Interkantonale Übereinkunft über den Viehhandel (914.3.1)
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Interkantonale Übereinkunft über den Viehhandel

Interkantonale Übereinkunft vom 13. September 1943 über den Viehhandel (Viehhandelskonkordat)
1)
1) Von der Konferenz der Kantone beschlossen. Gestützt auf Artikel 7 Abs. 2 der Bundesverfassung wird folgende interkantonale Übereinkunft beschlossen: I. Ordnung des Viehhandels

§ 1 1. Begriff des Handels

1 Als Viehhandel im Sinne dieser Übereinkunft gilt der gewerbsmässige An - und Verkauf, der Tausch und die Vermittlung von Pf erden, Maultieren, Eseln, Rindvieh, Schafen, Ziegen und Schweinen.
2 Die Kantone sind befugt, die gewerbsmässige Abgabe von Fleisch in grossen Stücken an Wiederverkäufer dem Handel gleichzustellen.
3 Der mit dem Betrieb eines landwirtschaftlichen oder alpw irtschaftlichen Gewerbes oder mit einer Mästerei ordentlicherweise verbundene Wechsel des Viehstandes sowie der Verkauf von selbstgezüchtetem oder selbstgemästetem Vieh, der Ankauf von Vieh zum Zwecke der Selbstversorgung sowie der Ankauf durch Metzger zum Schlachten im eigenen Betrieb fallen, unter Vorbehalt von Absatz 2 hiervor, nicht unter den Begriff des Viehhandels.

§ 2 2. Bewilligungspflicht

1 Wer den Viehhandel betreiben will, sei es auf eigene Rechnung oder auf Rechnung eines andern, bedarf eines Vi ehhandelspatentes.
2 Die Bewilligungsbehörde erteilt dem selbständigen Viehhändler ein Hauptpatent, dem Angestellten oder Beauftragten ein Nebenpatent.
3 Von Behörden oder Zuchtorganisationen delegierte ausländische Käufer und Kommissionen, die in der Schw eiz Zuchtvieh ankaufen, sind nicht patentpflichtig.

§ 3 3. Zuständigkeit

a. Im Allgemeinen
1 Das Viehhandelspatent wird durch den Kanton ausgestellt, in welchem sich der Hauptgeschäftssitz der Viehhandlung befindet (Konkordatspatent und Kantonspatent nach § 6 Abs. 2).
2 Für Händler, die nicht in einem Konkordatskanton ihren Geschäftssitz haben und die im Konkordatsgebiet den Viehhandel ausüben wollen, wird das Patent vom Vorort ausgestellt (Vorortspatent).

§ 4 b. Ausnahme

1 Für Angestellte oder Beauftragte, die im Kanton des Hauptgeschäftes weder wohnen noch vorwiegend tätig sind, wird das Nebenpatent vom Wohnsitzkanton erteilt.
2 Dieser erhebt die Gebühren gemäss § 15 Abs. 1 Ziff. 1 und 3.

§ 5 c. Bewilligung für den Händlerstall

Die Bewilligung für einen Händlerstall wird vom Kanton erteilt, in dem die Stallung liegt. Sie kann aus sanitätspolizeilichen Gründen verweigert werden.

§ 6 4. Freizügigkeit

1 Patente, die vom Vorort (Vorortspatente) und von einem Konkordatskanton (Konkordatspatente) ausgestellt we rden, haben in allen Konkordatskantonen Gültigkeit.
2 Indessen können die Kantone in ihren Ausführungsbestimmungen ein Patent vorsehen, das nur innerhalb ihres Kantons gültig ist (Kantonspatent). In bezug auf diese Patente sind im übrigen alle Vorschriften der Übereinkunft uneingeschränkt massgebend.

§ 7 5. Patenterteilung

a. Einreichung des Gesuches
1 Wer den Viehhandel betreiben will, hat der zuständigen Amtsstelle des Kantons, in welchem sich sein Hauptgeschäft befindet, ein Gesuch auf vorgeschriebenem F ormular einzureichen.
2 Dem Gesuch sind die erforderlichen Ausweise über die in § 8 verlangten Voraussetzungen beizulegen.

§ 8 b. Voraussetzungen

1 Das Patent darf nur erteilt werden, wenn der Gesuchsteller nachstehende Voraussetzungen erfüllt:
1. Er muss das Schweizer -Bürgerrecht besitzen und in der Schweiz Wohnsitz haben, vorbehältlich staatsvertraglicher Vereinbarungen.
2. Er muss einen guten Leumund besitzen und Gewähr dafür bieten, dass er den Handel korrekt und unter Beachtung aller hiefür massgebende n Vorschriften betreiben wird. Die Bewilligungsbehörden können Auszüge aus dem schweizerischen Zentralstrafenregister und aus den kantonalen Strafkontrollen einverlangen.
3. Er muss zahlungsfähig sein. Die Zahlungsfähigkeit fehlt insbesondere bei Bewerbern , gegen welche Verlustscheine bestehen oder die häufig betrieben werden. Für einen Nebenpatentinhaber kann vom Erfordernis der Zahlungsfähigkeit abgesehen werden, wenn sie ohne seine eigene Schuld eingebüsst wurde.
4. Er muss einen Händlerstall besitzen, der den sanitätspolizeilichen Vorschriften entspricht. Händler, die ihre Ware direkt an die Schlachthäuser liefern, sind von der Verpflichtung zur Haltung eines Stalles befreit, ebenso die Nebenpatentinhaber, sofern sie den Stall ihres Dienstherrn oder Auf traggebers benützen.
2 Allfällige weitere eidgenössische oder kantonale Anforderungen an die Patenterteilung bleiben vorbehalten.

§ 9 c. Inhalt des Patentes

Auf jedem Patent sind anzugeben: a. Name, Vorname, Beruf, Geburtsjahr und Adresse des Inhabers; die Kantone können die Beifügung der Photographie vorschreiben; b. die Firma der Viehhandlung, auf deren Rechnung der Handel ausgeübt wird; c. die Tierarten, mit denen der Patentinhaber handeln darf; d. das Kalenderjahr, für welches das Patent gilt; e. Ort und Datum der Ausstellung und die Unterschrift der Bewilligungsbehörde.

§ 10 d. Geltungsdauer

Das Patent berechtigt zum Viehhandel vom Zeitpunkt der rechtskräftigen Erteilung an bis Ende des Jahres.

§ 11 6. Entzug des Patentes

a. Voraussetzungen Die kantonal e Amtsstelle, die das Patent ausgestellt hat, muss es auf bestimmte oder unbestimmte Dauer entziehen, wenn dessen Inhaber eines der in § 8 aufgestellten Erfordernisse nicht mehr erfüllt, insbesondere wenn er sich einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen V erletzung tierseuchenpolizeilicher Vorschriften oder eines ernsten Vergehens schuldig gemacht hat.

§ 12 b. Beschwerderecht

Gegen den Entzug des Patentes kann der Betroffene nach Massgabe des kantonalen Verwaltungsrechts an den Regierungsrat Beschwerde führ en.

§ 13 7. Kaution

a. Haftung
1 Wer den Handel auf eigene Rechnung betreibt, hat eine Kaution zu stellen.
2 Sie dient im Rahmen eines von der Konferenz aufzustellenden Reglementes zur Sicherstellung von Ansprüchen gegen den Händler und seine Angestellten und Beauftragten, wobei insbesondere gedeckt werden sollen: a. Gebühren, Bussen, Gerichts - und Verwaltungsko sten; b. Ansprüche zufolge schuldhafter Verschleppung von Tierseuchen oder zufolge anderer Verletzung tierseuchenpolizeilicher Bestimmungen sowie c. weitere zivilrechtliche Ansprüche aus dem Viehhandel.

§ 14 b. Anmeldung von Ansprüchen

1 Ansprüche auf die Kaution sind bis 1. April des nachfolgenden Jahres der zuständigen Amtsstelle des Kantons, der das Hauptpatent ausgestellt hat, anzumelden.
2 Für nicht rechtzeitig angemeldete Ansprüche erlischt die Haftung der Kaution.

§ 15 8. Gebühren

1 Für die Erteilung eines Patentes (Haupt - sowie Nebenpatent) sind jährlich zu entrichten: Konkordats - patent Franken
1. Eine Grundgebühr: a. für den Handel mit Pferden, Maultieren oder Eseln, Grossvieh (Rindvieh über 3 Monate) 100. — b. für den Handel mit Kleinvieh (Kälber unter 3 Monaten, Schafe, Ziegen und Schweine) 50. —
2. Eine Umsatzgebühr: a. für jedes umgesetzte, über ein Jahr alte Pferd, Maultier oder Esel 10. — b. für jedes umgesetzte Fohlen bis zum Alter von 1 Jahr 5.— c. für jedes umgesetzte Stück Rindvieh über 3 Monate 1.— d. für jedes umgesetzte Stück Kleinvieh (Kälber unter
3 Monaten, Schafe, Ziegen, Zucht - und Mastschweine) — .50 e. für jedes umgesetzte Ferkel und Faselschwein — .25
3. Eine bescheidene Kanzleigebühr und eine allfällige vom Bund vorgeschrieb ene Gebühr.
2 Die Gebühren sind vor Aushändigung des Patentes zu entrichten, wobei die Höhe der Umsatzgebühr provisorisch nach dem voraussichtlichen Umsatz festgelegt wird, unter Vorbehalt der definitiven Abrechnung nach Ablauf des Jahres.
3 Die Kantone kö nnen die Grundgebühren und die Umsatzgebühren auf das Doppelte erhöhen sowie die Umsatzgebühren auf die Hälfte ermässigen.
4 Sie können die Grundgebühr auf die Hälfte herabsetzen, falls die Gültigkeit eines Patentes auf ihr Kantonsgebiet beschränkt wird (K antonspatent).
5 Die Gebühren für Vorortspatente werden im Rahmen derjenigen der Konkordatspatente festgesetzt.

§ 16 9. Aufsicht und Kontrolle

a. Kantonale Aufsicht
1 Die Kantone beaufsichtigen den Viehhandel im Kantonsgebiet.
2 Insbesondere überwachen sie auch die Händlerstallungen und die Viehhandelskontrollen.

§ 17 b. Rechtshilfe

1 Die Kantone gewähren sich gegenseitige Rechtshilfe.
2 Sie melden dem Vorort und den interessierten Konkordatskantonen Wahrnehmungen über unkorrekte s Verhalten einzelner Händler.

§ 18 c. Meldung

Die Kantone melden dem Vorort, den andern Konkordatskantonen und dem Eidgenössischen Veterinäramt die Erteilung, die Änderung sowie den Entzug eines Patentes.

§ 19 d. Viehhandelskontrolle

1 Die Viehhändler sin d zur gewissenhaften Führung einer lückenlosen Viehhandelskontrolle verpflichtet, in welcher laufend jeder Tierzuwachs und -abgang einzutragen ist. Die kantonale Patentausgabestelle ist ermächtigt, Metzgereiinhaber von der Eintragung der Schlachttiere für den eigenen Bedarf in die Viehhandelskontrolle zu befreien, sofern auf andere Weise dieser Tierverkehr festgestellt werden kann.
2 Diese Kontrollen können von den Kontrollbeamten jederzeit eingesehen und geprüft werden und sind gemäss den kantonalen Vorschriften den Amtsstellen einzusenden.

§ 20 e. Ausweis

Die Händler haben die Patente auf sich zu tragen und auf Verlangen vorzuweisen. II. Verwaltung des Konkordates

§ 21 1. Organe

Die der Übereinkunft angeschlossenen Kantone bilden eine Konferenz und bestellen einen Vorstand und einen geschäftsleitenden Ausschuss (Vorort).

§ 22 a. Konferenz

1 Die Konferenz tritt jährlich mindestens einmal zusammen.
2 Sie nimmt den Jahresbericht und die Jahresrechnung entgegen und berät alle ihr durch diese Übereinkunft übertr agenen oder vom Vorstand, einem Kanton oder vom Eidgenössischen Veterinäramt unterbreiteten Geschäfte. Sie wählt auf die Dauer von drei Jahren den Präsidenten, den Vorstand, den Sekretär und den Kassier.
3 Sie entscheidet über die Auslegung dieser Übereink unft und erlässt die zu ihrer Ausführung erforderlichen Vorschriften. Sie setzt die Höhe der Kautionen fest und bestimmt, wie diese zu stellen sind. Sie kann deren Leistung durch Zahlung einer Gebühr an die Vorortskasse vorsehen.
4 Jeder angeschlossene Kan ton und Halbkanton hat eine Stimme.

§ 23 b. Vorstand

1 Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten und zwei Beisitzern.
2 Dem Vorstand ist ein Sekretär beigegeben.

§ 24 c. Vorort

1 Der Vorort besteht aus dem Präsidenten, dem Sekretär und dem Kassier.
2 Er erl edigt die laufenden und die ihm vom Vorstand und von der Konferenz übertragenen Geschäfte.

§ 25 2. Finanzierung

1 Die Deckung der Auslagen der Übereinkunft erfolgt aus den Gebühren für Vorortspatente und andern, von der Konferenz beschlossenen Einnahmen.
2 Ein allfälliges Defizit wird von den Konkordatskantonen nach Massgabe der Anzahl der ausgestellten Patente gedeckt. III. Straf - und Schlussbestimmungen

§ 26 1. Strafbestimmungen

a. Strafen
1 Wer den Viehhandel ohne Bewilligung ausübt oder durch einen Ange stellten oder Beauftragten ausüben lässt, von dem er wissen muss, dass er nicht im Besitze des erforderlichen Patentes ist, wird mit Haft oder mit Busse von 50 bis 1000 Franken bestraft.
2 Wer in anderer Weise dieser Übereinkunft oder den zugehörigen Veror dnungen und Verfügungen zuwiderhandelt, wird mit Busse von mindestens 10 Franken bestraft.

§ 27 b. Verjährung und allgemeine Bestimmungen

1 Diese Übertretungen verjähren nach einem Jahr und die Strafen in zwei Jahren.
2 Im Übrigen finden die Bestimmungen des allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafgesetzbuches Anwendung.

§ 28 c. Nachzahlung der Gebühren

1 Wer den Viehhandel ohne Patent ausübt, muss ausserdem zur Nachzahlung der umgangenen Gebühr verurteilt werden.
2 Hat der Verurteilte im Auftrag gehandelt, so haftet der Auftraggeber mit ihm solidarisch für die Bezahlung der umgangenen Gebühren.

§ 29 2. Publikationsorgan

1 Amtliches Publikationsorgan für die Bekanntmachungen über den Viehhandel sind die «Mitteilungen des Eidgenössischen Veterinäramtes».
2 Der Händler ist zu deren Abonnement verpflichtet.

§ 30 3. Beitritt und Austritt

Der Beitritt zur Übereinkunft steht jedem Kanton offen. Der Rücktritt ist unter Beachtung einer einjährigen Kündigungsfrist auf Ende eines Jahres zulässig.

§ 31 4. Inkrafttret en

1 Diese interkantonale Übereinkunft über den Viehhandel tritt nach Genehmigung durch den Bundesrat und nach der Beitrittserklärung mindestens zweier Kantone auf 1. Januar 1944 in Kraft.
2 Sie ersetzt die interkantonale Übereinkunft vom 1. Juli 1927 betreffend die Ausübung des Viehhandels.

§ 32 5. Kantonale Ausführungsbestimmungen

1 Die Kantone erlassen auf den Zeitpunkt ihres Beitrittes Ausführungsbestimmungen, in denen sie insbesondere di e zuständigen Behörden bezeichnen.
2 Die Ausführungsbestimmungen der Kantone sind dem Vorort und dem Eidgenössischen Veterinäramt zur Kenntnis zu bringen. Genehmigung Das Konkordat ist am 29.10.1943 vom Bundesrat genehmigt worden. Die Änderung vom 29.5.1967 ist am 18.9.1967 vom Bundesrat genehmigt worden. Beitritt durch Ausführungsbeschluss vom 4.12.1943 betreffend die Änderung des Artikels 1 des Ausführungsbeschlusses vom 24.10.1938 beigetreten (SGF 914.3.21) Inkrafttreten für den Kanton Freiburg: 1.1.1944
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