VERORDNUNG über den Landrat
VERORDNUNG über den Landrat (Landratsverordnung; LRV) (vom 13. April 2005 1 ; Stand am 1. August 2005) Der Landrat des Kantons Uri, gestützt auf Artikel 87 und 90 Absatz 2 der Kantonsverfassung 2 , beschliesst:
1. Abschnitt: Gegenstand
Artikel 1
1 Diese Verordnung regelt die Befugnisse des Landrats, soweit sie sich nicht aus der besonderen Gesetzgebung, namentlich aus der Kantonsver - fassung und der Geschäftsordnung für den Landrat 3 , ergeben.
2 Die besondere Gesetzgebung bleibt vorbehalten.
2. Abschnitt: Informationsrechte
Artikel 2 Ratsmitglieder
1 Jedes Ratsmitglied kann die vorhandenen Akten einsehen, die zur Vorbe - reitung des Berichts und Antrags des Regierungsrats an den Landrat gedient haben.
2 Davon ausgeschlossen sind Akten, die dem Amtsgeheimnis unterstehen.
Artikel 3 Sachkommissionen
1 Die Sachkommissionen können im Rahmen ihres Auftrags und nach Anhörung des Regierungsrats:
a) sämtliche Akten des Beratungsgegenstandes einsehen;
1 AB vom 29. April 2005
2 RB 1.1101
3 RB 2.3121 1
b) Sachbearbeitende der Kantonsverwaltung zum vorgelegten Geschäft befragen;
c) Interessenvertreter und Interessenvertreterinnen anhören;
d) für Geschäfte, deren Beurteilung besondere Kenntnisse erfordert, mit Genehmigung des Büros des Landrats und im Rahmen bewilligter Kredite aussenstehende Sachverständige beiziehen. Fehlt ein bewilligter Kredit, kann das Büro des Landrats ausnahmsweise im Einzelfall Ausgaben bis Fr. 15'000.– bewilligen;
e) Besichtigungen vornehmen;
f) zusätzliche Berichte verlangen.
2 Das zuständige Regierungsratsmitglied ist berechtigt, an den Befragungen nach Buchstabe b teilzunehmen, Fragen zu stellen und ergänzende Auskünfte zu erteilen.
3 Werden diese Rechte ganz oder teilweise verweigert, entscheidet das Büro des Landrats, nachdem es den Regierungsrat angehört hat.
4 Die Bestimmungen über das Amtsgeheimnis und die Geheimhaltung sind zu beachten.
Artikel 4 Aufsichtskommissionen
1 Als Aufsichtskommissionen gelten die staatspolitische Kommission und die Finanzkommission.
2 Den Aufsichtskommissionen stehen die Informationsrechte der Sachkom - missionen zu. Zudem können sie im Rahmen ihres Auftrags und nach Anhö - rung des Regierungsrats:
a) sämtliche Akten der Kantonsverwaltung einsehen;
b) Inspektionen und Besichtigungen in der Kantonsverwaltung vornehmen. Das zuständige Regierungsratsmitglied ist vorher zu orientieren;
c) Angestellte der Kantonsverwaltung befragen.
3 Sofern die Kommission nicht ausnahmsweise etwas anderes beschliesst, ist das zuständige Regierungsratsmitglied berechtigt, an den Befragungen nach Buchstabe c teilzunehmen, Fragen zu stellen und ergänzende Auskünfte zu erteilen.
4 Werden diese Rechte ganz oder teilweise verweigert, entscheidet das Büro des Landrats, nachdem es den Regierungsrat angehört hat.
5 Die Bestimmungen über das Amtsgeheimnis und die Geheimhaltung sind zu beachten.
6 Stellt die Kommission Mängel fest, kann sie der verantwortlichen Behörde Empfehlungen abgeben. Diese hat dazu Stellung zu nehmen.
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Artikel 5 Finanzkontrolle
1 Im Rahmen ihres Auftrags können die Kommissionen die Finanzkontrolle beauftragen, besondere Prüfungen vorzunehmen und sie zu beraten.
2 Die Kommissionen können ohne weiteres Berichte der Finanzkontrolle einsehen und Angestellte der Finanzkontrolle befragen. Die Bestimmungen über die Geheimhaltungspflicht sind zu beachten.
Artikel 6 Amtsgeheimnis
a) Begriff
1 Dem Amtsgeheimnis unterstehen Tatsachen, Akten und Auskünfte, die zur Wahrung überwiegender öffentlicher oder privater Interessen, zum Schutz der Persönlichkeit oder aus Rücksicht auf ein hängiges Verfahren geheim zu halten oder vertraulich zu behandeln sind.
2 Im Zweifelsfall bestimmt der Regierungsrat, welche Tatsachen, Akten und Auskünfte dem Amtsgeheimnis unterstehen.
Artikel 7 b) Verfahren bei Akteneinsicht
1 Soweit es zur Wahrung des Amtsgeheimnisses unerlässlich ist, kann der Regierungsrat, statt Akteneinsicht zu gewähren, der Kommission einen umfassenden Bericht zur Sache erstatten.
2 Beharrt die Kommission trotz des Berichts des Regierungsrats darauf, die Akten einzusehen, trägt sie das Anliegen dem Büro des Landrats vor. Dieses sichtet die betroffenen Akten und entscheidet, nachdem es den Regierungsrat angehört hat.
Artikel 8 c) Verfahren bei Befragungen
1 Der Regierungsrat kann seine Mitglieder und Angestellte der Kantonsver - waltung vom Amtsgeheimnis entbinden, damit diese vor den Kommissionen aussagen dürfen.
2 Wenn der Regierungsrat die betroffenen Personen nicht vom Amts - geheimnis entbindet, orientiert er die Kommission mit einem umfassenden Bericht zur Sache.
3 Beharrt die Kommission trotz des Berichts des Regierungsrats darauf, die betroffenen Personen zu befragen, trägt sie das Anliegen dem Büro des Landrats vor. Dieses entscheidet, nachdem es den Regierungsrat angehört hat. 3
Artikel 9 Geheimhaltungspflicht
Soweit die Kommissionsmitglieder und die übrigen Teilnehmenden an Kommissionssitzungen Kenntnis von Tatsachen, Akten oder Auskünften erhalten, die dem Amtsgeheimnis unterstehen, sind sie ihrerseits zur Geheimhaltung verpflichtet.
Artikel 10 Kommissionsausschüsse
Die Rechte und Pflichten der Kommissionen gelten auch für deren Ausschüsse.
Artikel 11 Andere Behörden
Beschäftigen sich die Kommissionen mit den Gerichten oder mit selbststän - digen öffentlich-rechtlichen Anstalten des Kantons, handelt anstelle des Regierungsrats das zuständige Gericht beziehungsweise das zuständige Organ der selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt.
3. Abschnitt: Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK)
Artikel 12 Einsetzung
1 Im Rahmen seiner Oberaufsicht kann der Landrat zur Ermittlung der Sach - verhalte und zur Beschaffung weiterer Beurteilungsgrundlagen eine parla - mentarische Untersuchungskommission einsetzen, wenn Vorkommnisse von grosser Tragweite zu klären sind.
2 Das Büro des Landrats oder eine Kommission können beantragen, eine Untersuchungskommission einzusetzen. Ein einzelnes Mitglied des Land - rats ist dazu nur berechtigt, wenn es zuvor mit einer Interpellation Aufschluss über die besonderen Vorkommnisse verlangt hat und wenn diese Interpellation im Landrat behandelt worden ist.
3 Bevor eine Untersuchungskommission eingesetzt wird, hört das Büro des Landrats den Regierungsrat an; nach der Anhörung orientiert es den Rat in geeigneter Form.
4 Der Landrat entscheidet mit absolutem Mehr der anwesenden Ratsmit - glieder über die Einsetzung einer solchen Kommission. Mit diesem Beschluss bestimmt er den Auftrag der Untersuchungskommission, die Mitglieder, das Präsidium und das Sekretariat.
5 Statt eine besondere Untersuchungskommission einzusetzen, kann der Landrat eine der Sach- oder Aufsichtskommissionen mit der Untersuchung beauftragen und sie als parlamentarische Untersuchungskommission mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten einsetzen.
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Artikel 13 Verfahren
1 Die Ermittlung des Sachverhalts und die Beweiserhebungen richten sich sinngemäss nach der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege 4 , soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt. Artikel 292 des Schwei - zerischen Strafgesetzbuches 5 ist anwendbar.
2 Die Untersuchungskommission kann im Einzelfall und ausnahmsweise einzelne Mitglieder beauftragen, bestimmte Beweise zu erheben.
3 Richtet sich die Untersuchung ganz oder vorwiegend gegen eine bestimmte Person, darf diese nur als Auskunftsperson befragt werden.
4 Die wesentlichen Vorgänge und Beschlüsse sind zu protokollieren.
Artikel 14 Informationsrechte
1 Der Untersuchungskommission stehen die gleichen Informationsrechte zu wie den Aufsichtskommissionen.
2 Zudem kann sie nach der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege 6 die Beteiligten befragen, Urkunden beiziehen, Amtsberichte und Gutachten von Sachverständigen verlangen, Augenscheine durchführen, Zeugen und Zeuginnen einvernehmen oder andere geeignete Massnahmen treffen.
Artikel 15 Auskunftspflicht
1 Angestellte und Behördenmitglieder, die der Oberaufsicht des Landrats unterstehen, sind verpflichtet, der Untersuchungskommission zum Untersu - chungsgegenstand wahrheitsgemäss Auskunft zu erteilen.
2 Das Zeugnisverweigerungsrecht richtet sich nach der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege 7 .
3 Dritte sind zur Aussage verpflichtet, soweit sie der Zeugnispflicht unter - liegen.
Artikel 16 Aktenherausgabe
1 Angestellte und Behördenmitglieder, die der Oberaufsicht des Landrats unterstehen, sind verpflichtet, der Untersuchungskommission alle einschlä - gigen Akten herauszugeben, die den Untersuchungsgegenstand betreffen.
2 Dritte sind dazu verpflichtet, soweit sie der Zeugnispflicht unterliegen.
4 RB 2.2345
5 SR 311.0
6 RB 2.2345
7 RB 2.2345 5
Artikel 17 Amtsgeheimnis
1 Will die Untersuchungskommission Angestellte und Behördenmitglieder befragen, die der Oberaufsicht des Landrats unterstehen, oder verlangt sie von diesen Akten zum Untersuchungsgegenstand, ist keine Entbindung vom Amtsgeheimnis erforderlich. Aktenherausgabe und Aussagen können nicht mit dem Hinweis auf das Amtsgeheimnis verweigert werden.
2 Die Untersuchungskommission bestimmt, welche dieser Tatsachen, Akten und Auskünfte der Geheimhaltung unterstehen. Vorher hört sie den Regie - rungsrat an.
Artikel 18 Rechte der Betroffenen
1 Die Untersuchungskommission stellt fest, welche Personen durch die Untersuchung in ihren Interessen unmittelbar betroffen sind. Sie informiert diese Personen unverzüglich darüber.
2 Diese Personen haben das Recht, den Befragungen von Auskunftsper - sonen sowie von Zeugen und Zeuginnen beizuwohnen. Sie können dabei Ergänzungsfragen stellen. Zudem steht ihnen das Recht zu, die Akten und die Einvernahmeprotokolle einzusehen sowie weitere Abklärungen zu verlangen, sofern diese zur Klärung des wesentlichen Sachverhalts beitragen.
3 Die Untersuchungskommission kann diese Rechte ganz oder teilweise verweigern, einschränken oder ausschliessen, wenn das im Interesse der laufenden Untersuchung notwendig ist. Auf die so erhobenen Beweismittel darf nur abgestellt werden, wenn der betroffenen Person der wesentliche Inhalt eröffnet und ihr Gelegenheit gegeben wurde, sich dazu zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen.
4 Nach Abschluss der Untersuchung und vor der Berichterstattung an den Landrat ist den Personen, denen gegenüber Vorwürfe erhoben wurden, Gelegenheit zu geben, sich in einer Stellungnahme zum Untersuchungser - gebnis zu äussern.
Artikel 19 Stellung des Regierungsrats
1 Der Regierungsrat hat das Recht, den Befragungen von Auskunftsper - sonen sowie von Zeugen und Zeuginnen beizuwohnen. Er kann dabei Ergänzungsfragen stellen. Zudem steht ihm das Recht zu, die Akten und die Einvernahmeprotokolle einzusehen sowie weitere Abklärungen zu verlangen, sofern diese zur Klärung des wesentlichen Sachverhalts beitragen. Er kann sich durch eine Delegation vertreten lassen.
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2 Die Untersuchungskommission kann diese Rechte ganz oder teilweise verweigern, einschränken oder ausschliessen, wenn das im Interesse der laufenden Untersuchung notwendig ist.
3 Der Regierungsrat kann sich zum Ergebnis der Untersuchung vor der Untersuchungskommission und in einem Bericht an den Landrat äussern.
Artikel 20 Andere Behörden
Betrifft die Untersuchung andere Behörden, namentlich die Gerichte oder selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalten, handelt anstelle des Regie - rungsrats das zuständige Gericht beziehungsweise das zuständige Organ der selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt.
Artikel 21 Geheimhaltungspflicht
1 Solange die Untersuchung andauert, sind die Kommissionsmitglieder und die übrigen Teilnehmenden der Kommissionssitzungen verpflichtet, über die Verhandlungen und die vorläufigen Erkenntnisse der Untersuchung zu schweigen.
2 Nach der Berichterstattung an den Landrat sind Tatsachen, Akten und Auskünfte, die dem Amtsgeheimnis unterstehen, weiterhin geheim zu halten.
Artikel 22 Abschluss der Untersuchung
1 Wenn die Untersuchung abgeschlossen ist, unterbreitet die Untersu - chungskommission dem Landrat Bericht und Antrag. Die Berichte der betroffenen Personen nach Artikel 18 Absatz 4 und jener des Regierungs - rats nach Artikel 19 Absatz 2 sind dem Schlussbericht der Kommission beizufügen.
2 Der Landrat beschliesst über den Antrag, stellt mit Beschluss die Untersu - chung ein und löst die Untersuchungskommission auf.
Artikel 23 Änderung bisherigen Rechts
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8 Die Änderung wurde in den entsprechenden Erlass eingefügt. 7
Artikel 24 Inkrafttreten
Diese Verordnung unterliegt dem fakultativen Volksreferendum. Sie tritt am
1. August 2005 in Kraft. Im Namen des Landrats Die Präsidentin: Luzia Schuler Der Kanzleidirektor: Dr. Peter Huber
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