Einführungsgesetz zum Arbeitsrecht
* Änderungstabellen am Schluss des Erlasses Einführungsgesetz zum Arbeitsrecht (EG ArR) Vom 8. November 2011 (Stand 1. Januar 2013) Der Grosse Rat des Kantons Aargau, gestützt auf Art. 19 Abs. 6, 20a Abs. 1 und 41 des Bundesgesetzes über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbe itsgesetz, ArG) vom 13. März 1964 1 ) , Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Heim arbeit (Heimarbeitsgesetz [HArG]) vom
20. März 1981
2 ) , Art. 30 Abs. 1 des Bundesgesetze s betreffend die Arbeit in den Fabriken vom 18. Juni 1914 3 ) sowie Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamt arbeitsverträgen vom 28. September
1956 4 ) , beschliesst:
1. Einleitung
§ 1 Gegenstand
1 Dieses Gesetz regelt a) den Vollzug der Bundesgesetzge bung im Bereich des Arbeitsrechts, b) die im Kanton anerkannten Feiertage, c) die Organisation und das Verfahren der ständigen Eini gungsstelle gemäss Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken.
1) SR 822.11
2) SR 822.31
3) SR 821.41
4) SR 221.215.311
2. Vollzug der Bundesgesetzgebung
2.1. Zuständige Behörden
§ 2 Kanton
1 Der Regierungsrat ist zuständig für den Entscheid über die Allgemeinverbindlich- erklärung von Gesamtarbeitsverträgen so wie deren Ausserkraftsetzung und Ände- rung, wenn sich der Geltungs bereich des Gesamtarbeitsve rtrags auf das Kantonsge- biet oder Teile davon erstreckt.
2 Das zuständige Departement a) vollzieht das Arbeitsgesetz und die dazugehörigen Verordnungen, b) vollzieht das Heimarb eitsgesetz und die da zugehörige Verordnung, c) führt das Verfahren zur kantonalen Allgemeinverbindlicherklärung eines Ge- samtarbeitsvertrags oder zu deren Ausserkraftsetzung durch, d) beaufsichtigt Ausgleichskassen oder andere Einrichtungen, deren Bestimmun- gen allgemeinverbindlich erklärt wurden, und ordnet Massnahmen gemäss Art. 5 Abs. 2 und Art. 6 des Bundesg esetzes über die Allgemeinverbindlicher- klärung von Gesamtarbeitsverträgen an.
3 Das zuständige Departement ist befugt, andere öffentliche Orga ne oder selbststän- dige Anstalten zur Mitwirkung beim Vollzug beizuziehen.
§ 3 Gemeinden
1 Die Gemeinden wirken bei der Durchf ührung der Vollzugsaufgaben im Bereich des Arbeitsrechts mit, insbesondere bei der Ermittlung der dem Arbeitsgesetz unter- stellten Betriebe und bei der Kontrolle über die Einhaltung der Bestimmungen der Arbeits- und Heimarbeits gesetzgebung vor Ort.
2.2. Vollzugsvorschriften
§ 4 Anzeigepflicht
1 Dem Arbeitsgesetz unterstellte Betriebe sind verpflichtet, wesentliche Ereignisse wie Eröffnung, Verlegung, Übernahme oder Schliessung eines Betriebs sowie Ände- rungen des Namens beziehungsweise der Firma oder der Betriebsart dem zuständi- gen Departement mitzuteilen.
§ 5 Kantonales Betriebs- und Arbeitgeberregister
1 Der Kanton führt ein Betriebs- und Arbeitg eberregister, welches die für den Voll- zug der eidgenössischen Arbeits- und Heim arbeitsgesetzgebung erforderlichen Da- ten enthält. Er kann auch Daten zu den im Kantonsgebiet beschäftigten Heimarbeite- rinnen und Heimarbeitern erheben.
3. Sonn- und Feiertage
§ 6 Kantonale Feiertage
1 Folgende Feiertage sind gemäss Art. 20a Abs. 1 ArG den Sonntagen gleichgestellt: a) In den Bezirken Aarau, Brugg, Kulm, Lenzburg und Zofingen: Neujahr, Berchtoldstag, Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt, Pf ingstmontag, Weihnacht, Stephanstag, b) im Bezirk Baden:
1. In der Gemeinde Bergdietikon: Ne ujahr, Berchtoldsta g, Karfreitag, Os-
termontag, Auffahrt, Pfingstmont ag, Weihnacht, Stephanstag,
2. in den übrigen Gemeinden: Neujah r, Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt,
Pfingstmontag, Fronleichnam, Weihnacht, Stephanstag, c) im Bezirk Bremgarten: Neujahr, Karfreitag, Auffahrt, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Weihnacht, Stephanstag, d) in den Bezirken Laufenburg und Muri: Neujahr, Karfreitag, Auffahrt, Fron- leichnam, Mariä Himmelfahrt, Allerhe iligen, Mariä Empfängnis, Weihnacht, e) im Bezirk Rheinfelden:
1. In den Gemeinden Hellikon, Mumpf, Obermumpf, Schupfart, Stein und
Wegenstetten: Neujahr, Karfreitag, Auffahrt, Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt, Allerheiligen, Mariä Empfängnis, Weihnacht,
2. in den Gemeinden Kaiseraugst, Ma gden, Möhlin, Olsberg, Rheinfelden,
Wallbach, Zeiningen und Zuzgen: Ne ujahr, Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag, Allerhei ligen, Weihnacht, Stephanstag, f) im Bezirk Zurzach: Neujahr, Berchtol dstag, Karfreitag, Auffahrt, Fronleich- nam, Allerheiligen, Weihnacht, Stephanstag.
§ 7 Bewilligungsfreie Sonntagsverkäufe
1 Der Regierungsrat bezeichnet für jedes Jahr zwei Sonntage, an denen Arbeitneh- mende in Verkaufsgeschäften bewilli gungsfrei beschäftigt werden dürfen.
4. Ständige kantonale Einigungsstelle
4.1. Organisation und Besetzung
§ 8 Zuständigkeit und Aufgaben
1 Als ständige kantonale Einigungsstelle gemäss Art. 30 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die Arbeit in den Fabriken amte t ein kantonales Einigu ngsamt mit Sitz in Aarau.
2 Dem kantonalen Einigungsamt kommen folgende Aufgaben zu: a) Vermittlung bei Kollektivstreitigkeiten zwischen Arbeitgebenden und Arbeit- nehmenden, b) Beurteilung von Streitfällen über di e Auslegung von Gesamt- oder Normalar- beitsverträgen, c) Vermittlung und endgültiger Entscheid bei Streitigkeiten über den Geltungs- bereich einer kantonalen Allgemeinverbindlicherklä rung eines Gesamtarbeits- vertrags.
§ 9 Zusammensetzung und Wahl
1 Das kantonale Einigungsamt setzt sich zu sammen aus einer Präsidentin oder einem Präsidenten, einer Vizepräsidentin oder einem Vizepräsidenten, zwei Mitgliedern, zwei Ersatzmitgliedern und einer Se kretärin oder einem Sekretär.
2 Die Präsidentin oder der Präsident und die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident werden vom Regierungsrat nach Anhörung der kantonalen Arbeitgeber- und Arbeit- nehmerverbände auf eine Amtsda uer von vier Jahren gewählt.
3 Die Mitglieder und Ersatzmitglieder we rden vom Regierungsrat auf Vorschlag der kantonalen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerv erbände auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.
4 Die Präsidentin oder der Präsident bestimmt die Sekretärin oder den Sekretär.
§ 10 Wählbarkeit
1 Als Präsidentin oder Präsident des kant onalen Einigungsamts is t eine Bezirksge- richtspräsidentin oder ein Bezirksgerichtsp räsident zu wählen, die beziehungsweise der einem Arbeitsge richt vorsitzt. *
2 Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des kantonalen Einigungsamts müssen je zur Hälfte Arbeitgebende und Arbeitnehmende sein.
§ 11 Besetzung
1 Das kantonale Einigungsamt ist mit der Präsidentin oder dem Präsidenten und je einem Mitglied der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite besetzt.
2 Bei Verhinderung der Präsidentin oder des Präsidenten amtet an deren oder dessen Stelle die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident.
§ 12 Freiwillige Einigungsstellen
1 Haben Arbeitgebende und Arbeitnehmende beziehungsweise ihre Verbände ver- traglich eine freiwillige Einigungsstelle errichtet, ist diese anstelle des kantonalen Einigungsamts für die Beilegung von Kollektivstreitigkeiten zuständig.
2 Haben die Parteien über Zusammensetz ung oder Tätigkeit der freiwilligen Eini- gungsstelle keine oder ungenügende Verei nbarungen getroffen oder wird das Ver- fahren vor der freiwilligen Einigungsstelle nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt, kann der Regierungsrat auf Begehren einer Partei den Streitfall dem kantonalen Einigungsamt überweisen.
3 Scheitern die Verhandlungen vor der freiwi lligen Einigungsstelle, kann jede Partei das kantonale Einigungsamt anrufen.
§ 13 Entschädigungen
1 Die Entschädigung für die Präsidentin oder den Präsidenten und die übrigen Mit- glieder des kantonalen Eini gungsamts sowie der sachvers tändigen Personen und der Auskunftspersonen regelt der Regierungsrat durch Verordnung.
§ 14 Aufsicht
1 Der Regierungsrat übt die Aufsicht über das kantonale Einigungsamt aus.
2 Das kantonale Einigungsam t erstattet dem Regierungsrat jährlich Bericht über seine Tätigkeit.
4.2. Verfahren
§ 15 Einleitung
1 Das kantonale Einigungsamt nimmt seine Vermittlungstätigkeit auf Begehren der Parteien oder auf Anzeige des Regierungsra ts beziehungsweise de r Beteiligten auf.
2 Bricht eine Kollektivstreitigkeit zwischen den Sozialpartnern aus, haben die Betei- ligten die Pflicht, dies dem kantonalen Ei nigungsamt schriftlich anzuzeigen, sobald Verständigungsversuche zwischen den Parteien oder die Bemühungen einer freiwil- ligen Einigungsstelle gescheitert sind.
§ 16 Vermittlungsverfahren
1 Das kantonale Einigungsamt versucht, mit den Parteien in gemeinsamen oder ge- trennten Verhandlungen eine Verständigung zu erwirken. Es wirkt auf eine sachge- rechte und ausgewogene Lösung zur Be ilegung der Kollektivstreitigkeit hin.
2 Die Präsidentin oder der Präsident kann de n Parteien in jedem Stadium des Verfah- rens einen Vermittlungsvorschlag unterbrei ten oder die Parteien zu einer Vermitt- lungsverhandlung vorladen.
3 Das kantonale Einigungsamt ist befugt, de n Parteien unter Hinweis auf die Straf- androhung des Art. 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs
1 ) Weisungen zu erteilen.
1) SR 311.0
§ 17 Schiedsverfahren
1 Die Parteien können Kollektivstreitigkeiten über das Arbeitsverhältnis dem kanto- nalen Einigungsamt zur schiedsgeric htlichen Erledigung übertragen.
§ 18 Parteivertretung
1 Jede Partei ist berechtigt, zur Verha ndlung drei Vertreterinnen oder Vertreter zu entsenden.
2 In besonderen Fällen kann einer Partei au f deren Ersuchen hin von der Präsidentin oder dem Präsidenten eine grössere Anza hl Vertreterinnen und Vertreter bewilligt werden. In diesem Fall ist der Gege npartei dasselbe Recht einzuräumen.
§ 19 Friedenspflicht
1 Die Parteien sind verpfl ichtet, während des Einigungs verfahrens jegliche Kampf- massnahmen zu unterlassen.
2 Die Friedenspflicht beginnt mit der Mitteilung an die Parteien, dass ein Einigungs- verfahren eröffnet worden ist. Sie endet mit Ablauf der Frist, die für die Annahme eines Vermittlungsvorschlags gesetzt wurd e, oder mit Beendigung des Einigungs- verfahrens.
§ 20 Ausschluss der Öffentlichkeit
1 Die Verhandlungen vor dem kantonale n Einigungsamt sind nicht öffentlich.
2 Das kantonale Einigungsamt kann die Öffe ntlichkeit in geeigne ter Weise über den Stand der Verhandlungen informieren.
§ 21 Kosten und Parteientschädigungen
1 Das Verfahren vor dem kantonale n Einigungsamt ist unentgeltlich.
2 Es werden keine Parteientschädigungen z ugesprochen. Bleibt eine Partei einer Vermittlungs- oder Schiedsverhandlung ohne genügende Entschuldigung fern, hat sie der zur Verhandlung erschienenen Gegenpartei eine angemessene Entschädigung zu entrichten. Diese wird vom ka ntonalen Einigungsam t festgesetzt.
§ 22 Anwendung des VRPG
1 Unter Vorbehalt abweichender Bestimm ungen dieses Gesetzes gelten sinngemäss die Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (Verwaltungs- rechtspflegegesetz, VRPG ) vom 4. Dezember 2007 1 ) .
1) SAR 271.200
5. Rechtsschutz und Strafbestimmung
§ 23 Beschwerden
1 Verfügungen gemäss Arbeitsgesetzgebung können nach den Bestimmungen des Verwaltungsrechtspflegegese tzes angefochten werden.
§ 24 Strafverfolgung
1 Das Strafverfahren für Widerhandlungen gemäss Art. 59–61 ArG richtet sich nach der Gesetzgebung über di e Strafrechtspflege.
6. Schlussbestimmungen
§ 25 Ausführungsbestimmungen
1 Der Regierungsrat erlässt die für den Vollzug dieses Gesetzes nötigen Ausfüh- rungsbestimmungen.
§ 26 Publikation und Inkrafttreten
1 Dieses Gesetz ist nach unbenütztem Ab lauf der Referendumsfrist beziehungsweise nach Annahme durch das Volk in der Ge setzessammlung zu publiz ieren. Der Regie- rungsrat bestimmt den Zeit punkt des Inkrafttretens. Aarau, 8. November 2011 Präsident des Grossen Rats V OEGTLI Protokollführer S CHMID Datum der Veröffentlichung: 13. Januar 2012 Ablauf der Referendum sfrist: 12. April 2012 Inkrafttreten: 1. September 2012 (§§ 8–22: 1. Januar 2013)
Änderungstabelle - Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung AGS Fundstelle
06.12.2011 01.01.2013 § 10 Abs. 1 geändert AGS 2012/5-2
Änderungstabelle - Nach Paragraph Element Beschluss Inkrafttreten Änderung AGS Fundstelle
§ 10 Abs. 1 06.12.2011 01.01.2013 geändert AGS 2012/5-2
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