Reglement über den stufenweisen Vollzug, anwendbar auf in eine Arbeitserziehungsanstalt eingewiesene junge Erwachsene
- 1 - Reglement über den stufenweisen Vollzug, anwendbar auf in eine Arbeitserziehungsanstalt eingewiesene junge E r wachsene vom 24. April 1989 Die Konferenz der für das Gefängniswesen zuständigen kantonalen B e hörden (Konferenz) eingesehen das Konkordat vom 22. Oktober 1984 über den Straf - und Mas s- nahmenvollzug an Erwachsenen und jungen Erwachsenen in den Westschwe i- zer Kantonen und im Kanton Tessin (Konkordat) beschliesst:
1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Anwendungsbereich
1 Das vorliegende Regleme nt bestimmt die wesentlichen Grundsätze des st u- fenweisen Vollzugs, anwendbar auf Eingewiesene in eine Arbeitserziehung s- anstalt.
2 Das Reglement der Konkordatsanstalten und ihre Erziehungskonzepte regeln die praktische Durchführung des stufenweisen Vollzugs .
Art. 2 Ziel des stufenweisen Vollzugs
1 Die Platzierung in eine Arbeitserziehungsanstalt soll den Eingewiesenen dazu bewegen: a) sich zu bessern und sich den Regeln des gesellschaftlichen Lebens anz u- passen; b) sich eine, durch das Bundesgesetz über die Berufsausbildung anerkannte, Berufsausbildung anzueignen.
2 Der stufenweise Vollzug soll dem Eingewiesenen gestatten, seine Veran t- wortung wahrzunehmen und sich in möglichst aktiver Art am Entwicklung s- prozess, mit dem Ziel der Entlassung, zu bete i ligen.
3 Z u diesem Zweck begünstigt das Anstaltssystem eine, im Rahmen der Pla t- zierungsbedingungen und der Persönlichkeit des Eingewiesenen bestmögl i- che, individuelle und stufenweise Betreuung.
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2. Kapitel: Modalitäten des stufenweisen Vollzugs
Art. 3 Phasen des stu fenweisen Vollzugs
1 Unter Vorbehalt der bedingten Entlassung, umfasst der stufenweise Vollzug folgende Phasen: a) eine Beobachtungsperiode; b) eine Periode im geschlossenen Vollzug, c) eine Periode im offenen Vollzug, d) eine Periode in Halbfreiheit; e) e ine Periode im Externat, falls sie sich als nötig erweist.
2 Die Einweisungsbehörde kann die Phasen des stufenweisen Vollzugs im Interesse des Eingewi e senen abändern.
Art. 4 Beobachtungsperiode
Die Beobachtungsperiode, in der geschlossenen Abteilung, erla e- res Kennenlernen des Eingewiesenen.
Art. 5 Geschlossener Vollzug
Die Periode des geschlossenen Vollzugs, mit einer Mindestdauer von zwei Monaten, ist die Phase, während welcher der Eingewiesene unter Aufsicht im Bereich der Anstalt arbeitet u nd daselbst, ohne Anspruch auf Urlaub, auch die übrige Zeit ve r bringt.
Art. 6 Offener Vollzug
1 Die Periode im offenen Vollzug ist eine Übergangszeit, während welcher der Eingewiesene umfassende Freiheiten erhält, die ihm zur Übernahme von gr ö s - serer Vera ntwortung, im Hinblick auf seine Verlegung in die Halbfreiheit, verhelfen soll. Diese Periode dauert in der Regel nicht länger als sechs Mon a- ten.
2 Der Eingewiesene kommt in den Genuss eines wöchentlichen Urlaubs und es kann ihm gestattet werden, einen Tei l seiner Freizeit ausserhalb der Anstalt zu verbringen.
Art. 7 Halbfreiheit
1 Die Periode der Halbfreiheit ist die Phase, während welcher der Eingewies e- ne als Lehrling oder Angestellte arbeitet oder noch in einer offiziell anerkan n- ten Lehrinstitution sein e Ausbildung fortsetzt, dabei seine Unterkunft aber noch in einer Konkordatsanstalt hat und zudem den Regeln des offenen Vol l- zugs unterstellt ist. Während diesem Zeitabschnitt soll sich der Eingewi e sene die für die Rückkehr in das freie Leben notwendige Un n eignen.
2 Auf Vorschlag der Anstaltsdirektion (Direktion), kann die Einweisungsb e- hörde den Übertritt eines Eingewiesenen in die Halbfreiheit bewilligen, dies unter der Bedingung: a) dass er dies ausdrücklich verlangt; b) dass er für die Durc hführung dieser Massnahmen unter diesen Vorausse t- zungen fähig scheint; c) dass man in bezug auf sein Verhalten eine günstige Prognose abgeben kann;
- 3 - d) dass er wenigstens sechs Monate in geschlossenem und offenem Gewah r- sam verbracht hat; e) dass er die Mögl ichkeit hat, eine seinen Fähigkeiten entsprechende Arbeit bei einem Arbeitgeber auszuüben oder dass ihm gestattet wird, zu seiner beruflichen Weiterbildung eine offiziell anerkannte Lehrinstitution zu b e- suchen; f) dass er die Direktion gegenüber dem Arbeit geber oder dem Verantwortl i- chen der Institution bezüglich seinem Strafstatut der amtlichen Schweig e- pflicht entbindet.
Art. 8 Externat
1 Das Externat ist die Phase, während welcher der Eingewiesene unter Ko n- trolle der Direktion ausserhalb der Anstalt arbei tet und wohnt.
2 Dieses System bildet eine Zwischenphase nach derjenigen der Halbfreiheit und vor der bedingten Entlassung, wenn diese Art von Betreuung für die soz i- ale Wiedereingliederung des Eingewiesenen als geeignet erscheint.
3 Der Grundsatz des Exter nates, welches frühestens nach Beendigung einer Periode von drei Monaten in Halbfreiheit eintreten kann, wird von der Ei n- weisungsbehörde auf Vormeinung der Direktion beschlossen.
4 Der Eingewiesene ist der Kontrolle durch die Direktion unterstellt, welche, im Einverständnis mit der Einweisungsbehörde, von Fall zu Fall, in schriftl i- cher Form, die Verhaltensregeln festlegt.
Art. 9 Wiedereingliederung
1 Im Fall der Nichtbeachtung der für die Halbfreiheit oder das Externat gelte n- den Vorschriften kann die Einwe isungsbehörde die Wiedereingliederung des Eingewiesenen in eine frühere Phase des stufenweisen Vollzugs verf ü gen.
2 Aus schwerwiegenden Gründen kann die Direktion das Statut der Halbfre i- heit oder des Externates provisorisch Aufheben und die Einweisungsbehö rde davon unverzüglich benachrichtigen.
3. Kapitel: Urlaub
Art. 10 Grundsätze
1 Die Gewährung von Urlaub ist eines der Mittel, die der Einweisungsbehörde und der Direktion zur Verfügung stehen, um die Rückkehr des Eingewiesenen in die Freiheit vorzubereite n und ihm zu gestatten, seine Beziehungen zur Aussenwelt zu erhalten, wiederherzustellen oder neue zu gründen.
2 Der Eingewiesene hat keinen rechtlichen Anspruch auf Urlaub.
3 Der Urlaub darf weder den Zweck der General - und Spezialprävention ve r- hindern no ch der öffentlichen Sicherheit und Ordnung schaden.
Art. 11 Bedingungen Modalitäten
1 Urlaub kann nur einem Eingewiesenen gewährt werden, der sich gut au f- führt, zufriedenstellend arbeitet, fähig scheint, die Urlaubsbedingungen ei n- ha l ten zu können und auf seinem Ersparniskonto über eine für den reibungsl o-
- 4 - sen Verlauf genügende Geldsumme verfügt. Das interne Anstaltsreglement kann die Urlaubsgewährung zusätzlichen Bedingungen unterstellen.
2 Bei der Festlegung der Urlaubsbedingungen wird den Interessen der Op fer und den Umständen der begangenen Straftat Rechnung getragen.
3 Wenn sich der Eingewiesene zu seiner Familie oder zu Drittpersonen beg e- ben will, so kann deren vorherige Zustimmung verlangt werden.
4 Jeder beurlaubte Eingewiesene muss im Besitz eines Url aubsscheines sein, der wenigstens folgende Angaben enthält: a) das Urlaubsdatum; b) die Zeit der Entlassung und der Rückkehr; c) die Ortschaft(en), wohin sich der Eingewiesene begibt; d) der Geldbetrag, der dem Eingewiesenen ausgehändigt wurde; e) die Verp flichtung, sich anständig zu benehmen; f) das Verbot, das schweizerische Territorium zu verlassen.
5 Eine Kopie dieser Anweisung wird vorgängig versandt an: a) die Einweisungsbehörde; b) an die Polizei des Kantons des Anstaltsstandortes, des Kantons, wo da s Urteil ausgesprochen wurde und des oder der Kantone, wohin sich der Eingewiesene begibt; c) dem Vormund.
6 Das dem Eingewiesenen von der Direktion ausgestellte Urlaubsblatt gilt als Passierschein während der Urlaubsdauer.
7 Die Urlaubsdauer kann stufenwe ise bis zu 54 Stunden betragen.
Art. 12 Verfahren
1 Ein erster Urlaub kann dem Eingewiesenen frühestens nach einem zweim o- natigen Anstaltsaufenthalt gewährt werden.
2 Für die Erteilung der Bewilligung für den ersten Urlaub und dessen Art ist die Einweisung sbehörde, unter Vormeinung der Direktion, zuständig.
3 Für die Bewilligung von nachfolgendem Urlaub und dessen Art ist die D i re k tion zuständig.
4 Im Fall von Misserfolg des Urlaubs oder Begehung von Straftaten während des Urlaubs kann die Einweisungsbehörd e der Direktion das Recht auf U r- laubsgewährung entziehen.
5 Die Direktion unterrichtet die Einweisungsbehörde über jeden bewilligten Urlaub und erstellt zu ihren Handen einen Bericht, falls die Bedingungen der Urlaubsgewährung nicht eingehalten worden sind .
Art. 13 Sonderurlaub
1 Sonderurlaub (Erlaubnis) kann dem Eingewiesenen zur Erledigung persönl i- cher, beruflicher oder rechtlicher Angelegenheiten gewährt werden, wenn seine Anwesenheit ausserhalb der Anstalt unumgänglich ist und die Angel e- genheit keine V erschiebung zulässt.
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2 Die Einweisungsbehörde bestimmt von Fall zu Fall die Dauer des Sonderu r- laubs und kann eine Begleitung (Führung) anordnen.
Art. 14 Eingewiesene in Strafuntersuchung
Für Eingewiesene, gegen welche eine Strafuntersuchung läuft, kann d ie Ei n- weisungsbehörde einen Urlaub nur mit Zustimmung der zuständigen G e- richtsbehörde gewähren.
4. Kapitel: Schlussbestimmungen
Art. 15 Aufhebung des früheren Gesetzes
Alle zum vorliegenden Dekret gegenteiligen Konkordatsbestimmungen sind aufgehoben, insbe sondere: a) der Beschluss Nr. F - 3 bezüglich des während einer Dauer von fünf Jahren probeweise eingeführten Systems der Arbeit und Unterkunft im Externat in der Arbeitserziehungsanstalt von Pramont; b) der Beschluss Nr. F - 4, bezüglich die Versetzung in Hal bfreiheit der g e- mäss Artikel 100 bis StGB Verurteilten, die in die Arbeitserziehungsanstalt von Pramont eingewiesen wurden; c) der Beschluss Nr. F - 5, bezüglich die Urlaubsbewilligung der gemäss Art i- kel 100 bis StGB Verurteilten, welche in die Arbeitserzi ehungsanstalt von Pramont eingewiesen wurden.
Art. 16 Wohnung und Arbeit im Externat
Zur Organisation der Massnahme der Arbeitserziehung im Externat, ab dem
15. April 1990, bleibt die Bewilligungserneuerung des Eidgenössischen Ju s- tiz - und Polizeideparteme ntes vorbehalten.
Art. 17 Inkrafttreten
1 Das vorliegende Reglement wurde von den Mitgliedern der Konferenz ei n- stimmig angenommen.
2 Es wird ab dem 1. September 1989 in Kraft treten, nach Annahme durch die Konkordatskantone, entsprechend ihrem eigenen Rec ht. Le président: Andre Brandt , conseiller d'Etat Le secrétaire: Jean - Claude Chappuis So angenommen in der Staatsratsitzung in Sitten, am 3. Mai 1989, um mit der Veröffentlichung in kantonalen Amtsblatt in Kraft zu treten.
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