Übereinkunft betreffend die Polizeitransporte (912.2)
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Übereinkunft betreffend die Polizeitransporte

Übereinkunft betreffend die Polizeitransporte vom 23. Juni 1909 (Stand 23. März 1965) Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement und die Polizeidi - rektionen sämtlicher Kantone haben nachstehende Vereinbarung über das polizeiliche Transportwe - sen getroffen. § 1 1 Zu den Polizeitransporten im Sinne dieser Übereinkunft gehören alle von der Polizei angeordneten Transporte mit Einschluss der Armen - transporte, welche die Abschiebung oder Heimschaffung gesunder oder kranker Personen aus einem Kanton nach einem andern (dem Heimat - kanton) oder nach dem Auslande, oder aus dem Auslande nach dem schweizerischen Heimatkanton betreffen. 2 Die Beförderung von Personen gemäss dem Reglement betreffend den Transport inländischer Armer auf den schweizerischen Transport - anstalten bleibt vorbehalten. § 2 1 Die Behörde, welche einen Polizeitransport anordnet, sorgt dafür:
a) dass der zu Transportierende vorerst auf seine Transportfähigkeit untersucht und in bezug auf Haut- und Ungezieferreinheit und Be - kleidung transportfähig gemacht wird;
b) dass die Identität des Transportanden wenn möglich festgestellt wird;
c) dass seine Ausweisschriften und seine Effekten dem Transport beigefügt werden. 2 Jedem Polizeitransport, sei derselbe begleitet oder nicht, ist ein Trans - portbefehl nach einheitlichem Formular mitzugeben. § 3 1 Die von den Kantonen angeordneten Polizeitransporte zerfallen mit Bezug auf die Verteilung der Fahrkosten in drei Kategorien: 1. Die Kosten des Transportes werden vom empfangenden Kanton getragen: * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses 1
a) wenn einem Kanton eine von ihm requirierte Person oder eine solche, deren strafrechtliche Verfolgung ihm obliegt, zugeführt wird;
b) wenn ausgewiesene oder ausgeschaffte (gesunde oder kranke) schweizerische Angehörige vom Ausland her an der Grenze ein - treffen und von dort ihrem Heimatkanton zugeschoben werden. 2. Die Kosten der Abschub- und Heimschaffungstransporte (gesun - der und kranker Personen) aus der Schweiz nach dem Ausland trägt der Bund. 3. Die Kosten der übrigen Transporte trägt der absendende Kanton. Hierher gehören u.a. auch alle Heimschaffungen von schweizeri - schen (gesunden oder kranken) Armen aus dem Aufenthalts- oder Niederlassungskanton nach dem Heimatkanton. § 4 1 Die Abfertigung der Polizeitransporte seitens der Bahnverwaltungen erfolgt, ohne sofortige Taxzahlung, auf Grund von Ausweisen unter nachheriger Rechnungsstellung an die kantonalen Polizeibehörden. 2 Zur Ausstellung der Fahrgutscheine sind nur polizeiliche Amtsstellen zuständig. § 5 1 Die Rechnungsstellung über sämtliche auf dem ganzen schweizeri - schen Bahnnetz verwendeten Fahrgutscheine erfolgt monatlich durch die Einnahmenkontrolle der Schweizerischen Bundesbahnen in Bern an die Kantone, und zwar werden die Transporte der 1. Kategorie (jedoch mit Ausnahme der Rückfahrt von Transportbegleitern, vgl. § 6 Abs. 2 und 3) dem empfangenden Kanton, alle übrigen Transporte dem absen - denden Kanton in Rechnung gebracht. Als Rechnungsbelege dienen die gebrauchten Gutscheine. Die Einzahlung der entsprechenden Rech - nungsbeträge soll an die Hauptkasse der Schweizerischen Bundesbah - nen in Bern binnen Monatsfrist nach erfolgter Zustellung der monatli - chen Rechnungen stattfinden. Die Schweizerischen Bundesbahnen übernehmen die Abrechnung mit den übrigen schweizerischen Bahn- evtl. Dampfschiffunternehmungen. 2 Rechnungsstellen der Kantone sind die kantonalen Polizeidirektionen. 3 Für die vom Bunde zu vergütenden Transportkosten der 2. Kategorie - ment jeweilen vierteljährlich unter Beifügung der Belege Rechnung. 2
4 Ist ein nach dem Ausland abzuschiebender Transportand, der nicht als Arrestant geführt wird, in der Lage, die Kosten des Transportes ganz oder teilweise zu bezahlen, so hat der absendende Kanton bei der Rechnungsstellung gegenüber dem Eidgenössischen Justiz- und Poli - zeidepartement den Betrag, für welchen Zahlung erhältlich war, in Abzug zu bringen. § 6 1 Auslagen für allfällige Transportbegleitung gehen in der Transportkate - gorie 1 (§ 3 hiervor) zu Lasten des empfangenden Kantons, in Kategorie 2 zu Lasten des Bundes, in Kategorie 3 zu Lasten des absendenden Kantons. Eine Begleitung hat nur dann einzutreten, wenn eine solche zufolge der Gefährlichkeit oder des Zustandes (Jugend, Alter, Gebrech - lichkeit, Krankheit) der zu transportierenden Person als notwendig er - scheint. Die Begleitung eines Transportes ist von Fall zu Fall bei der Rechnungsstellung schriftlich zu begründen. * 2 Die nach den Vorschriften über die Polizeitransporte auf den schwei - zerischen Eisenbahnen dem begleitenden Polizeipersonal zukommende Taxbegünstigung findet auf das Begleitpersonal aller Polizeitransporte im Sinne von § 1 der gegenwärtigen Übereinkunft (also auch auf beglei - tende Wärter und Wärterinnen) Anwendung. 3 Der absendende Kanton stellt für die Begleitungskosten in der Katego - rie 1 dem empfangenden Kanton, in der Kategorie 2 dem Bund Rech - nung, welche umfasst: 1. * eine Transportgebühr (für die Hinreise) von 20 Rappen für die ersten 30 km Bahnfahrt oder Fahrt im Auto, 10 Rappen für jeden weiteren Kilometer, von 60 Rappen pro Kilometer zu Fuss zurück - gelegter Strecken, im Minimum 4 Franken, im Maximum 24 Fran - ken. Ist ein Begleiter genötigt, die transportierende Person an den Ausgangsort zurückzubringen, oder hat er eine andere Person dorthin mitzunehmen, so beträgt das Minimum der Transportge - bühr 6 Franken, wenn der Rücktransport sich aus amtlichen Gründen derart verzögert, dass der Begleiter auswärts eine Hauptmahlzeit einnehmen muss. Bedingt die Verzögerung die Einnahme von zwei Hauptmahlzeiten, so beträgt das Minimum der Transportgebühr 9.75 Franken. Die Wartezeit wird von der zuständigen Behörde des Ortes, wo die Verzögerung eintrat, be - scheinigt; 2. eine Entschädigung von 12 Franken für allfälliges Nachtquartier des Transportbegleiters; 3
3. die Fahrkosten für Hin- und Rückfahrt zum halben Preis der gewöhnlichen Billette 2. oder 1. Klasse. 4 Den Behörden wird es zur Pflicht gemacht, die Transporte zeitlich in der Weise anzusetzen, dass der Begleiter, wenn immer möglich, am Tag, an dem der Transport stattfindet, an den Ausgangsort zurückkeh - ren kann. 5 Die Rechnungsstellung erfolgt jeweilen von Fall zu Fall. § 7 1 Der Polizeitransport wird vom Ausgangspunkt direkt bis zum Bestim - mungsort angeordnet und ausgeführt. Demgemäss ist der Eisenbahn - fahrgutschein am Abgangsort für die ganze Route auszustellen. 2 Als Bestimmung gilt:
a) bei Abschiebung von Schweizerbürgern in die Heimat der Hauptort des Bezirkes, wo die Heimatgemeinde liegt, oder eine im Transportbefehl im Einverständnis mit dem Empfangskanton als Abgabeort bezeichneten Eisenbahnstation;
b) bei Abschiebung von Ausländern die betreffende Station;
c) für polizeilich gesuchte oder requirierte Personen der Sitz der ausschreibenden oder requirierenden Amtsstelle bzw. eventuell eine im Einzelfalle besonders vereinbarte Abgabestation. § 8 1 Wenn die Übernahme des Transportierten an der Grenze oder am Transportziel auf Schwierigkeiten stösst, so ist die absendende Behörde zur Rücknahme des Transportierten auf ihre Kosten verpflichtet. § 9 1 Bei Übergang eines Transportes auf einen andern Zug (Dampfschiff) ist die Überführung von den Polizeiorganen derjenigen Kantone vorzu - nehmen, in deren Gebiet die betreffende Station liegt, ohne dass hierfür Rechnung gestellt werden kann. Zur Erleichterung dieses Dienstes wer - den die Züge, welche unbegleitete Transportanden führen, in der Regel auf täglich vier nach jeder Richtung beschränkt. Die Bahnen werden je - weilen bei Einführung eines neuen Fahrplanes den kantonalen Polizei - behörden die für ihr Gebiet in Betracht fallenden Fahrkurse bezeichnen. 2 Vorbehalten bleiben die besondern Bestimmungen für den Verkehr auf denjenigen Linien, auf welchen Polizeitransportwagen zirkulieren. 4
§ 10 1 Der Transportand ist vor dem Transport zu verpflegen und soll auf län - geren Routen Zwischenverpflegung durch die Polizeiposten an grösse - ren Bahnhöfen erhalten. Kann der Transport seinen Bestimmungsort nicht an einem Tag erreichen, so erhalten die Transportierten an geeig - netem Orte (in der Regel einem Kantonshauptort oder Amtssitz) Unter - kunft, womit warme Verpflegung am Abend und am folgenden Morgen verbunden sein soll. Auf den Zwischenverpflegungs- und Unterkunfts - stationen soll bei Bedarf auch ärztliche Hilfe und Wartung zur Verfügung stehen. § 11 1 Über die Kosten der Zwischenverpflegung sowie allfälliger Unterkunft und ärztlicher Wartung für durchgehende Transporte der Kategorie 1, 2 und 3 stellen die betreffenden Kantone vierteljährlich dem Eidgenössi - schen Justiz- und Polizeidepartement Rechnung. Dieses prüft die einge - gangenen Rechnungen, verteilt die Gesamtkosten nach der Bevölke - rungszahl auf die sämtlichen an dieser Übereinkunft beteiligten Kantone und besorgt die allgemeine Abrechnung. 2 Für die bei der Verpflegung und Unterbringung der Transportanden in Anspruch genommenen Polizeimannschaft kann keine Entschädigung berechnet werden. § 12 1 Bei Transporten, welche ausschliesslich innerhalb des Gebietes eines Kantons stattfinden, darf dieser Kanton die erwachsenden Kosten für Zwischenverpflegung und allfällige Unterkunft und ärztliche Wartung nicht in die interkantonale Verpflegungsrechnung einstellen. 2 Bei Transporten, welche aus Auftrag des Bundes ausgeführt werden, hat der transportierende Kanton die erforderliche Zwischenverpflegung, Unterkunft und ärztliche Wartung für Rechnung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes bar zu bezahlen. § 13 1 Die Zwischenverpflegungs- und Unterkunftsstationen werden vom Eid - genössischen Justiz- und Polizeidepartement nach Anhörung der kanto - nalen Polizeidirektion bezeichnet. Ihre Organisation ist Sache der betreffenden Kantone. 5
2 Jede verabfolgte Zwischenverpflegung bzw. jede Nächtigung eines Transportierten wird durch den Ortsstempel der betreffenden Station auf dem Transportbefehl angemerkt; für Zwischenverpflegung ist ein runder, für Unterkunft (mit zugehöriger Verpflegung) ein viereckiger Stempel zu verwenden. § 14 1 Für die Transporte, welche von den Bundesbehörden angeordnet wer - den (Auslieferungen, eidgenössische Ausweisungen, Durchtransporte), stellen die Kantone dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeideparte - ment von Fall zu Fall Rechnung. Dieselbe umfasst: 1. die Fahrkosten (vgl. § 4 Abs. 3); 2. die Begleitungskosten nach Massgabe der in § 6 Absatz 3 festge - setzten Gebühren; 3. die Kosten von Verpflegung, Unterkunft und ärztlicher Wartung während des Transportes (vgl. § 12 Abs. 2). § 15 1 Die Transporte sind, wenn immer möglich, so einzurichten, dass sie in einem Tage zur Durchführung gelangen. Sie sollen am Bestimmungsort oder am Orte der Unterkunft nicht später als abends 8 Uhr ankommen. An Sonntagen sowie am Neujahrstag, Karfreitag, Auffahrtstag und Weihnachtstag sind Polizeitransporte zu unterlassen. § 16 1 Weibliche Personen dürfen nicht in Zellen zusammen mit Männern transportiert werden. Insofern ihnen nicht eine besondere Zelle ange - wiesen wird, sind sie in dritter Wagenklasse 1 ) zu transportieren, wobei begleitende Polizeiagenten Zivilkleidung tragen. Vorbehalten bleibt der gemeinsame Transport von Ehegatten und Eltern mit ihren Kindern. § 17 1 Die Polizeiorgane haben ihr Augenmerk darauf zu richten, dass die be - nutzten Transportzellen (und allfällige besondere Transportwagen) so - wie die zeitweiligen Unterkunfts- bzw. Arrestlokale für durchgehend Transportierte in gutem und reinlichem Zustande und bei kalter Witte - rung geheizt seien. 1) Heute: in 2. Klasse (Eisenbahn-Amtsblatt vom 2. Mai 1956, Mitteilung Nr. 244, S. 282) 6
§ 18 1 Die vollzogenen Transportbefehle verbleiben am Bestimmungsorte des Transportes ein Jahr lang zur Verfügung der Rechnungskontrollstel - len des Bundes und der Kantone aufbewahrt. Ein vom Formular loszu - trennender Empfangsschein geht unmittelbar nach Eintreffen des Trans - portes am Bestimmungsorte an die absendende Stelle zurück; bei be - gleiteten Transporten ist der Empfangsschein dem Transportbegleiter auszuhändigen. § 19 1 Dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement steht die allge - meine Kontrolle über das Polizeitransportwesen zu. Es entscheidet all - fällige Anstände und Beschwerden betreffend die Handhabung dieser Vereinbarung. § 20 1 Die gegenwärtige Vereinbarung wird unter Genehmigung der zuständi - gen eidgenössischen und kantonalen Behörden abgeschlossen. § 21 1 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ab - kommens. 2 ) § 22 1 Die Übereinkunft kann von den Vertragsparteien jederzeit bei Jahres - schluss gekündigt werden, und es tritt die Kündigung jeweilen ein Jahr nachher in Wirksamkeit 3 ) . 2) In Kraft seit 1. Januar 1910 3) Die Übereinkunft ist heute für alle Kantone verbindlich 7
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 23.06.1909 01.01.1910 Erlass Erstfassung A 1907, 427 17.12.1935 17.12.1935 § 6 Abs. 1 geändert AS 51, 813 01.08.1942 01.08.1942 § 6 Abs. 3, 1. geändert - 23.03.1965 23.03.1965 § 6 Abs. 3, 1. geändert - 8
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 23.06.1909 01.01.1910 Erstfassung A 1907, 427

§ 6 Abs. 1 17.12.1935

17.12.1935 geändert AS 51, 813

§ 6 Abs. 3, 1. 01.08.1942

01.08.1942 geändert -

§ 6 Abs. 3, 1. 23.03.1965

23.03.1965 geändert - 9
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