Verordnung zum Integralen Risikomanagement bei Naturgefahren
Verordnung zum Integralen Risikomanagement bei Naturgefahren (IRMV) Vom 15. Dezember 2020 (Stand 1. Januar 2021) Gestützt auf Art. 19 des Bundesgesetzes über den Wald
1 ) , Art. 15 Abs. 1 lit. c der Verordnung über den Wald 2 ) , Art. 21 Abs. 1 der Verordnung über den Wasserbau 3 ) so - wie Art. 28 und Art. 31 des kantonalen Waldgesetzes
4 ) von der Regierung erlassen am 15. Dezember 2020
1. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
1 Diese Verordnung regelt den Bereich der Vorbeugung des integralen Risikomana - gements bei Naturgefahren.
Art. 2 Definition
1 Integrales Risikomanagement bei Naturgefahren bezeichnet das systematische Vor - gehen zur Erfassung, Reduzierung und Dokumentation von Risiken mittels Gefah - ren- und Risikogrundlagen, Schutzzielen und integraler Massnahmenplanung, um ein akzeptables Sicherheitsniveau bei Naturgefahren anzustreben.
Art. 3 Zuständigkeiten
1 Das Amt für Wald und Naturgefahren (Amt) ist die kantonale Fachstelle im Bereich der Vorbeugung des integralen Risikomanagements bei Naturgefahren.
2 Das Amt ist die zuständige Fachstelle für die Beurteilung von Meteo- und Naturge - fahrenwarnungen von Bundesstellen zuhanden der zuständigen Stellen gemäss Be - völkerungsschutzgesetzgebung.
1) SR 921.0
2) SR 921.01
3) SR 721.100.1
4) BR 920.100
2. Gefahrenbeurteilung
Art. 4 Gefahren- und Risikogrundlagen
1 Zu den vom Amt zu erarbeitenden Gefahren- und Risikogrundlagen zählen insbe - sondere: a) Ereigniskataster und -analysen; b) Schutzbautenkataster; c) Gefahrenkarten; d) Gefahrenhinweiskarten; e) Risikohinweiskarten; f) Daten für das Monitoring von Naturgefahren.
Art. 5 Erfassungsbereiche
1 Die Erfassungsbereiche werden vom Amt im Einvernehmen mit dem Amt für Raumentwicklung festgelegt und in geeigneter Form publiziert.
Art. 6 Leistungsvereinbarungen für Ereigniskataster und Schutzbautenka -
taster
1 Zur Sicherstellung der Vollständigkeit des Ereigniskatasters und des Schutzbauten - katasters schliesst das Amt mit den verantwortlichen Infrastrukturbetreibern Leis - tungsvereinbarungen ab.
Art. 7 Stufen der Gefahrenbeurteilung
1 Das Amt beurteilt die potenzielle Gefährdung ausserhalb der Erfassungsbereiche mittels Gefahrenhinweiskarten und, insbesondere bei Verkehrsträgern, unter Einbe - zug des Ereigniskatasters.
2 Das Amt beurteilt die potenzielle Gefährdung innerhalb der Erfassungsbereiche mit Gefahrenkarten.
3 Die detaillierte Beurteilung der potenziellen Gefährdung ist Bestandteil von forstli - chen Projekten. In der Funktion als Projektleitung sorgt das Amt für deren Erstel - lung.
4 Für übrige Vorhaben kann das Amt die potenzielle Gefährdung auf Anfrage in Form von Stellungnahmen beurteilen.
3. Risikobeurteilung
Art. 8 Risikoanalyse
1 Das Amt erstellt für die Erfassungsbereiche sowie für die nationalen und kantona - len Verkehrsträger Risikohinweiskarten.
2 Die detaillierte Risikoanalyse ist Bestandteil von forstlichen Projekten. In der Funktion als Projektleitung sorgt das Amt für deren Erstellung.
3 Für übrige Vorhaben kann das Amt die Risiken auf Anfrage in Form von Stellung - nahmen analysieren.
Art. 9 Risikobewertung mit Schutzzielen
1 Das Amt bewertet die Risiken für die Erfassungsbereiche sowie die nationalen und kantonalen Verkehrsträger und eruiert den Handlungsbedarf anhand von Schutzziel - matrizen (vgl. Anhang 1 und 2).
2 Die Bewertung der Risiken mittels den schweizweit anerkannten Schutzzielen für Naturgefahren ist Bestandteil von forstlichen Projekten. In der Funktion als Projekt - leitung sorgt das Amt für deren Bewertung.
3 Für übrige Vorhaben kann das Amt die Risiken auf Anfrage in Form von Stellung - nahmen bewerten.
Art. 10 Risikodialog
1 Das Amt leistet einen Beitrag zur Information zu Erkenntnissen über die potenziel - len Risiken aus Naturgefahren.
4. Schutzmassnahmen
Art. 11 Integrale Massnahmenplanung
1 Basierend auf den Gefahren- und Risikogrundlagen eruiert das Amt für die Erfas - sungsbereiche sowie für die nationalen und kantonalen Verkehrsträger eine Über - sicht der möglichen Kombinationen von planerischen, organisatorischen, biologi - schen und forstbaulichen Massnahmen.
2 In der Funktion als Projektleitung ermittelt das Amt mittels integraler Massnah - menplanung die kostenwirksamsten Massnahmen.
3 Für übrige Vorhaben kann das Amt die integrale Massnahmenplanung auf Anfrage in Form von Stellungnahmen vornehmen.
4 Schutzmassnahmen dürfen nicht zu massgeblichen Gefahren- und Risikoverlage - rungen führen.
4.1. PLANERISCHE MASSNAHMEN
Art. 12 Gefahrenkommissionen
1 Jede Gefahrenkommission besteht aus drei Mitgliedern: einem Vorsitzenden, einem ständigen Mitglied und einem nicht ständigen Mitglied. Die Mitglieder sind in der Regel Mitarbeitende des Amtes, die diese Aufgabe in Ausübung ihrer Funktion wahrnehmen.
2 Das Amt sorgt für die Weiterbildung der Mitglieder der Gefahrenkommission und regelt deren Organisation.
Art. 13 Plan der Gefahrenkommission
1 Die Erfassungsbereiche werden mit dem Plan der Gefahrenkommission flächende - ckend beurteilt.
2 Im Plan der Gefahrenkommission wird die potentielle Gefährdung innerhalb der Erfassungsbereiche in erhebliche Gefährdung (rot) und mittlere Gefährdung (blau) unterteilt.
3 Organisatorische Massnahmen werden im Plan der Gefahrenkommission nicht be - rücksichtigt.
4 Bauliche und biologische Massnahmen können im Plan der Gefahrenkommission berücksichtigt werden.
5 Das Protokoll der Gefahrenkommission stellt einen integrierenden Bestandteil des Plans der Gefahrenkommission dar.
Art. 14 Anpassung des Plans der Gefahrenkommission
1 Der Plan der Gefahrenkommission ist zu überprüfen und nötigenfalls anzupassen: a) bei der Revision der Grundordnung; b) bei einer Veränderung der Gefährdung; c) bei einer neuen Methodik der Gefahrenbeurteilung.
Art. 15 Einzelfallweise Gefahrenbeurteilung
1 Ausserhalb der Erfassungsbereiche nehmen die Gefahrenkommissionen auf Antrag einzelfallweise Gefahrenbeurteilungen vor.
4.2. ORGANISATORISCHE MASSNAHMEN
Art. 16 Lokale Naturgefahrenberaterin oder lokaler Naturgefahrenberater
1 Der Kanton bietet den Gemeinden die Möglichkeit, eine lokale Naturgefahrenbera - terin oder einen lokalen Naturgefahrenberater ausbilden zu lassen.
2 Die lokale Naturgefahrenberaterin oder der lokale Naturgefahrenberater berät die Gemeinde, den Gemeindeführungsstab und die Einsatzkräfte zum Umgang mit Na - turgefahren.
3 Das Amt legt im Einvernehmen mit dem Amt für Militär und Zivilschutz den Inhalt und die Ausführung der Aus- und Weiterbildung der lokalen Naturgefahrenberaterin oder des lokalen Naturgefahrenberaters fest.
Art. 17 Notfallplanungen für Naturgefahren
1 Das Amt kann auf Antrag der Gemeinde die Projektleitung für die Erstellung und Nachführung von Notfallplanungen für Naturgefahren übernehmen. Die Projektlei - tung für den Gefahrenprozess Wasser übt das Amt zusammen mit der Gebäudeversi - cherung aus.
2 Massgebendes Kriterium für die Subventionierung von Notfallplanungen ist die In - tegration einer lokalen Naturgefahrenberaterin oder eines lokalen Naturgefahrenbe - raters im Gemeindeführungsstab.
3 Das Vorgehen und die Nachführung der Notfallplanungen für Naturgefahren für den Gefahrenprozess Wasser legt das Amt im Einvernehmen mit der Gebäudeversi - cherung und dem Tiefbauamt als Fachstelle Wasserbau fest.
Art. 18 Beratung
1 Das Amt kann Gemeinden und zuständige Dritte zum Umgang mit Naturgefahren und der Bewältigung von Naturereignissen beraten.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
15.12.2020 01.01.2021 Erlass Erstfassung 2020-073
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle Erlass 15.12.2020 01.01.2021 Erstfassung 2020-073
Anhang 1: Schutzzielmatrix für Siedlungen (Art. 9 Abs. 1) (Stand 1. Januar 2021)
1. Gefahrenbeurteilung (CH-Richtlinien)
2. Schutzgüter Bauzonen aus Nutzungsplan (evtl. Richtplan) Erfassungsbereiche orange Erfassungsbereiche grün Unbewohnte Einzelgebäude, intensive landwirtschaftliche Nutzung, Schutzwald Rot: Erhebliche Schäden an Gebäuden, bis Zerstörung. Menschen in- und ausserhalb stark gefährdet. Infrastrukturanlagen stark beschädigt, unterbrochen. Blau: Grössere Schäden, Gebäudestabilität nicht gefährdet. Menschen v.a. ausserhalb Ge- bäude gefährdet. Infrastrukturanlagen beschädigt, kurzfristig unterbrochen. Gelb: Leichtere Schäden an Gebäuden. Menschen auch ausserhalb von Gebäuden kaum gefährdet. Behinderungen für Infrastruktur- anlagen. Intensität Stark Mittel Schwach
30 100 300 Wiederkehrdauer , Jahre
3. Handlungsbedarf Prüfen Schutzbauten für Reduktion Gefahrenz one (rot zu blau oder weiss) oder Auszonung Schützen (Risikoanalyse zur Ab klärung der Art der Massnahmen) Überprüfen (Risikoanalyse zur Abklär ung der Notwendigkeit von Massnahmen) Tolerieren (im Allgemeinen keine Massnahmen notwendig)
4. Bauzonen aus Nutzungsplan Intensität Stark Mittel Schwach
30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
5. Erfassungsbereiche orange
6. Erfassungsbereiche grün – geschlossene Kleinsiedlungen – ständig bewohnte Einzelbauten – Gewerbe- und Industriebauten – Freizeit- und Sportanlagen – Campingplätze Intensität Stark Mittel Schwach
30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre – zeitweise bewohnte Einzelbauten (ein- schliesslich Alpgebäude mit zeitweisem Wochenaufenthalt) – mehrere unbewohnte Gebäude – reine Sachwerte, aber erheblicher Wert (> Fr. 50 000.– bis Fr. 100 000.–) – Ställe mit Tieren Intensität Stark Mittel Schwach
30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
7. Unbewohnte Einzelgebäude, intensive landwirtschaftliche Nutzung, Schutzwald* * Risikobewertung liegt im Zust ändigkeitsbereich der Gemeinden – einzelne unbewohnte Gebäude – reine Sachwerte, Werte nicht erheblich (< Fr. 20 000.– bis Fr. 50 000.–) – Landwirtschaftsflächen mit intensiver Nutzung – Schutzwald Intensität Stark Mittel Schwach
30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
Anhang 2: Schutzzielmatrix für Verkehrsträger (Art. 9 Abs. 1) (Stand 1. Januar 2021)
1. Schutzgüter Bahnlinien Nationalstrassen Kantonale Strassen Kantonale Verbindungsstrassen Gemeindestrassen (mit Winterräumung) Übrige Strassen (Privat, Wald, Landwirtschaft) Fuss- und Wanderwege
2. Handlungsbedarf Schützen (Risikoanalyse zur Ab klärung der Art der Massnahmen) Überprüfen (Risikoanalyse zur Abklär ung der Notwendigkeit von Massnahmen) Tolerieren (im Allgemeinen keine Massnahmen notwendig)
3. Bahnlinien (RhB)
4. Nationalstrassen Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
5. Kantonale Hauptstrassen
6. Kantonale Verbindungsstrassen Zum Beispiel: einzige Erschliessung eine r Ortschaft, eines Bahnhofs oder einer anderen wichtigen Versorgungsanlage Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
7. Gemeindestrassen (mit Winterräumung)*
8. Übrige Strassen (Privat, Wald, Landwirtschaft)* * Risikobewertung liegt im Zust ändigkeitsbereich der Gemeinden Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre Verkehrsträger können stark beschädigt werden und während Wochen unterbrochen sein. Verkehrsträger können beschädigt und kurzfristig unterbrochen werden. Reparatu- ren sind mit verhältnismässigem Aufwand innert Tagen zu realisieren. Ablagerungen auf Verkehrsträgern können zwar zu einem Verkehrsunterbruch durch Räumungsarbeiten führen, Schäden sind aber nur geringfügig und innert Stunden reparierbar. Auswir- kung Gross Mittel Gering
1 10 30 100 300 Wiederkehrdaue r , Jahre
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