierung des Leichnams, die unter Aufsicht des Staatsanwalts zu geschehen hat, angeordnet werden. In gleicher Weise kann die Öffnung einer Aschenurne angeordnet werden.
8 ) ________________
1 ) § 59 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) SR 780.11; AS 2001, 3096.
3 ) §§ 59 ter -
59 quinquies aufgehoben am 5. November 2003.
4 ) § 60 Absatz 1 Fassung vom 21. Februar 2001 Informations- und Datenschutzge- setz.
5 ) § 60 Absatz 4 angefügt am 21. Februar 2001 Informations- und Datenschutzge- setz.
6 ) § 61 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 61 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 61 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
25
4 Der Regierungsrat kann für Leichenschauen nach Absatz 1 einen beson- deren ärztlichen Pikettdienst einrichten. Zehnter Abschnitt Beweismittel A. Zeugen und Auskunftspersonen

§ 62.

1 ) Zeugenpflicht Jedermann ist verpflichtet, als Zeuge vor dem Staatsanwalt, vor dem Un- tersuchungsbeamten oder vor dem Gericht zu erscheinen und unter Vor- behalt der nachfolgenden Vorschriften Zeugnis abzulegen.

§ 63. Zeugnisverweigerungsrecht von Verwandten

1 Das Zeugnis können verweigern:
2 ) a) Verwandte und Verschwägerte des Beschuldigten in gerader Linie, seine Geschwister und Schwäger; b) Ehegatte, Verlobter oder eingetragener Partner des Beschuldigten sowie die mit diesem eine faktische Lebensgemeinschaft führende Per- son;
3 ) c) Stiefeltern, Stiefkinder und Stiefgeschwister, Pflegeeltern und Pflege- kinder des Beschuldigten.
2 Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht auch dann, wenn die Ehe oder eingetragene Partnerschaft aufgelöst ist, die das Verwandtschaftsverhält- nis begründet hat.
4 )

§ 64. Zeugnisverweigerungsrecht zur Wahrung eines Amts- und

Berufsgeheimnisses Das Zeugnis können verweigern: a) Geistliche, Anwälte, Notare, Ärzte, Zahnärzte, Chiropraktoren, Apo- theker, Hebammen sowie ihre Hilfspersonen über Geheimnisse, die ih- nen infolge ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben. Für Geistliche, Anwälte, Ärzte und Chiropraktoren besteht das Zeugnisverweigerungsrecht auch dann, wenn sie der Berechtigte oder eine Aufsichtsbehörde von der Geheim- haltungspflicht entbindet. Kein Zeugnisverweigerungsrecht besteht für die nach Obligationenrecht zur Verschwiegenheit verpflichteten Revi- soren.
5 ) ________________
1 ) § 62 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 63 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 63 Absatz 1 Buchstabe b Fassung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partner- schaft.
4 ) § 63 Absatz 2 Fassung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partnerschaft.
5 ) § 64 Buchstabe a Fassung vom 2. November 1999.
26 b) Mitglieder von Behörden und Beamte über Geheimnisse, die sie in ihrer amtlichen oder dienstlichen Stellung wahrgenommen haben, so- fern sie nicht die vorgesetzte Behörde von der Geheimhaltungspflicht entbindet.

§ 65. Zeugnisverweigerungsrecht zum Schutz gegen Nachteile

Kein Zeuge ist zu Aussagen verpflichtet, die nach glaubwürdiger Angabe ihn oder einen der in § 63 genannten Verwandten der Gefahr strafrechtli- cher Verfolgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens oder der ernst- lichen Gefahr eines schweren Nachteils, insbesondere für Ehre oder Ver- mögen, aussetzen würden.

§ 65

bis
.
1 ) Berücksichtigung weiterer Geheimhaltungsinteressen
1 Macht ein zur Aussage verpflichteter Zeuge geltend, er habe ein Ge- heimnis zu wahren, das ihm aufgrund seines Berufes anvertraut oder be- kannt geworden ist, so kann ihn der Staatsanwalt oder das Gericht von der Aussagepflicht befreien, wenn das berechtigte Geheimhaltungsinteresse im Einzelfall das In teresse an der Wahrheitsfindung überwiegt.
2 )
2 Absatz 1 gilt auch für die Durchsuchung von Informationsträgern, die im Besitz von dort genannten Personen sind.
3 Absatz 1 gilt nicht in Verfahren, die ein Verbrechen zum Gegenstand haben.

§ 66. Mehrheit von Zeugen

Die Zeugen sind einzeln und in Abwesenheit noch nicht angehörter Zeu- gen einzuvernehmen. Zur Behebung von Widersprüchen kann jeder Zeuge einem andern Zeugen, dem Beschuldigten oder einer Auskunftsperson gegenübergestellt werden.

§ 67.

3 ) Unbegründete Zeugnisverweigerung Der Zeuge, der die Aussage ohne gesetzlichen Grund verweigert, kann nach § 18 bestraft werden. Wer die Aussage verweigert, hat in jedem Fall die aus der Weigerung entstehenden Kosten zu b ezahlen.

§ 68. Einvernahme der Zeugen

1 Die Einvernahme beginnt mit der Feststellung der Personalien des Zeu- gen und seiner Beziehungen zu den am Verfahren beteiligten Personen.
2 Zeugen, die nach §§ 63 und 64 die Aussage verweigern können, sind auf dieses Recht hinzuweisen. Unterbleibt der Hinweis, ist die Aussage ungül- tig.
3 Ist dem Einvernehmenden bekannt, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 65 in Frage kommt, ist der Zeuge auf das Recht hinzuweisen, bevor eine Frage gestellt wird, deren Beantwortung die in § 65 genannten Nach- teile zeitigen kann.
4 Wird auf ein Zeugnisverweigerungsrecht verzichtet, kann der Verzicht während des Verfahrens widerrufen werden. Die vor dem Widerruf ge- machten Aussagen bleiben gültig. ________________
1 ) § 65 bis eingefügt am 2. Dezember 1990. GS 91, 854.
2 )§ 65 bis Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 67 Fassung vom 16. Mai 2006.
27
5 Die Zeugen, denen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht oder die auf ein bestehendes Verweigerungsrecht verzichten, sind zur Wahrheit zu ermahnen und auf die Straffolgen eines falschen Zeugnisses aufmerksam zu machen.

§ 69. Auskunftspersonen

1 Personen, die als Täter oder Teilnehmer in Frage kommen, Kinder unter
14 Jahren und urteilsunfähige Personen sind als Auskunftspersonen abzu- hören.
2 Für die Einvernahme der Auskunftspersonen gelten sinngemäss die Re- geln über die Einvernahme des Beschuldigten.

§ 70. Einvernahme des Verletzten

1 Wer durch die Straftat unmittelbar geschädigt oder gefährdet wurde, kann im Strafpunkt als Zeuge oder Auskunftsperson abgehört werden. Er ist in der Regel als Auskunftsperson abzuhören, wenn er im Verfahren als Zivilpartei auftritt.
2 Der einvernehmende Staatsanwalt oder das Gericht entscheiden nach Ermessen und endgültig darüber, in welcher Eigenschaft der Verletzte abgehört wird.
1 )
3 Wird die Einvernahme eines Kindes nach Artikel 10c des Opferhilfegeset- zes
2 ) aufgenommen, so ersetzt diese Aufnahme das Protokoll einer Einver- nahme.
3 ) B. Augenschein

§ 71. Vornahme

1 Kann es zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, ist ein Augenschein vorzunehmen. Sind dabei geschlossene Räumlichkeiten zu betreten, kann der Zutritt erzwungen werden, wenn trotz Aufforderung nicht geöffnet wird; § 57 ist sinngemäss anzuwenden.
2 Die Ergebnisse des Augenscheins sind in einem Protokoll oder in den Urteilserwägungen festzuhalten. Nötigenfalls sind Pläne, Fotografien und Zeichnungen beizufügen; soweit erforderlich, ist zu vermerken, wer sie erstellte. C. Sachverständige

§ 72. Ernennung und Aufgabe

1 Wenn es besonderer Fachkenntnis bedarf, um einen Sachverhalt abzukl ä- ren, ist ein Sachverständiger beizuziehen. Aufgabe und zu beantwortende Fragen sind ihm klar zu umschreiben. Nötigenfalls werden ihm Akten und Beweisgegenstände ausgehändigt; er kann zu Prozesshandlungen (Augen- schein, Einvernahmen) beigezogen werden. ________________
1 ) § 70 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) SR 312.5; BBl 2001 1341 f.
3 ) § 70 Absatz 3 angefügt am 5. November 2003.
28
2 Für den Sachverständigen gelten sinngemäss die Ausstandsbestimmun- gen des Gesetzes über die Gerichtsorganisation.
3 Der Staatsanwalt oder das Gericht, welches den Sachverständigen er- nennt, macht ihn auf die Straffolgen wissentlich falscher Begutachtung aufmerksam, sofern diese Kenntnis nicht vorauszusetzen ist. Das Gutach- ten ist in der Regel schriftlich zu erstatten; in einfachen Fällen kann es mündlich erstattet werden.
1 ) Elfter Abschnitt Dolmetscher

§ 73. Beizug

1 Sind Personen einzuvernehmen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn der Einvernehmende die fremde Sprache nicht genügend beherrscht.
2 Zur Einvernahme tauber oder stummer Personen ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn sonst eine genügende Verständigung nicht möglich ist.
3 Als Dolmetscher können nicht beigezogen werden Privatpersonen, die in anderer Eigenschaft am Strafverfahren beteiligt sind, und Personen, die als Sachverständige abgelehnt werden könnten.
4 Der Dolmetscher ist auf die Straffolgen wissentlich falscher Übersetzung aufmerksam zu machen. ________________
1 ) § 72 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
29 Zweiter Teil Verfahren Erster Abschnitt Einleitung A. Strafanzeige

§ 74. Anzeigerecht

Jedermann ist zur Anzeige einer Straftat berechtigt, die von Amtes wegen zu verfolgen ist.

§ 75. Anzeigepflicht und Ermittlungen der Polizei

1 Die Polizeiorgane sind verpflichtet, von Amtes wegen zu verfolgende Straftaten, die ihnen in ihrer dienstlichen Stellung bekannt werden, anzu- zeigen; bei schweren Verbrechen und schweren Vergehen ist die Staats- anwaltschaft unverzüglich zu benachrichtigen.
1 )
1bis In leichten Fällen von Übertretungen durch Kinder und Jugendliche können die Polizeiorgane, anstatt eine Strafanzeige einzureichen, eine Belehrung erteilen.
2 )
2 Bietet das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen eine genügende Grundlage für eine Strafanzeige, ist diese einzureichen. Weitere Ermitt- lungen hat die Polizei unter Vorbehalt unaufschiebbarer Massnahmen nur vorzunehmen, wenn der Staatsanwalt dazu Auftrag gibt.
3 )
3 Die Polizeiorgane können Personen anhalten und von ihnen Auskünfte verlangen. Bei der polizeilichen Befragung sind Personen, denen im Straf- verfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, darauf aufmerksam zu machen, dass sie die Aussage verweigern können.

§ 76. Inhalt der Anzeige und Weiterleitung

1 Die Anzeige soll die Persona lien der einer Straftat verdächtigen Person, eine kurze Darstellung des Sachverhalts und die Angabe der Beweismittel enthalten und ist bei der Staatsanwaltschaft einzureichen.
4 )
2 Die Polizeiorgane haben die Anzeige, gegebenenfalls unter Beilage der Beweisstücke und Einvernahmeprotokolle, unter Angabe der ihnen be- kannten Beweismittel, unverzüglich der Staatsanwaltschaft zu übermit- teln. Anzeigen, die bei einer unzuständigen solothurnischen Amtsstelle ________________
1 ) § 75 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 75 Absatz 1 bis eingefügt am 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
3 ) § 75 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 76 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
30 eingehen, sind ebenfalls unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weiter- zuleiten.
1 )
3 Werden Einvernahmeprotokolle erstellt, so ist den befragten Personen Gelegenheit einzuräumen, diese zu unterzeichnen.
2 ) B. Strafantrag

§ 77. Antragsrecht

1 Ist eine Tat nur auf Antrag zu verfolgen, können die nach dem Strafge- setzbuch berechtigten Personen die Bestrafung beantragen.
2 Bei Vernachlässigung von Unterhaltspflichten können im Sinne von Arti- kel 217 Absatz 2 StGB Antrag stellen: das Departement des Innern, die Vorsteher der Oberämter, die Sozialhilfekommissionen und die Vormund- schaftsbehörden.
3 )

§ 78.

4 ) Einreichen des Antrags und Aussöhnungsversuch
1 Der Strafantrag ist der Staatsanwaltschaft oder der Polizei einzureichen. Er muss die Unterschrift des Antragstellers oder seines Bevollmächtigten tragen. Wird der Antrag der Polizei eingereicht, ist dafür zu sorgen, dass der Antragsteller unterzeichnet und der Antrag unverzüglich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wird.
2 Der Staatsanwalt kann die Parteien zu einem Aussöhnungsversuch vorla- den. Ein Vergleich ist zu protokollieren und von den Beteiligten zu unter- zeichnen. Bleibt eine Partei beim Aussöhnungsversuch aus, bezahlt sie die Kosten der Verhandlung und eine Entschädigung an die erschienene Par- tei. Weitere Folgen hat das Ausbleiben nicht. Misslingt der Aussöhnungs- versuch, nimmt das Verfahren seinen Fortgang.
3 Ist gegen einen Beschuldigten bereits ein Strafverfahren im Gang, kann der Verletzte vor dem Staatsanwalt oder dem Gericht mündlich Strafan- trag stellen. Die Erklärung ist zu protokollieren und vom Antragsteller zu unterzeichnen.

§ 79. Ehrverletzungen und Tätlichkeiten

1 Bei Ehrverletzungen und Tätlichkeiten muss der Beschuldigte
5 ) zum Süh- neversuch vor den Friedensrichter geladen werden, wenn er am gleichen Ort wie der Antragsteller wohnt. Im Falle des Ausbleibens einer Partei ist

§ 78 Absatz 2 Satz 3 sinngemäss anwendbar.

6 )
2 In solchen Fällen ist der Strafantrag nur gültig, wenn innert der in Artikel
31 StGB genannten Frist eine Bescheinigung darüber eingereicht wird, dass der Sühneversuch stattfand oder verlangt wurde.
7 ) ________________
1 ) § 76 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 76 Absatz 3 eingefügt am 2. Dezember 1990.
3 ) § 77 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 78 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) Fassung vom 2. Dezember 1990.
6 ) § 79 Absatz 1 Satz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
7 ) § 79 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
31
3 Werden nachträglich neue Ehrverletzungen oder Tätlichkeiten bekannt oder erhebt der Beschuldigte
1 ) wegen solcher Handlungen Gegenklage gegen den Antragsteller, findet kein zweiter Sühneversuch statt.
4 Ein Sühneversuch kann auch dann unterbleiben, wenn wegen Ehrverlet- zung oder Tätlichkeiten Strafantrag gestellt wird gegen einen Beschuldig- ten,
2 ) gegen den beim gleichen Gericht bereits ein Strafverfahren wegen einer von Amtes wegen zu verfolgenden Tat hängig ist. C. Prüfung von Anzeige und Antrag

§ 80.

3 ) Nichteintreten
1 Der Staatsanwalt erlässt eine Nichteintretensverfügung, wenn die Straf- anzeige oder der Strafantrag nach Prüfung als offensichtlich grundlos erscheint.
2 Inhalt, Genehmigung und Eröffnung der Nichteintretensverfügung sowie die Rechtsmittel dagegen richten sich nach § 1 bis Absatz 3 - 5. Die Verfü- gung schliesst nicht aus, dass später wegen der gleichen Sache ein Straf- verfahren eröffnet wird.

§ 81. ...

4 )

§ 82.

5 ) Kostenvorschuss bei Antragsdelikten Bei Straftaten, die nur auf Antrag zu verfolgen sind, kann der Staatsan- walt den Antragsteller verhalten, für die Prozesskosten Sicherheit zu lei- sten. Er setzt ihm für die Leistung der Sicherheit eine angemessene Frist und eröffnet ihm, dass bei Unterlassung auf den Antrag nicht eingetreten werde. Der unbemittelte Antragsteller kann auf Gesuch hin von der Vor- schusspflicht befreit werden. ________________
1 ) Fassung vom 2. Dezember 1990.
2 ) Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 80 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 81 aufgehoben am 5. November 2003.
5 ) § 82 Fassung vom 5. November 2003.
32 Zweiter Abschnitt
... §§ 83 - 85 bis
...
1 ) Strafuntersuchung
2 ) A. Allgemeine Regeln

§ 86.

3 ) Eröffnung Tritt der Staatsanwalt auf die Strafanzeige oder den Strafantrag ein, so eröffnet er eine Strafuntersuchung. Davon kann er nur absehen, wenn er sofort eine Strafverfügung (§§ 103 - 103 ter ) erlässt.

§ 87. Eröffnungsverfügung

Die Verfügung, mit der die Strafuntersuchung eröffnet wird, ist im Proto- koll festzuhalten. Sie muss enthalten:

1. Angabe der Person, gegen welche die Untersuchung geführt wird;

4 )

2. summarische Angabe des Sachverhalts (soweit möglich: Ort, Zeit, Um-

stände der Tat, Verletzter);

3. gesetzliche Bezeichnung der Straftat.

§ 88.

5 ) Zweck und Umfang der Strafuntersuchung In der Untersuchung sind die Umstände der Tat abzuklären, die für das richterliche Urteil oder für die Einstellung des Verfahrens von Bedeutung sein können.

§ 89.

6 ) Ausdehnung Ergibt sich in der Strafuntersuchung hinreichender Verdacht, dass der Beschuldigte ausser der Gegenstand der Eröffnungsverfügung bildenden Tat eine weitere Straftat begangen hat, ist die Untersuchung auf diese auszudehnen. Sie ist auch auf Personen auszudehnen, die an der Straftat des Beschuldigten teilgenommen haben. Für die Ausdehnungsverfügung gilt § 87. Vorbehalten ist § 1 bis Absätze 2 – 6.

§ 90. Vereinigung und Trennung

1 Mehrere Untersuchungen gegen denselben Beschuldigten wegen mehre- rer Straftaten oder gegen Täter und Teilnehmer sind in einem einzigen Verfahren durchzuführen, wenn nicht wichtige Gründe getrennte Verfah- ren rechtfertigen.
2 Im übrigen können Untersuchungen getrennt oder vereinigt werden, wenn dadurch die Strafverfolgung vereinfacht und kein berechtigtes In- teresse einer Partei verletzt wird. ________________
1 ) Titel und §§ 83-85 bis aufgehoben am 5. November 2003.
2 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 86 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 87 Ingress und Z iffer 1 Fass ung vom 5. November 2003.
5 ) § 88 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 89 Fassung vom 5. November 2003.
33

§ 91.

1 ) Sistierung Der Staatsanwalt kann die Untersuchung sistieren, wenn der Ausgang eines andern Verfahrens oder andere künftige Ereignisse auf den Ent- scheid in der Strafsache Einfluss haben können. Die Sistierung ist in jedem Fall aufzuheben, wenn die Gefahr der Verjährung entsteht.

§ 92. Einvernahmen

1 Der Staatsanwalt führt die Einvernahmen durch.
2 )
2 Die Aussagen abgehörter Personen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach zu protokollieren, desgleichen wichtige Fragen und Vorhalte des Staats- anwalts. Änderungen und Streichungen, die den Sinn der Aussage beein- flussen, sind durch den Protokollführer zu bestätigen.
3 )
3 Am Schluss der Einvernahme ist das Protokoll von der abgehörten Person zu lesen oder ihr vorzulesen. Es ist von den Beteiligten zu unterzeichnen. Unterzeichnet die abgehörte Person nicht, ist der Grund anzugeben, wenn er bekannt ist.
4 Die Aussagen einer abgehörten Person sind neben dem Protokoll durch ein Aufnahmegerät festzuhalten, wenn der Staatsanwalt es anordnet. Der Beschuldigte kann die Anordnung beantragen. Die Anordnung ist vor der Einvernahme allen Beteiligten b ekannt zu geben. Die Aufzeichnungen werden zu den Akten genommen.
4 )

§ 92

bis
. ...
5 ) B. Stellung des Beschuldigten

§ 93. Einvernahme des Beschuldigten

1 Zu Beginn der ersten Einvernahme sind die genauen Personalien des Beschuldigten festzustellen. Hierauf ist ihm die Eröffnungsverfügung bekanntzugeben. Die Bekanntgabe ist im Protokoll festzuhalten.
6 )
1bis Der Beschuldigte hat das Recht, die Aussage zu verweigern. Auf dieses Recht ist er vor der ersten Einvernahme hinzuweisen; der Hinweis ist im Protokoll festzuhalten. Aussagen ohne diesen Hinweis sind grundsätzlich nicht verwertbar.
7 )
2 Die Einvernahme soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und die zu seinen Gun- sten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
3 Zugleich ist auf die gründliche Ermittlung der persönlichen Verhältnisse Bedacht zu nehmen; der Beschuldigte kann aufgefordert werden, eigen- händig einen Lebenslauf zu schreiben. ________________
1 ) § 91 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 92 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 92 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 92 Absatz 4 Fassung vom 5. November 2003.
5 )§ 92 bis (eingefügt durch § 119 Ziff. 10 GO vom 13. März 1977) aufge hoben am

2. Dezember 1990.

6 ) § 93 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
7 ) § 93 Absatz 1 bis eingefügt am 16. Mai 2006.
34
4 Wird die Untersuchung ausgedehnt, ist dem Beschuldigten die Ausdeh- nungsverfügung in gleicher Weise wie die Eröffnungsverfügung bekannt zu geben; die Bekanntgabe ist im Protokoll festzuhalten.
1 )

§ 94. Verbotene Einwirkungen

Die Willensfreiheit des Beschuldigten darf nicht durch Misshandlung, Drohung oder Ermüdung beeinträchtigt werden. Massnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit eines Beschuldigten beeinträchtigen, sowie Vorspiegelungen von Tatsachen sind nicht gestat- tet. Es darf namentlich nicht versucht werden, durch verbotene Mittel ein Geständnis zu erwirken. Aussagen des Beschuldigten, die durch verbotene Einwirkung zustandekamen, sind nicht zu berücksichtigen.

§ 95.

2 ) Beweisanträge und Anwesenheit bei Beweisaufnahmen
1 Der Beschuldigte kann Untersuchungshandlungen beantragen.
2 Er und sein Verteidiger können an Beweisaufnahmen teilnehmen, wenn es der Untersuchungszweck nicht verbietet. Sie können sich zur Person eines Sachverständigen äussern und diesem und den Zeugen Fragen stellen oder stellen lassen.
3 Der Verteidiger kann an der Einvernahme des Beschuldigten teilnehmen, wenn es der Untersuchungszweck nicht verbietet. Von Einvernahme- und Beweisaufnahme-Terminen ist ihm Kenntnis zu geben. Auf Verschiebung des Termins hat er in der Regel keinen Anspruch.

§ 96. Akteneinsicht

1 Dem Verteidiger und dem Verletzten ist auf Begehren Akteneinsicht zu gewähren. Diese kann ganz oder teilweise verweigert werden, soweit der Untersuchungszweck oder schützenswerte öffentliche oder private Ge- heimhaltungsinteressen es erfordern.
3 )
2 Dem Beschuldigten, der ohne Verteidiger ist, gestattet der Staatsanwalt auf Begehren unter den gleichen Voraussetzungen, die Akten unter Auf- sicht einzusehen.
4 ) C. Abschluss der Strafuntersuchung
5 )

§ 96

bis
.
6 ) Beweisergänzungen
1 Hält der Staatsanwalt die Untersuchung für vollständig, kündigt er dem Beschuldigten und den Verletzten mit bekanntem Wohnsitz schriftlich den bevorstehenden Abschluss der Untersuchung an und teilt ihnen mit, ob er Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen gedenkt.
2 Zugleich gibt er ihnen Gelegenheit, innert zehn Tagen Beweisergän- zungsbegehren zu stellen. In der Regel wird dem Beschuldigten im Fall einer vorgesehenen Einstellung die gleiche Frist gesetzt, um Entschädi- gungsforderungen anzumelden (§§ 36 - 38). ________________
1 ) § 93 Absatz 4 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 95 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
3 ) § 96 Absatz l Fassung vom 2. Dezember 1990.
4 ) § 96 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) Titel eingefügt am 5. November 2003.
6 )§ 96 bis eingefügt am 5. November 2003.
35
3 Der Staatsanwalt kann darauf verzichten, wenn gegen den Beschuldigten keine Untersuchungshandlungen vorgenommen wurden.
4 Der Staatsanwalt entscheidet über Beweisergänzungsbegehren schrift- lich. Abgelehnte Beweisergänzungsbegehren können im Hauptverfahren wieder gestellt werden.
5 Gegen Mitteilungen nach Absatz 1 ist kein Rechtsmittel gegeben, gegen Entscheide nach Absatz 4 nur, wenn Gefahr droht, dass Beweismittel spä- ter nicht mehr beschafft werden können. Dritter Abschnitt Zwischenverfahren
1 ) A. Einstellung
2 )

§ 97.

3 ) Einstellungsverfügung
1 Der Staatsanwalt stellt das Verfahren ganz oder teilweise ein, wenn kein Anlass zu einer weiteren Strafverfolgung besteht.
2 Die Einstellungsverfügung enthält je nach Bedeutung des Falles kürzere oder einlässlichere Angaben über den Sachverhalt (Ort, Zeit, Umstände der Tat, Verletzter) und eine Begründung.
3 Für den Entscheid über Kosten und Entschädigung gelten die §§ 31 - 38. Wird das Verfahren nur teilweise eingestellt, kann der Entscheid über Kosten und Entschädigung im späteren Urteil getroffen werden.
4 Über Zivilansprüche wird nicht entschieden.
5 Genehmigung und Eröffnung der Einstellungsverfügung sowie die Rechtsmittel dagegen richten sich nach § 1 bis Absätzen 3 bis 5. Die Verfü- gung schliesst nicht aus, dass später wegen der gleichen Sache ein Straf- verfahren eröffnet wird.

§ 97

bis
. ...
4 )

§ 98.

5 ) Einziehung Wird das Verfahren eingestellt, so entscheidet der Staatsanwalt oder, bei Übertretungen, der Untersuchungsbeamte in der gleichen Verfügung auch über eine Einziehung nach Artikel 69 – 73 StGB. Für das weitere Vorgehen, namentlich die Einsprache, sind §§ 103 bis - 103 quater sinngemäss anwendbar. ________________
1 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
2 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 97 Fassung vom 5. November 2003.
4 )§ 97 bis aufgehoben am 5. November 2003.
5 ) § 98 Fassung vom 16. Mai 2006.
36

§ 99.

1 ) Aufhebung von Amtes wegen Der Staatsanwalt hat die Einstellungsverfügung von Amtes wegen aufzu- heben, wenn neue erhebliche Verdachtsgründe bekannt werden, welche die gerichtliche Beurteilung der Strafsache rechtfertigen. Dem Beschuldig- ten ist die Aufhebung unverzüglich zu eröffnen. B. Anklageerhebung
2 )

§ 100.

3 ) Anklageerhebung; Inhalt der Anklageschrift
1 Der Staatsanwalt erhebt beim zuständigen Gericht Anklage, wenn er gestützt auf die Untersuchung die Verdachtsgründe als hinreichend erach- tet und keine Strafverfügung erlassen kann. Er erhebt auch dann Anklage, wenn sich das Verfahren nicht zur Erledigung mit Strafverfügung eignet.
2 Die Anklageschrift bezeichnet möglichst kurz, aber genau die dem Be- schuldigten vorgeworfenen Straftaten mit Beschreibung von Ort und Zeit der Tatausführung, der Verletzten sowie des täterischen Vorgehens. Sie führt die nach Auffassung des Staatsanwalts erfüllten Straftatbestände und die Beweisanträge des Staatsanwalts an.
3 Die Anklageschrift enthält weder Ausführungen zu Tat-, Schuld- und Rechtsfragen noch einen Antrag zu den vom Gericht zu verhängenden Strafen oder Massnahmen.
4 Vertritt der Staatsanwalt die Anklage nicht vor Gericht (§ 110 bis ), so ent- hält die Anklageschrift den Antrag. In diesem Falle kann der Staatsanwalt in einem Begleitbericht Ausführungen zu den Tat-, Schuld- und Rechtsfra- gen und zum Antrag machen.

§ 101.

4 ) Zustellung
1 Der Staatsanwalt stellt die Anklageschrift zusammen mit den Untersu- chungsakten unverzüglich dem zuständigen Gericht zu.
2 Dem Beschuldigten wird gleichzeitig ein Exemplar der Anklageschrift zugestellt.
3 Dem Verletzten wird auf sein Gesuch hin die Anklageschrift mindestens soweit zugestellt, als sie die zu seinem Nachteil begangenen Straftaten betrifft.

§ 102.

5 ) Rechtsmittel Gegen die Anklageerhebung ist kein Rechtsmittel gegeben. ________________
1 ) § 99 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 100 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 101 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 102 Fassung vom 5. November 2003.
37 C. Strafverfügung
1 )

§ 103.

2 ) Strafverfügung
1 Sind die Voraussetzungen nach § 75 Absatz 3 GO erfüllt, so erlässt der Staatsanwalt eine Strafverfügung.
2 Will der Staatsanwalt mit Strafverfügung eine unbedingte Strafe nach

Artikel 34 – 41 StGB aussprechen, so muss er den Beschuldigten einver-

nehmen.
3 )
3 Will der Staatsanwalt mit Strafverfügung gemeinnützige Arbeit anord- nen und liegt die Zustimmung des Beschuldigten noch nicht vor, so belehrt er den Beschuldigten in der Strafverfügung über die Möglichkeit der An- ordnung von gemeinnütziger Arbeit, die Notwendigkeit der Zustimmung und über das Ausmass dieser Sanktion im konkreten Fall. Der Beschuldigte kann innert 10 Tagen nach Zustellung der Strafverfügung seine Zustim- mung schriftlich oder zu Protokoll erklären; in diesem Fall erlässt der Staatsanwalt eine neue Strafverfügung.
4 )

§ 103

bis
.
5 )Form und Inhalt der Strafverfügung
1 Die Strafverfügung wird schriftlich erlassen und enthält: a) die Personalien des Beschuldigten; b) die Straftat (Ort und Zeit); c) die angewendeten Strafbestimmungen; d) die Strafe (allenfalls Strafloserklärung), bei Busse auch die Ersatzfrei- heitsstrafe, bei Strafen nach Artikel 34 – 41 StGB den Entscheid über die Gewährung des bedingten Strafvollzuges mit Angabe der Probe- zeit;
6 ) e) allfällige Massnahmen nach Artikel 69 - 72 StGB;
7 ) f) falls bei einer früheren Verurteilung der bedingte Strafvollzug gewährt oder wenn der Verurteilte aus dem Strafvollzug bedingt entlassen wurde: den Entscheid nach Artikel 46 oder 89 StGB;
8 ) h) den Hinweis, dass die Strafverfügung in Rechtskraft erwachse, wenn nicht Einsprache nach § 103 ter Absatz 1 erhoben wird.
2 Die Strafverfügung nimmt Vormerk von anerkannten Zivilansprüchen. Nicht anerkannte Zivilansprüche sind auf dem Zivilweg weiterzuverfolgen.

§ 103

ter
.
9 )Anerkennung der Strafverfügung und Einsprache
1 Gegen die Strafverfügung kann nur Einsprache erhoben werden. Diese ist innert 10 Tagen beim Staatsanwalt schriftlich oder mündlich zu erklären. Mündliche Erklärungen sind zu protokollieren. §§ 166 - 169 sind sinnge- ________________
1 ) Titel eingefügt am 5. November 2003.
2 ) § 103 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 103 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 103 Absatz 3 angefügt am 16. Mai 2006.
5 ) § 103 bis eingefügt am 5. November 2003.
6 ) § 103 bis Absatz 1 Buchstabe d Fassung vom 16. Mai 2006.
7 ) § 103 bis Absatz 1 Buchstabe e Fassung vom 16. Mai 2006.
8 ) § 103 bis Absatz 1 Buchstabe f Fassung vom 16. Mai 2006.
9 ) § 103 ter eingefügt am 5. November 2003.
38 mäss anwendbar. Zur Einsprache berechtigt sind der Beschuldigte und der Verletzte.
2 Die Strafverfügung wird zu einem rechtskräftigen Strafurteil, wenn da- gegen nicht Einsprache erhoben wird.
3 Ist die Einsprache gültig erhoben, so führt der Staatsanwalt, soweit er- forderlich, eine ergänzende Untersuchung durch. Gestützt auf die Einsprache und diese Untersuchung entscheidet er, ob das Verfahren ein- zustellen, Anklage zu erheben oder eine veränderte neue Strafverfügung zu erlassen ist oder ob an der Strafverfügung festgehalten wird. Hält der Staatsanwalt an der angefochtenen Strafverfügung fest, so überweist er die Einsprache mit den Akten dem Amtsgerichtspräsidenten zum Ent- scheid.
4 Die Strafsache wird hierauf in einer mündlichen Verhandlung beurteilt. Der Amtsgerichtspräsident kann indessen den Einsprecher davon befreien, zu einer Verhandlung zu erscheinen, wenn die Darstellung des Einspre- chers aus der Einsprachebegründung genügend klar hervorgeht.
5 Die Strafverfügung tritt wieder in Kraft und wird zu einem rechtskräfti- gen Urteil, wenn die Einsprache zurückgezogen wird; über die Kosten, die durch die Einsprache entstanden sind, entscheidet der Amtsgerichtspräsi- dent nach § 170. Die Einsprache gilt auch als zurückgezogen, wenn der Beschuldigte einer Vorladung des Amtsgerichtspräsidenten unentschuldigt keine Folge leistet. § 27 ist anwendbar.

§ 103

quater
.
1 ) Einziehungsverfügung
1 Ist eine Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten nach Arti- kel 69 - 72 StGB zu verfügen, ohne dass ein Strafverfahren gegen eine bestimmte Person geführt wurde (selbstständige Einziehung), so erlässt der Staatsanwalt oder, bei Übertretungen, der Untersuchungsbeamte eine Einziehungsverfügung.
2 )
2 Diese Einziehungsverfügung wie auch die nach § 98 mit einer Einstellung verfügte Einziehung werden zu einem rechtskräftigen Entscheid, wenn nicht innert 10 Tagen Einsprache erhoben wird. Zur Einsprache berechtigt sind der Beschuldigte, der Oberstaatsanwalt und der Drittansprecher. Im Übrigen gilt § 103 ter sinngemäss . ________________
1 ) § 103 quater eingefügt am 5. November 2003.
2 ) § 103 quater Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
39 Vierter Abschnitt Erstinstanzliches Hauptverfahren
1 ) A. Vorbereitung der Hauptverhandlung

§ 104. Geständnis

Der Präsident kann den Beschuldigten befragen, ob und wieweit er ein Geständnis ablege, wenn sich je nach der Antwort ein Beweisverfahren in der Hauptverhandlung ganz oder teilweise erübrigt.
2 )

§ 104

bis
.
3 )Prüfung von Anklageschrift und Strafakten
1 Nach Eingang der Anklage prüft der Präsident, ob die Anklageschrift und die Akten ordnungsgemäss erstellt und ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind oder Verfahrenshindernisse bestehen.
2 Ergibt diese Prüfung, dass ein Sachurteil zur Zeit nicht ergehen kann, sistiert der Präsident das Verfahren und weist Anklage und Akten, falls erforderlich, zur Ergänzung und Berichtigung an den Staatsanwalt zurück.
3 Kann ein Sachurteil definitiv nicht ergehen, so stellt das Gericht das Ver- fahren ein, nachdem es den dadurch beschwerten Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat.

§ 105. Beweisanträge

1 Der Präsident setzt dem Beschuldigten eine angemessene Frist, innert welcher er die Akten einsehen und Beweisanträge stellen kann. Von einer solchen Fristansetzung kann in einfachen Fällen sowie dann abgesehen werden, wenn der Beschuldigte vor Abschluss der Untersuchung darauf verzichtet hat. Nachträgliche Beweisanträge bleiben vorbehalten.
4 )
2 Er kann auch dem Verletzten eine solche Frist setzen, wenn der Staats- anwalt die Anklage nicht vor Gericht vertritt; tritt der Staatsanwalt auf, kann der Verletzte nur im Zivilpunkt Anträge stellen. Von einem Be- weisantrag des Staatsanwalts oder des Verletzten ist dem Beschuldigten Kenntnis zu geben, von einem Beweisantrag des Beschuldigten dem Staatsanwalt, wenn er die Anklage vor Gericht vertritt.
5 )
2bis Bei Antragsdelikten gelten die Bestimmungen von Absatz 2 für den Strafantragsteller.
6 )
3 Werden Beweisanträge verspätet gestellt und muss deswegen die Haupt- verhandlung verschoben werden, kann das Gericht bei Verschulden dem Säumigen die durch die Verschiebung entstehenden Kosten auferlegen. Bei grobem Verschulden kann es ihn zudem mit einer Busse bis 400 Fran- ken bestrafen. ________________
1 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 104 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
3 ) § 104 bis Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 105 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 105 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 105 Absatz 2 bis eingefügt am 5. November 2003.
40
4 Werden neue Beweismittel beantragt, sind die Tatsachen anzugeben, die damit bewiesen werden sollen.
5 Der Präsident entscheidet über die Beweisanträge; abgelehnte Anträge können in der Hauptverhandlung wiederholt werden. Der Präsident kann von Amtes wegen den Beizug von Beweismitteln für die Hauptverhand- lung anordnen.
6 Die Parteien werden über den Eingang von Akten und Belegen orien- tiert.
1 )

§ 105

bis
.
2 )Beschlagnahmte Gegenstände und Vermögenswerte Ist nicht bekannt, wer an beschlagnahmten Gegenständen und Vermö- genswerten berechtigt ist, geht der Präsident nach § 56 vor.

§ 106. Aktenzirkulation, Fe stsetzung des Gerichtstages, vorgängige

Beweisaufnahme
1 Der Präsident lässt die Akten in Amtsgerichtsfällen bei den Richtern zir- kulieren, wenn er sie nicht zu Beginn der Hauptverhandlung verlesen will.
3 )
2 Er bestimmt den Zeitpunkt der Hauptverhandlung; über Verschiebungs- gesuche, die vor dem Gerichtstag eintreffen, entscheidet er nach Ermes- sen.
3 Sind Zeugen oder Sachverständige aus wichtigen Gründen verhindert, vor Gericht zu erscheinen, ordnet der Präsident nötigenfalls ihre vorgängige Einvernahme an. Sie erfolgt durch ihn oder eine Delegation des Gerichts. Die Parteien können an der Einvernahme teilnehmen.
4 ) B. Durchführung der Hauptverhandlung

1. Allgemeine Regeln

§ 107. Öffentliche Verhandlung

1 Die Gerichtsverhandlungen sind mit Ausnahme der Beratung und Ab- stimmung öffentlich. In der Regel haben nur volljährige Personen Zutritt.
2 Das Gericht schliesst die Öffentlichkeit ausnahmsweise ganz oder teilwei- se von den Verhandlungen aus, wenn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sittlichkeit zu befürchten ist oder wenn überwiegende schutzwürdige private Interessen es erfordern; Personen, die ein berech- tigtes Interesse nachweisen, können zugelassen werden.
5 )

§ 108. Bild und Tonaufnahmen

Ohne Bewilligung des Gerichts sind Bild- und Tonaufnahmen untersagt. ________________
1 ) § 105 Absatz 6 angefügt am 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
2 ) § 105 bis eingefügt am 22. September 1996; GS 93, 1122.
3 ) § 106 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 106 Absatz 3 Satz 3 Fassung vom 2. Dezember 1990.
5 ) § 107 Absatz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
41

§ 109.

1 ) Verhinderung eines Richters Wird ein Amtsrichter verhindert, der Gerichtsverhandlung bis zum Schluss zu folgen, ist ein Ersatzrichter beizuziehen und die Verhandlung, soweit nötig, zu wiederholen.

§ 110. Anwesenheit des Beschuldigten und des Verletzten

1 Der Beschuldigte hat persönlich zu erscheinen. Er kann auf Gesuch hin von dieser Pflicht befreit werden, wenn er nachweist, dass ihn Alter, Krankheit oder andere erhebliche Gründe am Erscheinen hindern. Besteht ein solcher Hinderungsgrund und ist die Anwesenheit des Beschuldigten für die Beurteilung des Straffalls unerlässlich, ist das Verfahren zu sistie- ren.
1bis Erscheint der Beschuldigte trotz gehöriger Vorladung nicht zur Ver- handlung und verzichtet das Gericht auf eine polizeiliche Zuführung oder ist diese nicht möglich, so kann die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten durchgeführt werden, wenn der Sachverhalt genügend abgeklärt ist und der Beschuldigte Gelegenheit gehabt hat, sich zu den Anschuldigungen zu äussern.
2 )
2 Der Verletzte hat persönlich zu erscheinen, wenn er als Zeuge oder Aus- kunftsperson vorgeladen ist. Im übrigen braucht er weder persönlich zu erscheinen noch sich vertreten zu lassen. Wenn indessen die Tat von Amtes wegen zu verfolgen ist und der Verletzte, der im Strafpunkt Parteirechte ausüben könnte (§ 14), weder selbst vor Gericht erscheint, noch sich ver- treten lässt, kann später das Urteil im Strafpunkt durch den Verletzten nicht mehr angefochten werden. Auf diese Rechtsfolge ist der Verletzte in der Einladung zur Gerichtsverhandlung hinzuweisen. § 27 ist sinngemäss anwendbar.

§ 110

bis
.
3 )Anwesenheit des Staatsanwalts
1 Erhebt der Staatsanwalt Ankl age vor Amtsgericht oder überweist der Amtsgerichtspräsident den Fall nach § 12 Absatz 2 GO dem Amtsgericht, so hat der Staatsanwalt die Anklage vor Gericht zu vertreten.
2 Der Staatsanwalt kann auch bei Zuständigkeit des Amtsgerichtspräsiden- ten von diesem zur Teilnahme verpflichtet werden, wenn seine Anwesen- heit namentlich wegen der Durchführung eines Beweisverfahrens erfor- derlich ist.
3 Ist in Fällen nach Absatz 1 die Anwesenheit des Staatsanwalts nicht nötig, so kann der Präsident im Einverständnis mit dem Beschuldigten den Staatsanwalt von der Teilnahmepflicht entbinden.

2. Eröffnung der Verhandlung, Beweisaufnahme, Parteivorträge

§ 111. Eröffnung, Vo rfragen

1 Der Präsident eröffnet die Verhandlung, gibt die Namen der Richter und des Gerichtsschreibers b ekannt und stellt die Personalien des Beschuldig- ten fest.
4 ) ________________
1 ) § 109 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 110 Absatz 1 bis eingefügt am 2. Dezember 1990.
3 ) § 110 bis eingefügt am 5. November 2003.
4 ) § 111 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
42
2 Die Parteien können hernach gegen die Besetzung des Gerichts Einspruch erheben und Vorfragen aufwerfen. Das Gericht kann von sich aus beschlie- ssen, dass die Verhandlung zunächst auf eine Vorfrage beschränkt wird, wenn sich das Verfahren dadurch vereinfachen lässt.

§ 112. Besprechung unter Beschuldigten und Zeugen

Der Präsident ist dafür besorgt, dass sich Beschuldigte, Zeugen und Aus- kunftspersonen nicht untereinander über die Prozessache besprechen können. Zeugen und Auskunftspersonen bleiben in der Regel nach der Einvernahme im Verhandlungsraum, bis sie entlassen werden.

§ 113.

1 ) Einvernahmen
1 Der Präsident führt die Einvernahmen durch. Hernach können, in Amts- gerichtsfällen, die übrigen Richter sowie in allen Fällen die Parteien Fragen stellen, wobei der Präsident über die Bewilligung der von den Parteien gestellten Fragen entscheidet.
2 Ist der Staatsanwalt anwesend, kann der Verletzte nur Fragen stellen, wenn er Zivilpartei ist und soweit sie sich auf die Abklärung des Zivilan- spruchs beziehen.

§ 114. Protokoll der Einvernahmen

1 Die Aussagen abgehörter Personen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach zu protokollieren; stenografische Aufzeichnung ist zulässig.
2 Besteht Verdacht eines falschen Zeugnisses, sind auf Beschluss des Ge- richts hin die Aussagen des Zeugen ihrem wesentlichen Inhalt nach in einem besonderen Protokoll festzuhalten, das vom Zeugen gelesen oder ihm vorgelesen wird und das er zu unterzeichnen hat.
3

§ 92 Absatz 4 ist sinngemäss anwendbar.

2 )

§ 115.

3 ) Ausdehnung des Verfahrens
1 Gelangt das Gericht zur Auffassung, dass zwar eine strafbare Handlung vorliege, die Anklageschrift aber den gesetzlichen Erfordernissen (§ 100) nicht genüge, so setzt es den Entscheid aus und gibt dem Staatsanwalt Gelegenheit, die Anklageschrift zu ändern oder zu ergänzen.
2 Ergibt sich in der Hauptverhandlung hinreichender Verdacht, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat, die nicht Gegenstand der Ankla- geschrift ist, dehnt das Gericht das Verfahren aus, wenn der Sachverhalt genügend abgeklärt und der Beschuldigte mit der Ausdehnung des Ver- fahrens ausdrücklich einverstanden ist. Vorbehalten ist § 1 bis Absätze 2 - 6.
3 Dem Beschuldigten ist hinreichend Gelegenheit zu geben, zur geänder- ten oder ergänzten Anklageschrift (Abs. 1) oder zum neu bekannt gewor- denen Verdacht (Abs. 2) Stellung zu nehmen.

§ 116.

4 ) Abweichung in der rechtlichen Beurteilung Hält das Gericht dafür, dass auf die Tat andere als die in der Anklageschrift genannten Strafbestimmungen zur Anwendung kommen können, gibt es ________________
1 ) § 113 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 114 Absatz 3 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 115 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 116 Fassung vom 5. November 2003.
43 dem Beschuldigten davon Kenntnis, soweit es zu dessen Verteidigung erforderlich ist.

§ 117.

1 ) Parteivorträge Nach Schluss der Beweisaufnahme erhalten die Parteien das Wort, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen. Vertritt der Staatsanwalt vor Ge- richt die Anklage, erhält die Zivilpartei das Wort nur zur Begründung des Zivilanspruchs. Ausnahmsweise kann das Gericht den Parteien einen zwei- ten Vortrag gestatten. Der Beschuldigte hat stets Anspruch auf den letzten Vortrag. Sind mehrere Beschuldigte oder Verletzte am Verfahren beteiligt, bestimmt der Präsident die Reihenfolge, in der sie zum Wort kommen.

3. Urteil

§ 118. Beratung und Abstimmung

1 In Amtsgerichtsfällen kommt das Urteil mit einfacher Stimmenmehrheit zustande. Die Richter sind verpflichtet, ihr Stimmrecht auszuüben; bei Stimmengleichheit gibt der Präsident den Stichentscheid.
2 )
2 Der Gerichtsschreiber hat beratende Stimme.

§ 119. Urteilseröffnung

1 Der Präsident teilt den anwesenden Parteien das Urteil mit und fügt eine kurze mündliche Begründung bei, sofern sie nach den Parteivorträgen auf Anfrage nicht den Verzicht erklärt haben. Anschliessend wird das Urteil im Dispositiv allen Parteien schriftlich eröffnet.
3 )
2 Kann das schriftliche Urteil dem abwesenden Verurteilten nicht zuge- stellt werden, wird es durch Publikation im Amtsblatt eröffnet; kann es einer andern Partei nicht zugestellt werden, gilt es ohne diese Publikation als eröffnet.
3 Die Parteien sind bei der Urteilseröffnung über Frist und Form des zuläs- sigen ordentlichen Rechtsmittels zu belehren.

§ 120. Ausfertigung des Urteils

1 Das Urteil ist innert Monatsfrist durch den Gerichtsschreiber auszuferti- gen und von ihm und dem Präsidenten zu unterzeichnen.
2 Das schriftliche Urteil muss die Namen der Richter, das Datum der Ver- handlung, die Personalien der Parteien, ihre Anträge und die Entscheide des Gerichts über Vor- und Zwischenfragen enthalten, ferner a) im Fall der Verurteilung: Angabe der Tatsachen, die das Gericht für erwiesen hielt, und der Gründe, die dazu führten; Erwägungen über die Anwendung der Strafbestimmungen auf den Sachverhalt, über die Strafzumessung und den Kostenentscheid; allenfalls Erwägungen über den Entscheid im Zivilpunkt; Angabe der angewandten Gesetzesbe- stimmungen; Urteil; ________________
1 ) § 117 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 118 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 119 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
44 b) im Fall des Freispruchs: Angabe der Handlung, die dem Beschuldigten zur Last gelegt war; Gründe des Freispruchs; Erwägungen zum Ent- scheid über Kosten und Entschädigung; Urteil.

§ 120

bis
.
1 )Verzicht auf Urteilsbegründung Ist das Urteil mündlich mitgeteilt und begründet worden, verzichtet der Amtsgerichtspräsident auf eine nachfolgende schriftliche Begründung sei- nes Urteils, wenn keine Partei gegen das Urteil ein Rechtsmittel ergreift oder innert 10 Tagen seit Zustellung des Dispositivs eine schriftliche Be- gründung ausdrücklich verlangt.
...
2 ) §§ 121-128. ...
3 ) §§ 129–133. ...
4 ) §§ 134-137 ...
5 ) Fünfter Abschnitt Verfahren vor dem Friedensrichter
6 )

§ 138.

7 ) Verfahren
1 Für Strafverfügungen gelten sinngemäss die §§ 103 – 103 ter
. Ist Einsprache erhoben worden, amtet der Stellvertreter des Friedensrichters.
8 )
2 Ist die Strafsache nicht durch Strafverfügung beurteilt worden, findet eine Verhandlung vor dem Friedensrichter statt.
3 Das Urteil ist im Verhandlungsprotokoll festzuhalten und kurz zu be- gründen. Im übrigen gelten die §§ 103-120 bis sinngemäss.
9 ) ________________
1 ) § 120 bis Fassung vom 5. November 2003.
2 ) Titel aufgehoben am 5. November 2003.
3 ) §§ 121-128 aufgehoben am 5. November 2003.
4 ) §§ 129–133 aufgehoben am 2. Dezember 1990.
5 ) §§ 134-137 aufgehoben am 5. November 2003.
6 ) Titel Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 138 Fassung vom 2. Dezember 1990.
8 ) § 138 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
9 ) § 138 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
45 Sechster Abschnitt Verfahren gegen Abwesende; freies Geleite
...
1 )

§ 139. Untersuchung und Urteil im Abwesenheitsverfahren

2 )
1 Konnte dem Beschuldigten unbekannten Aufenthaltes in der Strafunter- suchung das rechtliche Gehör ausreichend gewährt werden, so kann das Verfahren in seiner Abwesenheit weitergeführt und abgeschlossen wer- den. Der Staatsanwalt oder das Gericht können aber auch nach § 141 Ab- satz 1 vorgehen.
3 )
2 Die Untersuchung ist, soweit möglich, mit der gleichen Gründlichkeit wie gegen einen anwesenden Beschuldigten zu führen; insbesondere sind die Beweise zu erheben, die später nicht mehr oder nur mehr mit Schwierig- keit erhoben werden können. Nur wenn ein Verteidiger mitwirkt, ist nach

§ 96

bis Absatz 1 und 2 Frist zu setzen.
4 )
3 Sind die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen zu Beginn des Haupt- verfahrens erfüllt, wird der Beschuldigte durch das Gericht beurteilt, wenn Schuld oder Unschuld erwiesen sind. Bestehen Zweifel, sistiert das Gericht das Verfahren, bis der Beschuldigte verhaftet wird oder sich dem Gericht stellt.
5 ) In den Fällen, in welchen dem anwesenden Beschuldigten ein amt- licher Verteidiger zu bestellen wäre, entscheidet der Präsident des Ge- richts, ob dem Abwesenden ein solcher zu bestellen ist. ...
6 )

§ 140. Annahme und Nichtannahme des Urteils

1 Stellt sich ein in Abwesenheit Verurteilter dem Gericht oder wird er ver- haftet, ist ihm das Urteil durch eine Gerichtsperson zu eröffnen. Er ist zu befragen, ob er es annehme. Nimmt er es nicht an, fällt es dahin, sofern er sich nicht vor der neuen Hauptverhandlung doch zur Annahme ent- schliesst. Der Präsident des Gerichts kann die Strafuntersuchung durch den Staatsanwalt ergänzen lassen. Der Staatsanwalt kann, wenn die Akten ergänzt wurden, die Anklageschrift ändern oder ergänzen. Die Neubeur- teilung geschieht im ordentlichen Hauptverfahren.
7 )
2 Die Kosten des Abwesenheitsverfahrens können dem Beschuldigten bei schuldhaftem Verhalten selbst dann auferlegt werden, wenn er im neuen Verfahren freigesprochen wird. ________________
1 ) Titel aufgehoben am 5. November 2003.
2 ) § 139 Marginalie Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 139 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 139 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 139 Absatz 3 Satz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
6 ) § 139 Absatz 3 Satz 4 aufgehoben am 2. Dezember 1990.
7 ) § 140 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
46
...
1 )

§ 141. Sistierung

2 )
1 Konnte einem Beschuldigten unbekannten Aufenthaltes in der Strafun- tersuchung das rechtliche Gehör nicht in ausreichendem Masse gewährt werden, kann der Staatsanwalt das Verfahren nach Sicherung der wesent- lichen Beweise und Ausschreibung des Beschuldigten zur Fahndung sistie- ren.
3 )
2
...
4 )
3 Der Friedensrichter lässt Strafanzeige oder Strafantrag bei unb ekanntem Aufenthaltsort des Beschuldigten auf sich beruhen, bis dieser vorgeladen werden kann.
...
5 )

§ 142.

6 ) Freies Geleite
1 D er Staatsanwalt oder der Präsident des zuständigen Gerichts kann ei- nem landesabwesenden Beschuldigten oder in Abwesenheit Verurteilten für eine bestimmte Zeit und unter bestimmten Bedingungen freies Geleite zusichern. Die Zusicherung erlischt mit Ablauf der Frist oder wenn der Beschuldigte oder Verurteilte die gestellten Bedingungen nicht erfüllt.
2 Das freie Geleite gewährt Befreiung von der Untersuchungshaft, jedoch nur wegen der strafbaren Handlung, für die es erteilt ist.
3 Die Zusicherung erlischt mit Ablauf der Frist, wenn eine vollziehbare Freiheitsstrafe ausgesprochen wird und wenn der Beschuldigte oder Ver- urteilte Anstalten zur Flucht trifft oder die gestellten Bedingungen nicht erfüllt. ________________
1 ) Titel aufgehoben am 5. November 2003.
2 ) § 141 Marginalie Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 141 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 141 Absatz 2 aufgehoben am 5. November 2003.
5 ) Titel
6 ) § 142 Fassung vom 5. November 2003.
47 Siebenter Abschnitt
1 ) Jugendstrafverfahren A. Allgemeine Regeln

§ 143.

2 ) Anwendbares Recht
1 Soweit dieser Abschnitt nicht abweichende Vorschriften enthält, sind im Jugendstrafverfahren die Regeln dieses Gesetzes, die für das Verfahren gegen Erwachsene gelten, sinngemäss anzuwenden.
2 Im Einverständnis der Jugendlichen sowie von deren Vertretern können der Jugendanwalt, der Jugendgerichtspräsident und das Jugendgericht in einfachen Fällen auf die Protokollierung von Verhandlungen verzichten.
3 )
3 Die Polizei, der Jugendanwalt, der Jugendgerichtspräsident und das Jugendgericht können Einvernahmen von Jugendlichen als Beschuldigte, Zeugen oder Auskunftspersonen audiovisuell aufnehmen. Diese Aufnah- men ersetzen das Protokoll einer Einvernahme.
4 )

§ 144.

5 ) Strafanzeige Strafanzeigen gegen Jugendliche sind der Jugendanwaltschaft oder der Polizei einzureichen. Die Polizei hat solche Anzeigen unverzüglich an die Jugendanwaltschaft weiterzuleiten.

§ 145.

6 ) Getrennte Verfahren
1 Strafverfahren gegen Jugendliche sind von Verfahren gegen Erwachsene getrennt zu führen.
2 Vorbehalten ist der Aussöhnungsversuch nach §§ 78 Absatz 2 und 79, wenn Erwachsene und Jugendliche an der nämlichen Tat beteiligt sind.

§ 146.

7 ) Vorladung, Vorführung
1 An Jugendliche gerichtete Vorladungen werden den gesetzlichen Vertre- tern zugestellt; die Zustellung erfolgt in der Regel durch die Post. Zu den Vorladungsterminen haben neben den Jugendlichen auch deren gesetzli- che Vertreter zu erscheinen.
2 Anstelle der Vorladung kann der Jugendanwalt einen Jugendlichen und dessen gesetzlichen Vertreter vorführen lassen, wenn es der Untersu- chungszweck verlangt. Besorgt die Vorführung ein Polizist, soll es nicht in Uniform geschehen; das gleiche gilt für die Verhaftung. ________________
1 ) Abschnitt und Titel Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 143 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 143 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 143 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
5 ) § 144 Fassung vom 16. Mai 2006.
6 ) § 145 Fassung vom 16. Mai 2006.
7 ) § 146 Fassung vom 16. Mai 2006.
48

§ 147.

1 ) Untersuchungs- und Sicherheitshaft
1 Die Anordnung der Untersuchungs- und der Sicherheitsh aft ist nur zuläs- sig, wenn der Haftzweck nicht durch eine vorsorglich angeordnete Schutzmassnahme erreicht werden kann.
2 )
2 Für die vorläufige Festnahme, die Ausstellung des Haftbefehls, die An- ordnung der Untersuchungshaft durch den Haftrichter, die Haftentlas- sung, die Haftverlängerung, die Sicherheitshaft im Gerichtsverfahren so- wie für die Ersatzmassnahmen sind sinngemäss die §§ 41 - 53 anwendbar. Der Jugendanwalt nimmt im Haftverfahren die Aufgaben des Staatsan- walts wahr.
3 In der Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind Jugendliche von Erwach- senen getrennt zu halten.
3 )

§ 147

bis
.
4 )Vorsorgliche Schutzmassnahmen; Sicherung des Massnahmenvollzugs
1 Ist gegen einen Jugendlichen ein Strafverfahren eröffnet und verlangt das Wohl des Jugendlichen die unverzügliche Entfernung aus der bisheri- gen Umgebung, kann der Jugendanwalt vorsorglich eine Schutzmassnah- me anordnen. Gegen solche Massnahmen ist die Beschwerde an die Be- schwerdekammer des Obergerichts zulässig. Der Jugendanwalt oder die Beschwerdekammer kann der Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen.
2 Zur Sicherung einer rechtskräftig angeordneten stationären Schutzmass- nahme kann der Jugendanwalt Jugendliche für längstens 14 Tage in Haft setzen. Dauert die Haft länger als 14 Tage, so ist die Zustimmung des Haf- trichters erforderlich.

§ 148.

5 ) Verteidigung Die Bestellung eines Verteidigers richtet sich nach Artikel 40 des Jugend- strafgesetzes (JStG). Für die Kosten der amtlichen Verteidigung können die Eltern eines Jugendlichen ganz oder teilweise solidarisch haftbar er- klärt werden.

§ 149. ...

6 )

§ 150. Privatrechtliche Ansprüche

Privatrechtliche Ansprüche können im Jugendstrafverfahren nicht geltend gemacht werden. Wenn es das Strafverfahren nicht erheblich erschwert oder verzögert, sollen indessen die Behörden danach trachten, dass über privatrechtliche Ansprüche ein Vergleich geschlossen wird.

§ 151.

7 ) Gerichtskosten Für die Gerichtskosten können die Eltern eines Jugendlichen, soweit die- sem Kosten auferlegt werden, solidarisch haftbar erklärt werden. ________________
1 ) § 147 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 147 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 147 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 147 bis mit Sachübersch rift Fass ung vom 16. Mai 2006.
5 ) § 148 Fassung vom 16. Mai 2006.
6 ) § 149 aufgehoben am 2. Dezember 1990.
7 ) § 151 Fassung vom 16. Mai 2006.
49

§ 152.

1 ) Massnahmekosten
1 Die Behörde, welche Schutzmassnahmen anordnet, entscheidet auch über die Kostentragung.
2 )
2 Die Eltern tragen im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht die Kosten der Schutzmassnahmen mit.
3 )
2bis Verfügt der Jugendliche über ein regelmässiges Erwerbseinkommen oder über Vermögen, kann er zu einem angemessenen Beitrag an die Kosten des Vollzugs verpflichtet werden.
4 )
3 Kosten, die ungedeckt bleiben, werden nach den Regeln der Sozialhilfe- gesetzgebung getragen.
4 Personen und Gemeinwesen, die mit Massnahmekosten belastet werden sollen, ist vor dem Entscheid Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

§ 153. Akteneinsicht

Das Recht auf Akteneinsicht kann gegenüber dem Jugendlichen und ge- genüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt eingeschränkt werden, wenn und soweit zu befürchten ist, dass die Einsicht in die Akten für sie von erheblichem Nachteil wäre.

§ 154.

5 ) Antrag und Mitteilung an Behörden; Mitwirkung
1 Der Jugendanwalt ist zuständig für Benachrichtigungen nach Artikel 4 und Anträge nach Artikel 20 des Jugendstrafgesetzes. Er kann ausser der Vormundschaftsbehörde auch andere öffentliche oder in öffentlichem Auftrag handelnde private Fachstellen der Jugendhilfe benachrichtigen und ihnen Anträge stellen.
2 Der Jugendanwalt kann den Jugendlichen oder seine Familie betreffende Akten, Auskünfte und Berichte verlangen bei a) Verwaltungsbehörden, insbesondere bei Schulen; b) privaten Fachstellen, die sich mit Jugendfragen zu befassen haben. Er kann die Schule über den Ausgang des Verfahrens orientieren.

§ 155.

6 ) Presseberichte Presseberichte über Jugendstrafverfahren sind nur zulässig, wenn die Behörde, welche die Strafsache zu beurteilen hat, oder während der Un- tersuchung der Jugendanwalt, im öffentlichen Interesse die Berichterstat- tung erlaubt. ________________
1 ) § 152 Fassung vom 2. November 1999.
2 ) § 152 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 152 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 152 Absatz 2 bis eingefügt am 16. Mai 2006.
5 ) § 154 Fassung vom 16. Mai 2006.
6 ) § 155 Fassung vom 5. November 2003.
50 B. Verfahren

1. ...

1 )

§ 156.

2 ) Verfügung des Jugendanwalts; Eröffnung
1 Die Kompetenz des Jugendanwalts, Verfügungen zu erlassen, richtet sich nach § 16 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation.
3 )
1bis Will der Jugendanwalt mit Verfügung eine Schutzmassnahme oder einen unbedingten Freiheitsentzug anordnen, muss er den Beschuldigten einvernehmen und bei Bedarf die persönlichen Verhältnisse des Jugendli- chen abklären.
4 )
2 Richtet sich die Verfügung gegen einen Minderjährigen, ist sie den ge- setzlichen Vertretern zu eröffnen. Entscheide über Schutzmassnahmen müssen schriftlich begründet werden. Personen und Gemeinwesen, die mit Massnahmekosten belastet werden, ist der Entscheid unter Hinweis auf das Appellationsrecht nach § 161 zu eröffnen.
5 )
3 Die Einsprache gegen solche Verfügungen ist bei der Jugendanwaltschaft einzureichen. Der Jugendanwalt führt, soweit erforderlich, eine ergänzen- de Untersuchung durch.
4 Über Einsprachen gegen Verfügungen des Jugendanwalts oder des Un- tersuchungsbeamten entscheidet hernach der Jugendgerichtspräsident.
5 Die §§ 103 bis und 103 ter sind sinngemäss anwendbar.

2. ...

6 )

§ 157.

7 ) Information der Eltern Der Jugendanwalt kann die Eltern eines mündig gewordenen Jugendli- chen informieren.

§ 158.

8 ) Untersuchung, Einstellung, Verfügung, Überweisung
1 Der Jugendanwalt führt in sinngemässer Anwendung von §§ 86 - 96 eine Strafuntersuchung durch.
2 Will er das Verfahren einstellen, so erlässt er in Anwendung von §§ 97 -
99 eine Einstellungsverfügung. Diese ist dem Jugendlichen und dessen gesetzlichen Vertretern sowie dem Opfer oder dessen gesetzlichen Vertre- tern zu eröffnen. Wird das Verfahren nach Artikel 7 des Jugendstrafgeset- zes eingestellt, können die Kosten ganz oder teilweise dem Jugendlichen auferlegt werden.
9 ) ________________
1 ) Titel aufgehoben am 16. Mai 2006.
2 ) § 156 Sachübersch rift Fass ung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 156 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 156 Absatz 1 bis eingefügt am 16. Mai 2006.
5 ) § 156. Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
6 ) Titel aufgehoben am 16. Mai 2006.
7 ) § 157 Fassung vom 2. November 1999.
8 ) § 158 Fassung vom 5. November 2003.
9 ) § 158 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
51
3 Ist ein Fall nach § 16 GO mit Verfügung zu erledigen, so erlässt sie der Jugendanwalt in sinngemässer Anwendung von § 103 bis , § 103 ter sowie

§ 156.

1 )
4 Auf die Einsprache gegen Verfügungen nach Absatz 2 und 3 ist § 156 Absatz 3 - 5 anwendbar.
5 Will der Jugendanwalt das Verfahren dem Jugendgericht überweisen, so erlässt er in sinngemässer Anwendung von §§ 100 und 101 eine Überwei- sungsverfügung. Diese kann eine Begründung zur Schuldfrage wie auch zu den auszusprechenden Schutzmassnahmen oder Strafen enthalten.
2 )
6 Sind die Eltern eines mündig gewordenen Jugendlichen nach § 157 in- formiert worden, so sind die Verfügungen nach Absatz 2, 3 und 5 auch ihnen mitzuteilen.

§ 159. Hauptverhandlung

1 Die Hauptverhandlung ist öffentlich, wenn der Jugendliche dies verlangt und dem Begehren keine höherwertigen Interessen entgegenstehen oder wenn das öffentliche Interesse es erfordert. Die Inhaber der elterlichen Sorge, Vertreter der Vormundschaftsbehörde und der Bewährungshilfe sowie andere Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, haben Zutritt.
3 )
2 Der Jugendanwalt kann den Fall vor Gericht vertreten. Er hat die glei- chen Befugnisse wie der Staatsanwalt, wenn dieser vor Gericht auftritt.
4 )
3 Der Jugendliche soll der Einvernahme eines Sachverständigen sowie den Parteivorträgen in der Regel beiwohnen.
5 )
4 Das Urteil ist dem Jugendanwalt, dem Jugendlichen und seinen gesetzli- chen Vertretern zu eröffnen, ebenso Personen und Gemeinwesen, die mit Massnahmekosten belastet werden.
6 )

§ 159

bis
.
7 )Mediation Der Regierungsrat kann die Mediation (Art. 8 und 21 Abs. 3 JStG) vorläufig durch Verordnung regeln; die Verordnung gilt für längstens 5 Jahre. C. Rechtsmittel

§ 160. Zulässige Rechtsmittel

1 Gegen den Jugendanwalt, den Untersuchungsbeamten, den Jugendge- richtspräsidenten und das Jugendgericht kann in sinngemässer Anwen- dung von § 204 Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Obergerichts erhoben werden.
8 ) ________________
1 ) § 156 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
2 ) § 158 Absatz 5 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 159 Absatz 1 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 159 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 159 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 159 Absatz 4 Fassung vom 2. November 1999.
7 ) § 159 bis eingefügt am 16. Mai 2006.
8 ) § 160 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
52
2 Gegen Einstellungsverfügungen (§ 158 Abs. 2) kann Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Obergerichts geführt werden.
1 )
3 Gegen Einspracheentscheide des Jugendgerichtspräsidenten, mit denen entweder Verweis, persönliche Leistung oder Busse ausgesprochen oder von Massnahmen und Strafen abgesehen wurde, ist die Kassationsbe- schwerde nach §§ 190 ff. zulässig.
2 )
4 Gegen folgende Entscheide ist die Appellation zulässig: a) Einspracheentscheide des Jugendgerichtspräsidenten, mit denen Frei- heitsentzug verhängt oder Schutzmassnahmen angeordnet wurden; b) Urteile des Jugendgerichts; c) Änderung von Schutzmassnahmen (Art. 18 JStG); d) Entscheide des Jugendanwaltes auf Unterbringung von jungen Ju- gendlichen (Art. 15 JStG; § 16 Abs. 2 GO).
3 )
5 Wiederaufnahme und Rekurs sind unter den dem ordentlichen Verfahren entsprechenden Voraussetzungen zulässig.
4 )

§ 161.

5 ) Appellation gegen Entscheid über Massnahmekosten Die Appellation kann auf den Entscheid über die Tragung von Massnah- mekosten beschränkt werden. In diesem Fall kann das Obergericht von einer mündlichen Verhandlung absehen und den Beteiligten Gelegenheit geben, ihre Anträge schriftlich zu begründen.

§ 162. Legitimation

1 Die Legitimation, ein Rechtsmittel einzulegen, bestimmt sich nach den allgemei nen Regeln mit folgenden Ergänzungen: a) Ein Jugendlicher kann ein Rechtsmittel einlegen, wenn er urteilsfähig ist. b) Der gesetzliche Vertreter eines Jugendlichen kann selbständig ein Rechtsmittel einlegen.
6 ) c) Der leitende Jugendanwalt ist in gleicher Weise legitimiert, ein Rechtsmittel einzulegen, wie der Oberstaatsanwalt im ordentlichen Verfahren.
7 ) d) Personen und Gemeinwesen, die zur Tragung von Massnahmekosten verurteilt wurden, steht das Appellationsrecht im Sinne von § 161 zu.
8 )
2 Der Verletzte ist nicht legitimiert, ein Rechtsmittel einzulegen. Vorbehal- ten ist die Beschwerde an die Beschwerdekammer des Obergerichts gegen eine Einstellung nach § 160 Absatz 2.
9 ) ________________
1 ) § 160 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 160 Absatz 3 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 160 Absatz 4 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 160 Absatz 5 Fassung nach § 119 Z iff. 24 GO vom 13. März 1977.
5 ) § 161 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 162 Absatz 1 Buchstabe b Fassung vom 16. Mai 2006.
7 ) § 162 Absatz 1 Buchstabe c Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 162 Absatz 1 Buchstabe d Fassung vom 2. November 1999.
9 ) § 162 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
53

§ 163.

1 ) Mitwirkung des leitenden Jugendanwalts Der leitende Jugendanwalt kann zu den Verhandlungen des Obergerichts vorgeladen werden.

§ 164. ...

2 ) Achter Abschnitt
3 ) Rechtsmittel A. Allgemeine Regeln

§ 165.

4 ) Abänderung des Entscheids zu Gunsten und zu Ungunsten des Beschuldigten oder Verurteilten Legt der Oberstaatsanwalt ein Rechtsmittel ein, kann der angefochtene Entscheid in jedem Fall auch zu Gunsten des Beschuldigten oder Verurteil- ten aufgehoben oder abgeändert werden. Legt der Beschuldigte oder Verurteilte allein ein Rechtsmittel ein, kann der angefochtene Entscheid nicht zu seinen Ungunsten aufgehoben oder abgeändert werden.

§ 166. Legitimation des gesetzlichen Ve rtreters

Der gesetzliche Vertreter einer Person, der ein Rechtsmittel zusteht, kann es innert der Frist, die für die vertretene Person gilt, selbständig einlegen.

§ 167. I rrtum des Einlegers

1 Eine Rechtsmittelerklärung, die irrtümlich nicht der zuständigen Behörde, sondern einer andern solothurnischen Amtsstelle innert der gesetzlichen Frist zugestellt oder übergeben wird, gilt als rechtzeitig eingereicht. Die betreffende Amtsstelle hat die Erklärung unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten.
2 Die irrtümliche B ezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht, wenn es im übrigen den gesetzlichen Formvorschriften entspricht.

§ 168. Aufhebung von Säumnisfolgen

1 Wird ein Rechtsmittel nach Ablauf einer gesetzlichen Frist eingereicht, wird die Säumnisfolge aufgehoben, wenn: a) glaubhaft gemacht wird, dass es der Partei, ihrem Verteidiger oder ihrem Vertreter unverschuldete Umstände verunmöglichten, das Rechtsmittel innert der Frist einzulegen; b) innert 10 Tagen seit Wegfall des Hinderungsgrundes das schriftliche Begehren um Aufhebung der Säumnisfolgen gestellt wird. ________________
1 ) § 163 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 164 aufgehoben durch § 45 G über den Vo llzug von Freiheitsstrafen und sichernden Massnahmen vom 3. März 1991; GS 92, 854.
3 ) Abschnittnummer Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 165 Fassung vom 5. November 2003.
54
2 Die Rechtsmittelinstanz entscheidet über das Begehren nach Aufnahme der Beweise; sie kann eine mündliche Verhandlung durchführen.

§ 169. Prüfung der formellen Erfordernisse

Der Präsident der Rechtsmittelinstanz prüft, ob das Rechtsmittel rechtzei- tig eingereicht wurde und den gesetzlichen Formvorschriften entspricht. Er kann die Akten dem Gericht unterbreiten, das über solche Fragen ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

§ 169

bis
.
1 )Kostenvorschuss Wer ein Rechtsmittel einlegt, kann von der Rechtsmittelinstanz zur Lei- stung eines Kostenvorschusses verpflichtet werden. Wird der Vorschuss nicht geleistet, fällt das Rechtsmittel dahin. Der Präsident kann die bedürf- tige Partei auf Gesuch hin von der Vorschusspflicht befreien.

§ 170. Kosten bei Rückzug, Verwirkung, Nichteintreten

1 Wird ein Recht smittel zurückgezogen, als verwirkt erklärt oder darauf nicht eingetreten, trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in der Regel die Person, welche das Rechtsmittel einlegte, wenn es der Oberstaatsan- walt einlegte, der Staat.
2 )
2 Bei Anschlussappellation entscheidet das Gericht nach Ermessen über die Kostenauflage.

§ 171.

3 ) Eintritt der Rechtskraft
1 Ein Rechtsmittel hemmt die Rechtskraft eines Urteils nur, soweit dies vorgesehen ist (ordentliches Rechtsmittel).
2 Urteile, gegen die ein ordentliches Rechtsmittel ergriffen werden kann, wer den rechtskräftig am Tage a) des unbenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist; b) des Verzichts auf das Rechtsmittel.
3 Wird ein zulässiges ordentliches Rechtsmittel ergriffen, so tritt die Rechtskraft ein am Tage a) des Endentscheides; b) des Nichteintretensentscheides; c) der Verwirkung des Rechtsmittels; d) des Rückzuges des Rechtsmittels.

§ 172. ...

4 ) ________________
1 ) § 169 bis Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 170 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 171 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
4 ) § 172 aufgehoben am 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
55 B. Appellation

§ 173. Zulässigkeit und Wirkung

1 Die Appellation an das Obergericht ist zulässig gegen Urteile des Amts- gerichts und des Amtsgerichtspräsidenten, soweit dieser Verbrechen oder Vergehen allein oder zusammen mit Übertretungen beurteilt hat.
1 )
2 Das Obergericht hat die Strafsache in tatsächlicher und rechtlicher Hin- sicht neu zu beurteilen.
3 Die Appellation kann auf selbständige Teile des Urteils beschränkt wer- den; will ausschliesslich der Entscheid über einen privatrechtlichen An- spruch oder über Kosten und Entschädigung angefochten werden, ist nur der Rekurs zulässig (§§ 198 ff.).
4 Die Appellation hemmt Rechtskraft und Vollzug des angefochtenen Urteils.

§ 174.

2 ) Legitimation
1 Das Appellationsrecht steht zu: a) bei Verurteilung dem Beschuldigten; b) bei Freispruch dem Verletzten

1. wenn die Tat auf Antrag hin verfolgt wird;

2. wenn er bei einer von Amtes wegen zu verfolgenden Tat im Straf-

punkt Partei rechte ausübte; b bis )dem Opfer, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann. c) dem Oberstaatsanwalt, wenn die Tat von Amtes wegen zu verfolgen ist.
3 )
2 Die Appellation des Opfers ist auch zulässig, wenn das Amtsgericht oder der Amtsgerichtspräsident nach Artikel 9 Absatz 2 des Opferhilfegesetzes vorerst nur im Strafpunkt geurteilt hat. Die Zivilklage bleibt in diesem Falle beim erstinstanzlichen Richter hängig, bis über den Strafpunkt rechtskräftig entschieden ist.

§ 175. Anschlussappellation

1 Hat der Beschuldigte appelliert, kann der Oberstaatsanwalt die An- schlussappellation erklären, wenn die Tat von Amtes wegen zu verfolgen ist.
4 )
2 Hat der Oberstaatsanwalt appelliert, kann der Beschuldigte die An- schlussappellation erklären.
5 )
3 Die Anschlussappellation fällt dahin, wenn die Appellation zurückgezo- gen oder darauf nicht eingetreten wird. ________________
1 ) § 173 Absatz 1 Fassung nach § 119 Z iff. 27 GO vom 13. März 1977; GS 87, 195.
2 ) § 174 Fassung nach § 29 Vo zur Einführung des OHG vom 17. März 1993; GS 92, 730;
3 ) § 174 Absatz 1 Buchstabe c Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 175 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 175 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
56

§ 176. Frist

1 Das Rechtsmittel ist innert 10 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung des Urteils schriftlich oder mündlich zu Protokoll beim urteilenden Gericht oder seiner Kanzlei zu erklären.
1 ) Die Appellationserklärung ist den übri- gen Parteien zur Kenntnis zu bringen, gegebenenfalls unter Hinweis auf das Recht der Anschlussappellation.
2 Die Anschlussappellation des Beschuldigten ist in der in Absatz 1 genann- ten Form innert 10 Tagen seit Mitteilung der Appellationserklärung des Oberstaatsanwalts zu erklären. Von einer Anschlussappellation ist den übrigen Parteien Kenntnis zu geben.
2 )
3 Für den Oberstaatsanwalt gilt § 177.
3 )

§ 177. Weiterleitung; Appellation durch Obe rstaatsanwalt

4 )
1 Der Gerichtsschreiber übermittelt die Akten nach Ausfertigung des Ur- teils dem Obergericht.
2 Steht das Appellationsrecht dem Oberstaatsanwalt zu und war er bei den erstinstanzlichen Verhandlungen nicht anwesend, hat ihm der Gerichts- schreiber die Akten zuzustellen; die Zustellung soll innert 30 Tagen seit Erlass des Urteils geschehen. Für den Oberstaatsanwalt beginnt in diesen Fällen die Appellationsfrist in dem Zeitpunkt, in dem ihm die Akten zu- kommen.
5 )
3 Die Frist für die Anschlussappellation beginnt ebenfalls im Zeitpunkt, in welchem dem Oberstaatsanwalt die Akten zukommen, sofern ihm eine Appellationserklärung des Beschuldigten schon vorher mitgeteilt worden ist. Wird dem Oberstaatsanwalt die Appellationserklärung des Beschuldig- ten nach Erhalt der Akten mitgeteilt, beginnt die Frist für die An- schlussappellation im Zeitpunkt der Mitteilung.
6 )
4 Hat der Oberstaatsanwalt die Anklage vor dem Amtsgerichtspräsidenten oder vor Amtsgericht vertreten, gilt § 176 auch für ihn.
7 )

§ 178. Ausbleiben

1 Hat der Beschuldigte appelliert und kann er an der dem Gericht zuletzt angegebenen Adresse nicht vorgeladen werden oder bleibt er trotz geh ö- riger Vorladung in der Hauptverhandlung des Obergerichts aus, gilt die Appellation eine halbe Stunde nach dem Verhandlungstermin als verwirkt, ausser wenn das Obergericht den Beschuldigten auf Gesuch hin aus wich- tigen Gründen vom Erscheinen dispensiert hat.
2 Der Verletzte wird zur Hauptverhandlung vorgeladen, wenn er appelliert hat; in den andern Fällen werden ihm der Verhandlungstermin mitgeteilt und das Erscheinen freigestellt. Hat der Verletzte appelliert und ist eine Vorladung nicht möglich oder erscheint zur Hauptverhandlung vor Obergericht trotz gehöriger Vorladung weder er selbst noch sein Vertreter, gilt die Appellation eine halbe Stunde nach dem Verhandlungstermin als verwirkt, ausser wenn das Obergericht den ________________
1 ) § 176 Absatz 1 Satz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
2 ) § 176 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 176 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 177 Marginalie Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 177 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 177 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 177 Absatz 4 Fassung vom 5. November 2003.
57 Verletzten und seinen Vertreter auf Gesuch hin vom Erscheinen dispensiert hat. Dieser Absatz gilt für das Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes.
1 )
3 Vorbehalten bleibt die Aufhebung der Säumnisfolgen nach § 27.

§ 178

bis
.
2 )Anwesenheit des Oberstaatsanwalts
1 Der Oberstaatsanwalt kann in der obergerichtlichen Hauptverhandlung die Anklage in allen Fällen persönlich vertreten oder aber schriftliche Anträge stellen.
2 Hat der Oberstaatsanwalt appelliert und lautete das erstinstanzliche Urteil auf eine Freiheitsstrafe von mehr als 18 Monaten oder eine frei- heitsentziehende Massnahme, oder will er mit seiner Appellation eine solche Strafe oder Massnahme erreichen, so hat er die Anklage vor Ober- gericht zu vertreten.
3 Das Obergericht kann den Oberstaatsanwalt in jedem Fall zur Teilnahme verpflichten.

§ 179.

3 ) Stellung des Verletzten Vertritt der Oberstaatsanwalt in der obergerichtlichen Hauptverhandlung die Anklage, hat der Verletzte nur noch die Stellung einer Prozesspartei, soweit er einen privatrechtlichen Anspruch geltend macht.

§ 180.

4 ) Kosten Hat die Appellation ganz oder teilweise Erfolg, entscheidet das Oberge- richt nach Ermessen, wer die Kosten des Appellationsverfahrens zu tragen hat; dem Staat können auch dann Kosten überbunden werden, wenn die Appellation des Oberstaatsanwalts Erfolg hat. In den andern Fällen trägt die Kosten in der Regel der Appellant, wenn der Oberstaatsanwalt appel- liert hat, der Staat.

§ 181. ...

5 ) ________________
1 ) § 178 Absatz 2 Satz 3 eingefügt durch § 29 Vo zur Einführung des OHG vom

17. März 1993; GS 92, 730.

2 ) § 178 bis eingefügt am 5. November 2003.
3 ) § 179 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 180 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 181 aufgehoben am 5. November 2003.
58 C. Kassationsbeschwerde §§ 182-189. ...
1 )

§ 190. Zulässigkeit

1 Gegen Urteile des Friedensrichters sowie des Amtsgeri chtspräsidenten und des Jugendgerichtspräsidenten, soweit sie ausschliesslich Übertretun- gen beurteilten, kann beim Obergericht Kassationsbeschwerde erhoben werden, wenn
2 ) a) ein wesentlicher Verfahrensgrundsatz verletzt, b) der Sachverhalt willkürlich festgestellt oder c) das Recht unrichtig angewendet worden ist.
3 )
2 Will ausschliesslich oder für den Fall der Abweisung der Kassationsbe- schwerde der Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch oder über Kosten und Entschädigung angefochten werden, ist nur der Rekurs zuläs- sig (§§ 198 ff.).

§ 191. Wirkung, Beschränkung

Die Kassationsbeschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Urteils. Sie kann auf selbständige Teile des Urteils beschränkt werden.

§ 192. Legitimation

Kassationsbeschwerde können erheben: a) bei Verurteilung der Beschuldigte; b) bei Freispruch der Verletzte

1. wenn die Tat auf Antrag hin verfolgt wird;

2. wenn er bei einer von Amtes wegen zu verfolgenden Übertretung

im Strafpunkt Parteirechte ausübte;
4 ) b bis )das Opfer, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.
5 ) c) der Oberstaatsanwalt gegen freisprechende Urteile des Amtsge- richtspräsidenten, wenn die Tat von Amtes wegen zu verfolgen ist.
6 )

§ 193. Frist und Form

1 Die Kassationsbeschwerde ist innert 10 Tagen seit der schriftlichen Eröff- nung des Urteils schriftlich bei der Gerichtsstelle einzulegen, deren Urteil angefochten wird.
7 )
2 Die Beschwerdeschrift soll enthalten: a) Antrag, inwieweit das angefochtene Urteil aufzuheben ist; fehlt ein Antrag, wird angenommen, der Beschwerdeführer verlange die gänzli- che Aufhebung des Urteils; ________________
1 ) §§ 182-189 aufgehoben am 5. November 2003.
2 ) § 190 Absatz 1 Ingress Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 190 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
4 ) Fassung nach § 29 Vo zur Einführung des OHG vom 17. März 1993; GS 92, 730.
5 ) Buchstabe b bis eingefügt am 17. März 1993.
6 ) § 192 Buchstabe c Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 193 Absatz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990.
59 b) Angabe des Kassationsgrundes, auf welchen sich der Beschwerdeführer stützt; fehlt die Angabe, so wird angenommen, er stütze sich auf einen der in § 190 Absatz 1 litera b oder c genannten Gründe.
1 )
3 Stützt sich der Beschwerdeführer auf den in § 190 Absatz 1 litera a ge- nannten Kassationsgrund, muss in der Beschwerdeschrift angegeben wer- den, worin die behauptete Rechtswidrigkeit besteht.
2 )

§ 194. Überweisung der Akten. Kassationsbeschwerde des

Oberstaatsanwalts
3 )
1 Die Gerichtsstelle, deren Urteil angefochten ist, übermittelt die Be- schwerdeschrift und die Akten mit dem begründeten Urteil der Oberge- richtskanzlei. Der Amtsgerichtspräsident, der Jugendgerichtspräsident oder der Friedensrichter hat zu behaupteten Rechtswidrigkeiten im Sinne des § 190 Absatz 1 litera a schriftlich Stellung zu nehmen, soweit die nöti- gen Angaben nicht den Urteilserwägungen zu entnehmen sind.
4 )
2 Wenn der Oberstaatsanwalt Kassationsbeschwerde erheben kann, hat ihm der Gerichtsschreiber innert 30 Tagen seit Erlass des Urteils die Akten zuzustellen. Für den Oberstaatsanwalt beginnt in diesen Fällen die Rechtsmittelfrist in dem Zeitpunkt, in dem ihm die Akten zukommen.
5 )
3 Von der Einreichung einer Kassationsbeschwerde ist den übrigen Parteien Kenntnis zu geben.

§ 194

bis
.
6 )Mündliches und schriftliches Verfahren
1 Eine mündliche Kassationsverhandlung findet statt, wenn der Beschwer- deführer es verlangt oder wenn es vom Obergericht angeordnet wird. Andernfalls ist das Verfahren schriftlich.
2 Ist das Kassationsverfahren schriftlich, so wird den andern Parteien Frist angesetzt, damit sie zur Kassationsbeschwerde schriftlich Stellung nehmen können. Falls erforderlich, ordnet das Obergericht einen zweiten Schrif- tenwechsel an.

§ 195. Anwesenheit der Parteien bei mündlichem Verfahren

7 )
1 Findet eine mündliche Kassationsverhandlung statt, so sind zu dieser vorzuladen: a) der Beschuldigte; b) der Oberstaatsanwalt; c) der Verletzte, wenn er Beschwerdeführer ist; in den andern Fällen wird ihm der Verhandlungstermin mitgeteilt und das Erscheinen freige- stellt.
8 )
2 Der Beschwerdeführer hat zur Kassationsverhandlung zu erscheinen, kann sich aber vertreten lassen. Den übrigen Parteien ist ohne anderslau- tende Anordnung des Obergerichts das Erscheinen freigestellt.
9 ) ________________
1 ) § 193 Absatz 2 Buchstabe b Fassung vom 12. Juni 1994; GS 93, 117.
2 ) § 193 Absatz 3 Fassung vom 12. Juni 1994.
3 ) § 194 Marginalie Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 194 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 194 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
6 ) § 194 bis Fassung vom 5. November 2003.
7 ) § 195 Marginalie Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 195 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
9 ) § 195 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
60
3 Ist weder eine Vorladung des Beschwerdeführers noch seines Vertreters möglich oder erscheint trotz gehöriger Vorladung keiner von ihnen zur Verhandlung, gilt die Kassationsbeschwerde eine halbe Stunde nach dem Verhandlungstermin als verwirkt. Vorbehalten bleibt die Aufhebung der Säumnisfolgen nach § 27.
4 Ist der Beschuldigte nicht Beschwerdeführer und erscheint trotz gehöri- ger Vorladung weder er selber noch sein Verteidiger zur Verhandlung, wird eine halbe Stunde nach dem Verhandlungstermin über das Kassati- onsbegehren in seiner Abwesenheit entschieden.

§ 196. Entscheid

1 Das Obergericht kann Erhebungen über den Verlauf des erstinstanzlichen Hauptverfahrens anstellen.
2 Wird die Kassationsbeschwerde gutgeheissen, hebt das Obergericht das angefochtene Urteil auf und entscheidet in der Sache selbst. Der Abspruch wird verschoben, wenn Beweiserhebungen nötig sind. Ausnahmsweise kann das Gericht die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zu- rückweisen.
1 )
3 Für die Neubeurteilung durch das Obergericht sind die §§ 121–125 sinn- gemäss anwendbar.
2 )

§ 197.

3 ) Kosten Wird die Kassationsbeschwerde gutgeheissen, trägt die Kosten des Kassa- tionsverfahrens der Beschwerdegegner oder der Staat. Wird die Kassati- onsbeschwerde abgewiesen, trägt die Kosten des Kassationsverfahrens in der Regel der Beschwerdeführer, wenn der Oberstaatsanwalt das Rechts- mittel einlegte, der Staat. D. Rekurs

§ 198. Zulässigkeit und Wirkung

1 Der Rekurs an das Obergeri cht ist zulässig, wenn der Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch oder über Kosten und Entschädigung (§§ 36 und 37) angefochten werden will, der in einem Strafverfahren ge- troffen und nicht durch das Obergericht gefällt wurde (§§ 173 Abs. 3, 182 Abs. 3 und 190 Abs. 2).
2 Der Rekurs hemmt Rechtskraft und Vollzug des Urteils im Strafpunkt nicht; im übrigen hemmt er die Rechtskraft und den Vollzug, soweit das Urteil durch Rekurs angefochten ist.
4 )

§ 199. Legitimation

1 Gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch können Rekurs erheben: der Beschuldigte bei gänzlicher oder teilweiser Guthei- ssung der Zivilklage, die Zivilpartei bei gänzlicher oder teilweiser Abwei- ________________
1 ) § 196 Absatz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990. GS 91, 854.
2 ) § 196 Absatz 3 Fassung vom 2. Dezember 1990.
3 ) § 197 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 198 Absatz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990.
61 sung der Zivilklage sowie das Opfer im Falle von Artikel 9 des Opferhilfe- gesetzes.
1 )
1bis Gegen den Entscheid über die Einziehung von Gegenständen oder Ver- mögenswerten nach Artikel 69 - 72 StGB können Rekurs erheben: der Beschuldigte, der Oberstaatsanwalt und der Drittansprecher.
2 )
2 Gegen den Entscheid über Kosten und Entschädigung kann eine Partei Rekurs erheben, deren Entschädigungsforderung ganz oder teilweise abgewiesen wurde oder welcher Kosten auferlegt wurden. Soweit der Staat Kosten zu tragen hat, besteht kein Rekursrecht.

§ 200. Frist und Form

Der Rekurs ist innert 10 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung des ange- fochtenen Entscheids mit schriftlicher Begründung dem Obergericht ein- zureichen.
3 ) Bei fehlender oder mangelhafter Begründung kann der Präsi- dent des Obergerichts dem Rekurrenten eine kurze Frist zur Verbesserung setzen unter der Androhung, dass bei Nichtbefolgen auf den Rekurs nicht eingetreten werde.

§ 201. Verfahren

1 Das Obergericht zieht die Akten bei; richtet sich der Rekurs gegen ein Urteil, sind die Akten nach dessen Ausfertigung einzusenden.
2 Richtet sich der Rekurs nicht gegen ein Urteil, stellt der Obergerichtspr ä- sident die Rekursschrift der Behörde zur Vernehmlassung zu, die den an- gefochtenen Entscheid getroffen hat. Nötigenfalls gibt er andern Parteien Gelegenheit, zum Rekurs Stellung zu nehmen.
3 Richtet sich der Rekurs gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch, setzt der Obergerichtspräsident dem Rekurrenten Frist, um die Rekursschrift nach Kenntnis des begründeten Urteils zu ergänzen. Der Gegenpartei ist Gelegenheit einzuräumen, sich schriftlich zu äussern.

§ 202. Entscheid

1 Das Obergericht entscheidet in der Regel in Abwesenheit der Parteien. Es kann eine mündliche Verhandlung durchführen, namentlich wenn sich der Rekurs gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch richtet und der Streitwert den Betrag von 3000
4 ) Franken übersteigt.
2 Das Obergericht ist an den Entscheid im Strafpunkt gebunden; im übri- gen entscheidet es frei.
3 Wenn sich der Rekurs gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch richtet, kann es den Kläger auf den Zivilweg verweisen.

§ 203. Kosten

1 Wird ein gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch erhobener Rekurs abgewiesen, trägt der Rekurrent die Kosten des Rekurs- verfahrens. In den übrigen Fällen der Abweisung trägt sie in der Regel der Rekurrent, ausnahmsweise ganz oder teilweise der Staat. ________________
1 ) § 199 Absatz 1 Fassung nach § 29 Vo zur Einführung des OHG vom 17. März
1993; GS 92, 730;
2 ) § 199 Absatz 1 bis Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 200 Satz 1 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
4 ) Fassung nach § 119 Z iff. 33 GO vom 13. März 1977; GS 87, 195.
62
2 Wird ein gegen den Entscheid über einen privatrechtlichen Anspruch erhobener Rekurs gutgeheissen, trägt die Gegenpartei die Kosten des Rekursverfahrens. In den übrigen Fällen der Gutheissung trägt sie der Staat. E. Beschwerde

§ 204.

1 ) Zulässigkeit und Wirkung
1 Soweit nicht ein anderes Rechtsmittel gegeben ist und das Gesetz die Anfechtung nicht ausschliesst, kann gegen alle Anordnungen und Ent- scheide oder wegen Säumnis (Rechtsverweigerung oder Rechtsverzöge- rung) des Präsidenten der Strafkammer und der Beschwerdekammer bei der Beschwerdekammer des Obergerichts Beschwerde erhoben werden.
2 Im gleichen Sinne kann bei der Beschwerdekammer des Obergerichts Beschwerde erhoben werden gegen Anordnungen und Entscheide oder wegen Säumnis a) des Amtsgerichtspräsidenten und des Jugendgerichtspräsidenten; b) des Amtsgerichts und des Jugendgerichts; c) des Haftrichters in den gesetzlich vorgesehenen Fällen; d) des Oberstaatsanwalts, des Staatsanwalts, des Jugendanwalts, des Untersuchungsbeamten und des Friedensrichters.
3 Die Beschwerde ist nicht zulässig gegen a) die Ablehnung von Beweisanträgen durch den Staatsanwalt, den Ju- gendanwalt oder den Untersuchungsbeamten, wenn der Antrag ohne Rechtsnachteil vor dem erstinstanzlichen Gericht wiederholt werden kann; b) verfahrensleitende Entscheide der erstinstanzlichen Gerichte während der Hauptverhandlung.
4 Die Beschwerde hemmt den Vollzug der angefochtenen Anordnung oder des Entscheids nur, wenn der Präsident der Beschwerdekammer oder ein anderes Mitglied es anordnet .

§ 205. Legitimation

Es kann Beschwerde erheben, wer durch den angefochtenen Entscheid oder die Säumnis unmittelbar beschwert ist.

§ 206.

2 ) Frist und Form Die Beschwerde ist innert 10 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung des angefochtenen Entscheids mit schriftlicher Begründung der Obergerichts- kanzlei zuhanden der Beschwerdekammer einzureichen. Wegen Säumnis kann jederzeit Beschwerde erhoben werden.

§ 207. Verfahren, Entscheid, Kosten

1 Wenn die Beschwerde nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, ist der Vorinstanz, und, wenn deren Interessen es erfordern, andern Prozessparteien Gelegenheit zur Vernehmlassung zu geben. ________________
1 ) § 204 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) §206 Fassung vom 5. November 2003.
63
2 Das Obergericht zieht die Akten bei. Es kann den Sachverhalt durch eige- ne Erhebungen abklären. Es entscheidet in der Regel ohne Parteiverhand- lung aufgrund der Akten. Wird die Beschwerde gutgeheissen, kann das Obergericht, soweit nötig, selber entscheiden oder die Sache zum Ent- scheid an die Vorinstanz zurückweisen.
3 Mutwillige Beschwerdeführer kann das Obergericht mit Busse bis 200 Franken bestrafen.
4 Für den Kostenentscheid gilt § 180 sinngemäss. F. Wiederaufnahmebegehren

§ 208. Zulässigkeit

Gegen rechtskräftige Urteile mit Ausnahme der vom Friedensrichter aus- gesprochenen kann jederzeit die Wiederaufnahme des Verfahrens ver- langt werden: a) wenn Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die dem Richter oder, bei Strafverfügungen, dem Staatsanwalt im früheren Verfahren nicht be- kannt waren und die allein oder zusammen mit den früher festgestell- ten Tatsachen geeignet sind, Freispruch oder erheblich geringere Be- strafung des Verurteilten oder Verurteilung des Freigesprochenen zu bewirken;
1 ) b) wenn durch eine Straftat auf das Ergebnis des früheren Verfahrens eingewirkt wurde; c) wenn seit Erlass des früheren Urteils ein neues Strafurteil ausgespro- chen wurde, das mit dem früheren unvereinbar ist; d) wenn der Freigesprochene nach Erlass des Urteils ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt hat; e) wenn ein in der Sache ergangener Entscheid einer internationalen Behörde es erfordert.
2 )

§ 208

bis
.
3 )Wiederaufnahme zugunsten des Geschädigten Der Geschädigte, dem die Verwendung zu seinen Gunsten nach Artikel 73 Absatz 1 StGB nicht schon im Strafurteil zugesprochen werden konnte, kann dies auf dem Wege der Wiederaufnahme verlangen.

§ 209. Wirkung

1 Das Wiederaufnahmebegehren hemmt den Vollzug des Urteils nur, wenn dies der Präsident der zuständigen Rechtsmittelinstanz anordnet.
2 Für die Revision eines in einem Strafverfahren getroffenen Entscheides über einen privatrechtlichen Anspruch gelten sinngemäss die §§ 311 ff. ZPO. ________________
1 ) § 208 Buchstabe a Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 208 Buchstabe e angefügt am 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
3 ) § 208 bis Fassung vom 16. Mai 2006.
64

§ 210. Legitimation

1 Die Wiederaufnahme können verlangen: a) der Verurteilte; b) nach seinem Tod die Angehörigen im Sinne des Artikels 110 Absatz 1 StGB;
1 ) c) der Verletzte gegen freisprechende Urteile des Amtsgerichtspräsiden- ten, soweit er Verbrechen oder Vergehen beurteilte, des Amtsgerichts und des Obergerichts, sofern die Tat auf Antrag zu verfolgen war.
2 ) c bis ) das Opfer, wenn es sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hatte und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder sich auf de- ren Beurteilung auswirken kann;
3 ) d) der Oberstaatsanwalt, wenn die Tat von Amtes wegen zu verfolgen war.
4 ) e) wer an einem Gegenstand oder Vermögenswert berechtigt ist, dessen Einziehung verfügt wurde, wenn der Anspruch im Verfahren nicht gel- tend gemacht werden konnte;
5 ) f) der Geschädigte für Verwendungen zu seinen Gunsten nach Artikel 73 StGB, wenn die Zusprechung nicht schon im Strafurteil möglich war.
6 )
2 Gegen ein Urteil, das in Abwesenheit des Beschuldigten ausgesprochen wurde, kann die Wiederaufnahme nur nach dessen Tod verlangt werden.

§ 211.

7 ) Form des Begehrens Das Wiederaufnahmebegehren ist schriftlich unter genauer Angabe der Gründe und Beweismittel der Obergerichtskanzlei zuhanden der Wieder- aufnahmeinstanz einzureichen.

§ 212. Verfahren

1 Ein Wiederaufnahmebegehren ist den übrigen Parteien zur Vernehmlas- sung zuzustellen.
2 Findet der Präsident der Wiederaufnahmeinstanz, dass für den Entscheid über das Begehren vorläufige Beweiserhebungen nötig sind, nimmt er sie selber vor oder lässt sie durch den Staatsanwalt vornehmen; er kann auch anordnen, dass die Erhebungen in der Gerichtsverhandlung vorgenommen werden.
8 )

§ 213. Entscheid

1 Die Wiederaufnahmeinstanz kann ausnahmsweise beschliessen, dass über das Wiederaufnahmebegehren ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. In den andern Fällen werden die Parteien zu einer Verhandlung vorgeladen, wobei der Oberstaatsanwalt stets vorzuladen, ihm das Er- ________________
1 ) § 210 Absatz 1 Buchabe b Fassung vom 16. Mai 2006.
2 ) § 210 Absatz 1 Buchstabe c Fassung nach § 119 Z iff. 34 GO vom 13. März 1977; GS 87, 195;
3 ) Buchstabe c bis eingefügt durch § 29 Vo zur Einführung des OHG vom 17. März
1993; GS 92, 730;
4 ) § 210 Absatz 1 Buchstabe d Fassung vom 5. November 2003.
5 ) § 210 Absatz 1 Buchstabe e eingefügt am 22. September 1996; GS 93, 1122.
6 ) § 210 Absatz 1 Buchstabe f Fassung vom 16. Mai 2006..
7 ) § 211 Fassung vom 5. November 2003.
8 ) § 212 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
65 scheinen aber freizustellen ist, wenn die Tat von Amtes wegen zu verfol- gen war. Es wird in der Regel trotz Ausbleiben des Gesuchstellers oder einer andern Partei die Verhandlung durchgeführt und über das Begehren entschieden.
1 )
2 Wird das Begehren gutgeheissen, hebt die Wiederaufnahmeinstanz das frühere Urteil auf und weist den Fall an die Behörde zurück, die den er- stinstanzlichen Entscheid fällte. Sind umfangreichere neue Beweise zu erheben, kann die Wiederaufnahmeinstanz die Strafsache zur Ergänzung der Untersuchung und anschliessendem neuen Zwischenverfahren an die Staatsanwaltschaft zurückweisen.
2 )
3 Die Wiederaufnahmeinstanz kann die Strafsache auch selbst neu beur- teilen, nötigenfalls nach Beweisergänzung. Für das Verfahren der Neube- urteilung sind die §§ 103 – 119 sinngemäss anwendbar.
3 )
4
...
4 )
5 Ist der Beschuldigte verstorben, wird das Verfahren nach Aufhebung des früheren Urteils ohne weitere Beweismassnahmen eingestellt.

§ 214. Erneuerung des Begehrens

Ist ein Wiederaufnahmebegehren abgewiesen worden, kann es aufgrund der gleichen Tatsachen und Beweismittel nicht wieder angebracht werden.

§ 215. Ausserordentliches Wiederaufnahmebegehren

1 Der Oberstaatsanwalt kann aus wichtigen Gründen zu Gunsten des Ver- urteilten die Wiederaufnahme des Verfahrens verlangen, ohne dass eine der in § 208 genannten Voraussetzungen gegeben ist, wenn
5 ) a) im Verfahren prozessrechtliche Vorschriften, insbesondere solche über die Partei- und Verteidigungsrechte, verletzt wurden, sofern dadurch das Urteil wesentlich beeinflusst wurde, und b) die Verletzung der prozessrechtlichen Vorschriften ohne Verschulden des Verurteilten nicht auf dem Rechtsmittelweg gerügt wurde.
2 Die Rechtsmittelinstanz entscheidet über das Gesuch nach ihrem Ermes- sen. Im übrigen gelten sinngemäss die allgemeinen Verfahrensregeln.

§ 216. Entschädigung

1 Wird der Verurteilte im neuen Verfahren freigesprochen oder erheblich geringer bestraft, spricht ihm das Gericht auf sein Begehren für Nachteile, die er durch die Verurteilung oder zu strenge Verurteilung, allenfalls durch den Strafvollzug, erlitten hat, in sinngemässer Anwendung der §§
36 und 37 eine Entschädigung zu; es lässt das Urteil auf sein Verlangen auf Kosten des Staates im Amtsblatt, nach Ermessen in weiteren Zeitungen veröffentlichen.
2 Ist der Verurteilte gestorben, kann das Gericht den Personen, denen gegenüber er zur Unterstützung verpflichtet war oder die durch die Ver- urteilung eine besondere Unbill erlitten haben, auf ihr Begehren nach Ermessen eine Entschädigung zusprechen. ________________
1 ) § 213 Absatz 1 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 213 Absatz 2 Fassung vom 5. November 2003.
3 ) § 213 Absatz 3 Fassung vom 5. November 2003.
4 ) § 213 Absatz 4 aufgehoben am 5. November 2003.
5 ) § 215 Absatz 1 Ingress Fassung vom 5. November 2003.
66

§ 217. Kosten

1 Wird die Wiederaufnahme bewilligt, wird bei der nachfolgenden Neube- urteilung oder mit dem Einstellungsbeschluss entschieden, wer die Kosten zu tragen hat. Die §§ 31 ff. sind sinngemäss anwendbar.
2 Wird das Wiederaufnahmebegehren abgewiesen, trägt die Kosten des Rechtsmittelverfahrens in der Regel der Gesuchsteller, wenn der Ober- staatsanwalt das Begehren stellte, der Staat.
1 ) ________________
1 ) § 217 Absatz 2 Fassung vom 16. Mai 2006.
67 Dritter Teil Vollzug, Begnadigung, Amnestie Erster Abschnitt Vollzug

§ 218.

1 ) Mitteilung der Urteile Vollziehbare Urteile eines Gerichts sowie Strafverfügungen des Staatsan- walts sind der Vollzugsbehörde im Dispositiv mitzuteilen. Der Friedensrich- ter hat vollziehbare Urteile innert 10 Tagen der Vollzugsbehörde mitzu- teilen.
2 ) Sicherheitshaft Das Gericht, welches das Urteil erlassen hat, kann einen Verurteilten zur Sicherung des Vollzugs in Haft nehmen, wenn eine unbedingte Freiheits- strafe von mehr als 6 Monaten ausgesprochen oder eine Massnahme im Sinne der Artikel 59 – 62d oder 64 - 65 StGB angeordnet wurde.

§ 220.

3 ) Vollzug Der Vollzug von Freiheitsstrafen sowie der therapeutischen Massnahmen und der Verwahrung richtet sich nach der Spezialgesetzgebung.

§ 221.

4 ) Verordnungsrecht des Regierungsrates Der Regierungsrat bestimmt durch besondere Verordnung: a) in welchen Fällen, wie und wie lange beschlagnahmte und eingezoge- ne Gegenstände im Hinblick auf ein allfälliges Wiederaufnahm everfah- ren oder sonstwie zur Sicherung eines Beweises aufzubewahren sind; b) durch wen und wie über Gegenstände zu verfügen ist, die nicht mehr aufzubewahren sind, dem Berechtigten nicht mehr zurückerstattet werden können und über deren Verwendung oder Vernichtung nicht gerichtlich entschieden wurde. ________________
1 ) § 218 Fassung vom 5. November 2003.
2 ) § 219 Fassung vom 16. Mai 2006.
3 ) § 220 Fassung vom 16. Mai 2006.
4 ) § 221 Fassung nach § 44 G über den Vo llzug von Freiheitsstrafen und sichern- den Massnahmen vom 3. März 1991.
68 Zweiter Abschnitt Begnadigung und Amnestie A. Begnadigung

§ 222.

1 ) Begnadigungsbehörde
1 Durch Begnadigung können alle durch rechtskräftiges Urteil auferlegten Strafen sowie Berufs- oder Fahrverbote ganz oder teilweise erlassen und Strafen in mildere Strafarten umgewandelt werden.
2 Das Recht der Begnadigung steht zu: a) dem Kantonsrat gegen Urteile, durch die eine 18 Monate übersteigen- de Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde; b) dem Regierungsrat in allen übrigen Fällen.

§ 223. Legitimation

1 Das Begnadigungsgesuch kann vom Verurteilten, von seinem gesetzli- chen Vertreter und, mit Einwilligung des Verurteilten, von seinem Vertei- diger, seinem Ehegatten oder eingetragenen Partner gestellt werden.
2 )
2 Der Richter, welcher das Strafurteil ausgesprochen hat, kann ausnahms- weise die Begnadigung von sich aus empfehlen, wenn die aufgrund des Gesetzes ausgesprochene Strafe den Verurteilten besonderer Verhältnisse wegen aussergewöhnlich hart trifft.
3 )

§ 224. Gesuch

1 Das Begnadigungsgesuch ist schriftlich dem Regierungsrat einzureichen. Ein Verurteilter, der sich in einer Anstalt aufhält, kann das Gesuch münd- lich an den Anstaltsleiter richten, der es schriftlich abfasst und durch den Verurteilten unterzeichnen lässt.
2 Das Gesuch hemmt den Vollzug nur, wenn dies der Vorsteher Bau- und Justizdepartementes
4 ) anordnet. Vorbehalten bleibt der Rekurs an das Kantonale Verwaltungsgericht.

§ 225. Verfahren und Entscheid

1 Der Regierungsrat lässt in allen Fällen die nötigen Erhebungen durchfüh- ren.
2 In den Fällen, die er nicht selber zu entscheiden hat, überweist er das Gesuch mit seinem Bericht und Antrag dem Kantonsrat.
3 Die Begnadigung kann sich nicht auf den Entscheid über einen privat- rechtlichen Anspruch beziehen, der in einem Strafurteil getroffen wurde.
4 Im übrigen regelt der Regierungsrat das Begnadigungsverfahren durch Verordnung. ________________
1 ) § 222 Fassung vom 16. Mai 2006.
2 ) § 223 Absatz 1 Fassung vom 28. Juni 2006 Eingetragene Partnerschaft.
3 ) § 223 Absatz 2 Fassung vom 2. Dezember 1990; GS 91, 854.
4 ) neue Departementsbezeichnung ab 1. August 2000.
69 B. Amnestie

§ 226. ...

1 ) Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 227. Abänderung bestehender Gesetze

1
...
2 )
2 Das Gesetz über das kantonale Strafrecht und die Einführung des Schwei- zerischen Strafgesetzbuches vom 14. September 1941 wird wie folgt geän- dert: a) Als § 39 bis wird eingefügt: Zum Entscheid über die probeweise Ausübung eines Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäfts (Art. 54 Abs. 2 StGB) und zum Entscheid über den probeweisen Aufschub des Vollzuges der Landesverweisung bei bedingter Entlassung (Art. 55 Abs. 2 StGB) ist das Departement des Innern
3 ) zustän- dig. Marginale: Zuständigkeit des Departement des Innern
4 ) b–e) ...
5 ) f) Die §§ 56 Absatz 5 und 57–82 sind aufgehoben.

§ 228. Aufhebung des bisherigen Rechts

1 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind alle damit in Widerspruch stehenden früheren Erlasse aufgehoben.
2 Insbesondere sind aufgehoben: a) die Strafprozessordnung vom 25. Oktober 1885 mit den späteren Ab- änderungen; b) die Rechtsverordnung des Obergerichts vom 18. Dezember 1961 über die Anpassung der Zivil- und Strafprozessordnung an das Gesetz über die Gerichtsorganisation, soweit sie noch in Kraft ist; c) die §§ 9–26 und 29–30 der Verordnung über die Jugendrechtspflege vom 27. Januar 1942 (§§ 27, 28 und 31 bereits aufgehoben durch Ver- ordnung des Regierungsrates vom 14. Oktober 1958).

§ 229.

6 ) Übergangsrecht bei hängigen Ermittlungsverfahren und Voruntersuchungen
1 Ist be i Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Ermittlungsverfahren nach alt §§
83 und 84 hängig, so erlässt der Staatsanwalt eine Nichteintretensverfü- gung nach neu § 80 oder eine Eröffnungsverfügung nach neu § 86 und führt die Untersuchung nach neuem Recht weiter. ________________
1 ) § 226 aufgehoben am 16. Mai 2006.
2 ) § 227 Absatz 1 aufgehoben durch § 119 Z iff. 38 GO vom 13. März 1977; GS 87, 195.
3 ) neue Departementsbezeichnung ab 1. August 2000.
4 ) neue Departementsbezeichnung ab 1. August 2000.
5 ) § 227 Absatz 2 Buchstabe b-e aufgehoben durch § 119 Z iff. 38 GO vom 13. März

1977.

6 ) § 229 Fassung vom 5. November 2003.
70
2 War bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits vom Untersuchungsrichter eine Voruntersuchung nach alt § 86 eröffnet, wird die Strafuntersuchung vom Staatsanwalt nach neuem Recht weitergeführt.
3 Nach altem Recht angeordnete Zwangsmassnahmen gelten weiter, befri- stete bis zum Ablauf der nach bisherigem Recht dafür vorgesehenen ge- setzlichen oder richterlichen Fristen. Allfällige Verlängerungen richten sich nach neuem Recht.
4 Die Absätze 1 - 3 gelten sinngemäss für Fälle, die bei Inkrafttreten des neuen Rechts beim Jugendanwalt hängig waren.
5 Fälle, die bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes in Anwendung von alt §
100 dem Staatsanwalt überwiesen waren, werden vom Obe rstaatsanwalt in Anwendung von neu § 97 eingestellt oder aber nach neu §§ 101-103 beim zuständigen Amtsgericht zur Anklage gebracht. Der Oberstaatsan- walt kann diese Fälle zur Anklageerhebung, zum Erlass einer Strafverfü- gung oder zur Einstellung einem Staatsanwalt überweisen.

§ 229

bis
.
1 )Übergangsrecht bei hängigen Gerichtsverfahren
1 Strafprozesse, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes erstinstanzlich beim Amtsgerichtspräsidenten oder beim Amtsgericht hängig sind, werden in der ersten Instanz nach altem Recht weitergeführt. Im Falle von alt § 97 bis geht der Amtsgerichtspräsident nach neu § 12 Absatz 2 GO vor. Das Glei- che gilt sinngemäss für die bei den Jugendgerichtspräsidenten und den Jugendgerichten anhängigen Fälle.
2 Strafprozesse, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes erstinstanzlich beim Obergericht oder beim Kriminalgericht hängig sind, werden dem zustän- digen Amtsgericht zur Beurteilung überwiesen, wenn die Hauptverhand- lung noch nicht stattgefunden hat.
3 Wird nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erstinstanzlich ein Entscheid getroffen, richten sich Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren nach dem neuen Recht, auch wenn der Prozess bei Inkrafttreten dieses Gesetzes schon hängig war. Wurde vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ein Entscheid getroffen, richten sich Rechtsmittel und Rechtsmittelverfahren stets nach altem Recht.
4 Für die Wiederaufnahme (§§ 208-217) gilt das neue Recht, auch wenn das angefochtene Urteil vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtskräftig wurde. Hätten die mit dem neuen Recht aufgehobenen Instanzen Krimi- nalgericht, Jugendgerichtskammer oder Kassationsgericht nach Inkrafttre- ten dieses Gesetzes einen neuen Entscheid zu fällen, so bestimmt das Obergericht die Kammer, die diesen zu fällen hat.
5 Verfahren, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Anklag ekammer oder beim Kassationsgericht hängig sind, werden der Beschwerdekammer überwiesen, Verfahren, die bei der Jugendgerichtskammer hängig sind, der Strafkammer des Obergerichts.
6 Nicht geregelte Fragen des Übergangsrechts werden vom Obergericht entschieden.

§ 230. Weisungen des Obergerichts

Das Obergericht ist ermächtigt, die zur Anwendung dieses Gesetzes erfor- derlichen Weisungen zu erlassen. ________________
1 ) § 229 bis eingefügt am 5. November 2003.
71

§ 231. Inkra fttreten

Dieses Gesetz tritt nach Annahme durch das Volk in dem vom Regierungs- rat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft.
1 ) ________________
1 ) Inkrafttreten der Änderungen vom: - 5. Dezember 1976 am 1. Juli 1977, - 13. März 1977 am 1. Juli 1978, - 26. September 1982 am 1. Oktober 1982; § 5 am 1. Januar 1983, - 2. Dezember 1990 am 1. April 1991; §§ 134 und 136 am 1. August 1991; - 12. Juni 1994 am 1. August 1994; - 22. September 1996 am 11. Oktober 1996; - 2. November 1999 am 15. März 2000; - 10. Mai 2000 am 1. Januar 2001; - 21. Februar 2001 am 1. Januar 2003; - 5. November 2003 am 1. August 2005; - 16. Mai 2006 am 1. Januar 2007; - 28. Juni 2006 am 1. Januar 2007.
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