Übereinkommen Nr. 159 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung d... (0.822.725.9)
CH - Schweizer Bundesrecht

Übereinkommen Nr. 159 über die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung der Behinderten

Abgeschlossen in Genf am 20. Juni 1983 Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. März 1985¹ Schweizerische Ratifikationsurkunde hinterlegt am 20. Juni 1985 In Kraft getreten für die Schweiz am 20. Juni 1986 (Stand am 6. September 2023) ¹ AS 1986 966

Teil I. Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

Art. 1
1.  Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Begriff «Behinderter» eine Person, deren Aussichten, eine geeignete Beschäftigung zu finden und beizubehalten sowie beruflich aufzusteigen, infolge einer ordnungsgemäss anerkannten körperlichen oder geistigen Behinderung wesentlich gemindert sind.
2.  Bei der Anwendung dieses Übereinkommens hat jedes Mitglied davon auszugehen, dass die berufliche Rehabilitation darauf abzielt, es einem Behinderten zu ermöglichen, eine geeignete Beschäftigung zu finden und beizubehalten sowie beruflich aufzusteigen und dadurch seine Eingliederung oder Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu fördern.
3.  Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind von jedem Mitglied durch Massnahmen anzuwenden, die den innerstaatlichen Verhältnissen entsprechen und mit der innerstaatlichen Praxis im Einklang stehen.
4.  Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten für alle Gruppen von Behinderten.

Teil II. Grundsätze der Politik auf dem Gebiet der beruflichen Rehabilitation und der Beschäftigung Behinderter

Art. 2
Jedes Mitglied hat im Einklang mit den innerstaatlichen Verhältnissen, Gepflogenheiten und Möglichkeiten eine innerstaatliche Politik auf dem Gebiet der beruflichen Rehabilitation und der Beschäftigung Behinderter festzulegen, durchzuführen und regelmässig zu überprüfen.
Art. 3
Ziel der genannten Politik muss es sein sicherzustellen, dass geeignete Massnahmen der beruflichen Rehabilitation allen Gruppen von Behinderten offenstehen, und Beschäftigungsmöglichkeiten für Behinderte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu fördern.
Art. 4
Die genannte Politik muss auf dem Grundsatz der Chancengleichheit zwischen behinderten Arbeitnehmern und anderen Arbeitnehmern beruhen. Die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer sind zu wahren. Besondere positive Massnahmen, die auf die tatsächliche Chancengleichheit und Gleichbehandlung von behinderten Arbeitnehmern und anderen Arbeitnehmern abzielen, sind nicht als eine Diskriminierung der anderen Arbeitnehmer anzusehen.
Art. 5
Die repräsentativen Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sind zur Durchführung der genannten Politik anzuhören, einschliesslich der Massnahmen, die zu treffen sind, um die Zusammenarbeit und die Koordinierung zwischen den öffentlichen und privaten Stellen, die mit Tätigkeiten der beruflichen Rehabilitation befasst sind, zu fördern. Die repräsentativen Verbände, in denen Behinderte zusammengeschlossen sind oder die deren Belange wahrnehmen, sind ebenfalls anzuhören.

Teil III. Innerstaatliche Massnahmen zur Entwicklung von Diensten für die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung Behinderter

Art. 6
Jedes Mitglied hat durch die Gesetzgebung oder auf andere den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Weise die Massnahmen zu treffen, die zur Durchführung der Artikel 2, 3, 4 und 5 dieses Übereinkommens erforderlich sind.
Art. 7
Die zuständigen Stellen haben Massnahmen zu treffen, um Berufsberatungs‑, Berufsausbildungs‑, Arbeitsvermittlungs‑, Beschäftigungs‑ und andere damit zusammenhängende Dienste bereitzustellen und zu bewerten, damit Behinderte in die Lage versetzt werden, eine Beschäftigung zu finden und beizubehalten sowie beruflich aufzusteigen; wo immer dies möglich und angebracht ist, sollte auf die für die Arbeitnehmer allgemein bestehenden Dienste zurückgegriffen werden, wobei die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen sind.
Art. 8
Es sind Massnahmen zu treffen, um die Einrichtung und Entwicklung von Diensten für die berufliche Rehabilitation und die Beschäftigung Behinderter in ländlichen Gebieten und in abgelegenen Gemeinden zu fördern.
Art. 9
Jedes Mitglied muss bestrebt sein sicherzustellen, dass für die Berufsberatung, die Berufsausbildung, die Vermittlung und die Beschäftigung Behinderter Rehabilitationsberater und anderes entsprechend qualifiziertes Personal ausgebildet werden und zur Verfügung stehen.

Teil IV. Schlussbestimmungen

Art. 10
Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.
Art. 11
1.  Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
2.  Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
3.  In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Art. 12
1.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
2.  Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Massgabe dieses Artikels kündigen.
Art. 13
1.  Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
2.  Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Art. 14
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen² vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Massgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
² SR 0.120
Art. 15
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Art. 16
1.  Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
a) Die Ratifikation des neugefassten Übereinkommens durch ein Mitglied schliesst ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 12, vorausgesetzt, dass das neugefasste Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefassten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
2.  Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefasste Übereinkommen ratifiziert haben.
Art. 17
Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise massgebend.

Unterschriften

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 6. September 2023 ³

³ AS 1986 967 ; 1987  1460 ; 1989  1424 ; 1990  1608 ; 1992  725 ; 2002  2757 ; 2005  4449 ; 2010  4233 ; 2013  1295 ; 2018  2741 ; 2023 502 . Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs ist auf der Publikationsplattform des Bundesrechts «Fedlex» unter folgender Adresse veröffentlicht: www.fedlex.admin.ch/de/treaty .

Vertragsstaaten

Ratifikation

Nachfolgeerklärung (N)

Inkrafttreten

Afghanistan

  7. April

2010

  7. April

2011

Ägypten

  3. August

1988

  3. August

1989

Argentinien

13. April

1987

13. April

1988

Aserbaidschan

19. Mai

1992 N

19. Mai

1992

Äthiopien

28. Januar

1991

28. Januar

1992

Australien

  7. August

1990

  7. August

1991

Bahrain

  2. Juni

1999

  2. Juni

2000

Belgien

10. Juni

2015

10. Juni

2016

Bolivien

19. Dezember

1996

19. Dezember

1997

Bosnien und Herzegowina

  2. Juni

1993 N

  2. Juni

1993

Brasilien

18. Mai

1990

18. Mai

1991

Burkina Faso

26. Mai

1989

26. Mai

1990

Chile

14. Oktober

1994

14. Oktober

1995

China

  2. Februar

1988

  2. Februar

1989

Costa Rica

23. Juli

1991

23. Juli

1992

Côte d’Ivoire

22. Oktober

1999

22. Oktober

2000

Dänemark

  1. April

1985

  1. April

1986

Deutschland

14. November

1989

14. November

1990

Dominikanische Republik

20. Juni

1994

20. Juni

1995

Ecuador

20. Mai

1988

20. Mai

1989

El Salvador

19. Dezember

1986

19. Dezember

1987

Fidschi

  1. Dezember

2004

  1. Dezember

2005

Finnland

24. April

1985

24. April

1986

Frankreich

16. März

1989

16. März

1990

Griechenland

31. Juli

1985

31. Juli

1986

Guatemala

  5. April

1994

  5. April

1995

Guinea

16. Oktober

1995

16. Oktober

1996

Irland

  6. Juni

1986

  6. Juni

1987

Island

22. Juni

1990

22. Juni

1991

Italien

  7. Juni

2000

  7. Juni

2001

Japan

12. Juni

1992

12. Juni

1993

Jemen

18. November

1991

18. November

1992

Jordanien

13. Mai

2003

13. Mai

2004

Kirgisistan

31. März

1992 N

31. März

1992

Kolumbien

  7. Dezember

1989

  7. Dezember

1990

Korea (Süd-)

15. November

1999

15. November

2000

Kroatien

  8. Oktober

1991 N

  8. Oktober

1991

Kuba

  3. Oktober

1996

  3. Oktober

1997

Kuwait

26. Juni

1998

26. Juni

1999

Libanon

23. Februar

2000

23. Februar

2001

Litauen

26. September

1994

26. September

1995

Luxemburg

21. März

2001

21. März

2002

Madagaskar

  3. Juni

1998

  3. Juni

1999

Malawi

  1. Oktober

1986

  1. Oktober

1987

Mali

12. Juni

1995

12. Juni

1996

Malta

  9. Juni

1988

  9. Juni

1989

Mauritius

  9. Juni

2004

  9. Juni

2005

Mazedonien

17. November

1991 N

17. November

1991

Mexiko

  5. April

2001

  5. April

2002

Mongolei

  3. Februar

1998

  3. Februar

1999

Montenegro

  3. Juni

2006 N

  3. Juni

2006

Niederlande

15. Februar

1988

15. Februar

1989

Nigeria

26. August

2010

26. August

2011

Norwegen

13. August

1984

13. August

1985

Pakistan

25. Oktober

1994

25. Oktober

1995

Panama

28. Januar

1994

28. Januar

1995

Paraguay

  2. Mai

1991

  2. Mai

1992

Peru

16. Juni

1986

16. Juni

1987

Philippinen

23. August

1991

23. August

1992

Polen

  2. Dezember

2004

  2. Dezember

2005

Portugal

  3. Mai

1999

  3. Mai

2000

Russland

  3. Juni

1988

  3. Juni

1989

Sambia

  5. Januar

1989

  5. Januar

1990

San Marino

23. Mai

1985

23. Mai

1986

São Tomé und Príncipe

17. Juni

1992

17. Juni

1993

Schweden

12. Juni

1984

20. Juni

1985

Schweiz

20. Juni

1985

20. Juni

1986

Serbien

24. November

2000 N

20. Juni

1985

Simbabwe

27. August

1998

27. August

1999

Slowakei

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Slowenien

29. Mai

1992 N

29. Mai

1992

Spanien

  2. August

1990

  2. August

1991

Tadschikistan

26. November

1993 N

26. November

1993

Thailand

11. Oktober

2007

11. Oktober

2008

Trinidad und Tobago

  3. Juni

1999

  3. Juni

2000

Tschechische Republik

  1. Januar

1993 N

  1. Januar

1993

Tunesien

  5. September

1989

  5. September

1990

Türkei

26. Juni

2000

26. Juni

2001

Uganda

27. März

1990

27. März

1991

Ukraine

15. Mai

2003

15. Mai

2004

Ungarn

20. Juni

1984

20. Juni

1985

Uruguay

13. Januar

1988

13. Januar

1989

Vietnam

25. März

2019

25. März

2020

Zypern

13. April

1987

13. April

1988

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