REGLEMENT über den Normalarbeitsvertrag für landwirtschaftliche Arbeitnehmer
REGLEMENT über den Normalarbeitsvertrag für landwirtschaftliche Arbeitnehmer 1 (vom 21. April 1998; Stand am 1. Mai 1998) Der Regierungsrat des Kantons Uri, gestützt auf Artikel 359 des Obligationenrechts 2 und Artikel 18 des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches 3 , beschliesst:
1. Abschnitt: Geltungsbereich, Wirkung, Pflichten
Artikel 1 Geltungsbereich
1 Dieser Normalarbeitsvertrag findet Anwendung auf alle im Kanton beste - henden Arbeitsverhältnisse zwischen Arbeitnehmern beiderlei Geschlechts (nachstehend Arbeitnehmer genannt), die ausschliesslich oder überwiegend in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder landwirtschaftlichen Haushalt beschäftigt sind, und ihren Arbeitgebern.
2 Der NAV gilt nicht:
a) für Landwirtschaftslehrverhältnisse, ;
b) für landwirtschaftliche Arbeitnehmer, die dem öffentlichen Recht des Bundes oder des Kantons oder einem besonderen NAV unterstellt sind.
Artikel 2 Wirkung
Die Bestimmungen dieses NAV gelten unmittelbar für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit zwischen den Parteien nicht schriftlich etwas anderes vereinbart wurde.
1 Fassung des Titels gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985. Danach wurden die mit grossen Buchstaben bezeichneten Zwischentitel als «Abschnitt» bezeich - net und mit arabischen Ziffern numeriert.
2 SR 220
3 RB 9.2111 1
Artikel 3 Allgemeine gegenseitige Pflichten
1 Der Arbeitgeber hat die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und auf dessen Gesundheit gebührend Rücksicht zu nehmen. In besonderem Masse hat er sich der jugendlichen Arbeitnehmer anzunehmen. Er hat die erforderlichen Schutzmassnahmen gegen Unfallgefahr vorzukehren (Artikel 328 OR 4 ).
2 Der Arbeitnehmer übt seine Tätigkeit sorgfältig aus. Er hat sich an die Hausordnung zu halten und ist nach Treu und Glauben zur Verschwiegen - heit verpflichtet (Artikel 321a OR 5 ).
3 Haftung des Arbeitnehmers (Artikel 321e OR 6 ): Der Arbeitnehmer ist für den Schaden verantwortlich, den er absichtlich oder fahrlässig dem Arbeitgeber zufügt. Bei unbedeutenden Schäden be - steht eine Ersatzpflicht nur im Wiederholungsfall. Das Mass der Sorgfalt, für die der Arbeitnehmer einzustehen hat, bestimmt sich auch sonst nach dem einzelnen Arbeitsverhältnis, unter Berücksichtigung des Berufsrisikos, des Bildungsgrades oder der Fachkenntnisse, die zu der Arbeit verlangt werden sowie der Fähigkeiten und Eigenschaften des Arbeitnehmers, die der Arbeit - geber gekannt hat oder hätte kennen müssen.
2. Abschnitt: Probezeit, Kündigung
Artikel 4 7 Probezeit
Die ersten vier Wochen nach Stellenantritt gelten als Probezeit.
Artikel 5 8 Kündigung
1 Während der Probezeit können beide Parteien das Arbeitsverhältnis auf das Ende des der Kündigung folgenden dritten Arbeitstages kündigen.
2 Nach der Probezeit kann das auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Arbeitsverhältnis auf Ende eines Monats gekündigt werden. Es gelten die folgenden Kündigungsfristen:
a) zwei Monate bis und mit fünftem Dienstjahr;
b) drei Monate vom sechsten Dienstjahr an.
4 SR 220
5 SR 220
6 SR 220
7 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
8 Fassung der Überschrift gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
2
3 Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Wohnung, so verliert der Arbeitnehmer mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch das Recht, die Wohnung zu benutzen.
3. Abschnitt: Zeit, Freizeit und Ferien 9
Artikel 6 Arbeitszeit
1 Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 55 Stunden in Betrieben mit Viehhal - tung und 50 Stunden in Betrieben ohne Viehhaltung 10 .
2 Der Arbeitnehmer hat bei Bedarf die ihm zumutbaren Überstunden zu leisten. Sie werden mit vermehrter Freizeit, längeren Ferien oder entspre - chend der Lohnzahlung mit 25 Prozent Lohnzuschlag kompensiert. 11
3 Der Arbeitgeber hat eine Kontrolle der Überstunden zu führen. Die Über - stunden sind am Ende jeden Monates abzurechnen und im Verlauf von drei Monaten zu kompensieren, sofern sie nicht mit Lohnzuschlag abgegolten werden. 12
4 Arbeitnehmern, die das 18. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben, ist eine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren. 13
Artikel 7 Freizeit
1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jede Woche eineinhalb Tage frei zu geben. In der Regel sollen mindestens zwei freie Tage im Monat auf einen Sonntag fallen 14 .
2 Die angemessene Freigabe der üblichen Zeit zur Erfüllung der religiösen Pflichten, zur Erledigung von Familienangelegenheiten, zur Teilnahme an Familienanlässen und dringenden persönlichen Anliegen wie Heirat, Aufsu - chen einer neuen Stelle usw. ist vorbehalten. Dabei ist auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen.
3 Der Besuch von Kursen und Vorträgen zur Aus- und Weiterbildung soll im Rahmen des möglichen vom Arbeitgeber gestattet und gefördert werden.
9 Fassung der Überschrift gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
10 Fassung der Überschrift gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
11 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
12 Eingefügt durch RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom 8. Mai 1998)
13 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
14 Fassung gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985 3
Der Besuch von solchen Veranstaltungen soll in der Regel nach der Arbeits - zeit erfolgen.
4 Für ganze freie Tage und Halbtage hat der Arbeitnehmer bei Ausfall der Verpflegung Anspruch auf Verpflegungsentschädigung gemäss den Ansätzen der AHV.
Artikel 8 Ferien
1 Der erwachsene Arbeitnehmer hat jährlich folgenden Anspruch auf bezahlte Ferien:
a) vier Wochen vom 1. Dienstjahr an;
b) fünf Wochen vom Kalenderjahr an, in dem der Arbeitnehmer das 50. Altersjahr und mindestens fünf Dienstjahre vollendet. 15
2 Jugendliche Arbeitnehmer bis und mit dem Kalenderjahr, in dem sie das
20. Altersjahr vollenden, haben Anspruch auf fünf Wochen Ferien im Jahr. 16
3 Der Arbeitnehmer hat während den Ferien Anspruch auf eine ange - messene Entschädigung für die ausfallende Verpflegung. Die Ansätze der AHV gelten als Richtlinien.
4 Der Zeitpunkt der Ferien wird frühzeitig im gegenseitigen Einvernehmen festgesetzt. Die Ferien werden in der Regel ganz oder in zwei Teilen, wovon mindestens zwei Wochen zusammenhängend sein müssen, im betreffenden Dienstjahr, spätestens aber im folgenden Dienstjahr, gewährt.
5 Für weitere Einzelheiten wird auf das Gesetz hingewiesen (Artikel 329a ff. OR
17 ).
4. Abschnitt: Lohn, Sozialabzüge
Artikel 9 Art und Höhe des Lohnes
1 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer den Lohn zu entrichten, der verab - redet oder üblich ist (Barlohn). Der Lohn soll dem Aufgabenbereich, dem Ausbildungsstand und den Fähigkeiten des Arbeitnehmers entsprechen.
2 Lebt der Arbeitnehmer in Hausgemeinschaft mit dem Arbeitgeber, so bildet der Unterhalt im Hause mit Unterkunft und Verpflegung einen Teil des Lohnes (Naturallohn).
15 Fassung gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
16 Fassung gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985. Danach wurden die nachfolgenden Absätze um je eine Ziffer verschoben.
17 SR 220
4
3 Die Familien- und Kinderzulagen dürfen bei der Festsetzung des Lohnes nicht berücksichtigt werden und sind ohne irgendwelche Abzüge auszu - richten.
4 Besteht der Lohn des Arbeitnehmers aus Bar- und Naturallohn und wird der Naturallohn entgegen der Abmachung nicht vollständig gewährt, so tritt an dessen Stelle eine entsprechende Barentschädigung.
5 Der Barlohn samt Zulagen ist spätestens am Ende jedes Monats auszu - zahlen.
6 Dem Arbeitnehmer ist auf Ende Monat eine schriftliche Lohnabrechnung mit dem Bruttolohn und den Abzügen sowie den nicht beanspruchten Natu - ralleistungen und den Überstundenentschädigungen auszuhändigen. 18
Artikel 10 Lohn bei Arbeitsverhinderung
1 Wird der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, jedoch ohne eigenes Verschulden, an der Arbeitsleistung verhindert, so hat ihm der Arbeitgeber den vollen Lohn, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, während folgender Dauer zu entrichten 19
a) im 1. und 2. Dienstjahr insgesamt einen Monat;
b) vom 3. bis 5. Dienstjahr an je zwei Monate;
c) vom 6. bis 10. Dienstjahr an je drei Monate;
d) vom 11. Dienstjahr an je vier Monate 20 .
2 Bei Ausübung eines öffentlichen Amtes hat der Arbeitnehmer Anspruch auf volle Lohnzahlung bis zu acht Tagen.
3 Hat das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert oder ist es für mehr als drei Monate eingegangen, so hat der Arbeitnehmer bei einer Mili - tärdienstleistung bis zu 22 Tagen Anspruch auf volle Lohnentschädigung. Die Erwerbsersatzentschädigung fällt in diesem Falle dem Arbeitgeber zu. 21
Artikel 11 Sozialabzüge
Die Beitragspflicht gegenüber der AHV, IV und EO richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften. Abrechnungspflichtig ist der Arbeitgeber. Er hat sich hiezu bei der Zweigstelle der kantonalen Ausgleichskasse seines
18 Eingefügt durch RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom 8. Mai 1998)
19 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
20 Fassung gemäss Regierungsratsbeschluss vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
21 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998) 5
Wohnortes oder gegebenenfalls bei seiner Verbandsausgleichskasse zu melden. Vom beitragspflichtigen Lohn (Bar- und Naturallohn gemäss Ansätzen der AHV) hat der Arbeitgeber die Arbeitgeber- und Arbeitnehmer - beiträge in der jeweils geltenden Höhe zu entrichten. Der Beitrag des Arbeit - nehmers ist diesem jeden Monat vom Lohn abzuziehen.
5. Abschnitt: Versicherungen 22
Artikel 12 23 Unfallversicherung
1 Die Unfallversicherung des Arbeitnehmers richtet sich nach den Bestim - mungen der Bundesgesetzgebung über die Unfallversicherung 24
2 Die Prämien für die Versicherung der Berufsunfälle und -krankheiten trägt der Arbeitgeber, jene für die Nichtberufsunfallversicherung der Arbeit - nehmer.
Artikel 13 25 Krankentaggeld
1 Der Arbeitgeber versichert den Arbeitnehmer gegen die Folgen des Erwerbsausfalls infolge Krankheit.
2 Zu versichern ist ein Krankentaggeld in der Höhe von 80 Prozent des vereinbarten Bar- und Naturallohnes ab 31. Krankheitstag für die Dauer von 720 Tagen.
3 Die Prämie der Krankentaggeldversicherung geht je zur Hälfte zulasten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers.
Artikel 14 Haftpflichtversicherung
Dem Arbeitgeber wird der Abschluss einer Haftpflichtversicherung empfohlen.
22 Fassung der Überschrift gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985
23 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998) Fassung gemäss Artikel 1 des Reglements über die Einführung der Bundes - gesetzgebung über die Unfallversicherung (RB 20.2216)
24 SR 832.20832.202
25 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
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Artikel 15 26 Anrechnung der Versicherungsleistungen
Die Leistungen der Unfall- und Krankenversicherung darf der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen gemäss Artikel 10 dieses NAV anrechnen.
Artikel 15a Berufliche Vorsorge
1 Der Arbeitgeber hat für den Arbeitnehmer eine berufliche Alters-, Hinter - lassenen- und Invalidenversicherung abzuschliessen. 27
2 Die Prämien gehen je zur Hälfte zulasten des Arbeitgebers und des Arbeit - nehmers. 28
3 Die Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung bleiben vorbehalten. 29
6. Abschnitt: Abgangsentschädigung, Zeugnis
Artikel 16 30 Abgangsentschädigung
Untersteht ein wenigstens fünfzig Jahre alter Arbeitnehmer nicht der obliga - torischen beruflichen Vorsorge und hat er auch keinen Anspruch auf eine gleichwertige zusätzliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversiche - rung, so ist ihm folgende Abgangsentschädigung auszurichten:
a) im 20. bis 25. Dienstjahr 2 Monatslöhne
b) im 26. bis 30. Dienstjahr 3 Monatslöhne
c) im 31. bis 35. Dienstjahr 4 Monatslöhne
d) im 36. bis 40. Dienstjahr 5 Monatslöhne
e) vom 41. Dienstjahr an 6 Monatslöhne
26 Fassung gemäss Artikel 1 des Reglements über die Einführung der Bundesgesetzge - bung über die Unfallversicherung (RB 20.2216)
27 Fassung gemäss RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom
8. Mai 1998)
28 Eingefügt durch RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom 8. Mai 1998)
29 Eingefügt durch RRB vom 21. April 1998, in Kraft seit 1. Mai 1998 (AB vom 8. Mai 1998)
30 Fassung gemäss RRB vom 8. Juli 1985, in Kraft seit 1. August 1985 7
Artikel 17 Zeugnis
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer jederzeit auf Verlangen ein Zeugnis auszustellen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses, auf Wunsch auch über Leistung und Verhalten ausspricht.
7. Abschnitt: Schlussbestimmungen
Artikel 18 Vorbehalt des Gesetzes
Die zwingenden und ergänzenden Vorschriften des Obligationenrechts sowie die Vorschriften des öffentlichen Rechts bleiben vorbehalten.
Artikel 19 Streitigkeiten aus dem NAV
Die Zuständigkeit zum Entscheid privatrechtlicher Streitigkeiten aus dem NAV richtet sich nach den einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessord - nung 31 betreffend Arbeitsvertrag.
Artikel 20 Aushändigung eines NAV
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer bei Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Exemplar dieses Normalarbeitsvertrages zu übergeben.
Artikel 21 Schriftenkontrolle
Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben die geltenden Vorschriften über die Schriftenabgabe und der Einwohnerkontrolle zu befolgen.
Artikel 22 Inkrafttreten
1 Der NAV tritt mit der Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Uri in Kraft 32 .
2 Der Normalarbeitsvertrag für Betriebs- und Hausangestellte in der Land - wirtschaft vom 12. Dezember 1955 wird aufgehoben. Im Namen des Regierungsrates Der Landammann: Josef Brücker Der Kanzleidirektor: Dr. Hans Muheim
31 SR 272
32 AB vom 11. Oktober 1973
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