Energiegesetz des Kantons Aargau (773.200)
CH - AG

Energiegesetz des Kantons Aargau

* Änderungstabellen am Schluss des Erlasses Energiegesetz des Kanton s Aargau (EnergieG) Vom 17. Januar 2012 (Stand 1. September 2012) Der Grosse Rat des Kantons Aargau, gestützt auf Art. 89 der Bundesverfassung, Art. 19 des Energiegesetzes (EnG) vom

26. Juni 1998

1 ) , Art. 30 Abs. 1 des Bundesges etzes über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, Stro mVG) vom 23. März 2007 2 ) und § 54 der Kantons- verfassung, beschliesst:

1. Allgemeines

§ 1 Zweck

1 Dieses Gesetz schafft die Rahmenbe dingungen für die Umsetzung einer nachhalti- gen Energiestrategie bezüglich Energieversorgung, Energieanwendung, Umwelt und Klima. Die Energiestrategie berücksich tigt die Interessen von Gesellschaft, Wirt- schaft und Umwelt in ausgewogener Weise.
2 Bei staatlichen Aktivitäten im Energieb ereich sind die Grundsätze der Nachhaltig- keit, der Verhältnismässigkeit und der wirtschaftlichen Tragbarkeit zu berücksichti- gen.

§ 2 Ziele

1 Das Gesetz strebt an, a) eine zuverlässige und wirtschaftliche Energieversorgung für Bevölkerung und Wirtschaft sicherzustellen, b) die Energieeffizienz in der Ener gieanwendung zu erhöhen und Energie spar- sam einzusetzen, c) die Nutzung der erneuerbaren Energien und der Abwärme zu fördern, d) eine sichere und effiziente Energieverteilung zu unterstützen,
1) SR 730.0
2) SR 734.7
e) zweckmässige Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Energieerzeugung zu schaffen, f) die Umweltbelastung zu verringern und den Klimaschutz zu verbessern, g) die Abhängigkeit von einzelnen Energieträgern zu vermindern.
2 Der Grosse Rat legt mittelfristige Zi ele und Zielpfade fest, in Anlehnung an die Vorgaben des Bundes, an nationale Normen sowie an nationale und internationale Vereinbarungen.
3 Die Ziele und Zielpfade sollen die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit des Kantons stärken.

§ 3 Begriffe

1 Die Energieversorgung umfasst Gewi nnung, Umwandlung, Lage rung, Bereitstel- lung, Transport, Übertragung sowie Verteilung von Energieträgern und Energie bis zu den Endverbrauchern.
2 Als erneuerbare Energien gelten a) Wasserkraft, b) Sonnenenergie, c) Geothermie, d) Umgebungswärme, e) Windenergie, f) Energie aus Holz und anderer Biomasse, g) Energie aus Abfällen von Biomasse.
3 Als leitungsgebundene Energie gelten Energie und Energieträger, die den End- verbrauchern über Elektrizitäts-, Fernwärm e- oder Gasverteilnetze zugeführt wer- den.
4 Energieversorgungsunternehmen sind Unternehmen des Privatrechts oder des öf- fentlichen Rechts, die Energieträger oder Energie gewinnen, umwandeln, lagern, bereitstellen, transportieren, übertragen oder verteilen.
5 Netzbetreiber sind Unternehmen, die Le itungsnetze zum Transport von Energieträ- gern oder Energie betreiben.
6 Das Netzgebiet umfasst ein Gebiet, das durch leitungsgebundene Energie erschlos- sen wird.
7 Endverbraucher sind Kundinnen und Kunden, die Energieträger oder Energie für den eigenen Verbrauch kaufen. Davon ausg enommen sind der Energiebezug für den Eigenbedarf einer Energieerzeugungsanlage sowie Netzverluste.
8 Grossverbraucher sind Endverbraucher mit einem Wärmeverbrauch von mehr als
5 GWh oder einem Elektrizitätsverbrauch von mehr als 0,5 GWh pro Jahr und pro Verbrauchsstätte.
9 Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Tragbarkeit werden die Anschaffungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten über die Le bensdauer der Investition einbezogen.

2. Energieeffizienz von Bauten und Anlagen

§ 4 Bauten und Anlagen

1 Neue Bauten und Anlagen, die beheizt, belüftet, gekühl t oder befeuchtet werden, sind so zu erstellen, dass der Energiebeda rf gering ist, die Lufthygiene für die Be- nutzerinnen und Benutzer gewährleistet is t und eine Beschädigung der Bausubstanz durch ungünstiges Raumklim a verhindert wird.
2 Bestehende Bauten und Anlagen sind bei Umnutzungen, für die gegenüber der bisherigen Nutzung höhere energiegesetzl iche Anforderungen gelten, entsprechend anzupassen.
3 Die thermische Gebäudehülle oder Teile davon müssen die neuesten energiegesetz- lichen Anforderungen erfüllen, soweit daran mehr als nur Unterhalts- oder Repara- turarbeiten vorgenommen werden.
4 Der Regierungsrat regelt die Einzelheiten für bestehe nde und neue Bauten und Anlagen durch Verordnung. Er passt sie so weit erforderlich dem Stand der Technik an. Gegenstand der Regelungen sind insbesondere a) Wärme- und Kälteschutz von Bauten und Anlagen, b) Heizungen und Anlagen zur Wassererwärmung, c) Raumlufthygiene, d) Lüftungs- und Klimaanlagen, e) Beleuchtung, f) weitere Anlagen der Haustechnik.

§ 5 Gebäudeenergieausweis

1 Für die Angabe des Energieverbrauch s von Gebäuden besteht im Kanton der Ge- bäudeenergieausweis der Kantone (GEAK ® ). Für die Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer ist die Erstellung freiwillig.

§ 6 Verbrauchsabhängige Heiz - und Warmwasserkostenabrechnung

1 Neue Bauten mit zentraler Wärmeverso rgung für fünf oder mehr Nutzeinheiten sind mit Geräten zur Erfassung des Wärm everbrauchs für Heizung und Warmwasser pro Nutzeinheit auszurüsten. Bestehende Bauten mit zentraler Wärmeversorgung für fünf oder mehr Nutzeinheiten sind bei ei ner Gesamterneuerung des Heizungs- oder Warmwassersystems entsprechend auszurüsten.
2 Bestehende Gruppen von Bauten mit zentr aler Wärmeversorgung sind mit Geräten zur Erfassung des Wärmeverbrauchs für di e Heizung pro Baute auszurüsten, wenn an einer oder mehreren Bauten die Ge bäudehülle wesentlich saniert wird.
3 Der Regierungsrat kann durch Veror dnung Ausnahmen regeln für Gebäude mit einem Energiestandard über den gesetzlichen Mindestanforderungen oder wenn die Umsetzung unverhältnismässig ist.

§ 7 Heizungsanlagen

1 Neue Heizungsanlagen mit fossilen Br ennstoffen sind zulässig, wenn der Nach- weis erbracht wird, dass keine energieeffi zientere Heizungsanlage mit geringerem CO
2 -Ausstoss zur Verfügung steht, die fü r die geplante Anwendung genügt und wirtschaftlich tragbar ist. Bestehende Heizungsanlagen dür fen durch eine gleicharti- ge Heizungsanlage ersetzt werden.
2 Neue ortsfeste elektrische Widerstands heizungen zur Gebäudebeheizung sind nicht zulässig. Davon ausgenommen sind insb esondere Anwendungen für Komfort- und Notheizungen in begrenztem Umfang so wie Heizungen für Gebäude, die nicht re- gelmässig oder nur speziell genutzt werden oder einen tiefen Heizenergiebedarf aufweisen.
3 Der Ersatz einer ortsfesten elektrisch en Widerstandsheizung mit Wasserverteilsys- tem durch eine gleichartige Heizungsanlage ist nicht zulässig. Als Ausnahmen gel- ten insbesondere Anwendungen gemäss Absatz 2 oder wenn ein Ersatz durch eine andere Heizungsanlage wirtschaftlich nich t tragbar ist oder für die Anwendung nicht genügt.
4 Es dürfen nur Heizungsanlagen eingebaut werden, die dem Stand der Technik entsprechen.
5 Der Regierungsrat regelt durch Veror dnung die Ausnahmen, wenn die wirtschaftli- che Tragbarkeit nicht gegeben ist, sowie die Anforderungen an die Nachweise.

§ 8 Heizungen im Freien

1 Neue fest installierte Heizungen im Freien sind mit erneuerbarer Energie oder mit Abwärme zu betreiben. Ausnahmen sind zulässig, wenn es die Sicherheit erfordert und bauliche oder betrieblic he Massnahmen unverhältnismässi g sind. In diesem Fall müssen die Heizungen mit einer temperat ur- und feuchteabhängigen Steuerung be- trieben werden.
2 Bestehende fest installierte Heizungen im Freien sind bei einem Ersatz oder einem Umbau den Anforderungen von Neuanlagen anzupassen.
3 Mobile Heizungen im Freien wie Heizpi lze oder Heizstrahler sind nur für kurz befristete Einsätze zulässig.
4 Der Regierungsrat regelt durch Veror dnung die Einzelheiten sowie die Ausnah- men, wenn die wirtscha ftliche Tragbarkeit nicht gegeben ist.

§ 9 Beheizte Freiluftbäder

1 Der Neubau beheizter Freiluftbäder ist nur zulässig, wenn sie mit erneuerbaren Energien oder mit Abwärme betrieben we rden. Die Beheizung mit einer Wärme- pumpe ist zulässig, wenn eine Abdeckung der Wasseroberfläche gegen Wärmever- luste vorhanden ist.
2 Bestehende beheizte Freiluftbäder sind bei einer Sanierung oder einem Ersatz der technischen Einrichtungen zu ihrer Be heizung den Anforderungen von Neuanlagen anzupassen.
3 Der Regierungsrat regelt die Ausnahme n durch Verordnung, wenn die wirtschaftli- che Tragbarkeit nicht gegeben ist.

§ 10 Grossverbraucher

1 Die zuständige Behörde kann Grossverbraucher verpflichten, ihren Energie- verbrauch zu untersuchen, zu bewert en und zumutbare Massnahmen zur Optimie- rung des Energieverbrauchs zu treffen. Massnahmen sind zumutbar, wenn sie dem Stand der Technik entsprechen, wirtschaft lich tragbar sind und keine massgeblichen betrieblichen Nachteile verursachen.
2 Ausgenommen sind Grossverbraucher, die sich einzeln oder in Gruppen verpflich- ten, von der zuständigen Behörde vorgegebe ne Ziele für die Entwicklung des Ener- gieverbrauchs einzuhalten. Sie können von der Einhaltung einzelner energietechni- scher Vorschriften entbunden werden.

§ 11 Bauten und Anlagen von Kanton und Gemeinden

1 Bei Ausstattung und Versorgung der eigene n Bauten und Anlagen sorgen Kanton und Gemeinden für eine nachhaltige und effiziente Verwendung der Energie, soweit die Investitionen wirtschaftli ch tragbar sind. Sie streben einen Energiestandard über den gesetzlichen Mindestanforderungen an.
2 Kanton und Gemeinden berücksichtigen bei der Beschaffung der Energie insbe- sondere erneuerbare Energiequellen und neue Nutzungsarten von Energie sowie neue technische Verfahren zur Erhöhung der Energieeffizienz und Energierückge- winnung.
3 Werden bei vom Kanton subventionier ten Bauten und Anlagen zweckmässige Massnahmen getroffen, die über die Anford erungen dieses Gese tzes hinausgehen, dürfen die damit zusammenhä ngenden Mehrkosten nicht zu Subventionskürzungen führen.

3. Energieeffizienz in der Mobilität

§ 12 Energieeffiziente Massnahmen

1 Der Kanton kann zur Unterstützung der Ziele gemäss § 2 Massnahmen zur Steige- rung der Energieeffizienz und zur Verbesserung der CO
2 -Bilanz in der Mobilität eigenständige rechtliche Grundlagen er lassen. Gegenstand der Regelungen sind insbesondere Massnahmen in den Bereichen Verkehrsinfrastruktur, Antriebssysteme und CO
2 -arme Mobilität.

4. Planungs- und Umsetzungsmassnahmen

§ 13 Kantonale Energieplanung

1 Der Regierungsrat erstellt eine Energi eplanung für jeweils zehn Jahre, die mindes- tens alle fünf Jahre überprüft und soweit e rforderlich angepasst wi rd. Der Grosse Rat genehmigt die Energieplanung. Er kann Änderungen verlangen.
2 Die Energieplanung gibt die angestrebten Ziele und Zielpfade verbindlich vor und beurteilt die Zielerreichung sowie die Energieversorgungssicherheit im Kanton in der abgelaufenen Planungsphase. Sie ze igt Massnahmen zur Erreichung der Ziele und der Zielpfade sowie zur Stärkung der Versorgungssicherheit in der folgenden Planungsphase auf.
3 Als Grundlage für die Energieplanung stüt zt sich der Kanton vorab auf bereits vorhandene Daten ab, insbesondere der ö ffentlichen Verwaltungen, Energieversor- gungsunternehmen und Endverbraucher mit ma ssgeblichem Energieverbrauch. Die- se stellen die für die Energieplanung erforderlichen Daten zur Verfügung, soweit diese vorliegen oder mit geringem Aufwand erhoben werden können.
4 Der Kanton kann eine angemessene Entschädigung für die Beschaffung von Daten leisten, wenn der Aufwand dafür gross ist und die Daten für die Energieplanung wichtig sind.
5 Die Geheimhaltungsinteressen bleiben gewahrt.

§ 14 Kommunale Energieplanung

1 Die Gemeinden können auf der Basis der kantonalen Energieplanung eine eigene Energieplanung erstellen, die mit derjenigen der Nachbargemeinden regional abzu- stimmen ist. Sie wird vom Gemeinderat besc hlossen und ist behördenverbindlich.
2 Die Gemeinden können in Nutzungsplän en gemäss Baugese tzgebung strengere energetische Anforderungen an Gebäude mit Wohn-, Dienstle istungs- und Misch- nutzungen festlegen, als es dieses Gesetz verlangt. Die Anforderungen müssen dem Stand der Technik entsprechen.
3 Die Gemeinden können in Nutzungsplän en gemäss Baugesetzgebung Grundeigen- tümerinnen und -eigentümer verpflichten, ih re Heizungsanlage an ein öffentliches Leitungsnetz für Fernwärme, das Abwärme oder erneuerbare Energien nutzt, anzu- a) die Energie zu technisch und wirtsc haftlich tragbaren Bedingungen angeboten wird und b) das Gebiet in der kommunalen Ener gieplanung entsprechend ausgeschieden ist. Die Besitzstandsgarantie gemäss § 68 lit. a und b des Ge setzes über Raumentwick- lung und Bauwesen (Baugesetz , BauG) vom 19. Januar 1993 1 ) bleibt gewährleistet.
1) SAR 713.100
4 Bei der Gebietsausschei dung gemäss Absatz 3 sind die bestehenden Leitungsinfra- strukturen zu berücksichtigen.
5 Ausgenommen von dieser Verpflichtung ist, wer den Wärmebedarf für Heizung und Warmwasser mehrheitlich mit erneuerb aren Energien oder nicht auf andere Weise nutzbarer Abwärme deckt.

5. Förderungsmassnahmen

§ 15 Information, Beratung, Aus-, Weiter- und Fortbildung

1 Der Kanton sorgt in Zusammenarbeit m it Gemeinden sowie öffentlichen und pri- vaten Organisationen und Unternehmen fü r eine gute Information gemäss den Zweck- und Zielsetzunge n dieses Gesetzes.
2 Er kann Projekte von öffentlichen und priv aten Organisationen in den Bereichen Information, Beratung, Aus-, We iter- und Fortbildung unterstützen.

§ 16 Förderung, Förderungsinstrumente

1 Der Kanton kann Programme, Projekte und Anlagen in den Bereichen Forschung, Produktion, Nutzung, Verteilung und Mobilität unterstützen. Er fördert namentlich Programme und Projekte betreffend Energieeffizienzsteigerung, erneuerbare Ener- gien, Abwärmenutzung und CO
2 -arme Mobilität, wenn diese der Zielerreichung gemäss § 2 dienen.
2 Auf Leistungen gemäss diesem Gese tz besteht kein Rechtsanspruch.
3 Die Leistungen des Kantons können mit Auflagen verbunden werden.
4 Sie erfolgen nach einem vom Regierungsrat periodisch genehmigten Förderungs- programm, in dem Ziele, Prioritäten und Kriterien für die Anwendung der Förde- rungsinstrumente festgelegt sind.

6. Energieerzeugungsanlagen

§ 17 Wärmenutzung bei Elektr izitätserzeugungsanlagen

1 Elektrizitätserzeugungsanlagen mit fossilen Brennstoffen dürfen erstellt werden, wenn die Abwärme fachgerecht und weitgehe nd genutzt wird. Stehen fossile Brenn- stoffe mit tieferem CO
2 -aequivalentem Ausstoss zu r Verfügung, sind diese zu ver- wenden. Für Anlagen ohne Verbindung zum öffentlichen Elektrizitätsverteilnetz gilt diese Anforderung nicht.
2 Elektrizitätserzeugungsanla gen mit erneuerbaren gasförmigen Brennstoffen dürfen erstellt werden, wenn die Abwärme fachgerecht und mehrheitlich genutzt wird. Die- se Anforderung gilt nicht für Anlagen, die mit überwiegend landwirtschaftlichem Grüngut betrieben werden, ohne Verbindung zum öffentlichen Gasverteilnetz sind und diese auch nicht mit verhältnismässi gem Aufwand hergestellt werden kann.
3 Elektrizitätserzeugungsanlage n mit erneuerbaren festen oder flüssigen Brennstof- fen dürfen erstellt werden, wenn die Ab wärme fachgerecht und weitgehend genutzt wird.
4 Elektrizitätserzeugungsanlagen zur Notstromerzeugung, deren Abwärme nicht genutzt wird, dürfen erstellt und im Notf all sowie für kurze Probeläufe betrieben werden.

§ 18 Minimaler energetischer Nutzen von Energieerzeugungsanlagen

1 Der Regierungsrat legt Anforderungen an den minimalen energetischen Nutzen für Energieerzeugungsanlagen durch Verordnung fest. Dabei wird die Technologie der Erzeugung und ihr Einfluss auf die Umwelt berü cksichtigt. Eine Bau- oder Betriebs- bewilligung setzt das Erreichen des geford erten minimalen energetischen Nutzens voraus.

§ 19 Betriebsbewilligung für Energieerzeugungsanlagen

1 Grössere Energieerzeugungsanlagen benö tigen eine Betriebsbewilligung des Re- gierungsrats, wenn die Anlagen nicht einer besonderen Gese tzgebung des Bundes unterliegen.
2 Der Regierungsrat legt für die Abgren zung der Betriebsbe willigungspflicht leis- tungsbezogene Schwellenwerte nach Art der Energieerzeugungsanlagen durch Ver- ordnung fest.
3 Die kantonale Betriebsbewilligung rege lt insbesondere Umfang, Art und Dauer sowie Beendigung und Verpflichtungen bei Beendigung des Betriebs. Sie kann wei- tere Nebenbestimmungen enthal ten, namentlich betreffend a) Inbetriebnahme, b) Betriebssicherheit, c) minimaler Nutzen, d) Pflicht zur Abgeltung nachgewiesen er kommunaler und regionaler Standort- nachteile, e) Haftung für besondere Risiken, f) Versicherungspflicht, g) Aufrechterhaltung der Energieversorgung, h) Sicherstellung der Kosten für den Rückbau, i) Übertragung der Bewilligung, k) Widerruf.
4 Der Gemeinderat eröffnet die Baubewill igung gleichzeitig mit der kantonalen Be- triebsbewilligung.

§ 20 Besondere Regelungen von Standortgemeinden

1 Die Standortgemeinden von grossen Energieerzeugungsanlagen können mit der Inhaberin oder dem Inhaber der Betriebs bewilligung eine Abgelt ung vereinbaren. Diese muss angemessen und für den Betr ieb wirtschaftlich tragbar sein.

7. Energieleitungen

§ 21 Leitungen

1 Grundeigentümerinnen und -eigentümer si nd verpflichtet, die Durchleitung lei- tungsgebundener Energie auf ihrem Gebiet zu dulden.
2 Die Pflicht zur Duldung besteht auch dann, wenn die leitungsgebundene Energie ihre Liegenschaften nicht erschliesst.
3 Soweit das Bundesrecht nichts anderes vor sieht, richten sich Zuständigkeit und Verfahren nach den Vorschriften der Baugesetzgebung.
4 Die Netzbetreiber erteilen den Behörde n die erforderlichen Auskünfte über den Verlauf ihrer Leitungen.
5 Neue Leitungen sind umwelts chonend, verlustarm und n ach dem neuesten Stand der Technik zu erstellen.

§ 22 Bewilligungsverfahren für Gasleitungen

1 Gasleitungsanlagen, für die gemäss Bunde srecht der Kanton zuständig ist, werden durch das zuständige Departement bewil ligt. Die Bewilligung gilt als Enteignungsti- tel.
2 Der Regierungsrat regelt das Verfahren in Anlehnung an das Bundesrecht durch Verordnung.

8. Stromversorgung

§ 23 Versorgung mit Elektrizität

1 Der Regierungsrat bezeichnet die Netzgebi ete pro Netzebene und weist sie diskri- minierungsfrei den Netzbetreibern zu. Er berücksichtigt dabei die bestehenden Ei- gentums- und Vertragsverhältnisse sowie die Versorgungsstrukturen unter Einbezug der gesamtwirtschaf tlichen Interessen.
2 Sofern an eine Netzebene keine Endverb raucher oder Elektrizitätserzeuger ange- schlossen sind, kann auf die Bezeichnung und Zuweisung des Netzge biets verzichtet werden.
3 Der Netzbetreiber informiert das zustä ndige Departement umge hend über allfällige Änderungen, die den Betrieb oder di e Eigentumsverhält nisse betreffen.
4 Das zuständige Departement kann Anpa ssungen der Netzgebiet e beschliessen und Ausnahmen regeln. Seine Entscheide sind an das Verwaltungsgericht weiterziehbar.
5 Der Regierungsrat kann eine Netzgebietszuweisung ohne Entschädigung aufheben, wenn a) die Versorgung nicht mehr gewährleistet ist, b) gesetzliche Bestimmungen oder wi chtige Nebenbestimmungen der Netzzu- weisung oder des Leistungsauftrags trotz Mahnung verletzt werden.

§ 24 Anschlusskosten

1 Grundeigentümerinnen und -eigentümer tr agen die Kosten für den Anschluss.

§ 25 Leistungsauftrag

1 Der Regierungsrat kann die Zuteilung der Netzgebiete an die Netzbetreiber mit einem Leistungsauftrag verbinden. Der Leistungsauftrag darf einzelne Netzbetreiber weder bevorteilen noc h benachteiligen.
2 Er berücksichtigt dabei di e Anliegen der Gemeinden.

§ 26 Angleichung unterschiedlicher Netznutzungstarife

1 Der Regierungsrat kann Massnahmen zu r Angleichung unverhältnismässiger Un- terschiede bei den Netznutzungstarifen beschliessen. Er kann namentlich die Netz- betreiber verpflichten, zur Ausgleichsfi nanzierung der Netznutzungstarife einen Zuschlag zu den Netzdurchleitungskosten zu erheben.

§ 27 Abgaben

1 Der Grosse Rat kann für die Abgeltung, welche die Geme inden von den Netz- betreibern für die Durchleitungsrechte ve rlangen, eine Höchstgrenze festlegen.

9. Stromversorgungsunternehmen

§ 28 Eigene Energieanlagen, Beteiligungen

1 Kanton und Gemeinden können Energieanla gen selbst erstellen und betreiben, wenn der private Sektor die betreffenden Bedürfnisse nicht oder ungenügend deckt. Sie können sich an solchen Unternehmen be teiligen oder die erforderlichen Zusam- menarbeitsverträge abschliessen.
2 Der Grosse Rat beschliesst die Errichtung eigener kantonaler Anlagen oder Unter- nehmen und regelt deren Organisation und Betr ieb. Er entscheidet über die Beteili- gungen des Kantons an Unternehmen der Energieversorgung und genehmigt die entsprechenden Vereinbarungen. Vorbehalte n bleibt das Refere ndum gemäss Kan- tonsverfassung.
3 Der Regierungsrat ist ermächtigt, Ä nderungen des Vertrags über die Gründung der Gesellschaft der Nordostschweizerischen Kraftwerke AG (NOK)
1 ) endgültig zuzu- stimmen, wenn diese folgende Gegenstände betreffen: a) Änderungen der Vertragsparteien und der Beteiligungsverhältnisse, b) Zusammensetzung des Verwaltungsrats, c) Veräusserungsmöglichkeiten von Aktien, d) Verpflichtung zur Lieferung oder zum Bezug elektrischer Energie, e) Vorzugsrecht der Axpo AG zum Erwerb von Konzessionen.
1) Seit 1. Januar 2010 Axpo AG mit Sitz in Baden
4 Die aufgrund dieses Gesetzes organisi erten Unternehmen des Staats und der Ge- meinden tragen mit ihrer Tätigkeit zur Erreichung der Ziele dieses Gesetzes bei.

§ 29 Beteiligung des Kantons

1 Der Regierungsrat kann die Verpflicht ungen, die dem Kanton im Zusammenhang mit der Beschaffung von elektrischer Energi e aus den vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Axpo AG erwachsen, ohne Anspruch auf Entschädigung durch den Kanton der AEW Energie AG übertragen.
2 Die Übertragung von Aktien an Dritte be darf der Zustimmung des Grossen Rats. Umfasst ein solcher Beschluss die Über tragung von 50 % oder mehr der gesamten Aktien, untersteht er dem Refe rendum gemäss Kantonsverfassung.
3 Beschlüsse des Grossen Rats über eine Fusion der AEW Energie AG mit anderen Gesellschaften oder über die Einbringung de r AEW Energie AG in eine Holding- Gesellschaft unterstehen dem Referendum, wenn der Kanton an diesen Gesellschaf- ten mit weniger als 50 % beteiligt ist.

§ 30 Wahrnehmung der Aktionärsrechte

1 Der Regierungsrat übt alle dem Kant on zustehenden Aktionärsrechte aus.
2 Für Statutenänderungen, die das Stimmr echt des Kantons verkleinern, holt der Regierungsrat die Zustimmung des Grossen Rats ein.

10. Vollzug

§ 31 Zuständigkeit des Gemeinderats

1 Der Gemeinderat vollzieht die Energievorschriften an Bauten und Anlagen, wenn dieses Gesetz oder seine Ausführungsbestimmungen nicht etwas anderes bestim- men.
2 Zuständigkeit und Verfahren in den Gemein den richten sich nach den Vorschriften der Baugesetzgebung.

§ 32 Zuständigkeit des Regierungsrats

1 Der Regierungsrat erlässt die erford erlichen Ausführungsbestimmungen durch Verordnung.

§ 33 Erfolgskontrolle

1 Der Regierungsrat erstattet dem Grossen Ra t alle fünf Jahre Bericht über den Stand des Vollzugs des Energiegesetzes.
2 Der Bericht soll insbesondere Auskunft geben über a) die Erreichung der gesetzten Ziele, b) die Wirkungen der einzelnen Massn ahmen sowie das Kosten-Nutzenver- hältnis, c) unausgeschöpfte Potenziale, d) die Entwicklung auf Bundesebene und die längerfristigen Tendenzen, e) allfällige Bedürfnisse nach Änderung des Gesetzes.

§ 34 Ausnahmen

1 Bei ausserordentlichen Verhältnissen, insb esondere bei unzumutbarer Härte, kann die zuständige Behörde Ausnahmen von den Vorschriften dieses Gesetzes oder sei- nen Ausführungsbestimmungen zulassen.

11. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 35 Verwaltungsgebühren

1 Für die Erteilung der nach diesem Ge setz vorgesehenen Bewilligungen erheben Kanton und Gemeinden Gebühren. Diese richte n sich nach dem tatsächlichen Auf- wand.

§ 36 Verwaltungsstrafe

1 Mit Busse bis Fr. 50'000.– wird bestraft, wer a) Vorschriften über Energiebedarf und Raumlufthygiene von Bauten und Anla- gen verletzt (§ 4), b) Vorschriften über die Erfassung des Wärmeverbrauchs verletzt (§ 6), c) Vorschriften über die Zulässigke it von Heizungen und Elektrizitätserzeu- gungsanlagen verletzt (§§ 7–9 sowie 17), d) Verpflichtungen der Grossverbraucher betreffend Energieverbrauch verletzt (§ 10), e) Vorschriften über Energieeffizienz und Nutzung erneuerbarer Energien im Mobilitätsbereich verletzt (§ 12), f) Vorschriften über den Wirkungsgrad von Energieanlagen verletzt (§ 18), g) Bestimmungen einer Betriebsbewilli gung oder eines Leistungsauftrags ver- letzt (§§ 19 und 25), h) die Verpflichtung verletzt, für gr osse Energieerzeugungsanlagen Abgeltungs- beiträge zu zahlen (§ 19), i) Verpflichtungen der Netzbetreiber be treffend Angleichung unterschiedlicher Netznutzungstarife verletzt (§ 26).
2 Strafbar ist die vorsätzliche oder fa hrlässige Widerhandlung, begangen durch a) die Bauherrschaft, b) die Eigentümerin oder den Eigentümer, c) sonstige Berechtigte, d) Projektverfassende, e) Unternehmen, f) die Inhaberin oder den Inhaber einer Betriebsbewilligung, g) Bauleitende.
3 Erfolgt die Widerhandlung aus Gewinnsuc ht, ist die Richterin oder der Richter nicht an den Höchstbetrag der Busse gebunden.
4 Anstelle einer juristischen Person oder einer Kollektiv- oder Komman- ditgesellschaft sind die natürlichen Pers onen strafbar, die für sie gehandelt haben oder hätten handeln sollen. Können diese nicht ohne unverhältnismässigen Untersu- chungsaufwand festgestellt werden, wird die juristische Person oder die Gesellschaft zur Strafzahlung verurteilt.
5 Im Übrigen finden die Bestimmungen de s allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuchs Anwendung.

§ 37 Verhältnis zum Verwaltungszwang

1 Die Verwaltungsstrafe kann für sich oder neben Massnahmen des Verwaltungs- zwangs angeordnet werden.

§ 38 Strafverfahren

1 Für Untersuchung und Beurteilung der Über tretung dieses Gesetzes sind die straf- richterlichen Behör den zuständig.
2 Der Gemeinderat kann Bussen bis Fr. 2' das Verfahren gelten die Vorschriften der Gemeindegesetz gebung. Kommt eine Busse von über Fr. 2'000.– in Frage, erst attet der Gemeinde rat Strafanzeige.
3 Kanton und Gemeinden haben im Strafverfa hren die Rechte einer Partei und kön- nen sich durch ihre Organe vertreten lassen.

§ 39 Übergangsrecht

1 Solange der Kanton über die Mehrheit der Aktienstimmen der AEW Energie AG verfügt und die Netzgebietszuweisung ge mäss § 23 Abs. 1 und die Erteilung der Leistungsaufträge gemäss § 25 nicht rechtskräftig erfolgt sind, wird ein Leistungs- auftrag für die AEW Energie AG durch Dekret festgelegt.

§ 40 Publikation und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz ist nach unbenütztem Ab lauf der Referendumsfrist beziehungsweise nach Annahme durch das Volk in der Ge setzessammlung zu publiz ieren. Der Regie- rungsrat bestimmt den Zeit punkt des Inkrafttretens. Aarau, 17. Januar 2012 Präsident des Grossen Rats V OEGTLI Protokollführer i.V. O MMERLI Datum der Veröffentlichung: 30. März 2012 Ablauf der Referendum sfrist: 28. Juni 2012 Inkrafttreten: 1. September 2012
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