Ausführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten
Ausführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 10.04.2008 (Stand 01.01.2009) Der Grosse Rat des Kantons Wallis eingesehen die Artikel 31 Absatz 3 und 42 Absatz 1 und 2 der Kantonsver - fassung; eingesehen das Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom
23. März 2007 (OHG); auf Antrag des Staatsrates, verordnet:
1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Anwendungsgebiet
1 Das vorliegende Gesetz regelt die Ausführung der Bundesgesetzgebung über die Hilfe an Opfer von Straftaten.
2 Die Bestimmungen der Strafprozessordnung bezüglich der Hilfe an Opfer von Straftaten bleiben vorbehalten.
Art. 2 Gleichstellung
1 Im vorliegenden Gesetz gilt jede Bezeichnung der Person, des Statuts oder der Funktion in gleicher Weise für Mann oder Frau.
Art. 3 Vorbehalt des Subventionsgesetzes
1 Die Bestimmungen des kantonalen Subventionsgesetzes vom 13. Novem - ber 1995 sind unmittelbar und vollumfänglich auf alle im vorliegenden Ge - setz vorgesehenen Subventionen anwendbar. Letzteres bleibt nur insoweit anwendbar, als sie den Bestimmungen des Subventionsgesetzes nicht ent - gegenstehen. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses
Art. 4 Information durch die Polizei und Ausbildung
1 Der Staatsrat, vertreten durch die betroffenen Departemente, sorgt dafür, dass die Kantonspolizei sowie die Gemeindepolizei ihre Informationspflich - ten gemäss Artikel 8 Absatz 1 und 2 OHG erfüllen. Dazu kann er die Mitar - beit der Gemeindebehörden anfordern.
2 Er unterstützt die Aus- und Weiterbildung der Personen, welche mit der Hilfe an Opfer von Straftaten betraut sind.
2 Beratungsstellen
Art. 5 Organisation
1 Das mit dem Sozialwesen betraute Departement sorgt mittels seiner zu - ständigen Dienstelle dafür, dass fachlich selbständige private oder öffentli - che Beratungsstellen zur Verfügung stehen, welche den besonderen Be - dürfnissen der verschiedenen Opferkategorien Rechnung tragen.
2 Zu diesem Zweck kann es eine oder mehrere kantonale oder interkanto - nale Beratungsstellen eröffnen, Dienststellen des Staates bestimmen oder spezialisierte Einrichtungen beiziehen.
3 Das mit dem Sozialwesen betraute Departement sichert mittels seiner zu - ständigen Dienststelle die Finanzierung der Zentren, die es eröffnet.
4 Es kann eine beratende Kommission über die Hilfe an Opfer von Strafta - ten ernennen und deren Mitglieder und Aufgaben bestimmen.
Art. 6 Aufgaben
1 Die Beratungsstellen erfüllen folgende Aufgaben: a) die Opfer über die Hilfe an Opfer von Straftaten informieren und bera - ten; b) den Opfern innert einer angemessenen Frist die durch das OHG vor - gesehene Soforthilfe zukommen lassen; c) falls notwendig, die durch das OHG vorgesehene längerfristige Hilfe anbieten; d) den in Artikel 36 Absatz 1 OHG vorgesehenen Beistand leisten.
2 Die Beratungsstellen geben den Opfern die angemessene medizinische, psychologische, soziale, materielle und rechtliche Hilfe, die sie benötigen. Diese kann von der Beratungsstelle selbst oder durch öffentliche oder pri - vate, ernannte oder anerkannte Drittinstanzen erbracht werden.
3 Die Beratungsstellen berichten der zuständigen Dienststelle des mit dem Sozialwesen betrauten Departements über ihre Finanzführung.
Art. 7 Rechtlicher Beistand
1 Die von den OHG-Zentren übernommenen Anwaltskosten werden zum Tarif für unentgeltlichen Rechtsbeistand verrechnet.
Art. 8 Verfahren
1 Die durch die Beratungsstellen gefassten Entscheide können Gegenstand einer Einsprache im Sinne der Artikel 34a und folgende des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren und die Verwaltungsrechtspflege (VVRG) sein.
2 Die Einspracheentscheide der Beratungsstellen können Gegenstand einer Beschwerde an den Staatsrat sein.
3 Entschädigung und Genugtuung
Art. 9 Zuständige Behörde
1 Das für den Straf- und Massnahmenvollzug zuständige Departement (nachstehend: Departement) entscheidet erstinstanzlich über Gesuche um Entschädigung und Genugtuung.
2 Allfällige Gesuche um Vorschuss werden vorrangig und innert kürzester Frist behandelt.
Art. 10 Verfahren
1 Das Gesuch ist, zumindest summarisch, zu begründen und mit den ent - sprechenden Beweismitteln innert fünf Jahren nach der Straftat oder nach Kenntnis des Schadens einzureichen; andernfalls ist der Anspruch verwirkt.
2 Vorbehalten bleiben die vom OHG vorgesehenen Ausnahmen für die fünf - jährige Verwirkungsfrist.
3 Für das Gesuch müssen die offiziellen Formulare des Departements be - nutzt werden.
4 Im Übrigen wird das Verfahren durch das VVRG geregelt.
Art. 11 Untersuchung
1 Das Departement ermittelt den Sachverhalt von Amtes wegen aufgrund der Belege in den Akten der Gesuch stellenden Person. Falls notwendig kann es eine Expertise verlangen, deren Kosten vom Staat Wallis über - nommen werden.
2 Die Gesuch stellende Person ist gehalten, Dritte von ihrer Geheimhal - tungspflicht zu entbinden, alle zur Prüfung des Gesuchs notwendigen Aus - künfte zu erteilen und die nötigen Belege auszuhändigen. Sie hat jede Än - derung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Situation unverzüglich mit - zuteilen.
3 Falls die Gesuch stellende Person nach Erhalt einer eingeschriebenen schriftlichen Aufforderung, welche ihr die Konsequenzen ihrer Untätigkeit klarlegt, innerhalb der eingeräumten Frist nicht zur Zusammenarbeit bereit ist, welche man von ihr unter diesen Umständen verlangen darf, kann das OHG-Gesuch mittels einem summarisch motivierten Entscheid ad acta ge - legt werden.
4 Die Gerichtsbehörden liefern dem Departement in angemessener Form alle für die Behandlung des Gesuchs nötigen Auskünfte und Unterlagen.
5 Die zur Mitarbeit aufgeforderten Behörden und Dritten erteilen ihre Aus - künfte kostenlos.
Art. 12 Entscheid
1 Nach Abschluss der Untersuchung erlässt das Departement innerhalb kur - zer Frist einen Entscheid.
2 Das Departement kann auf die Rückerstattung eines geleisteten Vor - schusses ganz oder teilweise verzichten, wenn diese das Opfer in eine schwierige Lage bringt.
3 Die Entscheide des Departements unterliegen der Verwaltungsgerichtsbe - schwerde an das Kantonsgericht; dieses hat freie Überprüfungsbefugnis.
4 Es werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigungen aus - gerichtet.
5 Die Kosten können auf die mutwillig handelnde Partei überwälzt werden.
4 Subrogation und Inkasso
Art. 13 Subrogation
1 Falls der Staat Leistungen für Soforthilfe, längerfristige Hilfe, Entschädi - gungen oder Genugtuungen in Anwendung des OHG gewährt, tritt er in die - selben Rechte, welche der Anspruchsberechtigte gegenüber dem Straftäter oder einem Dritten geltend machen kann.
Art. 14 Inkasso
1 Das mit den Finanzen betraute Departement besorgt das Inkasso der ge - leisteten Beträge bei den haftbaren Dritten, insbesondere beim Straftäter und seinen Versicherern, bei der Privatversicherung des Opfers oder seiner Unfall- oder Krankenversicherung.
2 Vor Geltendmachung seiner Ansprüche gegenüber dem Täter versichert sich das mit den Finanzen betraute Departement bei der zuständigen Be - hörde, dass der Rückgriff die schützenswerten Interessen des Opfers oder seiner Angehörigen oder die soziale Wiedereingliederung des Täters nicht gefährdet.
3 Wenn die Beteiligung des primär Pflichtigen zur Deckung des Schadens geklärt ist, übermittelt die Beratungsstelle dem mit den Finanzen betrauten Departement eine Abrechnung über die dem Opfer geleistete Hilfe sowie die für das Inkasso unerlässlichen Angaben.
Art. 15 Anfechtung
1 Im Bestreitungsfalle erfolgt das Inkasso vor den Gerichtsbehörden ge - mäss den Bestimmungen des Gesetzes über die Geschäftsführung und den Finanzhaushalt des Kantons und deren Kontrolle vom 24. Juni 1980 und des Reglements betreffend die Vertretung des Staates vor den Gerich - ten vom 22. Juni 1988.
5 Schutz und besondere Rechte im Strafverfahren
Art. 16 Untersuchung und Urteil der Straftaten gegen die sexuelle Inte -
grität
1 Auf Gesuch des Untersuchungsrichters oder des Präsidenten des ange - gangenen Gerichtes bestimmt das Kantonsgericht einen Richter ad hoc, um die Anwendung von Artikel 35 Buchstaben a und b OHG zu gewährleis - ten.
6 Schlussbestimmungen
Art. 17 Ausführung
1 Der Staatsrat erlässt die zur Inkraftsetzung des OHG und seiner Verord - nung notwendigen Zusatzbestimmungen.
2 Das mit dem Sozialwesen betraute Departement trifft die Entscheide und Massnahmen, die durch das vorliegende Gesetz nicht ausdrücklich einer anderen Behörde übertragen wurden.
Art. 18 Änderung und Aufhebung des bisherigen Rechts
1 Das Ausführungsgesetz des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von - Straftaten vom 11. November 1992 wird aufgehoben.
2 Das Reglement über die kantonale Kommission für die Hilfe an Opfer von - Straftaten vom 12. April 1995 wird aufgehoben.
3 Die Walliser Strafprozessordnung vom 22. Februar 1962 wird abgeändert.
Art. 19 Übergangsrecht
1 Das bisherige Recht gilt für: a) Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung für Straftaten, die vor Inkrafttreten des OHG vom 23. März 2007 und des vorliegenden Gesetzes verübt worden sind; für Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung für Straftaten, die weniger als zwei Jahre vor dem In - krafttreten dieser Gesetze verübt worden sind, gelten die Fristen ge - mäss Artikel 10 des vorliegenden Gesetzes und Artikel 25 OHG; b) Gesuche um Kostenbeiträge, die vor dem Inkrafttreten des vorliegen - den Gesetzes und des OHG vom 23. März 2007 eingereicht wurden.
Art. 20 Referendum und Inkrafttreten
1 Da es sich um die Anwendung eines Bundesgesetzes handelt, ist das vor - liegende Gesetz nicht der Volksabstimmung unterstellt.
2 Der Staatsrat bestimmt das Inkrafttreten.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung Quelle Publikation
10.04.2008 01.01.2009 Erlass Erstfassung BO/Abl. 26/2008
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Quelle Publikation Erlass 10.04.2008 01.01.2009 Erstfassung BO/Abl. 26/2008
Feedback