Enteignungsgesetz des Kantons Graubünden
Enteignungsgesetz des Kantons Graubünden Vom 26. Oktober 1958 (Stand 1. Januar 2013) Vom Volke angenommen am 26. Oktober 1958 1 )
1. Geltungsbereich und Grundsatz
Art. 1 Geltungsbereich
1 Dieses Gesetz gilt unter Vorbehalt des Bundesrechtes und des kantonalen Raumpla - nungsrechtes für alle Enteignungen und die Feststellung und Folgen enteignungs - ähnlicher Eigentumsbeschränkungen. *
2 Ist eine Enteignung nach eidgenössischem und kantonalem Recht möglich, so kann der Enteigner bestimmen, nach welchem Rechte sie durchzuführen ist Nach Ertei - lung des Enteignungsrechts besteht dieses Wahlrecht nicht mehr. *
Art. 2 Grundsatz
1 Die Enteignung ist nur für öffentliche oder im öffentlichen Interesse liegende Wer - ke zulässig, sofern und soweit sie zur Erreichung des Zwecks erforderlich und eine gütliche Einigung nicht oder nur unter unverhältnismässigem Kostenaufwand mög - lich ist.
Art. 2a * Gleichstellung der Geschlechter
1 Personen-, Funktions- und Berufsbezeichnungen in diesem Gesetz beziehen sich auf beide Geschlechter, soweit sich aus dem Sinn des Gesetzes nicht etwas anderes ergibt.
1) B vom 9. April 1958, 168; GRP 1958, 89 und 145
2. Das Enteignungsrecht
Art. 3 * Legitimation
1 Das Enteignungsrecht kann vom Kanton, von den Gemeinden und anderen öffent - lichrechtlichen Körperschaften oder Anstalten sowie von Personen des Privatrechtes beansprucht werden.
2 Dem Kanton steht das Enteignungsrecht nach Massgabe der Gesetzgebung zu. Volks- und Grossratsbeschlüsse über die Ausführung öffentlicher Werke schliessen die Befugnis zur Anwendung der Enteignung in sich.
3 Über die Erteilung des Enteignungsrechtes für Werke, bei denen der Kanton nicht Bauherr ist, entscheidet das Departement.
4 ... *
Art. 4 Gegenstand
1 Enteignet werden können dingliche Rechte an Grundstücken sowie die aus dem Grundeigentum hervorgehenden Nachbarrechte, ferner die Rechte von Mietern und Pächtern des von der Enteignung betroffenen Grundstückes.
2 Rechte an Grundstücken, die einem öffentlichen Zwecke dienen, können ebenfalls enteignet werden, sofern nicht durch das Gesetz etwas anderes bestimmt wird. Das Departement auferlegt dem Enteigner die zur Erhaltung der nötigen Verbindungen oder im Interesse der öffentlichen Sicherheit und der benachbarten Grundstücke er - forderlichen Bedingungen. *
3 Wo die Einräumung eines beschränkten dinglichen Rechtes genügt, darf das Eigentum ohne Zustimmung des Enteigneten nicht entzogen werden. Ebenso darf gegen den Willen des Enteigneten nicht für die Dauer enteignet werden, wenn eine vorübergehende Enteignung zur Erreichung des Zwecks genügt.
Art. 5 Umfang
1 Das Enteignungsrecht kann in Anspruch genommen werden: a) für die Erstellung, die Veränderung, den Unterhalt, den Betrieb sowie für die künftige Erweiterung eines Werkes; b) für den Bezug der erforderlichen Baustoffe, wenn sie sonst nur zu sehr erschwerenden Bedingungen erhältlich sind; c) für die Herbeischaffung der Baustoffe und die Ablagerung von Material; d) für Vorkehren, die zum Ersatz enteigneter Rechte oder zur Wahrung der öf - fentlichen Interessen erforderlich sind.
Art. 6 Ausdehnungsrecht des Enteigneten
1 Wird von einem Grundstück oder mehreren wirtschaftlich zusammengehörigen Grundstücken nur ein Teil in Anspruch genommen und dadurch die bestimmungsge - mässe Verwendung des verbleibenden Teiles verunmöglicht oder unverhältnismässig erschwert, so kann der Enteignete die Enteignung des Ganzen verlangen.
2 Wird dem Enteigneten durch die Einräumung eines beschränkten dinglichen Rech - tes die bestimmungsgemässe Verwendung des Grundstückes verunmöglicht oder un - verhältnismässig erschwert, so kann er die Enteignung des Grundstückes verlangen.
Art. 7 Ausdehnungsrecht des Enteigners
1 Der Enteigner kann die Enteignung des Ganzen verlangen, wenn bei Teilenteig - nung die Entschädigung für Wertverminderung des Restes mehr als die Hälfte seines Wertes beträgt.
2 Der Enteigner hat innert 20 Tagen seit rechtskräftiger Festsetzung der Entschädi - gung dem Enteigneten schriftlich mitzuteilen, ob er die Teilenteignung oder die Ent - eignung des Ganzen gewählt hat.
Art. 8 Verzicht
1 Der Enteigner kann innert 20 Tagen seit rechtskräftiger Festsetzung der Entschädi - gung, sofern er nicht bereits die vorzeitige Besitzeseinweisung verlangt hat, dem Enteigneten schriftlich den Verzicht auf den Vollzug der Enteignung erklären. *
2 Entsteht dem Enteigneten durch den Verzicht nachweisbar ein Schaden, so ist die - ser zu vergüten. Wenn sich die Parteien über die Höhe der Vergütung nicht verstän - digen können, befindet darüber jene Instanz, die den endgültigen Entscheid über die Enteignungsentschädigung gefällt hat. Der Anspruch auf Vergütung verjährt innert einem Jahr seit der Verzichterklärung.
3 Eine im Grundbuch vorgemerkte Verfügungsbeschränkung kann der Enteignete ge - gen Vorweisung der Verzichterklärung löschen lassen.
3. Die Entschädigung
Art. 9 Grundsatz, Zuständigkeit für Festsetzung und Arten
1 Die Enteignung darf nur gegen volle Entschädigung erfolgen. Die Entschädigung ist in der Regel in Geld zu leisten. Mit Zustimmung des Enteigneten kann anstelle der Geldleistung ganz oder teilweise eine Sachleistung treten.
2 Trifft die Enteignung einen dinglich Berechtigten, der zur Berufsausübung auf das zu enteignende Grundstück unbedingt angewiesen ist, so soll nach Möglichkeit Rea - lersatz geleistet werden.
Art. 10 Bestandteile der Entschädigung
1 Die Entschädigung ist unter Berücksichtigung aller Nachteile festzusetzen, die dem Enteigneten ohne sein Verschulden aus dem Entzug oder der Beschränkung seiner Rechte erwachsen. Demnach sind zu vergüten: a) der volle Verkehrswert des enteigneten Rechtes; b) der Minderwert, der entsteht, wenn von einem Grundstück oder von mehreren wirtschaftlich zusammenhängenden Grundstücken nur ein Teil in Anspruch genommen wird; c) * ein angemessener Anteil an den Wiederbeschaffungskosten, sofern der subjektive Schaden eines Enteigneten, der auf die Wiederbeschaffung ange - wiesen ist, höher ist als der Verkehrswert des enteigneten Objektes. Den Mehrwert muss sich der Enteignete anrechnen lassen; d) * alle weiteren den Enteigneten treffenden Nachteile, die sich nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge als Folge der Enteignung voraussehen lassen.
2 Lässt sich der Nachteil bei Anordnung des Entzuges oder der Beschränkung eines Rechtes nicht feststellen, so kann auf Begehren des Enteigners, des Enteigneten oder von Amtes wegen der Entscheid bis zur Vollendung des Werkes ausgesetzt werden, allenfalls unter Anordnung einer angemessenen Sicherstellung.
Art. 11 Berechnung des Verkehrswertes
1 Bei der Ermittlung des Verkehrswerts sind bessere Verwendungsmöglichkeiten angemessen zu berücksichtigen, hingegen nicht offenbare Spekulations- oder Lieb - haberpreise.
2 Die auf dem Grundstück bestehenden Dienstbarkeiten, mit Ausnahme der Nutz - niessung, sowie die im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Rechte sind bei der Schätzung in Betracht zu ziehen, ebenso der Wert von besonderen Lasten, die durch die Enteignung wegfallen.
3 Ausser Betracht fallen die durch das Werk des Enteigners entstehenden Werterhö - hungen oder Wertverminderungen.
Art. 12 Entschädigung für Dienstbarkeiten und persönliche Rechte
1 Für enteignete Dienstbarkeiten, mit Ausnahme der Nutzniessung, und für die im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Rechte ist dem Berechtigten der aus ihrer Beschränkung oder aus ihrem Erlöschen entstehende Schaden angemessen zu vergü - ten.
2 Mieter und Pächter können, auch wenn ihre Rechte im Grundbuch nicht vorge - merkt sind, Ersatz für den Schaden verlangen, der ihnen aus der vorzeitigen Aufhe - bung ihrer vor der Einleitung des Enteignungsverfahrens abgeschlossenen Miet- und Pachtverträge nachweisbar entsteht.
Art. 13 Entschädigung für Grundpfandrechte, Grundlasten und Nutzniessun -
gen
1 Den Grundpfand-, Grundlast- und Nutzniessungsberechtigten haftet anstelle der enteigneten Sache die dafür geleistete Entschädigung nach Massgabe des Zivilrech - tes. Sie können selbständige Anträge stellen, soweit eine Beeinträchtigung ihrer Rechte zu befürchten ist.
2 Die Nutzniessungsberechtigten können ausserdem selbständig Ersatz für den Scha - den verlangen, der ihnen aus dem Entzug des Nutzniessungsgegenstandes erwächst.
Art. 14 * ...
4. Das Enteignungsverfahren
Art. 15 Vorbereitende Handlungen
1 Handlungen, die zur Vorbereitung eines Werkes, für das die Enteignung bean - sprucht werden kann, erforderlich sind, müssen nach rechtzeitiger Benachrichtigung des Eigentümers geduldet werden. Der Enteigner hat vollen Schadenersatz zu leis - ten.
2 Für solche vorbereitende Handlungen ist die Bewilligung des Departementes ein - zuholen, das diese von einer Sicherheitsleistung abhängig machen kann. *
3 Schadenersatzklagen werden durch die ordentlichen Gerichte beurteilt.
Art. 16 * Einleitung des Verfahrens
1 Bei strassen-, wasser- und forstbaulichen Vorhaben wird das Enteignungsverfahren durch die öffentliche Projektauflage eingeleitet. Bei Projekten, die nur wenige Grundeigentümer berühren und keine erhebliche Beanspruchung von Rechten zur Folge haben, erfolgt dies durch die schriftliche Zustimmung der Betroffenen zum Auflageverzicht. *
2 Bei den übrigen Vorhaben erfolgt die Einleitung des Verfahrens durch die persönli - che Anzeige an die betroffenen Grundeigentümer.
Art. 17 Enteignungsbann
1 Vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung der Auflage und, im abgekürzten Ver - fahren
1 ) , vom Tage der Zustellung der Vorladung an, dürfen ohne Zustimmung des Enteigners keine die Enteignung erschwerenden rechtlichen oder tatsächlichen Ver - fügungen mehr getroffen werden. Nötigenfalls kann bei den von der Enteignung betroffenen Grundstücken auch eine Verfügungsbeschränkung im Grundbuch vorge - merkt werden.
1) Vgl. dazu Art. 3 GVV zum Enteignungsgesetz, BR 803.110
2 Widerhandlungen werden vom Departement mit Busse bis zu 1000 Franken geahn - det. Das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz
1 )
. *
3 Für den aus dem Enteignungsbann nachweisbar entstehenden Schaden hat der Ent - eigner vollen Ersatz zu leisten. Bestand und Höhe des Schadens werden gleichzeitig mit der Entschädigung für die Enteignung festgesetzt.
5. Die Enteignungsorgane
Art. 18 Enteignungskreise
1 Die Regierung bestimmt die Enteignungskreise 2 ) .
Art. 19 Enteignungskommission
1 Für alle in einem Enteignungskreis vorkommenden Enteignungsfälle wählt die Re - gierung für eine Amtsdauer von vier Jahren eine Enteignungskommission von drei Mitgliedern und zwei Stellvertretern. Der Präsident wird von der Regierung bezeich - net. Über die Protokollführung entscheidet die Kommission. *
2 Für den Ausstand sind die Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes 3 ) massgebend. *
3 Erstreckt sich das auszuführende Werk über mehrere Enteignungskreise, so be - stimmt die Regierung eine einzige Enteignungskommission.
Art. 20 Zuständigkeit
1 Der Enteignungskommission obliegt im besondern der Entscheid über: a) Bestand und Höhe des Schadens aus dem Enteignungsbann; b) Ausdehnungsbegehren des Enteigneten und des Enteigners; c) bestrittene Rechte; d) Art und Höhe der Enteignungsentschädigung; e) vorzeitige Besitzeseinweisung und damit verbundene Massnahmen; f) * ... g) nachträgliche Forderungen; h) Höhe der Entschädigung bei Verzicht auf die Enteignung; i) Möglichkeit des Rückforderungsrechtes und Höhe der allfälligen Gegenleis - tung; k) * Entschädigungsforderungen wegen enteignungsähnlicher Tatbestände (materi - elle Enteignung); l) * nachträgliche Entschädigungsansprüche, sofern ein Enteignungsverfahren nicht oder nicht gegen den Geschädigten durchgeführt worden ist; m) * das Vorliegen einer materiellen Enteignung.
1) BR 370.100
Art. 21 * Aufsicht
1 Das Verwaltungsgericht übt die Aufsicht über die Enteignungskommissionen aus.
2 Es überwacht ihren Geschäftsgang in geeigneter Weise und kann ihnen allgemeine Weisungen erteilen.
3 Die Bestimmungen des Gerichtsorganisationgesetzes über die Justizaufsicht finden sinngemäss Anwendung.
2) Gemäss RB vom 30. Dezember 1958 und vom 19. März 1962 ist der ganze Kanton in acht Enteignungskreise eingeteilt worden, welche mit Ausnahme des einen eigenen Enteignungs - kreis bildenden Gebietes der Stadt Chur den Ingenieurbezirken entsprechen. Die Ingenieur - bezirke sind folgendermassen eingeteilt: 1. Bezirk mit Sitz in Chur, umfassend die Untere Strasse von der St. Galler- und Liechtensteinergrenze bis Reichenau, die Obere Strasse von Chur bis Tiefencastel, ferner die Schanfiggerstrasse von Chur bis Arosa, die Prättigauer - strasse von Landquart bis Schiers/Schasseintobel, die Verbindungsstrassen sowie die Stati - onsstrassen der RhB, welche der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstellt sind; 2. Be - zirk mit Sitz in Mesocco, umfassend die Italienische Strasse Hinterrhein (Passanfang) –St. Bernhardin–Mesocco–Tessinergrenze nebst der Calancastrasse von Grono bis Rossa und die Verbindungsstrassen; 3. Bezirk mit Sitz in Samedan, umfassend die Obere Strasse von der Grenze Mulegns/Sur–Julier–Silvaplana–Maloja–Landesgrenze, die Engadinerstrasse von Silvaplana bis Punt ota oberhalb Brail, die Berninastrasse von Samedan und von Celerina/Schlarigna über Pontresina–Poschiavo bis Campocologno; dann die Albulastrasse von Preda bis La Punt Chamues–ch und die Verbindungsstrassen sowie die Stationsstrassen der RhB, die der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstellt sind; 4. Bezirk mit Sitz in Scuol, umfassend die Engadinerstrasse von Punt ota oberhalb Brail bis Martina–Vinadi– Landesgrenze, die Ofenberg- und Münstertalerstrasse von Zernez bis zur Landesgrenze bei Müstair, die Umbrailstrasse bis zur Landesgrenze auf der Passhöhe, die Flüelastrasse von Susch bis Grenze Susch/Davos und die Samnaunerstrasse von Vinadi bis Spissermühle, die Verbindungsstrassen und die der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstellten Stationss - trassen der RhB; 5. Bezirk mit Sitz in Davos-Platz, umfassend die Obere Strasse von Tie - fencastel bis Grenze Mulegns/Sur, die Albulastrasse von Tiefencastel bis Preda, die Land - wasserstrasse von Lantsch/Lenz über Wiesen bis Davos, die Flüelastrasse von Davos-Dorf bis Grenze Davos/Susch und die Prättigauerstrasse von Schiers–Schasseintobel bis Davos- Dorf, die Verbindungsstrassen sowie die der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstell - ten Stationsstrassen der RhB; 6. Bezirk mit Sitz in Ilanz, umfassend die Oberländerstrasse ab Reichenau über Ilanz-Tavetsch bis zur Urnergrenze, die Oberländerstrasse von der Gren - ze Versam/Valendas bis Ilanz, dann die Lugnezerstrasse von Ilanz bis Vrin und Val Gronda über Peiden bis Vals, die Glennerstrasse von Ilanz bis Peidenbad, die Lukmanierstrasse von Disentis/Mustér bis zur Tessinergrenze, die Verbindungsstrassen und die der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstellten Stationsstrassen der RhB; 7. Bezirk mit Sitz in Thusis, umfassend die Italienische Strasse von Reichenau bis Hinterrhein (Passanfang), den Splü - genpass bis Landesgrenze, die Averserstrasse, die Schynstrasse von Thusis bis Tiefencastel, die Oberländerstrasse von Bonaduz bis Grenze Versam/Valendas, die Safierstrasse von Ver - sam bis Safien-Thalkirch und die Domleschgerstrasse von Rothenbrunnen bis Sils i.D. so - wie die Verbindungsstrassen und die Zufahrtsstrassen zu den Stationen der RhB, die der kantonalen Strassenpolizeiordnung unterstellt sind.
Art. 22 * Verwaltungsgericht
1 Der Enteigner und der Enteignete können, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, alle Sachentscheide der Enteignungskommission an das Verwaltungs - gericht weiterziehen
1 )
.
2 Wird von einer Partei Beschwerde eingereicht, so steht der Gegenpartei das Recht der Anschlussbeschwerde zu. *
3
... *
4 ... *
6. Vollzug der Enteignung
Art. 23 Fälligkeit der Entschädigung
1 Die Entschädigung für die Enteignung wird mit der rechtskräftigen Feststellung fällig und ist von diesem Zeitpunkt an zu fünf Prozent zu verzinsen, sofern der Ent - eignete nicht in seinem Einverständnis über diesen Zeitpunkt hinaus im Genusse des enteigneten Rechtes verbleibt.
Art. 24 Zahlung der Entschädigung
1 ... *
2 Wo die genaue Höhe der Entschädigung vor Abschluss der Bauarbeiten nicht er - mittelt werden kann, sind zunächst 80 Prozent der voraussichtlichen Summe und der Rest sofort nach der Vermarkung und Vermessung zu bezahlen.
3
... *
Art. 25 Verteilung
1 Der Enteigner darf die für das enteignete Grundstück und den Minderwert eines nicht enteigneten Grundstückes bezahlte Entschädigung dem Eigentümer nur mit Zustimmung allfälliger Berechtigter aus beschränkten dinglichen und vorgemerkten persönlichen Rechten auszahlen. *
2 Zur Auszahlung der Entschädigung für die enteigneten Dienstbarkeiten an die Be - rechtigten ist die Zustimmung allfälliger Grundpfand- und Grundlastberechtigter des herrschenden Grundstückes erforderlich.
3 Können sich die in Betracht fallenden Berechtigten über die Verteilung nicht eini - gen, so trifft der Kommissionspräsident die ihm als angemessen erscheinenden Massnahmen. Er ist befugt, Fristen für die Klageerhebung anzusetzen mit der Androhung, dass bei Nichteinhalten dieser Frist die Verteilung in der von ihm vorge - sehenen Weise vorgenommen werde.
3) BR 370.100
1) Siehe Art. 52 ff. VGG, BR 370.100
Art. 26 Wirkung der Zahlung
1 Durch die Zahlung der Entschädigung erwirbt der Enteigner das Eigentum an dem enteigneten Grundstück oder das auf dem Enteignungsweg eingeräumte Recht an ei - nem Grundstück.
2 Die gleiche Wirkung hat die Zahlung einer Entschädigung, die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens durch Parteivereinbarung festgesetzt worden ist.
3 Mangels anderer Vereinbarung der Parteien erlöschen die auf dem enteigneten Eigentum lastenden beschränkten dinglichen Rechte und im Grundbuch vorgemerk - ten persönlichen Rechte, auch wenn sie trotz ergangener Aufforderung schuldhafter - weise nicht angemeldet und von der Enteignungskommission nicht geschätzt worden sind.
Art. 27 Grundbucheintrag, Kosten, Handänderungssteuer
1 Der Enteigner kann sofort nach der gültigen Zahlung der Entschädigung und der allfälligen nötigen Vermarkung und Vermessung verlangen, dass der Rechtserwerb durch Enteignung im Grundbuch eingetragen werde.
2 Die Kosten der Vermarkung, Vermessung und der grundbuchlichen Bereinigung hat der Enteigner zu tragen.
3 Für den Eigentumsübergang durch Enteignung dürfen dem Kanton keine Handän - derungssteuern auferlegt werden.
Art. 28 Vorzeitige Besitzeseinweisung
1 Der Enteigner kann nach Einleitung des Schätzungsverfahrens durch den Kommis - sionspräsidenten nach vorgenommenem Augenschein und nach Anhören der Abtre - tungspflichtigen ermächtigt werden, das Grundstück schon vor der Zahlung der Ent - schädigung in Anspruch zu nehmen, wenn für den Enteigner aus einer Verzögerung bedeutende Nachteile entstehen würden. *
2 Wenn der Kommissionspräsident einem solchen Gesuch entspricht, hat er gleich - zeitig die Massnahmen anzuordnen, die die spätere Festsetzung der Entschädigung sichern. Auf Antrag des Enteigneten kann er zudem eine Sicherheitsleistung verlan - gen. *
3 Jedenfalls ist die endgültige Entschädigung vom Tage der Besitzergreifung an mit fünf Prozent zu verzinsen.
7. Rückforderungsrecht
Art. 29 Voraussetzungen
1 Der Enteignete, der nicht durch schriftliche Erklärung darauf verzichtet hat. kann die Rückübertragung eines enteigneten Rechtes gegen Erstattung der hierfür erhalte - nen Entschädigung und, wo die Umstände es rechtfertigen, des Minderwertes ver - langen, wenn es, ohne eine Verwendung zu einem öffentlichen Zwecke erhalten zu haben, veräussert oder zu einem Zweck verwendet werden soll, für den das Enteig - nungsrecht nicht gegeben ist.
2 Das Rückforderungsrecht kann vom früheren Inhaber oder von seinen Erben aus - geübt werden, bei einer Teilenteignung jedoch nur dann, wenn sie noch Eigentümer des Restgrundstückes oder des herrschenden Grundstückes sind.
3 Bei der Eintragung im Grundbuch ist dieses Rückforderungsrecht als Verfügungs - beschränkung vorzumerken.
Art. 30 Anzeigepflicht
1 Der Enteigner hat dem Rückforderungsberechtigten unter Schadenersatzfolge An - zeige zu erstatten, wenn er das enteignete Recht veräussern oder zu einem Zweck verwenden will, für den das Enteignungsrecht nicht gegeben ist.
Art. 31 Verjährung
1 Das Rückforderungsrecht erlischt nach Ablauf von sechs Monaten seit der in Arti - kel 30 vorgeschriebenen Anzeige.
Art. 32 Entscheid
1 Wird das Rückforderungsrecht bestritten oder können sich die Parteien über die Höhe der Gegenleistung nicht verständigen, so entscheidet endgültig jene Instanz, die die Enteignungsentschädigung rechtskräftig festgesetzt hat.
8. Schluss- und Übergangsbestimmungen
Art. 33 Vollziehungsverordnung
1 Der Grosse Rat regelt das Verfahren für die Ausübung des Enteignungsrechtes durch den Kanton, für die Erteilung des Enteignungsrechtes durch das Departement, für die Beurteilung von Forderungen aus materieller Enteignung und für die Festset - zung der Enteignungsentschädigung 1 ) . *
2 Das Verfahren ist so zu ordnen, dass unter Wahrung der schutzwürdigen Interessen des Enteigneten eine möglichst rasche Durchführung der Enteignung gewährleistet *
1) Vgl. GVV zu diesem Gesetz, BR 803.110
Art. 34 Inkraftsetzung, Aufhebung bisherigen Rechts
1 Die Regierung setzt dieses Gesetz nach Annahme durch das Volk in Kraft
1 )
.
2 Auf diesen Zeitpunkt werden das Gesetz über Abtretung von liegendem Privatei - gentum zu öffentlichen Zwecken vom 13. Juli 1839 2 ) , die Zusatzartikel vom 8. Janu - ar 1853
3 ) sowie die Artikel 2 bis 6 des Baugesetzes vom 6. Mai 1894
4 ) aufgehoben.
Art. 35 Übergangsbestimmungen
1 Fälle, für die die Enteignung beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits eingeleitet ist, werden nach dem bisherigen Recht behandelt.
2 Hingegen finden die Bestimmungen dieses Gesetzes über den Weiterzug, den Vollzug der Enteignung und das Rückforderungsrecht auf alle Entscheide Anwen - dung, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes mitgeteilt werden.
1) Gesetz mit RB vom 30. Dezember 1958 auf den 1. Januar 1959, Revision vom 24. Septem - ber 1978 mit RB vom 30. Oktober 1978 auf den 1. Januar 1979 in Kraft gesetzt.
2) aRB 966
3) aRB 968
4) aRB 965, ganzes Gesetz aufgehoben durch Bau- und Planungsgesetz vom 26. April 1964, AGS 1964, 430, dieses wiederum ersetzt durch Raumplanungsgesetz vom 20. Mai 1973, BR 801.100
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
26.10.1958 01.01.1959 Erlass Erstfassung -
24.09.1978 01.01.1979 Art. 20 Abs. 1, k) eingefügt -
24.09.1978 01.01.1979 Art. 20 Abs. 1, l) eingefügt -
24.09.1978 01.01.1979 Art. 22 totalrevidiert -
24.09.1978 01.01.1979 Art. 33 Abs. 2 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 2a totalrevidiert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 3 totalrevidiert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 4 Abs. 2 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 8 Abs. 1 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 10 Abs. 1, c) geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 10 Abs. 1, d) geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 14 aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 15 Abs. 2 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 16 totalrevidiert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 19 Abs. 1 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 20 Abs. 1, f) aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 20 Abs. 1, m) eingefügt -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 22 Abs. 3 aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 22 Abs. 4 aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 24 Abs. 1 aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 24 Abs. 3 aufgehoben -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 25 Abs. 1 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 28 Abs. 1 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 28 Abs. 2 geändert -
26.11.2000 01.01.2001 Art. 33 Abs. 1 geändert -
06.12.2004 01.11.2005 Art. 1 Abs. 1 geändert -
06.12.2004 01.11.2005 Art. 1 Abs. 2 eingefügt -
31.08.2006 01.01.2007 Art. 3 Abs. 4 aufgehoben 2006, 3323
31.08.2006 01.01.2008 Art. 21 totalrevidiert 2006, 4584
31.08.2006 01.01.2007 Art. 22 Abs. 2 geändert 2006, 3323
16.06.2010 01.01.2011 Art. 17 Abs. 2 geändert 2010, 2411
16.06.2010 01.01.2011 Art. 19 Abs. 2 geändert 2010, 2554
11.06.2012 01.01.2013 Art. 16 Abs. 1 geändert -
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle Erlass 26.10.1958 01.01.1959 Erstfassung -
Art. 1 Abs. 1 06.12.2004 01.11.2005 geändert -
Art. 1 Abs. 2 06.12.2004 01.11.2005 eingefügt -
Art. 2a 26.11.2000 01.01.2001 totalrevidiert -
Art. 3 26.11.2000 01.01.2001 totalrevidiert -
Art. 3 Abs. 4 31.08.2006 01.01.2007 aufgehoben 2006, 3323
Art. 4 Abs. 2 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 8 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 10 Abs. 1, c) 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 10 Abs. 1, d) 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 14 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 15 Abs. 2 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 16 26.11.2000 01.01.2001 totalrevidiert -
Art. 16 Abs. 1 11.06.2012 01.01.2013 geändert -
Art. 17 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 geändert 2010, 2411
Art. 19 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 19 Abs. 2 16.06.2010 01.01.2011 geändert 2010, 2554
Art. 20 Abs. 1, f) 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 20 Abs. 1, k) 24.09.1978 01.01.1979 eingefügt -
Art. 20 Abs. 1, l) 24.09.1978 01.01.1979 eingefügt -
Art. 20 Abs. 1, m) 26.11.2000 01.01.2001 eingefügt -
Art. 21 31.08.2006 01.01.2008 totalrevidiert 2006, 4584
Art. 22 24.09.1978 01.01.1979 totalrevidiert -
Art. 22 Abs. 2 31.08.2006 01.01.2007 geändert 2006, 3323
Art. 22 Abs. 3 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 22 Abs. 4 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 24 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 24 Abs. 3 26.11.2000 01.01.2001 aufgehoben -
Art. 25 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 28 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 28 Abs. 2 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 33 Abs. 1 26.11.2000 01.01.2001 geändert -
Art. 33 Abs. 2 24.09.1978 01.01.1979 geändert -
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