GESETZ über den Ausstand
GESETZ über den Ausstand (Ausstandsgesetz; AuG) (vom 25. September 1977 1 ; Stand am 1. Januar 2021) Das Volk des Kantons Uri, gestützt auf Artikel 24 Buchstabe b der Verfassung des Kantons Uri 2 3 beschliesst: A. Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1 Geltungsbereich
1 Das Gesetz gilt für die Mitglieder des Landrates, der vollziehenden und richterlichen Behörden des Kantons und der Gemeinden samt ihren Kommissionen sowie für die Organe selbständiger öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten. Es gilt auch für voll- und nebenamtliche Beamte und Funktionäre des Kantons und der Gemeinden.
2 Vorbehalten bleiben besondere Vorschriften in Rechtspflegeerlassen.
Artikel 2 Zweck
Ziel dieses Gesetzes ist es sicherzustellen, dass Behördenmitglieder, Amts - inhaber, Funktionäre und Organe, befreit von sachfremden und eigennüt - zigen Überlegungen und Einflüssen, ihre Entscheidungen und Beschlüsse fassen.
Artikel 3 4 Umfang der Ausstandspflicht
1 Die Ausstandspflicht bezieht sich auf die Mitwirkung, die Vorbereitung, die Beratung und die Beschlussfassung. Die Korporationen bezeichnen dieje -
1 AB vom 25. August 1977
2 RB 1.1101
3 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
4 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020). 1
nigen Funktionen in einem Reglement, bei denen sich der Ausstand in Fällen der Verwandtschaft und Schwägerschaft auf die Beratung und die Beschlussfassung beschränkt.
2 Bei nicht öffentlichen Verhandlungen und Gerichtsverhandlungen hat die ausstandspflichtige Person den Verhandlungsraum zu verlassen. In den übrigen Fällen trifft die Verfahrensleitung Vorkehren, dass Beratung und Beschlussfassung unbeeinflusst durchgeführt werden können. Nötigenfalls kann sie die ausstandspflichtige Person anweisen, den Verhandlungsraum zu verlassen.
Artikel 4 5 Anzeigepflicht
Jede ausstandspflichtige Person hat ihr bekannte Ausstandsgründe vor Behandlung des betreffenden Geschäfts von sich aus zu beachten oder im Zweifelsfalle der zuständigen Behörde bzw. der Verfahrensleitung zur Kenntnis zu bringen.
Artikel 4a 6 Ausstandsgesuch
1 Wer den Ausstand einer Person verlangen will, hat der zuständigen Behörde ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie oder er vom Ausstandsgrund Kenntnis hat.
2 Das Gesuch ist an die zuständige Behörde bzw. an die Verfahrensleitung zu richten. Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.
3 Die betroffene Person nimmt zum Gesuch Stellung.
Artikel 5 7 Ausstandsstreitigkeiten
1 Ist der Ausstand streitig, so entscheidet darüber:
a) der Landrat bzw. die betroffene landrätliche Kommission, wenn ein Mitglied des Landrats oder die Sekretärin oder der Sekretär dieser Behörde betroffen ist. Dieser Entscheid ist endgültig;
b) die Kollegialbehörde, wenn ein Mitglied einer Kollegialbehörde oder die Sekretärin oder der Sekretär dieser Behörde betroffen ist;
5 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
6 Eingefügt durch VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
7 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
2
c) die Aufsichtskommission, wenn eine Einzelrichterin oder ein Einzelrichter oder die Sekretärin oder der Sekretär dieser Behörde betroffen ist;
d) die hierarchisch vorgesetzte Person bzw. Dienststelle, wenn eine ange - stellte Person betroffen ist;
e) die Beschwerdeinstanz, wenn das gesamte Kollegium betroffen ist.
2 Der Entscheid der Kollegialbehörde erfolgt unter Ausschluss desjenigen Mitglieds, dessen Ausstand streitig ist.
3 Der Entscheid wird mündlich eröffnet und auf Verlangen schriftlich begründet.
4 Bis zum mündlich eröffneten Entscheid übt die betroffene Person ihr Amt weiter aus. B. Besondere Bestimmungen
Artikel 6 Rechtsetzung
Bei der Beratung und Verabschiedung von Rechtserlassen besteht keine Ausstandspflicht.
Artikel 7 8 I. Allgemeine Ausstandsgründe
a) generell
1 Eine Person, auf die dieses Gesetz Anwendung findet, ist ausstands - pflichtig, wenn sie:
a) in der Sache ein persönliches Interesse hat;
b) in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, als Vertretung der betroffenen Person, als Sachverständige oder Sachver - ständiger, als Zeugin oder Zeuge, in der gleichen Sache tätig war;
c) mit der betroffenen Person, ihrer Vertretung oder einer Person, die als Mitglied einer Behörde in der gleichen Sache tätig war, durch Ehe, Verlo - bung, eingetragene Partnerschaft oder faktische Lebensgemeinschaft verbunden ist;
d) mit der betroffenen Person in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem dritten Grad verwandt oder verschwägert ist;
e) mit der Vertretung der betroffenen Person oder einer Person, die in der gleichen Sache als Mitglied der Vorinstanz tätig war, in gerader Linie oder in der Seitenlinie bis und mit dem zweiten Grad verwandt oder verschwägert ist;
8 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020). 3
f) aus anderen Gründen befangen sein könnte, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft oder wegen Bestehens eines besonderen Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnisses.
2 Die Mitwirkung in einem früheren Verfahren derselben Behörde bildet für sich allein keinen Ausstandsgrund.
3 Die Ausstandspflicht gilt nicht bei der Stimmabgabe für Wahlen.
Artikel 8 b) Vertretung juristischer Personen
1 Ist die Angelegenheit einer juristischen Person Verhandlungsgegenstand, so befinden sich diejenigen Mitglieder im Ausstand, die der Verwaltung, der Direktion, der Kontrollstelle oder dem Vorstand dieser juristischen Person angehören oder mit solchen Personen im Sinne von Artikel 7 Buchstabe c, d und e verbunden sind. 9
2 Diese Bestimmung findet sinngemäss auch Anwendung bei der Behand - lung von Eingaben von Gemeinden und Korporationen, wenn es sich nicht um Geschäfte handelt, die unmittelbar zur Erfüllung öffentlicher oder gemeinnütziger Aufgaben dienen.
3 Delegierte und Interessenvertreter der in Artikel 1 genannten Gemein - wesen bzw. Körperschaften und Anstalten sind für Geschäfte ihres Delegati - onsbereiches jedoch nicht ausstandspflichtig.
Artikel 9 II. Besondere Ausstandsgründe
a) bei vollziehenden Behörden
1 Bei Entscheidung von Beschwerden gegen Verfügungen und Erlasse untergeordneter Behörden, Direktionen, Kommissionen oder Amtsstellen haben die Mitglieder der Beschwerdeinstanz, die den untergeordneten Behörden oder Amtsstellen angehören oder angehörten und in der betref - fenden Sache handelten, in den Ausstand zu treten. Das rechtliche Gehör ist ihnen in gleicher Weise zu gewähren wie dem Beschwerdeführer.
2 Das gleiche gilt bei Beschwerden über die Amtsführung von untergeord - neten Behörden, Direktionen, Kommissionen und Amtsstellen oder von einzelnen Mitgliedern.
9 Fassung gemäss VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
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Artikel 10 10 b) bei richterlichen Behörden
Mitglieder richterlicher Behörden dürfen ihr Amt nicht ausüben in einer Angelegenheit, in der sie schon in anderer amtlicher Stellung, namentlich als Mitglied einer vollziehenden Behörde oder einer unteren Instanz, gehan - delt haben.
Artikel 10a 11 Folgen der Verletzung der Ausstandsvorschriften
1 Amtshandlungen, an denen eine zum Ausstand verpflichtete Person mitgewirkt hat, sind aufzuheben, sofern dies eine am Verfahren beteiligte Person innert fünf Tagen verlangt, nachdem sie vom Ausstandsgrund Kenntnis erhalten hat.
2 Nicht wiederholbare Beweismassnahmen dürfen von der entscheidenden Instanz berücksichtigt werden.
3 Wird der Ausstandsgrund erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt, so gelten die Bestimmungen über die Revision.
Artikel 10b 12 Übergangsbestimmung zur Änderung vom
27. September 2020 Die bei Inkrafttreten dieser Änderung hängigen Verhandlungen, Beratungen und Verfahren richten sich nach neuem Recht. C. Schluss- und Übergangsbestimmungen
Artikel 11 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit der Annahme durch das Volk in Kraft.
Artikel 12 Übergangsrecht
Hängige Verhandlungen, Beratungen und Verfahren richten sich nach diesem Gesetz, sobald es rechtskräftig ist.
10 Fassung gemäss VA vom 17. Mai 1992, in Kraft gesetzt auf den 1. Juni 1995 (AB vom
16. April 1992).
11 Eingefügt durch VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020).
12 Eingefügt durch VA vom 27. September 2020, in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 2021 (AB vom 29. Mai 2020). 5
Artikel 13 Altes Recht
Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes sind alle damit im Widerspruch stehenden Vorschriften aufgehoben, insbesondere:
a) das Gesetz betreffend den Ausstand in den Behörden vom 4. Mai 1890;
b)
Artikel 21 des Gesetzes über die Urner Kantonalbank vom 19. Mai
1968;
c)
Artikel 7 Absatz 2 des Gesetzes über den Erwerb des Landrechtes des
Kantons Uri vom 5. Mai 1935;
d)
Artikel 25 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetz -
buch.
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