Verordnung über die Verwendung des Alkoholzehntels (610.21)
CH - OW

Verordnung über die Verwendung des Alkoholzehntels

über die Verwendung des Alkoholzehntels vom 23. März 1895 1

Art. 1

Die Verwaltung und Verwendung des Alkoholzehntels erfolgt durch den Regierungsrat.

Art. 2

1 Es wird hierüber besondere Rechnung geführt und dieselbe alljährlich dem Kantonsrate unterbreitet.
2 Der Kantonsrat behält sich vor, dem Regierungsrate jeweilen bezüglich der künftigen Verwendung anderweitige Wegleitung zu geben.
3 Überhin soll jedes Jahr nach Massgabe des bezüglichen Bundesgesetzes über die Verwendung des Alkoholzehntels dem Bundesrate zu Handen der Bundesversammlung Bericht erstattet werden.
4 Die Verwendung hat überhaupt nach Massgabe der jeweiligen Bundesbeschlüsse zu erfolgen.

Art. 3

1 In jedem Einzelfalle muss die Verwendung aus dem Alkoholzehntel mit der Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen oder Wirkungen in zweifellosem Zusammenhange stehen.
2 Wo der Alkoholzehntel nicht ausreicht oder wo die Verhältnisse dessen Verwendung nicht gestatten, da kann in den durch Art. 4, 5, 6 Absatz 2, 8 und 9 vorgesehenen Fällen im Falle des Bedürfnisses ein anderweitiger Staatsbeitrag verwilligt werden.
3 Im Falle eines eigentlichen Bedürfnisses kann der Staat ausnahmsweise auch die vollen Kosten zahlen.

Art. 4

Nach näherer Wegleitung der kantonsrätlichen Verordnung vom 27. April
1893
2 können Beiträge verabfolgt werden zur Versorgung:
1. in Trinkerheilanstalten,
2. in Zwangsarbeitsanstalten oder Arbeiterkolonien,
3. in Besserungsanstalten für Minderjährige,
4. in Mädchenasylen und dgl.

Art. 5

1 Es können auch nach bestimmter Wegleitung von Art. 3 (Abs. 1, 2 und 3) im Falle des Bedürfnisses Beiträge verabfolgt werden zur Versorgung in Anstalten:
1. für Irren,
2. für Epileptiker,
3. für Taubstumme und Augenkranke.
2 Der Regierungsrat wird ermächtigt, mit solch‘ gutgeleiteten Anstalten Aufnahmsverträge abzuschliessen. Er wird hiebei vorzüglich solche Anstalten berücksichtigen, welche den Grundsatz vollständiger Enthaltsamkeit von geistigen Getränken angenommen haben.

Art. 6

1 Der Regierungsrat kann aus dem Alkoholzehntel einen angemessenen Beitrag leisten, damit ärmere Kinder, welche wegen der Trunksucht des Vaters, der Mutter oder anderer Personen anderwärts zu versorgen sind, in einer Familie oder Anstalt gute Unterkunft erhalten.
2 Für ganz gute und solide Versorgung einzelner Kinder kann auch sonst ein Staatsbeitrag verabfolgt werden, wenn dadurch die pflichtgemässen Ausgaben der Armenverwaltung ganz ausnahmsweise vermehrt, beziehungsweise überschritten werden.

Art. 7

Der Regierungsrat kann Bestrebungen zur Bekämpfung des Alkoholismus (Vereine, Vorträge und Verbreitung volkstümlicher Schriften) unterstützen.

Art. 8

Im Notfall können kleinere Beiträge verabfolgt werden für zweckdienliche Versorgung entlassener Sträflinge und ehemaliger Insassen von Besserungsanstalten, überhaupt Solcher, deren spezielle Versorgung mit der Bekämpfung des Alkoholismus in seinen Ursachen und Wirkungen in zweifellosem Zusammenhange steht.

Art. 9

Je nach Möglichkeit kann von Staats wegen die Förderung besserer Volksernährung unterstützt werden (praktische Haushaltungs- und Kochkurse, diesbezügliche Belehrung in Wort und Schrift und dgl.).

Art. 10

1 Die Höhe der Beiträge für den Einzelfall bestimmt der Regierungsrat nach Massgabe des Bedürfnisses und der vorhandenen Mittel.
2 Über den Ort der Versorgung der betreffenden Personen, sowie über die Verwendung der verwilligten Beiträge hat der Regierungsrat das Letztentscheidungsrecht.
3 Der Regierungsrat wird über die Wirkung der einzelnen Verwendungen gehörigen Orts sich erkundigen, damit er auch diesbezüglich dem Kantonsrate tunlichst Aufschluss geben kann.
1 LB II, 88
2 LB II, 393
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