Gerichtsverfassungsgesetz (310.000)
CH - GR

Gerichtsverfassungsgesetz

Vom Volke angenommen am 24. September 1978
1 I. Gerichtsbehörden
Art.
2 Gleichstellung der Geschlechter Personen-, Funktions- und Berufsbezeichnungen in diesem Gesetz beziehen sich auf beide Geschlechter, soweit sich aus dem Sinn des Gesetzes nicht etwas anderes ergibt.
Art.
3 Bestand der Gerichte
1 Grossen Rat festgesetzten Zahl von Vizepräsidenten und weiteren Mitgliedern.
2 besonders festgelegt.
Art.
4 Wahl Für das Kantonsgericht und das Verwaltungsgericht werden die Präsidenten, Vizepräsidenten und die weiteren Mitglieder in getrennten Wahlgängen durch den Grossen Rat, für die Bezirksgerichte die Präsidenten, die vollamtlichen Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder in getrennten Wahlgängen durch das Volk bestimmt.
Art.
5 Bezirk Der Bezirk ist im Bereiche seiner Rechtsprechungsbefugnisse und der ihm durch Gesetz übertragenen Aufgaben rechts- und handlungsfähig.
Art.
6 Kreis Die Wahl und die richterlichen Befugnisse des Kreispräsidenten und seines Stellvertreters bestimmen sich nach dem kantonalen und dem Kreisrecht. II. Organisation und Geschäftsführung
Art.
7 Sitz Das Kantons- und das Verwaltungsgericht haben ihren Sitz in Chur, die Bezirksgerichte und das Kreisamt am Bezirkshauptort beziehungsweise am Kreishauptort.

Art. Amtseid und Handgelübde

1
8 Die Richter und Aktuare sämtlicher Gerichte leisten den Amtseid oder das Handgelübde nach folgender Formel: «Ihr als gewählter Präsident (Richter, Aktuar) des (Kantons-, Verwaltungs-, Bezirks- Gerichtes oder Kreises) schwöret zu Gott (gelobet), alle Pflichten Eures Amtes nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.» «Ich schwöre (gelobe) es.»
2 Es leisten den Amtseid oder das Handgelübde: a) die Präsidenten des Kantons- und des Verwaltungsgerichtes vor dem Grossen Rat, b) die Mitglieder des Kantons- und des Verwaltungsgerichtes vor dem Gerichtspräsidenten, c)
9 d) die Mitglieder des Bezirksgerichtes vor dem Bezirksgerichtspräsidenten; e)
10 der Kreispräsident und sein Stellvertreter vor der Wahlversammlung oder vor dem Kreisrat.
3
...
11
2
3 ordnen.
4 Bestimmungen, für Wahlen, alle personal- und besoldungsrechtlichen Fragen und weitere Geschäfte der Justizverwaltung zuständig ist.
Art.
13
1
2 Vorsitzende.
3 einem andern vollamtlichen Richter übertragen.

Art. Präsidium

1
14 Dem Gerichtspräsidenten obliegt die allgemeine Leitung des Gerichtes, er vertritt das Gericht nach aussen und überwacht die gesamte Geschäftstätigkeit. Er leitet alle Sitzungen, soweit nicht der Vorsitz in einer Kammer einem Vizepräsidenten oder einem anderen Richter übertragen ist.
2 Im Verhinderungsfalle wird der Präsident durch einen Vizepräsidenten und, wenn auch kein Vizepräsident amten kann, durch einen anderen Richter vertreten.

Art. Präsidialfunktionen

1 Die dem Gerichtspräsidenten zustehenden Befugnisse als Einzelrichter in der Prozessleitung oder in administrativen Belangen können durch den Gerichtspräsidenten von Fall zu Fall oder für bestimmte Gebiete durch das Gericht allgemein einem Vizepräsidenten oder einem andern Richter zugewiesen werden.
2 Die Kammervorsitzenden üben in allen von der betreffenden Kammer zu behandelnden Geschäften die Präsidialkompetenzen aus.
Art.
15 Aktuariat und Kanzlei Die Gerichte wählen die Aktuare und das Kanzleipersonal nach den personalrechtlichen Vorschriften des Kantons.

Art. Ausführungsbestimmungen

Weitere Vorschriften über die Organisation und die Geschäftsführung der Gerichte erlässt der Grosse Rat. III. Zuständigkeit

Art. Im Allgemeinen

Die Zuständigkeit der Gerichte richtet sich nach der Zivil- und Strafprozessordnung
17 , nach dem Verwaltungsgerichtsgesetz
18 und nach weiteren Erlassen, in welchen Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit enthalten sind.

Art. Ergänzungen der Zuständigkeitsregeln

Überträgt der Bund den Kantonen auf dem Gebiet der Rechtsprechung neue Aufgaben, so kann der Grosse Rat unter den bestehenden Gerichtsbehörden die zuständige Instanz bestimmen und das Verfahren regeln.

Art. Konfliktsbehörde

Kompetenzkonflikte zwischen Organen der Rechtsprechung, für deren Lösung das Gesetz keine andere Regelung vorsieht, werden durch eine Konfliktsbehörde entschieden, die aus dem Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes als Vorsitzendem und den Präsidenten des Kantons- und des Verwaltungsgerichtes als Beisitzern besteht.
teilnehmen. Für den Vorrang ist die durch die Wahl bestimmte Reihenfolge massgebend.
Art.
20 Bezirksgerichtspräsidenten und -vizepräsidenten sowie Kreispräsidenten und deren Stellvertretern ist es untersagt, Parteien in streitigen Verfahren vor der eigenen Instanz zu vertreten.

Art. Ausstandsgründe

Ein Richter oder Aktuar hat in Ausstand zu treten: a)
21 Lebensgemeinschaft führt, oder Personen, die mit ihm bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind, die zu ihm in einem Pflegeverhältnis stehen oder deren gesetzlicher oder vertraglicher Vertreter er ist, als Partei am Verfahren beteiligt, durch eine zu beurteilende Straftat geschädigt oder sonst am Ausgang des Verfahrens unmittalbar interessiert sind; b) wenn er mit einer Partei oder einem Geschädigten besonders befreundet oder verfeindet ist; c) wenn er zu einer Partei oder einem Geschädigten in einem besonderen Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis steht; d) wenn er einer Partei oder einem Geschädigten in gleicher Sache Rate erteilt hat; e)
22 wenn er in gleicher Sache bereits in unterer Instanz geurteilt, ein Strafmandat erlassen oder als Vermittler geamtet hat; f) wenn er in gleicher Sache Zeuge oder Sachverständiger ist; g) wenn andere Umstände ihn als befangen erscheinen lassen.

Art. Anzeige

Liegt gegen eine Gerichtsperson ein Ausstandsgrund vor, teilt sie das dem Gerichtspräsidenten mit. Dieser gibt den Parteien davon Kenntnis. Betrifft der Ausstandsgrund den Gerichtspräsidenten, so erfolgt die Anzeige durch den Vizepräsidenten, der für das weitere Verfahren zuständig ist.

Art. Einsprache der Parteien

Die Parteien können einen Ausstandsgrund innert zehn Tagen, seit sie von ihm Kenntnis erhalten haben, beim Gerichtspräsidenten geltend machen oder den von einer Gerichtsperson angerufenen Ausstandsgrund innert zehn Tagen seit der Anzeige bestreiten.

Art. Verfahren

Zu bestrittenen Ausstandsfragen ist die betroffene Gerichtsperson anzuhören. Der Gerichtspräsident kann auch die übrigen am Verfahren beteiligten Parteien anhören und führt nötigenfalls ein summarisches Beweisverfahren durch.

Art. Entscheid

1 Über bestrittene Ausstandsfragen entscheidet das in der Hauptsache zuständige Gericht in Abwesenheit der beanstandeten Gerichtspersonen.
2 Sofern in einem Fünfergericht nicht mindestens drei, in einem Dreiergericht nicht mindestens zwei Richter übrigbleiben, werden die erforderlichen Ersatzrichter einberufen.
3
23 Bestrittene Ausstandsfragen, die einen Kreispräsidenten oder seinen Stellvertreter betreffen, werden durch das Kantonsgericht entschieden.

Art. Nachträgliche Ausstandsbegehren

Wenn erst im Laufe des Verfahrens Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die einen Ausstand begründen, so erwächst daraus das Recht zu nachträglichen Einreden. Bereits ergangene Gerichtsakte können deswegen, unter Vorbehalt der ordentlichen Rechtsmittel, nicht rückgängig gemacht werden.
verlangt, vor Fünfergerichten gültig verhandelt werden, wenn wenigstens drei, vor Dreiergerichten, wenn wenigstens zwei Richter Einsitz nehmen.

Art. Ausserordentliche Fälle

1 Können das Kantonsgericht oder das Verwaltungsgericht durch die eigenen Richter wegen Verhinderungs- oder Ausstandsgründen nicht vollzählig besetzt werden, so werden die Mitglieder des anderen Gerichtes und nötigenfalls die Bezirksgerichtspräsidenten als Ersatzrichter beigezogen.
2
24 Erweist sich die Besetzung eines Bezirksgerichtes mit seinen eigenen Richtern als unmöglich, so kann das Kantonsgericht es durch Richter eines Nachbargerichtes ergänzen oder ein anderes Gericht als zuständig erklären.
3
25 Kann der Kreispräsident nicht durch einen Stellvertreter ersetzt werden, so bezeichnet das Kantonsgericht einen ausserordentlichen Stellvertreter.

Art. Stimmabgabe

Bei der Urteilsfällung ist jeder Richter zur Stimmabgabe verpflichtet. Bei Stimmengleichheit zählt die Stimme des Vorsitzenden doppelt.

Art. Protokollführung

1 Über die gerichtlichen Verhandlungen wird vom Aktuar Protokoll geführt.
2 In dringenden Fällen kann die Protokollführung auch einem Richter übertragen werden.

Art. Amtsgeheimnis

Die Richter, Angestellten und Hilfspersonen sämtlicher Gerichte sind zur Verschwiegenheit über Amtsgeheimnisse verpflichtet.

Art. Verweisung

Im übrigen gelten für das Verfahren vor den Gerichten die einschlägigen besonderen Verfahrensordnungen. VI. Die Aufsicht über die Gerichtsbehörden

Art. Grundsatz

1 Die Aufsicht über die Gerichte bezieht sich einzig auf die Geschäftsführung und die administrative Tätigkeit.
2 In Fragen der Rechtssprechung dürfen den Gerichten, unter Vorbehalt von Rückweisungsentscheiden in einem Rechtsmittelverfahren, weder von übergeordneten Gerichtsinstanzen noch von Verwaltungsbehörden irgendwelche Vorschriften gemacht oder Weisungen erteilt werden.

Art. Oberaufsicht des Grossen Rates

1 Dem Grossen Rat steht die Oberaufsicht über alle Zweige der Rechtspflege zu.
2 Das Kantons- und das Verwaltungsgericht erstattet ihm jährlich Bericht über ihre Geschäftstätigkeit.
3 Der Rechenschaftsbericht des Kantonsgerichtes erstreckt sich auch auf Tätigkeit der seiner Aufsicht unterstehenden weiteren Organe der Rechtspflege.
Art.
26 Aufsicht des Kantonsgerichtes
1 Das Kantonsgericht kann sich von allen Zweigen der Zivil- und Strafrechtspflege über die Tätigkeit jährlich Bericht erstatten lassen. Es überwacht ihren Geschäftsgang in geeigneter Weise und kann ihnen allgemeine Weisungen erteilen.
2 Gegen ordnungswidrige Zustände schreitet das Kantonsgericht von Amtes wegen oder auf Beschwerde hin ein und kann insbesondere: a) die fehlbaren Behörden, nötigenfalls unter Fristansetzung, zur Erfüllung ihrer Pflicht anhalten;
1 Nach Durchführung einer Untersuchung und Anhörung des Betroffenen kann das Kantonsgericht je nach der Schwere des Verschuldens folgende Disziplinarmassnahmen verhängen: a) Verweis, b) Busse bis zu tausend Franken, c) Amtseinstellung bis zu einer Dauer von sechs Monaten, d) Amtsentsetzung.
2 Die zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit bleibt vorbehalten.

Art. Beschwerde

1
27 Wegen Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung oder anderweitiger Amtspflichtverletzung durch die Bezirksgerichte und die Kreispräsidenten kann, soweit kein anderes Rechtsmittel gegeben ist, beim Kantonsgericht Beschwerde geführt werden.
2 Richtet sich die Beschwerde gegen einen bestimmten Entscheid oder eine bestimmte Handlung, so ist sie innert zwanzig Tagen seit Mitteilung oder Kenntnis einzureichen. In anderen Fällen ist sie so lange zulässig, als ein Rechtsschutzinteresse besteht.
3 Im übrigen gelten für das Beschwerdeverfahren die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsgesetzes.
28

Art. Aufsichtsbeschwerde gegen das Kantons- und das Verwaltungsgericht

Aufsichtsbeschwerden gegen das Kantons- oder das Verwaltungsgericht sind beim Grossen Rat einzureichen. VII. Die Aufsicht über die Rechtsanwälte
Art.
Art.
Art.
Art.
Art.

Art. VIII. Rechnungswesen

35
Art.
36 Buchführung Jedes Gericht führt eine Buchhaltung nach kaufmännischen Grundsätzen und den Weisungen der kantonalen Finanzkontrolle.
Art.
37 Gerichtskosten und Bussen
1 Verfahrensvorschriften und den vom Grossen Rat und der Regierung erlassenen Gebührenordnungen.
2
3 zuständigen Gerichtes.
Art.
38 Besoldung

Art. Kostentragung

1 werden, gehen sie beim Kantons- und beim Verwaltungsgericht zu Lasten des Kantons, bei den Bezirksgerichten je zur Hälfte zu Lasten des Kantons und der Bezirksgemeinden.
2 IX. Übergangs- und Schlussbestimmungen
40
Art.
41 Inkrafttreten Die Regierung setzt dieses Gesetz nach der Annahme durch das Volk in Kraft.
42
Art.
43 Aufhebung und Anpassung bisherigen Rechtes
1 Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden alle damit im Widerspruch stehenden Bestimmungen aufgehoben, insbesondere das Gesetz über die Organisation der Bezirksgerichte vom 26. Juni 1848/5. Juni 1867.
44
2 Die nachstehend aufgeführten Gesetze werden wie folgt geändert:
1. Art. 7 Abs. 3 des Gesetzes über die Ausübung der politischen Rechte im Kanton Graubünden vom 7. Oktober
1962
45 erhält folgenden Wortlaut: Für die Bezirksgerichtswahlen gilt Artikel 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes.
2. Die Art. 4 bis und mit 7, 10 bis und mit 17, 29, 39 Abs. 1 Satz 2 und 266 der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden vom 20. Juni 1954 werden aufgehoben.
Art. 184 Abs. 2 des gleichen Gesetzes erhält folgenden Wortlaut
47 : Streitfragen betreffend die Rechtshilfe entscheidet der Kantonsgerichtspräsident.
3. Die Art. 44, 55 bis und mit 57, 140 und 198 des Gesetzes über die Strafrechtspflege vom 8. Juni 1958
48 aufgehoben.
Art. 60 Abs. 2 des gleichen Gesetzes erhält folgenden Wortlaut
49 : Die Bewilligung zur Vornahme von Amtshandlungen auf dem Gebiet des Kantons Graubünden haben Gerichtsbehörden anderer Kantone beim Kantonsgerichtspräsidenten und Untersuchungsbehörden anderer Kantone beim Staatsanwalt einzuholen. Vorbehalten bleibt Artikel 355 StGB.
3 Nach dem auf Artikel 74 folgenden Untertitel «II. Allgemeine Grundsätze für die Untersuchung» wird neu eingefügt:

Art. 74a Ausstand

1 Staatsanwalt und Untersuchungsorgane haben in Ausstand zu treten: a) wenn sie selbst, ihr Ehegatte, Schwager oder Verlobter, Verwandte oder Verschwägerte bis zum dritten Grad Angeschuldigte oder Geschädigte sind; b) wenn der Angeschuldigte oder Geschädigte in einem Abhängigkeits- oder in einem besonderen Freundschafts- oder Feindschaftsverhältnis zu ihnen steht; c) wenn sie dem Angeschuldigten oder Geschädigten in der gleichen Sache Rat erteilt haben; d) wenn sie als Zeugen oder Sachverständige am Verfahren beteiligt oder persönlich an dessen Ausgang interessiert sind.
2 Bestehen Zweifel an der Ausstandspflicht, so entscheidet darüber endgültig beim Staatsanwalt das Justiz- und Polizeidepartement, bei Untersuchungsorganen der Staatsanwalt.
Endnoten vom 21. November 1977, 206; GRP 1977/78, 535 (2. Lesung)
173.110 ; GrV über die Organisation, Geschäftsführung und Gebühren des Verwaltungsgerichtes, BR ; GrV über Organisation, Besoldung und Geschäftsführung der Bezirksgerichte, BR 310.050
320.000 ; Strafprozessordnung siehe BR 350.000 gleichgeschlechtlicher Paare Art. 1, Ziffer 6, AGS 2006, KA 4886; am 1. April 2007 in Kraft getreten.
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
310.100 ; am 1. Juli 2006 in Kraft getreten
Markierungen
Leseansicht