Bundesgesetz über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten (930.31)
CH - Schweizer Bundesrecht

Bundesgesetz über die Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten (Unternehmensentlastungsgesetz, UEG)

(Unternehmensentlastungsgesetz, UEG) vom 29. September 2023 (Stand am 1. Oktober 2024)
¹ SR 101 ² BBl 2023 166

1. Abschnitt: Regulierungsgrundsätze

Art. 1 Rechtsetzung
Der Bund wirkt bei seinen rechtssetzenden Erlassen darauf hin, dass die Regulierung volkswirtschaftlich effizient ist und die Unternehmen wenig belastet. Er beachtet dabei insbesondere die folgenden Grundsätze:
a. Es wird diejenige Regulierungsvariante mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Volkswirtschaft gewählt.
b. Die Belastung von Unternehmen durch Regulierungskosten wird frühzeitig im Rechtsetzungsprozess analysiert und transparent ausgewiesen.
c. Kleine und mittlere Unternehmen werden nicht übermässig belastet.
d. Die Regulierungen werden innovationsfreundlich und technologieneutral ausgestaltet.
e. Die Regulierungen werden wettbewerbsneutral ausgestaltet; tatsächliche oder potenzielle Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen werden vermieden.
f. Die Erlasse werden sachgerecht, klar und bürgerfreundlich formuliert.
Art. 2 Vollzug
Der Bund gestaltet den Vollzug seiner rechtsetzenden Erlasse so aus, dass die Unternehmen administrativ möglichst wenig belastet werden. Er beachtet dabei insbesondere die folgenden Grundsätze:
a. Die Anzahl der Stellen, an die sich die Unternehmen wenden müssen, wird möglichst gering gehalten.
b. Die Regelungen werden den Unternehmen in einer sachgerechten, klaren und bürgerfreundlichen Form vermittelt.
c. Erstinstanzliche wirtschaftsrechtliche Verfahren werden schnell und einfach durchgeführt; die Verfahrensdauer wird durch Ordnungsfristen beschränkt.
d. Bei den Behördenkontakten werden die Möglichkeiten elektronischer Mittel vollumfänglich genutzt.
e. Formulare werden einheitlich und einfach ausgestaltet.
f. Unternehmen werden risikobasiert kontrolliert.
Art. 3 Überprüfung
¹ Das geltende Recht und sein Vollzug werden regelmässig auf Möglichkeiten der Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten überprüft.
² Bei Überprüfungen des geltenden Rechts wird auch dessen Wirtschaftlichkeit berücksichtigt.

2. Abschnitt: Ausarbeitung von Erlassen

Art. 4 Prüfpflichten
¹ Die verantwortlichen Einheiten der Bundesverwaltung prüfen bei der Ausarbeitung von rechtsetzenden Erlassen des Bundes, ob:
a. für die kleinen und mittleren Unternehmen vereinfachte oder kostengünstigere Regelungen vorgesehen werden können;
b. höhere regulatorische Anforderungen als bei vergleichbaren Regulierungen im Ausland vermieden werden können;
c. der Vollzug der Regulierungen mit elektronischen Mitteln vereinfacht werden kann;
d. die betroffenen Unternehmen durch die Aufhebung von Regulierungen im gleichen Bereich entlastet werden können.
² Die Ergebnisse dieser Prüfungen sind im erläuternden Bericht zur Vernehmlassung und in der Botschaft des Bundesrates festzuhalten. Werden in Absatz 1 genannte Möglichkeiten zur Entlastung der Unternehmen nicht genutzt, so ist dies im Bericht und in der Botschaft zu begründen.
Art. 5 Regulierungskostenschätzung
¹ Die verantwortlichen Einheiten der Bundesverwaltung schätzen bei der Ausarbeitung von rechtsetzenden Erlassen des Bundes die einmaligen und wiederkehrenden Kosten, die den Unternehmen als Folge der Auferlegung von Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflichten entstehen. Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung stellt die methodischen Grundlagen zur Verfügung.
² Die geschätzten Kosten werden im Antrag an den Bundesrat, im erläuternden Bericht zur Vernehmlassung und in der Botschaft des Bundesrates ausgewiesen. Sie werden soweit möglich dem erwarteten Nutzen der Regulierung gegenübergestellt.
³ Die geschätzten Kosten werden soweit möglich in Zahlen dargestellt. Wenn dies nicht möglich ist, so müssen die Gründe dafür angegeben und die betreffenden Kosten beschrieben werden.
⁴ Die verantwortlichen Einheiten aktualisieren die Ergebnisse der Regulierungskostenschätzung im Verlauf des Rechtsetzungsprozesses. Sie melden die Ergebnisse der Aktualisierungen der Stelle, die für das Monitoring der Belastung durch Regulierungskosten verantwortlich ist.

3. Abschnitt: Monitoring und Bereichsstudien

Art. 6 Monitoring der Belastung durch Regulierungskosten
¹ Der Bundesrat überwacht die Entwicklung der Belastung von Unternehmen durch Regulierungskosten.
² Er bezeichnet die für das Monitoring verantwortliche Stelle.
Art. 7 Bereichsstudien
¹ Der Bundesrat bezeichnet in seinen Jahreszielen drei bis fünf Regulierungsbereiche, die im Rahmen einer externen Studie daraufhin überprüft werden, ob sie Entlastungspotenzial für Unternehmen aufweisen (Bereichsstudie).
² Die Departemente schlagen dem Bundesrat jährlich mindestens einen Regulierungsbereich, für den sie zuständig sind, für eine Bereichsstudie vor.
³ Die Kantone und die gesamtschweizerischen Wirtschaftsdachverbände können dem Bundesrat Regulierungsbereiche vorschlagen, die überprüft werden sollen .
⁴ Die Bereichsstudien zeigen mögliche Verbesserungsmassnahmen und deren volkswirtschaftliche Auswirkungen auf. Sie werden veröffentlicht.
⁵ Die Departemente legen die Ergebnisse der Bereichsstudien dem Bundesrat vor und stellen ihm Antrag über das weitere Vorgehen.
Art. 8 Berichterstattung
¹ Der Bundesrat unterbreitet der Bundesversammlung alle vier Jahre einen Bericht zur Entlastung der Unternehmen von Regulierungskosten.
² Der Bericht des Bundesrates enthält:
a. die Ergebnisse des Monitorings der Belastung von Unternehmen durch Regulierungskosten;
b. die Entlastungsvorschläge aus den durchgeführten Bereichsstudien;
c. eine Zusammenfassung der Massnahmen des Bundesrates zur Entlastung von Unternehmen von Regulierungskosten.

4. Abschnitt: Elektronische Plattform zur Erbringung von Behördenleistungen

Art. 9 Zweck
¹ Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) betreibt eine zentrale elektronische Plattform zur erleichterten Erbringung von Behördenleistungen für Unternehmen und andere UID-Einheiten nach dem Bundesgesetz vom 18. Juni 2010³ über die Unternehmens-Identifikationsnummer.
² Es kann die Plattform auch für Einzelpersonen öffnen, soweit die ihnen angebotenen Behördenleistungen mit denjenigen für Unternehmen und andere UID-Einheiten vergleichbar sind.
³ SR 431.03
Art. 10 Funktionen
¹ Die Plattform unterstützt die Benutzerinnen und Benutzer bei der Kommunikation mit den Behörden.
² Sie bietet den Benutzerinnen und Benutzern die folgenden Möglichkeiten, soweit das anwendbare Recht dem nicht entgegensteht:
a. Daten zur späteren Verwendung für die Kommunikation mit den Behörden zu erfassen und zu verwalten;
b. Daten aus amtlichen Registern zu importieren;
c. Dokumente an Behörden zu übermitteln oder von einer Behörde zu empfangen.
³ Sie stellt den Behörden Schnittstellen für die Anbindung ihrer Systeme zur Verfügung.
Art. 11 ⁴
⁴ Tritt zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft.
Art. 12 Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht
Das SECO kann die Plattform für die Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht zur Verfügung stellen, sofern:
a. die Erfüllung der Hauptaufgaben der Plattform nicht beeinträchtigt wird; und
b. keine bedeutenden zusätzlichen sachlichen und personellen Mittel erforderlich sind.
Art. 13 Standards
¹ Die Bundeskanzlei kann, soweit es für die Interoperabilität anderer Systeme mit der Plattform erforderlich ist, technische, organisatorische und prozedurale Standards festlegen, die für die Behörden und mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten nach diesem Gesetz verbindlich sind. Sie orientiert sich dabei an bestehenden und international etablierten offenen Standards.
² Sie legt die Standards in Zusammenarbeit mit dem SECO und der Organisation Digitale Verwaltung Schweiz fest.
Art. 14 Kosten
¹ Der Bund trägt die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten der Plattform für die Verwendung zum Vollzug von Bundesrecht.
² Das SECO kann mit Kantonen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften, insbesondere der Organisation Digitale Verwaltung Schweiz, und den mit Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten zur Verwendung der Plattform beim Vollzug von Bundesrecht eine Vereinbarung über die finanzielle Beteiligung abschliessen.
³ Bei einer Verwendung zum Vollzug von kantonalem Recht leisten die Kantone und die mit kantonalen Verwaltungsaufgaben betrauten Dritten einen kostendeckenden Beitrag an die Betriebs- und Weiterentwicklungskosten. Das SECO kann die Beiträge pauschal festlegen.
⁴ Bei Vorhaben von hohem Bundesinteresse kann das SECO auf höchstens 45 Prozent des kantonalen Beitrags verzichten; bei geringfügigen Kosten kann es ganz auf kantonale Beiträge verzichten.
Art. 15 Datenbearbeitung
¹ Zugriff auf die Daten einer Benutzerin oder eines Benutzers sowie auf die von ihr oder ihm an eine Behörde übermittelten oder von einer Behörde empfangenen Dokumente haben nur Personen, die von der Benutzerin oder dem Benutzer dazu bevollmächtigt wurden.
² Das SECO darf Personendaten und Daten juristischer Personen, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten, bearbeiten, soweit dies für die Gewährleistung der Funktionen nach Artikel 10 erforderlich ist.
³ Es darf die Daten auf Antrag der betroffenen Benutzerinnen und Benutzer an die jeweils zuständigen Behörden übermitteln.
Art. 16 Aufbewahrungsfrist für die Daten
¹ Die Daten werden so lange aufbewahrt, bis die Benutzerin oder der Benutzer sie vernichtet.
² Das SECO vernichtet die Daten zudem:
a. spätestens ein Jahr, nachdem eine UID-Einheit ihre wirtschaftliche Tätigkeit beendet hat;
b. zwei Jahre, nachdem das SECO vom Tod einer Einzelperson nach Artikel 9 Absatz 2 Kenntnis erlangt hat, es sei denn eine Rechtsnachfolgerin oder ein Rechtsnachfolger hat während dieser Zeit Ansprüche angemeldet.
Art. 17 Datensicherheit
Das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung regelt die Gewährleistung der Datensicherheit.
Art. 18 Öffentlichkeitsprinzip
¹ Die auf der Plattform gespeicherten Daten gelten nicht als amtliche Dokumente des SECO im Sinne des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 2004⁵.
² Dokumente an oder von Behörden, die über die Plattform übermittelt werden, gelten als amtliche Dokumente der betreffenden Behörden.
⁵ SR 152.3

5. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 19 Überprüfung
¹ Der Bundesrat überprüft spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, ob das Gesetz und sein Vollzug notwendig, zweckmässig, wirksam und wirtschaftlich sind.
² Er erstattet der Bundesversammlung Bericht und unterbreitet ihr nötigenfalls Änderungsanträge.
Art. 20 Ausführungsbestimmungen
Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
Art. 21 Änderung eines anderen Erlasses
…⁶
⁶ Die Änderung kann unter AS 2024 118 konsultiert werden.
Art. 22 Referendum, Inkrafttreten und Geltungsdauer
¹ Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
² Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
³ Der 3. Abschnitt (Art. 6–8) gilt während zehn Jahren ab Inkrafttreten.⁷
Datum des Inkrafttretens:⁸ Art. 9, 10, 12–20 und 22 Abs. 1 und 2: 1. April 2024 Art. 1–8, 21 und 22 Abs. 3: 1. Okober 2024 Art. 11: zu einem späteren Zeitpunkt
⁷ Bis zum 30. Sept. 2034.
⁸ BRB vom 15. März 2024
Markierungen
Leseansicht