Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen
Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen Vom 15. November 2007 (Stand 1. Januar 2010) Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren verabschiedet folgenden Konkordatstext:
1 )
1 Allgemeine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
1 Die Kantone treffen in Zusammenarbeit mit dem Bund zur Verhinderung gewalttätigen Verhaltens vorbeugende polizeiliche Massnahmen nach diesem Konkordat, um frühzeitig Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen zu erken - nen und zu bekämpfen.
Art. 2 Definition gewalttätigen Verhaltens
1 Gewalttätiges Verhalten und Gewalttätigkeiten liegen namentlich vor, wenn eine Person folgende Straftaten begangen oder dazu angestiftet hat:
a. Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben nach den Artikeln 111-
113, 117, 122, 123, 125 Absatz 2, 129, 133, 134 des Strafgesetzbuches (StGB)
2 ) ;
b. Sachbeschädigungen nach Artikel 144 StGB;
c. Nötigung nach Artikel 181 StGB;
d. Brandstiftung nach Artikel 221 StGB;
e. Verursachung einer Explosion nach Artikel 223 StGB;
f. Öffentliche Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit nach Ar - tikel 259 StGB;
g. Landfriedensbruch nach Artikel 260 StGB;
h. Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte nach Artikel 285 StGB.
2 Als gewalttätiges Verhalten gilt ferner die Gefährdung der öffentlichen Sicher - heit durch das Mitführen oder Verwenden von Waffen, Sprengmitteln, Schiess - pulver oder pyrotechnischen Gegenständen an Sportstätten, in deren Umge - bung sowie auf dem An- und Rückreiseweg.
1) In der Volksabstimmung vom 29. November 2009 angenommen.
2) SR 311.0 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Art. 3 Nachweis gewalttätigen Verhaltens
1 Als Nachweis für gewalttätiges Verhalten nach Artikel 2 gelten:
a. entsprechende Gerichtsurteile oder polizeiliche Anzeigen;
b. glaubwürdige Aussagen oder Bildaufnahmen der Polizei, der Zollverwal - tung, des Sicherheitspersonals oder der Sportverbände und -vereine;
c. Stadionverbote der Sportverbände oder -vereine;
d. Meldungen einer zuständigen ausländischen Behörde.
2 Aussagen nach Absatz 1 Buchstabe b sind schriftlich festzuhalten und zu un - terzeichnen.
2 Polizeiliche Massnahmen
Art. 4 Rayonverbot
1 Einer Person, die sich anlässlich von Sportveranstaltungen nachweislich an Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligt hat, kann der Aufent - halt in einem genau umschriebenen Gebiet im Umfeld von Sportveranstaltun - gen (Rayon) zu bestimmten Zeiten verboten werden. Die zuständige kantonale Behörde bestimmt den Umfang der einzelnen Rayons.
2 Das Rayonverbot kann längstens für die Dauer eines Jahres verfügt werden.
3 Das Verbot kann von den Behörden des Kantons verfügt werden, in dem die betroffene Person wohnt oder in dem sie an der Gewalttätigkeit beteiligt war. Die Behörde des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit geschah, hat dabei Vor - rang. Die Schweizerische Zentralstelle für Hooliganismus (Zentralstelle) kann den Erlass von Rayonverboten beantragen.
Art. 5 Verfügung über ein Rayonverbot
1 In der Verfügung über ein Rayonverbot sind die Geltungsdauer und der Gel - tungsbereich des Rayonverbots festzulegen. Der Verfügung ist ein Plan beizu - legen, der die vom Verbot erfassten Orte und die zugehörigen Rayons genau bezeichnet.
2 Wird das Verbot von der Behörde des Kantons verfügt, in dem die Gewalttä - tigkeit geschah, ist die zuständige Behörde des Wohnsitzkantons der betroffe - nen Person umgehend zu informieren.
3 Für den Nachweis der Beteiligung an Gewalttätigkeiten gilt Artikel 3. * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Art. 6 Meldeauflage
1 Eine Person kann verpflichtet werden, sich zu bestimmten Zeiten bei einer Polizeistelle zu melden, wenn:
a. sie in den letzten zwei Jahren gegen ein Rayonverbot nach Artikel 4 oder gegen eine Ausreisebeschränkung nach Artikel 24c BWIS
3 ) verstossen hat;
b. aufgrund konkreter und aktueller Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich durch andere Massnahmen nicht von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen abhalten lässt; oder
c. die Meldeauflage im Verhältnis zu anderen Massnahmen im Einzelfall als milder erscheint.
2 Die betroffene Person hat sich bei der in der Verfügung genannten Polizei - stelle zu den bezeichneten Zeiten zu melden. Grundsätzlich ist dies eine Poli - zeistelle am Wohnort. Die verfügende Behörde berücksichtigt bei der Bestim - mung von Meldeort und Meldezeiten die persönlichen Umstände der betroffe - nen Person.
3 Die Behörde des Kantons, in dem die betroffene Person wohnt, verfügt die Meldeauflage. Die Zentralstelle kann den Erlass von Meldeauflagen beantra - gen.
Art. 7 Handhabung der Meldeauflage
1 Dass eine Person sich durch andere Massnahmen als eine Meldeauflage nicht von Gewalttätigkeiten anlässlich von Sportveranstaltungen abhalten lässt (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b), ist namentlich anzunehmen, wenn:
a. aufgrund von aktuellen Aussagen oder Handlungen der betreffenden Per - son behördlich bekannt ist, dass sie mildere Massnahmen umgehen wür - de; oder
b. die betreffende Person aufgrund ihrer persönlichen Verhältnisse, wie Wohnlage oder Arbeitsplatz in unmittelbarer Umgebung eines Stadions, durch mildere Massnahmen nicht von künftigen Gewalttaten abgehalten werden kann.
2 Kann sich die meldepflichtige Person aus wichtigen und belegbaren Gründen nicht nach Artikel 6 Absatz 2 bei der zuständigen Stelle (Meldestelle) melden, so hat sie die Meldestelle unverzüglich und unter Bekanntgabe des Aufent - haltsortes zu informieren. Die zuständige Polizeibehörde überprüft den Aufent - haltsort und die Angaben der betreffenden Person.
3 Die Meldestelle informiert die Behörde, die die Meldeauflage verfügt hat, un - verzüglich über erfolgte oder ausgebliebene Meldungen.
3) SR 120 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Art. 8 Polizeigewahrsam
1 Gegen eine Person kann der Polizeigewahrsam verfügt werden, wenn:
a. konkrete und aktuelle Hinweise dafür vorliegen, dass sie sich anlässlich einer nationalen oder internationalen Sportveranstaltung an schwerwie - genden Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen beteiligen wird; und
b. dies die einzige Möglichkeit ist, sie an solchen Gewalttätigkeiten zu hin - dern.
2 Der Polizeigewahrsam ist zu beenden, wenn seine Voraussetzungen wegge - fallen sind, in jedem Fall nach 24 Stunden.
3 Die betroffene Person hat sich zum bezeichneten Zeitpunkt bei der Polizei - stelle ihres Wohnortes oder bei einer anderen in der Verfügung genannten Po - lizeistelle einzufinden und hat für die Dauer des Gewahrsams dort zu bleiben.
4 Erscheint die betreffende Person nicht bei der bezeichneten Polizeistelle, so kann sie polizeilich zugeführt werden.
5 Die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzuges ist auf Antrag der betroffenen Person richterlich zu überprüfen.
6 Der Polizeigewahrsam kann von den Behörden des Kantons verfügt werden, in dem die betroffene Person wohnt, oder von den Behörden des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit befürchtet wird. Die Behörde des Kantons, in dem die Gewalttätigkeit befürchtet wird, hat dabei Vorrang.
Art. 9 Handhabung des Polizeigewahrsams
1 Nationale Sportveranstaltungen nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a sind Veranstaltungen, die von den nationalen Sportverbänden oder den nationalen Ligen organisiert werden, oder an denen Vereine dieser Organisationen betei - ligt sind.
2 Schwerwiegende Gewalttätigkeiten im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchsta - be a sind namentlich strafbare Handlungen nach den Artikeln 111-
113, 122, 123 Ziffer 2, 129, 144 Absatz 3, 221, 223 oder nach Artikel 224s StGB
4 )
.
3 Die zuständige Behörde am Wohnort der betreffenden Person bezeichnet die Polizeistelle, bei der sich die betreffende Person einzufinden hat und bestimmt den Beginn und die Dauer des Gewahrsams.
4 Die Kantone bezeichnen die richterliche Instanz, die für die Überprüfung der Rechtmässigkeit des Polizeigewahrsams zuständig ist.
5 In der Verfügung ist die betreffende Person auf ihr Recht, den Freiheitsentzug richterlich überprüfen zu lassen, hinzuweisen (Artikel 8 Absatz 5).
6 Die für den Vollzug des Gewahrsams bezeichnete Polizeistelle benachrichtigt die verfügende Behörde über die Durchführung des Gewahrsams. Bei Fern - bleiben der betroffenen Person erfolgt die Benachrichtigung umgehend.
4) SR 311.0 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Art. 10 Empfehlung Stadionverbot
1 Die zuständige Behörde für die Massnahmen nach den Artikeln 4-9 und die Zentralstelle können den Organisatoren von Sportveranstaltungen empfehlen, gegen Personen Stadionverbote auszusprechen, welche in Zusammenhang mit einer Sportveranstaltung ausserhalb des Stadions gewalttätig wurden. Die Empfehlung erfolgt unter Angabe der notwendigen Daten gemäss Arti - kel 24a Absatz 3 BWIS.
Art. 11 Untere Altersgrenze
1 Massnahmen nach den Artikeln 4-7 können nur gegen Personen verfügt wer - den, die das 12. Altersjahr vollendet haben. Der Polizeigewahrsam nach den
Artikeln 8-9 kann nur gegen Personen verfügt werden, die das 15. Altersjahr
vollendet haben.
3 Verfahrensbestimmungen
Art. 12 Aufschiebende Wirkung
1 Einer Beschwerde gegen eine Verfügung über Massnahmen nach den Arti - keln 4-9 kommt aufschiebende Wirkung zu, wenn dadurch der Zweck der Massnahme nicht gefährdet wird und wenn die Beschwerdeinstanz oder das Gericht diese in einem Zwischenentscheid ausdrücklich gewährt.
Art. 13 Zuständigkeit und Verfahren
1 Die Kantone bezeichnen die zuständige Behörde für die Massnahmen nach den Artikeln 4-9.
2 Die zuständige Behörde weist zum Zwecke der Vollstreckung der Massnah - men nach Kapitel 2 auf die Strafdrohung von Artikel 292 StGB
5 ) hin.
3 Die Kantone melden dem Bundesamt für Polizei (fedpol) gestützt auf Arti - kel 24a Absatz 4 BWIS
6 ) :
a. Verfügungen und Aufhebungen von Massnahmen nach den Artikeln 4-9 und 12;
b. Verstösse gegen Massnahmen nach den Artikeln 4-9 sowie die entspre - chenden Strafentscheide;
c. die von ihnen festgelegten Rayons unter Beilage der entsprechenden Pläne.
5) SR 311.0
6) SR 120 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
4 Schlussbestimmungen
Art. 14 Information des Bundes
1 Das Generalsekretariat der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidi - rektorinnen und -direktoren (KKJPD) informiert die Bundeskanzlei über das vorliegende Konkordat. Das Verfahren richtet sich nach Artikel 27o RVOV
7 )
.
Art. 15 Inkrafttreten
1 Dieses Konkordat tritt in Kraft, sobald ihm mindestens zwei Kantone beigetre - ten sind, frühestens jedoch auf den 1. Januar 2010.
Art. 16 Kündigung
1 Ein Mitgliedkanton kann das Konkordat mittels einjähriger Vorankündigung auf Ende eines Jahres kündigen. Die anderen Kantone entscheiden, ob das Konkordat in Kraft zu lassen ist.
Art. 17 Benachrichtigung Generalsekretariat KKJPD
1 Die Kantone informieren das Generalsekretariat KKJPD über ihren Beitritt, die zuständigen Behörden nach Artikel 13 Absatz 1 und ihre Kündigung. Das Ge - neralsekretariat KKJPD führt eine Liste über den Geltungsstand des Konkor - dats.
7) SR 172.010.1 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Änderungstabelle - Nach Beschlussdatum Beschlussdatum Inkraft seit Element Wirkung Publiziert mit
15.11.2007 01.01.2010 Erlass Erstfassung GS 36.1299 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
Änderungstabelle - Nach Artikel Element Beschlussdatum Inkraft seit Wirkung Publiziert mit Erlass 15.11.2007 01.01.2010 Erstfassung GS 36.1299 * Änderungstabellen am Schluss des Erlasses GS 36.1299
SGS - Nr . 702. 14 GS- Nr . 36. 1299 Er l as sd at um 15 . No v em be r 2 00 7 ( LR V 2008- 264 ) I n Kr aft sei t 1. Janu ar 201 0 > Über si cht Sy st emat i sche Gese t z essamml ung d es Ka nt on s BL www . bl . ch Hi nw ei s: D ie L ink s fü hre n in de r Re ge l zum La nd rats p rotok oll (2. Le s un g), wosel bst wei t er e Li nks auf di e ent spr echend e Landr at sv or l age, auf den Kommis- si onsber i cht an den Landr at und das Landr at spr ot okol l der 1. L es ung z u f i nden si nd. > Mehr Änder ung en / Erg änzu nge n / A uf heb ung en ( chr onol ogi sch ab st ei gend) Dat um GS- Nr . I n Kr aft sei t Bemer kungen
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