Gesetz über die Gebäudeversicherung
Gesetz über die Gebäudeversicherung (Gebäudeversicherungsgesetz, GebG) vom 23. August 1976 (Stand 1. Januar 2021)
1. Gebäudeversicherung des Kantons Thurgau
§ 1 Rechtsstellung
1 Die Gebäudeversicherung des Kantons Thurgau ist eine juristische Person des öf - fentlichen Rechtes mit Sitz in Frauenfeld.
§ 2 Organisation
1 Unter der Oberaufsicht des Grossen Rates stehen der Gebäudeversicherung als Or - gane vor:
1. der Verwaltungsrat
2. die Direktion
3. die Kontrollstelle.
2 Der Grosse Rat wählt für eine Amtsdauer von vier Jahren den Verwaltungsrat und die Kontrollstelle. Er erlässt das Organisationsreglement
1 ) und genehmigt das Regle - ment über die Versicherungsbedingungen
2 )
.
3 Der Verwaltungsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Ihm gehört der Vorsteher des Departementes an, dem der Feuerschutz untersteht. Bei der Wahl der übrigen Ver - waltungsräte ist darauf zu achten, dass verschiedene Gruppen von Gebäudeeigentü - mern vertreten sind.
4 Der Verwaltungsrat hat dem Grossen Rat jährlich über die Geschäftsführung und die Rechnung der Gebäudeversicherung Bericht zu erstatten.
§ 3 Mitwirkung staatlicher Institutionen und der Gemeinden
1 Die Gebäudeversicherung ist ermächtigt, staatliche Institutionen sowie die Munizi - pal- und Ortsgemeinden
3 ) zur Mitwirkung beim Vollzug dieses Gesetzes zu ver - pflichten.
1) RB 956.11
2) RB 956.12
3) Jetzt Politische Gemeinden.
2. Versicherungspflicht, Versicherung
§ 4 Grundsatz, Monopol
1 Die Gebäude im Kanton Thurgau sind, soweit versicherungspflichtig, bei der Ge - bäudeversicherung zu versichern. Sie dürfen für die versicherten Gefahren nicht anderweitig in Deckung gegeben werden.
§ 5 Beginn der Versicherungspflicht
1 Neu- und Ausbauten sind vom Beginn der Bauarbeiten an zu versichern. Bei unwe - sentlichen Bauvorhaben beginnt die Versicherungspflicht mit der Vollendung der Bauarbeiten.
§ 6 Beginn der Versicherung
1 Die Leistungspflichten beginnen mit der Einreichung der Anmeldung bei der Ge - bäudeversicherung.
§ 7 Erlöschen
1 Versicherungspflicht und Versicherung für ein Gebäude erlöschen mit dessen Ab - bruch oder nach einem Totalschaden.
3. Versicherungswerte
§ 8 Grundsatz
1 Die Gebäude werden zum Neuwert versichert.
2 Die Gebäudeversicherung kann, solange wichtige Gründe vorliegen, ein Gebäude zum Zeitwert versichern oder mit dem Eigentümer eine feste Versicherungssumme vereinbaren.
3 Bei der Ermittlung der Versicherungswerte ist auf mittlere, ortsübliche Preise abzu - stellen.
§ 9 Anpassung der Versicherungswerte
1 Die Gebäudeversicherung passt die Versicherungswerte aller Gebäude jährlich dem Stand der Baukosten an. Ausgenommen sind Gebäude, für die eine feste Versiche - rungssumme vereinbart worden ist.
4. Finanzierung, Prämien
§ 10 Grundsatz
1 Die Gebäudeversicherung beschafft sich die notwendigen Mittel durch die Prämi - en.
2 Die Prämien sind so anzusetzen, dass die Einnahmen ausreichen, um die Schäden zu vergüten, die Betriebsaufwendungen zu decken, einen genügenden Reservefonds zu unterhalten und durch Beiträge die Schadenprävention zu fördern. *
3 Die Mittel der Gebäudeversicherung dürfen ihrem Zweck nicht entfremdet werden.
§ 11 Prämien
1 Der Verwaltungsrat setzt die Prämien nach anerkannten versicherungstechnischen Grundsätzen fest.
§ 12 Änderung der Gefahr
1 Der Eigentümer hat der Gebäudeversicherung jede bedeutende Änderung der Ge - fahr unverzüglich zu melden. Die Prämien sind den neuen Verhältnissen anzupas - sen.
§ 13 Teilprämien
1 Ändert der Versicherungswert eines Gebäudes oder der Prämiensatz während des Jahres, sind die Prämien anteilsmässig zu entrichten. Angebrochene Monate werden voll berechnet.
2 Im Schadenfall sind die Prämien für das laufende Jahr voll geschuldet.
§ 14 Verjährung
1 Der Gebäudeversicherung entgangene oder von ihr zu Unrecht bezogene Prämien können höchstens für das laufende und die vorangegangenen fünf Jahre nach- oder zurückgefordert werden.
§ 15 * Gesetzliches Pfandrecht
1 Für die Prämien besteht ein gesetzliches Grundpfandrecht gemäss § 68 EG ZGB
1 )
.
§ 16 Haftung bei Handänderung
1 Der Erwerber eines Gebäudes haftet der Gebäudeversicherung für die noch ausste - henden Prämien.
1) RB 210.1
§ 17 Rückversicherung
1 Die Gebäudeversicherung kann Rückversicherungsverträge abschliessen und sich an Versicherungsgemeinschaften beteiligen.
§ 18 Reservefonds
1 Die Gebäudeversicherung hat einen ihren Verpflichtungen entsprechenden Reser - vefonds zu äufnen und dessen Mittel bestmöglich anzulegen.
5. Versicherte Gefahren
§ 19 Feuerschaden
1 Die Gebäude sind versichert gegen Schäden, die entstanden sind durch
1. Feuer, Rauch und Hitze
2. Blitzschlag
3. Explosion.
2 Nicht vergütet werden Schäden, die ausschliesslich durch Abnützung entstanden sind.
3 Schäden an Gebäuden, die durch herabstürzende Luftfahrzeuge oder Teile davon verursacht worden sind, hat die Gebäudeversicherung zu vergüten, wenn nicht ein Dritter hiefür ersatzpflichtig ist.
§ 20 Elementarschaden
1 Die Gebäude sind versichert gegen Schäden, die entstanden sind durch
1. Sturmwind
2. Hagel
3. Hochwasser und Überschwemmung
4. Schneedruck und Schneerutsch
5. Steinschlag und Erdrutsch.
2 Keine Elementarschäden und nicht zu vergüten sind Schäden, die
1. nicht auf eine Einwirkung von aussergewöhnlicher Heftigkeit oder auf fortge - setztes Einwirken zurückzuführen sind
2. voraussehbar waren und durch rechtzeitige zumutbare Massnahmen hätten verhindert werden können, wie Schäden infolge schlechten Baugrundes, feh - lerhafter Arbeit oder Konstruktion, mangelhaften Gebäudeunterhaltes.
§ 21 Besondere Gefahren
1 Es besteht kein Anspruch auf Vergütung von Schäden an Gebäuden, die unmittel - bar oder mittelbar durch Veränderung der Atomkernstruktur, Erdbeben, Massnah - men oder Übungen des Militärs oder des Zivilschutzes, innere Unruhen oder kriege - rische Ereignisse entstanden sind.
2 Werden Gebäude durch ein derartiges Ereignis beschädigt und ist kein Dritter ersatzpflichtig, kann die Gebäudeversicherung freiwillige Leistungen erbringen.
6. Leistungen
§ 22 Totalschaden – Neuwertversicherung
1 Wird ein Gebäude ganz zerstört und neu erstellt, hat die Gebäudeversicherung den Versicherungswert voll auszurichten.
2 Übersteigt die Entwertung des Gebäudes 50 Prozent, vergütet die Gebäudeversi - cherung bei Totalschaden und Neuerstellung den doppelten Zeitwert.
3 Wird das Gebäude bei Totalschaden nicht innert drei Jahren neu erstellt, darf die Entschädigung den Verkehrswert nicht übersteigen. Diese Frist kann in besonderen Fällen um höchstens zwei Jahre verlängert werden. Liegt der Verkehrswert über dem Zeitwert, wird der Zeitwert vergütet.
§ 23 Totalschaden – Zeitwertversicherung
1 Für Gebäude, die zum Zeitwert versichert sind, vergütet die Gebäudeversicherung bei Totalschaden und Neuerstellung den Zeitwert.
§ 24 Totalschaden – Feste Versicherungssumme
1 Bei Gebäuden, für die eine feste Versicherungssumme vereinbart worden ist, be - schränkt sich die Entschädigung bei Totalschaden auf die feste Versicherungssum - me.
§ 25 Abbruchobjekte
1 Bei Gebäuden, die zum Abbruch bestimmt sind, beschränkt sich die Entschädigung auf den Abbruchwert, selbst wenn die Gebäude neu erstellt werden.
§ 26 Schäden an unvollendeten Gebäuden
1 Bei unvollendeten Gebäuden sind nur die zur Zeit des Schadenereignisses einge - bauten und mit dem Gebäude zu versichernden Teile und Einrichtungen zu entschä - digen.
§ 27 Teilschäden
1 Bei Teilschäden gelten § 22, § 23, § 24 und § 26 sinngemäss.
2 Für Schäden, deren Behebungskosten in einem offenbaren Missverhältnis zur Be - schädigung stehen, kann eine angemessene Minderwertentschädigung vergütet wer - den.
3 Bei Abbruchobjekten vergütet die Gebäudeversicherung die Kosten einer behelfs - mässigen Instandstellung, höchstens jedoch den Abbruchwert.
§ 28 Nebenleistungen
1 Die Gebäudeversicherung vergütet zusätzlich:
1. die notwendigen Kosten für die Räumung zerstörter Gebäudeteile, höchstens jedoch 10 Prozent der Entschädigung
2. die Kosten der zum Schutze noch vorhandener Gebäudeteile erforderlichen Vorkehren
3. den anteilmässigen Schaden, der im Interesse einer wirksamen Schadenbe - kämpfung verursacht werden musste.
§ 29 Gewinnverbot
1 Die Entschädigung darf zu keinem Gewinn führen, soweit dieser nicht in der Neu - wertversicherung begründet ist.
§ 30 Verbesserung der Versicherung
1 Die Gebäudeversicherung kann mit Zustimmung des Grossen Rates geeignete Massnahmen ergreifen, um die Versicherungsdeckung nach § 19 bis § 21 oder die Leistungen nach § 28 zu verbessern.
§ 31 Selbstbehalt
1 Der Verwaltungsrat bestimmt, inwieweit jeder Eigentümer einen Teil des Elemen - tarschadens selbst zu tragen hat.
2 Der Selbstbehalt hat sich im branchenüblichen Rahmen zu halten.
§ 32 Schuldhafte Schadenverursachung
1 Der Eigentümer verliert jeden Entschädigungsanspruch, wenn er das Schadenereig - nis vorsätzlich herbeigeführt hat.
2 Hat der Eigentümer den Schaden grobfahrlässig verursacht, ist die Gebäudeversi - cherung berechtigt, die Entschädigung dem Verschulden entsprechend zu kürzen.
§ 33 Verzinsung
1 Der Verwaltungsrat bestimmt, inwieweit bedeutende Schadensummen zu verzinsen sind.
7. Verfahren im Schadenfall
§ 34 Schadenmeldung
1 Der Eintritt eines Schadens ist der Gebäudeversicherung unverzüglich zu melden.
2 Entschädigungsansprüche, die nicht innert eines Jahres seit dem Schadenereignis angemeldet werden, sind verwirkt.
§ 35 Rettungspflicht
1 Der Eigentümer ist verpflichtet, nach Eintritt eines Schadenereignisses für die Min - derung des Schadens zu sorgen.
2 Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, so ist die Gebäudeversicherung berechtigt, die Entschädigung entsprechend zu kürzen.
3 Die Gebäudeversicherung hat dem Eigentümer die zur Schadenminderung nicht of - fensichtlich unzweckmässig aufgewendeten Kosten auch dann zu vergüten, wenn die getroffenen Massnahmen erfolglos waren.
§ 36 Ermittlung der Schadenursache
1 Zur Ermittlung der Schadenursache und allfälliger Verantwortlichkeiten ist eine amtliche Untersuchung durchzuführen.
2 Die Gebäudeversicherung steht einem Geschädigten im Sinne des Gesetzes über die Strafrechtspflege
1 ) gleich.
§ 37 Schadenschätzung
1 Bei der Schadenschätzung gilt § 8 Abs. 3 sinngemäss. Mehrkosten wegen be - schleunigter Wiederherstellung aus betrieblichen oder ähnlichen Gründen hat die Gebäudeversicherung nicht zu vergüten.
§ 38 Auszahlung der Entschädigung
1 Die Entschädigung wird nach Behebung des Schadens ausbezahlt oder, falls das Gebäude nicht neu erstellt wird, nach Räumung des Schadenplatzes.
2 Die Gebäudeversicherung leistet im Rahmen des Baufortschrittes Teilzahlungen.
3 Die Rechte der Grundpfandgläubiger nach Art. 822 ZGB bleiben vorbehalten.
1) Heute: Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0 )
§ 39 Ablehnungsgründe
1 Die Gebäudeversicherung kann ein Entschädigungsbegehren ganz oder teilweise ablehnen, wenn
1. der Schaden schuldhaft verspätet oder erst nach seiner Behebung gemeldet wird;
2. der Eigentümer vor der Schadenschätzung ohne Zustimmung der Gebäudever - sicherung am beschädigten Gebäude wesentliche Veränderungen vorgenom - men hat.
8. Rückgriff
§ 40 Grundsatz
1 Ist ein Dritter für den Schaden haftbar, gehen die Schadenersatzansprüche des Eigentümers auf die Gebäudeversicherung über, soweit sie Entschädigung geleistet hat. Die Gebäudeversicherung ist nach den Bestimmungen des Zivilrechtes zum Rückgriff auf den Verantwortlichen berechtigt.
2 Der Eigentümer ist für jede Handlung, durch die er dieses Recht der Gebäudeversi - cherung schmälert, verantwortlich.
9. Ausschluss
§ 41 Ausserordentliche Schadengefahr
1 Die Gebäudeversicherung kann ein Gebäude ganz oder teilweise von der Ver - sicherung ausschliessen, solange die Schadengefahr wegen des Standortes, der Kon - struktion oder des Zustandes ausserordentlich gross ist.
2 Erfolgt der Ausschluss teilweise, ist die Prämie voll zu entrichten.
10. Grundpfandgläubiger
§ 42 Haftung der Gebäudeversicherung
1 Die Gebäudeversicherung haftet den Grundpfandgläubigern bis zur Höhe der Ent - schädigung auch dann, wenn der Eigentümer den Entschädigungsanspruch verliert. Diese Haftung besteht nur, wenn das Pfandrecht im Grundbuch eingetragen ist und die Grundpfandgläubiger nicht anderweitig gedeckt sind. Sie erstreckt sich nur auf verkehrswertgesicherte Forderungen. Das Gewinnverbot gemäss § 29 gilt auch für die Grundpfandgläubiger.
2 Der Eigentümer hat der Gebäudeversicherung diese Leistungen zurückzuerstatten.
3 Bei vollem Ausschluss eines Gebäudes aus der Versicherung bleiben die Rechte der Grundpfandgläubiger während höchstens zweier Jahre gewahrt. Für diese Zeit ist die Prämie voll zu entrichten.
11. Freiwillige Versicherung
§ 43 Gebäudeähnliche Objekte
1 Gebäudeähnliche Objekte kann der Eigentümer bei der Gebäudeversicherung ver - sichern.
2 Die Bestimmungen über die Gebäudeversicherung gelten sinngemäss.
3 Die freiwillige Versicherung erlischt durch schriftliche Kündigung.
12. Rechtspflege
§ 44 * Rechtsmittel
1 Gegen Entscheide der Gebäudeversicherung kann der Eigentümer innert 20 Tagen bei der Rekurskommission für die Gebäudeversicherung Rekurs erheben. *
2 Die Zuständigkeit der Zivilgerichte für Streitigkeiten aus § 40 dieses Gesetzes bleibt vorbehalten.
13. Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 45 Massgebendes Recht
1 Die Verpflichtungen der Gebäudeversicherung und der Eigentümer richten sich nach dem Recht, unter dem sie entstanden sind.
2 Die auf Grund des bisherigen Gesetzes rechtskräftigen Versicherungswerte gelten bis zu einer Neuschätzung weiter. Sie sind auch massgebend für die Bestimmung des Neuwertes.
§ 46 ...
1 )
§ 47 Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz tritt nach Annahme durch das Volk auf einen vom Grossen Rat zu bestimmenden Zeitpunkt in Kraft
2 )
.
1) Aufhebung bisherigen Rechtes, ABl. 1997, Seite 859.
2) Vom GR in Kraft gesetzt auf den 1. Januar 1978.
Änderungstabelle - Nach Paragraph Element Beschluss Inkrafttreten Änderung Amtsblatt Erlass 23.08.1976 01.01.1978 Erstfassung ABl. 35/1976 ABl. 39/1977
§ 10 Abs. 2 11.09.2019 01.01.2021 geändert 38/2019
§ 15 03.07.1991 01.06.1992 geändert 7/1992
§ 44 23.02.1981 01.06.1981 geändert 41/1981
§ 44 Abs. 1 03.07.2002 01.01.2003 geändert 28/2002,
43/2002
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