Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip (131.3)
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Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip

Gesetz über das Öffentlichkeitsprinzip (Öffentlichkeitsgesetz, OeG) vom 1. Dezember 2022 (Stand 1. März 2023) Der Kantonsrat des Kantons Obwalden, gestützt auf Artikel 60 der Kantonsverfassung vom 19. Mai 1968 1 ) , beschliesst: 1. Zweck und Geltungsbereich

Art. 1

Zweck 1 Dieses Gesetz regelt den Zugang zu amtlichen Dokumenten. 2 Es bezweckt, die Transparenz über die Tätigkeiten der öffentlichen Or gane zu fördern, mit dem Ziel, die freie Meinungsbildung, die Wahrneh mung der demokratischen Rechte und die Kontrolle des staatlichen Han delns zu erleichtern sowie das Verständnis und das Vertrauen der Bevöl kerung gegenüber den öffentlichen Organen zu stärken.

Art. 2

Geltungsbereich 1 Dieses Gesetz gilt für: a. den Kantonsrat, seine Organe und die von ihm gewählten Kommis sionen; b. den Regierungsrat und die ihm nachgelagerten Behörden und Kom missionen, Departemente und Amtsstellen; c. die Gerichtsbehörden, soweit sie Aufgaben der Gerichtsverwaltung erfüllen; d. die Gemeinderäte, kommunale Kommissionen und die Gemeinde verwaltungen sowie Zweck- und Gemeindeverbände; e. die selbstständigen und unselbstständigen öffentlich-rechtlichen An stalten des Kantons und der Gemeinden; 1) GDB 101.0 OGS 2022, 29
f. natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts, so weit sie öffentliche Aufgaben erfüllen. 2 Dieses Gesetz gilt nicht: a. für Verwaltungsverfahren; b. für Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechtspflegeverfahren einschliess lich Schlichtungs- und Schiedsverfahren sowie Verfahren der Amts- und Rechtshilfe; c. für die Obwaldner Kantonalbank; d. im Bereich des wirtschaftlichen Wettbewerbs.

Art. 3

Vorbehaltene Regelungen 1 Der Zugang zu amtlichen Dokumenten, die Personendaten der Gesuch stellerin oder des Gesuchstellers enthalten, richtet sich nach dem Daten schutzgesetz. 2 Vorbehalten bleiben gesetzliche Regelungen, die bestimmte Informatio nen als geheim bezeichnen oder von diesem Gesetz abweichende Vor aussetzungen für den Zugang zu bestimmten Informationen vorsehen.

Art. 4

Amtliche Dokumente 1 Als amtliches Dokument gilt jede Information, die: a. auf einem beliebigen Informationsträger aufgezeichnet ist; b. sich im Besitz einer Behörde oder Amtsstelle befindet, von der sie stammt oder der sie übermittelt worden ist, und c. die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrifft. 2 Nicht als amtliche Dokumente gelten Dokumente, die: a. kommerziell genutzt werden; b. nicht fertig gestellt oder c. ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bestimmt sind. 2. Öffentlichkeitsprinzip

Art. 5

Grundsatz 1 Jede Person hat das Recht, amtliche Dokumente einzusehen und Aus kunft über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten. 2

Art. 6

Einschränkungen und Ausschluss des Zugangs 1 Der Zugang zu amtlichen Dokumenten wird eingeschränkt, soweit über wiegende öffentliche oder schützenswerte private Interessen entgegen stehen. 2 Ein überwiegendes öffentliches Interesse steht insbesondere entgegen, wenn die Information: a. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden könnte; b. durch die vorzeitige Bekanntgabe die Entscheidfindung beeinträch tigt würde; c. die Stellung in Verhandlungen geschwächt werden könnte; d. die Beziehungen zu anderen Gemeinwesen beeinträchtigen könnte; e. die Wirksamkeit von behördlichen Massnahmen vereiteln oder her absetzen könnte. 3 Als schützenswerte private Interessen gelten insbesondere: a. der Schutz der Privatsphäre; b. das Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnis; c. Geheimhaltungsinteressen Dritter und das Immaterialgüterrecht. 4 Die Einschränkungen beziehen sich nur auf den schutzwürdigen Teil ei nes amtlichen Dokuments und gelten nur so lange, als das Interesse be steht. 5 Der Zugang zu amtlichen Dokumenten kann verweigert werden, wenn er zu einem offenkundig unverhältnismässig hohen Aufwand führen würde.

Art. 7

Besondere Fälle 1 Amtliche Dokumente dürfen erst zugänglich gemacht werden, wenn der politische oder administrative Entscheid, für den sie die Grundlage bilden, getroffen ist. 2 Amtliche Dokumente einer parlamentarischen Untersuchungskommissi on unterliegen einer Sperrfrist von zehn Jahren. Diese beginnt mit dem Kantonsratsbeschluss zur Einstellung der Untersuchung bzw. der Auflö sung der Untersuchungskommission zu laufen. 3 Amtliche Dokumente über Positionen in laufenden und künftigen Ver handlungen sind in keinem Fall zugänglich. 4 Es besteht kein Recht auf Zugang zu amtlichen Dokumenten aus inter nen Mitberichtsverfahren, Stellungnahmen oder Anträgen und anderen Dokumenten, die das Kollegialitätsprinzip unterlaufen könnten. 3
3. Verfahren

Art. 8

Gesuch 1 Das Gesuch um Zugang ist an die Stelle zu richten, die das amtliche Do kument erstellt oder von Dritten, die diesem Gesetz nicht unterstehen, als Hauptadressatin erhalten hat. 2 Für die Behandlung von Gesuchen um Zugang zu archivierten Doku menten bleibt innerhalb der Schutzfrist die Stelle zuständig, welche die Dokumente zur Archivierung abgeliefert hat. 3 Das Gesuch ist unter Angabe von Name und Adresse einzureichen und muss eine möglichst genaue Bezeichnung des amtlichen Dokuments ent halten. Es kann verlangt werden, das Gesuch schriftlich einzureichen. Ist das amtliche Dokument nicht bestimmbar und werden die Angaben auch auf Nachfrage innert kurzer Frist nicht genügend präzisiert, wird auf das Gesuch nicht eingetreten.

Art. 9

Schutz von Personendaten und Interessen Dritter 1 Amtliche Dokumente, die Personendaten enthalten, sind vor der Ein sichtnahme zu anonymisieren, soweit private Interessen eine Anonymisie rung erfordern. 2 Können schützenswerte Personendaten nicht anonymisiert werden, sind die betroffenen Personen anzuhören. Die Einsichtnahme wird abgelehnt, wenn die Zustimmung verweigert wird oder wenn das Einholen der Zu stimmung mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden wäre. 3 Der Zugang kann ausnahmsweise trotz fehlender Zustimmung gewährt werden, wenn dies im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. 4 Ist unklar, ob durch die Einsichtgabe Interessen Dritter beeinträchtigt werden, sind diese anzuhören.

Art. 10

Entscheid und Rechtsmittelweg 1 Zuständig für die Beurteilung des Gesuchs ist die angerufene Stelle, so weit vom übergeordneten Organ keine andere Stelle bezeichnet wird. Ge suche an untergeordnete Stellen werden in der kantonalen Verwaltung durch das zuständige Amt beurteilt, Gesuche an die Gerichte vom zustän digen Präsidium. 4
2 Die Behörde oder Stelle erlässt eine Verfügung, wenn sie das Einsichts gesuch ganz oder teilweise abweist oder wenn sie Zugang gewähren will, obwohl a. die betroffene Person die Zustimmung verweigert hat; b. Dritte ein Interesse gegen die Einsichtgabe geltend machen. 3 Gegen die Verfügung kann innert 30 Tagen Verwaltungsgerichtsbe schwerde bzw. Beschwerde geführt werden: a. beim Verwaltungsgericht gegen Verfügungen des Kantonsrats und seiner Organe, der Gerichtspräsidien und des Regierungsrats; b. beim Regierungsrat gegen Verfügungen der ihm nachgelagerten Be hörden und Kommissionen, der Departemente, des Gemeinderats, der kommunalen Zweckverbände und gegen Verfügungen öffentlich- rechtlicher Anstalten und Dritter, soweit sie kantonale Aufgaben er füllen; c. beim Departement gegen Verfügungen von Ämtern; d. beim Gemeinderat gegen Verfügungen kommunaler Stellen und Or gane und Verfügungen öffentlich-rechtlicher Anstalten der Gemein den und Dritter, soweit sie kommunale Aufgaben erfüllen. 4 Einem Rechtsmittel kommt in jedem Fall aufschiebende Wirkung zu. 5 Die Beschwerdeinstanzen haben auch Zugang zu den amtlichen Doku menten, die der Geheimhaltung unterliegen. Vorbehalten bleiben schüt zenswerte private Interessen.

Art. 11

Zugangsgewährung 1 Der Zugang zu amtlichen Dokumenten wird gewährt durch Einsichtnah me vor Ort, Aushändigung von Kopien oder auf elektronischem Weg. 2 Ist ein amtliches Dokument in einem Publikationsorgan oder im Internet veröffentlicht oder sonst wie öffentlich zugänglich, gilt der Anspruch auf Zugang mit dem Hinweis auf den Ort der Publikation als erfüllt.

Art. 12

Kosten 1 Das Einsichtsverfahren ist in der Regel kostenlos. Ist die Behandlung des Gesuchs mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden und bei regelmässig wiederholten Gesuchen, können kostendeckende Gebühren nach Massgabe der anwendbaren Gebührenregelung erhoben werden, für die Gerichte nach den Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensver ordnung und der Allgemeinen Gebührengesetzgebung. 5
2 Beabsichtigt die Behörde eine Gebühr zu erheben, informiert sie die ge suchstellende Person vorgängig. 3 Die Kostenfolgen für Rechtsmittelverfahren richten sich nach den einschlägigen Bestimmungen des kantonalen und kommunalen Rechts. 4. Schlussbestimmungen

Art. 13

Übergangsrecht 1 Dieses Gesetz gilt für amtliche Dokumente, die nach dessen Inkrafttre ten erstellt oder empfangen wurden. Die Einsicht in ältere amtliche Doku mente richtet sich nach den bisherigen Bestimmungen. 2 Auf bestehende Leistungsvereinbarungen, welche die Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips nicht vorsehen, findet das Gesetz keine Anwen dung. Informationen zum Erlass Urspüngliche Fundstelle: OGS 2022, 29 Ursprüngliches Inkrafttreten: 1. März 2023 (OGS 2023, 1) Botschaft und Vorlage des Regierungsrats vom 13. Juni 2022, Kantons ratssitzungen vom 27. Oktober und 1. Dezember 2022 (22.22.01) 6
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 01.12.2022 01.03.2023 Erlass Erstfassung OGS 2022, 29 7
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 01.12.2022 01.03.2023 Erstfassung OGS 2022, 29 8
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