Abkommen (0.512.164.91)
CH - Schweizer Bundesrecht

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Polen über die bilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung Abgeschlossen am 9. Juni 2012 In Kraft getreten durch Notenaustausch am 28. November 2012 (Stand am 28. November 2012)
Der Schweizerische Bundesrat und die Regierung der Republik Polen,
nachstehend «Vertragsparteien» genannt;
in der Absicht, ihre auf der gegenseitigen Achtung und der Berücksichtigung von Interessen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Polen basierenden Beziehungen zu fördern;
unter Hinweis auf die Notwendigkeit, in Europa das gegenseitige Vertrauen, die Sicherheit und die Stabilität zu stärken;
in Anbetracht des Erfordernisses, im Geiste der Charta der Vereinten Nationen¹ zu Stärkung des Friedens, des Vertrauens und der Stabilität in der Welt beizutragen;
unter Berücksichtigung, dass die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung ein vitales Element von Sicherheit und Stabilität ist;
auf der Grundlage des «Übereinkommens zwischen den Vertragsstaaten des Nord­atlantikvertrags und den anderen an der Partnerschaft für den Frieden teilnehmenden Staaten über die Rechtsstellung ihrer Truppen²», nachstehend «PfP-Truppenstatut», und von dessen Zusatzprotokoll³, beide abgeschlossen am 19. Juni 1995 in Brüssel;
in Übereinstimmung mit der entsprechenden nationalen Gesetzgebung der Vertragsparteien und deren internationalen Verpflichtungen;
sind wie folgt übereingekommen:
¹ SR 0.120 ² SR 0.510.1 ³ SR 0.510.11
Art. 1
1.  Zweck dieses Abkommens ist die Festlegung der Bedingungen und Formen der bilateralen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der militärischen Ausbildung, nachstehend «die Zusammenarbeit», sowie die Bestimmung der Rechtsstellung des involvierten militärischen und zivilen Personals und von deren Angehörigen, die von einer Vertragspartei auf das Staatsgebiet der anderen Vertragspartei entsandt werden.
2.  Dieses Abkommen gilt nicht für die Planung, Vorbereitung und Durchführung von Kampf- und anderen militärischen Operationen.
Art. 2
Im Sinne dieses Abkommens gelten die folgenden Begriffe:
1) Die «empfangende Partei» bezeichnet die Vertragspartei, auf deren Staatsgebiet Aktivitäten der Zusammenarbeit stattfinden.
2) Die «entsendende Partei» bezeichnet die Vertragspartei, die Personal in das Staatsgebiet der anderen Partei zur Teilnahme an den Aktivitäten der Zusammenarbeit entsendet.
c) Das «Personal der entsendenden Partei» bezeichnet das militärische und zivile Personal der Streitkräfte und der für Verteidigung zuständigen Ministerien der entsendenden Partei, das an Aktivitäten der Zusammenarbeit teilnimmt, sowie deren Angehörige.
Art. 3
Für die Umsetzung dieses Abkommens sind die folgenden Behörden, nachstehend «die autorisierten Behörden», zuständig:
– in der Republik Polen – der Minister für Nationale Verteidigung; und
– in der Schweizerischen Eidgenossenschaft – das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport.
Art. 4
1.  Im Rahmen dieses Abkommens können die Vertragsparteien in folgenden Formen zusammenarbeiten:
1) Ausbildung von militärischem und zivilem Personal in entsprechenden Ausbildungseinrichtungen der Vertragsparteien;
2) Praktika und Einschätzungen von militärischem und zivilem Personal in entsprechenden Ausbildungseinrichtungen der Vertragsparteien;
3) gemeinsame Ausbildung und Übungen von militärischem und zivilem Personal zur Gewinnung praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten auf bilateraler Ebene zwischen den Vertragsparteien sowie mit Dritten, sofern notwendig;
4) Durchführung von Absprachen, Konferenzen, Seminaren, Symposien und Ausbildungsprogrammen zum Austausch von Erfahrungen und Ergebnissen von Lernprozessen in Bereichen wie: – der Schulung und Ausbildung von militärischem und zivilem Personal,
– der Verteidigungsplanung,
– den Aspekten von Streitkräften in modernen Gesellschaften, einschliesslich der Umsetzung von internationalen Abkommen in Fachgebieten wie Verteidigung, Sicherheit und Rüstungskontrolle sowie vertrauens- und sicherheitsbildenden Massnahmen,
– der Organisation von Streitkräften, Strukturen von militärischen Einheiten sowie Personalpolitik und -bewirtschaftung,
– der Logistik,
– der demokratischen zivilen Kontrolle von Streitkräften,
– der Rüstung und der militärischen Ausrüstung,
– der militärischen Führungssysteme, der militärischen Informations- und Kommunikationssysteme sowie dem Management von Informations­sicherheit,
– der Militärmedizin und der militärisch-medizinischen Betreuung,
– der Militärwissenschaft und -forschung, einschliesslich von Wirtschaft und Recht auf dem Gebiet der Verteidigung,
– des Umweltschutzes in Bezug auf militärische Aktivitäten;
5) Entsendung von Beobachtern zu Übungen sowie die Durchführung gemeinsamer Übungen in der Friedensförderung und der humanitären Hilfe;
6) Ausbildung in militärischen Such- und Rettungsmissionen, speziell im Gebirge;
7) Durchführung von militärsportlichen und -kulturellen Aktivitäten;
8) Austausch von Wissen, Erfahrungen und Lernprozessen zwischen Militärbibliotheken und Museen, einschliesslich des Austausches von Ausstellungsstücken.
2.  Mit Zustimmung der autorisierten Behörden können auch andere Formen der bilateralen Zusammenarbeit als die in Artikel 4 Absatz 1 genannten durchgeführt werden.
Art. 5
Abmachungen zur Kommandoführung und -ordnung haben in Übereinstimmung mit nationalen Prozessen oder Prozessen zu stehen, die zwischen den autorisierten Behörden vereinbart werden, ausgerichtet auf die jeweiligen Aktivitäten der Zusammenarbeit.
Art. 6
1.  Die autorisierten Behörden können Kooperationspläne für bestimmte Zeiträume vorsehen, die von den zuständigen Vertretern unterschrieben werden.
2.  Die Umsetzung einzelner Aktivitäten der Zusammenarbeit kann durch Vereinbarungen, die diesem Abkommen nachgeordnet sind, zwischen den autorisierten Behörden der Parteien geregelt werden.
Art. 7
1.  Die Rechtstellung des Personals der entsendenden Partei bestimmt sich während seines Aufenthaltes auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei nach dem PfP-Truppenstatut und seinem Zusatzprotokoll.
2.  Das Personal der entsendenden Partei hat während seines Aufenthaltes auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei die nationale Gesetzgebung der empfangenden Partei zu beachten.
3.  Die empfangende Partei stellt sicher, dass die für den Aufenthalt des Personals der entsendenden Partei auf ihrem Staatsgebiet notwendigen administrativen Voraussetzungen bestehen und unterstützt dieses in technischen Belangen.
4.  Das Personal der entsendenden Partei ist während seines Aufenthaltes auf dem Staatsgebiet der empfangenden Partei berechtigt, die militärische Uniform gemäss den Bestimmungen und Vorschriften der entsendenden Partei zu tragen.
Art. 8
1.  Die empfangende Partei hat alle notwendigen Massnahmen im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung zur Gewährleistung der Sicherheit sowie zur Vorbeugung und Unterbindung jeglicher rechtswidriger Handlungen gegen das Personal der entsendenden Partei und dessen Eigentum zu ergreifen.
2.  Das Personal der entsendenden Partei ist verantwortlich für die Bewachung der Einrichtungen und Liegenschaften, die ihm von der empfangenden Partei zur Verfügung gestellt werden, sowie für die Sicherheit der materiellen Werte, die ihm von der empfangenden Partei zur Verfügung gestellt sind oder von ihm selbst mitgeführt werden.
3.  Die empfangende Partei ist während der Umsetzung von Aktivitäten nach diesem Abkommen verantwortlich für die Sicherheit des Personals der entsendenden Partei ausserhalb der Gebäulichkeiten und des Geländes, die dem Personal der entsendenden Partei zur Verfügung gestellt wird.
4.  Im Rahmen der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei hat das Personal der entsendenden Partei mit den zuständigen staatlichen Behörden der empfangenden Partei innerhalb von deren Kompetenzen zusammenzuarbeiten.
Art. 9
1.  Im Rahmen der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei kann die entsendende Partei Waffen und Munition in das Staatsgebiet der empfangenden Partei ausschliesslich für den Zweck dieses Abkommens verbringen.
2.  Die Einfuhr von Waffen und Munition, die Typen, die spezifischen Mengen sowie die Methoden des Gebrauchs werden vorzeitig für jeden Einzelfall geregelt.
3.  Die Einfuhr von Waffen und Munition in das Staatsgebiet der empfangenden Partei, deren Transport, Aufbewahrung und Gebrauch richten sich nach der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei.
4.  Bei der Einfuhr, beim Transport, der Aufbewahrung und beim Gebrauch von Waffen und Munition hat das Personal der entsendenden Partei die Sicherheitsanforderungen und -vorschriften der entsendenden Partei zu befolgen, sofern die entsprechenden Sicherheitsanforderungen und -vorschriften der empfangenden Partei keinen höheren Sicherheitsstand vorsehen.
5.  Bei der Durchführung gemeinsamer Übungen, bei denen Waffen und Munition gebraucht werden, befolgen die Parteien die Bestimmungen und Vorschriften der empfangenden Partei, sofern die entsprechenden Anforderungen und Vorschriften der entsendenden Partei keinen höheren Sicherheitsstand vorsehen.
Art. 10
Das Personal der entsendenden Partei hat die nationale Gesetzgebung der empfangenden Partei auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu beachten.
Art. 11
1.  In Übereinstimmung mit der nationalen Gesetzgebung hat die empfangende Partei Massnahmen für die Benutzung ihres Staatsgebietes durch Luft- und Motorfahrzeuge der entsendenden Partei ebenso zu treffen wie für deren Zutritt zu militärischen Einrichtungen.
2.  Luft- und Motorfahrzeuge der entsendenden Partei haben den Anforderungen der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei zu entsprechen.
Art. 12
1.  Bei Benutzung von Luftfahrzeugen unter diesem Abkommen ist die entsendende Partei verantwortlich für den technischen Zustand und die Flugtüchtigkeit des Luftfahrzeuges, von dessen Ausrüstung und dessen sicherem Funktionieren.
2.  Im Falle von Unfällen oder Zwischenfällen mit Luftfahrzeugen werden alle technischen Untersuchungen und Verfahren in Übereinstimmung mit der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei durchgeführt. In diesem Fall hat die empfangende Partei der entsendenden Partei unverzüglich alle Daten und relevanten Information zum Unfall oder zum Zwischenfall zur Verfügung zu stellen.
3.  Sachverständige, die von der entsendenden Partei benannt sind, haben das Recht zur Mitwirkung in der Untersuchungskommission sowie zum Zugang zur Unfallstelle und zum Erhalt aller einschlägigen Informationen. Die empfangende Partei kann auf Gesuch der entsendenden Partei Sachverständige der entsendenden Partei zur Durchführung von Teilen der Untersuchung beauftragen. Der Bericht über die Ergebnisse der Untersuchung ist der entsendenden Partei zu übersenden.
4.  Die entsendende Partei hat das Recht zur Durchführung einer eigenen technischen Untersuchung eines Unfalls oder Zwischenfalls, in den ein Luftfahrzeug der entsendenden Partei involviert ist, sofern er im Staatsgebiet der empfangenden Partei stattgefunden hat. Die Kosten einer derartigen Untersuchung werden vom entsendenden Staat getragen.
Art. 13
1.  Das Personal der entsendenden Partei hat den medizinischen und physischen Anforderungen zu entsprechen und über die notwendigen Voraussetzungen und Fähigkeiten zu verfügen, die von der empfangenden Partei für die entsprechenden Aktivitäten vorgegeben werden.
2.  Die entsendende Partei entsendet kein Personal, das nicht über eine ausreichende Krankenversicherungsdeckung verfügt.
3.  Auf Gesuch der entsendenden Partei hat die empfangende Partei Informationen über spezielle Risiken zu übermitteln, die von der Krankenversicherung zu decken sind.
4.  Die empfangende Partei erbringt medizinische und zahnärztliche Leistungen für das Personal der entsendenden Partei im selben Umfang und in derselben Qualität wie für das militärische und zivile Personal der autorisierten Behörden.
5.  Medizinische Nothilfe für das Personal der entsendenden Partei wird kostenlos durch die empfangende Partei erbracht. Auf Verlangen der entsendenden Partei werden die weitere Behandlung von Patienten sowie deren Überführung in medizinische Einrichtungen durch die empfangende Partei erbracht oder veranlasst. In diesen Fällen übernimmt die entsendende Partei sämtliche anfallenden Kosten.
Art. 14
1.  Die entsendende Partei garantiert, dass die Ausrüstung des von ihr entsandten Personals den Anforderungen der empfangenden Partei entspricht, die diese für die entsprechende Aktivität definiert.
2.  Auf Verlangen der entsendenden Partei stellt die empfangende Partei Informationen über die notwendige Ausrüstung zur Verfügung.
Art. 15
1.  Die Parteien tragen die eigenen Kosten, die aufgrund von Aktivitäten nach diesem Abkommen entstehen, selbst, sofern nichts anderes vereinbart ist.
2.  Die Kosten für offizielle gesellschaftliche Anlässe werden von der empfangenden Partei getragen, sofern nichts anderes vereinbart ist.
3.  Die Parteien sind an keine Verpflichtungen, einschliesslich der Kostenerstattung, gebunden, die nicht durch dieses Abkommen oder andere Vereinbarungen geregelt sind, die von den autorisierten Behörden der Parteien nach Artikel 6 Absatz 2 geschlossen wurden.
Art. 16
Soweit für die Zwecke dieses Abkommens notwendig erhält das Personal der entsendenden Partei Zugang zu militärischen Installationen der empfangenden Partei im Rahmen der nationalen Gesetzgebung der empfangenden Partei.
Art. 17
Sofern für die Evaluation, die Koordination und die Planung von Aktivitäten nach diesem Abkommen notwendig, führen die autorisierten Behörden Zusammenkünfte und Konsultationen durch.
Art. 18
Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien bezüglich der Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens werden durch Verhandlungen beigelegt.
Art. 19
1.  Dieses Abkommen tritt 30 Tage nach Erhalt der zweiten Notifikation in Kraft, die auf diplomatischem Wege übermittelt wird und in der die Vertragsparteien einander den Abschluss ihres internen Prozesses mitteilen, der für die Inkraftsetzung dieses Abkommens notwendig ist.
2.  Dieses Abkommen kann von jeder Vertragspartei durch schriftliche Mitteilung gekündigt werden. In diesem Falle erlöscht dieses Abkommen 180 Tage nach Empfang der Notifikation der Kündigung.
3.  Dieses Abkommen kann jederzeit schriftlich im gegenseitigen Einvernehmen ergänzt werden. In diesem Fall findet Artikel 19 Absatz 1 entsprechende Anwendung.
4.  Ungeachtet einer Beendigung dieses Abkommens unterliegen sämtliche ausstehenden finanziellen Verpflichtungen nach diesem Abkommen den Bestimmungen dieses Abkommens.
Geschehen zu Warschau am 9. Juni 2012 in zwei Originalen, jedes in deutscher, englischer und polnischer Sprache, wobei alle Texte gleichermassen authentisch sind. Im Falle unterschiedlicher Auslegung gilt der englische Text.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die
Regierung der Republik Polen:

Ueli Maurer

Tomasz Siemoniak

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