Verordnung des SBFI über die berufliche Grundbildung Schreinerpraktikerin/Sch... (412.101.220.19)
CH - Schweizer Bundesrecht

Verordnung des SBFI über die berufliche Grundbildung Schreinerpraktikerin/Schreinerpraktiker mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) 1

vom 1. Dezember 2005 (Stand am 1. April 2024) ¹ Fassung vom 15. November 2012, in Kraft ab 1. Januar 2013
30506
Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI),
² SR 412.10 ³ SR 412.101 ⁴ Der Verweis wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 ( SR 170.512 ) auf den 1. April 2024 angepasst (siehe AS 2024 156 ). ⁵ SR 822.115 ⁶ Fassung gemäss Ziff. I 12 der V des SBFI vom 24. Nov. 2017 über die Änderung von Bildungsverordnungen betreffend das Verbot gefährlicher Arbeiten, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 7331 ).

1. Abschnitt: Gegenstand, Schwerpunkte und Dauer

Art. 1 Berufsbezeichnung, Berufsbild und Schwerpunkte
¹ Die Berufsbezeichnung ist Schreinerpraktikerin oder Schreinerpraktiker.
² Die Schreinerpraktikerinnen und Schreinerpraktiker zeichnen sich insbesondere durch folgende Tätigkeiten und Haltungen aus:
a. Sie führen in der Werkstatt oder auf dem Bau, im Team oder allein, einfache, in begrenzten Fachgebieten vorkommende Arbeiten aus.
b. Sie kennen in ihrem Tätigkeitsgebiet die wichtigsten Materialien und deren Eigenschaften.
c. Sie setzen in ihrem Tätigkeitsgebiet Werkzeuge, Handmaschinen und stationäre Standardmaschinen unter Berücksichtigung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes fachgerecht ein.
d. Sie verstehen einfache Fachzeichnungen, setzen diese um und führen einfache Montagearbeiten aus.
e. Sie beachten branchenübliche Normen und Vorschriften sowie die ökologischen Grundsätze.
³ Innerhalb des Berufs der Schreinerpraktikerin oder des Schreinerpraktikers auf Stufe EBA gibt es folgende Schwerpunkte:
a. Schreinerei;
b. Fensterbau⁷.
⁴ Der Schwerpunkt wird vor Beginn der beruflichen Grundbildung im Lehrvertrag festgehalten.
⁷ Eingefügt durch die Änderung vom 15. November 2012, in Kraft ab 1. Januar 2013
Art. 2 Dauer und Beginn
¹ Die berufliche Grundbildung dauert 2 Jahre.
² Zur beruflichen Grundbildung wird zugelassen, wer das 15. Altersjahr vollendet und die obligatorische Schulpflicht abgeschlossen hat.
³ Der Beginn der beruflichen Grundbildung richtet sich nach dem Schuljahr der zuständigen Berufsfachschule.

2. Abschnitt: Ziele und Anforderungen

Art. 3 Kompetenzen
¹ Die Ziele und Anforderungen der beruflichen Grundbildung werden in Form von Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 beschrieben.
² Sie gelten für alle Lernorte.
Art. 4 Fachkompetenz
Die Fachkompetenz umfasst Kenntnisse und Fähigkeiten in folgenden Bereichen:
a. Arbeitssicherheit/Gefahrenquellen/Gesundheitsschutz;
b. Materialien;
c. Betriebsmittel;
d. Montage/Lieferungen;
e. Fachzeichnen;
f. Berechnungen;
g. Vorschriften/Normen;
h. Umweltschutz/Ökologie;
i. Arbeitsrecht/Administration.
Art. 5 Methodenkompetenz
Die Methodenkompetenz umfasst:
a. Arbeitstechniken und Problemlösen;
b. prozessorientiertes, vernetztes Denken und Handeln;
c. Informations- und Kommunikationsstrategien;
d. Lernstrategien/lebenslanges Lernen;
e. betriebsgerechtes Verhalten.
Art. 6 Sozial- und Selbstkompetenz
Die Sozial- und Selbstkompetenz umfasst:
a. eigenverantwortliches Handeln;
b. Umgangsformen/Kommunikationsfähigkeit;
c. Teamfähigkeit;
d. qualitätsorientiertes Denken und Handeln;
e. ökologisches Verhalten.

3. Abschnitt: Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz

Art. 7 ⁸
¹ Die Anbieter der Bildung geben den Lernenden zu Beginn und während der Bildung Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz, insbesondere zur Gefahrenkommunikation (Gefahrensymbole, Piktogramme, Gebotszeichen) in diesen drei Bereichen, ab und erklären sie ihnen.
² Diese Vorschriften und Empfehlungen werden an allen Lernorten vermittelt und in den Qualifikationsverfahren berücksichtigt.
³ Den Lernenden wird an allen Lernorten das Wissen über nachhaltige Entwicklung, insbesondere über den Ausgleich zwischen gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Interessen, vermittelt.
⁴ In Abweichung von Artikel 4 Absatz 1 ArGV 5 und gemäss den Vorgaben nach Artikel 4 a Absatz 1⁹ ArGV 5 können die Lernenden entsprechend ihrem Ausbildungsstand für die im Anhang zum Bildungsplan aufgeführten Arbeiten herangezogen werden.
⁵ Voraussetzung für einen Einsatz nach Absatz 4 ist, dass die Lernenden entsprechend den erhöhten Gefährdungen ausgebildet, angeleitet und überwacht werden; diese besonderen Vorkehrungen werden im Anhang zum Bildungsplan als begleitende Massnahmen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes festgelegt.
⁸ Fassung gemäss Ziff. II 12 der V des SBFI vom 24. Nov. 2017 über die Änderung von Bildungsverordnungen betreffend das Verbot gefährlicher Arbeiten, in Kraft seit 1. Jan. 2018 ( AS 2017 7331 ).
⁹ Der Verweis wurde in Anwendung von Art. 12 Abs. 2 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 2004 ( SR 170.512 ) auf den 1. April 2024 angepasst (siehe AS 2024 156 ).

4. Abschnitt: Anteile der Lernorte und Unterrichtssprache

Art. 8 Anteile der Lernorte
¹ Die Bildung in beruflicher Praxis erfolgt über die ganze Dauer der beruflichen Grundbildung im Durchschnitt an 4 Tagen pro Woche.
² Die schulische Bildung im obligatorischen Unterricht umfasst 720 Lektionen. Davon entfallen:
a. auf den berufskundlichen Unterricht: 400 Lektionen;
b. auf den allgemein bildenden Unterricht: 240 Lektionen;
c. auf den Sportunterricht: 80 Lektionen.
³ Die überbetrieblichen Kurse umfassen insgesamt 28 Tage zu 8 Stunden. Im letzten Semester der beruflichen Grundbildung finden keine überbetrieblichen Kurse mehr statt.
Art. 9 Unterrichtssprache
Unterrichtssprache ist in der Regel die Landessprache des Schulortes.

5. Abschnitt: Bildungsplan und Allgemeinbildung

Art. 10 Bildungsplan
¹ Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung liegt ein Bildungsplan vor, der von der verantwortlichen Organisation der Arbeitswelt erarbeitet und vom SBFI genehmigt ist.
² Der Bildungsplan führt die Handlungskompetenzen nach den Artikeln 4–6 wie folgt näher aus:
a. Er begründet sie in ihrer Wichtigkeit für die berufliche Grundbildung.
b. Er bestimmt, welches Verhalten in bestimmten Handlungssituationen am Arbeitsplatz erwartet wird.
c. Er differenziert sie in konkrete Leistungsziele aus.
d. Er bezieht sie konsistent auf die Qualifikationsverfahren und beschreibt deren System.
³ Der Bildungsplan legt überdies fest:
a. die curriculare Gliederung der beruflichen Grundbildung;
b. die Aufteilung der überbetrieblichen Kurse über die Dauer der Grundbildung und ihre Organisation;
c. die Qualifikationsbereiche , die im Notenausweis nach Artikel 21 Absatz 3 genannt werden und für die Wiederholungen nach Artikel 19 zählen;
d. die Vorschriften und Empfehlungen zur Arbeitssicherheit, zum Gesundheitsschutz und zum Umweltschutz.
⁴ Dem Bildungsplan angefügt ist die Liste der Unterlagen zur Umsetzung der beruflichen Grundbildung für Schreinerpraktikerinnen/Schreinerpraktiker mit Titel und Datum, Autorschaft und Bezugsquelle.
Art. 11 Allgemeinbildung
Für den allgemein bildenden Unterricht gilt der Rahmenlehrplan des SBFI.

6. Abschnitt: Anforderungen an die Anbieter der Bildung im Lehrbetrieb

Art. 12 Fachliche Mindestanforderungen an Berufsbildnerinnen und Berufsbildner
Die fachlichen Mindestanforderungen an eine Berufsbildnerin oder einen Berufsbildner erfüllt, wer über eine der folgenden Qualifikationen verfügt:
a. einschlägiger Abschluss der höheren Berufsbildung auf der Tertiärstufe;
b. Schreiner mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis und mindestens 3-jähriger Berufspraxis.
Art. 13 Höchstzahl der Lernenden
¹ In einem Betrieb, in dem eine entsprechend qualifizierte Berufsbildnerin oder ein entsprechend qualifizierter Berufsbildner zu 100 Prozent beschäftigt ist, darf eine lernende Person ausgebildet werden.
² Mit jeder zusätzlichen Beschäftigung einer Fachkraft zu 100 Prozent oder von zwei Fachkräften zu mindestens je 60 Prozent darf eine weitere lernende Person im Betrieb ausgebildet werden.
³ Als Fachkraft gilt, wer über ein Fähigkeitszeugnis im Fachbereich der lernenden Person oder über eine gleichwertige Qualifikation verfügt.
⁴ Tritt eine lernende Person in das letzte Jahr der beruflichen Grundbildung ein, so kann eine weitere lernende Person ihre Bildung beginnen.
⁵ In besonderen Fällen kann die kantonale Behörde einem Betrieb, der seit mehreren Jahren Lernende mit überdurchschnittlichem Erfolg ausgebildet hat, die Überschreitung der Höchstzahl der Lernenden bewilligen.

7. Abschnitt: Lern- und Leistungsdokumentation

Art. 14 Lerndokumentation im Betrieb
¹ Die lernende Person führt eine Lerndokumentation in der sie die wesentlichen Arbeiten, die erworbenen Fähigkeiten und die Erfahrungen im Betrieb festhält.
² Die Berufsbildnerin oder der Berufsbildner hält den Ausbildungsstand in einem Bildungsbericht fest und bespricht diesen mindestens einmal pro Semester mit der lernenden Person.
Art. 15 Dokumentation der Leistungen in der schulisch organisierten Bildung
Die Anbieter der schulischen Bildung und die Anbieter schulisch organisierter Grundbildungen dokumentieren die Leistungen der Lernenden in den unterrichteten Bereichen und stellen ihnen am Ende jedes Semesters ein Zeugnis aus.

8. Abschnitt: Qualifikationsverfahren

Art. 16 Zulassung zu den Qualifikationsverfahren
Zum Qualifikationsverfahren wird zugelassen, wer die berufliche Grundbildung erworben hat:
a. nach den Bestimmungen dieser Verordnung;
b. in einer vom Kanton dafür zugelassenen Bildungsinstitution; oder
c. ausserhalb eines geregelten Bildungsganges und glaubhaft macht, den Anforderungen der Prüfung gewachsen zu sein.
Art. 17 Gegenstand, Umfang und Durchführung des Qualifikationsverfahrens
¹ Im Qualifikationsverfahren ist nachzuweisen, dass die Kompetenzen nach den Artikeln 4–6 erworben worden sind.
² Im Qualifikationsverfahren werden die nachstehenden Qualifikationsbereiche wie folgt geprüft:
a. Abschlussarbeit
Dieser Prüfungsteil findet im Laufe des vierten Semesters in der Regel im Betrieb statt und dauert 8 bis 16 Stunden. Die Lerndokumentation, die Unterlagen der überbetrieblichen Kurse und die Fachliteratur dürfen als Hilfsmittel verwendet werden.
b. Erfahrungsnote überbetrieblicher Kurse
Die Note ist das Mittel aus der Summe dreier definierter und beurteilter überbetrieblicher Kurse.
c. Erfahrungsnote aus dem berufskundlichen Unterricht
Es zählt die Erfahrungsnote der Berufsfachschule. Sie ist das Mittel aus der Summe aller Semesternoten der berufskundlichen Fächer.
d Allgemeinbildung
Die Abschlussprüfung im Qualifikationsbereich Allgemeinbildung richtet sich nach dem Rahmenlehrplan des SBFI.
Art. 18 Bestehen
¹ Das Qualifikationsverfahren ist bestanden, wenn:
a. der Qualifikationsbereich «Abschlussarbeit» mit der Note 4 oder höher bewertet wird; und
b. die Gesamtnote 4 oder höher erreicht wird.
² Die Gesamtnote ist das auf eine Dezimalstelle gerundete Mittel aus der Summe der gewichteten Noten der einzelnen Qualifikationsbereiche.
³ Für die Berechnung der Gesamtnote zählen die Qualifikationsbereiche mit folgender Gewichtung:
a. Abschlussarbeit: doppelt;
b. Erfahrungsnote überbetrieblicher Kurse: einfach;
c. Erfahrungsnote berufskundlicher Unterricht: einfach;
d. Allgemeinbildung: einfach.
Art. 19 Wiederholungen
¹ Die Wiederholung des Qualifikationsverfahrens richtet sich nach Artikel 33 BBV. Muss ein Qualifikationsbereich wiederholt werden, so ist er in seiner Gesamtheit zu wiederholen.
² Wird das Qualifikationsverfahren ohne erneuten Besuch der Berufsfachschule bzw. der überbetrieblichen Kurse wiederholt, so werden die bisherigen Erfahrungsnoten beibehalten.
³ Wird der berufskundliche Unterricht während 2 Semestern wiederholt, so zählt die neue Erfahrungsnote.
⁴ Werden die überbetrieblichen Kurse während 2 Semestern wiederholt, so zählt die neue Erfahrungsnote der Kurse 5 und 7 oder die Note einer Ersatzprüfung¹⁰.
¹⁰ Fassung vom 15. November 2012, in Kraft ab 1. Januar 2013
Art. 20 Spezialfälle
Hat eine lernende Person die Vorbildung ausserhalb der geregelten beruflichen Grundbildung nach dieser Verordnung erworben, so werden statt der Erfahrungsnote aus dem berufskundlichen Unterricht und der Erfahrungsnote der überbetrieblichen Kurse je eine Ersatzprüfung abgelegt.

9. Abschnitt: Ausweise und Titel

Art. 21 Eidgenössisches Berufsattest
¹ Wer ein Qualifikationsverfahren erfolgreich durchlaufen hat, erhält das eidgenössische Berufsattest (EBA).
² Das Berufsattest berechtigt, den gesetzlich geschützten Titel «Schreinerpraktikerin EBA/Schreinerpraktiker EBA» zu führen.
³ Im Notenausweis werden die Gesamtnote und die Noten jedes Qualifikationsbereichs festgehalten.

10. Abschnitt: Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für Schreinerpraktikerinnen/Schreinerpraktiker

Art. 22
¹ Die Schweizerische Kommission für Berufsentwicklung und Qualität für Schreinerpraktikerinnen/Schreinerpraktiker setzt sich zusammen aus:
a. 3 Vertreterinnen oder Vertretern des Verbandes Schweizerischer Schreinermeister VSSM;
b. 2 Vertreterinnen oder Vertretern der Fédération romande des entreprises de menuiserie, ébénisterie et charpenterie (FRM);
c. 1 Vertreterin oder 1 Vertreter der Fachlehrerschaft;
d. je 1 Vertreterin oder 1 Vertreter des Bundes und der Kantone.
² Die Sprachregionen müssen gebührend vertreten sein.
³ Die Kommission fällt nicht in den Geltungsbereich der Kommissionenverordnung vom 3. Juni 1996¹¹. Sie konstituiert sich selbst.
⁴ Die Kommission hat folgende Aufgaben:
a. Sie passt den Bildungsplan nach Artikel 10 den wirtschaftlichen, technologischen und didaktischen Entwicklungen laufend, mindestens aber alle fünf Jahre an. Dabei trägt sie allfälligen neuen organisatorischen Aspekten der beruflichen Grundbildung Rechnung. Die Anpassungen bedürfen der Zustimmung der Vertreterinnen und Vertreter nach Absatz 1 Buchstabe d.
b. Sie beantragt beim SBFI Änderungen dieser Verordnung, sofern die beobachteten Entwicklungen Regelungen dieser Verordnung, namentlich die Kompetenzen nach den Artikeln 4–6, betreffen.
¹¹ SR 172.31

11. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 23 Übergangsbestimmungen
¹ Über die Anerkennung einer Gleichwertigkeit bisheriger Pilotausbildungen bzw. Abschlüsse der Stufe des eidgenössischen Berufsattests (EBA) entscheidet die zuständige kantonale Behörde.
² Die Änderung vom 15. November 2012 gilt für Lernende, die ihre Bildung nach dem 1. Januar 2013 begonnen haben¹².
¹² Eingefügt durch die Änderung vom 15. November 2012, in Kraft ab 1. Januar 2013
Art. 24 Inkrafttreten
¹ Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2006 in Kraft.
² Die Bestimmungen über das Qualifikationsverfahren, die Ausweise und die Titel (Art. 16–21) treten am 1. Januar 2008 in Kraft.
³ Diese Änderung vom 15. November 2012 tritt am 1. Januar 2013 in Kraft.
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