Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem Schweizerischen Strafge... (263.2)
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Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und dem Recht der Kantone der Nordwest- und Innerschweiz

263.2 Konkordat über den Vollzug von Strafen und Massnahmen nach dem Schweizerischen Strafgesetzbuch und dem Recht der Kantone der Nordwest- und Innerschweiz vom 4. März 1959 1 Die Kantone Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Luzern, Zug, Bern, Solothurn, Basel-Stadt, Basel-Landschaft und Aargau schliessen sich zur Region Nordwest- und Innerschweiz (genannt Region) zusammen und vereinbaren zur Verwirklichung der Landesplanung betreffend den Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen im Sinne der Artikel 382 und folgende des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) 2 I. GELTUNGSBEREICH
Art. 1 Das Konkordat findet in Anwendung auf den Vollzug der in den Kantonen der Region ausgesprochenen Strafen und Massnahmen an erwachsenen Personen, soweit dieser in Anstalten durchgeführt wird, welche dem gemeinsamen Vollzug dienen (genannt Konkordatsanstalten). II. KONKORDATSANSTALTEN A. Die vorhandenen Konkordatsanstalten

Art. 2 Die Kantone der Region stellen dem gemeinsamen Vollzug folgende Anstalten zur Verfügung: 1. für «erstmals» bestrafte männliche Zuchthaus- und Gefängnisgefangene: Kanton Bern: die Anstalten in Witzwil (400 Plätze) Kanton Solothurn: Anstalt Oberschöngrün (70 Plätze) Kanton Zug: Strafanstalt Zug (30 Plätze) In die Anstalten für «erstmals» Bestrafte werden eingewiesen: a) die Zuchthaus- und Gefängnisgefangenen, welche in den letzten 5 Jahren keine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen über 6 Monate verbüssten und weder gemein- noch fluchtgefährlich sind. 3

b) in Ausnahmefällen «Vorbestrafte». 2. für «vorbestrafte» männliche Zuchthaus- und Gefängnisgefangene: Kanton Aargau: Strafanstalt Lenzburg (140 Plätze) Kanton Basel-Stadt: Strafanstalt Basel (120 Plätze) Kanton Bern: Strafanstalt Thorberg (150 Plätze) Kanton Luzern: Anstalt Wauwilermoos (80 Plätze) und Sedel . In die Anstalten für «Vorbestrafte» werden eingewiesen: a) die Zuchthaus- und Gefängnisgefangenen, welche in den letzten 5 Jahren eine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe über 6 Monate verbüssten; b) ausnahmsweise «erstmals» Bestrafte, die gemein- oder fluchtgefährlich sind. 3. für männliche Verwahrte nach Artikel 42 StGB 5 : Kanton Aargau: Verwahrungsanstalt Lenzburg (100 Plätze) Kanton Bern: Verwahrungsanstalt Thorberg (150 Plätze) 4. für administrativ Eingewiesene (Vormundschaftsrecht oder kantonales Versorgungsrecht): Kanton Bern: Arbeitsanstalt St. Johannsen (180 Plätze) Kanton Schwyz: Arbeitsanstalt Kaltbach (50 Plätze)
Kanton Solothurn: Anstalt Schachen (65 Plätze) B. Die vorgesehenen Konkordatsanstalten

Art. 3 Die Kantone Bern und Basel-Landschaft erklären sich bereit, folgende Konkordatsanstalten zu bauen und zu betreiben, vorausgesetzt, dass die erforderlichen Kredite nach dem kantonalen Recht bewilligt und die Bundesbeiträge nach Artikel 386 und 388 StGB zugesichert werden: Kanton Bern: Strafanstalten für Frauen in Hindelbank 6

; «Erstmals» Bestrafte und «Vorbestrafte» sind vollständig zu trennen. Für jede dieser beiden Kategorien sind je 80 Plätze vorgesehen. Als Übergangsheim steht der «Steinhof» in Burgdorf zur Verfügung. Kanton Basel-Landschaft: Arbeitserziehungsanstalt C. Weitere Konkordatsanstalten
Art. 4 Die Kantone der Region sehen je nach Bedarf weitere Konkordatsanstalten vor. Der Kanton Basel-Stadt verpflichtet sich, im Falle des Abbruches seiner gegenwärtigen Strafanstalt unter den in
Artikel 3 Absatz 1 erwähnten Voraussetzungen eine neue Konkordatsanstalt zu bauen, wobei er den Bedürfnissen der Region Rechnung tragen wird. Für diese weiteren Konkordatsanstalten gelten die Bestimmungen dieses Konkordates. III. EINWEISUNG UND AUFNAHME DER VERURTEILTEN
Art. 5 Die Konkordatskantone verpflichten sich, ihre Verurteilten in die vorhandenen Konkordatsanstalten einzuweisen. Kurze Gefängnisstrafen bis zu 3 Monaten können von den Kantonen weiterhin in ihren Gefängnissen (Bezirksgefängnissen) vollzogen werden. Die nachträgliche Versetzung eines Verurteilten in eine andere Konkordatsanstalt oder in eine weitere Anstalt bleibt unter besonderen Umständen vorbehalten.
Art. 6 Die Kantone, welche über Konkordatsanstalten verfügen, verpflichten sich, die Verurteilten der Region aufzunehmen. Sofern nachgewiesenermassen genügend Platz vorhanden ist, können sie auch Verurteilte der entsprechenden Kategorie aus Kantonen aufnehmen, die nicht zur Region gehören. IV. EINWEISUNGSVERFAHREN
Art. 7 Der Kanton, der eine Strafe oder Massnahme zu vollziehen hat (genannt Vollzugskanton), weist den Verurteilten in eine der vorhandenen Konkordatsanstalten ein. Der Vollzugskanton nimmt die Einweisung in die geeignete Anstalt auf Grund der Angaben vor, die er vom urteilenden Gericht erhält. Diese Angaben sowie das motivierte Urteil sind der Konkordatsanstalt zu übermitteln, welcher der Verurteilte zugewiesen wird. V. DER VOLLZUG IN DEN KONKORDATSANSTALTEN

Art. 8 Vollzugskompetenzen, Fürsorge. Der Vollzugskanton übt sämtliche Vollzugskompetenzen aus (wie endgültige oder bedingte Entlassung, Strafunterbruch, Urlaub, Aufhebung von Massnahmen, Rückversetzung, Schutzaufsicht, nachträglicher Vollzug der Strafe) und trifft die für die Verurteilten und ihre Angehörigen erforderliche Fürsorge, auch wenn der Vollzug in der Konkordatsanstalt eines anderen Kantons durchgeführt wird. Die Bestimmungen des Konkordates über die Kosten des Strafvollzuges 7

Art. 9 Anstaltsreglement. Alle in eine Konkordatsanstalt eingewiesenen Verurteilten unterstehen den gesetzlichen Vorschriften des Kantons, in dem die Anstalt liegt.
In wichtigen Angelegenheiten können sich die Verurteilten an die zuständigen Behörden des Vollzugskantons wenden, auch wenn sie in einer Konkordatsanstalt ausserhalb des Vollzugskantons untergebracht sind.
Art. 10 Recht zur Anstaltsbesichtigung und zum Besuch der Verurteilten. Die zuständigen Behörden der Vollzugskantone können jederzeit die Konkordatsanstalten besichtigen und mit den von ihnen eingewiesenen Verurteilten frei Rücksprache nehmen.
Art. 11 Meldungen über die Verurteilten. Die Konkordatsanstalten haben dem Vollzugskanton auf Wunsch hin über die Führung der Verurteilten zu berichten. Bei besonderen Vorkommnissen, wie Flucht, Krankheit, Unfall, Tod eines Verurteilten, haben die Konkordatsanstalten dem Vollzugskanton sofort Meldung zu erstatten.
Art. 12 Seelsorge. In den Konkordatsanstalten ist die Seelsorge nach Konfessionen vorzusehen.
Art. 13 Krankheit und Unfall. Bei Krankheit eines Verurteilten gehen die Behandlungskosten, welche die normale ärztliche Betreuung in der Anstalt überschreiten, zulasten des Vollzugskantons. Die Konkordatsanstalten haben ihre Insassen in genügendem Umfang gegen Unfall und Invalidität zu versichern.
Art. 14 Kostgeld. Die Kantone der Region, welche die in Artikel 2 aufgezählten Konkordatsanstalten führen, erklären sich damit einverstanden, ein einheitliches Kostgeld zu verlangen. Dieses Kostgeld ist nach den Empfehlungen der Konkordatskonferenz festzusetzen. Bei Konkordatsanstalten, die nach Art. 4 neu erstellt werden oder im Hinblick auf dieses Konkordat wesentlich ausgebaut werden müssen und deren Betrieb entweder besonders qualifiziertes Personal oder besondere Einrichtungen erforderlich macht oder deren Insassen besonderer Behandlung bedürfen, können die erhöhten Betriebskosten bei der Festsetzung der Kostgelder gebührend berücksichtigt werden. Konkordatsanstalten, welche ihre Insassen gegen Heilungskosten nach Artikel 13 dieses Konkordates ganz oder teilweise versichert haben, können einen entsprechenden Zuschlag zum Kostgeld verlangen.
Art. 15 Pekulium. Den Verurteilten der Konkordatsanstalten wird nach Artikel 376 StGB ein Pekulium ausgerichtet. Die Kantone der Region erklären sich bereit, dieses nach einheitlichen Grundsätzen zu bemessen, wobei das Minimum nach den Empfehlungen der Konkordatskonferenz festzulegen ist.
Art. 16 Berufs- und Fortbildungskurse. Die Kantone der Region verpflichten sich, in den Konkordatsanstalten nach Möglichkeit Berufs- und Fortbildungskurse durchzuführen. Diese sollen den Verurteilten das Fortkommen nach der Entlassung erleichtern. VI. KONFERENZ DER KANTONE DER REGION
Art. 17 Zusammensetzung und Aufgaben. Die Konferenz über die Planung im Strafvollzugswesen der Nordwest- und Innerschweiz (genannt Konkordatskonferenz) besteht aus den Regierungsvertretern der Konkordatskantone. Der Konkordatskonferenz obliegt die Aufsicht über die Anwendung und Auslegung dieses Konkordates sowie die Entscheidung in Streitfällen. Sie entscheidet auch über die Errichtung weiterer Konkordatsanstalten. Ferner kann sie Empfehlungen an die Kantone der Region über Verbesserungen des Strafvollzuges im Sinne des Schweizerischen Strafgesetzbuches abgeben. Über das Verfahren erlässt die Konferenz ein Reglement. VII. WEITERE BESTIMMUNGEN

Art. 18 Inkrafttreten des Konkordates. Das Konkordat tritt nach Genehmigung durch die zuständigen Instanzen der Konkordatskantone und des Bundesrates frühestens am 1. Januar 1960 in Kraft. 8

Solange die gegenwärtige Strafanstalt Liestal noch in Betrieb ist 9 Konkordatsanstalten einbezogen. In den nach Artikel 3 und 4 vorgesehenen Konkordatsanstalten wird der Vollzug nach Konkordat aufgenommen, sobald sie betriebsbereit sind.
Art. 19 Falls die Verhältnisse es erfordern sollten, kann die Konkordatskonferenz im Einverständnis mit den interessierten Kantonen die Zweckbestimmung einer Anstalt abändern.
Art. 20 Aus- und Weiterbildung des Anstaltspersonals. Die Konkordatskonferenz fördert die Aus- und Weiterbildung des Anstaltspersonals.
Art. 21 Widersprechende Abmachungen. Kantone der Region, welche früher mit andern Kantonen Vereinbarungen über den Strafvollzug getroffen hatten, welche diesem Konkordat widersprechen, verpflichten sich, diese auf den nächstmöglichen Termin anzupassen oder aufzulösen.
Art. 22 Kündigung. Jeder Kanton der Region kann das Konkordat unter Beobachtung einer sechsjährigen Frist auf Ende eines Kalenderjahres durch schriftliche Erklärung beim Präsidenten der Konkordatskonferenz kündigen.
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