GESETZ über das berufliche Bildungswesen (70.1111)
CH - UR

GESETZ über das berufliche Bildungswesen

1 GESETZ über das berufliche Bildungswesen (GBB) (vom 30. November 1980; Stand am 1. Januar 2007) Das Volk des Kantons Uri, gestützt auf Artikel 65 des Bundesgesetzes vom 19. April 1978 über die Be- rufsbildung 1 sowie die bundesrätliche Verordnung vom 7. November 1979 2 und Artikel 7 der Kantonsverfassung 3 , beschliesst:

1. Kapitel: AL

LGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1 Zw

eck und Gegenstand
1 Dieses Gesetz bezweckt a) den Vollzug der Bundesgesetzgebung über die Berufsbildung 4 , b) die umfassende Förderung einer möglichst vielfältigen und den urneri- schen Verhältnissen angepassten Berufsbildung.
2 Das Gesetz regelt die Berufsberatung, die berufliche Grundausbildung samt dem erforderlichen Schulunterricht sowie die Förderung der berufli- chen Weiterbildung.

Artikel 2 Mittel

1 Um die Ziele des Gesetzes zu erreichen, kann der Kanton eigene Einrich- tungen betreiben oder mit anderen Kantonen sowie mit öffentlichen und pri- vaten Institutionen, Verbänden und Unternehmungen zusammenarbeiten oder entsprechende Massnahmen unterstützen.
2 Er kann Massnahmen zur Berufswahlorientierung und zum geeigneten Übergang von der Volksschule in die Berufsbildung anordnen. ___________
1 SR 412.1
2 SR 412.101
3 RB 1.1101
4 SR 412.1
2

2. Kapitel: D

IE BERUFSBERATUNG

Artikel 3 Aufgaben

1 Der Kanton sorgt für eine zweckmässige Berufsberatung.
2 Er führt eine Berufsberatungsstelle und organisiert nötigenfalls Sonderbe- ratungsstellen. Die Berufsberatungsstelle ist auch kantonale Zentralstelle im Sinne von Artikel 4 des Bundesgesetzes, welche auch einen Lehrstellen- nachweis führt.
3 Die Berufswahlvorbereitung ist Bestandteil des Stoffplanes der Volksschul- oberstufe und erfolgt in Zusammenarbeit mit den Eltern und der Berufsbera- tungsstelle.
4 Über die Aufgaben und Kompetenzen sowie die Organisation der Berufs- beratung erlässt der Regierungsrat die erforderlichen Vorschriften.

3. Kapitel: BER

UFLICHE GRUNDAUSBILDUNG
1. Abschnitt: Die Berufsleh re

Artikel 4 Grundsatz

1 Die berufliche Grundausbildung (Berufslehre) wird grundsätzlich in den vom Bundesgesetz 5 vorgesehenen Formen vermittelt.
2 Soweit die öffentlichen Interessen es rechtfertigen, kann der Regierungs- rat Massnahmen zur Erweiterung oder Verbesserung des Ausbildungs- angebotes treffen. Die erforderlichen Kredite unterstehen den Finanzkompe- tenzen der Kantonsverfassung 6 und den Bestimmungen über den Finanz- haushalt des Kantons 7 .
3 Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Landrat die Errichtung von Lehrwerkstätten oder andere weitergehende Massnahmen bewilligen.

Artikel 5 Ausbildung

sbewilligung
1 Wer in einem bestimmten Beruf erstmals Lehrlinge ausbilden will, hat vor Abschluss eines Lehrvertrages beim Amt für Berufsbildung um eine Ausbil- dungsbewilligung nachzusuchen. Die Berufsbildungskommission erteilt die Bewilligung, sofern die persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen er- füllt sind; die Bewilligung kann mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden.
2 Die Berufsbildungskommission kann, sofern ein Bedürfnis ausgewiesen und die einwandfreie praktische Ausbildung sichergestellt ist, die zeitweise ___________
5 SR 412.10
6 RB 1.1101
7 RB 3.2111; 3.2112
3 und gemeinsame Grundausbildung von Lehrlingen mehrerer Lehrmeister im gleichen Betrieb bewilligen (überbetriebliche Ausbildung). Vor Lehrbeginn sind die Vertragsverhältnisse und die Verantwortlichkeiten für die ganze Lehrdauer genau festzulegen. Der Regierungsrat erlässt die weiteren Vor- schriften.

Artikel 6 Lehrmeisterausbildung

1 Das Amt für Berufsbildung organisiert in Zusammenarbeit mit den Berufs- verbänden Lehrmeisterkurse. Den Absolventen wird ein Kursausweis aus- gehändigt.
2 Die Lehrmeisterinstruktion ist durch periodische Weiterbildungskurse zu ergänzen und zu vertiefen.
3 Die Zusammenarbeit mit andern Kantonen ist anzustreben.
4 Die Kosten der Lehrmeister- und Weiterbildungskurse gehen, abzüglich der Beiträge des Bundes, der Verbände und der Kursgebühren, zu Lasten des Kantons. Die Berufsbildungskommission kann in begründeten Fällen auf die Erhebung einer Kursgebühr verzichten.

Artikel 7 Einführungsku

rse
1 Der Kanton fördert die Durchführung von Einführungskursen durch die Be- rufsverbände. Der Regierungsrat erlässt Richtlinien über die staatliche Bei- tragsleistung und Aufsicht.
2 Kann in einem Beruf kein Einführungskurs kantonsintern durchgeführt wer- den, so vermittelt die Berufsbildungskommission den Kursbesuch durch interkantonale Zusammenarbeit.

Artikel 8 Lehrverhältnis

1 Der Lehrvertrag ist auf amtlichem Formular abzuschliessen und rechtzeitig vor Beginn der Lehre dem Amt für Berufsbildung zur Genehmigung einzurei- chen. Diese wird erteilt, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind; sie kann mit Auflagen verbunden werden. Auf bestehende Gesamtarbeitsverträge ist Rücksicht zu nehmen.
2 bedarf in jedem Falle der ausdrücklichen Genehmigung durch das Amt für Berufsbildung.

Artikel 9 Beruflicher Unterricht

1 Der Kanton sorgt für den beruflichen Unterricht der Lehrlinge aus Betrie- ben seines Gebietes, indem er insbesondere a) die kantonale Berufsschule Uri betreibt; b) weitere Schulbetriebe an gemeinnützige Organisationen oder Berufsver- bände vertraglich überträgt;
4 c) interkantonale Vereinbarungen über den erforderlichen auswärtigen Schulbesuch abschliesst.
2 Die Berufsbildungskommission erlässt die näheren Vorschriften über die Schulaufsicht, die Aufgaben und Kompetenzen der Schulorgane.
3 Der berufliche Unterricht ist an der vom Amt für Berufsbildung bezeichne- ten Schule zu besuchen, wobei für die Zuteilung grundsätzlich der Lehrort massgebend ist.

Artikel 10 Ergänzende Schulangebote

1 Die Berufsbildungskommission regelt die Durchführung von Stützkursen sowie das Freifächerangebot an den Schulen im Rahmen der Bundesvor- schriften. Auf die Bedürfnisse der Lehrbetriebe ist angemessen Rücksicht zu nehmen.
2 Der Lehrling kann Freifächer an der gewerblichen oder kaufmännischen Berufsschule oder an einer andern von der Berufsbildungskommission be- zeichneten Schule besuchen, wobei sie während mindestens eines ganzen Semesters zu belegen sind.
3 Die Einführung einer Berufsmittelschule nach Artikel 29 des Bundesgeset- zes bedarf der Zustimmung durch den Landrat.

Artikel 11 Weitere Diens

tleistungen
1 Das Amt für Berufsbildung bietet den Lehrvertragsparteien einen Aus- kunftsdienst an. Es fördert im übrigen den persönlichen Kontakt zwischen den Lehrvertragsparteien einerseits und der Schule anderseits.
2 Jeder Lehrling hat sich mindestens einmal, entweder vor Lehrbeginn oder während der Probezeit, einer auf das Lehrverhältnis bezogenen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Die Kosten trägt der Kanton. Die schulärztli- che Kommission regelt das Nähere.

Artikel 12 Lehrabschluss

prüfung
1 Die Organisation der Lehrabschlussprüfung ist Sache des Amtes für Be- rufsbildung. Die Durchführung erfolgt in Zusammenarbeit mit den Berufsver- bänden. Soweit Prüfungen an Berufsverbände übertragen werden, sind sie vom Amt für Berufsbildung zu überwachen.
2 Die Berufsbildungskommission erlässt die näheren Vorschriften.
2. Abschnitt: Die Anlehre

Artikel 13 Allgemeines

1 Wer mit einem Jugendlichen in ein Anlehrverhältnis im Sinne von Artikel 49 des Bundesgesetzes eintreten will, hat mittels amtlichem Formular einen
5 schriftlichen Vertrag abzuschliessen und denselben vor Vertragsbeginn zur Genehmigung dem Amt für Berufsbildung einzureichen. Das individuelle Ausbildungsprogramm des Anlehrbetriebes bildet einen Bestandteil des An- lehrvertrages.
2 Die Lehrpläne bedürfen der Genehmigung durch die Berufsbildungskom- mission.
3 Der Betreuung des Anlehrlings ist besondere Beachtung zu schenken.
4 Die Ausbildung wird, ohne Ablegen einer Prüfung, dadurch abgeschlos- sen, dass sich das Amt für Berufsbildung über das Erreichen des Ausbil- dungszieles vergewissert. Eine angemessene Verlängerung des Anlehrver- hältnisses kann nur in beidseitigem Einvernehmen der Anlehrparteien und des Amtes für Berufsbildung erfolgen.
5 Im übrigen finden die Bestimmungen über die Berufslehre sinngemäss An- wendung.
3. Abschnitt: Handelsm ittelschule

Artikel 14 Allgemeines

1 Der Kanton kann eine Handelsmittelschule (Diplomhandelsschule) im Sin- ne von Artikel 46 des Bundesgesetzes betreiben oder auf Grund einer Ver- einbarung durch eine öffentliche oder private gemeinnützige Organisation oder einen Berufsverband betreiben lassen.
2 Die Einführung bedarf der Zustimmung durch den Landrat.

4. Kapitel: BER

UFLICHE WEITERBILDUNG

Artikel 15 Grundsätze

1 Der Kanton fördert die berufliche Weiterbildung von gelernten und ange- lernten Personen. Das Amt für Berufsbildung unterstützt nach Bedarf die Durchführung von Weiterbildungskursen.
2 Bei nachgewiesenem Bedürfnis können Beiträge an die Kurskosten aus- gerichtet werden.
3 Der Regierungsrat kann unter den Voraussetzungen von Artikel 4 Absatz 2 und 3 dieses Gesetzes Massnahmen zur Verbesserung des Angebotes an Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten treffen.
4 Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Vorschriften.
6

5. Kapitel: FINANZORD

NUNG

Artikel 16 Baukredite

Kredite für Um- und Neub auten unterstehen den Finanzkompetenzen der Kantonsverfassung 8 und den Bestimmungen über den Finanzhaushalt des Kantons 9 .

Artikel 17 Betriebskoste

n
1 Der Kanton trägt die Kosten des obligatorischen Berufsschulunterrichtes, soweit diese nicht vom Bund oder anderen Institutionen übernommen wer- den.
2 Für den Besuch von Freifächern sowie der Berufsmittelschule ist durch den Schüler ein Kursgeld zu entrichten, das von der Berufsbildungskommis- sion festgesetzt wird.
3 Die Kosten für Lehrmittel und persönliches Schulmaterial gehen zu Lasten des Lehrlings, soweit sie nicht durch den Schulträger oder den Lehrmeister übernommen werden.

Artikel 18 Besuch aus

wärtiger Berufs- und Fachschulen sowie höherer Lehranstalten
1 Der Regierungsrat kann interkantonale Vereinbarungen abschliessen und andere Massnahmen treffen, damit der erforderliche Berufsschulunterricht für alle Lehrlinge sichergestellt ist.
2 In gleicher Weise kann er solche Vereinbarungen für den Besuch von aus- serkantonalen Fachschulen und höheren Lehranstalten durch Urner Schüler abschliessen, um deren Gleichbehandlung zu gewährleisten.

Artikel 19 Beitragsleistu

ngen
1 Der Kanton leistet Beiträge an: a) die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften der Berufsschulen; b) die Lehrmeisterkurse; c) die Einführungskurse; d) den Besuch von Freifächern und freiwilligen Kursen innerhalb und aus- serhalb des Kantons; e) die überbetriebliche Ausbildung (Artikel 5 dieses Gesetzes); f) die berufliche Weiterbildung; ___________
8 RB 1.1101
9 RB 3.2111; 3.2112
7 g) die Schulgelder und Reisekosten der Lehrlinge für den Besuch ausser- kantonaler Berufsschulen, Berufsmittelschulen und interkantonaler Fach- kurse; h) die Durchführung von Lehrabschlussprüfungen durch Berufsverbände; i) die Durchführung von Zwischenprüfungen; k) das hauswirtschaftliche Bildungswesen; l) weitere Einrichtungen und Massnahmen, die der beruflichen Aus- und Weiterbildung dienen.
2 Die Höhe der Beiträge und die anrechenbaren Kosten werden durch land- rätliche Verordnung festgesetzt.
3 Die Gewährung von Stipendien und Studiendarlehen zur Förderung der beruflichen Ausbildung gemäss den einschlägigen eidgenössischen und kantonalen Vorschriften bleibt vorbehalten.

6. Kapitel: ZUSTÄNDI

GKEITSORDNUNG

Artikel 20 Landrat

Der Landrat e rlässt die in der eidgenössischen Gesetzgebung und im vor- stehenden Gesetz vorbehaltenen Vollzugsvorschriften, soweit hiefür nicht ausdrücklich der Regierungsrat oder die Berufsbildungskommission als zu- ständig erklärt sind.

Artikel 21 Regierungsrat

1 Der Regierungsrat übt die Oberaufsicht über den Vollzug der Vorschriften über die Berufsbildung aus.
2 Er wählt: a) die kantonale Berufsbildungskommission; b) den Vorsteher des kantonalen Amtes für Berufsbildung; c) den Leiter der kantonalen Zentralstelle für Berufsberatung sowie die Be- rufsberater; d) die Schulleitung und die hauptamtlichen Lehrkräfte der kantonalen Be- rufsschule.

Artikel 22 Berufsbildung

skommission
1 Die kantonale Berufsbildungskommission besteht aus 7—9 Mitgliedern. Ihre Amtsdauer beträgt 4 Jahre.
2 Der zuständige Direktionsvorsteher führt den Vorsitz.
3 Der Berufsbildungskommission obliegt der Vollzug der Vorschriften über das Berufsbildungswesen und die Aufsicht über die Berufsschulen sowie die Lehrverhältnisse. Der Aufgaben- und Kompetenzbereich der Berufsbil-
8 dungskommission wird im übrigen durch landrätliche Verordnung umschrie- ben.

Artikel 23 Kantonales

Amt für Berufsbildung
1 Das kantonale Amt für Berufsbildung ist als zuständige Verwaltungsstelle mit dem unmittelbaren Vollzug der eidgenössischen und kantonalen Vor- schriften über das Berufsbildungswesen beauftragt. Es entscheidet im Ein- zelfall, soweit nicht die Genehmigung der Berufsbildungskommission vorbe- halten ist.
2 Der Aufgaben- und Kompetenzbereich wird im übrigen durch landrätliche Verordnung umschrieben.

7. Kapitel: RE

CHTSMITTELVERFAHREN UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 24 10 Rechtsmittelverfahren

1 Verfügungen des kantonalen Amtes für Berufsbildung können mit Verwal- tungsbeschwerde bei der Berufsbildungskommission angefochten werden. Deren Entscheid unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht, soweit kein Unzulässigkeitsgrund vorliegt. Erstinstanzliche Ent- scheidungen der Berufsbildungskommission unterliegen der Verwaltungsbe- schwerde an den Regierungsrat.
2 Das Verfahren richtet sich nach der Verordnung über die Verwaltungs- rechtspflege 11 .

Artikel 25 Inkrafttreten und Aufhebung

bisherigen Rechts
1 Dieses Gesetz tritt mit der Annahme durch das Volk in Kraft 12 .
2 Mit dem Inkrafttreten gelten alle widersprechenden kantonalen Vorschrif- ten als aufgehoben, insbesondere die kantonale Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 1. März 1968. Im Namen des Volkes des Kantons Uri Der Landammann: Hans Danioth Der Kanzleidirektor: Dr. Hans Muheim ___________
10 Fassung gemäss LRB vom 23. März 1994, in Kraft seit 1. Juni 1995
11 RB 2.2345
12 Inkraftgetreten am 30. November 1980
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