Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat (450.1)
CH - TG

Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat

Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat (TG NHG) vom 8. April 1992 (Stand 1. Januar 2017)
1. Allgemeines

§ 1 Ziele

1 Natur und Landschaft sowie das kulturgeschichtliche Erbe, insbesondere erhaltens - werte Objekte, sind zu schützen und zu pflegen. Beeinträchtigte Natur oder Land - schaft ist, soweit sinnvoll, möglich und zumutbar, wiederherzustellen.
2 In intensiv genutzten Gebieten inner- und ausserhalb von Siedlungen ist für ökolo - gischen Ausgleich zu sorgen.
3 Die einheimische Tier- und Pflanzenwelt und ihr natürlicher Lebensraum sind zu schützen.

§ 2 Erhaltenswerte Objekte

1 Erhaltenswerte Objekte können namentlich sein:
1. Lebensräume für Tiere und Pflanzen wie Hecken, Moore, Feuchtgebiete, Schilfgürtel, Uferzonen, Auenwälder, Magerwiesen, Trockenrasen;
2. Bäume und Baumgruppen ausserhalb des Waldareals, die das Landschaftsbild prägen;
3. besondere Landschaften wie Hochäcker- und Drumlinlandschaften, seltene Obst- und andere Gärten;
4. Siedlungen, Siedlungsteile, Baugruppen sowie Bauten, Bauteile oder Anlagen samt Ausstattung und Umgebung von kulturgeschichtlicher Bedeutung, die sich zum Beispiel durch architektonisch-formale oder handwerkliche Qualitä - ten auszeichnen;
5. Stätten von historischer Bedeutung;
6. archäologische Fundstellen oder Objekte, archäologisch wichtige Orte oder Gebiete sowie Erdbauwerke oder Ruinen.
2 Hinweise auf erhaltenswerte Objekte ergeben sich vor allem aus Inventaren, Sach- und Richtplänen des Bundes, des Kantons und der Gemeinden.

§ 3 Verpflichtung des Gemeinwesens

1 Kanton, Gemeinden und die übrigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Anstalten nehmen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Rücksicht auf Natur und Hei - mat, namentlich auch durch Bewahrung erhaltenswerter Objekte.
2. Stellung der Eigentümer und weiterer Berechtigter

§ 4 Erhaltungsgebot

1 Eigentümer geschützter Objekte sowie andere daran dinglich Berechtigte haben diese zu erhalten und zu pflegen.

§ 5 Leistungen des Gemeinwesens

1 Kanton und Gemeinden unterstützen Eigentümer und andere Berechtigte bei Erhal - tung und Pflege erhaltenswerter, namentlich geschützter Objekte. Sie leisten Hilfe nach Massgabe von § 14, § 15, § 18 und § 20. *

§ 6 Untersuchung auf Erhaltungswürdigkeit

1 Eigentümer oder andere Berechtigte haben zu dulden, dass ein Objekt durch den Kanton in Zusammenarbeit mit der Gemeinde oder durch die Gemeinde auf seine Erhaltungswürdigkeit untersucht wird. *
2 Entsteht dabei Schaden, ist er zu vergüten. Über streitige Ansprüche entscheidet die Enteignungskommission im Verfahren nach § 32 ff. des Enteignungsgesetzes (TG EntG)
1 )
.

§ 7 Eingriffe in Objekte

1 Eingriffe in Objekte, die nach § 10, § 12 oder § 16 geschützt sind, bedürfen einer Bewilligung. Unterhalt und Pflege im üblichen Rahmen sind davon ausgenommen.
2 Zuständig ist bei Objekten, welche durch Anordnungen gemäss § 10 oder § 12 ge - schützt sind, die Ortsbehörde, bei Schutzobjekten aufgrund von § 16 das Departe - ment für Bau und Umwelt. Die zuständigen Fachstellen des Kantons beraten Ortsbe - hörde und Gesuchsteller. *
3 Das Bewilligungsverfahren richtet sich sinngemäss nach den entsprechenden Be - stimmungen des Planungs- und Baugesetzes (PBG)
2 )
. *
1) RB 710
2) RB 700

§ 8 Bewilligung, Ersatzprinzip

1 Die Bewilligung ist zu erteilen, sofern die angestrebten Eingriffe den Zielen und Vorschriften für den Schutz des betreffenden Objektes nicht zuwiderlaufen und kei - ne anderen Vorschriften des eidgenössischen oder kantonalen Rechtes verletzen.
2 Eingriffe sind schonend auszuführen.
3 Lässt sich eine Beeinträchtigung geschützter Lebensräume nicht vermeiden, hat der Verursacher für angemessenen Ersatz zu sorgen.

§ 9 Wissenschaftliche Gegenstände

1 Das Suchen nach Altertümern und die Durchführung archäologischer Untersuchun - gen bedürfen einer Bewilligung des Kantons. Funde herrenloser Naturkörper oder Altertümer sind der zuständigen Fachstelle zu melden.
3. Aufgaben der Gemeinden und des Kantons *

§ 10 Geschützte Objekte

1 Die Gemeinden sichern Schutz und Pflege erhaltenswerter Objekte in erster Linie durch Reglemente oder Nutzungspläne nach PBG. Zum gleichen Zweck können die Gemeindebehörden Anordnungen über erhaltenswerte Einzelobjekte durch Ent - scheid treffen. *
2 Die Anordnungen der Gemeinden können in Eingliederungs- oder Gestaltungsvor - schriften, Abbruchverboten, Nutzungsbeschränkungen, umfassenden Eingriffsverbo - ten oder Bewirtschaftungsvorschriften bestehen. Sie haben den Grundsatz der Ver - hältnismässigkeit in sachlicher und örtlicher Hinsicht zu wahren.

§ 11 Massnahmen zum ökologischen Ausgleich

1 Den Gemeinden obliegt es, Massnahmen zum ökologischen Ausgleich anzuordnen und zu finanzieren. Dem ökologischen Ausgleich dienen insbesondere Feldgehölze, Hecken, Uferbestockungen oder andere naturnahe und standortgemässe Pflanzun - gen. Die Interessen der landwirtschaftlichen Nutzung sind zu berücksichtigen. *

§ 12 Vorsorgliche Massnahmen

1 Um den bestehenden Zustand zu erhalten oder drohenden Schaden abzuwenden, kann die Gemeindebehörde die Einstellung von Eingriffen in erhaltenswerte Objekte und allfällige weitere Schutzmassnahmen verfügen. Solche Verfügungen sind sofort vollstreckbar. *
2 Eine vorsorgliche Massnahme ist ohne Verzug durch einen Entscheid über den Er - lass einer Anordnung gemäss § 10 abzulösen.

§ 13 Anspruch auf Entscheid

1 Eigentümer oder andere Berechtigte können von der Gemeindebehörde einen Ent - scheid über den Erlass einer konkreten Schutzanordnung verlangen. *
2 Sie haben ihr Begehren schriftlich einzureichen und ein aktuelles Interesse glaub - haft zu machen.
3 Die Gemeindebehörde trifft den Entscheid spätestens innert Jahresfrist. Die Frist kann ausnahmsweise aus triftigen Gründen unter Anzeige an den Gesuchsteller um ein Jahr erstreckt werden. *

§ 14 Rechtserwerb durch Gemeinden

1 Die Gemeinden können Rechte an erhaltenswerten Objekten erwerben oder Verträ - ge zu deren Schutz und Pflege abschliessen. *

§ 15 * Beiträge der Gemeinden

1 Die Gemeinden erlassen ein Reglement über Beitragsleistungen an die Kosten von Massnahmen zum Schutz und zur Pflege erhaltenswerter Objekte.
2 Im Bereich der Denkmalpflege betragen die Beiträge für Massnahmen zu Gunsten von Objekten, deren Schutz und Pflege gemäss § 10 gesichert wurde, mindestens
10 % der anrechenbaren Kosten.
3 Für die Bereiche Natur- und Landschaftsschutz sowie Archäologie kann der Regie - rungsrat minimale Anforderungen für die Beitragsleistungen der Gemeinden festle - gen.
4 In besonderen Fällen kann der Kanton auf Antrag einer Gemeinde deren Beiträge teilweise übernehmen.

§ 16 Anordnungen des Kantons

1 Das Departement für Bau und Umwelt kann nach erfolgloser Mahnung gegenüber der Gemeinde Anordnungen gemäss § 10 treffen. *
2 Um den bestehenden Zustand zu erhalten oder drohenden Schaden abzuwenden, kann das Departement nach erfolgloser Mahnung gegenüber der Gemeindebehörde die Einstellung von Eingriffen und allfällige weitere Schutzmassnahmen verfügen. Solche Verfügungen sind sofort vollstreckbar. Für das weitere Verfahren sind § 12 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 anwendbar. *

§ 17 Biotope, ökologischer Ausgleich

1 Der Regierungsrat ordnet Schutz und Unterhalt der Biotope von nationaler Bedeu - tung. Er koordiniert Massnahmen zum ökologischen Ausgleich.

§ 18 Finanzielle Leistungen des Kantons

1 Der Kanton kann einmalige oder wiederkehrende Beiträge ausrichten, insbesondere
1. für die Pflege, die Restaurierung oder den Schutz der Umgebung erhaltens - werter Objekte,
2. für die Wiederherstellung erhaltenswerter Natur- oder Landschaftsobjekte,
3. zum Schutz einheimischer Tiere oder Pflanzen und ihres natürlichen Lebens - raums,
4. für Massnahmen zum ökologischen Ausgleich,
5. für Beschränkungen der Bewirtschaftung des Bodens,
6. * an Leistungen von Gemeinden oder Privaten für den Erwerb von Rechten an erhaltenswerten Objekten sowie an Entschädigungsleistungen von Gemeinden bei materieller Enteignung,
7. zur objekt- oder projektbezogenen Unterstützung privater Organisationen des Natur- und Heimatschutzes,
8. an den Abbruch nicht mehr genutzter Bauten oder Anlagen ausserhalb des Baugebietes, deren Beseitigung im Interesse des Natur- oder Landschafts - schutzes liegt.
2 Die Höhe des Beitrags richtet sich namentlich nach der Bedeutung des Objektes oder Projektes und den anrechenbaren Kosten. An den Beitrag können Bedingungen oder Auflagen, insbesondere in Verbindung mit der Pflicht zur Rückerstattung, ge - knüpft werden. Eigentümer oder andere Berechtigte haben Anspruch auf angemesse - ne Beiträge, sofern Anordnungen von Gemeinden oder des Kantons die Nutzung einschränken oder zu erheblichen finanziellen Belastungen führen. *
3 Der Kanton leistet Eigentümern oder anderen Berechtigten, die erhaltenswerte Ob - jekte bewirtschaften, eine angemessene Abgeltung, sofern sie im Interesse des Schutzziels die landwirtschaftliche Nutzung einschränken oder eine Leistung ohne entsprechenden wirtschaftlichen Ertrag erbringen. Der Entscheid über streitige Ab - geltungen obliegt der Enteignungskommission im Verfahren nach § 32 ff. TG EntG.
4 Der Kanton übernimmt die Gebäudeversicherungsprämien für den historischen Mehrwert jener Gebäude, die der Regierungsrat bezeichnet hat.

§ 19 Erwerb durch den Kanton

1 Der Kanton kann Objekte von erheblicher kantonaler Bedeutung erwerben.

§ 20 Andere Massnahmen des Kantons

1 Der Kanton stellt Mittel für Untersuchungen, Beratungen, Grundlagenbeschaffung, Studien, Veröffentlichungen sowie für Aufbewahrung und Präsentation, Dokumen - tation und ähnliches zur Verfügung. Er kann Preise für Wettbewerbe aussetzen.
2 Er informiert die Bevölkerung über die Anliegen des Natur- und Heimatschutzes.

§ 21 * Spezialfinanzierung

1 Zur Erfüllung der Aufgaben gemäss § 17 bis § 20 wird eine Spezialfinanzierung geführt. Sie wird gespeist durch:
1. allgemeine Staatsmittel;
2. zweckgebundene Beiträge und Abgeltungen des Bundes.
2 Der Grosse Rat entscheidet über die Höhe der Einlagen aus allgemeinen Staatsmit - teln mit dem Voranschlag.
3 Für denkmalpflegerische Belange können zusätzliche Einlagen aus dem Lotterie - fonds getätigt werden. *
4 Über die Verwendung der Spezialfinanzierung entscheidet der Regierungsrat.
4. Besondere Bestimmungen

§ 22 Mitwirkung privater Personen oder Organisationen

1 Kanton und Gemeinden können für bestimmte Aufgaben, namentlich für die Pflege erhaltenswerter Objekte, private Personen oder Organisationen beiziehen. *

§ 23 Anmerkung im Grundbuch

1 Anordnungen von Gemeinden oder des Kantons sowie Verträge, an denen diese Gemeinwesen beteiligt sind, können im Grundbuch angemerkt werden
1 )
.

§ 24 Spezielle Rechtsmittelberechtigung

1 Kantonal tätigen Organisationen, welche sich gemäss ihren Statuten seit mindes - tens zehn Jahren dem Natur- und Heimatschutz oder verwandten, rein ideellen Zie - len widmen, steht die Rechtsmittelberechtigung im Rahmen von § 7 Abs. 1 erster Satz und § 10, § 12 und § 13 zu, soweit die Interessen des Natur- und Heimatschut - zes berührt sind.
2 Die zuständige Behörde hat Gesuche nach § 7 Abs. 1 erster Satz sowie Anordnun - gen und Verfügungen gemäss § 10, § 12 und § 13 den vom Regierungsrat als rechts - mittelberechtigt bezeichneten Organisationen mitzuteilen.
3 Gegen Entscheide des Departementes für Bau und Umwelt steht das Beschwerde - recht auch der Gemeinde zu. *
1) Vom Bund genehmigt am 22. Februar 2006.
5. Sanktionen

§ 25 Wiederherstellung, Ersatz

1 Wer entgegen dem Schutzzweck in ein geschütztes oder vorsorglich geschütztes Objekt eingreift oder dessen Pflege vernachlässigt, so dass es in seiner Substanz ge - fährdet ist, kann verhalten werden, auf eigene Kosten den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, angemessenen Ersatz zu schaffen oder die nötigen Massnahmen zu dulden.
2 Den Entscheid trifft bei den durch Anordnungen gemäss § 10 geschützten Objekten die Gemeindebehörde, im übrigen das Departement für Bau und Umwelt. *

§ 26 Strafbestimmung

1 Wer ein geschütztes oder vorsorglich geschütztes Objekt vorsätzlich oder fahrläs - sig beseitigt, beschädigt oder verunstaltet, wird mit Busse bis zu Fr. 20'000 bestraft. Wird die Widerhandlung aus Gewinnsucht begangen, ist die Höhe der Busse unbe - schränkt. *
2 Die Verfolgungsverjährung beträgt drei Jahre.
6. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 27 Frist für Anordnungen der Gemeinden

1 Die Gemeinden haben die Anordnungen gemäss § 10 innert fünf Jahren nach In - krafttreten dieses Gesetzes zu treffen. Der Regierungsrat kann diese Frist ausnahms - weise verlängern. *
§ 27a * Beiträge der Gemeinden gemäss §
1 Bis zur Rechtskraft der Anordnungen der Gemeinden gemäss § 10 gilt für die Pflicht der Gemeinden zu Beitragsleistungen im Bereich der Denkmalpflege das bis - herige Recht.

§ 28–30 ...

Änderungstabelle - Nach Paragraph Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Amtsblatt Erlass 08.04.1992 01.04.1994 Erstfassung ABl. 16/1992

§ 5 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 6 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 7 Abs. 2 16.08.1995 01.04.1996 geändert 34/1995

§ 7 Abs. 3 16.08.1995 01.04.1996 geändert 34/1995

Titel 3. 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 10 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 11 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 12 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 13 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 13 Abs. 3 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 14 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 15 24.10.2001 01.04.2002 geändert 43/2001

§ 16 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 16 Abs. 2 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 18 Abs. 1, 6. 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 18 Abs. 2 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 21 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 21 Abs. 3 31.08.2016 01.01.2017 geändert 36/2016

§ 22 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 24 Abs. 3 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 25 Abs. 2 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 26 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 27 Abs. 1 25.04.2007 01.01.2008 geändert 18/2007

§ 27a 24.10.2001 01.04.2002 eingefügt 43/2001

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