Gesetz über die Haftung des Kantons und der Gemeinden (105)
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Gesetz über die Haftung des Kantons und der Gemeinden

Gesetz über die Haftung des Kantons und der Gemeinden (Haftungsgesetz) Vom 24. April 2008 (Stand 1. April 2022) Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft, gestützt auf § 13, § 60 und § 63 Abs. 1 der Kantonsverfassung
1 ) , beschliesst:
2 )
1 Allgemeines

§ 1 Begriffe

1 Als Staat im Sinne dieses Gesetzes gelten der Kanton, die Gemeinden und die weiteren Körperschaften und Organe gemäss dem Gemeindegesetz sowie die juristischen Personen des kantonalen öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Basellandschaftlichen Kantonalbank, der Basellandschaftlichen Pensions - kasse und der Landeskirchen.
2 Als Mitarbeitende im Sinne dieses Gesetzes gelten, wer:
a. in einem Arbeitsverhältnis zum Staat steht;
b. nebenamtliche Richterin oder nebenamtlicher Richter ist;
c. Inhaberin oder Inhaber eines anderen Nebenamtes ist; c bis . * Angehörige oder Angehöriger der Feuerwehr ist;
d. Mitglied des Regierungsrates oder von exekutiven Organen und Behör - den gemäss Gemeindegesetz ist;
e. * Ombudsperson ist.

§ 2 Anzuwendendes Recht

1 Soweit die Haftung des Staates und der Mitarbeitenden durch Bundesrecht oder andere kantonale Gesetze geregelt ist, findet dieses Gesetz keine An - wendung.
2 Soweit dieses Gesetz keine eigene Regelung trifft, sind die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts
3 ) anzuwenden.
1) SGS 100
2) Vom Landrat mit 4/5-Mehr beschlossen. Referendumsfrist unbenützt abgelaufen am 26. Juni 2008.
3) SR 220 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
3 Soweit der Staat als Subjekt des Zivilrechts auftritt, ist dieses anzuwenden.
2 Haftung des Staates

§ 3 Grundsätze

1 Der Staat haftet nach den Bestimmungen dieses Gesetzes für den Schaden, den seine Mitarbeitenden in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeiten Dritten rechtswidrig verursachen.
2 Gegenüber den fehlbaren Mitarbeitenden steht der geschädigten Person kein vermögensrechtlicher Anspruch zu.
3 Wird eine Verfügung oder ein Entscheid im Rechtsmittelverfahren geändert, haftet der Staat nur, wenn Mitarbeitende einer Vorinstanz eine Amtspflicht vor - sätzlich verletzt haben.
4 Für Schaden aus unrichtiger Auskunft oder Empfehlung haftet der Staat nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Mitarbeitenden.

§ 4 Genugtuung

1 Die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts über die Leis - tung von Genugtuung sind anzuwenden, wobei ein Verschulden nicht voraus - gesetzt wird.

§ 5 Herabsetzungsgründe und Haftungsausschluss

1 Die Haftung des Staates entfällt insbesondere, wenn:
a. der Schaden aufgrund höherer Gewalt, durch das Verhalten einer dritten oder der geschädigten Person eingetreten ist;
b. die geschädigte Person es unterlässt, Rechtsmittel zu ergreifen, die ihr zur Verfügung standen, um sich dem schädigenden Verhalten zu wider - setzen.
2 Erfolgt die Schädigung in Ausübung einer staatlichen Tätigkeit zum Schutze oder im Interesse der geschädigten Person, kann die Haftung angemessen herabgesetzt oder ausgeschlossen werden.
3 Im Übrigen sind die Herabsetzungs- und Ausschliessungsgründe gemäss den Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts anwendbar. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732

§ 6 Haftung für rechtmässiges Verhalten des Staates

1 Der Staat haftet auch für den Schaden, den seine Mitarbeitenden rechtmäs - sig verursacht haben, wenn einzelne unverhältnismässig schwer betroffen sind und ihnen daher nicht zugemutet werden kann, den Schaden selbst zu tragen (§ 13 Abs. 2 KV
4 ) ).
2 Die Haftung des Staates für rechtmässiges Verhalten entfällt insbesondere, wenn:
a. der Staat nicht hoheitlich gehandelt hat;
b. die geschädigte Person durch eigenes Handeln Anlass zur Schädigung gegeben hat.
3 Im Übrigen sind die Herabsetzungs- und Ausschliessungsgründe gemäss § 5 dieses Gesetzes und den Bestimmungen des Schweizerischen Obligationen - rechts sinngemäss anwendbar.

§ 7 Verfahren

1 Forderungen geschädigter Personen werden aufgrund verwaltungsgerichtli - cher Klage vom Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, beurteilt.
1bis Forderungen geschädigter Personen, die zu einer Beschwerde in Zivilsa - chen an das Bundesgericht gemäss Art. 72 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005
5 ) führen könnten, werden durch die zu - ständige Stelle gemäss Abs. 3 mittels Verfügung entschieden. Die Verfügung ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht anfechtbar. *
2 Für Forderungen von Mitarbeitenden gegen den Staat aus dem Arbeitsver - hältnis ist das Verfahren gemäss Personalgesetz
6 ) anwendbar.
3 Forderungen gegen den Staat können für Einigungsverhandlungen bei der zuständigen Instanz angemeldet werden. Zuständig ist: *
a. die sachlich zuständige Direktion für die Kantonsverwaltung;
b. * ...
c. * die Geschäftsleitung des Kantonsgerichts für die Gerichte;
d. * die Ombudsperson für die Ombudsstelle;
e. die jeweilige Gemeindeverwaltung für kommunale Angelegenheiten;
f. die jeweilige juristische Person des öffentlichen Rechts für ihre Angele - genheiten.
4) SGS 100
5) SR 173.110
6) SGS 150 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732

§ 8 Mehrere Gemeinwesen

1 Für Schäden, die jemandem durch die Tätigkeit einer oder eines im Dienste mehrerer Gemeinwesen stehenden Mitarbeitenden entstanden sind, haftet das Gemeinwesen, das die Mitarbeitende oder den Mitarbeitenden gewählt oder angestellt hat.
2 Ist die oder der Mitarbeitende von mehreren Gemeinwesen gemeinsam gewählt oder angestellt worden, so haften diese solidarisch.
3 Die beteiligten Gemeinwesen tragen den Schaden im internen Verhältnis nach Massgabe ihrer Interessen an der amtlichen Verrichtung.

§ 9 Prüfungsbefugnis bei formeller Rechtskraft

1 Im Verfahren um Haftungsforderungen kann die Rechtmässigkeit formell rechtskräftiger Verfügungen, Entscheide und Urteile nicht überprüft werden; ausgenommen bei Nichtigkeit.

§ 10 Verjährung

1 Die Verjährung der Haftung des Staates richtet sich unter Vorbehalt dieses oder eines anderen Gesetzes nach den Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts.
2 Mit der Forderungsanmeldung steht die Verjährung für die Dauer der Eini - gungsverhandlung still, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlung ver - weigert, jedoch längstens 6 Monate.
3 Haftung und Schadloshaltung der Mitarbeitenden

§ 11 Direkter Schaden (Eigenschadenforderung)

1 Mitarbeitende haften dem Staat für den Schaden, den sie ihm rechtswidrig sowie vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht haben.

§ 12 Rückgriff bei Schädigung Dritter (Rückgriffsforderung)

1 Der Staat kann auf Mitarbeitende Rückgriff nehmen, soweit diese Dritten rechtswidrig und vorsätzlich oder grobfahrlässig einen Schaden verursacht ha - ben und soweit der Staat dafür Ersatz zu leisten hat.

§ 13 Gemeinsame Schadensverursachung

1 Haben mehrere Mitarbeitende den Schaden gemeinsam und grobfahrlässig verursacht, sind sie je anteilsmässig nach dem Grad ihres Verschuldens zu be - langen. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
2 Haben mehrere Mitarbeitende den Schaden gemeinsam und vorsätzlich ver - ursacht, so haften sie solidarisch.

§ 14 Haftungsausschluss bei Behördenbeschlüssen

1 Haben Behördenmitglieder nicht für einen Beschluss gestimmt, haften sie nicht für den daraus resultierenden Schaden.

§ 15 Schadloshaltung der persönlich haftenden Mitarbeitenden

1 Haften Mitarbeitende aus amtlicher Tätigkeit persönlich, werden sie vom Staat schadlos gehalten, sofern sie weder den Schaden vorsätzlich noch grob - fahrlässig verursacht noch nachher durch eigenmächtiges Vorgehen die Stel - lung des Staates verschlechtert haben.

§ 16 Haftung nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis

1 Eigenschaden- und Rückgriffsforderungen gegen Mitarbeitende können auch nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Amtes oder Nebenamtes geltend ge - macht werden.

§ 17 Verrechnung

1 Eigenschaden- und Rückgriffsforderungen gegen Mitarbeitende können mit Besoldungs- und anderen Ansprüchen verrechnet werden, soweit diese pfänd - bar sind.
2 Es können Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen werden.

§ 18 Verjährung

1 Die Verjährung der Haftung der Mitarbeitenden richtet sich unter Vorbehalt dieses oder eines anderen Gesetzes nach den Bestimmungen des Schweizeri - schen Obligationenrechts.
2 Die Verjährung der Rückgriffsforderung beginnt mit der Anerkennung oder der rechtskräftigen Feststellung der Schadenersatzpflicht des Staates.

§ 19 Verfahren

1 Zum Entscheid über Eigenschaden- und Rückgriffsforderungen sowie Schad - loshaltung ist die Anstellungs- oder Wahlbehörde oder aber die juristische Per - son des öffentlichen Rechts, die die oder den Mitarbeitenden angestellt hat, zu - ständig.
2 Abweichend von Abs. 1 ist zuständig:
a. * der Landrat bei Forderungen gegen Mitglieder des Regierungsrats oder gegen die Ombudsperson; * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
b. die Geschäftsleitung des Kantonsgerichts bei Forderungen gegen Mitglie - der der Gerichte der unteren Instanzen
c. der Gemeinderat bei Forderungen gegen Mitarbeitende der Gemeinden und Mitglieder von Behörden der Gemeinden;
d. der Regierungsrat bei Forderungen gegen Mitglieder des Gemeinderats.
3 Entscheide des Landrats und des Regierungsrats können mit Beschwerde an das Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht, weiterge - zogen werden.

§ 20 Prüfungsbefugnis bei Rückgriffsforderungen

1 Bei der Beurteilung von Rückgriffsforderungen ist die Entscheidinstanz an das Urteil über die Ansprüche der geschädigten Drittperson gegen den Staat nicht gebunden.
4 Schluss- und Übergangsbestimmungen

§ 21 Übergangsbestimmung

1 Vor dem Inkrafttreten verursachte Schäden werden nach bisherigem Recht beurteilt.

§ 22 Änderung des Personalgesetzes

1 Das Gesetz vom 25. September 1997
7 ) über die Arbeitsverhältnisse der Mitar - beiterinnen und Mitarbeiter des Kantons (Personalgesetz) wird wie folgt geän - dert: ...
8 )

§ 23 Änderung des Gemeindegesetzes

1 Das Gesetz vom 28. Mai 1970
9 ) über die Organisation und die Verwaltung der Gemeinden (Gemeindegesetz) wird wie folgt geändert: ...
10 )

§ 24 Änderung der Verwaltungsprozessordnung

1 Das Gesetz vom 16. Dezember 1993
11 ) über die Verfassungs- und Verwal - tungsprozessordnung (Verwaltungsprozessordnung) wird wie folgt geändert: ...
12 )
7) GS 32.1008, SGS 150
8) GS 36.737
9) GS 24.293, SGS 180
10) GS 36.737
11) GS 31.847, SGS 271
12) GS 36.738 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732

§ 25 Änderung des EG ZGB

1 Das Gesetz vom 16. November 2006
13 ) über die Einführung des Zivilgesetz - buches (EG ZGB) wird wie folgt geändert: ...
14 )

§ 26 Änderung des Polizeigesetzes

1 Das Polizeigesetz (PolG) vom 28. November 1996
15 ) wird wie folgt geändert: ...
16 )

§ 27 Aufhebung bisherigen Rechts

1 Das Gesetz vom 25. November 1851
17 ) für die Verantwortlichkeit der Behör - den und Beamten wird aufgehoben.

§ 28 Inkrafttreten

1 Der Regierungsrat bestimmt das Inkrafttreten dieses Gesetzes.
18 )
13) GS 36.153, SGS 211
14) GS 36.738
15) GS 32.778, SGS 700
16) GS 36.738
17) GS 5.194, SGS 105
18) Vom Regierungsrat am 19. August 2008 auf den 1. September 2008 in Kraft gesetzt. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
Änderungstabelle - Nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkraft seit Element Wirkung Publiziert mit
24.04.2008 01.09.2008 Erlass Erstfassung GS 36.0732
12.03.2009 01.01.2011 § 7 Abs. 3 geändert GS 37.94
12.03.2009 01.01.2011 § 7 Abs. 3, lit. c. geändert GS 37.94
07.02.2013 01.01.2014 § 1 Abs. 2, lit. c bis . geändert GS 38.246
22.09.2016 01.02.2017 § 7 Abs. 1 bis eingefügt GS 2016.075
22.09.2016 01.02.2017 § 7 Abs. 3, lit. b. aufgehoben GS 2016.075
22.09.2016 01.02.2017 Anhang 1 Name und Inhalt geändert GS 2016.075
13.01.2022 01.04.2022 § 1 Abs. 2, lit. e. geändert GS 2022.043
13.01.2022 01.04.2022 § 7 Abs. 3, lit. d. geändert GS 2022.043
13.01.2022 01.04.2022 § 19 Abs. 2, lit. a. geändert GS 2022.043
13.01.2022 01.04.2022 Anhang 1 Inhalt geändert GS 2022.043 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschlussdatum Inkraft seit Wirkung Publiziert mit Erlass 24.04.2008 01.09.2008 Erstfassung GS 36.0732

§ 1 Abs. 2, lit. c bis . 07.02.2013 01.01.2014 geändert GS 38.246

§ 1 Abs. 2, lit. e. 13.01.2022 01.04.2022 geändert GS 2022.043

§ 7 Abs. 1 bis 22.09.2016 01.02.2017 eingefügt GS 2016.075

§ 7 Abs. 3 12.03.2009 01.01.2011 geändert GS 37.94

§ 7 Abs. 3, lit. b. 22.09.2016 01.02.2017 aufgehoben GS 2016.075

§ 7 Abs. 3, lit. c. 12.03.2009 01.01.2011 geändert GS 37.94

§ 7 Abs. 3, lit. d. 13.01.2022 01.04.2022 geändert GS 2022.043

§ 19 Abs. 2, lit. a. 13.01.2022 01.04.2022 geändert GS 2022.043

Anhang 1 22.09.2016 01.02.2017 Name und Inhalt geändert GS 2016.075 Anhang 1 13.01.2022 01.04.2022 Inhalt geändert GS 2022.043 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.0732
1/1 Erlasstitel Gesetz über die Haftung des Kantons und der Gemeinden (Haf- tungsgesetz) SGS -Nr. 105 GS -Nr. 36. 0732 Erlassdatum 24.04. 2008 ( 2007/082 , Totalrevision des Verantwortlichkeitsgesetzes ) In Kraft seit 01.09. 2008 > Übersicht Gesetzessammlung des Kantons BL Hinweis: Die Links führen in der Regel zum Landratsprotokoll (2. Lesung), woselbst weitere Links auf die entsprechende Landratsvorlage, auf den Kommis sionsbericht an den Landrat und das Landratsprotokoll der 1. Lesung zu finden sind. > Mehr Änderungen / Ergänzungen / Aufhebungen (chronologisch absteigend) Datum GS -Nr. In Kraft seit Bemerkungen
13.01.2022 2022.043 01.04.2022 2018/158 , Einführung des Jobsharing- Modells Ombudsperson
22.09.2016 2016.075 01.02.2017 2016/072 , Doppelter Instanzenzug
07.02.2013 38.246 01.01.2014 2012/175 , Gesetz über die Feuerwehr
12.03.2009 37. 94 01.01.2011 2008/148 , EG StPO und Verfassungsänderung, Anpassungen ans Bundesrecht
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