KONKORDAT über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen (3.9225)
CH - UR

KONKORDAT über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen

1 KONKORDAT über die Rechtshilfe und die interkantonale Zusammenarbeit in Strafsachen vom 5. November 199 1 ; Stand am 1. Januar 2007 Vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement genehmigt am
4. Januar 1993

1. Kapitel: AL

LGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1 Zw

eck Das Konkordat bezweckt die effiziente Bekämpfung der Kriminalität durch Förderung der interkantonalen Zusammenarbeit, indem es insbesondere a) den Untersuchungs- und Gerichtsbehörden die Kompetenz gibt, Verfah- renshandlungen in einem andern Kanton durchzuführen (2. Kapitel); b) die Rechtshilfe in Strafsachen erleichtert (3. Kapitel).

Artikel 2 An

wendungsbereich
1 Das Konkordat kommt nur zur Anwendung in Verfahren, in denen materielles Bundesstrafrecht (Strafgesetzbuch und andere Bundesgesetze) anwendbar ist, unter Ausschluss der kantonalen Strafgesetzgebung.
2 Es steht jedoch den Kantonen unter Vorbehalt des Grundsatzes des Ge- genrechts frei, den Anwendungsbereich des Konkordates durch eine an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates gerichtete Erklärung auf die kantonale Gesetzgebung auszudehnen.

2. Kapitel: VE

RFAHRENSHANDLUNGEN IN EINEM ANDERN KANTON

Artikel 3 Grundsatz

1 Die mit einer Strafsache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde kann Verfahrenshandlungen direkt in einem andern Kanton anordnen und durchführen. ___________
1 Beitritt des Kantons Uri durch LRB vom 1. Juni 1994
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2 Ausser in dringenden Fällen benachrichtigt sie vorgängig die zuständige Behörde dieses Kantons (Artikel 24).
3 Die zuständige Behörde des Kantons, in dem die Verfahrenshandlung durchgeführt wird, wird in allen Fällen benachrichtigt.

Artikel 4 An

wendbares Recht Die mit der Sache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde wendet das Verfahrensrecht ihres Kantons an.

Artikel 5 Amtssprache

1 Verfahrenshandlungen werden in der Sprache der mit der Sache befass- ten Behörde durchgeführt.
2 Verfügungen werden in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde erlassen.
3 Wenn jedoch die Person, die Gegenstand eines Entscheides ist, die Spra- che dieser Behörde nicht versteht, hat sie in der Regel Anspruch auf einen unentgeltlichen Übersetzer oder Dolmetscher.

Artikel 6 Inanspruchnahme der Poliz

ei Ist für die Durchführung einer Verfahrenshandlung ein polizeiliches Ein- schreiten notwendig, wird die zuständige Polizei mit dem Einverständnis der örtlich zuständigen Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde (Artikel 24) bei- gezogen.

Artikel 7 Postzustel

lungen Gerichtsurkunden können Empfängern, die sich in einem andern Kanton aufhalten, direkt durch die Post nach den Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend den Postverkehr und seiner Vollzugsverordnung zugestellt wer- den.

Artikel 8 Vorladungen

1 Personen, die in einen Konkordatskanton vorgeladen werden, sind ver- pflichtet, dort zu erscheinen. Sie werden in der Amtssprache ihres Aufent- haltsortes vorgeladen.
2 Zeugen wie auch Sachverständige, die ihren Auftrag akzeptiert haben, können einen angemessenen Reisespesenvorschuss verlangen.
3 Die Vorladung enthält gegebenenfalls den Hinweis, dass bei unentschul- digtem Nichterscheinen ein Vorführbefehl erlassen werden kann.
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Artikel 9 Verhandlunge

n, Augenscheine Die mit der Sache befasste Untersuchungs- oder Gerichtsbehörde kann in einem andern Kanton Sitzungen abhalten, dort Augenscheine und Verhand- lungen durchführen oder durchführen lassen.

Artikel 10 Durchsuchung

en, Beschlagnahme
1 Durchsuchungen und Beschlagnahmen müssen durch einen schriftlichen und kurz begründeten Entscheid angeordnet werden.
2 In dringenden Fällen kann die Begründung nachgereicht werden.

Artikel 11 Mitteilungspflicht

Die Untersuc hungs- oder Gerichtsbehörde, die in ihrer amtlichen Stellung Kenntnis von einem in einem andern Kanton begangenen, von Amtes we- gen zu verfolgenden Verbrechen oder Vergehen erhält, ist verpflichtet, die zuständige Behörde dieses Kantons (Artikel 24) zu benachrichtigen.

Artikel 12 Rechtsmittelb

elehrung Wenn das kantonale Verfahrensrecht des mit der Sache befassten Kantons ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vorsieht, muss dieser die Rechts- mittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben.

Artikel 13 Rechtsmittel, Sprache

Das Rechtsm ittel muss in der Sprache der mit der Sache befassten Behörde oder in derjenigen des Ortes, wo der Entscheid vollstreckt wird, abgefasst werden.

Artikel 14 Kosten

Die Verfahrenskosten, insbesondere für Übersetzer, Dolmetscher, Zeugen, Gutachten, wissenschaftliche Arbeiten gehen zulasten des mit der Sache befassten Kantons.

3. Kapitel: AUF

VERLANGEN EINES ANDERN KANTONS VORGENOMMENE VERFAHRENSHANDLUNGEN

Artikel 15 Direkter Gesc

häftsverkehr
1 Die Behörden der Konkordatskantone verkehren direkt miteinander. Das Ersuchungsschreiben kann in der Sprache der ersuchenden oder der er- suchten Behörde gehalten werden.
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2 Falls über die Zuständigkeit einer Behörde Ungewissheit besteht, werden die Gerichtsurkunden und die Rechtshilfegesuche rechtsgültig einer einzi- gen Behörde zugestellt (Artikel 24).
3 Wenn die ersuchte Behörde feststellt, dass die Gerichtsurkunde oder das Rechtshilfegesuch in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde fällt, stellt sie dieses von Amtes wegen der zuständigen Behörde zu.

Artikel 16 An

wendbares Recht Die ersuchte Behörde wendet ihr kantonales Recht an.

Artikel 17 Rechte der Pa

rteien
1 Die Parteien, ihre Vertreter und die ersuchende Behörde können an den einzelnen Rechtshilfehandlungen teilnehmen, wenn dieses Recht durch den ersuchten Kanton vorgesehen ist oder wenn es die ersuchende Behörde ausdrücklich verlangt.
2 In diesem Fall gibt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde und den Parteien Zeit und Ort bekannt, wo die Rechtshilfehandlung durchgeführt werden soll.

Artikel 18 Rechtsmittelb

elehrung Wenn das anwendbare Recht ein Rechtsmittel gegen einen Entscheid vor- sieht, muss dieser die Rechtsmittelbelehrung, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist angeben.

Artikel 19 Rechtsmittel, Verfahren

und Zuständigkeit
1 Die Rechtsmittelschrift muss in der Sprache der ersuchten oder in derjeni- gen der ersuchenden Behörde abgefasst werden.
2 Bei der Behörde des ersuchten Kantons können nur die Beschwerde- gründe betreffend Gewährung und Ausführung der Rechtshilfe geltend ge- macht werden. In allen anderen Fällen, namentlich bei Einwendungen mate- rieller Art, muss das Rechtsmittel bei der zuständigen Behörde des ersu- chenden Kantons eingereicht werden; Artikel 18 ist sinngemäss anwendbar.

Artikel 20 Vollzug vo

n Haftbefehlen Zuführungsbegehren und Haftbefehle werden nach den Vorschriften des
Artikels 353 StGB vollstreckt.
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Artikel 21 Vernehmung

von verhafteten Personen Die gestützt auf einen Vorführbefehl oder Haftbefehl in einem andern Konkordatskanton festgenommene Person muss innerhalb von 24 Stunden einvernommen werden. Die Behörde muss die betreffende Person summa- risch über die Gründe ihrer Verhaftung und die ihr vorgeworfenen strafbaren Handlungen informieren.

Artikel 22 Zustellung durch die Polizei

Gerichtsurkun den, die nicht durch die Post zugestellt werden können, wer- den direkt durch die Polizei des Kantons, wo die Zustellung erfolgen soll, zu- gestellt.

Artikel 23 Kosten

1 Die Rechtshilfe ist unentgeltlich. Die Kosten namentlich für Übersetzun- gen, Dolmetscher, Vorladungen, Expertisen, wissenschaftliche Arbeiten und Gefangenentransporte gehen jedoch zulasten des mit der Sache befassten Kantons.
2 Die interkantonalen Vereinbarungen bleiben vorbehalten.

4. Kapitel: SCHLU

SSBESTIMMUNGEN

Artikel 24 Zuständige Be

hörde Jeder Konkordatskanton bezeichnet eine einzige Behörde, die von einem anderen Kanton angeordnete oder verlangte Verfahrenshandlungen bewil- ligt und ausführt und die Mitteilungen erhalten soll (Artikel 3, 6, 11 und 15).

Artikel 25 Beitritt und Rü

cktritt
1 Jeder Kanton kann dem Konkordat beitreten. Die Beitrittserklärung sowie das im Anhang zum Konkordat erwähnte Verzeichnis ist dem Eidgenössi- schen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundesrates einzurei- chen.
2 Wenn ein Kanton vom Konkordat zurücktreten will, so hat er dies dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden des Bundes- rates mitzuteilen. Der Rücktritt wird mit dem Ablauf des der Erklärung fol- genden Kalenderjahres rechtswirksam.
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Artikel 26 Inkrafttreten

Das Konkordat tritt, sobald ihm mindestens zwei Kantone beigetreten sind, mit seiner Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts in Kraft, für die später beitretenden Kantone mit der Veröffentlichung ihres Beitrittes in der Amtlichen Sammlung. 2 Das gleiche gilt für die Erklärung betreffend die Ausdehnung des Anwen- dungsbereichs des Konkordates und die Mitteilung des Verzeichnisses der Kantonalen Behörden sowie die Nachträge und Änderungen, die darin vor- genommen werden. ___________
2 In der Amtlichen Sammlung veröffentlicht am 25. Oktober 1994
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