Dekret über die Jugendstrafrechtspflege (251.130)
CH - AG

Dekret über die Jugendstrafrechtspflege

1 Dekret über die Jugendstrafrechtspflege
1) Vom 27. Oktober 1959 Der Grosse Rat des Kantons Aargau, in Vollziehung des § 17 des Gesetzes über die Strafrechtspflege (Straf- prozessordnung, StPO) vom 11. November 1958 2) , beschliesst: A. Behörden

§ 1

1 e Strafverfolgung sowie der Vollzug von Strafen und Massnahmen gege nüber Jugendlichen und Kindern gemäss §§ 11 und 18 StPO.
2 g des Regierungsrates die erforderli- che Anzahl von Jugendanwälten, die sich gegenseitig vertreten; sind diese verhindert, so amtet ein Staatsanwa lt oder eine andere, vom Regierungsrat zu bezeichnende Person als ausserordentlicher Stellvertreter.
3 abgeschlossenes Recht sstudium oder über eine hinreichende Ausbildung auf dem Gebiete der Strafrechtspflege und der Jugendfürsorge ausweisen.
4 en vom Regierungsrat für die Kanzleiarbeiten und die Fürsorge die erforderlichen Hilfskräfte beigegeben.
5 Geschäfte, vertritt die Gesamtst elle nach aussen, stellt die
1) Fassung gemäss Verordnung vom 1. Septembe r 1987, in Kraft seit 1. September
1987 (AGS Bd. 12 S. 249).
2) SAR 251.100
3) Fassung gemäss Dekret vom 16. November 1999, in Kraft seit 1. März 2000 (AGS 2000 S. 9). Jugend- anwaltschaft
Betriebsorganisation sicher und sorgt für eine einheitliche Praxis aller Jugendanwälte. 1)

§ 1a

2) Die in diesem Dekret verwendete n Personenbezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter.

§ 2

1 Der Gemeinderat am Wohnort des Fe hlbaren beurteilt die geringfügigen Übertretungen der Verkehrsvorschrifte n, soweit sie sich nicht auf das Führen von Motorfahrzeugen beziehen, und die Zuwiderhandlungen gegen die Gemeindepolizeiordnung durch Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind.
2 Die Schulpflege des Schulortes unt ersucht und beurteilt im Rahmen des

§ 13 StPO die strafbaren Handlunge sowie von Kindern.

§ 3

1 Die Zuständigkeit und die Organisa tion des Jugendgerichts bestimmen sich nach §§ 14 und 15 StPO.
2 Werden als Jugendrichter Pe rsonen gewählt, die nicht dem Bezirksgericht angehören (§ 15 StPO), so sind sie vom Bezirksgericht in Pflicht zu nehmen.

§ 4

1 Zur Beurteilung der Beschwerden und Berufungen in Jugendstrafsachen gemäss § 16 StPO bildet das Ob ergericht eine Kammer von drei Mitgliedern (Jugendstrafkammer) mit den erforderlichen Ersatzmännern.
2 Die Jugendstrafkammer kann fü r den einzelnen Fall, unter Berücksichtigung seiner besondern Be schaffenheit, weitere Personen mit beratender Stimme beiziehen.

§ 5

1 Der Regierungsrat beurteilt Be schwerden gegen Verfügungen der Jugendanwaltschaft im Vollzug von Strafen und Massnahmen (§ 18 StPO).
1) Eingefügt durch Verordnung vom 1. Septem ber 1987, in Kraft seit 1. September
1987 (AGS Bd. 12 S. 249).
2) Eingefügt durch Dekret vom 16. November 1999, in Kraft seit 1. März 2000 (AGS 2000 S. 9).
3
2

§ 6

1 cht zur Abwandlung überwiesen, so bleibt seine sachliche Zuständigkeit auch dann bestehen, wenn nach der Sachlage nur Verweis, Schularre st oder Busse in Betracht fällt.
2 der strafrichterlichen Behörden entscheidet die Jugendstrafkammer des Obergerichts. B. Verfahren I. Allgemeine Bestimmungen

§ 7

1 s Sonderverfahren auf Erziehung und Fürsorge durch Massnahmen und Strafen ausgerichtet.
2 en Strafverfahren abzusondern.
3 der Jugendstrafrechtspflege erfolgen.

§ 8

1 Täter oder Teilnehmer an einem Strafverfahren gegen Erwachsene bete iligt, so ist die Jugendanwaltschaft zu verständigen.
2 hungs- und Gerichtsbehörden sind so zu führen, dass der Kontakt mit er wachsenen Beschuldigten oder Zeugen auf das unerlässlich Notwe ndige beschränkt bleibt.

§ 9

1 ndliche ist in der Regel nicht öffentlich und die Berichterstattung über Verhandlungen in der Presse diesfalls unzulässig.
2 lt, der Vormund, der Geschädigte und die Vertreter der Schutzaufsichtsb ehörde dürfen den Verhandlungen beiwohnen. Durch Verfügung des Untersuchungsbeamten und durch Beschluss des Gerichts können auch diese Personen von den Verhandlungen ausgeschlossen werden , wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Kompetenz- abgrenzung Absonderung des Verfahrens Beteiligung im Verfahren gegen Erwachsene Ausschluss der Öffentlichkeit

§ 10

1 Von wichtigen Massnahmen, namentlich der Verhaftung eines Jugendlichen oder der Anordnung eine r Begutachtung, ist dem Inhaber der elterlichen Gewalt unverz
2 Erscheinen Massnahmen vormundsch aftlicher oder fürsorgerischer Art geboten, so unterbreiten die Unte rsuchungs- und Gerichtsbehörden den zuständigen Instanzen Bericht und Antrag.

§ 11

1 Kinder und volksschulpflichtige Juge ndliche sind nicht als Zeugen, sondern als Auskunftspersonen zu befragen.
2 Wiederholte Einvernahmen von Kindern sind zu vermeiden, insbesondere bei Unzuchtsdelikten. Der Beamte oder die Personen, welche die erste Einvernahme durchge führt haben, können an ihrer Stelle als Zeugen einvernommen werden.

§ 12 1)

§ 13

1 Die Verteidigung ist vor dem Jugendge richt durch einen patentierten Anwalt zugelassen, sofern die Juge ndanwaltschaft Einweisung in eine Familie oder in eine Erziehungsanstalt, die Versetzung in eine Strafanstalt oder die Einschliessung beantragt.
2 In wichtigen Fällen kann der Präs ident des Jugendgerichts dem Kind oder Jugendlichen einen amtliche n Verteidiger bestimmen.

§ 14

1 Gemeinderat und Schulpflege en tscheiden in Verbindung mit dem Strafverfahren über Zivilansprüche, sofern diese den Hauptwert nicht übersteigen, für welchen nach Ziv ilprozessrecht der Friedensrichter zuständig ist.
2 Dem Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt ist Gelegenheit zu geben, zu Zivila nsprüchen Stellung zu nehmen.
3 Im übrigen sind die §§ 165 und 195 StPO anzuwenden.
1) Aufgehoben durch Dekret vom 2. Juli 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003 (AGS
2002 S. 381).
5

§ 15

1 Beschlüsse und Urteile in Jugendstrafsachen sind in der Regel dem Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt zuzustellen.
2 Ergebnis der Untersuchung

§ 16

1 über Kinder und Jugendliche, die von der Schulpflege oder vom Geme inderat beurteilt werden, sind von diesen Behörden, die übrigen Akten von der Jugendanwaltschaft aufzubewahren.
2 -, Vormundschafts- und Armenbehörden herausgegeben werden, Unfallakten au ch an Versicherungsgesellschaften.
3 entscheidet die Justizdirektion 1) .

§ 17

1 Weiterverfolgung wegen Geringfügi gkeit des Verschuldens und der Tatfolgen unterbleiben darf (§ 24 Abs. 2 StPO).
2 te in der Erledigung geringfügiger Vorfälle bei der Schülerschaft , innerhalb und ausserhalb des Schulunterrichts, wird durch diese Verordnung 2) nicht berührt.

§ 18 3)

II. Das Untersuchungsverfahren

§ 19

1 ksschulpflichtige Jugendliche sind bei der Schulpflege anzubringen.
2 pflichtige Jugendliche sind, sofern sie sich auf Übertretungen gemäss § 2 Abs. 1 beziehen, beim Gemeinderat des Begehungsortes, in allen andern Fällen bei der Jugendanwaltschaft zu erstatten.
1) Heute: Departement Volkswirtschaft und Inneres
2) Heute: Dekret
3) Aufgehoben durch Dekret vom 2. Juli 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003 (AGS
2002 S. 381). Zustellungen Aktenverwahrung Nichtverfolgung wegen Gering- fügigkeit Strafanzeigen

§ 20

1 Zur Abklärung der persönlichen Verhältnisse des Kindes oder Jugendlichen sind nötigenfalls die E und Lehrer anzuhören. Es können auch Sachverständige wie Ärzte, Psychiater und Heilpädagogen beigezogen werden.
2 Die Einweisung in eine Beobacht ungsstation oder in eine andere geeignete Anstalt ist zulässig, sofern dies im Interesse einer einwandfreien Abklärung der persönlichen Verhältn isse als zweckmässig erscheint.

§ 21

1 An Stelle der Untersuchungshaft soll womöglich die Unterbringung in einer andern Familie oder in ei ner Anstalt angeordnet werden.
2 Die gemeinsame Unterbringung m it Erwachsenen ist untersagt.

§ 22

Wird die Untersuchung eingestellt ode r wird von Massnahmen abgesehen oder schiebt die Jugendanwaltschaft den Entscheid auf, so sind die Vorschriften der Strafproze ssordnung über die Einstellung der Untersuchung entsprechend anzuwenden. III. Das Verfahren vor dem Richter

§ 23

1 Die Schulpflege entscheidet dar über, ob der Beschuldigte vor der Behörde zu erscheinen hat.
2 Ist dieser von einem Elternteil oder vom Vormund begleitet, so wird der Entscheid mündlich eröffnet; andernfalls sowie auf ausdrückliches Verlangen des Begleiters erfolgt schr iftliche Zustellung des Entscheides.

§ 24

1 Der Straffall wird gemä ss den Bestimmungen der §§ 82 ff. des Gesetzes über die Organisation der Gemei nden und Gemeinderäte vom 26. November 1841 1) abgewandelt.
2 Einsprachen gegen den Strafbefeh l werden vom Gemeinderat auf Grund allfälliger Beweiserhebungen entschieden.
3 Der Eröffnung des Entscheides ist die Rechtsmittelbelehrung beizufügen.
1) Heute: §§ 105 ff. des Gemeindegese tzes vom 19. Dezember 1978 (SAR

171.100).

7

§ 25

1 vor Bezirksgericht sind sinngemäss anzuwenden.
2 rnahme einzelner Zeugen oder für die Dauer einzelner Erörterungen von der Verhandlung ausgeschlossen werden. Von der Anhörung der Parteivortr äge ist er stets auszuschliessen.
3 sung in eine Familie oder in eine Erziehungsanstalt oder die Versetzung in ei ne Strafanstalt, so soll er in der Regel seine Anträge persönlich vor Gericht vertreten.

§ 26

1 kann binnen zehn Tagen nach schriftlicher Zustellung mit Eingabe beim Bezirksschulrat angefochten werden, welcher die ihm zur Ents cheidung erforderlich erscheinenden Erhebungen durchführt.
2 nderates kann gemäss § 85 des Gemeindeorganisationsgesetzes 1) beim Bezirksgericht angefochten werden.
3 kann mit einem der ordentlichen Rechtsmittel der Strafprozessordnung an die Jugendstrafkammer des Obergerichts weitergezogen werden.

§ 27

1 Bestimmungen des ordentlichen Verfa hrens mit folgenden Ergänzungen: a) Der Jugendliche selbst kann ein Rechtsmittel einlegen, wenn er das

16. Altersjahr erreicht hat und urteilsfähig ist.

b) Steht die elterliche Gewalt beiden Eltern zu, so sind Vater und Mutter selbstständig zur Einlegung von Rechtsmitteln befugt.
2 Strafbefehl.

§ 28

1 Schulpflege abgeschlossen wird, werden keine Kosten auferlegt.
2 besonderen Gründen, insbesondere bei Mittellosigkeit des Kindes oder J ugendlichen, von der Auflage von Gebühren und Verfahrenskosten ganz
1) Heute: §§ 112 des Gemeindegesetzes vom 19. Dezember 1978 (SAR 171.100). Jugendgericht Rechtsmittel- instanzen Legitimation Kosten
3 Die Kosten können den Eltern aufe rlegt werden, oder die Eltern können für die dem Kind oder Jugendlichen auferlegten Kosten solidarisch haftbar erklärt werden, wenn ihnen ein pflichtwidriges Verhalten zur Last fällt. IV. Vollzug

§ 29

1 Der Vollzug in Jugendstrafsachen is t Aufgabe der Jugendanwaltschaft, soweit nachstehend nicht Au snahmen vorgesehen sind.
2 Sie sorgt insbesondere für die Durchführung der angeordneten Erziehungsmassnahmen und überwacht die Erziehung und Betreuung der versorgten Kinder und Jugendlichen.
3 Sie hebt die getroffenen Massnahme n auf, sobald diese ihren Zweck erreicht haben.
4 Sie übt die Schutzaufsicht in Verbindung mit den ordentlichen Schutzaufsichtsorganen aus.

§ 30

1 Die Schulpflege vollzieht den Schularrest und die von ihr ausgesprochenen Verweise.
2 Die Gemeindekasse besorgt den Einzug der vom Gemeinderat und die Gerichtskasse den Einzug der vom J ugendgericht sowie, unter Vorbehalt der Zuständigkeit des De partements des Innern 2) anwaltschaft ausgefällten Bussen und Kosten. 3)

§ 31

1 und 2 4)
3 ... 5)
4 ... 1)
1) Fassung gemäss Ziff. I/4 des Dekrets I und Gemeinden (DAT I) vom 2. Juli 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003 (AGS
2002 S. 396).
2) Heute: Departement Volkswirtschaft und Inneres
3) Fassung gemäss Dekret vom 23. März 2004, in Kraft seit 1. Januar 2004 (AGS
2004 S. 48).
4) Aufgehoben durch Dekret vom 2. Juli 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003 (AGS
2002 S. 381).
5) Aufgehoben durch Dekret vom 23. März 2004, in Kraft seit 1. Januar 2004 (AGS 2004 S. 48).
1) Vollzugskosten
9
5 C. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 32

Das Jugendgericht in der Organisation gemäss § 15 StPO ist erstmals auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung 2) für den Rest der laufenden Amtsperiode zu wählen.

§ 33

Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung 3) sind alle ihr widersprechenden Bestimmungen aufgehoben, insbesondere: a) die Verordnung über das Jugendstr afverfahren des Kantons Aargau vom 17. November 1941, b) die Verordnung über die Organisati on der Jugendanwaltschaft vom 7. Januar 1942 und c) die Verordnung über das kantonale Jugendamt vom 7. Januar 1942.

§ 34

1 4) tritt mit dem Gesetz über die Strafrechtspflege (Strafprozessordnung) vom 11. November 1958 5) in Kraft.
2 ngigen Jugendstrafrechtsfälle sind nach dieser Verordnung zu erledigen. Inkrafttreten: 1. Januar 1960
1) Aufgehoben durch Dekret vom 2. Juli 2002, in Kraft seit 1. Januar 2003 (AGS
2002 S. 381).
2) Heute: Dekret
3) Heute: Dekret
4) Heute: Dekret
5) SAR 251.100 Bestellung des Jugendgerichts Aufhebung bisherigen Rechts Inkrafttreten
Markierungen
Leseansicht