Verordnung über die Besteuerung der Liquidationsgewinne bei definitiver Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit (LGBV)
(LGBV) vom 17. Februar 2010 (Stand am 1. Januar 2011)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 37 b und 199 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990¹ über die direkte Bundessteuer (DBG),
verordnet:
¹ SR 642.11
1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich
¹ Diese Verordnung regelt die Besteuerung von Liquidationsgewinnen einer steuerpflichtigen Person bei definitiver Aufgabe der selbstständigen Erwerbstätigkeit:
a. nach dem vollendeten 55. Altersjahr; oder
b. infolge Invalidität.
² Der Eintritt der Invalidität bestimmt sich nach Artikel 4 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959² über die Invalidenversicherung.
³ Die Verordnung gilt nicht für:
a. Einkünfte aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und andere Einkünfte, die nicht aus der Liquidation stammen;
b. Liquidationsgewinne, welche die steuerpflichtige Person nach Absatz 1 (steuerpflichtige Person) nach der Wiederaufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielt.
² SR 831.20
Art. 2 Liquidationsjahr
Als Liquidationsjahr gilt das Geschäftsjahr, in dem die Liquidation abgeschlossen wird.
Art. 3 Verhältnis zu Artikel 18 a DBG
¹ Wird die Besteuerung von stillen Reserven als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit nach Artikel 18 a Absatz 1 DBG bis zur Veräusserung der Liegenschaft aufgeschoben, so findet die Verordnung auf diese realisierten stillen Reserven keine Anwendung.
² Wird die Liegenschaft jedoch während des Liquidationsjahrs oder des Vorjahrs aus dem Geschäftsvermögen in das Privatvermögen überführt und in einem dieser Jahre veräussert, so sind die realisierten stillen Reserven Bestandteil des Liquidationsgewinns.
2. Abschnitt: Einkauf in eine Vorsorgeeinrichtung
Art. 4
¹ Ist die steuerpflichtige Person einer Vorsorgeeinrichtung angeschlossen, so kann sie sich im Liquidationsjahr und im Vorjahr im Rahmen der reglementarischen und übrigen vorsorgerechtlichen Bestimmungen in die Vorsorgeeinrichtung einkaufen.
² Sie kann diese Einkaufsbeträge von den Einkünften abziehen (Art. 33 Abs. 1 Bst. d DBG).
³ Ein Beitragsüberhang reduziert den Liquidationsgewinn.
3. Abschnitt: Fiktiver Einkauf
Art. 5 Grundsätze
¹ Die steuerpflichtige Person kann bei der Steuerbehörde Antrag auf Besteuerung eines fiktiven Einkaufs nach Artikel 8 stellen.
² Sie muss die notwendigen Belege für die Berechnung des fiktiven Einkaufs nach Artikel 6 beibringen.
Art. 6 Berechnung des fiktiven Einkaufs
¹ Der Betrag des fiktiven Einkaufs einer steuerpflichtigen Person berechnet sich aus dem Altersgutschriftensatz von 15 Prozent, multipliziert mit der Anzahl Jahre nach Absatz 2 und dem Einkommen nach den Absätzen 3–5, reduziert um die Abzüge nach Absatz 6. Er darf die Höhe des Liquidationsgewinns nicht übersteigen.
² Massgebend ist die Anzahl Jahre vom vollendeten 25. Altersjahr bis zum Alter im Liquidationsjahr, höchstens jedoch bis zum ordentlichen AHV-Rentenalter.
³ Das Einkommen entspricht dem Durchschnitt aus der Summe der AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit der letzten fünf Geschäftsjahre vor dem Liquidationsjahr, abzüglich der im Vorjahr realisierten stillen Reserven.
⁴ Weist die steuerpflichtige Person nach, dass sie bis zum Liquidationsjahr weniger als fünf Jahre selbstständig erwerbend war, so wird das Einkommen gestützt auf die tatsächliche Anzahl Jahre der selbstständigen Erwerbstätigkeit berechnet.
⁵ Das Einkommen darf den zehnfachen oberen Grenzbetrag nach Artikel 8 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982³ über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) nicht überschreiten.
⁶ Abgezogen werden:
a. Altersguthaben aus beruflicher Vorsorge, insbesondere: 1. Guthaben bei Vorsorgeeinrichtungen und Freizügigkeitseinrichtungen,
2. Guthaben der Säule 3a nach Artikel 60 a Absatz 2 der Verordnung vom 18. April 1984⁴ über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge;
b. Vorbezüge nach Artikel 3 der Verordnung vom 13. November 1985⁵ über die steuerliche Abzugsberechtigung für Beiträge an anerkannte Vorsorgeformen;
c. Vorbezüge nach Artikel 30 c BVG und Artikel 331 e des Obligationenrechts⁶ sowie Pfandverwertungen nach Artikel 331 d Absatz 6 des Obligationenrechts;
d. Barauszahlungen von Vorsorgeeinrichtungen, Freizügigkeitseinrichtungen und Säule-3a-Einrichtungen sowie von Wohlfahrtsfonds;
e. Invaliden- und Altersleistungen von Vorsorgeeinrichtungen, Freizügigkeitseinrichtungen und Säule-3a-Einrichtungen sowie von Wohlfahrtsfonds.
³ SR 831.40
⁴ SR 831.441.1
⁵ SR 831.461.3
⁶ SR 220
Art. 7 Nachträglicher Anschluss an eine Vorsorgeeinrichtung
Der geltend gemachte fiktive Einkauf wird steuerrechtlich an einen späteren Einkauf in eine Vorsorgeeinrichtung angerechnet.
Art. 8 Besteuerung des fiktiven Einkaufs
Der Betrag des fiktiven Einkaufs wird nach Artikel 38 DBG besteuert.
4. Abschnitt: Übriger Liquidationsgewinn
Art. 9 Bemessung
Der übrige Liquidationsgewinn umfasst die im Liquidationsjahr und im Vorjahr realisierten stillen Reserven, abzüglich:
a. der Beitragsüberhänge (Art. 4 Abs. 3);
b. des fiktiven Einkaufs;
c. des durch die Realisierung der stillen Reserven verursachten Aufwandes;
d. des Verlustvortrags und des Verlusts des laufenden Geschäftsjahres, die nicht mit dem Einkommen aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit verrechnet werden konnten.
Art. 10 Besteuerung
¹ Für den anwendbaren Steuersatz nach Artikel 214 DBG⁷ ist ein Fünftel des Liquidationsgewinns massgebend.
² Der Steuersatz beträgt jedoch mindestens 2 Prozent.
⁷ Ab 1. Jan. 2014: Art. 36.
5. Abschnitt: Erbgang
Art. 11 Liquidation durch die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen
¹ Führen die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen der steuerpflichtigen Person die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht fort und liquidieren sie das Einzelunternehmen innert fünf Kalenderjahren nach Ablauf des Todesjahres des Erblassers oder der Erblasserin, so bestimmt sich der Steuersatz nach Artikel 10. Dasselbe gilt, wenn die Tätigkeit der steuerpflichtigen Person in einer Personengesellschaft durch die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen nicht fortgeführt wird und innert derselben Frist die Personengesellschaft liquidiert oder der Gesellschaftsanteil veräussert wird.
² Führen die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen der steuerpflichtigen Person die selbstständige Erwerbstätigkeit nicht fort und liquidieren sie das Unternehmen nicht innert fünf Kalenderjahren nach Ablauf des Todesjahres des Erblassers oder der Erblasserin, so erfolgt nach Ablauf dieser Frist eine steuersystematische Abrechnung nach Absatz 1.
³ Die blosse Erfüllung von im Zeitpunkt des Erbgangs bestehenden Verpflichtungen gilt nicht als Fortführung der selbstständigen Erwerbstätigkeit.
⁴ Ein fiktiver Einkauf nach Artikel 5 kann von den Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmern oder Vermächtnisnehmerinnen nicht geltend gemacht werden.
Art. 12 Fortführung der selbstständigen Erwerbstätigkeit durch die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen
Führen die Erben, Erbinnen, Vermächtnisnehmer oder Vermächtnisnehmerinnen der steuerpflichtigen Person die selbstständige Erwerbstätigkeit fort, so findet diese Verordnung nur Anwendung, wenn sie die Voraussetzungen nach Artikel 37 b DBG selbst erfüllen.
6. Abschnitt: Inkrafttreten
Art. 13
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.
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