Gesetz über die Jugendstrafrechtspflege (132.6)
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Gesetz über die Jugendstrafrechtspflege

1 Gesetz vom 27. November 1973 über die Jugendstrafrechtspflege Der Grosse Rat des Kantons Freiburg gestützt auf Artikel 123 der Verfassung des Kantons Freiburg vom 16. Mai
2004; gestützt auf das Bundesgesetz vom 20. (Jugendstrafgesetz, JStG); gestützt auf Artikel 1 des Gesetzes vom 22. November 1949 über die Gerichtsorganisation; gestützt auf die Botschaft des Staatsrates vom 28. September 1973; auf Antrag dieser Behörde, beschliesst: ERSTER TITEL Organisation I. KAPITEL Allgemeine Bestimmungen Art. 1 I. Geltungsbereich Dieses Gesetz gilt für Personen, die zwischen dem vollendeten 10. und dem vollendeten 18. Altersjahr eine mit Strafe bedrohte Tat begangen haben (Art. 3 JStG). Art. 2 II. Jugendkammer
1. Zusammensetzung Die Jugendstrafkammer (nachstehend Kammer genannt) besteht aus einem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten, vier Beisitzern und vier Ersatzbeisitzern.
2 Art. 3 2. Bei der Amtsausübung
1 Die Kammer tagt zu dritt, der Präsident und zwei Beisitzer.
2 Der Präsident bestimmt für jeden Fall die Zusammensetzung der Kammer. II. KAPITEL Wählbarkeit und Amtsdauer Art. 4 I. Wählbarkeit
1. Allgemeine Bedingungen
1 Die Wahl der Mitglieder der Kammer wird in einem Spezialgesetz geregelt.
2 Es können nicht gleichzeitig Mitglieder der Kammer sein: a) Verwandte in direkter Linie und Adoptiveltern und -kinder; b) Ehegatten und die eingetragenen Partner; c) Verschwägerte ersten Grades (Schwiegervater oder -mutter und Schwiegersohn oder -tochter); d) voll- und halbbürtige Brüder und Schwestern; e) Verwandte und Verschwägerte dritten Grades (Onkel, Tante, Neffe und Nichte); f) Geschwisterkinder; g) Verschwägerte zweiten Grades (Schwäger, Schwägerinnen); h) Personen, deren Ehegatten oder eingetragene Partner verschwistert sind; i) ... Diese Bestimmung ist auch auf den Gerichtsschreiber anwendbar. Entsteht im Laufe der Amtsdauer eine verbotene Verschwägerung, verzichtet deren Begründer auf sein Amt. Art. 5 2. Mitglieder
1 Der Präsident muss Lizentiat der Rechte und der französischen und deutschen Sprache mächtig sein.
2 Die Vizepräsidenten müssen in der Re gel im Besitze eines Lizentiates der Rechte sein. Einer der Vizepräsidenten muss französischer und einer deutscher Muttersprache sein.
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3 Zwei Beisitzer und ein Ersatzbeisitzer müssen deutscher Muttersprache sein. Art. 6 3. Gerichtsschreiber
1 Der Gerichtsschreiber muss in der Regel Lizentiat der Rechte sein.
2 Er leistet den Eid vor dem Präsidenten. Art. 7 II. Ernennung, Amtsdauer
... Art. 7 bis II bis

Artikel 20

bis des Gerichtsorganisationsgesetzes findet Anwendung. Art. 8 III. Eid
... III. KAPITEL Unvereinbarkeit und Ausstand Art. 9 I. Unvereinbarkeit
1 Das Amt eines Präsidenten, Vizepräsidenten, Beisitzers, Ersatzbeisitzers und Gerichtsschreibers ist unvereinbar mit demjenigen eines Kantonsrichters oder eines Mitarbeite rs der Kantonsgerichtsschreiberei.
2 Weitere Unvereinbarkeitsbestimmunge n gibt es nicht. Der Artikel 51a des Gerichtsorganisationsgesetzes bleibt vorbehalten. Art. 10 II. Ausstand
1. Fälle
1 Ein Mitglied der Kammer darf an der Untersuchung oder Urteilsfällung nicht teilnehmen und muss von sich aus in den Ausstand treten, wenn daran unmittelbar interessiert sind: a) ein Verwandter bis zum vierten oder ein Verschwägerter bis zum dritten Grad. Darin inbegriffen sind die Verlobte oder der Verlobte, der Gatte oder die eingetragene Partnerin einer Schwägerin oder die Gattin oder der eingetragene Partner eines Schwagers, selbst nach Auflösung der Ehe oder der Partnerschaft; b) ein Adoptivelternteil, ein Adoptivkind oder eines dessen Nachkommen;
4 c) eine Person, deren Vormund, Beistand oder Beirat er ist, oder auch der Ehegatte oder der eingetragen e Partner dieser Person; d) eine Erbengemeinschaft, Gemeinde rschaft, einfache Gesellschaft oder Kollektivgesellschaft, deren Mitglied er ist; e) eine juristische Person, deren Direktor, Verwalter, Kontrollorgan oder Liquidator er ist; f) eine Person, deren Bevollmächtigte r er gegenwärtig oder gewöhnlich ist.
2 Der Umstand, sich früher als Ermittlungsrichter mit einer Sache beschäftigt zu haben, bildet keinen Ausstandsgrund.
3 Die Bestimmungen der Ziffern 1 und 2 dieses Artikels sind auf den Gerichtsschreiber anwendbar.
4 Die Ablehnungsgründe, die Fragen bezüglich der Anzeigepflicht, des Ausstandsbegehrens, der Zuständigke it, des Ausstandsverfahrens und der gesetzwidrigen Teilnahme werden im Sinne der Artikel 54 bis 57, 59 und
69 des Gerichtsorganisationsgesetzes gelöst. Art. 11 2. Im Falle eines allgemeinen Ausstandes
1 Kann wegen der in den Ausstand getr etenen Mitglieder die Kammer nicht gebildet werden, bezeichnet das Ka ntonsgericht einen Präsidenten und zwei Beisitzer und überweist den Fall in seinem derzeitigen Stadium der so gebildeten Kammer.
2 Tritt der Präsident als Einzelrichte r und sein Stellvertreter, oder der Ermittlungsrichter und sein Stellvertret er, in den Ausstand, bezeichnet das Kantonsgericht einen Stellvertreter.
3 Das Kantonsgericht vereidigt nötigenfalls die von ihm bezeichneten Behördemitglieder. IV. KAPITEL Interne Organisation Art. 12 I. Sitz
1 Die Kammer hat ihren Sitz in Freiburg.
2 Sie hält ihre Sitzungen an dem vom Präsidenten bezeichneten Orte ab.
5 Art. 13 II. Vizepräsidenten Die Vizepräsidenten vertreten den Präsidenten. Sind die Beisitzer und Ersatzbeisitzer verhindert, können sie als Beisitzer walten. Art. 14 III. Verhinderungsfälle
1 Ist der Präsident verhindert, bezeichnet er den Vizepräsidenten oder nötigenfalls den Beisitzer, der ihn vertritt.
2 Ist nachträglich auch der bezeic hnete Vizepräside nt verhindert, bezeichnet dieser einen Stellvertret er, nötigenfalls einen der Beisitzer.
3 In den übrigen Verhinderungsfälle n bezeichnet das Kantonsgericht den Stellvertreter.
4 Ist der Gerichtsschreiber verhindert, bezeichnet der Präsident oder sein Stellvertreter einen Gerichtsschreiber ad hoc und vereidigt ihn nötigenfalls. Art. 15 IV. Weibel Der Präsident kann für den Sitzungsdienst die Weibel der Bezirksgerichte oder Polizeibeamte beiziehen. Art. 16 V. Verschiedene Bestimmungen Die Artikel 82, 84, 85, 90 und 91 Abs. 3 des Gerichtsorganisationsgesetzes sind anwendbar. V. KAPITEL Aufsicht und Verantwortlichkeit Art. 17 Die Bestimmungen des Gerichtsorgani sationsgesetzes über die Tätigkeit der Gerichte und die Aufsicht über sie sind anwendbar. Die Aufsicht über die Richter wird in einem Spezialgesetz geregelt. Art. 18
...
6 VI. KAPITEL Beziehungen zu andern Behörden Verhandlungssäle, Archiv e, Bedarfsmaterial, Besoldung, Entschädigungen und Gerichtskosten Art. 19 I. Beziehungen zu andern Behörden Die Artikel 116, 117 Abs. 2, 118 Abs. 2, 119 bis 121 des Gerichtsorganisationsgesetzes sind anwendbar. Art. 20 II. Räumlichkeiten, Bedarfsmaterial
1. Verhandlungssaal
1 Der Präsident wählt den Saal, in dem die Verhandlung stattfindet.
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...
3 Die Gemeinde, auf deren Gebiet di e Verhandlung stattfindet, hat einen geeigneten Saal unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Art. 21 2. Räumlichkeiten der Kammer, Bedarfsmaterial
1 Der Staat stellt die für das Amt des Präsidenten, für die Gerichtsschreiberei und für die Archive der Kammer nötigen Räumlichkeiten und das erforder liche Mobiliar zur Verfügung.
2 Die Heizung, die Beleuchtung und das von der Kammer benötigte Bedarfsmaterial gehen zu Lasten des Staates. Art. 22 III. Besoldung, Entschädigung, Kosten
1 Die Besoldung des Präsidenten und des Gerichtsschreibers und die Sitzungsgelder der Beisitzer und der Vizepräsidenten, falls letztere nicht ständige Mitglieder der Justizbehörden sind, werden vom Staatsrat festgesetzt.
2 Die Artikel 132 und 133 des Gerichtsorganisationsgesetzes sind anwendbar. VII. KAPITEL Zuständigkeit Art. 23 I. Ermittlungsrichter
1 Der Präsident amtiert als Ermittlungsrichter.
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2 Ausnahmsweise kann er hiezu einen Vizepräsidenten oder einen Beisitzer bezeichnen.
3 Der Ermittlungsrichter übt di e Befugnisse aus, die die Strafprozessordnung dem Untersuchungsrichter überträgt, sowie die übrigen Aufgaben, die ihm dieses Gesetz überträgt.
4 Als urteilender Richter hat er folgende Befugnisse: a) Er kann in Form eines Strafbef ehls einen Verweis erteilen, eine Verpflichtung zu einer persönlichen Arbeitsleistung bis zu drei Tagen oder zur Teilnahme an einem Kurs au ferlegen oder eine Busse bis zu
300 Franken aussprechen. Er kann ebenfalls von jeder Massnahme oder Strafe absehen; b) Er kann als Einzelrichter sofort alle Strafen und Massnahmen nach

Artikel 25 aussprechen.

5 Die Strafkammer des Kantonsgerichts kann in allen Fällen, in denen sie es für nötig hält, einen ausserord entlichen Ermittlungsrichter mit der Ermittlung in einer oder mehreren Strafsachen beauftragen. Art. 24 I. Kammer und Präsident
1. Im Allgemeinen Unter Ausschluss jeder anderen Behörde erkennen die Kammer oder ihr Präsident über die von Minderjährigen begangenen Straftaten. Sie sind zuständig, die für Minderjährige im Jugendstrafgesetz oder in anderen eidgenössischen oder kantonalen Ge setzen vorgesehenen Massnahmen anzuordnen, Behandlungen vorzuschrei ben und Strafen zu verhängen. Art. 25 2. Präsident
1 Der Präsident als Einzelrichter is t zuständig, folgende Massnahmen anzuordnen und Strafen zu verhängen: a) Aufsicht (Art. 12 JStG); b) Persönliche Betreuung (Art. 13 JStG); c) Ambulante Behandlung (Art. 14 JStG); d) Verweis (Art. 22 JStG); e) Verpflichtung zu einer persönlichen Arbeitsleistung bis zu 20 Tagen oder zur Teilnahme an einem Kurs (Art. 23 JStG); f) Busse bis zu 500 Franken (Art. 24 JStG); g) Freiheitsentzug bis zu dreissig Tagen (Art. 25 JStG).
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2 Er ist ausserdem befugt, gemäss dem Jugendstrafgesetz von einer Bestrafung abzusehen.
2bis Ferner kann er den Eltern, dem Vormund oder der Person, der die Hausgewalt zusteht, eine Mahnung erteilen, die im Protokoll vermerkt wird.
3 In den von ihm selbst abgeurteilten Fällen ist er gemäss dem Jugendstrafgesetz zur Umwandlung der Bussen (Art. 24 Abs. 5 JStG), der persönlichen Leistungen (Art. 23 Abs. 6 JStG) und der Freiheitsentzüge (Art. 26 JStG) zuständig. Art. 26 3. Kammer Die Kammer ist zuständig, andere als die in Artikel 25 vorgesehenen Massnahmen anzuordnen und Strafen zu ve rhängen. Ist bei ihr eine Sache hängig, die in die Zuständigkeit des Präsidenten zu fallen scheint, entscheidet sie jedoch selbst. Art. 27 III. Kantonsgericht
1 Die Strafkammer übt die Aufs icht über die Ermittlungen aus.
2 Sie erteilt den Behördemitgliedern und den Mitarbeitern, denen die Strafverfolgung gegen die Minderjährigen obliegt, die nötigen Weisungen.
3 Die Strafkammer und der Strafappellationshof erkennen über Rekurse, welche das Gesetz in ihre Zuständigkeit legt.
4 Der Strafappellationshof erkennt über die Revisionsbegehren.
5 Das Kantonsgericht besorgt ausserdem die Geschäfte, trifft die Massnahmen und fasst die Beschlüsse, die das Gesetz in seine Zuständigkeit legt. ZWEITER TITEL Verfahren I. KAPITEL Allgemeine Bestimmungen Art. 28 Grundsatz Unter Vorbehalt der abweichende n oder ergänzenden Bestimmungen dieses Gesetzes ist die Strafprozessordnung anwendbar.
9 Art. 29 Ausschluss der Zivilklage Zivilbegehren sind bei Sachen, die Mi nderjährige betreffen, unzulässig. Art. 30 Parteien a) Gesetzliche Vertreter Die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen können die diesem zustehenden Rechte ausüben. Art. 30a b) Verteidigung Der Jugendliche oder seine gesetzliche n Vertreter haben das Recht, gemäss

Artikel 40 des Jugendstrafgesetzes einen Verteidiger zu bestellen.

Art. 31 c) Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft kann die Anklage vor der Jugendstrafkammer vertreten. Art. 32 Beschränkungen des rechtlichen Gehörs Neben den Fällen von Artikel 43 der Strafprozessordnung kann der Anspruch auf rechtliches Gehör nach den Artikeln 43 Abs. 2 und 3 und 47 Abs. 2 und 3 dieses Gesetzes beschränkt werden. Art. 33 Trennung von Verfahren
1 Die Fälle, in die ein Minderjähriger zusammen mit über achtzehnjährigen Personen verwickelt ist, we rden getrennt geführt.
2 Die Bestimmungen von Artikel 39 Ab s. 2 über den Vermittlungsversuch bleiben vorbehalten. Art. 34 Zustellungen Jede Zustellung an einen Minderjährigen muss auch an seine gesetzlichen Vertreter und gegebenenfalls an die Person, der die Hausgewalt über ihn zusteht, gerichtet werden. Art. 35 Zeugnisverweigerungsrecht Das Zeugnisverweigerungsrecht wege n persönlicher Beziehungen zum Minderjährigen gilt nur für Tatbesta ndsmerkmale der Straftat und für Umstände, die unmittelbar damit zusammenhängen; es gilt nicht für Auskünfte über den Minderjährigen, deren Kenntnis dem Ermittlungsrichter nötig scheint.
10 Art. 36 Zwangsmassnahmen a) Zuständigkeit im Allgemeinen
... Art. 37 b) Polizeigewahrsam
1 Der Polizeigewahrsam darf bei einem Jugendlichen, der das
15. Altersjahr nicht vollendet hat, nicht länger als 12 Stunden und bei einem über 15 Jahre alten Jugendliche n nicht länger als 24 Stunden dauern.
2 Die Polizei verständigt unverzüglich den Richter von jedem Polizeigewahrsam. Sie benachrichtigt ebenfalls die Eltern, den Vormund oder die Person, der die Hausgewa lt zusteht, darüber, dass der Minderjährige vorübergehend auf de m Polizeiposten festgehalten wird. Die Benachrichtigung kann mit dem Einverständnis des Richters aufgeschoben werden, wenn Verdunke lungsgefahr besteht und das Kind älter als zwölf Jahre ist.
3 Die Person, die sich in Polizeige wahrsam befindet, kann verlangen, von einem Ermittlungsrichter angehört zu werden. Sie wird über dieses Recht informiert. Art. 38 c) Untersuchungshaft
1 Die Anordnung der Untersuchungshaft ist dem Beschuldigten, seinen Eltern oder seinem Vormund, der Staatsanwaltschaft, der Polizei, der Haftanstalt und der Strafkammer mitz uteilen. Wenn nötig werden die zuständigen Sozialdienste oder de r Arbeitgeber benachrichtigt.
2 Die Untersuchungshaft muss in Räumen vollzogen werden, die von denen für die Erwachsenen getrennt sind; sie erfordert eine geeignete Betreuung.
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... Art. 38a d) Beobachtung in einer Institution Der Ermittlungsrichter kann im Sinne des Artikels 9 des Jugendstrafgesetzes eine Beobachtung in einer dafür eingerichteten Institution anordnen. Die Beobacht ungszeit darf jedoch nicht länger als sechs Monate dauern. Art. 38b e) Vorsorgliche Unterbringung Erfordert der Untersuchungszweck die Untersuchungshaft nicht oder nicht mehr, so kann der Ermittlungsrichte r den Minderjährigen in dessen
11 Interesse in die Obhut einer Fam ilie oder einer von ihm bezeichneten Institution geben. II. KAPITEL Ablauf des Verfahrens Art. 39 Vermittlungsversuch
1 Hat ein Minderjähriger eine Straftat begangen, die nur auf Antrag verfolgt wird, so vernimmt der Ermittlungsrichter den Kläger, den gesetzlichen Vertreter und wenn nötig den Minderjährigen ein und führt den Vermittlungsversuch durch.
2 Ist auch ein über achtzehnjähriger Beschuldigter in den Fall verwickelt, so kann der Vermittlungsversuch für alle Beschuldigten gemeinsam entweder vor dem Ermittlungsrichter oder vor dem Oberamtmann durchgeführt werden. Art. 39a Mediation Der Richter kann in den Grenzen der Artikel 8 und 21 Abs. 3 des Jugendstrafgesetzes im Stadium de r Untersuchung oder des Urteils einen Mediator in Strafsachen beiziehen. Art. 40 Untersuchung a) Im Allgemeinen
1 Der Ermittlungsrichter führt die Untersuchungshandlungen entsprechend den Artikeln 5 ff. des Jugendstrafgesetzes durch.
2 Er kann die Polizei mit gewissen Aufgaben betrauen. Der Beschuldigte kann jedoch verlangen, dass der Ermittl ungsrichter, ausser bei erwiesener Verhinderung, die Einvernahme oder die Konfrontation mit Belastungszeugen selbst durchführt.
3 Während der Untersuchung mu ss jede Gegenüberstellung von Beschuldigten vermieden werden, sofern diese Massnahme nicht notwendig ist. Art. 41 b) Qualifizierte Untersuchung
... Art. 42 c) Mitwirkung von Behörden und Institutionen
1 Der Ermittlungsrichter kann Geri chts- und Verwaltungsbehörden, insbesondere das Jugendamt (das Amt) und Schulbehörden, zur
12 Mitwirkung beiziehen und von ihnen di e den Minderjährigen oder seine Familie betreffenden Akten, Aus künfte oder Berichte verlangen.
2 Er kann auch die Mitwirkung öffen tlicher oder privater Institutionen beanspruchen. Art. 43 d) Rechtliches Gehör
1 In der Regel werden die Eltern, der Vormund des Minderjährigen oder die Person, der die Hausgewalt über ihn zusteht, vom Ermittlungsrichter einvernommen.
2 Der Ermittlungsrichter kann das Recht des Minderjährigen, den Untersuchungshandlungen beizuwohnen, in dessen Interesse einschränken. Diese Regel gilt weder für die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen noch für dessen Verteidiger.
3 Der Richter kann auch anordnen, dass der Beschuldigte in Abwesenheit seiner gesetzlichen Vertreter und a nderer Personen einvernommen wird. Diese Regel gilt weder für den Verteidiger noch gegebenenfalls für die Staatsanwaltschaft. Art. 44 Mitteilung des Entscheides über die Fortsetzung des Verfahrens
1 Der Entscheid, auf die Strafverfolgung zu verzichten oder den Beschuldigten an eine urteilende Behörde zu überweisen, wird den gesetzlichen Vertretern und, falls der Ermittlungsrichter es für angezeigt erachtet, dem Minderjährigen, der Person, der die Hausgewalt über ihn zusteht, oder dem Amt mitgeteilt.
2 Der Entscheid, den Beschuldigten an die Jugendstrafkammer zu überweisen, wird ebenfalls der Staatsanwaltschaft mitgeteilt.
3 Die Vorladung vor den Einzelrich urteilende Behörde. Sie muss alle in Artikel 165 der Strafprozessordnung vorgesehenen Angaben enthalten. Art. 45 Verhandlung a) Ausschluss der Öffentlichkeit
1 Die Verhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Ausnahmen nach Artikel 39 Abs. 2 des Jugendstrafgesetzes bleiben vorbehalten.
2 Wer an der Verhandlung teilnimmt, ist zur Geheimhaltung verpflichtet; Zuwiderhandlungen werden mit einer Busse von bis zu 1000 Franken bestraft.
13 Art. 46 b) Teilnahme der Staatsanwaltschaft Die Staatsanwaltschaft muss ihre Teilnahme an den Hauptverhandlungen innert 10 Tagen nach der Mitte ilung der Überweisungsverfügung dem Präsidenten ankündigen; dieser vermerkt die Ankündigung in den Akten und informiert die Parteien darüber. Art. 47 c) Einvernahmen und Parteivorträge
1 Die Eltern, der Vormund des Minderj ährigen oder die Person, der die Hausgewalt über ihn zusteht, werd en in der Regel einvernommen.
2 Der Richter bestimmt, inwieweit de r Minderjährige der Einvernahme der Zeugen und Sachverständi gen beiwohnen kann.
3 Im Interesse des Minderjährigen können die Parteivorträge in dessen Abwesenheit gehalten werden. Art. 48 Urteil Für die Ausfertigung des Urteils gelten die Bestimmungen des Artikels
186 der Strafprozessordnung. Art. 49 Strafbefehl Die Staatsanwaltschaft kann gegen St rafbefehle des Ermittlungsrichters nicht Einsprache erheben. Sie wird auch nicht über eine allfällige Einsprache des Verurteilten informiert. Art. 50 Verfahrenskosten a) Begriff Die Verfahrenskosten umfassen neben den Kosten nach Artikel 228 der Strafprozessordnung die Kosten der amtlichen Verteidigung gemäss

Artikel 40 des Jugendstrafgesetzes.

Art. 51 b) Kostenpflichtige

1 Die Belastung durch die Kosten darf den Unterhalt und die Erziehung des Minderjährigen nicht in Frage stellen.
2 Sind weder der Verurteilte noch seine Eltern in der Lage, die Kosten zu zahlen, so gehen sie zu Lasten des Staates. Die Bestimmungen des Gesetzes über die unentgeltliche Rechtspflege sind anwendbar . Art. 52–73
...
14 III. KAPITEL Urteilsvollstreckung Art. 74 I. Grundsatz Die Vollstreckung der Urteile richtet sich nach diesem Kapitel. Art. 75 II. Vollzugsbehörde
1 Der Präsident der Kammer ist die Vollzugsbehörde im Sinne des Jugendstrafgesetzes.
2 Zum Vollzug der Massnahmen und Strafen verfügt er über das Amt. Art. 76 III. Vollzugsmassnahmen
1 Das Amt wählt die Familie, das Er ziehungsheim, die Anstalt, wo der Minderjährige untergebracht werden soll.
2 Es wacht über den Massnahmenvollzug und unterrichtet periodisch die Vollzugsbehörde.
3 Im Interesse des Minderjährigen kann es jederzeit die Familie, das Erziehungsheim oder die Anstalt wechseln. Über die eingetretenen Veränderungen unterrichtet es sofort die Vollzugsbehörde.
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... Art. 77 IV. Änderung der Massnahmen
1 Der Richter ordnet, von Amtes wegen oder auf Antrag, in Form eines Urteils die Änderung einer Massnahme an, nachdem er den Minderjährigen angehört, die notwendigen Erkundigunge n eingezogen und die Ansicht des Amtes eingeholt hat.
2 Auch zur Aufhebung einer Massnahme holt er die Ansicht des kantonalen Amtes ein. Art. 78 V. Begleitung
1 Das Amt begleitet den Jugendlichen im Sinne von Artikel 29 Abs. 3 des Jugendstrafgesetzes. Der Präsident erteilt ihm die nötigen Weisungen.
2 Der Minderjährige sowie alle mit seiner Pflege betrauten Personen haben sich nach den vom Präsidenten und vom Amt erlassenen Weisungen zu richten.
15 Art. 79 VI. Mitwirkung von Dritten
1 Der Präsident und das Amt können in der Erfüllung ihrer Aufgaben Einzelpersonen und öffentliche oder private Institutionen um ihre Mitwirkung angehen.
2 Sie geben ihnen die nötigen Weisungen. Art. 80 VII. Vollzugskosten
1 Die Vollzugskosten (Unterbringung, Beobachtung, Freiheitsentzug, Obhut, ambulante Behandlung) werden gemäss Artikel 43 Abs. 4 und 5 des Jugendstrafgesetzes vom Jugend lichen und seinen Eltern getragen.
2 Der Präsident oder, im Falle von Massnahmenvollzugskosten, das Amt befindet über eine allfällige Kost enverteilung. De r Entscheid kann jederzeit abgeändert werden. Art. 80a VIII. Rechtsmittel
1 Gegen Entscheide des Amtes über die Urteilsvollstreckung kann beim Präsidenten der Kammer Einsprache erhoben werden.
2 Gegen Entscheide des Präsidenten der Kammer über die Urteilsvollstreckung ist die Beschwerde an das Kantonsgericht zulässig. DRITTER TITEL Schluss- und Übergangsbestimmungen Art. 81 I. Abänderung
1
...
2 Der Artikel 14 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes vom 25. Februar 1960 zum Bundesgesetz vom 19. Dezembe r 1958 über den Strassenverkehr ist abgeändert und erhält folgenden Wortlaut:
...
3 Der Artikel 32 Abs. 1 des Gesetzes vom 4. Februar 1969 zur Ausführung des Bundesgesetzes vom 20. September 1963 über die Berufsbildung ist abgeändert und erhält folgenden Wortlaut:
... Art. 82 II. Aufhebungsbestimmungen Die diesem Gesetz widersprechende n oder gleichgearteten Bestimmungen sind aufgehoben, insbesondere das Gesetz vom 28. April 1950 über die
16 Jugendstrafrechtspflege, abgeändert durch das Gesetz vom 14. Mai 1969 und durch das Gesetz vom 17. Juli 1951 über die Armenfürsorge. Art. 83 III. Übergangsbestimmungen
... Art. 84 IV. Veröffentlichung und Inkrafttreten Der Staatsrat ist mit der Veröffentlichung dieses Gesetzes beauftragt und bestimmt den Zeitpunkt dessen Inkrafttretens.
1)
1) Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 1974 (StRB 8.1.1974).
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