Gesetz betreffend Tagesbetreuung von Kindern (815.100)
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Gesetz betreffend Tagesbetreuung von Kindern

Gesetz betreffend Tagesbetreuung von Kindern (Tagesbetreuungsgesetz, TBG) Vom 8. Mai 2019 (Stand 1. Januar 2022) Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt, gestützt auf § 11 Abs. 2 lit. a und § 18 der Verfassung des Kantons Basel-Stadt vom 23. März
2005
1 ) , nach Einsichtnahme in den Ratschlag des Regierungsrates Nr 17.1460.01 vom 29. Mai 2018 sowie in den Bericht der Bildungs- und Kulturkommission Nr. 17.1460.02 vom 17. Dezember 2018, beschliesst: I. Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Zweck und Gegenstand

1 Dieses Gesetz bezweckt die Förderung der familienergänzenden Tagesbetreuung von Kindern in Kin - dertagesstätten und Tagesfamilien durch: die Gewährleistung eines bedarfsgerechten, qualitativ guten Betreuungsangebots; finanzielle Leistungen an die Betreuung, zur Förderung und Entwicklung des Angebots und der Qualität; die Bereitstellung von Unterstützungsleistungen, insbesondere die Information, Beratung und Vermittlung, sowie die Regelung der Organisation und Zuständigkeiten.

§ 2 Begriffe

1 Die folgenden Begriffe werden im Rahmen dieses Gesetzes gemäss den nachstehenden Definitionen verwendet: «Eltern» sind die Erziehungsberechtigten von Kindern; «Betreuungsbeiträge» sind individuelle, aufgrund der Einkommens- und Vermögensver - hältnisse der Eltern berechnete Beiträge des Kantons und der Gemeinden an die Tagesbe - treuung in Kindertagesstätten und Tagesfamilien mit Betreuungsbeiträgen; «Kindertagesstätten» sind Einrichtungen, in denen Kinder regelmässig tagsüber durch qualifizierte Fachpersonen und in geeigneten Räumlichkeiten betreut werden; «Tagesfamilien» sind Familien, in denen Kinder gegen Entgelt und regelmässig in geeig - neten Räumlichkeiten betreut werden; «Tagesfamilienorganisationen» sind Trägerschaften, die Tagesfamilien suchen, deren Eignung abklären, vermitteln, begleiten und für die Abwicklung der administrativen und finanziellen Belange sorgen; «Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen» und «Tagesfamilien mit Betreuungsbeiträ - gen» sind Einrichtungen, die Betreuungsplätze mit Betreuungsbeiträgen anbieten; Gemeinden, die über das Angebot der Tagesbetreuung informieren, Eltern beraten und bei Bedarf Betreuungsplätze in Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen vermitteln.
1) SG 111.100
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§ 3 Grundsätze

1 Die familienergänzende Tagesbetreuung: orientiert sich vorrangig am Kindeswohl; leistet in Ergänzung zur Familie einen wichtigen Beitrag für die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung; fördert die Kinder gemäss ihren Fähigkeiten und Neigungen und unterstützt die Sprach - entwicklung sowie das Deutschsprechen bei fremdsprachigen Kindern; trägt zur Chancengleichheit und Integration der Kinder bei; ermöglicht den Eltern Erwerbsarbeit, Ausbildung, den Erhalt und die Verbesserung der beruflichen Qualifikation sowie die Wahrnehmung von Aufgaben im öffentlichen und sozialen Bereich und unterstützt Arbeitgebende bei der Gewinnung und Erhaltung von Arbeitskräften mit Er - ziehungspflichten.

§ 4 Leistungserbringende

1 Die Tagesbetreuung wird in der Regel von privaten Leistungserbringenden angeboten.
2 Das zuständige Departement und die zuständigen Stellen der Gemeinden können, wenn dies zur Ge - währleistung eines bedarfsgerechten Betreuungsangebots zu angemessenen Preisen erforderlich ist: Private mittels Leistungsvereinbarung beauftragen, einzelne Betreuungsleistungen anzu - bieten oder Kindertagesstätten zu führen, oder eigene Kindertagesstätten führen. II. Leistungen an Eltern

§ 5 Anspruchsberechtigung

1 Eltern haben Anspruch auf Betreuungsbeiträge für Betreuungsplätze im Kanton Basel-Stadt, wenn das Kind im Kanton Basel-Stadt Wohnsitz hat, und: sie erwerbstätig oder auf der Suche nach Erwerbsarbeit sind; sie eine anerkannte Aus-, Fort- oder Weiterbildung besuchen; sie Aufgaben im öffentlichen oder sozialen Bereich wahrnehmen; eine Fachstelle die Betreuung als ergänzende Hilfe zur Erziehung angeordnet oder bewil - ligt hat oder die Betreuung der frühen Deutschförderung von Kindern im Hinblick auf die Einschulung dient.
2 Der Regierungsrat kann einen Mindestumfang der Betreuung für die Gewährung von Betreuungsbei - trägen festlegen.
3 Das zuständige Departement und die zuständigen Stellen der Gemeinden können ausnahmsweise Betreuungsbeiträge für einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte oder Tagesfamilie ausserhalb des Kantons Basel-Stadt gewähren, wenn diese die wesentlichen Anforderungen an Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen oder Tagesfamilien mit Betreuungsbeiträgen erfüllen.

§ 6 Beginn und Dauer des Anspruchs

1 Der Anspruch auf Betreuungsbeiträge beginnt mit dem Alter des Kindes von drei Monaten und dau - ert bis zur Vollendung: des fünften Schuljahres der Primarstufe bei Betreuung in einer Kindertagesstätte mit Betreuungsbeiträgen; des achten Schuljahres der Primarstufe bei Betreuung in einer Tagesfamilie mit Betreu -
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2 Das zuständige Departement und die zuständigen Stellen der Gemeinden können Ausnahmen von der Altersbegrenzung bewilligen.

§ 7 Geltendmachung des Anspruchs

1 Eltern stellen rechtzeitig ein Gesuch um Betreuungsbeiträge beim zuständigen Departement oder bei den zuständigen Stellen der Gemeinden.

§ 8 Höhe der Betreuungsbeiträge

1 Der Regierungsrat legt die Höhe der Betreuungsbeiträge fest.
2 Er sieht höhere Beiträge für Säuglinge, Kinder mit besonderem Betreuungsbedarf, Kinder mit Bedarf an früher Deutschförderung und Geschwister vor.
3 Das zuständige Departement und die Gemeinden gewähren für spezielle Betreuungszeiten sowie be - fristet für Härtefälle zusätzliche Beiträge.

§ 9 Berechnung und Auszahlung der Betreuungsbeiträge

1 Grundlage für die Berechnung der Betreuungsbeiträge bilden die Bestimmung der massgeblichen wirtschaftlichen Haushaltseinheit und des massgeblichen Einkommens nach dem Gesetz über die Har - monisierung und Koordination von bedarfsabhängigen Sozialleistungen (Harmonisierungsgesetz Sozi - alleistungen, SoHaG) vom 25. Juni 2008.
2 Das zuständige Departement und die Gemeinden bezeichnen die für die Berechnung und Auszahlung der Betreuungsbeiträge jeweils zuständige Stelle.
3 Die Betreuungsbeiträge werden direkt an die Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen und die Ta - gesfamilienorganisationen ausbezahlt.

§ 10 Information, Beratung und Vermittlung

1 Die zuständigen Beratungs- und Vermittlungsstellen informieren über das Angebot der Tagesbetreu - ung, beraten Eltern und vermitteln bei Bedarf Betreuungsplätze in Kindertagesstätten mit Betreuungs - beiträgen innert dreier Monaten nach der Anmeldung.
2 Das zuständige Departement betreibt ein öffentlich zugängliches Informationssystem, das die für El - tern relevanten Informationen über Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen enthält. III. Kindertagesstätten und Tagesfamilien

1. Bewilligung, Aufsicht sowie Förderung des Angebots und der Qualität

§ 11 Bewilligung und Aufsicht

1 Die Tagesbetreuung eines Kindes oder mehrerer Kinder in Kindertagesstätten oder Tagesfamilien be - darf einer Bewilligung und untersteht der Aufsicht durch das zuständige Departement.
2 Für die Bewilligung von und die Aufsicht über Kindertagesstätten und Tagesfamilien gelten die Be - stimmungen der Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (Pflegekinderverordnung, PAVO) vom 19. Oktober 1977.

§ 12 Förderung des Angebots und der Qualität

1 Das zuständige Departement legt Vorgaben zur Qualität in Kindertagesstätten und Tagesfamilien fest.
2 Es kann Kindertagesstätten Beiträge zur Förderung des Berufsnachwuchses gewähren.
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3 Das zuständige Departement und die Gemeinden können im Bereich der Tagesbetreuung tätige Leis - tungserbringende und Personen sowie Arbeitgebende unterstützen, insbesondere durch Koordination, Beratung, Vermittlung, Förderung von Fort- und Weiterbildung sowie Beiträge an Projekte der Quali - tätsentwicklung.

2. Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen

§ 13 Anforderungen an Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen

1 Eine Kindertagesstätte, die Plätze mit Betreuungsbeiträgen anbietet, muss: eine konfessionell und politisch neutrale Bildung, Betreuung und Erziehung der Kinder gewährleisten; Kinder diskriminierungsfrei aufnehmen; eine Betreuung an fünf Tagen pro Woche bei maximal vier Wochen Betriebsferien pro Jahr anbieten; in der Regel über mindestens zehn Betreuungsplätze verfügen; im Rahmen ihrer Möglichkeiten Ausbildungsplätze anbieten; ein angemessenes Verhältnis zwischen Praktikums- und Ausbildungsplätzen aufweisen; die branchenüblichen Anstellungsbedingungen einhalten; Kinder mindestens während der Hälfte der anwesenden Zeit in deutscher Sprache betreu - en und ihren Betrieb langfristig finanzieren können.
2 Sie hat im Rahmen der Bewilligung in geeigneter Form nachzuweisen, dass sie diese Anforderungen erfüllt.

§ 14 Zusammenarbeit

1 Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen arbeiten mit dem zuständigen Departement oder den zu - ständigen Stellen der Gemeinden sowie deren Beratungs- und Vermittlungsstellen zusammen.
2 Sie liefern regelmässig die für das vom zuständigen Departement betriebene Informationssystem not - wendigen Daten.

§ 15 Preisgestaltung

1 Jede Kindertagesstätte mit Betreuungsbeiträgen regelt die Preise für die Betreuung einheitlich und legt sie offen.
2 Der Regierungsrat legt zur Gewährleistung eines bedarfsgerechten Betreuungsangebots zu angemes - senen Preisen einen Minimal- und Maximalpreis fest.

§ 16 Betreuungsvertrag

1 Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen schliessen mit den Eltern einen schriftlichen Betreuungs - vertrag ab.
2 Das zuständige Departement kann Richtlinien zum Vertragsinhalt erlassen.

§ 17 Einhaltung der Bestimmungen über Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen

1 Das zuständige Departement überprüft, ob die Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen die Anfor - derungen erfüllen und die vorstehenden Pflichten einhalten.
2 Werden die Anforderungen nicht mehr erfüllt oder die Pflichten nicht eingehalten, so fordert das zu - ständige Departement die Kindertagesstätte auf, unverzüglich die nötigen Massnahmen zu treffen.
3 Sind die Massnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein ungenügend, so ent - zieht das zuständige Departement der Kindertagesstätte die Berechtigung, Plätze mit Betreuungsbei -
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§ 18 Investitionsbeiträge, Anschubfinanzierung und Beiträge an die Liegenschaftskosten

1 Der Kanton oder die Gemeinden können Kindertagesstätten, die Plätze mit Betreuungsbeiträgen an - bieten wollen, oder Kindertagesstätten mit Betreuungsbeiträgen Investitionsbeiträge und Beiträge zur Anschubfinanzierung gewähren.
2 Der Kanton oder die Gemeinden können Kindertagesstätten, deren Liegenschaftskosten nachgewie - sen und begründet überdurchschnittlich hoch sind, Beiträge an die Liegenschaftskosten gewähren.

3. Tagesfamilien mit Betreuungsbeiträgen

§ 19 Anforderungen an Tagesfamilien mit Betreuungsbeiträgen

1 Betreuungsbeiträge werden für Kinder in Tagesfamilien ausgerichtet, wenn die Tagesfamilien einer Tagesfamilienorganisation mit Leistungsvereinbarung angeschlossen sind.

§ 20 Zusammenarbeit mit Tagesfamilienorganisationen

1 Das zuständige Departement oder die Gemeinden schliessen mit geeigneten Organisationen eine Leistungsvereinbarung ab.
2 Das zuständige Departement oder die Gemeinden können einen Beitrag an den Aufwand der Ge - schäftsstelle der Tagesfamilienorganisationen gewähren. IV. Aufgabenteilung, Planung und Vollzug

§ 21 Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden Bettingen und Riehen

1 Der Wohnsitz des Kindes ist massgebend für die Finanzierung der Betreuungsbeiträge sowie der zu - sätzlichen Beiträge für spezielle Betreuungszeiten und Härtefälle gemäss § 8 Abs. 3.
2 Der Standort der Kindertagesstätte ist massgebend für die Finanzierung der Investitionsbeiträge, die Anschubfinanzierung und Beiträge an die Liegenschaftskosten gemäss § 18.
3 Die weitere Aufgabenteilung zwischen dem Kanton und den Gemeinden wird zwischen dem zustän - digen Departement und den Gemeinden vertraglich geregelt.
4 Die Gemeinden können weitere Leistungen finanzieren.
5 Aufgaben der Einwohnergemeinde der Stadt Basel werden durch die kantonalen Organe und Behör - den besorgt.

§ 22 Planung und Berichterstattung

1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständigen Stellen der Gemeinden planen und entwickeln die Leistungen im Sinne dieses Gesetzes und stellen eine bedarfsgerechte Weiterentwick - lung des Angebots sicher.
2 Sie beziehen die Leistungserbringenden und weitere betroffene Kreise ein.
3 Die Leistungserbringenden stellen dem zuständigen Departement die erforderlichen Informationen sowie die notwendigen Kennzahlen für statistische Erhebungen zum Angebot und zu den Leistungen zur Verfügung.
4 Das zuständige Departement berichtet periodisch über die Entwicklung des Angebots und der Leis -
1 Das zuständige Departement beziehungsweise die zuständigen Stellen der Gemeinden vollziehen die Aufgaben dieses Gesetzes, sofern sie nicht ausdrücklich einer anderen Behörde zugeordnet sind.
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V. Datenbearbeitung und Schweigepflicht

§ 24 Datenbearbeitung

1 Das zuständige Departement und die zuständigen Stellen der Gemeinden können im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenerfüllung, wozu namentlich die Planung, die Kontrolle und die Überprüfung der Wirksamkeit der Tagesbetreuungsangebote im Kanton sowie die Information der Öffentlichkeit dar - über und die Information, Beratung und Unterstützung der Eltern gehören, gemäss den Bestimmungen des Gesetzes über die Information und den Datenschutz (Informations- und Datenschutzgesetz, IDG) vom 9. Juni 2010 sowie des Harmonisierungsgesetzes Sozialleistungen Personendaten bearbeiten.
2 Sie können Kindertagesstätten, Tagesfamilien sowie Tagesfamilienorganisationen Personendaten be - kanntgeben, soweit dies zu ihrer Aufgabenerfüllung erforderlich beziehungsweise, bei besonderen Per - sonendaten, zwingend notwendig ist.

§ 25 Schweigepflicht

1 Mitarbeitende in Kindertagesstätten und Tagesfamilien sind in Bezug auf Tatsachen, die ihnen in die - ser Eigenschaft bekannt werden, zur Verschwiegenheit gegenüber Dritten verpflichtet.
2 Die Schweigepflicht gilt nicht: sofern die gesetzliche Vertretung eines betreuten Kindes in eine Auskunftserteilung ein - gewilligt hat; gegenüber den Schulen im Rahmen der fachlich erforderlichen Zusammenarbeit; gegenüber Mitarbeitenden der Aufsichtsbehörde und der Beratungs- und Vermittlungs - stellen sowie der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde; bei einer gesetzlichen Auskunfts- oder Anzeigepflicht. VI. Rechtspflege

§ 26 Rechtsmittel

1 Verfügungen, die in Anwendung dieses Gesetzes ergehen, können im Kanton nach den Bestimmun - gen des Gesetzes betreffend die Organisation des Regierungsrates und der Verwaltung des Kantons Basel-Stadt (Organisationsgesetz, OG) vom 22. April 1976 bei der - rin oder dem zuständigen Departementsvorsteher angefochten werden, in den Gemeinden nach den Bestimmungen der Gemeindeordnungen bei den zuständigen Stellen der Gemeinden. VII. Übergangs- und Schlussbestimmungen

§ 27 Übergangsbestimmungen

1 Nach bisherigem Recht erteilte Bewilligungen bleiben gültig. Änderung, Entzug und Erlöschen rich - ten sich nach neuem Recht.
2 Hängige Bewilligungsgesuche werden nach neuem Recht beurteilt.
3 Nach bisherigem Recht subventionierte oder mitfinanzierte Tagesheime gelten als Kindertagesstätten - nommen. Schlussbestimmung Dieses Gesetz ist zu publizieren; es unterliegt dem Referendum und der Regierungsrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens
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2) In Kraft seit 1. Januar 2022
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