Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (800.9)
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Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin

Interkantonale Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin 1 ) (IVHSM) vom 14.03.2008 (Stand 01.01.2009)
1 Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Zweck

1 Die Kantone vereinbaren im Interesse einer bedarfsgerechten, qualitativ hochstehenden und wirtschaftlich erbrachten medizinischen Versorgung die Sicherstellung der Koordination der Konzentration der hochspezialisierten Medizin. Diese umfasst diejenigen medizinischen Bereiche und Leistungen, die durch ihre Seltenheit, durch ihr hohes Innovationspotenzial, durch einen hohen personellen oder technischen Aufwand oder durch komplexe Be - handlungsverfahren gekennzeichnet sind. Für die Zuordnung müssen min - destens drei der genannten Kriterien erfüllt sein, wobei immer aber das der Seltenheit vorliegen muss.
2 Zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Zwecks und in Erfüllung der eischlägigen Vorgaben des Bundes vereinbaren die Kantone die gemeinsa - me Planung und Zuteilung der hochspezialisierten Medizin.

Art. 2 Vollzug der Vereinbarung

1 Die Mitglieder der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren aus den Vereinbarungskantonen wählen ein Beschlussor - gan (HSM-Beschlussorgan), dem der Vollzug der Vereinbarung obliegt. Dieses setzt ein Fachorgan sowie ein Projektsekretariat ein.
1) Beitritt des Kantons Wallis am 08.10.2008. Inkrafttreten am 01.01.2009. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
2 Die Organisation der interkantonalen Planung

Art. 3 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSM-Beschluss -

organs
1 Das Beschlussorgan setzt sich aus folgenden Mitgliedern der GDK- Plenarversammlung zusammen:
1. den fünf Mitgliedern der Vereinbarungskantone mit Universitätsspital Zürich, Bern, Basel-Stadt, Waadt und Genf;
2. fünf Mitglieder aus den anderen Vereinbarungskantonen, wovon min - destens zwei Mitglieder Vereinbarungskantone mit einem grossen Zentrumsspital, das interkantonale Leistungsaufgaben wahrnimmt, vertreten. Zudem können das Bundesamt für Gesundheit, die Schweizerische Univer - sitätskonferenz und santésuisse je eine Person mit beratender Stimme in das Beschlussorgan delegieren.
2 Die Mitglieder einschliesslich des Präsidiums werden von den GDK-Mit - gliedern der Vereinbarungskantone für eine Dauer von zwei Jahren gewählt. Eine Wiederwahl ist möglich. Die Stellvertretung richtet sich nach den Bestimmungen in den Statuten der GDK über die Stellvertretung an Plenarversammlungen.
3 Das Beschlussorgan bestimmt die Bereiche der hochspezialisierten Medi - zin, die einer schweizweiten Konzentration bedürfen, und trifft die Pla - nungs- und Zuteilungsentscheide.
4 Hierzu erstellt es eine Liste der Bereiche der hochspezialisierten Medizin und der mit der Erbringung der definierten Leistungen beauftragten Zentren. Die Liste wird periodisch überprüft. Sie gilt als gemeinsame Spital - liste der Vereinbarungskantone gemäss Artikel 39 KVG. Die Zuteilungsent - scheide werden befristet.
5 Die Entscheide des Beschlussorgans basieren auf Anträgen des Fachor - gans. Das Beschlussorgan beachtet die Kriterien gemäss Artikel 4 Absatz
4. Seine Beschlüsse gemäss Artikel 3 Absatz 3 und 4 bedürfen der vorgän - gigen Stellungnahme des Fachorgans.
6 Das Beschlussorgan kann dem Fachorgan Aufträge erteilen.
7 Die Mitglieder streben eine einvernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, erfordert ein Beschluss die Zustimmung von mindestens vier Mitgliedern aus Vereinbarungskantonen mit Universitätss - pital und von vier Mitgliedern der anderen Vereinbarungskantone.

Art. 4 Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben des HSM-Fachorgans

1 Das HSM-Fachorgan besteht aus höchstens 15 unabhängigen Experten, bei deren Bestellung mehrere geeignete Bewerber aus dem Ausland zu be - rücksichtigen sind. Das Beschlussorgan bestimmt die Anforderungen an die Experten und legt das Auswahlverfahren fest. Die Mitglieder legen ihre In - teressen in einem Interessenbindungsregister offen.
2 Die Wahl der Experten einschliesslich des Präsidiums erfolgt ad personam durch das HSM-Beschlussorgan für eine Dauer von zwei Jahren. Eine Wie - derwahl ist möglich.
3 Das HSM-Fachorgan hat folgende Aufgaben:
1. es beobachtet neue Entwicklungen;
2. es stellt und überprüft Anträge auf Aufnahme und Streichung aus dem HSM-Bereich;
3. es legt die Voraussetzungen fest, welche zur Ausführung einer Dienstleistung bzw. eines Dienstleistungsbereiches erfüllt werden müssen bezüglich Fallzahl, personellen und strukturellen Ressourcen und an unterstützenden Disziplinen;
4. es bereitet die Entscheidungen des Beschlussorgans vor; dazu gehö - ren insbesondere die Vorbereitungsarbeiten der Zuteilung gemäss den oben beschriebenen Voraussetzungen sowie die Prüfung der Lö - sungsvorschläge;
5. es stellt dem Beschlussorgan die entsprechenden Anträge und be - gründet diese fachbezogen und wissenschaftlich;
6. es erstattet dem Beschlussorgan jährlich Bericht über den Stand sei - ner Arbeiten.
4 Das HSM-Fachorgan berücksichtigt bei der Erfüllung seiner in Absatz 3 genannten Aufgaben folgende Kriterien:
1. Für die Aufnahme in die Liste der HSM-Bereiche: a) Wirksamkeit; b) Nutzen; c) Technologisch-ökonomische Lebensdauer; d) Kosten der Leistung.
2. Für den Zuteilungsentscheid: a) Qualität; b) Verfügbarkeit hochqualifizierten Personals und Teambildung; c) Verfügbarkeit der unterstützenden Disziplinen;
d) Wirtschaftlichkeit; e) Weiterentwicklungspotenzial.
3. Für den Entscheid über die Aufnahme in die Liste der HSM-Bereiche und die Zuteilung: a) Relevanz des Bezugs zu Forschung und Lehre; b) Internationale Konkurrenzfähigkeit.
5 Die Experten streben eine einvernehmliche Entscheidfindung an. Kann diese nicht erreicht werden, werden Beschlüsse mit dem einfachen Mehr der anwe-senden Mitglieder gefasst, wobei mindestens zwei Drittel der Mit - glieder anwesend sein müssen. Das Beschlussorgan erlässt die Ausstands - regeln.

Art. 5 Wahl und Aufgaben des HSM-Projektsekretariats

1 Das HSM-Projektsekretariat wird vom Beschlussorgan eingesetzt.
2 Es unterstützt organisatorisch und technisch die im Zusammenhang mit der Planung der hoch spezialisierten Medizin erfolgenden Arbeiten des Be - schluss- und des Fachorgans und koordiniert diese.

Art. 6 Arbeitsweise

1 Das Beschluss- und das Fachorgan geben sich jeweils ein Geschäftsre - glement, das die Einzelheiten zur Organisation, Arbeitsweise und Be - schlussfassung festlegt. Das Reglement des Fachorgans bedarf der Ge - nehmigung des Beschlussorgans.
3 Planung

Art. 7 Grundsätze

1 Zur Gewinnung von Synergien ist darauf zu achten, dass die hoch spezia - lisierten Leistungen auf wenige universitäre oder multidisziplinäre Zentren konzentriert werden.
2 Die Planung gemäss dieser Vereinbarung soll mit jener im Bereich der Forschung abgestimmt werden. Forschungsanreize sollen gesetzt und ko - ordiniert werden.
3 Die Interdependenzen zwischen verschiedenen hoch spezialisierten medi - zinischen Bereichen sind bei der Planung zu berücksichtigen.
4 Die Planung umfasst jene Leistungen, die durch schweizerische Sozial - versicherungen mitfinanziert werden.
5 Die Zugänglichkeit für Notfälle sind bei der Planung zu berücksichtigen.
6 Die Planung berücksichtigt die vom schweizerischen Gesundheitswesen erbrachten Leistungen für das Ausland.
7 Bei der Planung können Kooperationsmöglichkeiten mit dem nahen Aus - land genutzt werden.
8 Die Planung kann in Stufen erfolgen.

Art. 8 Besondere Anforderungen an die Planung der Kapazitäten

1 Bei der Zuordnung der Kapazitäten sind folgende Vorgaben zu beachten: a) Die gesamten in der Schweiz verfügbaren Kapazitäten sind so zu be - messen, dass die Zahl der Behandlungen, die sich unter umfassender kritischer Würdigung erwarten lassen, nicht überschritten werden kann. b) Die resultierende Anzahl der Behandlungsfälle der einzelnen Einrich - tung pro Zeitperiode darf die kritische Masse unter den Gesichtspunk - ten der medizinischen Sicherheit und der Wirtschaftlichkeit nicht un - terschreiten. c) Den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Zentren im Ausland kann Rechnung getragen werden.

Art. 9 Auswirkungen auf die kantonalen Spitallisten

1 Die Vereinbarungskantone übertragen ihre Zuständigkeit gemäss Artikel
39 Absatz 1 Buchstabe e KVG zum Erlass der Spitalliste für den Bereich der hochspezialisierten Medizin dem HSM-Beschlussorgan.
2 Ab dem Zeitpunkt der gemäss Artikel 3 Absätze 3 und 4 erfolgten Bestim - mung eines Bereiches der hochspezialisierten Medizin und seiner Zuteilung durch das HSM-Beschlussorgan an mit der Einbringung der betreffenden Leistung beauftragte Zentren gelten abweichende Spitallistenzulassungen der Kantone im entsprechenden Umfang als aufgehoben.
4 Finanzen

Art. 10 Verteilung der Kosten

1 Die Kosten der Tätigkeit der im 2. Abschnitt genannten Organe sowie des Sekretariats werden von den der Vereinbarung beigetretenen Kantonen entsprechend ihrer Einwohnerzahl anteilsmässig getragen.
5 Streitbeilegung

Art. 11 Streitbeilegungsverfahren

1 Die Vereinbarungskantone verpflichten sich, Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten nach Möglichkeit gütlich zu regeln.
2 Im Übrigen gelten die Bestimmungen der Interkantonalen Rahmenverein - barung (IRV) über die Streitbeilegung.
6 Rechtspflege und Schlussbestimmungen

Art. 12 Beschwerde und Verfahrensrecht

1 Gegen Beschlüsse betreffend die Festsetzung der gemeinsamen Spitallis - te nach Artikel 3 Absätze 3 und 4 kann beim Bundesverwaltungsgericht Be - schwerde nach Artikel 53 KVG geführt werden.
2 Auf diese Beschlüsse finden sinngemäss die bundesrechtlichen Vorschrif - ten über das Verwaltungsverfahren Anwendung.

Art. 13 Beitritt und Austritt

1 Der Beitritt zur Vereinbarung wird mit der Mitteilung an die GDK wirksam.
2 Jeder Vereinbarungskanton kann durch Erklärung gegenüber der GDK austreten. Der Austritt wird mit dem Ende des auf die Erklärung folgenden Kalenderjahres wirksam.
3 Die Austrittserklärung kann frühestens auf das Ende des 5. Jahres seit In - krafttreten der Vereinbarung und fünf Jahre nach erfolgtem Beitritt abgege - ben werden.

Art. 14 Berichterstattung

1 Das Präsidium des Beschlussorgans stattet den Vereinbarungskantonen jährlich über den Stand der Umsetzung dieser Vereinbarung Bericht.

Art. 15 Inkrafttreten

1 Die GDK setzt die Vereinbarung in Kraft, wenn ihr 17 Kantone einschliess - lich der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, Bern, Basel-Stadt, Waadt und Genf) beigetreten sind. Für später beigetretene Kantone tritt die Ver - einbarung mit der Mitteilung gemäss Artikel 13 Absatz 1 in Kraft.

Art. 16 Geltungsdauer und Ausserkrafttreten

1 Die Vereinbarung gilt unbefristet.
2 Sie tritt ausser Kraft, wenn die Zahl der Mitglieder unter 17 fällt oder wenn einer der Kantone mit Universitätsspital (Zürich, Bern, Basel-Stadt, Waadt oder Genf) austritt.

Art. 17 Änderung der Vereinbarung

1 Stellen die Vereinbarungskantone fest, dass eine Anpassung der Verein - barung erforderlich ist, nehmen sie entsprechende Verhandlungen auf. Auf Antrag von drei Vereinbarungskantonen leitet die GDK die Anpassung der Vereinbarung ein. Die Anpassung tritt in Kraft, wenn ihr sämtliche Vereinba - rungskantone beigetreten sind.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
14.03.2008 01.01.2009 Erlass Erstfassung BO/Abl. 45/2008,
9/2009
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 14.03.2008 01.01.2009 Erstfassung BO/Abl. 45/2008,
9/2009
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