VERORDNUNG über die Errichtung eines kantonalen Einigungsamtes (20.1101)
CH - UR

VERORDNUNG über die Errichtung eines kantonalen Einigungsamtes

VERORDNUNG über die Errichtung eines kantonalen Einigungsamtes (LRB vom 23. März 1994; Stand am 1. Juni 1995) Der Landrat des Kantons Uri, in Vollziehung von Artikel 30-35 des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken 1 und des Bundesratsbeschlusses vom 1. Februar 1918 2 , in Gemässheit des Artikels 59 lit. e der kantonalen Verfassung, beschliesst:

Artikel 1 Zur Beilegung von Kollektivstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeit -

nehmern, sowie über die Auslegung und Ausführung von Gesamtarbeits- oder Normalarbeitsverträgen wird ein ständiges kantonales Einigungsamt errichtet.
Artikel 2
1 Als Kollektivstreitigkeiten im Sinne dieser Verordnung gelten Streitigkeiten zwischen öffentlichen Verwaltungen, einem oder mehreren Inhabern von im Kanton gelegenen industriellen, kaufmännischen oder gewerblichen Betrieben und ihren Arbeitern oder Angestellten über die Anstellungs-, Arbeits- und Lohnverhältnisse etc. unter Ausschluss von Streitigkeiten zivil - rechtlicher Natur.
2 Öffentliche Verwaltungen, sowie kaufmännische und gewerbliche Betriebe mit weniger als 5 Arbeitern oder Angestellten fallen nicht unter die Bestim - mungen dieser Verordnung.
Artikel 3 Sofern mehrere Fabrikinhaber derselben Industrie und ihre Arbeiter eine freiwillige Einigungsstelle errichten, so tritt sie für die Beteiligten an Stelle des kantonalen Einigungsamtes.
1 Bundesgesetz vom 18. Juni 1914 betreffend die Arbeit in den Fabriken (Arbeitsgesetz — SR 821.41)
2 SR 821.41) 1
Artikel 4 3
1 Das kantonale Einigungsamt besteht aus einem Unparteiischen als Präsi - denten und zwei ständigen 4 Mitgliedern.
2 Für den Präsidenten und beide ständige Mitglieder sind Ersatzmänner zu bezeichnen.
3 Der Präsident, die ständigen Mitglieder und Ersatzmänner werden vom Regierungsrat auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt und zwar die ständigen Mitglieder und Ersatzmänner in gleicher Zahl aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern, nach den Vorschlägen der betreffenden Interessenten - verbände. Diese Vorschläge sind für den Regierungsrat nicht verbindlich.
Artikel 5 5
1 Für die im Fabrikgesetz, Artikel 30 6 , vorgesehenen Obliegenheiten ernennt jede Partei für den einzelnen, an das Einigungsamt kommenden Fall noch je ein nicht ständiges Mitglied, das wie die ständigen Mitglieder Sitz und Stimme hat.
2 Wenn eine Partei innerhalb der ihr bestimmten Frist das ihr zukommende nicht ständige Mitglied nicht bezeichnet, so wird dasselbe vom Präsidenten und den ständigen Mitgliedern des Einigungsamtes gewählt .
Artikel 6 Über die Verhandlungen des Einigungsamtes führt ein vom Regierungsrat bezeichneter Sekretär Protokoll.

Artikel 7 Das Einigungsamt beurteilt jeden in seine Kompetenz fallenden Kollek -

tivstreit:
a) von Amtes wegen, sobald es von dem Streite Kenntnis erhält;
b) wenn es von einer Partei angerufen wird;
c) auf Begehren des Regierungsrates.
3 Fassung gemäss LRB vom 27. Februar 1923
4 Fehlte im Amtsblatt-Text
5 Fassung gemäss LRB vom 27. Februar 1923
6 SR 821.41)
7 Fehlte im Amtsblatt-Text
2

Artikel 8 Reisevergütung und Taggelder richten sich nach dem für die kantonalen Behörden geltenden Tarif 8

.

Artikel 9 Bezüglich des Ausstandes gelten die Bestimmungen des kantonalen Ausstandsgesetzes 9

.
Artikel 10 Bei drohendem Ausbruch von Kollektivstreitigkeiten sind die Streitparteien verpflichtet, unverzüglich dem Obmann Mitteilung zu machen.
Artikel 11
1 Der Obmann ladet die Parteien vor das Amt und leitet die Verhandlungen. Die Vorgeladenen (Parteien, Zeugen, Experten etc.) sind bei einer Busse von Fr. 10.— bis 200.— verpflichtet, vor dem Einigungsamt zu erscheinen, Auskunft zu erteilen und zu verhandeln.
2 Die vom Einigungsamt ausgefällte Busse kann nach den Bestimmungen der Verordnung über die Verwaltungsrechtspflege 10 zur gerichtlichen Beur - teilung weitergezogen werden. 11
Artikel 12 Das Verfahren ist öffentlich. Die Beratung und die Beschlussfassung aber geheim. Die Kosten fallen zu Lasten des Kantons.

Artikel 13 Die Verhandlungen werden wechselseitig und mündlich geführt. Das Eini -

gungsamt ist aber befugt, in wichtigen Fällen einen mehrfachen Schriften - wechsel anzuordnen.
8 RB 2.2251
9 RB 2.2321
10 RB 2.2345
11 Fassung gemäss LRB vom 23. März 1994, in Kraft seit 1. Juni 1995 3

Artikel 14 Nach Schluss der Parteianbringen schreitet das Amt zur Prüfung der ange -

tragenen Beweise und nimmt sie, soweit sie von Rechtsbedeutung erscheinen, entgegen. Es ist auch berechtigt, von Amtes wegen Beweisauf - nahmen und Expertisen anzuordnen.
Artikel 15
1 Die Beweiserhebung erfolgt möglichst formlos und unter Ausschluss der Parteien.
2 Die Beweise werden nach freiem richterlichem Ermessen gewürdigt.
Artikel 16 Der Vermittlungsvorschlag wird den Parteien mündlich eröffnet, oder wenn sie abwesend sind, schriftlich zugefertigt. Wenn ein Schriftenwechsel vorausgegangen ist, so ist der Vorschlag in der Regel schriftlich mitzuteilen.
Artikel 17 Wird der Vergleichsvorschlag innert 8 Tagen seit der Eröffnung von keiner Seite abgelehnt, so gilt er als angenommen.

Artikel 18 Sind die Streitparteien damit einverstanden, so urteilt das Einigungsamt als Schiedsgericht. Es werden hiebei die über das Verfahren vor dem Eini -

gungsamt aufgestellten Vorschriften beobachtet. Das Urteil des Schiedsge - richtes ist inappellabel und wie ein ordentliches Gerichtsurteil vollstreckbar.

Artikel 19 Diese Verordnung tritt am 1. April

1918 in Kraft.
4
Markierungen
Leseansicht