Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs
Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (EGzSchKG) Vom 23. April 2014 (Stand 1. Januar 2017) Der Grosse Rat des Kantons Graubünden 1 ) , gestützt auf Art. 31 der Kantonsverfassung 2 ) , nach Einsichtnahme in die Botschaft der Regierung vom 14. Januar 2014 3 ) , beschliesst:
1. Betreibungs- und Konkursamt
1.1. ORGANISATION
Art. 1 Betreibungs- und Konkurskreise
1 Jede Region bildet einen Betreibungs- und Konkurskreis.
2 Zwei oder mehrere Regionen können die Führung und Verwaltung ihrer Betrei - bungs- und Konkursämter zusammenlegen. Eine solche Vereinbarung bedarf der Ge - nehmigung der Aufsichtsbehörde.
3 Ist die fachliche, ordnungsgemässe oder zweckmässige Führung eines Betreibungs- und Konkursamtes nicht gewährleistet, kann die Aufsichtsbehörde die Zusammenle - gung der Führung und Verwaltung mit derjenigen eines anderen Betreibungs- und Konkursamtes anordnen.
Art. 2 Sitz
1 Die Region bestimmt den Sitz ihres Betreibungs- und Konkursamtes.
1) GRP 2013/2014, 655
2) BR 110.100
3) Seite 757
2 Mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde kann das Betreibungs- und Konkursamt Aussenstellen unterhalten. Die administrative und fachliche Leitung der Aussenstel - len obliegt dem Betreibungs- und Konkursamt.
Art. 3 Organisationsreglement
1 Die Führung der Betreibungs- und Konkursämter sowie allfälliger Aussenstellen ist Sache der Regionen. Die Region erlässt dazu ein Organisationsreglement, soweit sie dazu durch dieses Gesetz ermächtigt und beauftragt wird.
2 Das Organisationsreglement enthält insbesondere Bestimmungen über die ord - nungsgemässe Durchführung der Betreibungen und Konkurse in der Region sowie den zweckmässigen Einsatz von Personal und Mittel.
3 Das Organisationsreglement ist der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzule - gen.
Art. 4 Grundzüge der Organisation
1. Leitung
1 Die Region hat für die Leitung ihres Betreibungs- und Konkursamtes eine Betrei - bungs- und Konkursbeamtin oder einen Betreibungs- und Konkursbeamten sowie deren Stellvertreterin oder Stellvertreter zu ernennen.
2 Der Amtsinhaberin oder dem Amtsinhaber obliegt die administrative und fachliche Führung des Betreibungs- und Konkursamtes sowie allfälliger Aussenstellen.
3 Als Betreibungs- und Konkursbeamtin oder Betreibungs- und Konkursbeamter so - wie Stellvertreterin oder Stellvertreter kann eingesetzt werden, wer über die erfor - derliche persönliche und fachliche Eignung verfügt. Einzelheiten regelt die Regie - rung durch Verordnung.
Art. 5 2. übrige Angestellte
1 Als übrige Angestellte im Sinne dieses Gesetzes gelten alle weiteren qualifizierten Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter sowie die Mitarbeitenden des Sekretariats der Betreibungs- und Konkursämter.
2 Das Organisationsreglement hat insbesondere Angaben bezüglich Kompetenzen und Unterschriftsberechtigungen der übrigen Angestellten zu enthalten.
Art. 6 3. Anstellung und berufliche Vorsorge
1 Das Arbeitsverhältnis sämtlicher Betreibungs- und Konkursbeamtinnen und Betrei - bungs- und Konkursbeamten sowie der übrigen Angestellten wird mit öffent - lich-rechtlichem Vertrag begründet.
2 Soweit das Organisationsreglement keine abweichenden Bestimmungen enthält, gelangen die Bestimmungen des kantonalen Personal- und Vorsorgerechts zur An - wendung.
Art. 7 Mitteilung und Veröffentlichung
1 Die Region hat die Ernennung und den Rücktritt von Amtspersonen unverzüglich der Aufsichtsbehörde mitzuteilen.
2 Bei Änderungen der personellen Zusammensetzung hat die Region die Namen der betreffenden Personen angemessen zu publizieren. Die Aufsichtsbehörde informiert periodisch über die personelle Zusammensetzung der Betreibungs- und Konkursäm - ter.
3 Konkursgericht und Nachlassgericht sind verpflichtet, der Aufsichtsbehörde unver - züglich die Ernennung von Personen mitzuteilen, die mit der Sachwaltung, der Li - quidation oder der ausseramtlichen Konkursverwaltung beauftragt werden.
Art. 8 Besoldung
1 Die Region regelt die feste Besoldung ihrer Betreibungs- und Konkursbeamtinnen und Betreibungs- und Konkursbeamten und der übrigen Angestellten im Organisati - onsreglement.
1.2. GEMEINSAME BESTIMMUNGEN
Art. 9 Schweigepflicht
1 Die Amtspersonen, ihre Angestellten und Hilfspersonen, die mit der ausseramtli - chen Konkursverwaltung, der Sachwaltung oder der Liquidation beauftragten Perso - nen, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei sind verpflichtet, über alle in Ausübung ihres Amtes erlangten Kenntnisse und anvertrauten Geheimnisse Verschwiegenheit zu wahren, soweit nicht nach Bundesrecht ein Einsichtsrecht in Protokolle und Register besteht oder sie durch ausdrückliche Vorschriften zur Anzei - ge oder Mitteilung an Behörden verpflichtet sind.
Art. 10 Verfahrensvorschriften
1 Soweit das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs und dieses Gesetz keine Vorschriften enthalten, richtet sich das Verfahren nach der Zivilprozessord - nung und der kantonalen Einführungsgesetzgebung.
Art. 11 Verantwortlichkeit
1 Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit richtet sich nach den Artikeln 5 und 6 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs.
2 Der Kanton kann im Verfahren gemäss dem Gesetz über die Staatshaftung auf die Personen, die den Schaden durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung ihrer Amtspflicht widerrechtlich verursacht haben, Rückgriff nehmen.
Art. 12 Haftpflichtversicherung
1 Der Kanton versichert die Amtspersonen und Angestellten, ihre Hilfspersonen, die mit der ausseramtlichen Konkursverwaltung, der Sachwaltung oder der Liquidation beauftragten Personen, die Aufsichts- und Gerichtsbehörden sowie die Polizei gegen Schadenersatzansprüche für Schäden gemäss Artikel 5 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, die diese bei der Erfüllung der Aufgaben, die ihnen das Bundesgesetz zuweist, widerrechtlich verursachen.
2 Die Regierung legt die Höhe der Garantiesumme und eines allfälligen Selbstbehal - tes fest, bestimmt die Aufteilung der Prämien und regelt weitere Einzelheiten in ei - ner Verordnung.
2. Aufsicht
2.1. BEHÖRDE UND AUFGABEN
Art. 13 Aufsichtsbehörde
1 Einzige kantonale Aufsichtsbehörde gemäss Artikel 13 und Beschwerdeinstanz ge - mäss Artikel 17 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs ist das Kantonsgericht.
Art. 14 Aufgaben
1. im Allgemeinen
1 Die Aufsichtsbehörde übt die fachliche Aufsicht über das gesamte Betreibungs- und Konkurswesen aus und nimmt die ihr gemäss Bundesrecht zugewiesenen Be - fugnisse und Pflichten wahr.
2 Sie kann im Rahmen des Bundesrechts Kreisschreiben und allgemein gültige oder für den Einzelfall verbindliche Weisungen erlassen.
Art. 15 2. im Besonderen
1 Die Aufsichtsbehörde hat die Geschäftsführung der Betreibungs- und Konkursäm - ter regelmässig zu prüfen oder prüfen zu lassen und trifft die geeigneten Massnah - men zur Verhinderung oder Beseitigung von unzweckmässigen oder ordnungswidri - gen Zuständen.
2 Sie sorgt für eine ordnungsgemässe Amtsübergabe.
3 Sie kann Einführungs- und Weiterbildungskurse durchführen und die Teilnahme für obligatorisch erklären.
4 Sie kann einen Beratungsdienst unterhalten, der die Betreibungs- und Konkursäm - ter in Fragen der allgemeinen Geschäftsführung und in konkreten Einzelfällen berät.
5 Sie genehmigt den Zusammenschluss zweier oder mehrerer Betreibungs- oder Konkursämter, die Schaffung von Aussenstellen sowie das Organisationsreglement.
Art. 16 Disziplinarbefugnis
1 Die Aufsichtsbehörde übt die ihr gemäss Artikel 14 Absatz 2 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zustehenden Disziplinarbefugnisse aus.
2.2. VERFAHREN
Art. 17 Verfahren vor Kantonsgericht
1. als Aufsichtsbehörde
1 Beschwerden gemäss Artikel 17 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs sowie Gesuche und Anzeigen sind schriftlich einzureichen.
2 Die Aufsichtsbehörde holt die erforderlichen Vernehmlassungen ein und klärt den Sachverhalt von Amtes wegen ab.
3 Ein Parteivortritt findet nicht statt.
4 Im Übrigen sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sinngemäss anwend - bar.
Art. 18 2. als Disziplinarbehörde
1 Die Aufsichtsbehörde kann aufgrund einer Anzeige oder von Amtes wegen ein Dis - ziplinarverfahren eröffnen.
2 Sie teilt dies der betroffenen Amtsperson mit und nimmt die nötigen Abklärungen vor.
3 Nach Abschluss der Untersuchung erhält die betroffene Person Gelegenheit zur Stellungnahme; nötigenfalls ist eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
4 Der Disziplinarentscheid wird unter Angabe des Sachverhaltes und der wesentli - chen Erwägungen schriftlich eröffnet.
5 Im Übrigen sind die Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegesetzes über das Verfahren vor kantonalen Verwaltungsbehörden sinngemäss anwendbar.
Art. 19 Kosten
1 Kosten und Parteientschädigungen richten sich in allen Verfahren vor der Auf - sichtsbehörde nach den Bestimmungen des Bundesrechtes und, wenn diesen nichts zu entnehmen ist, nach jenen der Zivilprozessordnung und der kantonalen Einfüh - rungsgesetzgebung.
3. Verschiedene Bestimmungen
Art. 20 Nachlassgericht
1 Das Regionalgericht ist unteres Nachlassgericht. *
2 Das Kantonsgericht ist oberes kantonales Nachlassgericht.
Art. 21 Gewerbsmässige Vertretung
1 Zur gewerbsmässigen Vertretung sind in allen Verfahren Anwältinnen und Anwälte befugt, die nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000 berechtigt sind, Parteien vor schweizerischen Gerichten zu vertreten.
2 Die Vertretung in Angelegenheiten des summarischen Verfahrens nach Artikel 251 der Zivilprozessordnung, im Beschwerdeverfahren nach Artikel 17 des Bundesgeset - zes über Schuldbetreibung und Konkurs sowie im Verfahren vor dem Betreibungs- und Konkursamt ist davon ausgenommen.
Art. 22 Depositenanstalt
1 Depositenanstalt gemäss Artikel 9 und 24 des Bundesgesetzes über Schuldbetrei - bung und Konkurs ist die Graubündner Kantonalbank mit ihren Filialen.
2 Die Regierung kann weitere Depositenstellen bestimmen.
Art. 23 Polizeigewalt
1 Die Amtspersonen sind befugt, im Rahmen des Bundesgesetzes über Schuldbetrei - bung und Konkurs die Hilfe der kantonalen und kommunalen Polizei in Anspruch zu nehmen. Die Amtshilfe erfolgt in der Regel kostenlos.
Art. 24 Zwangsvollstreckung gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften
1 Zuständig für die Durchführung von Betreibungen gegen Kanton, Gemeinden, andere Körperschaften und selbständige Anstalten des kantonalen öffentlichen Rechts ist die ordentliche Betreibungs- und Konkursbeamtin oder der ordentliche Betreibungs- und Konkursbeamte.
2 Liegen Ausstandsgründe gemäss Artikel 10 des Bundesgesetzes über Schuldbetrei - bung und Konkurs vor, so bezeichnet die kantonale Aufsichtsbehörde das zuständige Betreibungsamt.
3 Gehen Pfändungsbegehren gegen Gemeinden ein, so hat das Betreibungsamt dem für die Aufsicht über die Gemeinden zuständigen kantonalen Amt Mitteilung zu er - statten.
Art. 25 Strafanzeige
1 Die Amtspersonen erstatten bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige, wenn sie in Ausübung ihrer Amtstätigkeit einen begründeten Verdacht auf Betreibungs- oder Konkursdelikte erhalten.
Art. 26 Aufbewahrung der Akten
1 Das Betreibungs- und Konkursamt ist verpflichtet, die nicht mehr benötigten Akten ordnungsgemäss zu archivieren.
2 Die Region hat hierfür die geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Art. 27 Nach Art. 230a Abs. 3 SchKG zuständige Behörde
1 Das für die Finanzen zuständige Departement ist die nach Artikel 230a Absatz 3 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zuständige Behörde.
4. Schlussbestimmungen
Art. 28 Übergangsrecht
1 Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch auf Verfahren Anwendung, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens rechtshängig sind. Für den Fall, dass eine Gemeinde als Folge der Gebietsreform einer anderen Region und damit einem anderen Betrei - bungs- und Konkursamt zugeteilt wird, richtet sich die örtliche Zuständigkeit sinn - gemäss nach den Bestimmungen über den Wohnsitzwechsel gemäss Artikel 53 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs.
2 Die Kreise und Bezirke haben im Zusammenwirken mit dem Übergangsorgan ge - mäss Artikel 103h des Gemeindegesetzes für einen geordneten Geschäftsübergang der Betreibungs- und Konkursämter zu sorgen.
3 Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes enden laufende Amtsperioden von Betreibungs- und Konkursbeamtinnen und Betreibungs- und Konkursbeamten.
Art. 29 Referendum und Inkrafttreten
1 Das Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Die Regierung bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens 1 ) .
1) Mit RB vom 13. Januar 2015 auf den 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt.
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
23.04.2014 01.01.2016 Erlass Erstfassung 2015-007
02.02.2016 01.01.2017 Art. 20 Abs. 1 geändert 2016-001
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle Erlass 23.04.2014 01.01.2016 Erstfassung 2015-007
Art. 20 Abs. 1 02.02.2016 01.01.2017 geändert 2016-001
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