Verordnung zum Inkasso- und Eintreibungsverfahren (611.104)
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Verordnung zum Inkasso- und Eintreibungsverfahren

Verordnung zum Inkasso- und Eintreibungsverfahren vom 28.06.2006 (Stand 01.10.2006) Der Staatsrat des Kantons Wallis eingesehen Artikel 57 der Kantonsverfassung; eingesehen die Artikel 34a und 52 des Gesetzes über die Geschäftsführung und den Finanzhaushalt des Kantons und deren Kontrolle vom 24. Juni
1980; auf Antrag des Departements für Finanzen, Institutionen und Sicherheit, verordnet:

Art. 1 Anwendungsbereich

1 Die vorliegende Verordnung regelt die Verfahren zum Inkasso und zur Eintreibung von Forderungen des Staates Wallis (nachfolgend: Staat).
2 Abgesehen von den Ausnahmen in anderen Gesetzesbestimmungen, den spezifischen Vorbehalten in der vorliegenden Verordnung und den Spezial - entscheiden des Staatsrates findet sie Anwendung auf alle Forderungen des Staates.

Art. 2 Fakturierung

1 Die Fakturierung erfolgt mit Sorgfalt durch die von der Einnahme betroffe - ne Dienststelle (fakturierende Dienststelle).
2 Diese Dienststelle ist verantwortlich für die Genauigkeit und die Begrün - detheit der Rechnung.
3 Die Rechnung muss in der Regel auf einem Entscheid oder einem Doku - ment basieren, das als Schuldanerkennung gilt.
4 Die Rechnung enthält die Angabe der Zahlungsfrist von 30 Tagen und den Vermerk des Verzugszinssatzes, der nach Ablauf dieser Frist erhoben wird.
5 Die Bezeichnung des Schuldners muss den Anforderungen des Schuldbe - treibungs- und Konkursrechts genügen. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses

Art. 3 Inkasso

1 Der Schuldner ist eingeladen, den geschuldeten Betrag durch Verwen - dung des Einzahlungsscheins mit Referenz-Nummer (ESR) zu bezahlen, welcher der Rechnung beigelegt wird.
2 Die Zahlung gilt am Datum der Einzahlung bei der Schweizer Post als ge - tätigt.
3 Der ausländische Schuldner begleicht seine Rechnung grundsätzlich durch Einzahlung des geschuldeten Betrags auf das IBAN-Konto (Interna - tional Bank Account Number) des Staates.
4 Bei Zahlung auf anderem Wege (Barzahlung, Postanweisung, Bank-/Po - steinzahlung oder Überweisung, Post- oder Bankscheck) gilt als massge - bendes Valutadatum für die Anrechnung einer Zahlung jenes Datum, an dem der Staat das Geld erhält.
5 Die Anrechnung einer Zahlung wird in analoger Anwendung der Bestim - mungen von Artikel 85, 86 und 87 des Obligationenrechts (OR) geregelt.

Art. 4 Verzugszins

1 Bei Nichtbezahlung innerhalb der 30-tägigen Frist ist ab Fälligkeitsdatum ein Verzugszins von fünf Prozent geschuldet.

Art. 5 Mahnung und Zahlungsaufforderung

1 Bei Nichtbezahlung der Rechnung innert der 30-tägigen Frist wird zehn Tage nach dem Fälligkeitstermin eine Mahnung mit Einladung zur soforti - gen Zahlung des geschuldeten Betrages zugestellt.
2 Bei Nichtbezahlung bis zum 40. Tag nach der Fälligkeit der Rechnung wird eine Aufforderung zur Zahlung des geschuldeten Betrages innerhalb einer
10-tägigen Frist zugestellt, bevor die Betreibung eingeleitet wird.
3 Diese Massnahmen erfolgen grundsätzlich automatisch über die Informa - tiksysteme.

Art. 6 Bestreitung der Forderung

1 Bei Bestreitung einer öffentlich-rechtlichen Forderung sistiert die fakturie - rende Dienststelle das Inkassoverfahren bis für die Forderung eine voll - streckbare Verfügung vorliegt, sofern der Staat nicht über einen anderen Rechtsöffnungstitel verfügt (Vereinbarung, Schuldanerkennung usw.).
2 Bei Bestreitung einer privatrechtlichen Forderung erfolgt die Sistierung nur, wenn der Staat keinen Rechtsöffnungstitel hat. In diesem Fall beurtei - len die fakturierende Dienststelle beziehungsweise das betroffene Departe - ment oder der Staatsrat im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Zweckmässigkeit einer Feststellung der Forderung durch die Gerichte.

Art. 7 Zahlungserleichterungen

1 Wenn die Zahlung der Forderung innert der vorgesehenen Frist für den Schuldner besonders schwerwiegende Folgen hat oder gar nicht möglich ist, kann die fakturierende Dienststelle Zahlungserleichterungen gewähren, solange keine Betreibung eingeleitet wurde.
2 Als Zahlungserleichterungen sind Abschlagszahlungen (regelmässige An - zahlungen), die Verlängerung der Zahlungsfrist oder die vorübergehende Sistierung des Inkassoverfahrens möglich.
3 Die Gewährung von Zahlungserleichterungen kann von angemessenen Sicherheitsleistungen abhängig gemacht werden.
4 Bei Nichteinhaltung der gewährten Erleichterungen werden diese aufge - hoben, sofern nicht besondere Umstände die Nichteinhaltung entschuldi - gen.
5 Der Staatsrat erlässt Spezialbestimmungen über die Beziehungen mit den Gemeinden.

Art. 8 Schulderlass

1 Schuldnern, die in Not geraten oder aus anderen Gründen in eine Lage versetzt worden sind, in der die Bezahlung der Forderung und/oder der Zin - sen zu einer grossen Härte würde, können die geschuldeten Beträge ganz oder teilweise erlassen werden.
2 Bei der Behandlung der Erlassgesuche wird nicht nur der finanziellen Si - tuation des Schuldners Rechnung getragen, sondern auch seinem Verhal - ten.
3 Bevor das kantonale Inkassoamt für Schuldbetreibungs- und Konkursver - fahren (IBK) das Dossier behandelt, liegt die Zuständigkeit zur Behandlung a) bis 5'000 Franken beim Dienstchef; b) von 5'001 bis 50'000 Franken beim Departementsvorsteher; c) über 50'000 Franken beim Staatsrat.
4 Sobald das IBK das Dossier behandelt, liegt die Zuständigkeit: a) bis 20'000 Franken beim IBK; b) von 20'001 bis 50'000 Franken beim Vorsteher des mit den Finanzen beauftragten Departements; c) über 50'000 Franken beim Staatsrat.
5 Der Staatsrat erlässt Spezialbestimmungen über die Beziehungen mit den Gemeinden.

Art. 9 Verrechnung

1 Der Staat kann Forderungen Dritter gegen ihn nach den Regeln, die sich aus einer analogen Anwendung der Artikel 120 und folgende des Obligatio - nenrechts (OR) ergeben, mit Forderungen, die er gegenüber denselben Dritten hat, verrechnen.
2 Die Verrechnung von Forderungen anderer öffentlicher Körperschaften gegenüber dem Staat erfordert kein Einverständnis Letzterer.

Art. 10 Gesuch um die Einleitung oder den Rückzug einer Betreibung

1 Nach Ablauf der Zahlungsaufforderungsfrist stellt die fakturierende Dienst - stelle dem kantonalen Inkassoamt für Schuldbetreibungs- und Konkursver - fahren (IBK) ein vollständig ausgefülltes, datiertes und unterzeichnetes Ge - such um Einleitung der Betreibung mit den entsprechenden Beilagen und Beweismitteln zu.
2 Auf schriftliches und begründetes Gesuch hin kann die fakturierende Dienststelle jederzeit den Rückzug der Betreibung verlangen.

Art. 11 Schuldbetreibungs- und Konkursverfahren

1 Das IBK ist beauftragt, den Staat in seiner Eigenschaft als Gläubiger im Rahmen der Verfahren im Bereich des Schuldbetreibungs- und Konkurs - rechts zu vertreten.
2 In diesem Rahmen hat es insbesondere folgende Aufgaben: a) Einleitung und Fortführung der Betreibungs- und Arrestierungsverfah - ren; b) Eingabe in Konkurs- und Nachlassverfahren; c) Fortführung der Konkurs- und Nachlassverfahren; d) Sorgfältige Bewirtschaftung der Verlustscheine.
3 Im Rahmen der Nachlassverfahren (Zustimmung) und der Verfahren zum Rückkauf von Verlustscheinen werden die Entscheidkompetenzen gemäss
Artikel 8 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung geregelt.
4 Für alle Forderungen, welche dem IBK nicht bekannt sind, sind die faktu - rierenden Dienststellen beauftragt, die Schuldenrufverfahren sorgfältig zu beachten und dieses Amt unverzüglich über einzugebende Forderungen zu informieren.

Art. 12 Verfahren beim Inventarrecht und beim Schuldenruf

1 Das IBK ist beauftragt, im Rahmen des Schuldenrufs nach OR und des öffentlichen Inventars nach dem Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) die erforderlichen Forderungseingaben vorzunehmen und die Verfahren durchzuführen.
2 Für alle Forderungen, welche dem IBK nicht bekannt sind, sind die faktu - rierenden Dienststellen beauftragt, die Schuldenrufverfahren sorgfältig zu beachten und dieses Amt unverzüglich über einzugebende Forderungen zu informieren.

Art. 13 Sicherheitsleistung

1 Im Falle von Sicherheitsleistung durch einen Dritten (Pfand, Sicherstel - lung, Bürgschaft, usw.) für Forderungen, die bei Inkrafttreten der vorliegen - den Verordnung bereits bestehen, übergibt die fakturierende Dienststelle dem IBK eine Liste mit folgenden Angaben: Forderung, Hauptschuldner, Si - cherheitsleistung.
2 Für neue Forderungen müssen diese Angaben bereits bei der Entstehung der Forderung mitgeteilt werden.

Art. 14 Annullierung der Rechnung

1 Eine Rechnung kann nur im Falle eines Irrtums ganz oder teilweise annul - liert werden.

Art. 15 Abschreibung der Forderung

1 Eine gänzliche oder teilweise Abschreibung der Forderung wird vorgenom - men bei: a) Ausstellung eines Verlustscheins nach Pfändung; b) Ausstellung eines Verlustscheins nach Konkurs;
c) Erlöschen der Forderung aufgrund eines Nachlassvertrages; d) starker Vermutung der Uneinbringlichkeit der Forderung; e) ausländischem Wohnsitz oder unbekanntem Aufenthalt des Schuld - ners, es sei denn, die Anwendung spezifischer Gesetzesbestimmun - gen rechtfertige die Nicht-Abschreibung; f) nicht einbringbare Zinsdifferenz; g) Verzugszinsen und Kosten, die dem Schuldner nicht auferlegt werden können; h) Schulderlass; i) Ausschlagung der Erbschaft; j) unverhältnismässig hohen Aufwendungen im Verhältnis zum erhofften Eintreibungsergebnis.
2 Die Entscheidkompetenz zur Abschreibung von Forderungen wird analog von Artikel 8 der vorliegenden Verordnung geregelt. Für die Fälle nach den Buchstaben a, b und i vorstehend verfügen die die fakturierende Dienststel - le bzw. das IBK über eine unbeschränkte Kompetenz.

Art. 16 Einsichtsrecht in die Steuerdaten

1 Das Personal des IBK hat das Recht, die informatisierten Steuerdaten der Schuldner direkt zu konsultieren.
2 Falls notwendig, kann es bei den Veranlagungsbehörden die Einsichtnah - me in die umfassenden Steuerakten beantragen.
3 Das Personal der kantonalen Finanzverwaltung, das mit der Anrechnung eines Zahlungseinganges beauftragt ist, ist berechtigt, die informatisierten Steuerdaten der Schuldner direkt zu konsultieren, mit Ausnahme der Ver - anlagungsprotokolle.
4 Was die fakturierenden Dienststellen betrifft, so kann deren Personal, das speziell mit Inkassoaufgaben beauftragt ist, die informatisierten Steuerda - ten zur Feststellung der Identität und des Wohnsitzes des Schuldners ein - sehen.

Art. 17 Richtlinien

1 Die zur Anwendung der Bestimmungen der vorliegenden Verordnung not - wendigen Richtlinien werden erlassen: a) durch die kantonale Finanzverwaltung für die Fakturierungs- und In - kassoverfahren sowie für die Debitorenbuchhaltung;
b) durch das IBK für die Eintreibungsverfahren.

Art. 18 Gebühren

1 Im Rahmen der Inkasso- und Eintreibungsverfahren werden nachfolgende Verwaltungsgebühren erhoben: a) für die Zustellung einer Zahlungsaufforderung: 20 Franken; b) für die Zustellung eines Betreibungsbegehrens: 30 Franken; c) für die Ausstellung eines Kataster- oder Grundbuchauszugs: 10 Fran - ken; d) für die Erstellung einer Sicherstellungsverfügung oder eines Arrestbe - fehls: 50 Franken.
2 Die dem Staat im Rahmen der Inkasso- und Eintreibungsverfahren ent - standenen Kosten können aus folgenden Gründen auf den Schuldner über - wälzt werden: a) wenn der Schuldner den geschuldeten Betrag freiwillig durch Ab - schlagszahlungen bezahlt; b) wenn der Schuldner eine andere Zahlungsart wählt als mit dem ESR und dadurch zusätzliche Spesen verursacht; c) bei Nachforschungen auf Gesuch des Schuldners.

Art. 19 Schlussbestimmungen

1 alle ihr widersprechenden Bestimmungen auf, insbesondere den Beschluss des Staatsrates vom 28. August 1991.
2 Die vorliegende Verordnung wird im Amtsblatt publiziert um auf den 1. Ok - tober 2006 in Kraft zu treten.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
28.06.2006 01.10.2006 Erlass Erstfassung BO/Abl. 39/2006
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 28.06.2006 01.10.2006 Erstfassung BO/Abl. 39/2006
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