Vollzugsbeschluss zum Gesetz über die Gerichtsbehörden (173.10)
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Vollzugsbeschluss zum Gesetz über die Gerichtsbehörden

Vollzugsbeschluss zum Gesetz über die Gerichtsbehörden vom 28.05.1980 (Stand 01.05.1996) Der Grosse Rat des Kantons Wallis nach Einsicht in Artikel 26 des Gesetzes über die Gerichtsbehörden vom
13. Mai 1960; nach Einsicht in die Botschaft des Staatsrates; und auf dessen Antrag, beschliesst:
1 Magistraten und Beamte der richterlichen Gewalt
1.1 Unabhängigkeit

Art. 1 Grundsatz

1 Im Rahmen seiner richterlichen Befugnisse ist jeder Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

Art. 2 Ausserberufliche Tätigkeit

1 Die Kantons-, Instruktions- und Jugendrichter, die Staatsanwälte und Ge - richtsschreiber haben ihre ganze Arbeitszeit ihrem Amt zu widmen.
2 Sie dürfen keine ausserberufliche Tätigkeit noch eine Nebenbeschäftigung ausüben, die sich nachteilig auf die Erfüllung ihrer Amtspflicht auswirken, ihrer amtlichen Stellung oder ihrer Unabhängigkeit abträglich sind.
3 Sie haben weder schriftliche noch mündliche Rechtsberatungen zu ertei - len, die vor die Gerichte gebracht werden können. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
1.2 Richter
Art. 3
1 Freigewordene Stellen werden für den Rest der Legislaturperiode beför - derlich wiederbesetzt.
2 In Ausnahmefällen können die jährlichen Ferien teilweise ausserhalb der Gerichtsferien genommen werden, sofern die Arbeit im Gericht darunter nicht leidet und der Präsident des Kantonsgerichtes zugestimmt hat.
3 Ausserdem kann das Kantonsgericht auf begründetes Gesuch Urlaub er - teilen.
1.3 Gerichtsschreiber

Art. 4 Aufgabe

1 Die Gerichtsschreiber fassen Urteile, Beschlüsse oder Verfügungen des Richters oder Gerichtes ab und erfüllen alle weiteren vom Gesetz vorgese - henen rechtlichen Aufgaben; sie können zur Mitarbeit bei der Berichterstat - tung zuhanden des Gerichtes sowie zur Erstellung der Akten herbeigezo - gen werden.
2 Den Gerichtsschreibern obliegt die Erledigung jeder administrativen Auf - gabe, die ihnen ihr Pflichtenheft oder ein Reglement des Kantonsgerichts überträgt, nementlich: a) die Führung der Prozessregister und der Buchhaltung; b) die laufende Behandlung der Akten; c) die Betreuung von Archiv und Bibliothek; d) die Organisation der Kanzleiarbeit und die Beschaffung von Büro- und Betriebsmaterial.

Art. 5 Stellung

1 Unter Vorbehalt anderslautender Bestimmungen der Gesetzgebung über das Gerichtswesen unterstehen die Gerichtsschreiber den Bestimmungen betreffend das Dienstverhältnis der Beamten, Angestellten und Arbeiter des Staates, die sinngemäss anwendbar sind.
2 Für Ferien und Urlaub der Gerichtsschreiber gelten Artikel 3 Absätze 2 und 3 des vorliegenden Dekretes. Die Dauer der Ferien ist jedoch jene für die Dienstchefs der kantonalen Verwaltung; die Wahl der Zeit ist mit der Zu - stimmung des betroffenen Richters oder Gerichtes zu treffen.

Art. 6 Zahl und Ernennung

1 Das Kantonsgericht bestimmt die Zahl der Gerichtsschreiber im Rahmen des Budgets.
2 Es schreibt freigewordene Stellen zur öffentlichen Bewerbung aus.
3

Artikel 3 Absatz 1 des vorliegenden Dekretes ist auf die Gerichtsschreiber anwendbar.

4 Die Annahme von Rechtspraktikanten in den Gerichten bedarf der Bewilli - gung des Präsidenten des Kantonsgerichts.
1.4 Personal

Art. 7 Kanzlei

1 Jedes Gericht hat eine Kanzlei. Die Anforderungen ans Personal und des - sen Zahl bestimmt das Kantonsgericht im Rahmen des Budgets.
2 Die Instruktionsrichter, oder wo mehrere sind, der Doyen, unterbreiten dem Kantonsgericht rechtzeitig die Vorschläge für Anzahl, Anforderungen und Organigramm, sowie den Wortlauf jeder Ausschreibung für das Perso - nals ihres Gerichts.

Art. 8 Weibel

1 Wird ein Weibel ein oder mehrere Gerichte hauptamtlich angestellt, dann untersteht er den gleichen Bestimmungen wie das Kanzleipersonal.
1.5 Bekanntmachung der Ernennungen
Art. 9
1 Die Ernennung von Richtern, Gerichtsschreibern und Weibeln wird im Amtsblatt veröffentlicht.
2 Gerichte
2.1 Instruktionsrichter

Art. 10 Ort und Zeit der Sitzungen

1 Die Instruktionsrichter halten auf dem Kantonsgebiet am Ort ihrer Wahl so oft Sitzung, wie es ihre Arbeit verlangt. Sie nehmen dabei Rücksicht auf die Bedürfnisse jedes Handels und auf das Interesse der Parteien.

Art. 11 Bezirksgerichte mit mehreren Richtern

1 Wo ein Bezirksgericht mehrere Instruktionsrichter zählt, bezeichnet das Kantonsgericht den Doyen.
2 Der Doyen hat die administrative Leitung des Gerichts und die Aufsicht über das Kanzleipersonal. Er sorgt für die gleichmässige Aufteilung der Arbeit unter den Richtern. Der Richter, der die Untersuchung eröffnet oder die erste gerichtliche Vorkehrung trifft, führt den Fall in der Regel zu Ende weiter. Die Parteien oder ihre Vertreter werden davon in Kenntnis gesetzt und haben sich inskünftig unmittelbar an den bezeichneten Richter zu wen - den.
3 Der Richter, dem ein Handel vom Doyen zugewiesen wird, führt ihn zu Ende.
4 Jeder Richter hat einen Gerichtsschreiber. Ist dieser verhindert oder im Ausstand, so wird er durch einen andern Gerichtsschreiber des Gerichts ersetzt.

Art. 12 Ernennung

1 Das Kantonsgericht gibt im Amtsblatt die Frist bekannt, in der die Stelle ei - nes Instruktionsrichters neu besetzt werden soll und verknüpft damit die Mitteilung, dass sich Anwärter melden können.
2.2 Kreisgerichte
Art. 13
1 Das Kreisgericht hält die Schlussverhandlungen am Sitz des Bezirksge - richtes, in dem der Handel hängig ist. Es kann anderswo tagen, wenn der Handel oder das Interesse der Parteien es verlangen.
2 Der Präsident setzt im Einvernehmen mit den andern Mitgliedern des Ge - richts und mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft einen Sessionstag an, sobald die Zahl seiner spruchreifen Händel dafür ausreicht.
2.3 Jugendgericht
Art. 14
1 Der Doyen der Jugendrichter hat Rechte und Pflichten gemäss Artikel 11 Absätze 2 und 3 des vorliegenden Dekretes.
2
Artikel 12 ist auf die Jugendrichter und ihre Beisitzer ebenfalls anwendbar.
2.4 Kantonsgericht

Art. 15 Sitzung des Gesamtgerichts

1 a) die Ernennungen; b) Angelegenheiten betreffend Organisation und Verwaltung der Gerich - te; c) die Verabschiedung von Verordnungen, Reglementen und Kreis - schreiben an die unteren Gerichtsbehörden; d) die Beratung über die Inspektionsberichte und den Entwurf zum jährli -

Art. 16 Abteilungen und Delegationen

1 Sofort nach der Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten bestellt das Kantonsgericht jährlich namentlich folgende Abteilungen und Delegatio - nen: a) das Gesamtgericht mit fünf Richtern in Zivil-, Straf- und Zwangsvoll - streckungssachen; b) zwei Dreierkammern mit ihren Präsidenten in Zivil-, Straf- und Zwangsvollstreckungssachen; c) das kantonale Versicherungsgericht und seinen Präsidenten; d) die dreiköpfige Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, sowie ihren Präsidenten und zwei Stellvertreter; e) die Strafkammer und ihren Präsidenten; f) die Schiedgerichtskammer und ihren Präsidenten; g) die Abteilung für die Lebensmittelstraffälle, sowie ihren Präsidenten; h) einen Richter für jede Landessprache als Delegierten für die Instrukti - on von Händeln um geistiges Eigentum.
2 Jeder Richter kann verhalten werden, in einer andern Abteilung mitzuwir - ken als jener, der er angehört.
3 Die für die Instruktion delegierten Richter geniessen die gleichen Rechte und Befugnisse wie der Instruktionsrichter in Zivil- und Strafsachen.
3.1 Landessprachen des Kantons
Art. 17
1 Schriftliche Eingaben und mündliche Vorträge der Parteien oder ihrer Ver - treter können in einer der beiden Landessprachen erfolgen; vor dem Gemeinderichter und vor den Polizeigerichten hingegen gilt grundsätzlich die Sprache am Amtssitz.
2 Bezirks- und Kreisgerichte fassen ihre Akten, Beschlüsse oder Urteile in der Sprache des Amtssitzes ab. Das gleiche gilt grundsätzlich, für die Ju - gendrichter.
3 Das Kantonsgericht erlässt Gerichtsakten, Beschlüsse und Urteile grund - sätzlich in der Sprache des instruierenden Gerichts.
4 Von diesem Grundsatz darf abgegangen werden, wenn es die Umstände rechtfertigen, namentlich zur besseren Wahrung des rechtlichen Gehörs ei - ner Partei. Stehen der Staat oder von ihm abhängige Anstalten oder Kör - perschaften als Partei einem Privaten gegenüber, so überwiegt die Rück - sicht auf dessen Sprache.
3.2 Mitteilung von Gerichtsakten
Art. 18
1 Magistraten und Beamte der richterlichen Gewalt sind ans Amtsgeheimnis gebunden wie das Gesetz es vorsieht.
2 Wo das Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt, können Ge - richtsakten interessierten Dritten nur mit dem schriftlichen Einverständnis jeder Partei mitgeteilt werden. Bei Einspruch einer Partei entscheidet der Richter oder der Präsident des Gerichts, vor dem der Handel hängig ist, im summarischen schriftlichen Verfahren.
3 Auszüge aus Entscheiden oder Urteilen sind gegenüber Dritten gestattet, die ein wissenschaftlichen Interesse daran nachweisen, wenn Stellen abge - deckt sind, die auf die Identität der Parteien schliessen lassen.
3.3 Aufsichtsgewalt

Art. 19 Oberaufsicht

1 Durch den Staatsrat richtet das Kantonsgericht an den Grossen Rat einen jährlichen Rechenschaftsbericht über die Ausübung der Rechtspflege, na - mentlich über: a) die Veränderung in der Besetzung der Gerichte; b) die Tätigkeit der Gerichte anhand der üblichen Statistik; c) die Ausübung der Disziplinargewalt; d) das Ergebnis seiner Inspektionen; e) Vorschläge zur Verbesserung der Gesetzgebung betreffend das Ge - richtswesen.

Art. 20 Amtsaufsicht

1 Das Kantonsgericht übt seine Aufsicht über die untern Gerichtsbehörden aus: a) aufgrund der laufend eingehenden Akten; b) aufgrund der jährlichen Inspektionen; c) aufgrund der Inspektionen und Kontrollen, welche die Umstände im Einzelfall nötig machen.
2 Das Kantonsgericht kann seiner Aufsichtspflicht nachkommen: a) indem es besondere oder allgemeine Weisungen erteilt; b) indem es angemessene Massnahmen und Sanktionen gegen fehlba - re Magistraten und Beamte trifft; c) indem es für gängige Gerichtsakten den einheitlichen Gebrauch von Formularen und Material vorschreibt; d) indem es über die Zahl der behandelten und erledigten Fälle periodi - sche Berichte verlangt.
3.4 Finanzverwaltung
Art. 21
1 Im Rahmen der Autonomie, die Artikel 19 des Gesetzes gewährleistet, ob - liegt dem Kantonsgericht: a) der Budget-Entwurf für die Justizverwaltung, sowie ein kurzer Bericht über die bewilligten Kredite; b) der Vollzug der Vorschriften des Finanzhaushaltgesetzes in bezug auf die Aktiven und Passiven, die Einnahmen und Ausgaben der Gerichte; c) der Erlass eines Reglementes über die Buchhaltung der Gerichte, die Zahlungen, die Inventare und internen Kontrollen, wobei das Finanz - inspektorat mitzuwirken hat.
2 Der Einzug unbezahlter Gerichtskosten obliegt der zuständigen Dienst - stelle des Finanzdepartements; die Gerichtsschreiber übermitteln dieser dreimonatlich ihre Abrechnungen mit allen notwendigen Unterlagen und Be - stätigungen.
3 Durch die Staatskasse auf Anweisung des Präsidenten des Kantonsge - richtes erfolgen die Zahlungen, die nicht betreffen: * a) * direkt hängige Verfahren vor den Gerichten;
b) * die Regelung der Kosten, Prozesskosten und Honorare für Rechtsbei - stand oder amtliche Verteidigung.
3.5 Verschiedene Bestimmungen

Art. 22 Kleidung

1 Zu den Schlussverhandlungen vor dem Kantonsgericht und den Kreisge - richten erscheinen die Richter, Gerichtsschreiber und Anwälte in dunkler Kleidung.
2 Für alle anderen Sitzungen ist Strassenanzug vorgeschrieben.
3 Richter, Gerichtsschreiber und Anwälte können die Robe tragen.

Art. 23 Information und Massenmedien

1 Das Kantonsgericht kann in einem Reglement Vorschriften erlassen: a) über die Bedingungen und Auflagen der befristeten Zulassung von Journalisten bei den Gerichten; b) über die Beziehungen zwischen Gerichten und Massenmedien.

Art. 24 Vertiefung der Kenntnis des kantonalen Rechts

1 Der Staat erleichtert den Zugang zur Rechtsprechung der kantonalen Ge - richts- und Verwaltungsbehörden; zu diesem Zweck spricht er einen jährli - chen Beitrag zugunsten einer selbständigen Einrichtung, die von einer pari - tätischen Kommission verwaltet wird und eine juristische Zeitschrift veröf - fentlicht.
2 Die Rechnung dieser Einrichtung untersteht den internen Kontrollen ge - mäss Artikel 21 Absatz 1 sowie der Aufsicht der Finanzinspektorates.

Art. 24a * Vorbehalt des Subventionsgesetzes

1 Die Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 13. November 1995 sind auf alle in diesem Erlass vorgesehenen Subventionen unmittelbar und vollumfänglich anwendbar. Die Bestimmungen des vorliegenden Erlasses bleiben nur insoweit anwendbar, als sie den Bestimmungen des Subventi - onsgesetzes nicht entgegenstehen.

Art. 25 Anwälte

1 Richter und Gerichtsschreiber erleichtern den Anwälten als an der Rechts - pflege beteiligten Personen die Arbeit zugunsten ihrer Klienten im gesetz - lich erlaubten Mass.
2 Grobe Verstösse von Anwälten gegen ihre Berufspflichten werden von den Gerichtsbehörden der Aufsichtskammer angezeigt.

Art. 26 Verordnungsgewalt

1 Das Kantonsgericht erlässt ein Reglement, das Bestimmungen enthält na - mentlich: a) über die in diesem Dekret dem Reglement vorbehaltenen Einzelhei - ten; b) über die interne Organisation des Kantonsgerichts; c) über die einheitliche Anwendung der Bestimmungen betreffend das Gerichtswesen und die Rechtspflege.
2 - den durch Kreisschreiben Weisungen erteilen.
4 Schluss- und Übergangsbestimmungen

Art. 27 Aufgehobenes Recht

1 Alle dem vorstehenden Beschluss widersprechenden gesetzlichen Be - stimmungen sind aufgehoben, insbesondere das Ausführungsdekret vom 1. Februar 1961 zum Gesetz über die Gerichtsorganisation vom 13. Mai
1960.
2 Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen betreffend das kanto - nale Verwaltungsgericht.

Art. 28 Inkrafttreten

1 Der vorliegende Beschluss tritt sofort in Kraft.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
28.05.1980 11.07.1980 Erlass Erstfassung RO/AGS 1980 f 99 | d
105
09.05.1989 01.09.1989 Art. 21 Abs. 3 geändert RO/AGS 1989 f 47 | d
45
09.05.1989 01.09.1989 Art. 21 Abs. 3, a) eingefügt RO/AGS 1989 f 47 | d
45
09.05.1989 01.09.1989 Art. 21 Abs. 3, b) eingefügt RO/AGS 1989 f 47 | d
45
13.11.1995 01.05.1996 Art. 24a eingefügt BO/Abl. 3/1996
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 28.05.1980 11.07.1980 Erstfassung RO/AGS 1980 f 99 | d
105

Art. 21 Abs. 3 09.05.1989 01.09.1989 geändert RO/AGS 1989 f 47 | d

45

Art. 21 Abs. 3, a) 09.05.1989 01.09.1989 eingefügt RO/AGS 1989 f 47 | d

45

Art. 21 Abs. 3, b) 09.05.1989 01.09.1989 eingefügt RO/AGS 1989 f 47 | d

45

Art. 24a 13.11.1995 01.05.1996 eingefügt BO/Abl. 3/1996

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