Gesetz über die unentgeltliche Rechtspflege (177.7)
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Gesetz über die unentgeltliche Rechtspflege

Gesetz über die unentgeltliche Rechtspflege (GUR) vom 11.02.2009 (Stand 01.01.2011) Der Grosse Rat des Kantons Wallis eingesehen den Artikel 29 Absatz 3 der Bundesverfassung; eingesehen die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO); eingesehen die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO); eingesehen die Artikel 3, 31 Absatz 1 Buchstabe a und 42 Absatz 1 der Kantonsverfassung; auf Antrag des Staatsrates, verordnet:
1 Unentgeltliche Rechtspflege in Zivil- und Strafsachen

Art. 1 *

1 Die Bedingungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, ihr Geltungsbereich und das anwendbare Verfahren sind enthalten: a) in Zivilsachen in der Schweizerischen Zivilprozessordnung; b) in Strafsachen bei Zuwiderhandlungen gegen das Bundesrecht in der Schweizerischen Strafprozessordnung und in der Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung; c) in Strafsachen bei Zuwiderhandlungen gegen das kantonale Recht in der Schweizerischen Strafprozessordnung und in der Schweizeri - schen Jugendstrafprozessordnung, analog anwendbar. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
2 Unentgeltliche Rechtspflege in Verwaltungssachen und auf dem Gebiet der Sozialversicherungen

Art. 2 Anspruch

1 Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn: a) sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügt; und b) ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint.
2 Der Vorteil eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird im Weiteren nur gewährt, wenn es die Verteidigung der Interessen des Gesuchstellers not - wendig macht.

Art. 3 Geltungsbereich

1 Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst: a) die Befreiung von Kostenvorschüssen und Vorschüssen als Sicher - heitsleistungen; b) die Befreiung von Verfahrenskosten; c) die Bezeichnung eines amtlichen Rechtsbeistandes.
2 Sie kann vollständig oder teilweise erteilt werden.

Art. 4 Gesuch

1 Die unentgeltliche Rechtspflege kann jederzeit beantragt werden, vor oder nach der Streithängigkeit.

Art. 5 Dauer

1 Der Beschluss der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wirkt ab dem Tag der Hinterlegung des Gesuches.
2 Im Beschwerdeverfahren muss ein neues Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt werden.
3 War der Gesuchsteller ohne sein Verschulden verhindert, seinen An - spruch auf unentgeltliche Rechtspflege rechtzeitig geltend zu machen, muss die zuständige Behörde ihrem Entscheid rückwirkende Geltung ver - leihen.

Art. 6 Entzug

1 Die angerufene Behörde hat sich während der ganzen Dauer des Verfah - rens zu vergewissern, ob die Voraussetzungen des Anspruchs auf unent - geltliche Rechtspflege fortbestehen. Der Verbeiständete hat ihr unverzüg - lich alle neuen Tatsachen mitzuteilen, die den Anspruch beeinflussen kön - nen.
2 Die unentgeltliche Rechtspflege ist von Amtes wegen oder auf Begehren der Gegenpartei zu entziehen, wenn der Anspruch der unentgeltlich pro - zessführenden Partei dahinfällt.
3 Der Entzug ist nur dann rückwirkend, wenn die unentgeltlich prozessfüh - rende Partei die zuständige Behörde irregeführt oder es unterlassen hat, ihr rechtzeitig jene Änderungen mitzuteilen, die ihren Anspruch auf unentgeltli - che Rechtspflege beeinflussen können.

Art. 7 Verfahren

1 Das Verfahren um Gewährung und Entzug der unentgeltlichen Rechtspfle - Kantonsgerichts und der Sozialversicherungsabteilung des Kantonsgerichts richtet sich nach den Regeln des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege (VVRG) und subsidiär nach der Verord - nung des Staatsrates.

Art. 8 Kostenaufteilung

1 Unterliegt die unentgeltlich prozessführende Partei, werden die Prozess - kosten wie folgt aufgeteilt: a) der unentgeltliche Rechtsbeistand wird vom Gemeinwesen entschä - digt; b) die Verfahrenskosten gehen zu Lasten des Gemeinwesens; c) die von der Gegenpartei geleisteten Vorschüsse werden ihr zurücker - stattet; d) die unentgeltlich prozessführende Partei hat der Gegenpartei die Par - teientschädigung zu bezahlen.
2 Wenn die unentgeltlich prozessführende Partei obsiegt, wird der unent - geltliche Rechtsbeistand durch das Gemeinwesen entschädigt, sofern sich die zur Parteientschädigung verpflichtete Gegenpartei als zahlungsunfähig erweist.

Art. 9 Entschädigung

1 Die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands wird durch die Bestimmungen des Gesetzes betreffend den Tarif der Kosten und Entschä - digungen vor Gerichts- oder Verwaltungsbehörden geregelt.

Art. 10 Rückerstattung

1 Unter Vorbehalt des Bundesrechts verlangt das zahlungspflichtige Gemeinwesen von der unentgeltlich prozessführenden Partei die Rücker - stattung seiner Leistungen: a) wenn sich ihre wirtschaftliche Lage, welche die Gewährung der unent - geltlichen Rechtspflege erlaubte, verbessert hat, insbesondere wenn sie durch den Verfahrensausgang genügend Mittel erworben hat; b) wenn ihr zu Unrecht die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde.
2 Der Rückerstattungsanspruch verjährt nach Ablauf von zehn Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils.
3 Zahlungspflichtiges Gemeinwesen, Vollzugsorgan und Verantwortlichkeit

Art. 11 Zahlungspflichtiges Gemeinwesen

1 In zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten obliegen die unentgeltlichen Rechtspflegeleistungen dem Staat.
2 In verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten obliegen die unentgeltlichen Rechtspflegeleistungen: a) dem Staat, oder b) der Munizipalgemeinde für die Fälle, in denen sich das Verfahren un - ter Anwendung des Gemeinderechts vor einer Gemeindebehörde ab - wickelt.

Art. 12 Vollzugsorgan

1 Das Vollzugsorgan des zahlungspflichtigen Gemeinwesens ist das mit den Finanzen betraute Departement, wenn die unentgeltliche Rechtspflege dem Staat obliegt, und die Gemeindeverwaltung in den übrigen Fällen.
2 Das Vollzugsorgan spricht die aus der unentgeltlichen Rechtspflege ent - standenen Kosten zu und wacht gemäss der Bundes- und kantonalen Ge - setzgebung über die Rückerstattungen. Zu diesem Zweck führt das Vollzugsorgan ein Verzeichnis und ein Fälligkeitsregister.

Art. 13 Verantwortlichkeit

1 Das zahlungspflichtige Gemeinwesen trägt für die vom amtlichen Rechts - beistand in Ausübung seines Mandates begangenen rechtswidrigen Hand - lungen eine primäre Verantwortung und verfügt über ein Regressrecht.
4 Schlussbestimmungen

Art. 14 Vollzug

1 Der Staatsrat erlässt auf dem Verordnungsweg die Bestimmungen für den Vollzug des vorliegenden Gesetzes.

Art. 15 Änderung und Aufhebung des geltenden Rechts

1 Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht vom 15. November 1996 wird abgeändert.
2 Das Gesetz über den gerichtlichen und administrativen Rechtsbeistand vom 29. Januar 1988 wird aufgehoben.

Art. 16 Übergangsrecht

1 Die Übergangsbestimmungen der Schweizerischen Zivilprozessordnung und der Schweizerischen Strafprozessordnung gelten für die in Zivil- und Strafsachen hängigen Verfahren der unentgeltlichen Rechtspflege.
2 Für die beim Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes laufenden Verfahren der unentgeltlichen Rechtspflege in Verwaltungssachen und auf dem Ge - biet der Sozialversicherungen ist das alte Recht massgebend.

Art. 17 Referendum und Inkrafttreten

1 Das vorliegende Gesetz unterliegt dem fakultativen Referendum.
2 Der Staatsrat setzt das Datum seines Inkrafttretens fest.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
11.02.2009 01.01.2011 Erlass Erstfassung BO/Abl. 13/2009,
26/2010
12.11.2009 01.01.2011 Art. 1 totalrevidiert BO/Abl. 49/2009,
26/2010
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 11.02.2009 01.01.2011 Erstfassung BO/Abl. 13/2009,
26/2010

Art. 1 12.11.2009 01.01.2011 totalrevidiert BO/Abl. 49/2009,

26/2010
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