Sozialhilfeverordnung (870.11)
CH - OW

Sozialhilfeverordnung

Sozialhilfeverordnung (SHV) vom 10. November 1983 (Stand 1. Januar 2013) Der Kantonsrat des Kantons Obwalden erlässt, gestützt auf Artikel 29 Absatz 1 des Sozialhilfegesetzes vom 23. Oktober 1983 1 ) , als Verordnung: 1. Organisation

Art. 1

Aufgaben der Einwohnergemeinden 1 Den Sozialbehörden der Einwohnergemeinden obliegen jene Aufgaben der öffentlichen Sozialhilfe, welche nicht ausdrücklich dem Kanton über tragen sind. Die Aufgaben der Einwohnergemeinden sind insbesondere: a. die Organisation und Beaufsichtigung des Sozialdienstes; b. die Gewährleistung der persönlichen Hilfe; c. die Gewährleistung der wirtschaftlichen Hilfe; d. die Förderung und Koordination der öffentlichen und privaten Sozial hilfe auf Gemeindeebene; e. die Mithilfe bei der Durchsetzung von familienrechtlichen Unterhalts- und Unterstützungsansprüchen sowie von Rückerstattungsansprü chen; f. die Mithilfe bei der Vollstreckung des Unterhaltsanspruches nach

Art.

290 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches 2 ) ; g. das Führen von Heimen und Einrichtungen der öffentlichen Sozial hilfe, sofern nicht eine andere Instanz zuständig ist.

Art. 2

Sozialdienst der Einwohnergemeinde 1 Der Vollzug der öffentlichen Sozialhilfe erfolgt durch gemeindeeigene oder andere öffentliche oder private soziale Einrichtungen. 1) GDB 870.1 2) SR 210 OGS 1983, 113
2 Der Einwohnergemeinderat regelt die Aufgaben und Befugnisse des Sozialdienstes.

Art. 3

Aufgaben des Kantons 1 Der Kanton unterhält ein Sozialamt. Ihm obliegen: a. die Förderung und Koordination privater und öffentlicher sozialer Tä tigkeiten im Kanton; b. die Bearbeitung von Fragen der Vorsorge und der Sozialplanung; c. die Organisation der Weiterbildung von Sozialbehörden und im Sozi aldienst tätigem Personal; d. die Beratung der Behörden und der Sozialdienste der Einwohnerge meinden; e. die Führung der besonderen Beratungs- und Vermittlungsdienste, insbesondere des sozialmedizinischen Dienstes; f. die Aufsicht über Heime und Einrichtungen der Sozialhilfe, soweit diese nicht durch andere Organe gewährleistet ist. 2 Neben dem sozialmedizinischen Dienst gehören zu den besonderen Be ratungs- und Vermittlungsdiensten die Ehe- und Familienberatung, die Behindertenberatung, die Betagtenberatung usw. Sie sind soweit möglich privaten Institutionen zu übertragen. Andernfalls werden diese Dienste durch den Kanton angeboten. Dieser kann sich zur Übernahme solcher Aufgaben auch mit anderen Kantonen zusammenschliessen.

Art. 4

Geheimhaltungspflicht und Aktenedition 1 Die nach dem Sozialhilfegesetz und den dazugehörigen Verordnungen tätigen Personen sind zur Verschwiegenheit über dienstliche Angelegen heiten und Wahrnehmungen gegenüber jedermann verpflichtet. Die Schweigepflicht bleibt auch nach Auflösung des Anstellungsverhältnisses bestehen. 2 Die Sozialbehörden stellen anderen Behörden und Dritten ihre Akten nicht zur Verfügung. 3 Die Geheimhaltungspflicht und das Verbot zur Aktenedition werden durch Entscheid des Vorstehers des kantonalen Fürsorgedepartementes aufgehoben, wenn wichtige Gründe vorliegen. 2

Art. 5

Zeugnisverweigerungsrecht 1 Den nach dem Sozialhilfegesetz und den dazugehörigen Verordnungen tätigen Personen steht in Gerichts- und Verwaltungsverfahren ein Zeug nisverweigerungsrecht für Tatsachen zu, die sie bei der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit wahrgenommen haben. 2 Das Zeugnisverweigerungsrecht gilt nicht in Verfahren des Kindes- und Erwachsenenschutzes. * 3 Es wird aufgehoben durch die schriftliche Einwilligung des Hilfeempfän gers. 2. Leistungsgrundsätze 2.1. Persönliche Hilfe

Art. 6

Arten der Hilfe 1 Zur persönlichen Hilfe gehören insbesondere die Beratung, die Betreu ung, die Vermittlung von spezialisierten Institutionen, von ärztlicher, pfle gerischer und psychologischer Behandlung, von Heim- und Klinikplätzen, von Erholungs- und Kuraufenthalten, von Lehr- und Arbeitsstellen, die Durchführung von Einkommensverwaltungen, Haushaltanleitungen, die Hilfe beim Einbringen von Beiträgen oder die Vermittlung wirtschaftlicher Hilfe.

Art. 7

Einbringen von Beiträgen und Leistungen 1 Die Sozialdienste sind berechtigt, für Hilfesuchende jene Beiträge und Leistungen erhältlich zu machen, auf die sie für ihr persönliches Fortkom men angewiesen sind. 2 Wo es die Umstände rechtfertigen, haben die Sozialdienste auch bei pri vaten und öffentlichen Institutionen um freiwillige Beiträge nachzusuchen.

Art. 8

Darlehen 1 Bei einer nachweislich vorübergehenden Notlage kann die Sozialbehör de zur Sicherung des Lebensunterhaltes dem Hilfesuchenden ein Darle hen gewähren. 2 Der Grundsatz und die Höhe der Verzinsbarkeit, die Rückzahlung und eine allfällige Sicherheitsleitung sind vertraglich festzulegen. 3
3 Kann die Rückzahlungsverpflichtung nicht eingehalten werden, so kann das Darlehen durch die Sozialbehörde in eine wirtschaftliche Hilfe umge wandelt werden.

Art. 9

Einkommensverwaltung 1 Wenn ein Hilfesuchender in Schulden geraten ist oder aus andern Grün den seine Einkünfte nicht zweckmässig zu verwenden vermag, kann die Sozialbehörde eine freiwillige Einkommensverwaltung übernehmen. Sie sorgt für deren zweckmässige Prüfung. 2 Die Sozialbehörde kann in diesem Fall die Schuldner mit Zustimmung des Hilfesuchenden anweisen, ihre Zahlungen ganz oder teilweise dem Einkommensverwalter zu leisten. 3 Die Einkommensverwaltung ist auf Begehren des Hilfesuchenden nach erfolgter Prüfung innert 30 Tagen wieder aufzuheben. 2.2. Wirtschaftliche Hilfe

Art. 10

Ausmass 1 Die wirtschaftliche Hilfe erstreckt sich auf die Gewährung des notwendi gen Lebensunterhaltes im Sinne eines sozialen Existenzminimums. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehören in vertretbarem Umfang auch Be ziehungen zur Umwelt. 2 Sie stellt die notwendige ambulante oder stationäre ärztliche oder thera peutische Behandlung und Pflege sicher. 3 Kindern und Jugendlichen ist eine ihren Bedürfnissen angepasste Pflege und Erziehung sowie eine ihren Fähigkeiten entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. 4 Wirtschaftliche Hilfe kann auch dann bewilligt werden, wenn der Hilfesu chende über Vermögenswerte verfügt, deren Realisierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. 5 Sofern erhebliche vermögensrechtliche Ansprüche gegenüber Dritten vorhanden sind, ist die Gewährung wirtschaftlicher Hilfe davon abhängig zu machen, dass die Ansprüche der unterstützenden Einwohnergemeinde abgetreten werden. Bestehen die Vermögenswerte der Hilfeempfänger in Grundstücken, so ist die im Rahmen der Hilfe gewährte Leistung grund pfandrechtlich sicherzustellen. 4
6 Wirtschaftliche Hilfe darf nicht abgetreten werden. 3 )

Art. 11

Arten 1 Wirtschaftliche Hilfe wird in Bargeld, durch Erteilen von Gutsprachen oder auf andere Weise gewährt. 2 Für Leistungen, die ein Hilfeempfänger von Dritten erwirkt, muss die Sozialbehörde nur einstehen, soweit sie hiefür im voraus Gutsprache ge leistet hat. 3 In dringenden Fällen, namentlich bei plötzlich eintretender Krankheit oder bei Unglücksfällen, darf die Gutsprache nicht verweigert werden, wenn die Hilfeleistung nach den Umständen sofort gewährt werden muss te und die Gutsprache verlangt wird, sobald feststeht, dass für die Hilfe leistung keine andere Kostendeckung erwartet werden kann.

Art. 12

Auskunftspflicht 1 Wer um wirtschaftliche Hilfe nachsucht, hat über seine Verhältnisse wahrheitsgetreu Auskunft zu geben und die zur Abklärung erforderlichen Unterlagen einzureichen. 2 Er hat erhebliche Änderungen in seinen Verhältnissen unverzüglich zu melden. 3 Die in der öffentlichen Sozialhilfe tätigen Personen und Amtsstellen sind berechtigt, nötigenfalls bei Dritten Auskünfte einzuholen. 2.3. Weitere Hilfe

Art. 13

Voraussetzungen 1 Personen mit beschränkter Selbstbestimmungsfähigkeit erhalten weitere Hilfe, wenn: a. * ohne diese Hilfe voraussichtlich in naher Zukunft eine Massnahme des Kindes- und Erwachsenenschutzes oder eine fürsorgerische Unterbringung angeordnet werden müsste; b. * eine Massnahme des Kindes- und Erwachsenenschutzes oder eine fürsorgerische Unterbringung aufgehoben wird, die betroffene Per son aber zur Vermeidung von Rückfällen oder zu einer hinreichen den sozialen Integration der Hilfe bedarf; 3)

Art. 164 Abs. 1 OR (SR

220 ) 5
c. eine ernstliche Gefahr für das gesundheitliche Wohl der betroffenen Person oder ihrer Angehörigen vermieden oder gemildert werden soll.

Art. 14

Verhältnismässigkeit 1 Massnahmen der weiteren Hilfe dürfen erst angeordnet werden, wenn die persönliche Hilfe abgelehnt wird oder sich als erfolglos erwiesen hat. 2 Es ist jene Massnahme der weiteren Hilfe zu wählen, die geeignet ist, den angestrebten Zweck mit dem geringsten Eingriff in die Freiheit des Hilfeempfängers zu erreichen. 3 Im ganzen Verfahren ist das freiwillige Einverständnis des Hilfeempfän gers mit der anzuordnenden Massnahme anzustreben. 4 Die Massnahme ist regelmässig auf ihren Erfolg hin zu überprüfen und nötigenfalls den veränderten Verhältnissen anzupassen. Ist das Ziel er reicht, so ist die weitere Hilfe oder die einzelne Massnahme aufzuheben. 3. Verfahren

Art. 15

Verfahren 1 Die Einwohnergemeinden besorgen den amtlichen Verkehr untereinan der selber. Für die Verfahren (Unterstützungsanzeige, Abrechnung usw.) gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger 4 ) sinngemäss. 2 Den amtlichen Verkehr der Einwohnergemeinden mit ausserkantonalen und ausländischen Fürsorgebehörden besorgt ausschliesslich das Sozial amt. 4. Schlussbestimmungen

Art. 16

Aufhebung bisherigen Rechts 1 Die dieser Verordnung widersprechenden Vorschriften werden aufgeho ben, insbesondere: a. die Verordnung über die Armeninspektion und die Versorgung armer Kinder vom 29. Mai 1889 5 ) ; 4) SR 851.1 5) OGS 1900, 22 6
b. die Verordnung über die Versorgung in Zwangsarbeits-, Trinkerheil- und Besserungsanstalten vom 27. April 1893 6 ) ; c. die Verordnung betreffend die Fürsorge für Strafentlassene vom 3. März 1928 7 ) ; d. die Verordnung über die soziale Fürsorge vom 26. Februar 1944 8 ) und ihre Vollziehungsverordnung vom 12. Juni 1944 9 ) ; e. der Kantonsratsbeschluss betreffend Genehmigung des revidierten Konkordates über die wohnörtliche Unterstützung vom 24. März 1960 10 ) ; f. der Kantonsratsbeschluss betreffend Unterstützung von Bedürftigen mit mehreren Kantonsbürgerrechten vom 21. Juni 1965 11 ) ; g. die Ausführungsbestimmungen zum Bundesgesetz über die Zustän digkeit für die Unterstützung Bedürftiger vom 5. Dezember 1978 12 ) .

Art. 17

Inkrafttreten 1 Der Regierungsrat bestimmt, wann diese Verordnung in Kraft tritt. 13 ) Informationen zum Erlass Ursprüngliche Fundstelle: OGS 1983, 113 geändert durchAnhang zum Nachtrag zum Gesetz betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 3. Mai 2012, in Kraft seit 1. Ja nuar 2013 (OGS 2012, 29 und 43) 6) OGS 1900, 80 7) OGS 1932, 52 8) OGS 1950, 11 9) OGS 1950, 12 10) OGS 1962, 41 11) OGS 1966, 74 12) OGS 1978, 53 13) Vom Regierungsrat auf 1. Januar 1985 in Kraft gesetzt 7
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Fundstelle 10.11.1983 01.01.1985 Erlass Erstfassung OGS 1983, 113 03.05.2012 01.01.2013

Art. 5 Abs. 2

geändert OGS 2012, 29 03.05.2012 01.01.2013

Art. 13 Abs. 1,

a. geändert OGS 2012, 29 03.05.2012 01.01.2013

Art. 13 Abs. 1,

b. geändert OGS 2012, 29 8
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Fundstelle Erlass 10.11.1983 01.01.1985 Erstfassung OGS 1983, 113

Art. 5 Abs. 2

03.05.2012 01.01.2013 geändert OGS 2012, 29

Art. 13 Abs. 1,

a. 03.05.2012 01.01.2013 geändert OGS 2012, 29

Art. 13 Abs. 1,

b. 03.05.2012 01.01.2013 geändert OGS 2012, 29 9
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