Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (253.112)
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Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen

* Änderungstabellen am Schluss des Erlasses Verordnung über den Vollzug von Strafen und Massnahmen (Strafvollzugsverordnung, SMV) Vom 23. September 2020 (Stand 1. Januar 2021) Der Regierungsrat des Kantons Aargau, gestützt auf § 9 des Gesetzes über die Organisation des Regierungsrates und der kanto nalen Verwaltung (Organisationsgesetz) vom 26. März 1985 1 ) , die §§ 14 Abs. 2 und 4, 22 Abs. 3, 32 Abs. 1, 46 Abs. 1, 48 Abs. 2, 49 Abs. 2, 51 Abs. 3 und
55 des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung (EG StPO) vom 16. März 2010 2 ) , § 5 0 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRPG) vom 4. Dezember 2007 3 ) sowie § 2 Abs. 1 des Dekrets über die durch den Staat zu beziehenden Gebühren vom 23. November
1977 4 ) , beschliesst:

1. Geltungsbereich

§ 1 Geltungsbereich

1 Diese Verordnung regelt den Vollzug von strafrechtlichen Sanktionen gegenüber Erwachsenen.
2 Soweit für die Jugendstrafrechtspflege keine abweichenden Vorschriften erlassen werden, finden die Bestimmungen dieser Verordnung sinngemäss An wendung auf den Vollzug von strafrechtlichen Sanktionen und Schutzmassnahmen gegenüber Jugendlichen.
1 ) SAR 153.100
2 ) SAR 251.200
3 ) SAR 271.200
4 ) SAR 661.110
3 Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten sinngemäss auch für Personen in Untersuchungs - oder Sicherheitshaft, soweit dies mit dem Haftzweck vereinbar is t und das Strafprozessrecht keine abweichenden Vorschriften enthält.
4 Die Bestimmungen des Bundesrechts über den Straf - und Massnahmenvollzug sowie die Vorschriften des Konkordats der Kantone der Nordwest - und Inner- schweiz über den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom 5. Mai 2006 1 ) bleiben vorbehalten. Weitere Erlasse der Konkordatskonferenz des Strafvollzugskonkordats der Nordwest - und Innerschweiz sowie die Beschlüsse und Empfehlungen von Or- ganen internationaler Organisationen werden zur Auslegung her angezogen.

2. Behörden und Zuständigkeiten

§ 2 1. Regierungsrat

1 Der Regierungsrat ist zuständig für die Förderung der Aus - , Fort - und Weiterbil- dung des im Straf - und Massnahmenvollzug tätigen Personals im Rahmen der Richt- linien des Strafvollzugskonkorda ts. Er kann zu diesem Zweck mit Kantonen und Dritten Vereinbarungen über den gemeinsamen Betrieb von Bildungseinrichtungen oder gemeinsame Bildungsangebote abschliessen.

§ 3 2. Amt für Justizvollzug

1 Das Amt für Justizvollzug (AJV) ist als Vollzugsbehörd e zuständig für den Straf - und Massnahmenvollzug sowie für den Vollzug anderer Massnahmen, wenn nicht ausdrücklich eine andere Behörde hierfür zuständig erklärt wird.
2 Im Rahmen seiner Zuständigkeiten obliegt dem AJV namentlich: a) die Vorladung und die E inweisung der verurteilten Personen, b) der Entscheid über die Versetzung, die Entlassung und den Widerruf, c) die Kontrolle über den Vollzug, d) der Einzug von ausgefällten Geldstrafen, Bussen und auferlegten Verfahrens- kosten, e) die Rechtshilfe im Rahmen des Vollzugs von Strafen und Massnahmen, f) die Information von Personen, Institutionen und Amtsstellen, die mit der Be- handlung, Betreuung oder Kontrolle von Personen im Straf - und Massnah- menvollzug betraut sind, g) die Überwachung des Vollzugs der bei be dingten Strafen erteilten Weisungen (Art. 94 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) vom 21. Dezember
1937) 2 ) , h) die Bewährungshilfe.
3 Als Rechtsmittelinstanz beurteilt das AJV Beschwerden gegen Entscheide der Leitungen der Vollzugsanstalten betref fend den Straf - und Massnahmenvollzug.
1 ) SAR 253.020
2 ) SR 311.0

§ 4 3. Gerichts - , Amts - und Gemeindekassen

1 Die Gerichts - , Amts - und Gemeindekassen ziehen Geldstrafen, Bussen und Ver- fahrenskosten ein.

§ 5 4. Oberstaatsanwaltschaft

1 Der Oberstaatsanwaltschaft obliegt die Funkti on der kantonalen Koordinationsstel- le für die Bearbeitung der Daten im Strafregister.

3. Vollzugsanstalten

§ 6 1. Konkordatsanstalten

1 Der Kanton Aargau gehört dem Konkordat der Kantone der Nordwest - und Inner- schweiz über den Vollzug von Strafen und Mass nahmen an.
2 Die Freiheitsstrafen von mehr als einem Monat und sichernde Massnahmen wer- den in der Regel in den hierfür vorgesehenen Konkordatsanstalten vollzogen. Aus wichtigen Gründen kann der Vollzug auch in Anstalten anderer Konkordate durch- geführt werd en.
3 Das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) bezeichnet weitere Anstalten, in denen Freiheitsstrafen und Massnahmen vollzogen werden können.

§ 7 2. Justizvollzugsanstalt Lenzburg

1 Der Kanton Aargau betreibt in Lenzburg eine Konkordatsanstalt f ür Männer.
2 Die Organisation der Justizvollzugsanstalt Lenzburg wird durch separate Verord- nung geregelt.

§ 8 3. Jugendheim Aarburg

1 Der Kanton Aargau unterhält auf der Aarburg ein Jugendheim für männliche Ju- gendliche.
2 Die Organisation des Jugendheims Aarburg wird durch separate Verordnung gere- gelt.

§ 9 4. Bezirksgefängnisse

1 In die Bezirksgefängnisse werden aufgenommen: a) Personen in Untersuchungs - und Sicherheitshaft, b) Personen, die eine Freiheitsstrafe bis zu einem Monat zu verbüssen haben, c) P ersonen, die ihre Strafe in Halbgefangenschaft verbüssen, d) Personen, die von einer Anstalt zur Verfügung gestellt werden, für die Dauer bis zur Einweisung in eine andere Anstalt, e) Personen, die vorläufig festgenommen wurden, und f) Transportanten.
2 Da s DVI bezeichnet diejenigen Bezirksgefängnisse, in denen Freiheitsstrafen für Erwachsene von über einem Monat Dauer verbüsst werden können.
3 Das AJV ist für den geordneten Betrieb der Bezirksgefängnisse verantwortlich, namentlich für die Sicherheit und fü r den richtigen Vollzug. Es erlässt eine Haus- ordnung.

§ 10 5. Weitere Vollzugsanstalten

1 Das DVI entscheidet über den Fortbestand, den Um - und Ausbau bestehender und die Schaffung neuer Einrichtungen für den Vollzug aller Arten von freiheitsentzie- henden Sanktionen. Die Zuständigkeit des Grossen Rats gemäss § 16 EG StPO so- wie den §§ 28 und 29 des Gesetzes über die wirkungsorientierte Steuerung von Auf- gaben und Finanzen (GAF) vom 5. Juni 2012 1 ) bleiben vorbehalten.

§ 11 6. Psychiatrische Klinik Königsfeld en und andere Massnahmenvollzugsan-

stalten
1 Massnahmen gemäss den Art. 59 und 60 StGB werden in der Regel in der Psychi- atrischen Klinik Königsfelden vollzogen, wenn die öffentliche Sicherheit nicht ge- fährdet ist.
2 Das AJV kann Verurteilte zum Vollzug von Massnahmen gemäss den Art. 59 und
60 StGB auch in andere geeignete Anstalten einweisen.

4. Verfahren der Einweisung

§ 12 1. Mitteilung der Urteile

1 Die urteilende Behörde teilt dem AJV alle Urteile über unbedingte Freiheitsstrafen und Massnahmen innert 1 4 Tagen seit Rechtskraft mit. Sie legt der Mitteilung die für den Vollzug erforderlichen Akten und Protokolle bei, aus denen sich die persön- lichen Verhältnisse, der aktuelle Gesundheitszustand sowie die Einkommens - und Vermögensverhältnisse der verurteilte n Person ergeben.
2 Die zuständige richterliche Behörde teilt dem AJV alle Entscheide über die Bewil- ligung des vorzeitigen Straf - oder Massnahmenvollzugs mit. Dasselbe gilt für Ent- scheide über entsprechende Entlassungen.
3 Das DVI erlässt über die Form der Mitteilung die nötigen Weisungen.

§ 13 2. Sicherung des Straf - und Massnahmenvollzugs

1 Zur Sicherung des Straf - und Massnahmenvollzugs können die urteilende Behörde oder das AJV auch eine Sicherheitsleistung der einzuweisenden Person anordnen. Die Art. 237 – 240 StPO 2 ) gelten sinngemäss.
1 ) SAR 612.300
2 ) SR 312.0

§ 14 3. Vorladung

1 Befindet sich die einzuweisende Person noch nicht in Haft und besteht keine Fluchtgefahr, kündigt das AJV bei Freiheitsstrafen, sofern es sich nicht um Ersatz- freiheitsstrafen handelt, und bei stationä ren Massnahmen in der Regel den bevorste- henden Vollzug an. Das AJV kann die einzuweisende Person auffordern, hinsicht- lich des Vollzugsantritts innerhalb einer festgesetzten Zeitspanne einen begründeten Antrag zu stellen.
2 Die einzuweisende Person wird dur ch das AJV aufgefordert, sich zur bestimmten Zeit am vorgegebenen Einrückungsort einzufinden. Leistet sie dem Aufgebot nicht Folge, kann das AJV sie verhaften und zum Vollzug vorführen lassen.
3 Mit der Ankündigung des Vollzugs ist die einzuweisende Person auf die Voraus- setzungen der Halbgefangenschaft, des tageweisen Vollzugs, der elektronischen Überwachung und der gemeinnützigen Arbeit hinzuweisen.

§ 15 4. Vollzugsaufschub und - unterbruch

1 In der Regel ist der Vollzug innert 3 Monaten seit Rechtskraft d es Urteils anzutre- ten. Aus wichtigen Gründen kann das AJV den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder einer strafrechtlichen Massnahme von Amtes wegen, auf Antrag der eingewiesenen Person oder der Vollzugseinrichtung aufschieben oder unterbrechen.
2 Als wichtig e Gründe gelten namentlich: a) besondere persönliche, familiäre oder berufliche Verhältnisse, b) vollständige Hafterstehungsunfähigkeit.
3 Die Hafterstehungsfähigkeit wird durch eine Ärztin oder einen Arzt überprüft. Das AJV bestimmt, welche im Kanton zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte die Prüfung der Hafterstehungsfähigkeit vornehmen dürfen. Dazu kann das AJV mit der Ärzteschaft Leistungsverträge abschliessen.
4 Das Gesuch um Vollzugsaufschub muss vor dem Vollzugseintritt eingereicht wer- de n. Das AJV schiebt den Vollzug bis zum Vorliegen des Arztberichts auf.
5 Der Vollzug gemeinnütziger Arbeit kann wegen Arbeitsunfähigkeit längstens für
12 Monate unterbrochen werden.
6 Mit dem Vollzugsaufschub oder der Vollzugsunterbrechung können Auflagen angeordnet werden.

§ 16 5. Begnadigungen

1 Das Begnadigungsgesuch einer verurteilten Person, die sich wegen des vom Ge- such betroffenen Urteils schon im Vollzug befindet, hat keine aufschiebende Wir- kung.
2 In allen anderen Fällen kann das AJV von sich aus oder auf begründetes Gesuch hin die aufschiebende Wirkung erteilen, wenn das Begnadigungsgesuch innert
30 Tagen seit der Zustellung der ersten Vorladung zum Vollzugantritt eingereicht wird oder die Aufschubsgründe erst danach eintreten.

5. Formen des Vollz ugs von Strafen

5.1 Gemeinnützige Arbeit

§ 17 1. Begriffe

1 Als gemeinnützig gilt eine Arbeit, die unentgeltlich zugunsten sozialer Einrichtun- gen, Werken in öffentlichem Interesse oder hilfsbedürftiger Personen geleistet wird.
2 Das AJV entscheidet, welch e Einrichtungen für den Vollzug gemeinnütziger Ar- beit zugelassen werden.
3 Keine gemeinnützige Arbeit stellt die Pflege und Betreuung hilfsbedürftiger Perso- nen dar, die mit der verurteilten Person verwandt oder verschwägert sind oder ihr sonst nahe stehen.

§ 18 2. Anwendungsbereich

1 Freiheitsstrafen und nach Anrechnung der Untersuchungshaft verbleibende Rest- strafen von nicht mehr als 6 Monaten sowie Geldstrafen oder Bussen können in Form von gemeinnütziger Arbeit vollzogen werden. Bei teilbedingten Strafe n ist die Gesamtdauer der Strafe massgeblich.
2 Die gemeinnützige Arbeit ist auch bei Arbeitslosigkeit möglich.

§ 19 3. Voraussetzungen

1 Die Gewährung der Vollzugsform gemeinnütziger Arbeit setzt insbesondere vo- raus, dass a) die verurteilte Person ein Au fenthaltsrecht in der Schweiz hat und gegen sie keine Landesverweisung gemäss den Art. 66a und 66a bis StGB ausgesprochen worden ist, b) die verurteilte Person die ihr zugewiesene Arbeit zu leisten bereit ist, c) die verurteilte Person körperlich und geisti g in der Lage ist, die gemeinnützige Arbeit neben der bisherigen Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung zufrie- denstellend und zweckentsprechend zu leisten, d) die verurteilte Person der Bekanntgabe der Straftatbestände, die der Verurtei- lung zugrunde liegen, an den Einsatzbetrieb zustimmt, e) eine geeignete Beschäftigung in einer zugelassenen Einrichtung zur Verfü- gung steht, und f) die verurteilte Person im Zeitpunkt des Vollzugsantritts die Behandlungsge- bühr innert gesetzter Frist bezahlt hat.

§ 20 4. Einsa tzzeit

1 Beim Vollzug gemeinnütziger Arbeit werden Arbeitsweg und Essenspausen nicht angerechnet.
2 In der Regel sind pro Woche mindestens 8 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leis- ten.
3 Der tägliche oder wöchentliche Ruhebedarf der verurteilten Person darf d urch den Vollzug gemeinnütziger Arbeit nicht gänzlich beseitigt werden.

§ 21 5. Gesuch und Entscheid

1 Das Gesuch, die Strafe durch gemeinnützige Arbeit zu verbüssen, ist innerhalb von
20 Tagen nach der Ankündigung des Strafvollzugs beziehungsweise der Vo rladung zum Strafantritt oder nach Zahlungsaufforderung schriftlich bei der zuständigen Vollzugsbehörde einzureichen.
2 Die Kassen der Gerichte, der Staatsanwaltschaft und der Gemeinden leiten Gesu- che um Strafverbüssung in Form von gemeinnütziger Arbeit zu m Entscheid und Vollzug an das AJV weiter.
3 Das AJV entscheidet über das Gesuch und legt die Vollzugsmodalitäten sowie die Behandlungsgebühr fest. Es kann die verurteilte Person zur Abklärung der Einsatz- möglichkeiten zu einer persönlichen Besprechung vorl aden. Unentschuldigtes Nichterscheinen zur persönlichen Besprechung gilt als Verzicht auf die Vollzugs- form der gemeinnützigen Arbeit.

§ 22 6. Vereinbarung mit Einsatzbetrieb

1 Das AJV schliesst mit dem Einsatzbetrieb eine Vereinbarung ab, in welcher insbe- sondere die innerhalb des Einsatzbetriebs verantwortliche Person für die Leitung und Überwachung gemeinnütziger Arbeit bezeichnet wird.
2 Der Einsatzbetrieb meldet Unregelmässigkeiten bei der Ausführung gemeinnützi- ger Arbeit unverzüglich dem AJV.

§ 23 7. Haftung

1 Für Schäden, welche die verurteilte Person im Rahmen gemeinnütziger Arbeit verursacht, haftet der Kanton vorbehältlich der bestehenden Versicherungen. Er kann Regress auf die verurteilte Person nehmen, wenn diese schuldhaft gehandelt hat.
2 Die v erurteilte Person wird durch den Kanton gegen die Folgen von Unfällen ver- sichert, soweit sie nicht bereits über eine ausreichende Versicherung verfügt.

§ 24 8. Abbruch

1 Das AJV bricht den Vollzug der gemeinnützigen Arbeit ab, wenn die verurteilte Person trotz Mahnung a) ohne ausreichende Begründung der zugewiesenen Arbeit fernbleibt oder auf- erlegte Weisungen nicht einhält, b) mit der Arbeitsleistung hinter den Anforderungen zurückbleibt, die billiger- weise gestellt werden können, oder c) durch anderes schu ldhaftes Verhalten die Weiterbeschäftigung für den Ein- satzbetrieb unzumutbar macht.
2 Das AJV kann den Vollzug der gemeinnützigen Arbeit bei Dringlichkeit oder aus wichtigen Gründen ohne vorherige Mahnung abbrechen, namentlich wenn a) der ordentliche Betri eb des Einsatzbetriebs gefährdet ist, b) gegen die verurteilte Person eine neue Strafuntersuchung eingeleitet wird, oder c) gegen die verurteilte Person eine neue Ersatzfreiheitsstrafe für eine Busse oder Geldstrafe zum laufenden Vollzug hinzukommt.

§ 25 9. Beendigung

1 Der Vollzug ist mit der vollständigen Verbüssung der unbedingt zu vollziehenden Arbeitsleistung oder bei einer bedingten Entlassung nach Ablauf der Probezeit be- endet.
2 Wird eine Busse oder eine Geldstrafe in der Form von gemeinnütziger Arb eit voll- zogen, ist eine bedingte Entlassung nicht möglich.
3 Der Einsatzbetrieb bescheinigt dem AJV die ordentliche Beendigung der gemein- nützigen Arbeit.

5.2 Elektronische Überwachung

§ 26 1. Anwendungsbereich und Strafdauer

1 Die elektronische Überwachun g kann zur Anwendung gelangen a) für den Vollzug einer Freiheitsstrafe oder Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen bis zu 12 Monaten, oder b) anstelle des Arbeitsexternats oder des Arbeits - und Wohnexternats für die Dauer von 3 bis 12 Monaten.
2 Das AJV kann m it anderen Kantonen zusammenarbeiten und diesen die dazu er- forderlichen Daten der zu überwachenden Person übermitteln.
3 Für die Berechnung der Vollzugsdauer gemäss Absatz 1 lit. a ist die ausgesproche- ne unbedingte Freiheitsstrafe beziehungsweise bei einer teilbedingten Strafe die Gesamtdauer der Strafe massgebend. Die Dauer der Untersuchungshaft oder bereits erstandene Teilstrafen werden nicht in Abzug gebracht. Treffen mehrere Freiheits- strafen im Vollzug zusammen, werden diese entsprechend ihrer Gesamtstr afe voll- zogen.
4 Während des Vollzugs von Freiheitsstrafen bis zu 12 Monaten im Normalvollzug oder in Halbgefangenschaft ist ein Wechsel in die besondere Vollzugsform der elektronischen Überwachung nicht möglich.
5 Die Bestimmungen zur elektronischen Überw achung gelten sinngemäss auch im Jugendstrafvollzug, soweit es das Bundesrecht zulässt.

§ 27 2. Voraussetzungen

1 Die Gewährung der Vollzugsform der elektronischen Überwachung setzt insbe- sondere voraus, dass a) die verurteilte Person ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz hat und gegen sie keine Landesverweisung gemäss den Art. 66a und 66a bis StGB ausgesprochen worden ist, b) die Datenübertragung des Überwachungsgeräts aus der dauernden Unterkunft möglich ist, und c) die verurteilte Person eine Privathaftpfli chtversicherung abgeschlossen hat.

§ 28 3. Gesuch und Entscheid

1 Das Gesuch, die Strafe durch elektronische Überwachung zu verbüssen, ist inner- halb von 20 Tagen nach der Ankündigung des Strafvollzugs beziehungsweise der Vorladung zum Strafantritt schrift lich beim AJV einzureichen.
2 Das Gesuch, anstelle von Arbeitsexternat oder Arbeits - und Wohnexternat in die elektronische Überwachung zu wechseln, ist spätestens 3 Monate vor dem Übertritt schriftlich beim AJV einzureichen.
3 Das AJV kann die verurteilte Person zur Abklärung der Vollzugsvoraussetzungen gemäss Art. 79b Abs. 2 StGB und zur Festlegung des Vollzugsprogramms zu einer persönlichen Besprechung vorladen. Unentschuldigtes Nichterscheinen gilt als Rückzug des Gesuchs.
4 Das AJV entscheidet über das Gesuch und legt den zu zahlenden Vollzugskosten- vorschuss und die Behandlungsgebühr fest.

§ 29 4. Vollzugsmodalitäten

1 Das AJV legt in Zusammenarbeit mit der verurteilten Person die Vollzugsplanung fest.
2 In der Vollzugsplanung wird insbesondere folgende s geregelt: a) Ausbildungs - , Freizeit - und Sportaktivitäten, b) eine obligatorische Teilnahme an Einzel - und Gruppentherapien, c) eine obligatorische Teilnahme an besonderen Erziehungs - und Schulungspro- grammen, d) eine psychosoziale Beratung und Betreuung.
3 Die verurteilte Person bestätigt die Vollzugsplanung mit ihrer Unterschrift.

§ 30 5. Freie Zeiten

1 Die Dauer der ausserhalb der Wohnung zur freien Verfügung stehenden Zeit an arbeits - oder ausbildungsfreien Tagen, namentlich an Samstagen, Sonntagen un d öffentlichen Feiertagen, richtet sich nach der in der elektronischen Überwachung vollzogenen Strafdauer.
2 Im Vollzug der elektronischen Überwachung anstelle einer Freiheitsstrafe gemäss § 26 Abs. 1 lit. a kann der verurteilten Person an arbeits - oder au sbildungsfreien Tagen bei Wohlverhalten im Vollzug folgende frei zur Verfügung stehende Zeit eingeräumt werden: a) im 1. und 2. Monat: je 3 Stunden pro Tag, b) im 3. und 4. Monat: je 4 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal
24 Stunden am Wochenende, c) im 5. und 6. Monat: je 6 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal
24 Stunden am Wochenende, d) ab 7. Monat: je 8 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal 36 Stunden am Wochenende.
3 Im Vollzug der elektronischen Überwachung anstelle eines Arb eitsexternats oder eines Arbeits - und Wohnexternats gemäss § 26 Abs. 1 lit. b kann der verurteilten Person an arbeits - oder ausbildungsfreien Tagen bei Wohlverhalten im Vollzug fol- gende frei zur Verfügung stehende Zeit eingeräumt werden: a) im 1. und 2. Mo nat: je 6 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal
24 Stunden am Wochenende, b) im 3. und 4. Monat: je 8 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal
36 Stunden am Wochenende, c) ab 5. Monat: je 10 Stunden pro Tag oder pro Vollzugsmonat einmal 36 Stu n- den am Wochenende.
4 Geht die verurteilte Person an Samstagen oder Sonntagen einer Arbeit nach, kann die ausserhalb der Wohnung zur freien Verfügung stehende Zeit auf andere Wo- chentage gelegt werden.

§ 31 6. Pflichten der verurteilten Person

1 Die verurt eilte Person hat die Vollzugsplanung und die Weisungen des AJV strikt einzuhalten und den zuständigen Personen des AJV insbesondere das jederzeitige Zutrittsrecht zur Wohnung zu gewähren.
2 Erkennt die verurteilte Person, dass sie die Vollzugsplanung nicht wird einhalten können, hat sie dies dem AJV unverzüglich und vorgängig mitzuteilen.
3 Sie teilt dem AJV zudem unverzüglich jede im Verlauf des Vollzugs der elektroni- schen Überwachung eintretende Veränderung beim Arbeitsverhältnis, bei der Aus- bildungsmögli chkeit oder der Beschäftigung mit.

§ 32 7. Haftung und Versicherung

1 Die verurteilte Person haftet für alle schuldhaft verursachten Schäden an den tech- nischen Kontrolleinrichtungen für die elektronische Überwachung. Sie hat eine ent- sprechende Privathaftp flichtversicherung nachzuweisen. Das AJV kann zudem die Leistung eines angemessenen Kostendepots verfügen. Die Einleitung eines Strafver- fahrens bleibt vorbehalten.
2 Die verurteilte Person hat für die Dauer des Vollzugs der elektronischen Überwa- chung selbs t für einen ausreichenden Versicherungsschutz zu sorgen. Der Kanton übernimmt keine Haftung im Falle eines ungenügenden Versicherungsschutzes.

§ 33 8. Abbruch

1 Das AJV kann den Vollzug der elektronischen Überwachung abbrechen, wenn die verurteilte Person trotz Mahnung a) ihre Pflichten gemäss Bewilligung oder Vollzugsplanung nicht einhält, b) die Behandlungsgebühr nicht oder die Vollzugskosten wiederholt nicht frist- gerecht bezahlt, oder c) in leichter Weise gegen die Bestimmungen gemäss § 33 Abs. 2 lit. a – d verstösst.
2 Das AJV kann den Vollzug der elektronischen Überwachung bei schweren Verstössen ohne vorherige Mahnung abbrechen, wenn a) die verurteilte Person die Zeit ausserhalb der Unterkunft missbraucht, b) die verurteilte Person Drogen besitzt, konsu miert oder weitergibt, c) die verurteilte Person gegen Auflagen, namentlich Absolvieren einer Therapie oder Alkoholabstinenz, verstösst, d) die verurteilte Person die Überwachungsgeräte manipuliert oder zu manipulie- ren versucht, oder e) gegen die verurteil te Person eine neue Strafuntersuchung eingeleitet wird.

§ 34 9. Beendigung

1 Der Vollzug ist mit der vollständigen Strafverbüssung oder bei einer bedingten Entlassung nach Ablauf der Probezeit beendet.

5.3 Halbgefangenschaft

§ 35 1. Anwendungsbereich

1 F reiheitsstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen von nicht mehr als 12 Monaten und nach Anrechnung der Untersuchungshaft verbleibende Reststrafen von nicht mehr als
6 Monaten sowie Sicherheitshaft gemäss Art. 66 Abs. 2 StGB können so vollzogen werden, dass die v erurteilte Person ihrer bisherigen Arbeit, Ausbildung oder Be- schäftigung nachgeht, jedoch die Ruhe - und Freizeit in der Vollzugsanstalt ver- bringt.
2 Bei teilbedingten Freiheitsstrafen ist der unbedingte Teil massgeblich.
3 Beim gemeinsamen Vollzug mehrerer Strafen wird auf die Gesamtdauer abgestellt.

§ 36 2. Voraussetzungen

1 Die Gewährung der Halbgefangenschaft setzt insbesondere voraus, dass die verur- teilte Person ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz hat und gegen sie keine Landes- verweisung gemäss den Art . 66a und 66a bis StGB ausgesprochen worden ist.

§ 37 3. Vollzugsmodalitäten

1 Soweit diese Verordnung nichts anderes bestimmt, gelten für den Vollzug der Halbgefangenschaft die Vorschriften über den Normalvollzug.
2 Bei Wohlverhalten am Arbeitsplatz und i n der Vollzugsanstalt kann das AJV ab dem dritten Vollzugsmonat wie folgt stundenweise Freizeit ausserhalb der Voll- zugsanstalt gewähren: a) bis und mit 6. Monat: je einen Ausgang von 5 Stunden und einen Beziehungs- urlaub von 24 Stunden pro Vollzugsmonat, von 36 Stunden pro Vollzugsmonat.
3 Die Versicherung gegen Unfälle auf dem Arbeitsweg und am Arbeitsort ist Sache der verurteilten Person.
4 An Arbeitstagen ist die Verpflegung in der Regel Sache der verurteilten Person; an Ruhetagen wird die Verpflegung in der Vollzugsanstalt abgegeben.

§ 38 4. Anrechnung an die Vollzugsdauer

1 Die verurteilte Person hat wenigstens einen Tag pro Woche in der Vollzugseinrich- tung zu verbringen.
2 Jede i n der Vollzugsanstalt verbrachte Nacht gilt als ein Tag Freiheitsentzug.

§ 39 5. Gesuch und Entscheid

1 Das Gesuch, die Strafe in Halbgefangenschaft zu verbüssen, ist zusammen mit den Belegen für die Fortsetzung der Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung i nnerhalb von 20 Tagen nach der Ankündigung des Strafvollzugs beziehungsweise bei Ersatz- freiheitsstrafen spätestens bei Antritt des Vollzugs dem AJV einzureichen.
2 Das AJV entscheidet schriftlich über den Vollzug in der Form der Halbgefangen- schaft und legt die Vollzugsmodalitäten sowie den zu zahlenden Vollzugskostenvor- schuss und die Behandlungsgebühr fest.
3 Wird der Vollzug in Form der Halbgefangenschaft abgelehnt, ordnet das AJV die Strafverbüssung im Normalvollzug an.

§ 40 6. Abbruch und Vollzug der Re ststrafe

1 Das AJV bricht den Vollzug in Form der Halbgefangenschaft ab, wenn a) die verurteilte Person im Zeitpunkt des Strafantritts den Vorschuss an die Vollzugskosten oder die Behandlungsgebühr noch nicht bezahlt hat, b) die Voraussetzungen für den bes onderen Vollzug weggefallen sind, c) die verurteilte Person trotz Mahnung die Vollzugsbedingungen, insbesondere die verfügten Antrittszeiten, nicht einhält oder unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln einrückt, oder d) die inhaftierte Person sich trotz Mahnung in der Vollzugsanstalt nicht wohl verhält.
2 Das AJV kann den Vollzug der Halbgefangenschaft ohne vorherige Mahnung un- terbrechen oder abbrechen, wenn gegen die verurteilte Person eine neue Strafunter- suchung eingeleitet wird.
3 Im Falle des A bbruchs ordnet das AJV die Verbüssung der Freiheitsstrafe oder der Restfreiheitsstrafe im Normalvollzug an.

§ 41 7. Beendigung

1 Der Vollzug ist mit der vollständigen Verbüssung der unbedingt zu vollziehenden Strafe oder bei einer bedingten Entlassung nac h Ablauf der Probezeit beendet.
2 Die Vollzugsanstalt teilt dem AJV die Entlassung der verurteilten Person schrift- lich mit.

5.4 Normalvollzug

§ 42 1. Anwendungsbereich und Vollzugsanstalt

1 Wenn keine besondere Vollzugsform möglich ist, verbüsst die verur teilte Person die Freiheitsstrafe im Normalvollzug.
2 Der Normalvollzug findet in einer offenen Vollzugsanstalt statt, wenn die be- schränkten Aufsichts - und Kontrollmöglichkeiten zur Vermeidung einer Flucht, zur Verhinderung neuer Straftaten und zum Schutz der Öffentlichkeit ausreichen. In den übrigen Fällen wird die verurteilte Person in eine geschlossene Vollzugsanstalt oder eine geschlossene Abteilung einer offenen Anstalt eingewiesen.
3 Vorbehalten bleibt der Vollzug kurzer Freiheitsstrafen in den Bezirk sgefängnissen.

§ 43 2. Berichterstattung der Vollzugsanstalt

1 Dauert der Vollzug über 6 Monate, hat die Vollzugsanstalt auf Verlangen des AJV über die Eingewiesenen ausführlich Bericht zu erstatten, insbesondere im Zusam- menhang mit Entlassungsgesuchen. U nabhängig von der Vollzugsdauer nimmt sie schriftlich Stellung zu anderen Begehren und Beschwerden der inhaftierten Perso- nen.
2 Die Berichterstattung erfolgt auch ohne Gesuch bei Freiheitsstrafen nach Ablauf von zwei Dritteln derselben und bei Massnahmen n ach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer. Bei den übrigen Massnahmen auf unbestimmte Dauer ist jährlich mindestens einmal zu berichten und zur Frage einer allfälligen Entlassung Stellung zu nehmen.

§ 44 3. Änderung der Sanktion

1 Stellt das AJV vor oder w ährend des Vollzugs der Freiheitsstrafe fest, dass bei der verurteilten Person die Voraussetzungen für eine stationäre therapeutische Mass- nahme gemäss den Art. 59 – 61 StGB oder Verwahrung gegeben sind, lässt es beim zuständigen Gericht Antrag auf Änderung d er Sanktion stellen.

§ 45 4. Beendigung

1 Der Normalvollzug ist mit der vollständigen Verbüssung der unbedingt zu vollzie- henden Strafe oder bei einer bedingten Entlassung nach Ablauf der Probezeit been- det.
2 Die Vollzugsanstalt teilt dem AJV die Entlassun g und den neuen Aufenthaltsort der entlassenen Person schriftlich mit.

5.5 Arbeitsexternat und Wohnexternat

§ 46 1. Anwendungsbereich und Vollzugsanstalt

1 Das Arbeitsexternat und das Wohnexternat sind die Vorstufen der Entlassung aus dem Vollzug einer Fr eiheitsstrafe. Das Wohnexternat wird in der Regel in einem vom Strafvollzugskonkordat anerkannten Wohnheim oder einer ausserhalb geführ- ten Abteilung einer Vollzugsanstalt vollzogen.

§ 47 2. Voraussetzungen

1 Das AJV kann bei Freiheitsstrafen ab 18 Monaten Dauer auf ein begründetes Ge- such hin die Versetzung in ein Arbeits - beziehungsweise Wohnexternat bewilligen, wenn a) die verurteilte Person mindestens die Hälfte der Strafdauer, und bei lebens- länglichen Freiheitsstrafen mindestens 10 Jahre verbüsst hat, b ) sie sich im Vollzug bewährt hat, c) keine Fluchtgefahr sowie keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit be- steht, d) anzunehmen ist, dass im weiteren Vollzugsverlauf die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung erfüllt werden, und e) die verurteilte Person eine feste Arbeits - oder Ausbildungsstelle in Aussicht hat oder die Hausarbeit und Kinderbetreuung übernimmt.

§ 48 3. Abbruch

1 Das AJV bricht das Arbeits - und Wohnexternat ab, wenn a) die Voraussetzungen für das Arbeits - und Wohnexternat nicht me hr erfüllt sind, oder b) die verurteilte Person die Anstaltsordnung grob verletzt.
2 Im Falle des Abbruchs ordnet das AJV die Rückversetzung in den Normalvollzug an.
3 Die Vollzugsanstalt beziehungsweise das Wohnheim meldet dem AJV, wenn Ab- bruchgründe vorl iegen.

§ 49 4. Beendigung

1 Das Arbeits - und Wohnexternat endet in der Regel mit der bedingten Entlassung oder ausnahmsweise mit der vollständigen Verbüssung der unbedingt zu vollziehen- den Strafe.
2 Die Vollzugsanstalt beziehungsweise das Wohnheim teilt d em AJV die Entlassung und den neuen Aufenthaltsort der entlassenen Person schriftlich mit.

6. Formen des Vollzugs von Massnahmen

§ 50 1. Zuständigkeiten

1 Der Vollzug ambulanter Massnahmen mit Strafaufschub obliegt dem AJV.
2 Der Vollzug ambulanter Massnahmen während des Freiheitsentzugs erfolgt in Zusammenarbeit zwischen dem AJV und der Vollzugsanstalt.
3 Das AJV legt gestützt auf das zu vollziehende Urteil das zu erreichende Massnah- menziel fest und holt bei der therapeutischen Fa chperson die Berichte ein.
4 Das AJV kann trotz gewährtem Strafaufschub die vorübergehende stationäre Be- handlung der verurteilten Person anordnen, wenn das zur Einleitung oder Fortfüh- rung der ambulanten Massnahme geboten ist. Die stationäre Behandlung darf nicht länger als 2 Monate dauern.
5 Das AJV kann vorsorglich bis zum Entscheid des Gerichts über die Anrechnung des mit der ambulanten Massnahme verbundenen Freiheitsentzugs an die Freiheits- strafe den Vollzug der aufgeschobenen Freiheitsstrafe und die Wei terführung der ambulanten Behandlung während des Freiheitsentzugs anordnen, wenn beim Mass- nahmenvollzug in Freiheit Dritte gefährdet erscheinen.

§ 51 2. Mitwirkungspflicht der verurteilten Person

1 Wurde der verurteilten Person Strafaufschub gewährt, best immt das AJV die ge- eignete therapeutische Fachperson. Die verurteilte Person hat bei der Bestimmung der Fachperson mitzuwirken, namentlich indem sie dem AJV entsprechende Vor- schläge unterbreitet.
2 Die verurteilte Person hat während des Vollzugs erreichbar zu sein. Sie teilt dem AJV Wechsel des Wohnsitzes oder des Arbeitsplatzes unaufgefordert und ohne Ver- zug mit.
3 Wird die ambulante Massnahme während des Freiheitsentzugs vollzogen, ist in der Regel das bestehende Angebot der Vollzugsanstalt zu nutzen. Aus nahmen können durch das AJV in Absprache mit der Vollzugsanstalt bewilligt werden.
4 Die verurteilte Person hat die therapeutische Fachperson von der Schweigepflicht gegenüber dem AJV zu entbinden.

§ 52 3. Aufhebung

1 Dem AJV obliegt die jährliche Prüfung der Fortsetzung oder Aufhebung der ambu- lanten Massnahme. Sie hebt den Vollzug der Massnahme bei Vorliegen der Voraus- setzungen gemäss Strafgesetzbuch auf.

6.2 Stationäre Massnahmen

§ 53 1. Zuständigkeiten und Vollzugsanstalt

1 Der Vollzug stationärer Mass nahmen obliegt dem AJV.
2 Die stationären Massnahmen werden in geeigneten Vollzugsanstalten vollzogen.

§ 54 2. Mitwirkungspflicht der verurteilten Person

1 Die verurteilte Person hat beim Massnahmenvollzug mitzuwirken und die thera- peutische Fachperson von der Schweigepflicht gegenüber dem AJV zu entbinden.

§ 55 3. Aufhebung und Entlassung

1 Dem AJV obliegt die jährliche Prüfung der Fortsetzung oder Aufhebung der Mass- nahme. Auf die Einholung eines Gutachtens gemäss Art. 62d Abs. 2 StGB kann verzichtet werd en, wenn die verurteilte Person sich einer therapeutischen Behand- lung verweigert. Das AJV hebt den Vollzug der Massnahme bei Vorliegen der Vo- raussetzungen gemäss StGB auf und lässt beim zuständigen Gericht gegebenenfalls die Anordnung einer Verwahrung bean tragen.
2 Das AJV entlässt die verurteilte Person bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäss StGB bedingt aus dem Massnahmenvollzug. In den vom StGB vorgesehenen Fällen lässt das AJV beim zuständigen Gericht die Verlängerung der Probezeit beantragen.
3 Das A JV lässt beim zuständigen Gericht die Rückversetzung in den Massnahmen- vollzug beantragen, wenn wegen des Verhaltens der bedingt entlassenen Person ein schwerwiegender Rückfall ernsthaft zu erwarten ist.
4 Das AJV entlässt die bedingt entlassene Person endg ültig aus der Massnahme, wenn sie sich bis zum Ablauf der Probezeit bewährt hat.

6.3 Verwahrung

§ 56 1. Zuständigkeiten und Vollzugsanstalten

1 Der Vollzug der Verwahrung obliegt dem AJV.
2 Die Verwahrung wird gemäss den Bestimmungen über den Normalvollzu g in einer geschlossenen Vollzugsanstalt vollzogen.

§ 57 2. Aufhebung und Entlassung

1 Das AJV prüft, ob die verurteilte Person schon aus dem Vollzug der Freiheitsstrafe bedingt entlassen werden kann und lässt beim Gericht einen entsprechenden Antrag stel len.
2 Das AJV prüft, ob die Voraussetzungen für die Anordnung einer stationären thera- peutischen Massnahme gegeben sind und lässt beim Gericht einen entsprechenden Antrag stellen.
3 Dem AJV obliegt die jährliche Prüfung der Fortsetzung oder Aufhebung der V er- wahrung. Auf die Einholung eines Gutachtens gemäss Art. 64b Abs. 2 StGB kann verzichtet werden, wenn die verurteilte Person sich einer therapeutischen Behand- lung verweigert. Das AJV entlässt die verurteilte Person bei Vorliegen der Voraus- setzungen gemäss Strafgesetzbuch bedingt aus der Verwahrung. In den vom Straf- gesetzbuch vorgesehenen Fällen lässt es beim Gericht die Verlängerung der Probe- zeit beantragen.
4 Stellt das AJV fest, dass bei der verurteilten Person die Voraussetzungen für eine stationäre the rapeutische Massnahme gemäss den Art. 59 – 61 StGB gegeben sind, lässt es beim Gericht einen Antrag auf Änderung der Sanktion stellen.
5 Das AJV lässt beim Gericht die Rückversetzung in den Verwahrungsvollzug bean- tragen, wenn wegen des Verhaltens der bedingt entlassenen Person ein schwerwie- gender Rückfall ernsthaft zu erwarten ist.
6 Das AJV entlässt die bedingt entlassene Person endgültig aus der Verwahrung, wenn sie sich bis zum Ablauf der Probezeit bewährt hat.

7. Gemeingefährliche Straftäterinnen und Stra ftäter

§ 58 1. Vollzugslockerungen

1 Gefangenen können Vollzugslockerungen nur bewilligt werden, wenn a) sie nicht oder nicht mehr als gemeingefährlich beurteilt werden, oder b) der Schutz der öffentlichen Sicherheit oder besonders gefährdeter Dritter dur ch wirksame begleitende Massnahmen ausreichend sichergestellt werden

8. Allgemeine Regeln des Vollzugs von Freiheitsstrafen und von

stationären Massnahmen in kantonalen Vollzugsanstalten

§ 59 1. Besondere Vollzugsregeln, Anstaltsreglemente

1 Unter V orbehalt der nachfolgenden Bestimmungen und besonderer Weisungen des AJV richtet sich die Durchführung des Straf - und Massnahmenvollzugs nach den Organisationserlassen und Hausordnungen (Anstaltsreglemente) der betreffenden Vollzugsanstalten.
2 Die Hausord nungen der kantonalen Vollzugsanstalten bedürfen der Genehmigung durch das DVI oder durch eine besondere Aufsichtskommission. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit anderer Departemente bei Massnahmenvollzugsanstalten.
3 Bei kranken, gebrechlichen und betagt en Personen sowie bei Schwangeren und Müttern mit Kleinkindern kann zugunsten der Gefangenen von den Regeln des Vollzugs von Strafen und Massnahmen abgewichen werden.

§ 60 2. Grundsätze

1 Beim Vollzug der Freiheitsstrafen und Massnahmen sind die geschlech tsspezifi- schen Anliegen und Bedürfnisse der Gefangenen zu berücksichtigen.
2 Das Personal und die Gefangenen begegnen einander mit Anstand und Respekt.
3 Die Gefangenen haben die Vorschriften der Anstaltsreglemente zu beachten und den Anweisungen des Perso nals Folge zu leisten. Private oder rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen den Gefangenen und dem Personal sind verboten.

§ 61 3. Eintritt

1 Die Aufnahme in eine Vollzugsanstalt erfolgt gestützt auf einen schriftlichen Auf- trag des AJV. Vorbehalten bleib t die Zuständigkeit der Verfahrensleitung zur Bewil- ligung des vorzeitigen Vollzugs. Mündliche Aufträge sind umgehend schriftlich zu bestätigen.
2 Einweisungen im Rahmen des vorzeitigen Strafvollzugs erfolgen in der Regel in eine geschlossene Vollzugseinric htung. Nach Eintritt in die Vollzugseinrichtung kann die Verfahrensleitung die Vollzugskompetenz an das AJV delegieren. Einwei- sungen zum vorzeitigen Massnahmenvollzug bedürfen der Zustimmung des AJV.
3 Die nicht polizeilich zugeführten Eintretenden haben s ich mit einem amtlichen Ausweispapier mit Lichtbild über ihre Identität auszuweisen. Über alle Neueintritte sind ein Protokoll mit Signalement sowie ein Verzeichnis über die abgenommenen und abgegebenen Effekten zu erstellen.
4 Das Personal klärt die Eintr etenden über ihre Rechte und Pflichten auf und gibt ihnen auf Wunsch ein Exemplar der Hausordnung ab.
5 Die Vollzugsanstalt trifft die im Interesse der Gefangenen erforderlichen fürsorge- rischen Vorkehrungen.

§ 62 4. Vollzugsplanung

1 Dauert der Vollzug vo raussichtlich mehr als 6 Monate, bespricht die Vollzugsan- stalt mit den Gefangenen den geplanten Vollzugsverlauf. Dabei berücksichtigt sie schriftliche Vorgaben des AJV.
2 Die Vollzugsplanung umfasst insbesondere: a) den Arbeitseinsatz und die Ausbildung, b ) die Abklärung der finanziellen Verhältnisse und der Möglichkeiten einer Schuldensanierung und Wiedergutmachung, c) den Ablauf der vollzugsbegleitenden Massnahmen, d) den Zeitplan für allfällige mit dem AJV abgesprochene Vollzugslockerungen.
3 Die Vollzug sanstalt überwacht die Einhaltung des Vollzugsplans und passt diesen bei Bedarf an. Sie teilt dem AJV die wesentlichen Elemente der Vollzugsplanung mit und meldet, wenn diese nicht eingehalten oder angepasst wurden.

§ 63 5. Arbeit und Ausbildung

1 Die Gef angenen im Normalvollzug sind zur Arbeit oder Ausbildung verpflichtet, wenn die Vollzugsanstalt über ein entsprechendes Angebot verfügt. Der Arbeitsein- satz kann nur ausserhalb der Vollzugsanstalt geleistet werden, wenn die Vorausset- zungen für das Arbeitsex ternat erfüllt sind.
2 Für die geleistete Arbeit beziehungsweise für an deren Stelle besuchte Aus - bezie- hungsweise Weiterbildung erhalten die Gefangenen ein angemessenes Entgelt be- ziehungsweise eine angemessene Vergütung. Die Vollzugsanstalt bestimmt die H ö- he des Entgelts oder der Vergütung anhand der erbrachten Leistung und unter Be- rücksichtigung der Richtlinien des Strafvollzugskonkordats über das Arbeitsentgelt. Sie legt die Art der Auszahlung oder Gutschrift fest.
3 Die Vollzugsanstalt kann Vorschriften über die Verwendung des Entgelts oder der Vergütung erlassen. Insbesondere kann sie vorsehen, dass das Entgelt oder die Ver- gütung angemessen herangezogen werden kann zur a) Deckung der grobfahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schäden, b) Deckung der A usschaffungskosten, c) Bezahlung der gerichtlich festgesetzten Wiedergutmachungsansprüche der Geschädigten und der gestützt darauf entstandenen Regressansprüche Dritter, oder d) Bezahlung der Verfahrenskosten in von Gefangenen verursachten Beschwer- deverfah ren.

§ 64 6. Gesundheit und Betreuung

1 Die Gefangenen erhalten während des Vollzugs eine ausreichende medizinische Grundversorgung. Das AJV ist für die Sicherstellung der notwendigen medizini- schen Grundversorgung verantwortlich. Es kann zu diesem Zweck m it der Ärzte- schaft Leistungsverträge abschliessen. Bei einer Einweisung in ein Spital muss die öffentliche Sicherheit gewahrt bleiben.
2 Die Gefangenen erhalten dreimal täglich eine Mahlzeit. Diätkost und zusätzliche Verpflegung werden nur auf Anordnung ei ner ärztlichen Fachperson abgegeben.
3 Die Gefangenen haben Anspruch auf einen täglichen Spaziergang sowie das Recht und die Pflicht zur angemessenen Körperpflege.
4 Die Gefangenen werden vom Kanton in genügendem Umfang gegen die Folgen von Unfällen und In validität versichert, soweit sie nicht bereits über eine ausrei- chende Versicherung verfügen.

§ 65 7. Kontakt zur Aussenwelt

a) Post - und Fernmeldeverkehr
1 Der Post - und Fernmeldeverkehr der Gefangenen wird kontrolliert. Der Verkehr mit Behörden sowie bev ollmächtigten oder amtlich als Rechtsvertretung ernannten Anwältinnen und Anwälten wird inhaltlich nicht überwacht. Der Verkehr mit den Aufsichtsbehörden wird nicht kontrolliert.
2 Die Vollzugsanstalt kann aus Sicherheitsgründen den Umfang der täglichen Po st und den Adressatenkreis beschränken. Sie regelt den Fernmeldeverkehr.

§ 66 b) Besuche

1 Die Gefangenen dürfen mit Bewilligung der Anstaltsleitung Besuche von Ver- wandten und nahen Bezugspersonen empfangen. Bei Untersuchungs - und Sicher- heitshaft ist zude m die Bewilligung der Verfahrensleitung einzuholen.
2 Die Hausordnung bestimmt die Besuchsmodalitäten und kann insbesondere Ein- schränkungen bezüglich der Häufigkeit und der Dauer der Besuche sowie der An- zahl der Besuchenden vorsehen.
3 Die Besuche von Amts personen, bevollmächtigten Anwältinnen und Anwälten, diplomatischen Vertretungen sowie in der Seelsorge und Sozialarbeit tätigen Perso- nen unterliegen nur den durch die Anstaltssicherheit bedingten Einschränkungen.

§ 67 c) Urlaub

1 Das AJV oder, wenn es di e Zuständigkeit delegiert hat, die Vollzugsanstalt können den Gefangenen auf ein rechtzeitiges begründetes Gesuch hin Ausgang, Sach - und Beziehungsurlaub bewilligen. Sie berücksichtigen dabei die Richtlinien des Kon- kordats.
2 Das Urlaubsgesuch wird abgeleh nt, wenn Fluchtgefahr besteht oder eine Gefähr- dung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten ist.

§ 68 d) Sonderregelungen

1 Die Vollzugsanstalten können für einzelne Abteilungen mit höheren Sicherheits- bedürfnissen einschränkendere Vorschriften erlassen.

§ 69 8. Suchtmittel, Medikamente

1 Der Besitz und der Konsum von Alkohol und Betäubungsmitteln ist während des Vollzugs und Urlaubs verboten.
2 Der Besitz und die Einnahme von rezeptpflichtigen Medikamenten ist während des Vollzugs und Urlaubs verboten, w enn diese nicht anstaltsärztlich verschrieben wur- den.
3 Die Vollzugsanstalt kann jederzeit die Durchführung von Tests zur Feststellung des Konsums verbotener Suchtmittel und Medikamente anordnen.
4 Verbotene Suchtmittel und Medikamente werden eingezogen un d vernichtet.

§ 70 9. Kontrollen und Untersuchungen

1 Die persönlichen Effekten und die Unterkunft der Gefangenen können zum Schutz der Ordnung und Sicherheit in der Vollzugseinrichtung jederzeit durchsucht werden.
2 Besteht der Verdacht, dass Gefangene u nerlaubte Gegenstände auf sich oder im Körper tragen, kann eine Leibesvisitation durchgeführt werden. Diese ist von einer Person gleichen Geschlechts vorzunehmen. Ist eine Entkleidung erforderlich, so ist die Leibesvisitation in Abwesenheit anderer Gefange ner durchzuführen. Untersu- chungen im Körperinnern dürfen nur von einer medizinischen Fachperson vorge- nommen werden.

§ 71 10. Disziplinarwesen

a) Anwendung
1 Disziplinarische Sanktionen werden zur Ahndung von schuldhaften Verstössen gegen die Anstaltsordnu ng oder gegen den Vollzugsplan verhängt, wenn die or- dentlichen Mittel der Erziehung, Führung und Beeinflussung keinen Erfolg verspre- chen. Die strafrechtliche Verfolgung des Fehlverhaltens bleibt vorbehalten.
2 Als Disziplinartatbestände gelten insbesondere : a) Gewalt, Drohung oder Beschimpfung gegen Personal, Mitgefangene oder andere Personen, b) Entweichung, Flucht und Versuche dazu, c) Schmuggel und Besitz verbotener Gegenstände, d) Alkohol - und Drogentatbestände, wobei die Verweigerung der Blut - und Urin proben und Atemlufttests einem Verstoss gleichgesetzt ist, e) Beschädigung und Aneignung von fremdem Eigentum, f) Ungehorsam gegen Anordnungen des Personals.

§ 72 b) Sanktionen

1 Disziplinarische Sanktionen sind: a) mündlicher oder schriftlicher Verweis, b) Entzug, Verweigerung oder Einschränkung von Vergünstigungen, insbesonde- re durch Beschränkung der Freizeit und der Aussenkontakte sowie durch den Entzug von Radio und Fernsehen für eine bestimmte Zeit, c) Beschränkung der Verfügung über das Arbeitsentgel t oder die Ausbildungs- vergütung, d) Busse, e) Einschliessung auf der Wohnzelle, f) bedingter oder unbedingter Arrest.
2 Gefangene können mit Arreststrafen von höchstens 14 Tagen bestraft werden. Aus Sicherheitsgründen oder bei Verdunklungsgefahr kann berei ts vor Erlass des Diszip- linarentscheids Sicherheitshaft von höchstens 24 Stunden angeordnet werden.
3 Mit der Verhängung einer Arreststrafe können auch der Entzug, die Verweigerung oder die Einschränkung von Vergünstigungen für eine bestimmte Zeit sowie di e Verfügungsbeschränkung über das Arbeitsentgelt oder die Ausbildungsvergütung verbunden werden.
4 Bei der Bemessung der Schwere der disziplinarischen Sanktion sind die Schwere des Verstosses, das Verschulden sowie das bisherige Verhalten des oder der Gefa n- genen zu berücksichtigen.

§ 73 c) Zuständigkeiten

1 Die Disziplinargewalt gegenüber Gefangenen in den Bezirksgefängnissen obliegt der Leiterin oder dem Leiter sowie deren oder dessen Stellvertretung.
2 Insassen anerkannter Einrichtungen des Jugendstraf - und - massnahmenvollzugs unterliegen der Disziplinargewalt der Leiterin oder des Leiters sowie deren oder dessen Stellvertretung. Die Leiterin oder der Leiter kann die Disziplinargewalt an Mitarbeitende delegieren. Von der Delegation ausgenommen ist der Ent scheid von Arrest oder Sicherungsmassnahmen.
3 Insassen anderer Vollzugsanstalten unterliegen der Disziplinargewalt der jeweili- gen Anstaltsleitung.
4 Die Disziplinierenden informieren das AJV über verhängte Arreststrafen.

§ 74 d) Verfahren und Rechtsmitte l

1 Vor der Anordnung einer Disziplinierung ist die betroffene Person anzuhören.
2 Disziplinarentscheide können innert 3 Tagen seit deren Eröffnung mit schriftlicher Beschwerde beim AJV oder, wenn sie von der Leiterin oder dem Leiter einer aner- kannten Einr ichtung des Jugendstraf - und - massnahmenvollzugs erlassen werden, beim Departement Bildung, Kultur und Sport angefochten werden. Die Frist ist ge- wahrt, wenn die Beschwerde innert 3 Tagen dem Personal übergeben wird. Im Übri- gen gelten die Vorschriften des V erwaltungsrechtspflegegesetzes.
3 Beschwerdeentscheide des AJV können innert 30 Tagen seit Eröffnung mit Ver- waltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.

§ 75 e) Justizvollzugsanstalt Lenzburg und Jugendheim Aarburg

1 Das Disziplinarwesen für Gefangene d er Justizvollzugsanstalt Lenzburg richtet sich nach der Verordnung über die Organisation der Justizvollzugsanstalt Lenz- burg 1 ) .
2 Das Disziplinarwesen für Insassen des Jugendheims Aarburg richtet sich nach der Verordnung über die Organisation des Jugendhei ms Aarburg 2 ) .

§ 76 11. Austritt

1 Gefangene sind am letzten Tag der Strafe zu entlassen.
1 ) SAR 253.331
2 ) SAR 253.371
2 Strafunterbruch, bedingte Entlassung und Entlassung aus Massnahmen auf unbe- stimmte Dauer dürfen nur gestützt auf einen Entscheid des AJV erfolgen. Vorbehal- ten blei bt die Zuständigkeit der Verfahrensleitung beim vorzeitigen Vollzug.
3 Die Vollzugsanstalt teilt dem AJV jeden Austritt sowie in den in dieser Verord- nung vorgesehenen Fällen den neuen Aufenthaltsort der ausgetretenen Person schriftlich mit.

9. Bewährungshi lfe und durchgehende soziale Betreuung

9.1 Bewährungshilfe

§ 77 1. Geltungsbereich

1 Die Bewährungshilfe erstreckt sich auf alle Personen, die ihr durch die Gerichte, die Staatsanwaltschaft, die Strafvollzugsbehörden oder die Begnadigungsbehörde unterstel lt werden.

§ 78 2. Dauer

1 Die Bewährungshilfe dauert grundsätzlich bis zum Ablauf der von der unterstel- lenden Behörde festgesetzten Frist. Fehlt eine entsprechende Anordnung, endet sie mit der Probezeit.

§ 79 3. Informationsaustausch

1 Die unterstellend e Behörde leitet dem AJV rechtzeitig die erforderlichen Unterla- gen weiter.
2 Durch ein geeignetes Berichtswesen ist zu gewährleisten, dass das AJV die unter- stellende Behörde hinreichend über den Verlauf der Bewährungshilfe orientiert.

§ 80 4. Missachtung der Bewährungshilfe und Weisungen

1 Entzieht sich die betroffene Person der Bewährungshilfe oder handelt sie einer ihr erteilten Weisung zuwider, ordnet das AJV eine polizeiliche Aufenthaltsnachfor- schung an oder spricht eine förmliche Mahnung aus. Art. 95 Abs. 4 und 5 StGB bleiben vorbehalten.

§ 81 5. Amtsgeheimnis, Aktenvernichtung

1 Sämtliche in der Bewährungshilfe tätigen Personen unterstehen dem Amtsgeheim- nis. Sie sind zur Offenbarung des Amtsgeheimnisses berechtigt, wenn eine Einwilli- gung der betroffe nen Person oder des AJV vorliegt.
2 Die unterstellenden Behörden legen fest, wie lange die Personendaten zu archivie- ren beziehungsweise wann sie zu vernichten sind.

§ 82 6. Pflichten

1 Die Betroffenen sind verpflichtet, den ihnen im Urteil oder in einem E ntscheid auferlegten Weisungen sowie den Absprachen mit dem AJV gewissenhaft nachzu- kommen und sich um ein geordnetes, deliktfreies Leben zu bemühen.
2 Der Wechsel von Wohnsitz und Arbeitsplatz sind dem AJV unaufgefordert und ohne Verzug zu melden.

9.2 Durc hgehende soziale Betreuung

§ 83 1. Gegenstand

1 Die durchgehende soziale Betreuung der inhaftierten Person und deren Angehöri- gen mildert die Folgen des Freiheitsentzugs. Sie erleichtert die Wiedereingliederung insbesondere durch die planmässige Vorbereitu ng der Entlassung sowie durch die Unterstützung bei der Regelung der finanziellen Verhältnisse und bei Behördengän- gen.

§ 84 2. Zuständigkeiten

1 Die Betreuung kann auf Antrag der inhaftierten Person durch die Verfahrenslei- tung, das AJV oder die Vollzugsan stalt angeordnet werden.
2 Die durchgehende soziale Betreuung wird sichergestellt durch die Seelsorge, das Personal und die Sozialdienste der Vollzugsanstalten sowie durch Private, die durch das DVI bezeichnet werden.

10. Geldstrafen, Bussen und andere Mas snahmen

§ 85 1. Geldstrafen und Bussen

1 Die durch die Staatsanwaltschaft mit Strafbefehlen ausgefällten Geldstrafen, Bus- sen und Kosten werden durch deren Amtskassen oder, nach Überweisung zum Voll- zug der Ersatzfreiheitsstrafen, durch das AJV eingezogen. Hierfür sind die rechts- kräftigen Strafbefehle weiterzuleiten.

§ 86 2. Andere Massnahmen

a) Tätigkeitsverbot
1 Die Gerichte melden ein verhängtes Tätigkeitsverbot (Art. 67 – 67d StGB) dem AJV durch Zustellung des rechtskräftigen Urteils.
2 Das AJV sorgt für die Überwachung der Einhaltung des Tätigkeitsverbots. Es kann hierfür Auskünfte bei Wohn - und Aufenthaltsgemeinden der verurteilten Person sowie weiteren Amtsstellen einholen.
3 Die verurteilte Person hat dem AJV den Wechsel des Wohnsitzes und des Arbeits- p latzes beziehungsweise der beruflichen Tätigkeit gemäss Art. 67a Abs. 1 StGB unaufgefordert und ohne Verzug zu melden. Dasselbe gilt für den Eintritt in Vereine oder andere Organisationen zur Ausübung ausserberuflicher Tätigkeiten gemäss Art. 67a Abs. 1 St GB sowie für Änderungen des bisherigen Tätigkeitsgebiets bezie- hungsweise der bisherigen Funktion in entsprechenden Organisationen.

§ 87 b) Kontakt - und Rayonverbot

1 Die Gerichte melden ein verhängtes Kontakt - und Rayonverbot (Art. 67b StGB) dem AJV durch Zustellung des rechtskräftigen Urteils.
2 Das AJV entscheidet, ob es für die Überwachung der Einhaltung des Kontakt - und Rayonverbots technische Geräte einsetzt. Es kann mit anderen Kantonen zusam- menarbeiten und diesen die dazu erforderlichen Daten der zu überwachenden und der zu schützenden Personen übermitteln.

§ 88 c) Fahrverbot

1 Hat die Staatsanwaltschaft oder die strafrichterliche Behörde ein Fahrverbot (Art. 67e StGB) angeordnet, teilt sie den Strafbefehl oder das Urteil dem zuständi- gen Strassenver kehrsamt nach Rechtskraft mit.
2 Das Strassenverkehrsamt bestimmt das Datum, ab dem das Fahrverbot gilt, zieht den Führerausweis ein und bewahrt ihn bis zum Ablauf der Sanktion auf. Es trägt das Fahrverbot in das Fahrberechtigungsregister ein.

§ 89 Landes verweisung

1 Das Amt für Migration und Integration Kanton Aargau (MIKA) ist zuständig für den Vollzug der Landesverweisungen (Art. 66a und 66a bis StGB) und für den Ent- scheid über den Aufschub des Vollzugs der obligatorischen Landesverweisung (Art. 66d StGB ).
2 Das AJV teilt dem MIKA den Zeitpunkt der bedingten oder endgültigen Entlas- sung aus dem Sanktionenvollzug rechtzeitig mit.

11. Strafregister

§ 90 1. Eintragende Behörden

1 Die Strafjustiz - und Strafvollzugsbehörden (Staatsanwaltschaft, Jugendanwalt- sch aft und das AJV) sowie die Koordinationsstelle tragen Verurteilungen und nach- trägliche Entscheide direkt (online) ins automatische Strafregister (Register) beim Bundesamt für Justiz (Bundesamt) ein.

§ 91 2. Koordinationsstelle

1 Die Staatsanwaltschaft füh rt die kantonale Koordinationsstelle.

§ 92 3. Bezug von Strafregisterauszügen

1 Die Behörden gemäss § 90 können zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben beim Bundesamt oder bei der kantonalen Koordinationsstelle einen Auszug aus dem Re- gister einholen, so weit sie nicht direkt am Register angeschlossen sind.
2 Dieses Bezugsrecht steht überdies den Familiengerichten sowie dem Ober - und Verwaltungsgericht in Belangen des Kindes - und Erwachsenenschutzes und der fürsorgerischen Unterbringung zu.

§ 93 4. Löschu ng von Urteilen

1 Über Gesuche um Löschung von Urteilen ausländischer Gerichte, die Personen mit aargauischem Heimatort betreffen, entscheidet das Gericht des Heimatorts. Vorbe- halten bleibt die Zuständigkeit der Koordinationsstelle für die Löschung bedingt vollziehbarer Strafen bei Bewährung innerhalb der Probezeit.

12. Kosten

§ 94 1. Gebühren

1 Für die Behandlung eines Gesuchs um Gewährung gemeinnütziger Arbeit, der elektronischen Überwachung, des tageweisen Vollzugs oder der Halbgefangenschaft und für di e Abbruchverfügungen werden nach Aufwand Gebühren von Fr. 50. – bis Fr. 250. – erhoben.
2 Auf begründetes Gesuch hin kann die Gebühr bis auf Fr. 20. – reduziert werden.
3 Wird das Gesuch zurückgezogen oder gegenstandslos, kann die Gebühr, wenn die Umstände es rechtfertigen, ganz oder teilweise erlassen werden.

§ 95 2. Vollzugskosten

1 Das Kostgeld für den Vollzug ausserkantonaler Urteile in der Justizvollzugsanstalt Lenzburg richtet sich nach den Beschlüssen des Strafvollzugskonkordats.
2 Der Tagessatz für de n Vollzug der von ausserkantonalen Behörden angeordneten Untersuchungs - und Sicherheitshaft sowie der ausserkantonalen Urteile in den Be- zirksgefängnissen beträgt Fr. 200. – . Mit dem Tagessatz sind insbesondere abgegol- ten: a) die Verpflegung, b) die medizini sche Grundversorgung für Krankheiten und Unfälle während des Vollzugs, inklusive zahnärztlicher Schmerzbehandlungen, c) die ordentliche Betreuung durch das Personal, die Seelsorge und Sozialdiens- te, d) die Kleidung bei Bedarf und Bedürftigkeit.
3 Die über die medizinische Grundversorgung hinausgehenden Kosten, insbesondere die Heilungskosten für Selbstschädigungen und im Zeitpunkt des Vollzugsantritts vorbestandenen Leiden sowie die Kosten für Spitalaufenthalte und für Zahnbehand- lungen, sind grundsätzlich v on der inhaftierten Person beziehungsweise vom unter- stützungspflichtigen Gemeinwesen zu tragen.
4 Die Kosten des stationären Massnahmenvollzugs richten sich nach den Tagessät- zen der Vollzugsanstalten. Die Kosten ambulanter Massnahmen bestimmen sich nach de n für die therapeutischen Fachpersonen massgebenden Tarifen.

§ 96 3. Kostenverlegungsverfahren

a) Grundsatz
1 Die Kosten des Strafvollzugs und der Verwahrung gemäss Art. 64 StGB trägt vor- behältlich der Fälle gemäss § 98 der Kanton.
2 Das AJV verlegt die K osten des Straf - und Massnahmenvollzugs auf die verurteilte Person.
3 Bei der Ermittlung der finanziellen Verhältnisse zur Festlegung der von den Verur- teilten zu tragenden Kostenanteile haben die Verurteilten und die Wohngemeinden mitzuwirken.
4 Der Kanton ale Sozialdienst unterstützt das AJV bei der Ermittlung der finanziellen Verhältnisse.

§ 97 b) Besondere Vollzugsformen

1 Die verurteilte Person trägt die persönlichen Aufwendungen zur Erbringung ge- meinnütziger Arbeit, namentlich die Auslagen für Arbeitsk leidung, Arbeitsweg und Verpflegung.
2 Die verurteilte Person trägt die für den Vollzug der elektronischen Überwachung zusätzlich anfallenden Kosten für den Festnetztelefonanschluss oder den Mobilfunk- empfang selber.
3 Der von der verurteilten Person zu tra gende pauschale Kostenanteil pro Vollzugs- tag beträgt bei a) Halbgefangenschaft Fr. 40. – b) elektronisch überwachtem Vollzug Fr. 30. –
4 Auf begründetes Gesuch hin kann der pauschale Kostenanteil teilweise erlassen werden.
5 Den Kostenanteil beim Arbeitsexte rnat und Arbeits - und Wohnexternat legt das AJV gemäss der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der verurteilten Person fest.
6 Die festgelegte Kostenpauschale und die Behandlungsgebühr sind vor Strafantritt zu bezahlen.

§ 98 c) Normalvollzug und Verwahrun g

1 Kommt eine Kostenbeteiligung gemäss Art. 380 Abs. 2 lit. b oder c StGB in Be- tracht, prüft das AJV die Einkommens - und Vermögensverhältnisse der Verurteilten.

§ 99 d) Ambulante Massnahmen und Weisungen

1 Die Kosten einer ambulanten Massnahme trägt in d er Regel die verurteilte Person. Auf begründetes Gesuch hin kann das AJV diese Kosten ganz oder teilweise über- nehmen.
2 Die Kosten einer Weisung trägt in der Regel die verurteilte Person. Auf begründe- tes Gesuch hin kann das AJV diejenigen Kosten des Weisun gsvollzugs, die über die üblichen Lebenshaltungskosten hinausgehen, ganz oder teilweise übernehmen.

13. Übergangs - und Schlussbestimmungen

§ 100 Übergangsbestimmung

1 Die beim Inkrafttreten dieser Verordnung bereits begonnenen Vollzugsverfahren werden bez üglich der hängigen Beschwerden gemäss bisherigem Recht zu Ende geführt. § 101 Inkrafttreten
1 Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Aarau, 23. September 2020 Regierungsrat Aargau Landammann D IETH Staatsschreiberin T RIVIGNO
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