Gesetz betreffend Förder- und Hilfeleistungen für Kinder und Jugendliche
Jugendhilfe / Schulfürsorge Gesetz betreffend Förder- und Hilfeleistungen für Kinder und Jugendliche (Kinder- und Jugendgesetz, KJG) Vom 10. Dezember 2014 (Stand 1. März 2024) Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt, gestützt auf das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989
1 ) sowie auf
§ 11 Abs. 1 lit. f und § 17 der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März 2005
2 ) , nach Ein - sichtnahme in den Ratschlag des Regierungsrates Nr. 14.0743.01 vom 24. Juni 2014 sowie in den Be - richt der Bildungs- und Kulturkommission Nr. 14.0743.02 vom 20. Oktober 2014, beschliesst: I. Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Zweck und Gegenstand
1 Dieses Gesetz bezweckt die Förderung und den Schutz von Kindern, Jugendlichen und jungen Er - wachsenen mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton Basel-Stadt durch a) die Sicherstellung von Leistungen, b) die Finanzierung dieser Leistungen und c) die Regelung der Organisation und Zuständigkeiten.
2 Vorbehalten bleiben die bundesrechtlichen und kantonalen Bestimmungen zum zivilrechtlichen Kin - desschutz.
§ 2 Begriffe
1 Im Sinne dieses Gesetzes a) wird «Kinder- und Jugendhilfe» verstanden als Handlungsbereich, welcher zusätzlich zu privaten Leistungen in Familien und zur Schule die sozialen Bedingungen des Aufwach - sens von Kindern und Jugendlichen gestaltet, b) sind «Kinder und Jugendliche» Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und c) «junge Erwachsene» Personen bis zum vollendeten 25. Lebensjahr. II. Grundsätze
§ 3 Kindeswohl
1 Bei allem staatlichen Handeln, das Kinder und Jugendliche betrifft, ist deren Wohl vorrangig zu be - rücksichtigen.
§ 4 Förderung
1 Kanton und Gemeinden schaffen Rahmenbedingungen, die zu einer Entwicklung von Kindern und Jugendlichen als eigenständige, sozial verantwortliche Personen und zu deren sozialer, kultureller und politischer Integration beitragen.
2 Sie unterstützen insbesondere die Schaffung und Erhaltung von kinder-, jugend- und familienfreund - lichen Lebensbedingungen sowie die Prävention von besonderen Risiken.
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1) SR .
2) SG 111.100 .
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§ 5 Schutz
1 Kanton und Gemeinden schützen Kinder und Jugendliche inner- und ausserhalb ihrer Familie vor Ge - fährdungen.
2 Die zuständigen Behörden treffen Vorkehrungen insbesondere zum Schutz vor Gewalt, Ausbeutung und Vernachlässigung.
§ 6 Chancengleichheit
1 Kanton und Gemeinden sorgen für die Chancengleichheit aller Kinder und Jugendlichen.
§ 7 Mitwirkung
1 Kanton und Gemeinden informieren Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie ihre Eltern und Erziehungsberechtigten über die sie besonders betreffenden Angelegenheiten.
2 Sie beziehen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sowie ihre Eltern und Erziehungsberechtig - ten auf geeignete Weise in ihre Meinungs- und Willensbildung ein.
§ 8 Subsidiarität
1 Kanton und Gemeinden sorgen für ein angemessenes Angebot von Leistungen zur Förderung und zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, soweit entsprechende Leistungen nicht von den Familien oder privaten Leistungserbringern erbracht werden können. III. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
§ 9 Allgemeine Förderung, Information und Beratung
1 Kanton und Gemeinden sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ein angemessenes Angebot von folgenden Leistungen:
1. Allgemeine Förderung von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Familien:
a) Familienergänzende Kinderbetreuung; b) offene Kinder- und Jugendarbeit; c) kulturelle Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen; d) Elternbildung.
2. Information und Beratung zur Bewältigung besonderer Herausforderungen und schwieri -
ger Lebenslagen: a) Information und Beratung für Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene; b) Information und Beratung für Eltern und Erziehungsberechtigte sowie Personen, die den Kindern und Jugendlichen nahe stehen; c) soziale Arbeit an Schulen; d) Leistungen zur Integration von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in die Arbeits - welt.
2 Die Leistungen können beschränkt werden. Das zuständige Departement beziehungsweise die zustän - dige Stelle der Gemeinden bestimmen die Einzelheiten der Leistungen, insbesondere den Umfang und den Zugang.
§ 9a
3 ) Frühe Deutschförderung
1 Kanton und Gemeinden sorgen für ein ausreichendes Angebot von früher Deutschförderung fremd - sprachiger Kinder im Vorschulbereich. Sie fördern hierzu insbesondere die Deutschförderung in Spiel - gruppen und Kindertagesstätten.
2 Kinder mit Förderbedarf in Deutsch sind verpflichtet, vor der Einschulung während eines Schuljahres an drei Halbtagen pro Woche ein geeignetes Förderangebot zu besuchen. Der Besuch einer Spielgrup - pe mit Deutschförderung ist in diesem Umfang unentgeltlich.
3) Eingefügt am 13. Dezember 2023, in Kraft seit 1. März 2024 (KB 16.12.2023)
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3 Das zuständige Departement oder die zuständige Stelle der Gemeinden sorgt unter Mitwirkung der Erziehungsberechtigten für die Abklärung des Förderbedarfs.
4 Die Erziehungsberechtigten sorgen bei festgestelltem Förderbedarf dafür, dass ihr Kind das Förder - angebot regelmässig besucht. Der Besuch eines Angebots kann vom zuständigen Departement oder von der zuständigen Stelle der Gemeinden angeordnet werden.
5 Bei wiederholter Verletzung ihrer Pflichten können die Erziehungsberechtigten vom zuständigen De - partement oder von der zuständigen Stelle der Gemeinden mit einer Busse bis Fr. 1'000 belegt werden.
§ 10 Ergänzende Hilfen zur Erziehung, Abklärungen und Gutachten
1 Der Kanton gewährleistet ein ausreichendes Angebot von Hilfen zur Erziehung. Er sorgt für Abklä - rungen und Gutachten.
1. Ergänzende Hilfen zur Erziehung:
a) Pädagogische und therapeutische Leistungen für Kinder und Jugendliche sowie junge Erwachsene; b) aufsuchende Familienarbeit; c) Unterbringung und Betreuung in Pflegefamilien und Institutionen; d) Entlastungsangebote für Eltern in Erziehungsverhältnissen mit besonderen Belastun - gen und Anforderungen.
2. Abklärungen und Gutachten:
a) Abklärungen des Hilfebedarfs; b) Gutachten zuhanden von Behörden und Gerichten.
2 Ergänzende Hilfen zur Erziehung müssen von einer zuständigen und anerkannten Fachstelle zuge - wiesen oder bewilligt werden. Das zuständige Departement bestimmt die Einzelheiten der Leistungen, den Umfang und den Zugang.
3 Abklärungen und Gutachten bedürfen einer behördlichen oder gerichtlichen Anordnung.
§ 11 Leistungen bis zum vollendeten 25. Altersjahr
1 Jugendlichen, denen aufgrund dieses Gesetzes im Zeitpunkt des Erreichens der Mündigkeit Hilfe gewährt wird, kann diese weiterhin gewährt werden, solange dies erforderlich ist, jedoch längstens bis zur Vollendung des 25. Altersjahres.
§ 12 Anrecht auf Beratung ohne Information der Eltern
1 Kinder und Jugendliche können im Einzelfall beraten werden, ohne dass die Eltern darüber infor - miert werden, sofern sonst die Beratung oder der Beratungszweck beeinträchtigt würden.
§ 13 Weitere Bestimmungen zu den Leistungen
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden informieren auf
2 Sie können die Erfüllung von Leistungen im Sinne dieses Gesetzes Dritten übertragen.
3 Sie bestimmen die Einzelheiten. IV. Aufgabenteilung und Finanzierung
§ 14 Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden
1 Die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden sowie die Finanzierung der Leistungen rich - - ment und den Gemeinden vertraglich geregelt.
2 Aufgaben der Einwohnergemeinde der Stadt Basel werden durch die kantonalen Organe und Behör - den besorgt.
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§ 15 Finanzierung der Leistungen durch Beiträge der Leistungsbezüger
1 Für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe können von den Leistungsbezügern Kostenbeiträge erho - ben werden. Die Kostenbeiträge richten sich in der Regel nach den Einkommens- und Vermögensver - hältnissen. Die massgebliche wirtschaftliche Haushaltseinheit und die Berechnung des massgeblichen Einkommens richten sich nach dem Gesetz über die Harmonisierung und Koordination von bedarfsab - hängigen Sozialleistungen (Harmonisierungsgesetz Sozialleistungen, SoHaG) vom 25. Juni 2008.
2 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden bestimmen die Einzelheiten. V. Organisation und Zusammenarbeit
§ 16 Zusammenarbeit
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden stellen die Leis - tungen in Zusammenarbeit mit den anderen Departementen, den Stellen der Gemeinden und den Leis - tungserbringern sicher. Sie nutzen die Möglichkeit einer regionalen Zusammenarbeit.
§ 17 Kinder- und Jugendkommission
1 Der Regierungsrat wählt eine Fachkommission zum Zweck der Beratung und der Förderung der Zu - sammenarbeit. Die Kinder- und Jugendkommission setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Ver - tretern der Gemeinden, der Leistungserbringer sowie der zuständigen kantonalen Fachstellen.
§ 18 Vollzug
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden vollziehen die Aufgaben des vorliegenden Gesetzes, sofern sie nicht ausdrücklich einer anderen Behörde zugeordnet sind.
2 Der Regierungsrat erlässt die notwendigen Ausführungsbestimmungen. VI. Planung und Datenbearbeitung
§ 19 Planung
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden planen und ent - wickeln die Leistungen im Sinne dieses Gesetzes und stellen eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Angebots sicher.
2 Sie beziehen die Leistungserbringer und weitere betroffene Kreise ein.
3 Der Regierungsrat berichtet periodisch über die Entwicklung der Angebote und Leistungen.
§ 20 Datenbearbeitung
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständige Stelle der Gemeinden sowie die weite - ren in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen öffentlichen Stellen können zum Zweck der Planung, der Information, der Wirksamkeitsprüfung und der Kontrolle Personendaten bearbeiten.
2 Sie können Personendaten privaten Leistungserbringern zur Bearbeitung weiterleiten, die diese zur Erfüllung der öffentlich finanzierten Leistungen im Sinne dieses Gesetzes benötigen.
1 Personen, die Leistungen im Sinne dieses Gesetzes erbringen, sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen aus dieser Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen verpflichtet.
2 mit Zustimmung der betreffenden Personen austauschen.
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3 Die Schweigepflicht besteht nicht gegenüber Fachpersonen und Institutionen im Rahmen der fachlich erforderlichen Zusammenarbeit. Vorbehalten bleiben spezialgesetzliche Bestimmungen zum Berufsge - heimnis. VII. Schlussbestimmungen
§ 22 Aufhebung des bisherigen Rechts
1 Das Gesetz betreffend kantonale Jugendhilfe vom 17. Oktober 1984 wird aufgehoben. Schlussbestimmung Dieses Gesetz ist zu publizieren; es unterliegt dem Referendum. Es wird nach Eintritt der Rechtskraft am 1. Januar 2015 wirksam.
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