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CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und dem «Fund for the Afghan People» betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Funds in der Schweiz

Abgeschlossen am 1. Februar 2024 In Kraft getreten am 1. Februar 2024 (Stand am 1. Februar 2024)
Art. 1 Rechtsfähigkeit
Der Schweizerische Bundesrat anerkennt die Rechtsfähigkeit des «Fund for the Afghan People» (nachfolgend «Fund» genannt) in der Schweiz, einer 2022 gegründeten Stiftung nach schweizerischem Recht.
Art. 2 Handlungsfreiheit
¹ Der Schweizerische Bundesrat garantiert dem Fund Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit.
² Er gewährt ihm die uneingeschränkte Versammlungsfreiheit, einschliesslich der Rede-, Beschluss- und Publikationsfreiheit, auf dem Hoheitsgebiet der Schweiz.
Art. 3 Unverletzlichkeit der Güter, Archive, Dokumente und Korrespondenz
Die Güter und Archive des Funds und, ganz allgemein, alle ihm gehörenden oder sich in seinem Besitz befindlichen Dokumente und Korrespondenz in jeglicher Form (physisch oder digital) sowie alle Datenträger sind jederzeit und überall unverletzlich.
Art. 4 Immunität von der Gerichtsbarkeit und der Vollstreckung
Im Rahmen seiner Tätigkeit geniesst der Fund Immunität von der Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit und Immunität von der Vollstreckung, ausser:
a) in Einzelfällen, in denen diese Immunität formell vom Stiftungsrat des Funds aufgehoben wurde;
b) im Falle einer gegen den Fund angestrengten Haftpflichtklage wegen eines Schadens, der durch ein dem Fund gehörendes oder auf seine Rechnung betriebenes Fahrzeug in der Schweiz verursacht wurde;
c) im Falle einer durch richterlichen Entscheid angeordneten Pfändung von Gehältern, Löhnen und anderen Bezügen, die der Fund einer oder einem seiner Bediensteten oder einer anderen Person in einer Arbeitsbeziehung mit ihm schuldet;
d) im Falle einer Widerklage, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einer vom Fund erhobenen Hauptklage steht;
e) im Falle der Vollstreckung einer schiedsrichterlichen Entscheidung, welche in Anwendung von Artikel 17 dieses Abkommens gefällt wurde.
Art. 5 Verzicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit und der Vollstreckung
¹ Der Fund verzichtet auf seine Immunität von der Gerichtsbarkeit und der Vollstreckung, falls in einem Gerichtsverfahren, in welchem schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen geltend gemacht werden, die Unterbreitung von Dokumenten, Daten und sonstigen Informationen, die sich im Besitz des Funds befinden, erforderlich ist, um die Rechte des Opfers zu wahren.
² Der Fund verzichtet ebenfalls auf seine Immunität von der Gerichtsbarkeit und der Vollstreckung in allen Fällen, in denen die Immunität nach seiner Auffassung die Ausübung der Justiz behindert und in denen darauf verzichtet werden kann, ohne dass es den Interessen des Funds schadet.
³ Der Fund stellt die erforderlichen Dokumente, Daten oder sonstigen Informationen entweder durch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten oder direkt der ersuchenden Behörde zur Verfügung.
Art. 6 Veröffentlichungen und Mitteilungen
Die Veröffentlichungen und Mitteilungen des Funds sind keinerlei Einschränkungen unterworfen.
Art. 7 Steuerliche Behandlung
¹ Der Fund, seine Guthaben, Einkünfte und anderen Vermögenswerte sind von den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden befreit. Für Liegenschaften und ihren Ertrag gilt diese Befreiung indessen nur, soweit sie Eigentum des Funds sind und von dessen Dienststellen benützt werden.
² Der Fund ist von den indirekten Steuern des Bundes, der Kantone und der Gemeinden befreit. Insbesondere ist er für alle Bezüge von Gegenständen und Dienstleistungen in der Schweiz sowie für alle Bezüge von Dienstleistungen von der Mehrwertsteuer (MWST) nach Schweizer Recht befreit, wenn die Gegenstände und Dienstleistungen ausschliesslich für den amtlichen Gebrauch bestimmt sind.
³ Der Fund ist von allen Gebühren des Bundes, der Kantone und der Gemeinden befreit, soweit diese nicht als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden.
⁴ Die erwähnten Befreiungen sind gegebenenfalls auf Antrag des Funds gemäss der schweizerischen Gesetzgebung auf dem Wege der Rückerstattung zu gewähren.
Art. 8 Freie Verfügung über Guthaben
Der Fund kann jede Art von Guthaben, sämtliche Devisen, Barbeträge, Gold und andere bewegliche Werte in Empfang nehmen, verwahren, konvertieren, transferieren und darüber sowohl in der Schweiz als auch in seinen Beziehungen zum Ausland frei verfügen.
Art. 9 Soziale Sicherheit
Der Fund unterliegt als Arbeitgeber sämtlichen obligatorischen Sozialversicherungen gemäss schweizerischer Gesetzgebung, namentlich der Gesetzgebung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, die Invalidenversicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Erwerbsersatzordnung, die Familienzulagenordnung, die obligatorische berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge sowie die Kranken- und Unfallversicherung.
Art. 10 Ausländisches Personal
Der Bundesrat befreit den Fund für sein ausländisches Personal von den schweizerischen Aufenthaltsbestimmungen.
Art. 11 Vorrechte und Immunitäten der Stiftungsratsmitglieder des Funds
¹ Die Stiftungsratsmitglieder des Funds und deren allfällige Stellvertreterinnen und Stellvertreter, die in offizieller Eigenschaft für den Fund tätig sind, geniessen während der Ausübung ihrer Tätigkeit in der Schweiz folgende Vorrechte und Immunitäten:
a) Immunität von Festnahme oder Haft, ausser wenn sie auf frischer Tat ertappt werden, und Befreiung von der Kontrolle des persönlichen Gepäcks, sofern keine triftigen Gründe für die Vermutung vorliegen, dass es verbotene oder abgabenpflichtige Gegenstände und Waren enthält;
b) Immunität von der Gerichtsbarkeit auch nach Beendigung ihrer Funktion bezüglich der von ihnen in Ausübung ihrer Funktion vorgenommenen Handlungen, einschliesslich ihrer schriftlichen und mündlichen Äusserungen, ausser wenn wegen eines Schadens, den ein ihnen gehörendes oder von ihnen gelenktes Fahrzeug verursacht hat, eine Haftpflichtsklage gegen sie gerichtet wird, oder bei Übertretung von Strassenverkehrsvorschriften des Bundes, sofern diese mit einer Ordnungsbusse geahndet werden kann;
c) Unverletzbarkeit aller ihrer amtlichen Schriftstücke, Datenträger und Urkunden;
d) Befreiung von allen Einreisebeschränkungen, von der Meldepflicht für Ausländer und von jeder Verpflichtung zu nationalen Dienstleistungen;
e) die gleichen Erleichterungen hinsichtlich der Währungs- und Devisenvorschriften, wie sie den Vertreterinnen und Vertretern ausländischer Regierungen in vorübergehender offizieller Mission gewährt werden.
² Die Vorrechte und Immunitäten werden den Stiftungsratsmitgliedern des Funds und gegebenenfalls ihren Stellvertreterinnen und Stellvertretern nicht zu ihrem persönlichen Vorteil eingeräumt, sondern zwecks Gewährleistung der völlig unabhängigen Ausübung ihrer Tätigkeit für den Fund. Der Stiftungsrat ist für die Aufhebung der Immunität der Stiftungsratspräsidentin oder des Stiftungsratspräsidenten, des Co-Präsidenten oder der Co-Präsidentin und der Mitglieder des Stiftungsrates zuständig.
Art. 12 Verhinderung von Missbrauch
¹ Der Fund und die schweizerischen Behörden arbeiten laufend zusammen, um den Gang der Rechtspflege zu erleichtern, die Einhaltung der Polizeivorschriften zu gewährleisten und jeden Missbrauch der in diesem Abkommen vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten zu verhindern.
² Die internationalen Verpflichtungen der Schweiz werden durch dieses Abkommen nicht beeinträchtigt.
Art. 13 Streitigkeiten privater Art
Der Fund trifft angemessene Massnahmen zur zufriedenstellenden Beilegung von privatrechtlichen Streitigkeiten, die aufgrund der in diesem Abkommen vorgesehenen Immunitäten keinem ordentlichen Gericht vorgelegt werden können.
Art. 14 Nichtverantwortlichkeit der Schweiz
Der Schweiz erwächst aus der Tätigkeit des Funds auf ihrem Hoheitsgebiet keinerlei internationale Verantwortlichkeit aus Handlungen und Unterlassungen des Funds oder seiner Mitarbeitenden.
Art. 15 Sicherheit der Schweiz
¹ Die Kompetenz des Schweizerischen Bundesrates, alle angemessenen Massnahmen zur Wahrung der Sicherheit der Schweiz zu treffen, bleibt vorbehalten.
² Falls er es als notwendig erachtet, den ersten Absatz dieses Artikels anzuwenden, setzt sich der Schweizerische Bundesrat so rasch, wie es die Umstände erlauben, mit dem Fund in Verbindung, um im gegenseitigen Einvernehmen die zum Schutz der Interessen des Funds notwendigen Massnahmen zu beschliessen.
³ Der Fund arbeitet mit den schweizerischen Behörden zusammen, um jegliche Beeinträchtigung, die sich aus seiner Tätigkeit für die Sicherheit der Schweiz ergeben könnte, zu vermeiden.
Art. 16 Vollzug des Abkommens durch die Schweiz
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten ist die mit dem Vollzug dieses Abkommens beauftragte schweizerische Behörde.
Art. 17 Beilegung von Streitigkeiten
¹ Jede Streitigkeit zwischen den Parteien des vorliegenden Abkommens über die Auslegung oder die Anwendung des vorliegenden Abkommens, die nicht durch Verhandlungen zwischen den Parteien geregelt werden konnte, kann auf Gesuch der einen oder der anderen Partei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht unterbreitet werden.
² Die Parteien bestimmen je ein Mitglied des Schiedsgerichts.
³ Die so ernannten Mitglieder wählen in gegenseitigem Einvernehmen das dritte Mitglied, das den Vorsitz des Schiedsgerichts übernimmt. Sollte innerhalb einer angemessenen Frist keine Einigung zustande kommen, wird auf Begehren der einen oder der anderen Partei das dritte Mitglied durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Schweizerischen Bundesgerichts bezeichnet.
⁴ Das Schiedsgericht bestimmt sein Verfahren selbst.
⁵ Der Schiedsgerichtsentscheid ist für die Konfliktparteien bindend und endgültig.
Art. 18 Änderung des Abkommens
¹ Das vorliegende Abkommen kann jederzeit auf Verlangen der einen oder der anderen Partei geändert werden.
² In diesem Fall verständigen sich die beiden Parteien über die an den Bestimmungen des vorliegenden Abkommens vorzunehmenden Änderungen.
Art. 19 Kündigung des Abkommens
¹ Das vorliegende Abkommen kann von jeder Vertragspartei gekündigt werden. Die Kündigung tritt am Ende des zweiten Kalenderjahres in Kraft, das auf das Jahr folgt, in dem eine Vertragspartei der anderen mitteilt, dass sie dieses Abkommen kündigt.
² Im Einvernehmen zwischen den Parteien kann die oben erwähnte Frist gekürzt werden, die Kündigung dieses Abkommens tritt immer zum Ende eines Kalenderjahres in Kraft.
Art. 20 Inkrafttreten
Das vorliegende Abkommen tritt am Tag der zweiten Unterzeichnung in Kraft.
Geschehen in zwei Urschriften in französischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Bern, den 1. Februar 2024
Botschafter Franz Perrez

Für den
«Fund for the Afghan People»:

Washington, den 29. Januar 2024
Anwar ul-Haq Ahady
Shah Mohammed Mehrabi

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