Einführungsverordnung zu den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Miete und die nichtlandwirtschaftliche Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen
Einführungsverordnung zu den bundesrechtlichen Bestimmungen über die Miete und die nichtlandw irtschaftliche Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (Einführungsverordnung Miet- und Pachtrecht) vom 4. Juli 1990 1 Der Landrat, gestützt auf Art. 60 der Kantonsverf assung, in Ausführung von Art. 52 Abs. 2 des Schlusstitels des Schw eizerischen Zivilgesetzbuches vom 10. Dezember 1907 2 , beschliesst : I. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN
§ 1 Geltungsbereich
Diese Verordnung regelt den Vollzug der Bestimmungen des Bundes- gesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizeri- schen Zivilgesetzbuches (Fünfter Titel: Obligationenrecht [OR] 3 über die Miete (Art. 253-274g OR) sowie der Bestimmungen des Obligationen- rechts über die nichtlandwirtschaftliche Pacht von Wohn- und Ge- schäftsräumen (Art. 275-304 OR).
§ 2 Form des Abschlusses v
on Mietv erträgen bei Wohn- räumen 1 Die Vertragsparteien sind gestützt auf Art. 270 Abs. 2 OR verpflich- tet, beim Abschluss von neuen Mietverträgen bei Wohnräumen ein von der kantonalen Schlichtungsbehörde genehmigtes Formular zu verwen- 1 A 1990, 1279, 1545; in Kraft seit 1. Juli 1990; vom Bundesrat genehmigt am 9. Novem- ber 1990 2 SR 210 3 SR 220 1
Miet- und Pachtrecht - EV den. 2 Die obligatorische Verwendung des Formulars gemäss Abs. 1 gilt für das ganze Kantonsgebiet.
§ 3 Formular bei gestaffelten Mietzinsen
Der Vermieter von Wohn- und Geschä ftsräumen ist berechtigt, die Mit- teilung der Erhöhung des Mietzinses bei gestaffelten Mietzinsen mittels der Zustellung einer Kopie der Mietzinsvereinbarung vorzunehmen (Art. 19 Abs. 2 der eidgenössischen Verordnung vom 9. Mai 1990 über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen [VMWG] 1 ).
§ 4 Bezug v
on Formularen Die Formulare gemäss § 8 Abs. 2 Ziff. 8 bis 10 können bei den Ge- meindekanzleien zum Einzelpreis von Fr. 0.50 bezogen werden. II. ORGANISATION
§ 5 Zuständiges Departement
Dem zuständigen Departement obliegt der Vollzug der Gesetzgebung über die Miete und die nichtlandwirtschaftliche Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen; es hat alle nach der Bundesgesetzgebung in die Zuständigkeit des Kantons fallenden Massnahmen und Entscheide zu treffen, die nicht einer andern Behörde oder Instanz zugewiesen wer- den.
§ 6 Schlichtungsbehörde
1. Zusammensetzung dem Vorsitzenden und je einem Vertreter von Vermieter- und Mieter- verbänden.
§ 7 2. Wahl
1 Der Regierungsrat wählt auf die verfassungsmässige Amtsdauer ei- ne kantonale Schlichtungsbehörde von dr ei Mitgliedern; der Kantonsge- richtspräsident II gehört ihr von Amtes wegen als Präsident an. 1 SR 221.213.11 2
Miet- und Pachtrecht - EV 2 Der Regierungsrat wählt den Sekretär und bezeichnet für jedes Mit- glied einen Stellvertreter. 3 Die kantonalen Vermieter- und Mieterverbände haben das Recht, dem Regierungsrat Vorschläge für die Wahl von Vertretern der Vermie- ter und Mieter zu unterbreiten.
§ 8 3. Aufgaben
1 Die Schlichtungsbehörde hat alle nach der Bundesgesetzgebung in ihre Zuständigkeit fallenden Massnahmen und Entscheide zu treffen. 2 Sie ist zuständig für: 1. Beratung der Parteien (Art. 274a Abs. 1 lit. a) OR); 2. Versuch, eine Einigung zwisc hen den Parteien herbeizuführen (Art. 274a Abs. 1 lit. b) OR); 2a) 1 Durchführung des V ermittlerversuches anstelle des Friedensrichters in allen Streitigkeiten aus Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen (Art. 274a Abs. 1 lit. b) OR); 3. Ent scheid über die Anspruchs berechtigung bei hinterlegten Miet- beziehungsweise Pachtzinsen (Ar t. 259i OR beziehungsweise Art. 288 OR); 4. Ent scheid über die Zulässigkeit einer Kündigung durch den Vermie- ter oder den Mieter beziehungsweise den Verpächter oder den Pächter (Art. 273 Abs. 1 OR beziehungsweise Art. 300 OR); 5. Ent scheid über die Erstreckung des Miet- beziehungsweise Pacht- verhältnisses (Art. 273 Abs. 2 und 3 OR beziehungsweise Art. 300 OR); 6. Überweisung von Begehren des Mieters an den Kantonsgericht s- präsidenten I, wenn ein Ausweis ungsverfahren hängig ist (Art. 274a Abs . 1 lit. d) OR); 7. Fällung von Schiedsgericht sent scheiden (Art. 274a Abs. 1 lit. e) OR); 8. Genehmigung des Formulars für die Kündigung durch den Vermie- ter beziehungsweise den V erpächter (Art. 266 1 OR beziehungs- weise Art. 298 OR); 9. Genehmigung des Formulars für die Mitteilung von Mietzinserhö- hungen und andern einseitigen V ertragsänderungen (Art. 269d OR, Art. 19 VMWG); 10. Genehmigung des Formulars gemäss § 2; 1 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 6. Februar 1991, A 1991, 268, 760; vom EDI genehmigt am 9. April 1991 3
Miet- und Pachtrecht - EV 11. Entgegennahme von Miet- beziehungsweise Pachtzinszahlungen als kantonale Hinterlegungsstelle (Art. 259g OR beziehungsweise
Art. 288 OR); 12. Erfüllung der weitern ihr durch die Gesetzgebung zugewiesenen Aufgaben.
§ 9 Kantonsgerichtspräsident
Der Kantonsgerichtspräsident I ist zuständig für: 1. Verfügung der Rückgabe des Miet- beziehungsweise Pachtgegens- tandes nach Ablauf der Vertragsdauer (Art. 267 OR beziehungswei- se Art. 299 OR); 2. Verfügung betref fend die Wahrung des Retentionsrecht s des V er- mieters beziehungsweise V erpächters von Geschäf tsräumen (Art. 268b OR beziehungsweise Art. 299c OR); 3. Verfügung der Rückgabe des Miet- beziehungsweise Pachtgegens- tandes nach erfolgter ausserordentlicher Kündigung sowie V erfü- gung über die Erstreckung des Miet- beziehungsweise Pachtver- hältnisses (Art. 274g OR).
§ 9a Kleine Kammer des Kantonsgerichts
1 Die Kleine Kammer des Kantonsgerichts ist zuständig für: 1. Ent scheid betref fend die Kündi gung und die Erstreckung des Miet- beziehungsweise Pachtverhältnisses (Art. 273 Abs. 5 und Art. 274 f OR beziehungsweise Art. 300 OR); 2. Ent scheid betref fend den Mietzins bei der Miete von Wohn- und Geschäf tsräumen (Art. 270, 270 a und 274 f OR); 3. Ent scheid betref fend andere einseitige Vertragsänderungen durch den V ermieter bei W ohn- und Geschäf tsräumen (Art. 270 b und 274 f OR); 4. Ent scheid betref fend die Anspru chsberechtigung bei hinterlegten Miet- beziehungsweise Pachtzinsen (Art. 259 i Abs. 2 OR). 1 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 23. März 1994, A 1994, 775, 1268; in Kraft seit 24. April 1994 4
Miet- und Pachtrecht - EV
§ 10 Weitere Gerichtsbehörden
1 Für die weitern dem Richter zugewiesenen Angelegenheiten richtet sich die Zuständigkeit der mit dem Vollzug der Zivilgerichtsbarkeit beauftrag- ten Behörden nach den Art. 12-16a des Gerichtsgesetzes. 2 III. VERFAHREN 1. Verfahren v or den Schlichtungsbehörden
§ 11 Beratung
Der Präsident beziehungsweise der Sekretär der Schlichtungsbehörde berät die Parteien in Miet- und Pachtfragen.
§ 12 Gütliche Einigung
Die Schlichtungsbehörde versucht anlä sslich der Beratung der Parteien und während des Verfahrens, zwischen den Parteien eine gütliche Eini- gung herbeizuführen.
§ 13 Einleitung des Verfahrens
1 Um einen Rechtsstreit einzuleit en, ist der Schlichtungsbehörde ein schriftliches Gesuch im Doppel einzureichen. 2 Das Gesuch hat zu enthalten: 1. die genaue Bezeichnung der Parteien; 2. die Recht sbegehren; 3. eine kurze Darstellung des Sachverhaltes unter Angabe der Be- weismittel und Beilage der Urkunden; 4. das Datum und die Unterschrif t des Gesuchstellers oder seines Vertreters. 3 Das Doppel des Gesuches ist von der Schlichtungsbehörde dem Beklagten zusammen mit der Vorladung zur Verhandlung zuzustellen. 1 Fassung gemäss Landratsbeschluss vom 23. März 1994, A 1994, 775, 1268; in Kraft seit 24. April 1994 2 NG 261.1 5
Miet- und Pachtrecht - EV
§ 14 Aufschiebende Wirkung
Die Kündigungsanfechtung und das Begehren um Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses haben aufschiebende Wirkung; der Vor- sitzende kann die aufschiebende Wirkung jederzeit entziehen.
§ 15 Kostentragung
1 Das Verfahren vor der Schlicht ungsbehörde ist grundsätzlich kosten- los. 2 Bei mutwilliger Prozessführung kann die fehlbare Partei gemäss den Bestimmungen der Prozesskostenverordnung 1 zur Bezahlung der amtli- chen Kosten und zur Leistung einer Entschädigung an die Gegenpartei verpflichtet werden.
§ 16 Ergänzende Bestimmungen
Das Verfahren richtet sich im übrigen nach den Bestimmungen der Zi- vilprozessordnung 2 über das beschleunigte Verfahren. 2. Verfahren v or den Gerichtsbehörden
§ 17 Grundsatz
Das Verfahren vor den Gerichtsbehörden richtet sich nach den Bestim- mungen der Zivilprozessordnung über das beschleunigte Verfahren.
§ 18 Ausw
eisung Das Gesuch betreffend Rückgabe des Miet- beziehungsweise des Pachtgegenstandes kann schon vor Abl auf der Vertragsdauer gestellt werden, wenn aus dem Verhalten des Mieters oder Pächters hervor- geht, dass er den Miet- beziehungsweise Pachtgegenstand nicht frist- gemäss zurückgeben will. 1 NG 261.11 2 NG 262.1 6
Miet- und Pachtrecht - EV IV. ÜBERGANGS- UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN
§ 19 Hängige Verfahren
Die bei Inkrafttreten dieser Verordnung anhängigen Fälle sind nach dem bisherigen Verfahren zu Ende zu führen.
§ 20 Änderung der Prozesskostenv
erordnung Die Verordnung vom 8. Januar 1977 über die Kosten im Verfahren vor den Gerichten (Prozesskost enverordnung) lautet neu: ...
§ 21 Rechtskraft
1 Diese Verordnung untersteht dem faku ltativen Referendum; sie ist im Amtsblatt zu veröffentlichen. 2 Sie tritt unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch den Bundesrat gemäss Art. 46 des Organisationsgesetzes 1 rückwirkend auf den 1. Juli 1990 in Kraft und ist in die Gesetzessammlung aufzunehmen. 3 Alle mit ihr in Widerspruch stehenden Bestimmungen sind aufgeho- ben, insbesondere § 12 und § 13 der Einführungsverordnung vom 3. Juli 1976 zum Obligationenrecht 2 sowie § 35 der Einführungsverord- nung vom 20. Mai 1978 zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs 3 . 1 NG 151.1 2 NG 221.1 3 NG 271.1 7
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