Standeskommissionsbeschluss über die medizinischen Berufe (811.001)
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Standeskommissionsbeschluss über die medizinischen Berufe

Kanton Appenzell Innerrhoden Standeskommissionsbeschluss über die medizinischen Berufe vom 4. Dezember 2018 (Stand 1. Januar 2019) Die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh., gestützt auf Art. 14 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16a des Gesundheitsgesetzes vom 26. April 1998, beschliesst:

I. Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Geltungsbereich

1 Dieser Beschluss regelt: a) die Ausübung der medizinischen Berufe in eigener fachlicher Verant - wortung; b) die Ersatzabgabe bei einer Befreiung vom Notfalldienst; c) die Übertragung von Befugnissen auf die Kantonsärztin oder den Kantonsarzt, die Kantonstierärztin oder den Kantonstierarzt und die Kantonsapothekerin oder den Kantonsapotheker.

Art. 2 Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung

1 Als Medizinalperson in eigener fachlicher Verantwortung tätig sein darf, wer die Berufsausübungsbewilligung des Kantons besitzt.

Art. 3 Bewilligungsvoraussetzungen

1 Für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung sind die Voraussetzun - gen der Bundesgesetzgebung über die universitären Medizinalberufe massgebend.
2 Zusätzlich muss der Nachweis der für die Ausübung des Berufes notwendi - gen Infrastruktur, wie Räumlichkeiten, Einrichtungen und Apparate gemäss den Richtlinien der anerkannten Berufsverbände, erbracht werden.

Art. 4 Sprachkenntnisse

1 Die gesuchstellende Person hat, sofern die Aus- und Weiterbildung nicht mehrheitlich in der deutschen Sprache erfolgt sind, ein international aner - kanntes Sprachdiplom in Deutsch der Niveaustufe B2 gemäss dem gemein - samen europäischen Referenzrahmen für Sprachen nachzuweisen.

Art. 5 Anstellung von Mitarbeitenden

1 Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber dürfen keine Gesund - heitsfachpersonen, die eine der Bewilligungspflicht unterstellte Tätigkeit aus - üben, anstellen: a) welche die bundesrechtlichen und kantonalen Bewilligungsvorausset - zungen zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung nicht erfüllen; b) denen die Berufsausübungsbewilligung in einem Kanton oder in ei - nem anderen Land entzogen wurde; c) denen gegenüber ein Berufsausübungsverbot ausgesprochen wurde.
2 Ausgenommen sind Anstellungen für die Dauer der Erlangung eines eidge - nössischen oder gesamtschweizerisch anerkannten Diploms, eines eidge - nössischen Weiterbildungstitels oder der eidgenössischen Anerkennung des ausländischen Diploms oder Weiterbildungstitels.

Art. 6 Berufsausübung unter fachlicher Verantwortung

1 Medizinalpersonen ohne Berufsausübungsbewilligung dürfen bewilligungs - pflichtige Tätigkeiten ausüben, wenn die Verantwortung für ihre Tätigkeit wahrgenommen wird: a) bei Human-Ärztinnen und Human-Ärzten von einer Person, die über einen Facharzttitel in dem Fachgebiet verfügt, in dem sie die Verant - wortung für die Tätigkeit für eine Ärztin oder einen Arzt übernimmt. b) bei den übrigen Medizinalpersonen von einer Person des gleichen Berufs.
2 Die die Verantwortung wahrnehmende Person muss über die Berufsaus - übungsbewilligung des Kantons verfügen. Die Verantwortungsübernahme muss vor Tätigkeitsbeginn schriftlich festgehalten werden.
3 Art. 5 dieses Erlasses ist sinngemäss anwendbar, auch wenn kein Arbeits - verhältnis zwischen der unterstellten Person und der die Verantwortung wahrnehmenden Person besteht. Die Verantwortung wahrnehmende Person ist für die Einhaltung dieser Voraussetzungen verantwortlich.

Art. 7 Besondere Berufspflicht fachverantwortlicher Personen

1 Wer die Verantwortung für die Tätigkeit von anderen Personen übernimmt, hat dafür zu sorgen, dass die unterstellten Personen ihren Beruf sorgfältig und gewissenhaft ausüben, sich an die Grenzen ihrer Kompetenzen halten, die ihnen übertragenen Tätigkeiten beherrschen und die beruflichen Kennt - nisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten durch ihrem Tätigkeitsgebiet entspre - chende Fortbildung vertiefen, erweitern und verbessern.
2 Es dürfen nur Verrichtungen übertragen werden, zu deren Beaufsichtigung die übertragende Person befähigt ist und die nicht durch sie persönlich ver - richtet werden müssen.
3 Die verantwortliche Medizinalperson oder ihre Stellvertretung hat in der Re - gel während der Öffnungszeiten des Betriebes oder der Praxis anwesend zu sein und muss auch bei ihrer Abwesenheit eine genügende Aufsicht sicher - stellen.

Art. 8 Ankündigung

1 Bei der Ankündigung der Leistungserbringung durch Medizinalpersonen dürfen keine Heilversprechen abgegeben werden.
2 Es dürfen nur die vom Bundesrecht anerkannten Berufsbezeichnungen und Titel verwendet werden.

Art. 9 Patientendokumentation

1 Von jeder Patientin und jedem Patienten ist eine laufend nachzuführende Dokumentation anzulegen. Daraus muss unmittelbar ersichtlich sein, welche Person einen Eintrag vorgenommen oder veranlasst hat.
2 Die Patientendokumentation kann schriftlich oder elektronisch geführt wer - den. Sie gibt insbesondere Auskunft über Untersuchungen, Diagnose, Therapie, Pflege und Behandlungsmassnahmen.
3 Die Dokumentation ist während mindestens 10 Jahren nach Abschluss der letzten Behandlung aufzubewahren.
4 Die Bewilligungsinhaberin oder der Bewilligungsinhaber sorgt dafür, dass die Dokumentation auch nach ihrem oder seinem Tod oder nach der Aufga - be des Berufs oder Betriebs für die Patientinnen und Patienten unter Wah - rung des Berufsgeheimnisses zugänglich bleibt.
5 Stirbt eine Bewilligungsinhaberin oder ein Bewilligungsinhaber oder wird ein Betrieb geschlossen, kann die Dokumentation dem Gesundheits- und Sozialdepartment gegen eine Gebühr zur Aufbewahrung übergeben werden. Die Gebühr ist vom Nachlass der verstorbenen Person oder vom Betrieb zu tragen.

Art. 10 Pflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde

1 Bewilligungsinhaberinnen und Bewilligungsinhaber sowie ihre Hilfsperso - nen haben dem Departement und den von ihm beauftragten Dritten jederzeit zwecks Durchführung von Kontrollen den Zugang zu den Räumlichkeiten, Einrichtungen und Aufzeichnungen zu gewähren sowie die notwendigen Auskünfte zu erteilen.

Art. 11 Amtliche Verrichtungen

1 Medizinalpersonen, die über eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons verfügen, können verpflichtet werden, amtsärztliche und andere amtlich angeordnete gesundheitspolizeiliche Verrichtungen vorzunehmen.

Art. 12 Mitteilungspflicht

1 Die Inhaberin oder der Inhaber einer Berufsausübungsbewilligung meldet dem Departement: a) jede Änderung einer für die Erteilung der Bewilligung massgebenden Tatsache; b) wesentliche Änderungen der betrieblichen Einrichtungen; c) die Eröffnung, Verlegung und Aufgabe der Praxis oder der Apotheke.

Art. 13 Ersatzabgabe

1 Die volle Grundersatzabgabe bei einer Befreiung von der Mitwirkung am Notfalldienst gemäss Art. 16ff. Gesundheitsgesetz darf durch die zuständige Standesorganisation auf einen Betrag von Fr. 4'000.-- bis Fr. 6'000.-- pro Jahr festgesetzt werden.

II. Besondere Bestimmungen für Ärztinnen und Ärzte

Art. 14 Meldungen

1 Die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Men - schen gemäss Bundesgesetzgebung sowie weitere Feststellungen von be - sonderem gesundheitspolizeilichen Interesse müssen unverzüglich der Kan - tonsärztin oder dem Kantonsarzt gemeldet werden.

III. Besondere Bestimmungen für Apothekerinnen und

Apotheker

Art. 15 Einbezug einer Drogerie

1 Eine Apotheke kann ohne zusätzliche Bewilligung als Apotheke und Droge - rie geführt werden.

Art. 16 Impfungen

1 Apothekerinnen und Apotheker dürfen ohne ärztliche Verschreibung imp - fen, wenn: a) sie über eine Bewilligung zur Berufsausübung verfügen; b) sie eine schweizerisch anerkannte spezifische Impfausbildung absol - viert haben; c) die zu impfende Personen mindestens 16 Jahre alt sind; d) die zu impfenden Personen kein besonderes Impfrisiko aufweisen; und e) sie über eine Haftpflichtversicherung verfügen, die das spezifische Risiko der Impfungen abdeckt.
2 Sie dürfen folgende Impfungen vornehmen: a) Impfungen gegen Grippe; b) Impfungen gegen Frühsommer-Meningoezephalitis (FSME).
3 Apothekerinnen und Apotheker, die impfen möchten, müssen sich vor Auf - nahme der Impftätigkeit beim Departement melden und belegen, dass sie alle Voraussetzungen hierfür erfüllen.
4 Das Departement kann ergänzende Weisungen, insbesondere zu Doku - mentation, Hygiene und Infrastruktur erlassen.

Art. 17 Rezept Ausführung

1 Ärztliche, zahnärztliche und tierärztliche Rezepte dürfen nur von Apothe - ken ausgeführt werden. Besondere Bestimmungen des Tierarzneimittel - rechts des Bundes bleiben vorbehalten.
2 Das Rezept bedarf folgender Angaben: a) Name, Praxisadresse und eigenhändige Unterschrift der Ärztin oder des Arztes oder der Zahnärztin oder des Zahnarztes; b) Name und Jahrgang der Patientin oder des Patienten; c) Art und Menge sowie Dosierungsvorschriften des verordneten Arz - neimittels; d) Datum.

Art. 18 Etikettierung

1 Werden Arzneimittel auf Rezept hergestellt oder auf Verlangen der Ärztin oder des Arztes nicht in der Originalpackung abgegeben, so ist die Verpa - ckung mit folgenden Angaben zu versehen: a) Name und Adresse der Apotheke; b) Name des Patienten oder der Patientin; c) ärztliche Gebrauchsanweisung; d) Rezeptnummer oder Chargennummer; e) soweit notwendig Verfalldatum und Aufbewahrungshinweise; f) Abgabedatum.

Art. 19 Wiederholung

1 Das Rezept kann wiederholt ausgeführt werden. Die Apothekerin oder der Apotheker gibt bei jeder Ausführung an: a) Name und Adresse der Apotheke; b) Menge des Arzneimittels; c) Datum.
2 Die Wiederholung ist unzulässig, wenn: a) die Ärztin oder der Arzt die Wiederholung durch schriftlichen Vermerk ausschliesst; b) Betäubungsmittel oder verschärft rezeptpflichtige Arzneimittel abge - geben werden.
3 Lassen Wiederholungen auf Missbrauch schliessen, so setzt die Apotheke - rin oder der Apotheker den Arzt oder die Ärztin in Kenntnis.

Art. 20 Sicherheitsmassnahme

1 Rezepte für Mittel, die der verschärften Rezeptpflicht unterstehen oder nach Anordnung der Ärztin oder des Arztes nicht wiederholt abgegeben wer - den dürfen, sind zurückzubehalten oder zu entwerten.
2 Andere Rezepte dürfen zum wiederholten Gebrauch zurückgegeben wer - den.

IV. Gesundheitspolizeiliche Organe

Art. 21 Kantonsärztin oder Kantonsarzt

1 Der Kantonsärztin oder dem Kantonsarzt obliegen insbesondere: a) die Beratung der Behörden in allen humanmedizinischen Fragen; b) der Vollzug der durch die eidgenössische und die kantonale Gesetz - gebung erforderlichen Massnahmen; c) die Ergreifung und Anordnung von Massnahmen gegen übertragbare Krankheiten.
2 Das Departement kann im Rahmen seiner Zuständigkeit der Kantonsärztin oder dem Kantonsarzt selbstständige Befugnisse übertragen.

Art. 22 Kantonstierärztin oder Kantonstierarzt

1 Der Kantonstierärztin oder dem Kantonstierarzt obliegen insbesondere: a) die Beratung der Behörden in veterinärmedizinischen Fragen; b) der Vollzug der durch die eidgenössische und die kantonale Gesetz - gebung erforderlichen Massnahmen.
2 Das Departement kann im Rahmen seiner Zuständigkeit der Kantons - tierärztin oder dem Kantonstierarzt selbstständige Befugnisse übertragen.

Art. 23 Kantonsapothekerin oder Kantonsapotheker

1 Der Kantonsapothekerin oder dem Kantonsapotheker obliegen insbeson - dere: a) die Beratung der Behörden in Heilmittelfragen; b) die Kontrolle von Betrieben für die Herstellung, den Verkehr und die Abgabe von Heilmitteln; c) weitere, ihr oder ihm aufgrund der eidgenössischen und der kantona - len Gesetzgebung übertragene, unmittelbar mit dem Vollzug des Heilmittelrechts in Zusammenhang stehende Aufgaben.
2 Das Departement kann im Rahmen seiner Zuständigkeit der Kantonsapo - thekerin oder dem Kantonsapotheker selbstständige Befugnisse übertragen.

V. Übergangs- und Schlussbestimmungen

Art. 24 Übergangsbestimmung

1 Für neu der Bewilligungspflicht unterstellte Tätigkeiten ist innerhalb von ei - nem Jahr seit Inkrafttreten dieses Standeskommissionsbeschlusses ein Be - willigungsgesuch einzureichen. Wird kein Bewilligungsgesuch eingereicht oder wird ihm nicht entsprochen, ist die weitere Ausübung der Tätigkeit un - tersagt.

Art. 25 Aufhebung bisherigen Rechts

1 Der Standeskommissionsbeschluss über die medizinischen Berufe vom 27. Juni 2000 wird aufgehoben.

Art. 26 Inkrafttreten

1 Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 2019 in Kraft.
Änderungstabelle – Nach Beschluss Beschluss Inkrafttreten Element Änderung cGS Publikati - on

04.12.2018 01.01.2019 Erlass Erstfassung --

Änderungstabelle – Nach Artikel Element Beschluss Inkrafttreten Änderung cGS Publikati - on Erlass 04.12.2018 01.01.2019 Erstfassung --
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