Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen (44.6)
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Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen

Interkantonale Vereinbarung zur Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen vom 18. 06. 2009 (Fassung in Kraft getreten am 01.03.2013 ) I. Zweck und Grundsätze

Art. 1 Vereinbarungszweck

Die Vereinbarung fördert die gesamtschweizerische Harmonisierung von Ausbildungsbeiträgen auf der Sekundarstufe II und auf der Tertiärstufe, insbesondere durch: a) die Festlegung von Mindestvoraussetzungen bezüglich der beitragsberechtigten Ausbildungen, der Form, der Höhe und der Bemessung sowie der Dauer der Beitragsberechtigung, b) die Definition des stipendienrech tlichen Wohnsitzes und c) die Zusammenarbeit unter den Vereinbarungskantonen und mit dem Bund.

Art. 2 Wirkungsziele von Ausbildungsbeiträgen

Mit der Gewährung von Ausbildungsbeiträgen soll das Bildungspotenzial auf gesamtschweizerischer Ebene besser genutzt werden. Insbesondere sollen: a) die Chancengleichheit gefördert, b) der Zugang zur Bildung erleichtert, c) die Existenzsicherung während der Ausbildung unterstützt, d) die freie Wahl der Ausbildung und der Ausbildungsstätte gewährleistet und e) die Mobil ität gefördert werden.

Art. 3 Subsidiarität der Leistung

Ausbildungsbeiträge werden ausgerichtet, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit der betroffenen Person, ihrer Eltern und anderer gesetzlich Verpflichteter oder die entsprechenden Leistungen anderer Dritter nicht ausreichen.

Art. 4 Zusammenarbeit

1 Im Hinblick auf die angestrebte Harmonisierung der Ausbildungsbeiträge fördern die Vereinbarungskantone im Bereich der Ausbildungsbeiträge die
Zusammenarbeit sowie den Informations - und Erfahrungsaustausch untereinander, mit dem Bund und mit schweizerischen Gremien.
2 Die Vereinbarungskantone leisten sich gegenseitig Amtshilfe. II. Beitragsberechtigung

Art. 5 Beitragsberechtigte Personen

1 Beitragsberechtigte Personen sind: a) Personen mit schweizerischem Bürgerrecht und Wohnsitz in der Schweiz, unter Vorbehalt von Buchstabe b, b) Schweizer Bürgerinnen und Bürger, deren Eltern im Ausland leben oder die elternlos im Ausland leben, für Ausbildungen in der Schweiz, sofern sie an ihrem ausländischen Wohnsitz we gen fehlender Zuständigkeit nicht beitragsberechtigt sind, c) Personen mit ausländischem Bürgerrecht, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügen oder seit fünf Jahren in der Schweiz aufenthaltsberechtigt sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verf ügen, d) in der Schweiz wohnhafte und von ihr anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose, e) Bürgerinnen und Bürger von EU -/EFTA -Mitgliedstaaten, soweit sie gemäss dem Freizügigkeitsabkommen
1) bzw. dem EFTA - Übereinkommen
2) zwischen der Schweizerischen Eidgen ossenschaft und den EU -/EFTA -Mitgliedstaaten in der Frage der Stipendien und Studiendarlehen den Schweizer Bürgerinnen und Bürger gleichgestellt sind, sowie Bürgerinnen und Bürger aus Staaten, mit denen entsprechende internationale Abkommen geschlossen wur den.
1) SR 0.142.112.681
2) SR 0.632.31
2 Personen, die sich ausschliesslich zu Ausbildungszwecken in der Schweiz aufhalten, sind nicht beitragsberechtigt.
3 Ein Gesuch um die Gewährung von Ausbildungsbeiträgen ist in demjenigen Kanton zu stellen, in welch em die Person in Ausbildung den stipendienrechtlichen Wohnsitz hat.

Art. 6 Stipendienrechtlicher Wohnsitz

1 Als stipendienrechtlicher Wohnsitz gilt: a) unter Vorbehalt von Buchstabe d der zivilrechtliche Wohnsitz der Eltern oder der Sitz der zuletzt zuständigen Vormundschaftsbehörde,
b) unter Vorbehalt von Buchstabe d für Schweizer Bürgerinnen und Bürger, deren Eltern nicht in der Schweiz Wohnsitz haben oder die elternlos im Ausland wohnen: der Heimatkanton, c) unter Vorbehalt von Buchstabe d der zivi lrechtliche Wohnsitz für mündige, von der Schweiz anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose, deren Eltern im Ausland Wohnsitz haben oder die verwaist sind; für Flüchtlinge gilt diese Regel, wenn sie dem betreffenden Vereinbarungskanton zur Betreuung zugewiese n sind; sowie d) der Wohnortskanton für mündige Personen, die nach Abschluss einer ersten berufsbefähigenden Ausbildung und vor Beginn der Ausbildung, für die sie Stipendien oder Studiendarlehen beanspruchen, während mindestens zwei Jahren in diesem Kanton wohnhaft und dort auf Grund eigener Erwerbstätigkeit finanziell unabhängig waren.
2 Bei Eltern mit zivilrechtlichem Wohnsitz in verschiedenen Kantonen ist der Wohnsitz des/der bisherigen oder letzten Inhabers/Inhaberin der elterlichen Sorge massgebend oder, bei gemeinsamer elterlicher Sorge, der Wohnsitz desjenigen Elternteils, unter dessen Obhut die Person in Ausbildung hauptsächlich steht oder zuletzt stand. Begründen die Eltern ihren Wohnsitz in verschiedenen Kantonen erst nach Mündigkeit der gesuchstel lenden Person, ist der Kanton desjenigen Elternteils zuständig, bei welchem sich diese hauptsächlich aufhält.
3 Bei mehreren Heimatkantonen gilt das zuletzt erworbene Bürgerrecht.
4 Der einmal begründete stipendienrechtliche Wohnsitz bleibt bis zum Erwerb eines neuen bestehen.

Art. 7 Eigene Erwerbstätigkeit

1 Vier Jahre finanzielle Unabhängigkeit durch eigene Erwerbstätigkeit entspricht einer abgeschlossenen ersten berufsbefähigenden Ausbildung.
2 Als Erwerbstätigkeit gelten auch das Führen eines eigenen Haushaltes mit Unmündigen oder Pflegebedürftigen, Militär - und Zivildienst sowie Arbeitslosigkeit.

Art. 8 Beitragsberechtigte Ausbildungen

1 Beitragsberechtigt sind zumindest folgende Lehr - und Studienangebote, wenn sie gemäss Artikel 9 anerkannt sind: a) die für das angestrebte Berufsziel verlangte Ausbildung auf der Sekundarstufe II und auf der Tertiärstufe, b) die für die Ausbildung obligatorischen studienvorbereitenden Massnahmen a uf der Sekundarstufe II und auf der Tertiärstufe sowie Passerellen und Brückenangebote.
2 Die Beitragsberechtigung endet: a) auf der Tertiärstufe A mit dem Abschluss eines Bachelor - oder eines darauf aufbauenden Masterstudiums, b) auf der Tertiärstufe B mi t der eidgenössischen Berufsprüfung und der eidgenössischen höheren Fachprüfung sowie mit dem Diplom einer höheren Fachschule.
3 Ein Hochschulstudium, das auf einen Abschluss auf der Tertiärstufe B folgt, ist ebenfalls beitragsberechtigt.

Art. 9 Anerkannte Ausbildungen

1 Ausbildungen gelten als anerkannt, wenn sie zu einem vom Bund oder von den Vereinbarungskantonen schweizerisch anerkannten Abschluss führen.
2 Ausbildungen, die auf einen von Bund oder Kantonen anerkannten Abschluss vorbereiten, können von den Vereinbarungskantonen anerkannt werden.
3 Die Vereinbarungskantone können für sich weitere Ausbildungen als beitragsberechtigt bezeichnen.

Art. 10 Erst - und Zweitausbildung, Weiterbildungen

1 Ausbildungsbeiträge werden mindestens für die erste beitrags berechtigte Ausbildung entrichtet.
2 Die Vereinbarungskantone können für Zweitausbildungen und Weiterbildungen ebenfalls Ausbildungsbeiträge entrichten.

Art. 11 Voraussetzungen in Bezug auf die Ausbildung

Die Voraussetzung für die Beitragsberechtigung erfüllt, wer die Aufnahme - und Promotionsbestimmungen hinsichtlich des Ausbildungsgangs nachweislich erfüllt. III. Ausbildungsbeiträge

Art. 12 Form der Ausbildungsbeiträge und Alterslimite

1 Ausbildungsbeiträge sind: a) Stipendien: einmalige oder wiederkehrende Geldleistungen, die für die Ausbildung ausgerichtet werden und nicht zurückzuzahlen sind, Ausbildung ausgerichtet werden und die zurückzuzahlen sind.
2 Für den Bezug von Stipendien können die Kantone eine Alterslimite festlegen. Die Alterslimite darf 35 Jahre bei Beginn der Ausbildung nicht unterschreiten.
3 Die Kantone sind frei bei der Festlegung einer Alterslimite für Darlehen.

Art. 13 Dauer der Beitragsberechtigung

1 Die Ausrichtung von Ausbildungsbeiträgen erfolgt für die Dauer der Ausbildung; bei mehrjährigen Ausbildungsgängen besteht der Anspruch bis zwei Semester über die Regelstudiendauer hinaus.
2 Der Anspruch auf Ausbildungsbeiträge geht bei einem einmaligen Wech sel der Ausbildung nicht verloren. Die Dauer der Beitragsberechtigung richtet sich grundsätzlich nach der neuen Ausbildung, wobei die Kantone bei der Berechnung der entsprechenden Beitragsdauer die Zeit der ersten Ausbildung in Abzug bringen können.

Art. 1 4 Freie Wahl von Studienrichtung und Studienort

1 Die freie Wahl von anerkannten Ausbildungen darf im Rahmen der Ausrichtung von Ausbildungsbeiträgen nicht eingeschränkt werden.
2 Bei Ausbildungen im Ausland wird vorausgesetzt, dass die Person in Ausbildung die Aufnahmebedingungen für eine gleichwertige Ausbildung in der Schweiz grundsätzlich auch erfüllen würde.
3 Ist die frei gewählte anerkannte Ausbildung nicht die kostengünstigste, kann ein angemessener Abzug gemacht werden. Dabei sind aber mindestens j ene persönlichen Kosten zu berücksichtigen, die auch bei der kostengünstigsten Lösung anfallen würden.

Art. 15 Höchstansätze für Ausbildungsbeiträge

1 Die jährlichen Höchstansätze der Ausbildungsbeiträge betragen: a) für Personen in Ausbildungen auf der Se kundarstufe II mindestens
12 000 Franken; b) für Personen in Ausbildungen auf der Tertiärstufe mindestens 16 000 Franken.
2 Die jährlichen Höchstansätze gemäss Absatz 1 erhöhen sich bei Personen in Ausbildung, die gegenüber Kindern unterhaltspflichtig sind , um 4000 Franken pro Kind.
3 Die Höchstansätze können von der Konferenz der Vereinbarungskantone an die Teuerung angepasst werden.
4 Für Ausbildungen auf der Tertiärstufe können Stipendien teilweise durch Darlehen ersetzt werden (Splitting), wobei der Stipendienanteil mindestens zwei Drittel des Ausbildungsbeitrags ausmachen soll.
5 In der Gestaltung der Ausbildungsbeiträge (Verhältnis Stipendium/Darlehen), die über die Höchstansätze hinausgehen, sind die Kantone frei.

Art. 16 Besondere Ausbildungsstruktur

1 Zeitlich und inhaltlich besonders ausgestalteten Studiengängen ist bei der Ausrichtung von Stipendien und Studiendarlehen im Einzelfall gebührend Rechnung zu tragen.
2 Wenn die Ausbildung aus sozialen, familiären oder gesundheitlichen Gründen als Teilzeitstudium absolviert werden muss, ist die beitragsberechtigte Studienzeit entsprechend zu verlängern. IV. Bemessung der Beiträge

Art. 17 Bemessungsgrundsatz

Ausbildungsbeiträge stellen einen Beitrag an den finanziellen Bedarf der Person in Ausbildung dar.

Art. 18 Berechnung des finanziellen Bedarfs

1 Der finanzielle Bedarf umfasst die für Lebenshaltung und Ausbildung notwendigen Kosten, sofern und soweit diese Kosten die zumutbare Eigenleistung und die zumutbare Fremdleistung der Eltern, anderer gesetzlich Verpflichteter oder anderer Dritter übersteigen. Die Vereinbarungskantone legen den finanziellen Bedarf unter Berücksichtigung der folgenden Grundsätze fest: a) Budget der Person in Ausbildung: Anrechenbar sind Ausbildungs - und Lebenshaltungskosten sowie e ventuelle Mietkosten. Der Person in Ausbildung kann eine minimale Eigenleistung angerechnet werden. Zudem können vorhandenes Vermögen oder ein allfälliger Lehrlingslohn angerechnet werden. Bei der Ausgestaltung der Eigenleistung ist der Struktur der Ausbildung Rechnung zu tragen. b) Familienbudget: Als Fremdleistung darf höchstens jener Einkommensteil angerechnet werden, der den Grundbedarf der beitragleistenden Person oder ihrer Familie übersteigt.
2 Für die Berechnung des finanziellen Bedarfs sind Pauschalierungen zulässig, bei der Festlegung des Grundbedarfs der Familie dürfen die vom jeweiligen Kanton anerkannten Richtwerte nicht unterschritten werden.
3 Der gemäss den Absätzen 1 und 2 berechnete finanzielle Bedarf kann aufgrund eines allfälligen Zusatzv erdienstes der Person in Ausbildung gekürzt werden, wenn die Summe der Ausbildungsbeiträge und der übrigen Einnahmen die anerkannten Kosten für Ausbildung und Lebenshaltung am Studienort übersteigen.

Art. 19 Teilweise elternunabhängige Berechnung

Auf die A nrechnung der zumutbaren Leistungen der Eltern kann teilweise verzichtet werden, wenn die Person in Ausbildung das 25. Altersjahr vollendet und eine erste berufsbefähigende Ausbildung abgeschlossen hat sowie vor Beginn der neuen Ausbildung zwei Jahre durch eigene Erwerbstätigkeit finanziell unabhängig war. V. Vollzug

Art. 20 Konferenz der Vereinbarungskantone

1 Die Konferenz der Vereinbarungskantone setzt sich aus je einer Vertretung der Kantone zusammen, die der Vereinbarung beigetreten sind. Sie: a) überp rüft periodisch die Höchstansätze für Stipendien gemäss Artikel
15 und passt sie gegebenenfalls an die Teuerung an, b) erlässt Empfehlungen für die Berechnung der Ausbildungsbeiträge.
2 Für die Anpassung der Höchstansätze an die Teuerung bedarf es einer Me hrheit von zwei Dritteln der Mitglieder der Konferenz der Vereinbarungskantone.

Art. 21 Geschäftsstelle

1 Das Generalsekretariat der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) ist Geschäftsstelle der Vereinbarung.
2 Der Geschäftsst elle obliegen insbesondere folgende Aufgaben: a) die Information der Vereinbarungskantone, b) die Überprüfung und Ausarbeitung von Vorschlägen für die Anpassung der Höchstansätze für Ausbildungsbeiträge sowie die Vorbereitung der übrigen Geschäfte der Konf erenz der Vereinbarungskantone und c) andere laufende Vollzugsaufgaben.
3 Die Kosten der Geschäftsstelle für den Vollzug dieser Vereinbarung werden von den Vereinbarungskantonen nach Massgabe der Einwohnerzahl getragen.

Art. 22 Schiedsinstanz

1 Für allfällige sich aus der Anwendung oder Auslegung dieser Vereinbarung ergebende Streitigkeiten zwischen den Vereinbarungskantonen wird ein Schiedsgericht eingesetzt.
2 Dieses setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen, welche durch die Parteien bestimmt werden. Könn en sich die Parteien nicht einigen, so wird das Schiedsgericht durch den Vorstand der EDK bestimmt.
3 Die Bestimmungen des Konkordats vom 27. März 1969 über die Schiedsgerichtsbarkeit finden Anwendung.
4 Das Schiedsgericht entscheidet endgültig. VI. Übergangs - und Schlussbestimmungen

Art. 23 Beitritt

Der Beitritt zu dieser Vereinbarung wird dem Vorstand der EDK gegenüber erklärt.

Art. 24 Austritt

Der Austritt aus der Vereinbarung muss dem Vorstand der EDK gegenüber erklärt werden. Er tritt in Kraft au f Ende des dritten der Austrittserklärung folgenden Kalenderjahres.

Art. 25 Umsetzungsfrist

Die Vereinbarungskantone sind verpflichtet, die Anpassung des kantonalen Rechts innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Vereinbarung beziehungsweise für Ve reinbarungskantone, welche die Vereinbarung zwei Jahre nach deren Inkrafttreten unterzeichnen, innerhalb von drei Jahren nach der Unterzeichnung, vorzunehmen.

Art. 26 Inkrafttreten

1 Der Vorstand der EDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr mindestens zehn Kantone beigetreten sind.
2

Artikel 8 Abs. 2 Bst. b wird vom Vorstand der EDK erst in Kraft gesetzt,

nachdem und soweit von der Plenarversammlung der EDK eine interkantonale Vereinbarung über Beiträge an die höhere Berufsbildung verabschiedet worden ist.
3 Das Inkrafttreten ist dem Bund zur Kenntnis zu geben.
Beitritt durch Gesetz vom 21.5.2010 Inkrafttreten für den Kanton Freiburg: 1.3.2013
Änderungstabelle – Nach Beschlussdatum Beschluss Berührtes Element Änderungstyp Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002)
1 8.06.2009 Erlass Grunderlass 0 1.03.2013 2 010_062 Änderungstabelle – Nach Artikel Berührtes Element Änderungstyp Beschluss Inkrafttreten Quelle (ASF seit 2002) Erlass Grunderlass 1 8.06.2009 0 1.03.2013 2 010_062
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