Verordnung über den automatisierten Abruf von Daten der Familienkassen durch Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-Kindergelddaten-Abrufverordnung - EUKiGAbV)
EUKiGAbV
Ausfertigungsdatum: 03.08.2022
Vollzitat:
"EU-Kindergelddaten-Abrufverordnung vom 3. August 2022 (BGBl. I S. 1378)"
Fußnote
(+++ Textnachweis ab: 1.10.2022 +++)
Eingangsformel
Auf Grund des § 68 Absatz 6 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes, der durch Artikel 9 Nummer 8 des Gesetzes vom 11. Juli 2019 (BGBl. I S. 1066) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen:
§ 1 Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt für den automatisierten Abruf von Daten durch die für Familienleistungen zuständigen öffentlichen Stellen eines Mitgliedstaats der Europäischen Union (ausländischer Träger). Familienleistungen sind solche nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe j in Verbindung mit Artikel 1 Buchstabe z der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1; L 200 vom 7.6.2004, S. 1; L 204 vom 4.8.2007, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1149 (ABI. L 186 vom 11.7.2019, S. 21) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Daten nach Satz 1 sind Daten,
1. die bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (Familienkasse-BA) gespeichert sind und
2. die den für eine Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt betreffen.
(2) Das Verfahren nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 284 vom 30.10.2009,
S. 1;
L 54 vom 24.2.2018, S. 18), die zuletzt durch den Beschluss Nr. H9 (ABl. C 259 vom 7.8.2020, S. 9) verlängert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, bleibt von dieser Verordnung unberührt.
§ 2 Abrufberechtigung
(1) Der automatisierte Abruf von Daten nach § 1 bedarf einer Abrufberechtigung. Die Abrufberechtigung erteilt die Familienkasse-BA. Die Erteilung einer Abrufberechtigung kommt in Betracht für Beschäftigte eines ausländischen Trägers, die Familienleistungen festzusetzen haben, sofern der ausländische Träger bei der Europäischen Kommission im öffentlichem Verzeichnis der europäischen Institutionen der Sozialen Sicherheit aufgelistet ist.
(2) Abrufberechtigungen sind auf die Daten zu beschränken, die zur Prüfung und Bemessung der Familienleistungen erforderlich sind.
(3) Voraussetzung für die Erteilung einer Abrufberechtigung ist der Abschluss einer schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsvereinbarung zwischen der Familienkasse-BA und dem ausländischen Träger.
(4) Das Bundeszentralamt für Steuern hat die Verwaltungsvereinbarung nach Absatz 3 vor Abschluss zu genehmigen. Voraussetzung für die Genehmigung ist, dass der jeweilige ausländische Träger der Familienkasse-BA einen vergleichbaren Zugang zu seinen Daten ermöglicht oder sich zur Einrichtung eines vergleichbaren Zugangs verpflichtet.
§ 3 Verfahren des Datenabrufs
(1) Beschäftigte, denen eine Abrufberechtigung nach § 2 Absatz 1 erteilt worden ist, haben sich bei einem Datenabruf gegenüber der Familienkasse-BA zu authentisieren.
(2) Für den Datenabruf sind folgende Angaben zu dem Kind oder der kindergeldberechtigten Person mitzuteilen:
1. die Identifikationsnummer im Sinne des § 139b der Abgabenordnung und der Tag der Geburt,
2. die im Mitgliedstaat des ausländischen Trägers vergebene Identifikationsnummer und der Tag der Geburt oder
3. der oder die Vornamen, der Nachname und der Tag der Geburt.
Ist der Familienkasse-BA zu dem Datensatz kein Bezug zum zwischen- und überstaatlichen Recht bekannt, hat der ausländische Träger zusätzlich den Grund des Datenabrufs und den Bezug zum zwischen- und überstaatlichen Recht mitzuteilen; ein Datenabruf nach Satz 1 Nummer 2 ist in diesem Fall unzulässig.
(3) Die Familienkasse-BA ergänzt den Datensatz nach Absatz 2 um die Daten, die für die abrufende Stelle zur Koordinierung der Familienleistungen erforderlich sind und die im Datensystem der Familienkasse-BA hinterlegt sind. Der Datenabruf ist zu beschränken auf folgende
1. Daten des zu berücksichtigenden Kindes:
a) die Identifikationsnummer im Sinne des § 139b der Abgabenordnung,
b) die im Mitgliedstaat des ausländischen Trägers vergebene Identifikationsnummer,
c) die Vornamen und den Nachnamen sowie frühere Namen,
d) den Tag der Geburt,
e) das Geschlecht,
f) die Staatsangehörigkeit,
g) die gegenwärtige oder die letzte bekannte Anschrift oder den gewöhnlichen Aufenthalt sowie den Tag des Ein- und Auszugs,
h) die Vornamen und den Nachnamen der Eltern,
i) die Haushaltszugehörigkeit des Kindes im Sinne des § 64 Absatz 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes,
j) in den Fällen des § 64 Absatz 3 des Einkommensteuergesetzes: den Vornamen und den Nachnamen der Person, die die höchste Unterhaltsrente zahlt,
k) soweit die Voraussetzungen des § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 des Einkommensteuergesetzes vorliegen: die Angabe, dass eine Behinderung vorliegt,
l) soweit die Voraussetzungen des § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes vorliegen: die Art und den Zeitraum der Ausbildung,
m) soweit die Voraussetzungen des § 32 Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegen: den Zeitraum der Meldung als Arbeitssuchender,
n) die Höhe des gezahlten Kindergeldes,
o) die Vornamen und den Nachnamen der vorrangig kindergeldberechtigten Person,
p) die Vornamen und den Nachnamen des Zahlungsempfängers sowie die Angabe, ob ein Anwendungsfall des § 74 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes vorliegt;
2. Daten der Personen, denen Kindergeld zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder des § 65 des Einkommensteuergesetzes zustehen würde:
a) die Identifikationsnummer im Sinne des § 139b Abgabenordnung,
b) die von dem Wohnsitzstaat vergebene Identifikationsnummer,
c) die Vornamen und Nachnamen sowie frühere Namen,
d) den Tag der Geburt,
e) das Geschlecht,
f) die Staatsangehörigkeit,
g) die gegenwärtige oder die letzte bekannte Anschrift oder den gewöhnlichen Aufenthalt sowie den Tag des Ein- und Auszugs,
h) die Angaben nach Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a bis g für Zahlkinder im Familienverbund,
i) den Familienstand,
j) die Angabe zum Vorliegen einer Erwerbstätigkeit oder dem Bezug von Renten oder Pensionen nebst Zeitraum;
3. Antrags- und Leistungsdaten:
a) den Tag der Antragstellung,
b) den Grund der Ablehnung,
c) die Angabe, ob die Familienkasse-BA eine vorläufige Entscheidung im Sinne der Artikel 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 getroffen hat,
d) die Vor- oder die Nachrangentscheidung der Familienkasse-BA im Sinne des Artikels 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004,
e) die Angabe, ob ein Bezug zu mindestens einem weiteren Mitgliedstaat besteht (Mehr-Länder-Konstellation).
Die Familienkasse-BA kann auch Daten ergänzen, die dem ausländischen Träger mittels der strukturierten elektronischen Dokumente im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 mitzuteilen sind.
(4) Jede am automatisierten Abrufverfahren beteiligte Stelle setzt zum Schutz der personenbezogenen Daten und zum Nachweis, dass die Verarbeitung dieser Daten im Einklang mit der Verordnung
(EU) 2016/679
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 74 vom 4.3.2021, S. 35) steht, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen um. Der automatisierte Datenabruf ist auch bei besonderen Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 der Verordnung (EU) 2016/679 mit solchen Mitgliedstaaten zulässig, bei denen ein dem Verfahren nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 vergleichbares Schutzniveau sichergestellt ist.
(5) Es sind dem jeweiligen Stand der Technik entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit zu treffen, die insbesondere die Verfügbarkeit, die Vertraulichkeit und die Integrität der Daten sowie die Authentisierung der abrufenden Stelle gewährleisten. Bei der Nutzung allgemein zugänglicher Netze sind angemessene und wirksame Verschlüsselungsverfahren zu verwenden. Die Bundesagentur für Arbeit bestimmt das einzusetzende Verschlüsselungsverfahren, das dem jeweiligen Stand der Technik entsprechen muss.
§ 4 Prüfungs- und Dokumentationspflichten
Zur Wahrung des Steuergeheimnisses und zur Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit beim Abrufverfahren sind § 2 Absatz 1 und die §§ 5 bis 8 der Steuerdaten-Abrufverordnung entsprechend anzuwenden.
§ 5 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 2022 in Kraft.
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