Kinder- und Jugendförderungsgesetz (874.1)
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Kinder- und Jugendförderungsgesetz

Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFG) vom 6. Dezember 2012 (Stand 1. Februar 2013) Der Kantonsrat des Kantons Obwalden, gestützt auf Artikel 25 und 60 der Kantonsverfassung vom 19. Mai 1968 1 ) , beschliesst: 1. Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Zweck und Gegenstand 1 Dieses Gesetz bezweckt, Kinder und Jugendliche, die ihren zivilrechtli chen Wohnsitz oder ihren Ausbildungs- oder Arbeitsort im Kanton haben, in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zu fördern und ihre sozia le, kulturelle und gesellschaftspolitische Integration zu unterstützen, damit sie zu Personen heranwachsen, die Verantwortung für sich selbst und für die Gemeinschaft übernehmen. 2 Es regelt Zuständigkeiten, Organisation, Aufgaben und Finanzierung der ausserschulischen Kinder- und Jugendförderung. Vorbehalten bleiben Be stimmungen für die Förderung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen anderer Gesetzgebungen, insbesondere im Bereich des Kindes- und Ju gendschutzes, der Bildung und der Sportförderung. 3 Es ist nicht anwendbar auf stationäre Angebote wie Kinder- und Jugend heime oder Fremdbetreuungsangebote, die von Familien oder Einrichtun gen erbracht werden.

Art. 2

Begriffe 1 In diesem Gesetz bedeuten: a. Kinder und Jugendliche: Personen bis zum Erreichen des 25. Alters jahrs; 1) GDB 101.0 OGS 2012, 69
b. ausserschulische Arbeit: offene und verbandliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die örtlich und zeitlich ausserhalb der Schule ge leistet wird; c. Erziehungsberechtigte: Eltern und andere Personen, die nach Mass gabe des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs die Verantwortung für die Erziehung des Kindes und des Jugendlichen tragen; d. andere Trägerschaften: Kirchen (Kirchgemeinden und deren Ver bände), Vereine, Organisationen und Gruppierungen, die ausser schulische Arbeit leisten. 2. Grundsätze

Art. 3

Verantwortung der Erziehungsberechtigten 1 Die Erziehungsberechtigten sind verantwortlich für das Wohl und die Entwicklung ihrer Kinder und Jugendlichen. Sie sorgen für ihre Erziehung, ihren Unterhalt und ihren Schutz und nehmen die Verantwortung wahr, die ihnen von Gesetzes wegen zukommt.

Art. 4

Gesellschaftliche Aufgabe 1 Kinder- und Jugendförderung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die von Erziehungsberechtigten, engagierten Erwachsenen, anderen Träger schaften und insbesondere Kindern und Jugendlichen selber geleistet wird. 2 Sie umfasst alle Formen der Unterstützung von Angeboten, Diensten, Einrichtungen und Trägern der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, die dazu beitragen, günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer sich Kinder und Jugendliche zu selbstständigen und sozial verantwortlichen Personen entfalten können.

Art. 5

Subsidiarität 1 Die Kinder- und Jugendförderung des Kantons und der Gemeinden er folgt subsidiär. Sie tritt da ein, wo es zur Entwicklung der Kinder und Ju gendlichen zu selbstständigen und sozial verantwortlichen Personen einer besonderen Unterstützung und Förderung bedarf. 2

Art. 6

Zusammenarbeit 1 Alle Beteiligten in der Kinder- und Jugendförderung, insbesondere die Erziehungsberechtigten, der Kanton, die Gemeinden und andere Träger schaften , arbeiten im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten aktiv zusam men. Sie orientieren sich am Wohl der Kinder und Jugendlichen und be rücksichtigen deren Meinung entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife.

Art. 7

Handlungsfelder 1 Alle Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen dieses Geset zes dienen gesundheitsfördernden, kommunikativen, sozialen, kulturellen oder gesellschaftspolitischen Zielsetzungen. 3. Zuständigkeiten und Organisation

Art. 8

Grundsatz 1 Die öffentliche Kinder- und Jugendförderung ist grundsätzlich eine Ver bundaufgabe des Kantons und der Gemeinden.

Art. 9

Kanton 1 Der Kanton unterstützt und begleitet die Kinder- und Jugendförderung der Gemeinden, indem er insbesondere: a. einen kantonalen Jugendbeauftragten oder eine kantonale Jugend beauftragte einsetzt; b. eine Beratungsstelle für die individuelle Beratung von Kindern, Ju gendlichen und ihren Erziehungsberechtigten führt.

Art. 10

Sicherheits- und Sozialdepartement 2 ) 1 Das Sicherheits- und Sozialdepartement ist zuständig für den Vollzug dieses Gesetzes, soweit die Gesetzgebung keine andere Zuständigkeit vorsieht und nicht die Gemeinden für den Vollzug verantwortlich sind. 2) Die Departementsbezeichnung wurde in Anwendung von Art. 11c Abs. 3 des Publi kationsgesetzes (GDB 131.1 ) auf den 1. Juli 2022 (OGS 2022, 20) angepasst. Die Anpassung wurde im ganzen Erlass vorgenommen. 3

Art. 11

Gemeinden 1 Die Gemeinden fördern die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Ju gendlichen, indem sie insbesondere operative Jugendarbeit leisten oder Dritte mit Aufgaben der Kinder- und Jugendförderung beauftragen. 2 Sie fördern die regionale Zusammenarbeit in diesem Bereich. 4. Aufgaben im Einzelnen

Art. 12

Individuelle Beratung 1 Der Kanton führt eine Beratungsstelle für die individuelle Beratung von Kindern, Jugendlichen und Familien bei persönlichen Problemen, die nicht unmittelbar mit der Schule, der schulischen Entwicklung oder der Berufswahl in Zusammenhang stehen. 2 Die individuelle Beratung von Kindern und Jugendlichen umfasst die Be ratung bei Fragestellungen, welche die persönliche Entwicklung und das soziale Umfeld betreffen. 3 Die individuelle Beratung von Familien umfasst die Beratung bei konkre ten Erziehungs- und Familienfragen.

Art. 13

Projekte, Angebote, Veranstaltungen 1 Der Kanton und die Gemeinden fördern Projekte, Angebote und Veran staltungen von und mit Kindern und Jugendlichen sowie für Kinder und Jugendliche. Sie können dabei auch mit anderen Trägerschaften zusam menarbeiten. 2 Der Kanton ist insbesondere zuständig für: a. die Initiierung und Entwicklung von Projekten, Angeboten und Ver anstaltungen zu aktuellen Themen in der Kinder- und Jugendförde rung; b. die gemeindeübergreifende Umsetzung in Zusammenarbeit mit den Gemeinden; c. die Beratung und Unterstützung von Gemeinden bei der kommuna len Umsetzung. 3 Die Gemeinden sind insbesondere zuständig für: a. die Initiierung und Umsetzung von Projekten, Angeboten und Veran staltungen in ihrer Gemeinde; 4
b. die Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen bei der Umsetzung in ihrer Gemeinde.

Art. 14

Allgemeine Beratung und Unterstützung 1 Der Kanton und die Gemeinden fördern die Information und das Wissen über ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. 2 Der Kanton ist insbesondere zuständig für: a. die Beratung von kantonalen und kommunalen Behörden sowie anderen Trägerschaften; b. die Beratung und Unterstützung der Gemeinden bei der Entwicklung und Umsetzung von Jugendleitbildern, Handlungskonzepten und Evaluationen. 3 Die Gemeinden sind insbesondere zuständig für: a. die Beratung von Kindern und Jugendlichen und anderen Träger schaften in Fragen der Kinder- und Jugendförderung; b. die Erarbeitung, den Erlass und die Umsetzung von Jugendleitbil dern und Jugendkonzepten.

Art. 15

Koordination 1 Der Kanton und die Gemeinden ergreifen geeignete Massnahmen, um die verschiedenen Beteiligten, insbesondere andere Trägerschaften und engagierte Personen, in der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Ju gendlichen untereinander zu vernetzen und ihre Aktivitäten zu koordinie ren. 2 Der Kanton ist zuständig für die Koordination der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zwischen den Gemeinden sowie die Koordination der Aktivitäten auf kantonaler Ebene. 3 Die Gemeinden sind zuständig für die Koordination der Aktivitäten auf kommunaler Ebene.

Art. 16

Mitwirkung 1 Kinder und Jugendliche sind in der Kinder- und Jugendförderung zu Be teiligten zu machen. Der Kanton und die Gemeinden fördern die Mitwir kungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen bei Prozessen und Entscheiden, von welchen sie betroffen sind. 2 Kinder und Jugendliche übernehmen dabei im Rahmen ihres Alters und ihrer Reife Eigenverantwortung und Eigeninitiative. 5
3 Der Kanton ist zuständig für die Förderung der Partizipationsmöglichkei ten von Kindern und Jugendlichen auf kantonaler Ebene. 4 Die Gemeinden sind zuständig für die Förderung der Partizipationsmög lichkeiten von Kindern und Jugendlichen auf kommunaler Ebene.

Art. 17

Infrastruktur a. regionale Infrastruktur 1 Der Kanton stellt Jugendlichen, welche die Volksschulstufe abgeschlos sen haben (in der Regel ab dem 16. Altersjahr bis zum vollendeten 25. Al tersjahr) regionale Infrastrukturen als Begegnungsstätten und für die Durchführung von Aktivitäten und Veranstaltungen zur Verfügung. 2 Das Sicherheits- und Sozialdepartement schliesst für die Führung oder den Betrieb von regionalen Infrastrukturen mit den entsprechenden Trä gerschaften einen Leistungsauftrag ab.

Art. 18

b. kommunale Infrastruktur 1 Die Gemeinden stellen Kindern und Jugendlichen bis zum Abschluss der Volksschulstufe (in der Regel bis zum Erreichen des 16. Altersjahres) auf ihrem Gemeindegebiet Infrastrukturen als Begegnungsstätten und für die Durchführung von Aktivitäten und Veranstaltungen zur Verfügung.

Art. 19

Beiträge 1 Der Kanton und die Gemeinden unterstützen die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen durch die Gewährung von einmali gen oder wiederkehrenden Beiträgen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Beiträgen. 2 Der Kanton unterstützt Vereine und Jugendorganisationen sowie Projekte, Angebote und Veranstaltungen, die Kindern und Jugendlichen aus allen Gemeinden offenstehen. Die Gewährung von Beiträgen durch den Kanton wird durch das Sicherheits- und Sozialdepartement unter den Departementen koordiniert. 3 Die Gemeinden unterstützen Vereine und Jugendorganisationen sowie die Umsetzung von Projekten, Angeboten und Veranstaltungen in ihrer Gemeinde. 6
5. Finanzierung

Art. 20

Kanton und Gemeinden 1 Der Kanton und die Gemeinden finanzieren im Rahmen ihrer Budgets und ihrer Finanzbefugnisse die ihnen von diesem Gesetz zugewiesenen Aufgaben. 2 Der Kanton trägt insbesondere die Kosten für: a. den kantonalen Jugendbeauftragten oder die kantonale Jugendbe auftragte gemäss Art. 9 Bst. a dieses Gesetzes; b. die individuelle Beratung gemäss Art. 9 Bst. b dieses Gesetzes; c. Projekte, Angebote und Veranstaltungen gemäss Art. 13 Abs. 2 die ses Gesetzes; d. die Investitionskosten und die betrieblichen Infrastrukturkosten für regionale Infrastrukturen gemäss Art. 17 dieses Gesetzes, soweit nicht Dritte Beiträge entrichten. 3 Die Gemeinden tragen insbesondere die Kosten für: a. die operative Jugendarbeit gemäss Art. 11 dieses Gesetzes; b. Projekte, Angebote und Veranstaltungen gemäss Art. 13 Abs. 3 die ses Gesetzes; c. die Investitionskosten und die betrieblichen Infrastrukturkosten für kommunale Infrastrukturen gemäss Art. 18 dieses Gesetzes, soweit nicht Dritte Beiträge entrichten.

Art. 21

Unentgeltlichkeit 1 Der Kanton und die Gemeinden erfüllen die Aufgaben im Rahmen die ses Gesetzes grundsätzlich unentgeltlich. 6. Schlussbestimmungen

Art. 22

Vollzug 1 Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Ausführungsbestimmungen. 7

Art. 23

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts 1 ... 3 )

Art. 24

Inkrafttreten 1 Der Regierungsrat bestimmt, wann dieses Gesetz in Kraft tritt 4 ) . Es un terliegt dem fakultativen Referendum. 3) Aufgehoben werden das Gesetz über die Jugendhilfe vom 2. Dezember 1973 (OGS 1974, 87, OGS 2007, 13, die Verordnung zum Gesetz über die Jugendhilfe vom 14. Dezember 1973 (OGS 1974, 88, OGS 1989, 93, OGS 2010, 33, Ziff. III.25.) und die Verordnung über die kantonale Jugendberatungsstelle vom 16. November 1984 (OGS 1986, 29, OGS 2001, 83, S. 48, OGS 2007, 13). Die Änderungen bisherigen Rechts sind in den entsprechenden Erlassen nachgeführt und können unter OGS 2012, 69 konsultiert werden 4) Vom Regierungsrat auf den 1. Feburar 2013 in Kraft gesetzt (OGS 2013, 2) 8
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 06.12.2012 01.02.2013 Erlass Erstfassung OGS 2012, 69 9
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 06.12.2012 01.02.2013 Erstfassung OGS 2012, 69 10
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