Beurkundungsgesetz (211.2)
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Beurkundungsgesetz

Beurkundungsgesetz (BeurkG) vom 26. Oktober 2009 (Stand 1. Februar 2010) Der Kantonsrat von Appenzell Ausserrhoden, gestützt auf Art. 55 des Schlusstitels zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 1 ) und Art. 74 der Verfassung des Kantons Appen - zell A.Rh. vom 30. April 1995
2 ) , beschliesst: I. Geltungsbereich (1.)

Art. 1 Gegenstand

1 Dieses Gesetz regelt die öffentliche Beurkundung im Sinne von Art. 55 SchlT ZGB.

Art. 2 Öffentliche Urkundspersonen

1 Für die öffentliche Beurkundung sind zuständig: a) die Gemeindeschreiberin oder der Gemeindeschreiber, ausgenommen für Beurkundungen in Grundbuchsachen; b) die Leiterin oder der Leiter des Erbschaftsamtes im Bereich des Ehe - güter- und Erbrechts; c) die Grundbuchverwalterin oder der Grundbuchverwalter in Grund - buchsachen; d) die Handelsregisterführerin oder der Handelregisterführer in Handels - registersachen.
1) SchlT ZGB (SR 210 )
2) KV (bGS 111.1 )
2 Den im Anwaltsregister des Kantons Appenzell Ausserrhoden eingetra - genen Anwältinnen und Anwälten stehen die Beurkundungsbefugnisse ge - mäss Abs. 1 lit. a zu, sofern sie bei der Aufsichtsbehörde als öffentliche Ur - kundsperson registriert sind.
3 Die genannten Personen bezeichnen sich als «Öffentliche Urkunds - person».
4 Zur öffentlichen Beurkundung zuständig ist auch die Stellvertreterin oder der Stellvertreter der öffentlichen Urkundsperson nach Abs. 1.
5 Der Gemeinderat kann die Beglaubigungskompetenz nach Art. 20 einer qualifizierten Sekretariatsperson übertragen.

Art. 3 Örtliche Zuständigkeit

1 Die Gemeindeschreiberin oder der Gemeindeschreiber sowie die Leiterin oder der Leiter des Erbschaftsamtes nehmen die öffentlichen Beurkun - dungen auf ihrem Gemeindegebiet vor. Ausnahmsweise können sie diese auch in einer anderen Gemeinde vornehmen, sofern die Gemeinde - präsidentin oder der Gemeindepräsident dieser Gemeinde es bewilligt.
2 Die Handelsregisterführerin oder der Handelsregisterführer sowie die An - wältin oder der Anwalt sind für öffentliche Beurkundungen auf dem ganzen Kantonsgebiet zuständig.
3 Die Grundbuchverwalterin oder der Grundbuchverwalter ist in Grundbuch - sachen der Gemeinde zuständig, für die sie oder er gewählt ist. Aus - nahmsweise können Beurkundungen des eigenen Zuständigkeitsbereiches auch in einer anderen Gemeinde vorgenommen werden.
4 Die Beurkundung von Verträgen über mehrere in verschiedenen Gemein - den gelegene Grundstücke kann von jeder Grundbuchverwalterin oder je - dem Grundbuchverwalter vorgenommen werden, in deren oder dessen Ge - meinde eines der betreffenden Grundstücke liegt. II. Rechte und Pflichten der öffentlichen Urkundsperson (2.)

Art. 4 Beurkundungspflicht

1 Begehren um Vornahme einer öffentlichen Beurkundung hat die öffentliche Urkundsperson innert angemessener Frist zu entsprechen, sofern sie dafür zuständig ist.

Art. 5 Feststellung der Identität

1 Handlungsfähigkeit der Parteien und der mitwirkenden Personen. Sie lässt sich die entsprechenden Ausweise vorlegen. Bei Stellvertretung verlangt sie eine schriftliche Vollmacht.
2 Bestehen Zweifel über die Identität, die Urteilsfähigkeit oder die Vollmacht, ist die Beurkundung zu verweigern.

Art. 6 Feststellung des Parteiwillens

1 Die öffentliche Urkundsperson ermittelt den Erklärungsinhalt sowie die be - stehenden Tatsachen. Sie sorgt dafür, dass der wirkliche Wille der Parteien klar und vollständig zum Ausdruck kommt.
2 Sie klärt die Parteien über den Inhalt und die rechtliche Bedeutung der Ur - kunde auf.

Art. 7 Sorgfaltspflicht

1 Die Beurkundungen sind mit aller Sorgfalt vorzubereiten und auszuführen.

Art. 8 Aufbewahrungspflicht

1 Die öffentliche Urkundsperson bewahrt eine Ausfertigung der von ihr er - stellten Urkunde an einem sicheren Ort auf.
2 Sie führt ein Register, aus dem die von ihr vorgenommenen Beur - kundungen und deren Datierung ersichtlich sind.
3 Anwältinnen und Anwälte liefern Register und Urkundensammlung innert sechs Monaten nach Erlöschen der Beurkundungsbefugnis zur Aufbewah - rung der Aufsichtsbehörde ab. Vorbehalten bleibt die Übergabe an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.

Art. 9 Verschwiegenheit

1 Die öffentlichen Urkundspersonen, ihre Hilfskräfte, die Aufsichtsbehörden und alle anderen im Beurkundungsbereich tätigen Behörden und Personen haben über ihre Tätigkeiten und Wahrnehmungen bei Ausübung ihres Am - tes Verschwiegenheit zu bewahren.

Art. 10 Ausstand

1 Der Ausstand richtet sich sinngemäss nach Bundesrecht und nach Art. 8 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege
1 )
.
2 Für die übrigen mitwirkenden Personen gelten die gleichen Ausstands - gründe wie für die öffentliche Urkundsperson.
3 Büropartner- und Angestelltenverhältnisse in der Kanzlei der öffentlichen Urkundsperson sowie ein Anwaltsmandat zwischen einer Partei und der öf - fentlichen Urkundsperson stellen keinen Ausstandsgrund dar. III. Erklärungsbeurkundungen (3.)

Art. 11 Inhalt und Erstellung der Urkunde

a) Bestandteile der Urkunde
1 Nebst der zu beurkundenden Erklärung hat die Urkunde folgende Elemen - te zu enthalten: a) die genaue Bezeichnung der Parteien und der mitwirkenden Personen; b) Name und Vorname der öffentlichen Urkundsperson; c) Ort, Datum und Uhrzeit der Errichtung der Urkunde; d) die Unterschrift der Parteien und der mitwirkenden Personen; e) die öffentliche Beurkundung der öffentlichen Urkundsperson.

Art. 12 b) Kenntnisnahme

1 Die öffentliche Urkundsperson hat den Parteien die Urkunde vollumfänglich zur Kenntnis zu bringen. Sie liest sie ihnen vor oder legt sie ihnen zum Le - sen vor und belehrt sie.
2 Die Parteien unterzeichnen die Urkunde, nachdem sie ihren Inhalt vorbe - haltlos genehmigt haben.

Art. 13 c) Beurkundungsformel

1 Im Anschluss an die Unterzeichnung durch die Parteien bestätigt die öf - fent liche Urkundsperson mit ihrer Unterschrift, dass a) die Urkunde den wirklichen Parteiwillen enthält;
1) VRPG (bGS 143.1 )
b) die Parteien die Urkunde selbst gelesen haben oder sie ihnen vorgele - sen wurde; c) die Parteien den Inhalt der Urkunde vorbehaltlos genehmigt haben; d) die Parteien urteilsfähig sind.

Art. 14 d) Anwesenheit der Parteien

1 Die Parteien müssen während des ganzen Verfahrens nach Art. 12 und 13 anwesend sein.
2 Der Regierungsrat erlässt eine Ausnahmeregelung in Grundbuchsachen.

Art. 15 Nicht vorgeschriebene Beurkundungen

1 Die öffentliche Urkundsperson nimmt im Rahmen ihrer Zuständigkeit auch eine nicht vorgeschriebene Beurkundung vor. Sie lehnt die Beurkundung ab, wenn eine missbräuchliche Verwendung der Urkunde zu befürchten ist.

Art. 16 Sprache, Übersetzungsverfahren

1 Die Urkunde muss in einer Sprache abgefasst sein, welche alle Mitwirken - den verstehen.
2 Verstehen nicht alle Mitwirkenden die Sprache, ist eine Übersetzerin oder ein Übersetzer beizuziehen, die oder der auf der Urkunde unterschriftlich be - stätigt, dass die Übersetzung gewissenhaft erfolgt ist.

Art. 17 Ausserordentliche Beurkundungsverfahren

1 Erklärt eine Partei, dass sie weder mit ihrem Namen unterschreiben noch ein Handzeichen setzen könne, hat die öffentliche Urkundsperson den Grund in der Beurkundungsformel festzuhalten.
2 Ist eine Partei stumm oder taub oder sonst in ihrer sinnlichen Wahrneh - mung oder Ausdrucksfähigkeit eingeschränkt, darf die öffentliche Beurkun - dung nur vorgenommen werden, wenn sich die öffentliche Urkundsperson davon überzeugt hat, dass die Partei den Inhalt der Urkunde zu erfassen vermag.
IV. Protokollierungen (4.)
Art. 18
1 Für die öffentliche Beurkundung der übrigen Rechtshandlungen, wie Ver - sammlungsbeschlüsse und dergleichen, kommen die vorstehenden Regeln sinngemäss zur Anwendung.
2 Die öffentliche Beurkundung erfolgt in der Weise, dass die öffentliche Ur - kundsperson unter Angabe ihres Namens auf der Urkunde erklärt, sie beur - kunde öffentlich, die Urkunde stimme mit den von ihr gemachten Wahrneh - mungen überein.
3 Die öffentliche Urkundsperson hat diese Erklärung unter Angabe von Ort, Datum und Uhrzeit zu unterzeichnen. V. Bestehende Tatsachen (5.)

Art. 19 Bestandteile der Urkunde

1 Die Urkunde über die Beurkundung bestehender Tatsachen hat zu enthal - ten: a) Name, Vorname, Funktion und Geschäftsadresse der öffentlichen Ur - kundsperson sowie die Personalien der Partei, welche die Beurkun - dung verlangt; b) die genaue Beschreibung der festgestellten Tatsachen; c) die Beurkundungserklärung, das Datum sowie die Unterschrift der öf - fentlichen Urkundsperson.

Art. 20 Beglaubigung

1 Die Beglaubigung besteht in der Feststellung und Bestätigung der öffentli - chen Urkundsperson über: a) die Echtheit einer Unterschrift oder eines Handzeichens; b) die Übereinstimmung einer Abschrift, eines Auszuges oder einer ande - ren schriftlichen Wiedergabe mit einem der öffentlichen Urkundsper - son vorgelegten Schriftstück.
VI. Gemeinsame Bestimmungen (6. )

Art. 21 Elektronische Ausfertigungen und Beglaubigungen

1 Die öffentlichen Urkundspersonen sind ermächtigt: a) elektronische Ausfertigungen der von ihnen errichteten Urkunden zu erstellen; b) die Übereinstimmung der von ihnen erstellten elektronischen Kopien mit den Originaldokumenten auf Papier zu beglaubigen; c) die Echtheit von Unterschriften elektronisch zu beglaubigen.

Art. 22 Gebühren

1 Die öffentlichen Urkundspersonen erheben für ihre Amtshandlungen eine Gebühr.
2 Die Gebühr richtet sich nach dem Gebührentarif für die Gemeinden 1 ) .

Art. 23 Aufsicht

a) Behörden
1 Die Aufsicht über die Beurkundungstätigkeit der Anwältinnen und Anwälte wird von der Anwaltsaufsichtskommission im Auftrag des Obergerichts aus - geübt. 2 )
2 Die übrigen öffentlichen Urkundspersonen unterstehen der Aufsicht des zu - ständigen Departements.

Art. 24 b) Aufgaben

1 Die Aufsichtsbehörden haben die Tätigkeit der öffentlichen Urkundsperso - nen zu überwachen und nötigenfalls Sanktionen zu ergreifen.
2 Die Aufsichtsbehörden stimmen ihre Tätigkeiten ab.
1) bGS 153.2
2) Art. 6 G über die Ausübung des Anwaltsberufes (Anwaltsgesetz; bGS 145.52 )

Art. 25 Haftung

1 Die Haftung richtet sich nach den Art. 262 ff. des Gesetzes über die Einfüh - rung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
1 )
.
2 Anwältinnen und Anwälte haften für ihre Beurkundungstätigkeit gemäss den Bestimmungen des Bundeszivilrechts. Sie haben für ihre Tätigkeit als öffentliche Urkundsperson eine Haftpflichtversicherung im Sinne von Art. 12 lit. f des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwäl - te 2 ) abzuschliessen.

Art. 26 Sanktionen

1 Wenn eine öffentliche Urkundsperson ihre Pflicht verletzt, kann die Auf - sichtsbehörde folgende Sanktionen anordnen: a) Verwarnung; b) schriftlicher Verweis; c) Busse bis zu Fr. 20 000.–; d) befristeter Entzug der Beurkundungsbefugnis für längstens 2 Jahre; e) dauernder Entzug der Beurkundungsbefugnis.
2 Für Anwältinnen und Anwälte gelten sinngemäss die Disziplinarmassnah - men des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und An - wälte.
3 )

Art. 27 Unbefugte Titelverwendung

1 Wer sich unbefugterweise als öffentliche Urkundsperson bezeichnet oder einen gleichwertigen Titel verwendet, wird mit Busse bis zu Fr. 20 000.– be - straft. VII. Schlussbestimmungen (7.)

Art. 28 Ergänzendes Recht

1 Der Regierungsrat erlässt die zum Vollzug erforderlichen Vorschriften.
1) EG zum ZGB (bGS 211.1 )
2) Anwaltsgesetz (BGFA; SR 935.61 )
3) Art. 17 Anwaltsgesetz (BGFA; SR 935.61 )

Art. 29 Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts

1 1 ) a) Gesetz vom 27. April 1969 über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
2 ) : b) Gesetz vom 26. Februar 2001 über die Gebühren der Gemeinden 3 ) :

Art. 30 Referendum und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 4 )
2 Der Regierungsrat bestimmt das Inkrafttreten. 5 )
1) Die Änderungen wurden in den betroffenen Erlassen eingefügt
2) EG zum ZGB (bGS 211.1 )
3) Gebührentarif der Gemeinden (bGS 153.2 )
4) Die Referendumsfrist ist am 29. Dezember 2009 unbenützt abgelaufen (Abl. 2010, S. 99).
5) 1. Februar 2010 (RRB vom 26. Januar 2010, Abl. 2010, S. 99).
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